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DAS AUKTIONSHAUS DOROTHEUM

Foyer des Palais Dorotheum

GLOBAL PLAYER AM KUNSTMARKT – LIVE & ONLINE

Das im Jahre 1707 von Kaiser Joseph I. als Versatz- und Fragamt zu Wien gegründete Auktionshaus ist das größte und älteste der Welt. Niederlassungen und Repräsentanzen befinden sich heute in München, Düsseldorf, Mailand, Rom, London, Prag und Brüssel. In Zeiten der Pandemie machte das Dorotheum durch verstärkte Online-Aktivitäten das Mitbieten einfach und konnte somit das Interesse der Käufer weltweit weiter steigern.

Höhepunkte des Jahres sind die großen Auktionen mit Alten Meistern und Gemälden des 19. Jahrhunderts, Klassischer Moderne, zeitgenössischer Kunst sowie Antiquitäten, Silber, Jugendstil, Juwelen und Uhren. Wöchentliche Spezialauktionen werden in etwa 40 Sparten abgehalten, von Design, Porzellan, Glas und Fotografie über historische wissenschaftliche Instrumente und das Kaiserhaus bis hin zu Briefmarken, Münzen, Büchern und Autographen. Mehr als 100 Experten stellen ihr Fachwissen Käufern und Verkäufern zur Verfügung. Sie kennen den Kunstmarkt aus dem Effeff (lat. „ex forma, ex functione“) und sie beobachten die Trends am Kunstmarkt, was „in“ ist und was „in“ werden könnte.

Die SCHLOSSSEITEN haben vier namhafte Expertinnen und Experten der wichtigsten Sparten um deren Meinung zum aktuellen Kunstmarkt gebeten.

Fotos: © Dorotheum

Dr. Georg Ludwigstorff Silber, Metallarbeiten, Kaiserhaus, Orden und Auszeichnungen Dorotheum GmbH & Co KG Dorotheergasse 17 1010 Wien Tel.: +43 1 51560-363 Fax: +43 1 51560-453 E-Mail: georg.ludwigstorff@dorotheum.at www.dorotheum.com

DR. GEORG LUDWIGSTORFF

SILBER, METALLARBEITEN, KAISERHAUS, ORDEN UND AUSZEICHNUNGEN

Eva von Schilgen: Eignet sich historisches Silber als Wertanlage?

Georg Ludwigstorff: Ja. Die Preise sind im Moment eher günstig und haben Potenzial.

EvS: Welche Silbergegenstände werden besonders hoch gehandelt bzw. aus welcher Epoche und warum?

GL: Es gibt reine Sammlergegenstände wie Pokale und Humpen aus der Renaissancezeit und auch aus dem Barock. Vor allem frühe Stücke aus dem 16. Jahrhundert sind sehr selten und begehrt. Daneben gibt es heute auch ein verstärktes Interesse an hochwertigen Tafelgegenständen aus dem 19./20. Jahrhundert sowie an Designerobjekten. Diese zeigen eine moderne Formensprache, sind aber auch gut benützbar, wie beispielsweise Kerzenleuchter, Tee- und Kaffeeservice.

EvS: Hat sich der Sammlermarkt in den letzten Jahren verändert?

GL: Ja. Die ältere Sammlergeneration wurde von neuen, jüngeren Sammlern abgelöst. Damit geht eine Änderung des Sammlergeschmacks einher. Wurden früher Biedermeier-Zuckerdosen oder opulent gestaltete Objekte gesammelt, so sind heute klare, glatte Formen gefragt.

EvS: Worauf soll man beim Kauf von historischem Silber achten?

GL: Auf Originalität und auf gute Erhaltung.

EvS: Was war das seltenste oder ausgefallenste Stück, das Sie je verkauft haben?

GL: Hier gab es schon viele verschiedene interessante Stücke aus allen Bereichen, zum Beispiel einen kleinen, herzförmigen Fotorahmen der bekannten russischen Firma Fabergé mit dem Foto des Zaren Alexander III., der von seinem Startpreis von 20.000 Euro auf einen Endpreis von 88.000 Euro gesteigert wurde.

