Human Resources Manager 01 2011

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MAGAZIN FÜR HUMAN RESOURCES MANAGEMENT • FEBRUAR/MÄRZ 2011 • WWW.HUMANRESOURCESMANAGER.DE • ISSN 1869-5116 • EUR 11,40

DARÜBER SPRICHT MAN NICHT.

THEMA GELD



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EDITORIAL

GELD, ÜBERALL E

s begegnet uns überall, das Geld. Zumindest ist viel die Rede davon: Reicht das Volumen des EU-Rettungsschirmes? Muss es einen Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche geben? Verdienen manche Investmentbanker zu viel? Und warum bekommt mein Bankberater eigentlich Provision, wenn er mir eine Riester-Rente verkauft? Es ist schon merkwürdig mit dem Geld. Es hat in unserer Gesellschaft – machen wir uns nichts vor – eine enorme Bedeutung. Man kann es nunmal gegen tolle andere Dinge tauschen und es ist oftmals ein Maßstab für die Wertschätzung unserer Arbeit. Auf der anderen Seite ist der Ruf des Geldes nicht der beste. Wer viel davon hat, ist sicherlich ein schlechter Charakter, so nicht selten die Meinung der Mitmenschen. Geld wird häufig mit Macht gleichgesetzt, mit Einfluss, Geld hat eine unheimliche Anziehungskraft auf manche, nur mit der Moral wird es in der Regel nicht in einen Topf geworfen. Und obwohl es so wichtig ist für uns, sprechen wir nicht darüber. Wer weiß schon, was der Kollege verdient? „Geld ist in unserer Gesellschaft stärker tabuisiert als Sex“, hat mal die Soziologin Jutta Allmendinger gesagt. Niemand will Neid produzieren oder sich unterlegen fühlen. Das soziale Standing bemisst sich eben häufig auch nach dem Gehalt. Standing und Geld – in beiden Fällen denkt man nicht zuerst an Personalmanager. Studien zeigen, dass beispielsweise nur eine sehr geringe Zahl der Hochschulabsolventen mit HR-Management monetäre Anreize verbindet. Ja, reich

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wird man als Personaler in der Regel nicht. Ihr Image ist immer noch das des Menschenfreundes – kein Macher-Typ, aber emphatisch. Und solche Leute verdienen halt nicht viel. Man sollte auf solche Klischees nicht allzu viel geben. Zum einen, so zeigte es unter anderem die große Studie des BPM, verdienen Personaler im Durchschnitt so schlecht nicht. Zum anderen wird mit der steigenden Bedeutung ihrer Profession auch das Gehalt höher. Dann wird zum Beispiel ein guter Talent Relationship Manager pures Gold wert sein. Geld – es ist nicht nur ein großes Thema in den Medien, es ist auch eines im Personalmanagement. Ein effizienter Ressourceneinsatz und das Personalkostencontrolling gehören genauso dazu wie Fragen des Vergütungsmanagements, das in den Unternehmen stets diskutiert wird. Wie muss die Vergütung für ein Mehr an Leistung gestaltet werden? Welche Vergütungsstruktur ist die passende? Wie hoch sollte der Anteil der variablen Vergütung sein? Auf diese Fragen werden immer wieder neue Antworten gefunden. Das Vergütungs- und damit auch das Performancemanagement sind in vielen Unternehmen im ständigen Wandel. Und oft ist das Thema derartig komplex, dass man auf die Hilfe von Vergütungsberatern nicht verzichten kann. Geld ist und bleibt ein sensibles Thema – für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Personalmanager sind genau die richtigen dafür. Jan C. Weilbacher Chefredakteur

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I N H A LT

01 11 A U S G A B E

HERAUSFORDERUNG Bundesfamilienministerin Kristina Schröder im Interview über das geplante PflegezeitModell und die Auswirkungen für die Unternehmen Seite 8

AKTUELL 7

Aus für Elena?

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Die Zukunft des elektronischen Entgeltnachweises 8

Zeit für Pflege Interviews mit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Gudrun Gille, Präsidentin des Berufsverbandes für Pflegekräfte

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Kompetenzfrage Roland Koch, ehemaliger hessischer Ministerpräsident, geht zu Bilfinger Berger. Ist Führungsfähigkeit wichtiger als Fachwissen?

