Marta und Gregor von Seckendorff in ihrem Geschäft in Bamberg
Umgebung zu meinem Geschäft. Das ist wie eine ständige kleine Kunstmesse auf engem Raum. Zusätzlich finden im Sommer die Antiquitätenwochen in Bamberg statt. Vier Wochen lang gibt es dann interessante Führungen und spannende Vorträge rund um das Thema Kunst und Antiquitäten. Und nicht zuletzt ist Bamberg Teil des Weltkulturerbes der UNESCO, da es den größten unversehrt erhaltenen historischen Stadtkern in Deutschland beheimatet. Die gesamte Altstadt ist barock, mit einer sehr einheitlichen Barocksprache. Das ist wirklich selten so zu finden. Durch das schöne Städtchen fließt die Regnitz, und damit sind wir an die großen Flüsse Rhein, Main und Donau angeschlossen. Zahlreiche Kulturtouristen nutzen das und kommen mit dem Schiff zu uns. Gerade das internationale Publikum genießt auch die räumliche Nähe zu Bayreuth und den Bayreuther Festspielen. Damit erklären sich auch meine internationalen Verkäufe. So konnte ich Stühle nach Japan, eine Kommode nach London und einige Bilder nach New York verkaufen. Schlossseiten: Der Name Seckendorff ist durch den Handel und die Geschäftstätigkeit Ihres Vaters beim Kunsthandel Franke in der Branche nicht unbekannt. Sein Geschäft befindet sich unweit von Ihrem. Sind Sie mit der Eröffnung eines eigenen Antiquitätenhandels unter dem Namen ‚Kunsthandel von Seckendorff‘ nun eine Konkurrenz? Gregor von Seckendorff: Nein, wir sind keine Konkurrenten, sondern ergänzen uns gegenseitig. Jeder hat seinen
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SCHLOSSSEITEN
Schwerpunkt, das gilt für die ganze Antiquitätenmeile. Meine Schwerpunkte sind Möbel aus der Zeit des Klassizismus, Empire und Biedermeier, d. h. von 1770 bis 1830. Bei der Malerei liegt mein Hauptaugenmerk auf der sogenannten Düsseldorfer Schule in der Zeit von 1860 bis 1910. Auch Silber und Kunsthandwerk sowie Skulpturen und Berliner Bronzen um 1900 habe ich in meinem Repertoire. Die Frage, wo die alte Kunst in der Moderne ihren Raum finden kann, treibt mich an. Klare, starke Formen sind da meiner Meinung nach besser unterzubringen als üppig geschwungene Barockkommoden. Jeder Antiquitätenhändler hat eigene Schwerpunkte und seinen eigenen Geschmack. Da ich zu den Junioren im Kunsthandel gehöre, möchte ich auch ein junges Publikum bedienen. Bei mir kann man schon ab 300 Euro schöne Kunstwerke erstehen. De facto sind wir Händler also Wettbewerber, aber in Wahrheit haben wir alle Unikate. Mein Vater und Herr Franke haben den Schwerpunkt auf das 17. und 18. Jahrhundert gelegt und betrachten die Antiquitäten aus einem ganz anderen Blickwinkel als ich, daher ergänzen wir uns. Schlossseiten: Sie sagen, jeder Antiquitätenhändler hat einen eigenen Geschmack bzw. betrachtet die Kunst aus einem anderen Blickwinkel. Wie genau wirkt sich das auf das Geschäft aus? Gregor von Seckendorff: Beim Kunsthändler sieht man auf den ersten Blick, mit welchem Händler man es zu tun hat. Der Händler leistet eine ästhetische Vorbewertung