Großer Nürnberger Traubenpokal, Nürnberger Meister Caspar II. Beutmüller (1587–1632), erzielter Preis: € 67.400

Haus Habsburg, Orientperlen-Diamant-Diadem, Provenienz Erzherzogin Marie-Valerie von Österreich und Nachkommen, Arbeit um 1890/95, erzielter Preis: € 442.500

A. E. Köchert: Fuchsiabrosche, Arbeit um 1890/1895, erzielter Preis: € 202.800

Mag.a Astrid Fialka-Herics Leiterin der Juwelen- und Uhrenabteilung Dorotheum GmbH & Co KG Dorotheergasse 17 A-1010 Wien Tel.: +43 1 51560-567 Fax: + 43 1 51560-523 astrid.fialka-herics@dorotheum.at www.dorotheum.com

MAG.a ASTRID FIALKA-HERICS

LEITERIN DER JUWELEN- UND UHRENABTEILUNG

Eva von Schilgen: Was hat Sie veranlasst, Kunsthandel zu Ihrem Beruf bzw. zu Ihrer Berufung zu machen?

Astrid Fialka-Herics: Meine Eltern waren Juweliere, und schon als Kind habe ich mich gerne in der Werkstatt aufgehalten. Bei meiner Liebe zur Goldschmiedearbeit schätze ich das Handwerk, ich weiß um die Entstehung und erkenne Qualität.

EvS: Ihr Spezialgebiet ist …?

AF: Alles, was glänzt!

EvS: Was muss ein Sammler oder ein Investor beim Kauf von Uhren und Schmuck besonders beachten?

AF: Er oder sie muss sich entweder auskennen oder den richtigen Leuten, sprich den Fachleuten, vertrauen, deren Rat annehmen und nur punkto Geschmack selbst entscheiden.

EvS: Nach welchen Kriterien beraten Sie?

AF: Ich möchte das Angebot und die Nachfrage zum geeigneten Zeitpunkt optimieren.

EvS: Was ist Ihre Erfahrung bezüglich Wertsteigerung?

AF: Bei der Qualität darf man nicht sparen. Man sollte auf gutes Handwerk und auf qualitätvolle Steine Wert legen.

EvS: Was empfehlen Sie jungen Sammlern mit wenig Budget?

AF: Sie sollten je nach dem jeweiligen Budget die beste Qualität kaufen und dabei keine Kompromisse eingehen.

EvS: Was halten Sie von „Kaufen gegen den Trend“?

AF: Davon halte ich viel, es setzt jedoch sehr gute Kenntnisse voraus. Man sollte allerdings auch Freude am Erstandenen haben und den Schmuck gerne tragen.

EvS: Sammeln Sie selbst ebenfalls?

AF: Ja, ich sammle Schmuck.

Alexander Doczy Experte für Möbel und dekoratives Interieur Dorotheum GmbH & Co KG Dorotheergasse 17 A-1010 Wien Tel.: +43 1 51560-302 Mobil: +43 664 8106116 alexander.doczy@dorotheum.at

ALEXANDER DOCZY

EXPERTE FÜR MÖBEL UND DEKORATIVES INTERIEUR

Eva von Schilgen: Was hat Sie veranlasst, den Kunsthandel zu Ihrem Beruf bzw. zu Ihrer Berufung zu machen?

Alexander Doczy: Bereits als Kind bin ich mit meiner Großmutter in Ausstellungen gegangen. Mich haben Kunst und Antiquitäten schon immer fasziniert, später habe ich mich Richtung Möbel spezialisiert.

EvS: Ihre Spezialgebiete sind …?

AD: Möbel und dekoratives Interieur.

EvS: Was muss ein Sammler oder ein Investor beim Kauf von Möbeln und Interieur besonders beachten?

AD: Er oder sie muss auf Authentizität und Qualität achten. Immer bedeutender ist auch die Provenienz des jeweiligen Objektes geworden. Außer im Falle des Wiener Empire ist man vom Epochen-Sammeln gänzlich abgekommen. Viele ergänzen ihre Wohnung durch ein attraktives historisches Stück.

EvS: Was empfehlen Sie jungen Sammlern mit wenig Budget?

AD: Sie sollten die Suche nach eigenem Empfinden und aus eigener Begeisterung heraus angehen und dabei Sachen entdecken, die zeitlos sind – zum Beispiel ein schlichtes Biedermeiermöbel, das perfekt in eine modern eingerichtete Wohnung passt.

EvS: Was halten Sie von „Kaufen gegen den Trend“?

AD: Ich halte viel davon, sofern die Qualität des Exponats berücksichtigt wird. Als Beispiel nenne ich Möbel aus dem Historismus – hier haben durchwegs Möbelproduzenten auf hohem Niveau gearbeitet. Gegen den Trend kaufen sollte aber nie eine Antriebsfeder sein. Nur jene Sammlungen waren bedeutend, die auch mit Herz zusammengestellt wurden.