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Prolog & Verdienste

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Das Geld der anderen Welche Rolle die Vergütung im Rahmen der Motivation und der Mitarbeiterbindung spielt

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Immer die anderen Der Psychologe Rolf Haubl über Geld als Neidobjekt

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Die Qual der Wahl Personalauswahl zwischen Interviews und Assessment Center

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Enormes Potenzial Unternehmen sollten die Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen nicht ungenutzt lassen

Der Wert der Arbeit Die Lohnspreizung nimmt in Deutschland weiter zu

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IM FOKUS

Alle an Bord Wie der Mittelständler Grünbeck seit dreißig Jahren seine Mitarbeiter am Erfolg beteiligt

Schlechter Ruf? Reimar Scholz, Vorstand der Bavaria Industriekapital, über Beteiligungsgesellschaften und die Zusammenarbeit mit Personalern

Engagement & Lohn Matthias Malessa, Chief Human Resources Officer der adidas Group, über Gehaltsverhandlungen und Bonus-Programme

T I T E LT H E M A G E L D Überblick

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Boni und Prämien sind nicht nur in der Finanzwirtschaft weit verbreitet

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Variable Vergütung

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Falsche Zurückhaltung Personalverantwortliche können von behinderten Mitarbeitern profitieren

Goldener Handschlag Über Abfindungen für Manager und den Erfolg des Corporate Governance-Kodex

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I N H A LT

VERÄNDERUNG

LEISTUNG

Die Rente mit 67 kommt. Ein Analyse-Spezial zur längeren Lebensarbeitszeit Seite 64

Erfolg durch gute Teamarbeit. Welche Lektionen Führungskräfte aus dem Hochleistungssport ziehen können Seite 70

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LAUFBAHN

Pro + Contra IG-Metall Vorstand Hans-Jürgen Urban und Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, zur Rente mit 67

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Fotos: www.marco-urban.de; www.dreamstime.com; Guido Trombetta / Alinghi

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Der BPM – aktuell

Hannes Mühldorfer, Personalleiter bei der Langenscheidt Verlagsgruppe

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Das BPMnet

Hire & Fire

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Termine

Große Aufgaben

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Medienforum

PRAXIS

Lesenswertes rund ums Personalmanagement 90

Experten gesucht Nach der Krise ist die LogistikBranche im Aufschwung

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Aktuelle Urteile

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Haftungsrisiken Essay über das Antidiskriminierungsgesetz

Coaching Days Die nächsten Workshops

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Regionalgruppen Rückblick auf die Treffen der letzten Monate

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Neumitglieder

FRAGEBOGEN 110

Überzeugungstäter Haniel-Personalchef Michael Prochaska

RECHT 92

Fachgruppen Aktivitäten und Ergebnisse

Change! Interview mit Winfried Berner über sein neues Buch

Prinzip Teamplay

BRANCHENCHECK

Neues Social Net des Verbandes

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Joachim Sauer, Präsident des Bundesverbandes der Personalmanager über die Herausforderungen einer älter werdenden Belegschaft

Torsten Schneider von RheinEnergie über die Parallelen des Leistungssports zur Arbeitswelt

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Backgroundcheck

Die wichtigsten Wechsel im Bereich HR-Management

Zeit für Anpassungen

Interview mit Andreas Storm, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, über die Erhöhung des Renteneintrittsalters 70

