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LARS EIDINGER –SEIN ODER NICHT SEIN

DOKUMENTATION | 92 MINUTEN | FSK 6

Begnadeter Schauspieler oder eitle Nervensäge? An Lars Eidinger scheiden sich die Geister. Dokumentarfilm, der sich um eine Annäherung an den Schauspieler bemüht und zu einem bemerkenswert sensiblen, hellsichtigen Porträtfilm wird.

Ein wenig scheint sich Lars Eidinger in den letzten drei Jahren zurückgezogen zu haben, sicher wegen Corona, vielleicht aber auch als Reaktion auf den Gegenwind, der ihm Anfang 2020 entgegenschlug, als er eine Luxustasche im Design einer ALDI-Tüte designte und sich damit vor einem Obdachlosenlager fotografieren ließ. Zum ersten Mal schlug dem Schauspieler nicht nur Kritik entgegen, sondern auch Häme und aggressive Ablehnung, was für einen fraglos eitlen, fraglos aber auch sensiblen Menschen wie Eidinger eine ungewohnte Erfahrung gewesen sein muss. Kurz danach nahm der Dokumentarfilmregisseur Reiner Holzener Kontakt zu Eidinger auf, man verstand sich gut genug, um das Wagnis eines Porträtfilms einzugehen, ein Wagnis deswegen, weil Eidinger sich – abgesehen von seinem Privatleben, das komplett ausgespart bleibt – in dem kaum 90 Minuten langen „Lars Eidinger – Sein oder nicht Sein“ erstaunlich offen, ungeschminkt und verletzlich zeigt.

Als roter Faden der Dokumentation dienen Holzener Proben und Premiere des „Jedermann“ in dessen Hauptrolle Eidinger 2021 in Salzburg zu sehen war. Eine sehr gute dramaturgische Entscheidung, denn dadurch verzichtet Holzener auf ein Abhaken der Lebens- und Arbeitsstation Eidingers. Wenn man dann Momente bei den Jedermann-Proben beobachten kann, bei denen Eidinger während einer besonders emotionalen Passage auf einmal beginnt, den in seinen Augen etwas unaufmerksamen Regisseur anzubrüllen oder ihm bei der Besprechung einer Szene die Tränen kommen, begreift man endgültig, wie sehr dieser Mann für seinen Beruf, seine Leidenschaft brennt. Eidinger mag bisweilen anecken, manchmal nerven, aber jemand der mit solcher Emphase, mit ganzem physischem und psychischem Einsatz auf der Bühne oder vor der Kamera steht muss man zumindest respektieren. Das herausgearbeitet zu haben macht Reiner Holzeners „Lars Eidinger – Sein oder nicht Sein“ zu mehr als einer hagiographischen Dokumentation: Ein sensibles, hellsichtiges Porträt über einen geborenen Schauspieler. programmkino.de / Michael Meyns

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