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Digitalisierung im Gesundheitswesen
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jalid Sehouli, renommierter Krebsexperte, Autor sowie Mitbegründer der Deutsche Stiftung Eierstockkrebs und Leiter der AMIRA-Academy
Die Telemedizin machte den Anfang. Heute bieten Apps einen Diagnose-Service an, Online-Events stellen neuste Studienergebnisse vor und digitale Innovationen halten mehr und mehr Einzug auch in die Medizin. Die aktuelle Pandemie mit den starken Einschränkungen hat die Notwendigkeit der Nutzung digitaler Medien zusätzlich unterstrichen. Hierbei fokussieren sich Initiativen zum einen auf die Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten (z. B. Videosprechstunde) und auf die Unterstützung vor oder während medizinischer Therapien. Die digitalen Angebote in der Patientenversorgung und -information haben sich sowohl auf Seiten der Ärzte und Therapeuten als auch seitens der Patienten massiv erweitert.
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Aber was genau bedeutet die Digitalisierung für die medizinische Praxis und im Speziellen für die Patienten? Prof. Jalid Sehouli: „Digitalisierung kann und soll Prozesse in der Therapie vereinfachen, die sowohl für Mediziner als auch für die Patienten zeitintensiv sind. Das heißt bspw. Zugriff auf Befunde, Dokumente, Termine und administrative Dinge können an dieser Stelle optimiert und praktikabel werden. Es bedeutet nicht, dass digitale Medizin die Beziehung zwischen Arzt und Patienten ersetzen kann, sondern vielmehr sogar mehr Zeit und Raum für das wichtige Patientengespräch ermöglichen könnte.“
Digitalisierung in der Medizin hat viele Gesichter. Die Telemedizin ermöglicht beispielsweise auch eine diagnostische, therapeutische und beratende Patientenversorgung auf räumlicher Distanz. Das unterstützt vor allem die medizinische Versorgung im ländlichen Raum oder die Betreuung chronisch kranker Menschen.
Die „digitale bzw. elektronische Gesundheitsakte“ fungiert wiederum als Datenbank für alle persönlichen, medizinischen Informationen. Ziel ist es, dass so die Behandler alle medizinisch relevanten Informationen wie Anamnese, Behandlungsdaten, Medikamente etc. sektoren- und fallübergreifend nutzen können. „Damit ist eine schnelle, interdisziplinäre Therapie möglich und wichtige Informationen gehen nicht verloren oder brauchen unnötig viel Zeit.“
Aber auch seitens der Patienten haben sich die Bedürfnisse gegenüber digitalen Quellen geändert. Die meisten Menschen suchen bei medizinischen Fragen die Antworten im Internet. Zudem kommen zunehmend alltagsbegleitende digitale Applikationen (Apps) auf den Markt, die entweder die Behandlung oder das persönliche Gesundheitsmanagement unterstützen sollen. „Gerade im onkologischen Bereich ist der Informationsbedarf sehr hoch und die Aufklärung sehr komplex. Gut aufbereitete Apps können an dieser Stelle sehr wohl helfen, erste Fragen zu beantworten, bspw. Nebenwirkungen zu dokumentieren, den Therapiealltag zu unterstützen und am Ende mehr Zeit für das persönliche Gespräch mit dem Arzt zu lassen. Die Deutsche Stiftung Eierstockkrebs hat selbst zwei Jahre eine Patient*innen-App entwickelt und kürzlich eingeführt, um den zu behandelnden Personen solide und geprüfte Informationen mobil anzubieten. Darin enthalten sind viele interaktive Tools wie Checklisten, Videos oder Podcast-Beiträge sowie behandlungsrelevante Anregungen wie Bewegungs- oder Kreativtherapien.“ Gesundheits- oder medizinische Apps fungieren also als ergänzende Begleiter, nicht als Behandler. „Denn eines ist Fakt: Der Arzt bleibt die Informations- und Vertrauensquelle Nummer eins und die Basis bleiben die menschliche Begegnung und das persönliche Gespräch.“, so Prof. Jalid Sehouli.
Die Deutsche Stiftung Eierstockkrebs bietet sowohl den Patientinnen als auch ihren Angehörigen seit 2010 gebündelt wertvolle Informationen und Aufklärung rund um das Thema Eierstock-, Eileiter- und Bauchfellkrebs. Dabei spielt die Beachtung der Erkrankung in der Bevölkerung und unter den Frauen eine besondere Rolle, denn die Krebserkrankung ist oftmals nicht bekannt und wird häufig tabuisiert. Der Fokus der Stiftungsarbeit liegt bei der multimedialen Informationsvermittlung, u. a. in Form von multilingualen Aufklärungsfilmen, umfassenden Infobroschüren, digitalen Patienten-Applikationen (Apps) und Webseiten sowie internationalen Social-MediaKampagnen und Patienteninformationstagen. Zudem unterstützt sie Forschungs- und Studienaktivitäten, um die Krebserkrankung künftig noch besser behandeln zu können.
Mit der Facebook-Community DIWA mit über 12.000 Frauen bietet die Stiftung täglich Neuigkeiten und ermöglicht den Austausch im Betroffenennetzwerk. Zweimal jährlich veröffentlicht die Stiftung zudem mit „Die zweite Stimme“ ein Magazin zum Thema Eierstockkrebs. Es umfasst vielfältige Beiträge zu aktuellen Therapiemöglichkeiten, Neues aus Wissenschaft und Forschung, interessante Artikel zu Lebensqualität sowie Interviews mit Betroffenen und Prominenten.
Der Austausch mit den betroffenen Frauen sowie ihren Familien und Freunden ist der Deutschen Stiftung Eierstockkrebs besonders wichtig – deshalb initiiert sie immer wieder Events und Aktionen wie den Welteierstockkrebstag, Literatur- und Kunstwettbewerbe oder organisiert bundesweit therapeutische Schreib-Workshops. Besondere Aufmerksamkeit erzielt derzeit die Fototour „Ich lebe!“, in der Frauen mit der Diagnose Eierstockkrebs ihre Kraftquellen vorstellen und fotokünstlerisch in Szene gesetzt werden.
Alle Informationen über die Stiftungsarbeit und die Erkrankung Eierstock-, Eileiter- und Bauchfellkrebs unter www.stiftung-eierstockkrebs.de und https://www.facebook.com/ DIWA.community