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VERBAND

RUBRIKEN 3 6 84

Editorial Kolumne: Home Office Impressum

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KOLUMNE

HOME OFFICE

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as? Sie sind nicht bei Facebook? Schreiben Sie etwa auch noch mit der Schreibmaschine? Facebook wird die Weltherrschaft übernehmen. Das weiß ich, seit meine Freundin dort Mitglied ist. Sie müssen das verstehen. Meine Freundin ist Schauspielerin. Sie liebt das Theater, spielt Klavier und Violine – und nun ist sie bei Facebook. Eine Frau der Hochkultur teilt jetzt ihren Freundinnen mit (insgesamt sind es 127, Stand: Januar), dass gerade der Topf angebrannt ist oder die Nichte laufen kann. Social Media wie Facebook – sie entfachen ja eine regelrechte Hysterie, nicht nur in der Finanzwelt. Es gibt unzählige Seminare und Webinare, die den Nutzen der Netzwerke erklären wollen. Auf Kongressen gehören Vorträge zu Facebook und Co. zu den bestbesuchten, es gibt eine Menge Berater, die sich auf das Web 2.0 spezialisiert haben, und es ist ein neuer Berufsstand entstanden: der Social Media Manager. Die werden händeringend gesucht. Was macht so ein SM-Manager? „Ich rede mit Kollegen über neue Entwicklungen, egal ob im technologischen oder politischen Bereich“, so Sachar Kriwoj von E-Plus im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Darüber hinaus lese ich viele Blogs und verfolge Diskussionen bei Facebook und Twitter.“ Ahhh ja. Ob er tauschen will? Auch Personaler kommen an dem Thema nicht mehr vorbei. Authentische Kommunikation der Arbeitgebermarke ist angesagt. Facebook-Karriereseite, Dialog mit Talenten in den Fachforen, TwitterKanal – das ist ja heute das Normale. Doch es reicht nicht. Sie können sich noch sehr mit den neuen digitalen Möglichkeiten auseinandersetzen, sie werden stets hinterher rennen. Wie eine Decke, die immer zu kurz ist, egal wie sehr man dran zieht. Sie stehen morgens auf und denken: Toll, dass ich jetzt bei Xing bin und weiß, wie Twitter funktioniert, und dann kriegen Sie mit, dass die anderen weiter sind. Jetzt gibt nämlich noch Mobile Tagging sowie Foursquare und Gowalla, ortsbasierte Netzwerke. Und während Sie gerade herausfinden, wie man die Namen buch6

stabiert, ist bereits eine Handvoll neuer Features zu den Anwendungen entwickelt worden. Die müssen Sie noch lernen – und vergessen Sie nicht, weiter Ihre Kontakte auf Facebook und Xing zu pflegen. Als Personaler wird das Netzwerken beim knapper werdenden Arbeitskräfteangebot immer wichtiger. Wie sieht es mit einem eigenen Blog aus? Und wissen Sie was Recrutainment ist? Wenn Sie jetzt erst damit anfangen, ist es schon fast zu spät. Die Telekom ist Ihnen schon enteilt. Die hat nämlich vor Kurzem eine interaktive Schnitzeljagd durch das TelekomGebäude an den Start gebracht. Es beginnt mit einem düsteren Youtube-Video im Stile der SAW-Filme. Von dort wird man zum Quiz geführt, das sich an jungen Nachwuchs für naturwissenschaftlich-technische Berufe richtet. Die Kampagne soll einen sechsstelligen Betrag gekostet haben. Was ist aus der guten alten Stellenanzeige geworden? Man führt ein Leben in Angst. Angst, dass man von der jungen digitalen Generation ausgelacht wird, weil man die neueste Entwicklung verpasst hat, sich vielleicht noch auf StudiVZ tummelt, das längst out ist. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin fest davon überzeugt, dass Social Media eine immer größere Rolle spielen – gerade im Bereich Personalmarketing. Dennoch: Wo bleibt die Chance mal Luft zu holen? Wie wäre es, mal in einem Sessel zu verweilen – mit einem guten Buch. Ja, mit einem Buch! Lachen Sie nicht. Personaler haben früher in Ruhe die Bewerbungsmappen durchgesehen und sich ein paar Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Jetzt müssen Sie ständig Kontakt halten – permanent. Sie müssen Social Media Manager sein. Ich habe Sachar Kriwoj vorhin etwas verknappt wieder gegeben. Entschuldigung. Man braucht viel Neugier als Social Media Manager, technische Kenntnisse, ein großes Netzwerk und Online-Affinität schadet auch nicht. Für mich ist das nichts. Aber für meine Freundin wäre es was. Dann würde vielleicht auch endlich mal ein bisschen Geld in die Kasse kommen. Hochkultur allein – das ist zum Leben zu wenig. Jan C. Weilbacher

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Illustration: Marcel Franke

HALT! STOPP!


AKTUELL

ELENA UNTER BESCHUSS Verzögerungen, Streit, hohe Kosten: Die Probleme beim Entgeltnachweis nehmen kein Ende.