Großer Empiretisch, Donaumonarchie um 1800/10, erzielter Preis: € 202.800

Frans Francken II. (1581–1642) – Der Mensch, der sich zwischen Tugenden und Lastern entscheiden muss, 1633, Öl auf Holz, 142 x 210,8 cm, erzielter (Weltrekord-)Preis: € 7.022.300

Dr. Alexander Strasoldo Experte für Alte Meister Allg. ger. beeideter Sachverständiger Dorotheum GmbH & Co KG Dorotheergasse 17, 1010 Wien Tel.: +43 1 51560-556 Mobil: +43 664 8106153 Fax: +43 1 51560-461 alexander.strasoldo@dorotheum.at www.dorotheum.com

DR. ALEXANDER STRASOLDO

EXPERTE FÜR ALTE MEISTER ALLG. GER. BEEIDETER SACHVERSTÄNDIGER

Eva von Schilgen: Was hat Sie veranlasst, den Kunsthandel zu Ihrem Beruf bzw. zu Ihrer Berufung zu machen?

Alexander Strasoldo: Nach dem Abschluss meines Kunstgeschichte-Studiums haben sich die Weichen sehr schnell in Richtung Kunsthandel gestellt. Mehr oder weniger durch Zufall kam ich zu einem Auktionshaus und habe festgestellt, dass diese Arbeit enorm spannend und sehr abwechslungsreich ist. Ich habe diese Entscheidung nie bereut.

EvS: Ihr Spezialgebiet ist ...?

AS: Mein Spezialgebiet sind die Alten Meister: Gemälde von der Gotik bis zur Zeit um 1800.

EvS: Was muss ein Sammler oder ein Investor beim Kauf von Kunstgegenständen besonders beachten?

AS: Er sollte sich entscheiden, ob er primär Geld anlegen oder Freude an der Kunst haben möchte. Beides zu vereinen ist natürlich ideal.

EvS: Nach welchen Kriterien beraten Sie?

AS: Ich kenne die Mehrzahl meiner Kunden seit Langem und weiß, was ich ihnen empfehlen kann und was nicht. Der Käufer eines spätgotischen Madonnenbildes ist nicht unbedingt an französischem Rokoko interessiert. Und noch extremer: Einem Sammler von niederländischen Blumenstillleben würde ich nicht zu barocken Heiligenmartyrien raten.

EvS: Was ist Ihre Erfahrung bezüglich Wertsteigerung?

AS: Viele Alte Meister, vor allem jene von guter Qualität und mit gutem Namen, konnten über die Jahre gesehen ihren Wert, wenn schon nicht steigern, zumindest halten. Ein gutes Beispiel für Wertsteigerung ist der sogenannte „Spinola-Rubens“ aus der Werkstatt von Peter Paul Rubens, der im Dorotheum zwei Mal verkauft wurde. Auktion am 13. April 2011: € 558.030,–Auktion am 10. November 2020: € 873.000,–

EvS: Was empfehlen Sie jungen Sammlern mit wenig Budget?

AS: Gehen Sie mit dem Ihrer Sammelleidenschaft zur Verfügung stehenden Betrag vorsichtig um. Kaufen Sie lieber ein oder zwei Bilder von guter Qualität als eine größere Anzahl eher schwacher Bilder. Beachten Sie den Unter-

EvS: Was sollte ein Unternehmen beachten, wenn Kapital angelegt werden soll?

AS: Hier fehlt mir die Erfahrung, denn Unternehmen kaufen eher Klassische Moderne und zeitgenössische Kunst als Alte Meister. Der British Railway Pension Fund, um ein einziges Beispiel zu nennen, hat vor einigen Jahrzehnten Altmeister-Gemälde gesammelt. Nach dem Verkauf der Sammlung in Londoner Auktionen entsprach die Verzinsung des Einsatzes jener von mündelsicheren konservativen Wertpapieren.

EvS: Was halten Sie von „Kaufen gegen den Trend“?

AS: Das ist prinzipiell immer gut, wobei niemand garantieren kann, dass es irgendwann zu einer Trendwende kommen wird.

EvS: Sammeln Sie selbst ebenfalls?

GS: Was ich sammeln würde, ist in der Regel weit jenseits meiner Reichweite. Zu meinem Glück komme ich aus Familien, für die schöne Bilder an der Wand selbstverständlich waren.

Text: Eva von Schilgen