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109. Karfreitagskonzert in Schaffhausen
Der Schaffhauser Oratorienchor überzeugt mit Mozarts Requiem

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Von Hans-Joachim Knopf
Mit Mozarts Requiem (ergänzt vom amerikanischen Musikwissenschaftler Robert D. Levin) hat sich der Oratorienchor Schaffhausen an eines der bekanntesten und schönsten Werke der Musikliteratur gewagt. Zuvor konzertierten die Württembergischen
Sinfoniker noch zwei Kompositionen des Dirigenten Kurt Müller Klusmann sowie Mozarts Adagio und Fuge in c-Moll KV 546.
Eine geglückte Zusammenstellung
Der erste Blick auf das Programm des 109. Karfreitagskonzerts des Schaffhauser Oratorienchors rief zunächst Skepsis hervor, standen da zwei Eigenkompositionen des musikalischen Leiters Kurt Müller Klusmann neben zwei Werken von Mozart. Kann das gutgehen? Um es vorwegzunehmen: hervorragend sogar.
Der Dirigent des Schaffhauser Oratorienchors konnte die Corona-Zeit ohne kulturelles Leben offensichtlich sinnvoll für seine Kompositionen nutzen. Brüchig’ Eis , für Streichorchester op. 60, konnte als Uraufführung dargeboten werden, ergänzt wurde dieses Werk mit Etüde Drei für Streichorchester op. 58 (UA 2022). Mit Brüchig’ Eis lotet der Komponist bewusst einen konkreten Aggregatszustand aus, zunächst musikalisch hörbar durch ein inneres Gefühl von Zeitlosigkeit, von Verharren – Momenten, in denen scheinbar nichts passiert. Wer auf dem zugefrorenen See schonmal Schlittschuh gefahren ist, kennt aber auch die andere Seite: Es knirscht und knackt, gegebenenfalls kommt das Eis gar zu Bruch, ein Schmelzprozess tritt ein. Aus einem verharrenden wiederkehrenden Motiv entwickelt Müller Klusmann unter Hinzunahme von immer mehr Instrumenten
ANZEIGEN eine rhythmische Verdichtung, die schließlich in einem erstarrten Cluster endet.
Die dreiteilige Etüde Drei (Lamento – Dance bizarre – Verträumte Melodie) beginnt mit einleitenden Dissonanzen und entwickelt aus diesen Schmerzakkorden einen unwirklichen Totentanz und Walpurgisnacht. Das Werk endet versöhnlich, indem eine Melodie unter stetiger Reduktion im vierfachen Pianissimo endet.
Eine Brückenfunktion nahm das Adagio und die Fuge in c-Moll KV 546 von Mozart ein. Bereits 1783 komponierte Mozart die Fuge mit dem markanten Fugenthema für zwei Klaviere (KV 426). 1788 ergänzte er die Fuge mit einem 50-taktigen Adagio und setzte beide Teile für Streichquartett. Dieses Spätwerk Mozarts besticht im Adagio mit den kühnsten Harmonien, die Mozart komponiert hat.
Mozarts Requiem mit viel Ausdruck Über die geheimnisvollen Umstände bei der Entstehung des Requiems ist bereits viel geschrieben worden. Gesichert ist, dass Mozarts Tod dafür sorgte, dass das Requiem nicht fertiggestellt werden konnte und nur in Fragmenten vorhanden ist. Der Sinfonische Chor hat das Werk 2018 ebenfalls mit den
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Ergänzungen von Robert D. Levin aufgeführt. Levin ist es dabei gelungen, auf Basis Mozarts sonstiger Kirchenmusik den Charakter seiner Musik nachzuahmen und das Requiem zu komplettieren.
Als Chorsänger und Zuhörer fiebert man bei einer solchen Aufführung besonders mit. Man erinnert sich an schwierige Stellen, erfreut sich an bekannten Melodien und Fugen und beobachtet die Szenerie aus der Perspektive eines Konzertbesuchers. Die Aufführenden haben eine ausdrucksstarke Aufführung hingelegt. Die Württembergischen Sinfoniker agierten gewohnt sicher und man merkte es ihnen an, dass sie sich auch mit den moderneren Werken Müller Klusmanns angefreundet haben. Die Solistinnen und Solisten, Lena
Kiepenhauer (Sopran), Ingrid Alexandre (Alt), Remy Burnens (Tenor) und René Perler (Bass) brillierten in ihren Stimmlagen. Tenor und Bass erfreuten mich mit leicht opernhaftem Gestus. René Perler machte mir Angst („coget omnes ante thronum“) und dieses Gefühl verschwand erst wieder im Benedictus. Ich konnte nach dem Konzert mit ihm einige Worte wechseln: Er ist übrigens sehr nett!
Kurt Müller Klusmann leitete Chor, SolistInnen und Orchester mit Bravour und gab die Einsätze für die Chorstimmen sehr präzise. Der Chor war präsent und konnte die verschiedenen Stimmungen in den Sätzen des Requiems wirklich überzeugend und stimmsicher interpretieren. Nach dem Vorabend (Gründonnerstag) führte der Chor das Mozart-Requiem zum zweiten Mal auf. Vielleicht war es diesem Umstand geschuldet, dass aufgrund der großen Sicherheit an wenigen Stellen das letzte Quäntchen Konzentration fehlte.
Der Schaffhauser Oratorienchor hat nach den schwierigen Coronajahren auch wieder personell zu alter Stärke gefunden. Wir freuen uns, mit Euch am 17. September den Dreibund in einem gemeinsamen Konzert (mit dem St. Galler Oratorienchor) in Konstanz musikalisch feiern zu können.