Auch keine Elena-Freunde: Die Minister Rainer Brüderle und Sabine Leutheuser-Schnarrenbeger

Foto: www.marco-urban.de

E

s sieht nicht gut aus für den elektronischen Entgeltnachweis (Elena). Nachdem sich zunächst die Bundesregierung darauf geeinigt hatte, den Datenabruf durch die Sozialbehörden von 2012 auf 2014 zu verschieben, stritten sich auch noch Bundesarbeits- und Wirtschaftsministerium über die Zuständigkeit für Elena. Die Federführung soll auf das Arbeitsministerium übergehen. Doch über die Bedingungen eines solchen Übergangs konnte zwischen den Ministerien bislang keine Einigkeit erzielt werden. Zu allem Übel verlangt nun auch noch die FDP-Fraktion die Aussetzung von Elena. Elena bringe erhebliche Belastungen für Wirtschaft, Bürger und Kommunen, kritisierte FDP-Innenexpertin Gisela Piltz. Bereits das verhängte Moratorium wurde von manchem Experten als Sterben auf Raten bezeichnet. Seit dem 1. Januar 2010 muss jeder Arbeitgeber für seine Beschäftigten einmal pro Monat Daten über Einkommen und Beschäftigung an eine zentrale Speicherstelle der Deutschen Rentenversicherung elektronisch übermitteln. Die Daten sollen in der Zukunft von den Behörden für die Bearbeitung von Arbeitslosen-, Eltern- oder Wohngeld abgerufen werden können. Einst war vor allem eine Entlastung der Arbeitgeber von mehr als 85 Millionen Euro an Bürokratiekosten das Ziel. Nun wurde die jüngst beschlossene Verschiebung des Datenabrufs vor allem mit der Existenz von Gutachten begründet, nach denen die Umstellung auf das System für die Behörden teurer werde als erwartet. Zudem

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Die Umstellung auf das System wird für die Behörden teurer als erwartet.

wurden erhebliche Belastungen für den Mittelstand befürchtet. Mit der Materie vertraute Personen gehen davon aus, dass neben den Kosten Probleme mit den Signaturkarten und den qualifizierten Signaturen ein Grund für das Moratorium gewesen sind. Mit Hilfe einer Signaturkarte soll der Bürger später für die Behörden seine Daten freigeben können.

Die Idee ist gut Sollten sich die technischen Probleme bewahrheiten, stelle sich die Frage, so Michael Paatz, Managing Partner des payroll-Dienstleisters profibu, warum Unternehmen unter Androhung von Bußgeldern zur Umsetzung von Elena angehalten worden seien, wenn doch die technische Umsetzung und damit der in Aussicht gestellte Nutzen nicht gewährleistet werden könne. Das Problem ist nach Meinung von Paatz nicht Elena selbst, sondern die praktische Umsetzung seitens des Gesetzgebers. Die Idee, nämlich die Entbürokratisierung der Wirtschaft, werde aber nicht deshalb zu einer schlechten, nur weil es temporär an technischer Kompetenz fehle“, betont Paatz. Allerdings habe er den Eindruck, dass die Firmen sich verschaukelt fühlten. Laut Handelsblatt soll die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in einem Schreiben an die Regierung davon gesprochen haben, dass der unklare Kurs bei Elena die Firmen verunsichere. Der Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Däubler spricht sogar von einer teilweisen Verweigerungshaltung bei Unternehmen. „Das Elena-Projekt hat den Initiatoren bisher nur Ärger eingebracht“, sagt der Bremer Professor. „Soweit bekannt, gibt es viele – insbesondere kleinere Unternehmen – die ihrer Meldepflicht nicht nachkommen, eine Art Massenungehorsam, den man in Deutschland selten findet.“ Die Arbeitgeber sind bislang weiter gesetzlich verpflichtet, die Daten zu übermitteln. Ab Mitte Februar stellt die Zentrale Speicherstelle einen Service zur Verfügung, bei dem der Verarbeitungsstatus der Elena-Sendungen kostenlos im Internet verfolgt werden kann. Es ist allerdings gut möglich, dass die Arbeitgeber alsbald einzelne Datenbausteine erstmal nicht mehr senden müssen, weil die Übermittlung dieser Daten ausgesetzt wird. Peter Wedde, Direktor der Europäischen Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt, weist auf die begrenzte gesetzliche Speicherfrist mancher Daten hin. Zum Teil gebe es Fristen von drei Jahren, sagt der Arbeitsrechtsprofessor. Wenn Elena nun erst 2014 starte, müsste das Übermitteln dieser Daten eigentlich bis Ende 2011 ausgesetzt und der jetzige Bestand der betreffenden Daten gelöscht werden. Der Arbeitsrechtsprofessor geht aber trotz dieser Problematik nicht davon aus, dass Elena vor dem Aus steht. „Elena wird kommen.“ Jan C. Weilbacher

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AKTUELL

GEGEN DEN PFLEGEKOLLAPS

„Es ist vor allem eine Frage der Zeit“

Modellrechnungen zufolge wird die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland bis 2030 um 50 Prozent ansteigen. Was bedeutet das Ihrer Meinung nach für die Unternehmen? Das bedeutet, dass immer mehr junge Menschen vor der Frage stehen, ob und wie sie Verantwortung für ältere und pflegebedürftige Angehörige übernehmen können – und das wiederum hat Konsequenzen für die Arbeitswelt. Mein Ziel ist, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu fördern. Die Familienpflegezeit soll verhindern, dass Mitarbeiter pflegebedingt aus dem Unternehmen ausscheiden oder durch einen temporären Ausstieg den Anschluss verlieren. Das hilft auch den Arbeitgebern, die so ihre Mitarbeiter besser an die Firma binden und deren Arbeitszufriedenheit und Motivation steigern. Von meinem Konzept der Familienpflegezeit profitieren also sowohl die Beschäftigten wie auch die Arbeitgeber – und die Gesellschaft insgesamt. Nach ihrem Modell hätten Berufstätige mit pflegebedürftigen Angehörigen einen Anspruch auf zwei Jahre Pflegezeit. Die Wirtschaft ist skeptisch, weil Unternehmen in Vorleistung gehen müssten. Sind Sie zuversichtlich, dass das Gesetz 2011 kommen wird? Wir sind auf einem sehr guten Weg. Die Familienpflegezeit ist mit Blick auf den demografischen Wandel dringend notwendig – und das bezweifelt auch niemand. Aber natürlich nehme ich die Bedenken der Unternehmen sehr ernst. Die Familienpflegezeit sieht deshalb vor, dass eine Versicherung das Risiko der Erwerbsunfähigkeit abdeckt, um die Arbeitgeber vor dem Ausbleiben der Zahlung zu schützen. Mittlerweile existieren 8

i Kristina Schröder ist seit November 2009 Bundesfamilienministerin. Mit ihrem Modell der Familienpflegezeit, das 2011 Gesetz werden soll, will sie Arbeitnehmer mit pflegebedürftigen Angehörigen unterstützen. Das Modell sieht vor, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 50 Prozent reduzieren können, dabei dann aber 75 Prozent ihres Gehalts beziehen. Zum Ausgleich müssten sie später wieder voll arbeiten, bekämen aber in diesem Fall weiterhin nur 75 Prozent des Gehalts – so lange, bis das Zeitkonto wieder ausgeglichen ist.

hier auch marktreife Angebote. Wir haben auch dafür gesorgt, dass sich die Unternehmen im Umfang der geleisteten Lohnvorauszahlungen zinslos refinanzieren können. Dadurch sind die Belastungen, die Sie ansprechen, fast komplett abgefangen. Eine gewisse Flexibilität verlangt das Konzept natürlich von den Arbeitgebern – aber diese Mühe zahlt sich schnell aus. Wird noch mal nachgebessert? Wir sind gerade in der Abstimmung und ich bin zuversichtlich, das Gesetzgebungsverfahren schon bald mit einem für alle Beteiligten tragfähigen Konzept zu starten. Arbeitgeber kommen pflegenden Mitarbeitern bereits entgegen, indem sie mehr flexible Arbeitszeitmodelle anbieten. Das ist richtig. Einige Firmen setzen bereits auf Flexibilität und Familienfreundlichkeit, und darüber bin ich auch froh. Denn der Bedarf ist viel größer als das Angebot: 79 Prozent aller Berufstätigen im Alter zwischen 25 und 59 Jahren haben den Eindruck, dass sich Pflegeaufgaben in der Familie nur schwer mit beruflichen Tätigkeiten vereinbaren lassen. Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist für viele deutlich schwerer unter einen Hut zu bekommen als die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf. 91 Prozent der Berufstätigen halten deshalb Verbesserungen in diesem Bereich für wichtig oder sehr wichtig – das gilt im Übrigen gleichermaßen für Frauen und Männer. Was spricht gegen eine steuerfinanzierte Pflegezeit wie es bei der Elternzeit der Fall ist? Die Familienpflegezeit zielt darauf ab, den Arbeitsplatz und das Einkommen des pflegenden Angehörigen zu erhalten. Das garantiert dem Einzelnen finanzielle Unabhängigkeit, schützt später vor Altersarmut – und hilft vor allem Frauen, weiter berufstätig zu bleiben. Eine schlichte steuerfinanzierte Pflegezeit würde dieses Ziel verfehlen und der Gesellschaft weitere Milliardenlasten aufbürden. Das entschärft die demografische Zeitbombe nicht, sondern lässt sie erst richtig detonieren. Außerdem ist die Pflege eben nicht nur eine Frage des Geldes – sondern vor allem auch der Zeit. Wer einen Menschen pflegt, kann oft nicht nebenher hundert Prozent im Job leisten. Jede Stunde weniger am Schreibtisch ist da eine wertvolle Stunde am Bett von Mutter, Vater oder Ehepartner. Interview: Jan C. Weilbacher

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Foto: www.marco-urban.de

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder über ihr geplantes PflegezeitModell und Gudrun Gille, Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegekräfte über den Fachkräftemangel in der Branche.


AKTUELL

Foto: DBfK

„Der Beruf ist leider unattraktiv geworden“

Frau Gille, nach Angaben des Statistischen Bundesamtes fehlen in 15 Jahren etwa 150.000 Alten- und Krankenpfleger sowie Helfer. Schon jetzt ist der Mangel groß. Ist der Pflegeberuf so unattraktiv? Ja, er ist leider unattraktiv geworden. Sonst könnte es diesen Mangel nicht geben. Der beruht vor allem auf den Arbeits- und Rahmenbedingungen unter denen Pflege heute geleistet werden muss. Da sind zum Beispiel die Strukturen am Arbeitsplatz, das heißt: Wie viel Zeit habe ich für die notwendigen Arbeiten, die ich aufgrund meines fachlichen Hintergrunds sehe? Wenn aber die Strukturen – wie zu wenig Personal – mich zwingen, mich nur noch auf wesentliche funktionale Dinge zu konzentrieren, damit es irgendwie läuft, dann wird der Beruf zunehmend als unattraktiv erlebt. Die Verantwortung, die ich im Pflegeberuf habe, und die Selbstbestimmung in meiner Tätigkeit – entsprechend dem notwendigen Unterstützungs- und Hilfebedarf – kann ich so gar nicht richtig anwenden. Könnte man den Bedarf an Fachkräften nicht dadurch abmildern, indem die vielen Teilzeitin Vollzeitstellen umgewandelt werden? Da muss man genauer hinschauen. Im Krankenhausbereich gibt es durchaus viele Vollzeitstellen und die Arbeitgeber sind dort eher bereit, diese anzubieten. In der Altenpflege hingegen werden fast nur noch Teilzeit-Verträge abgeschlossen und dazu noch befristet. Woran liegt das? Es scheint ein Kostenproblem der Träger zu sein. Sie sagen: Die finanzielle Ausstattung reicht nicht. Die Leistungen, die erbracht werden müssen, sind nicht so finanziert, dass man genügend Personal anstellen kann. Ein Problem ist vor allem, dass die pflegerische Arbeit selbst, die zum Großteil von der Pflegeversicherung finanziert wird, nicht ausreichend finanziell abgesichert ist. Wie kann man trotzdem mehr junge Leute für den Beruf interessieren? Das hat schon viel mit der finanziellen Ausstattung zu tun, die letztlich dafür Sorge trägt, dass für die Ausbildung und für die Arbeit genügend qualifizierte Kräfte zur Verfügung stehen. Es geht nicht nur um die Anzahl der Mitarbeiter, F E B R U A R / M Ä R Z

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i Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) ist die berufliche Interessenvertretung von Beschäftigten und Selbständigen in der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Gudrun Gille ist seit 1998 Vorsitzende im DBfK Bundesvorstand. Die Gesundheits- und Krankenpflegerin hatte unter anderem von 2005 bis 2009 die Pflegedienstleitung einer Rehabilitationsklinik inne.

sondern auch um die Qualifikation. Der Mangel ist ja besonders groß bei den examinierten Kräften. Man braucht eben eine gewisse Anzahl, die in den Früh- und Spätdiensten, in den Wohnbereichen, auf den Stationen und in den Abteilungen verantwortlich ist. Haben Sie das Gefühl, dass das Problem von Seiten der Politik erkannt wurde? Wir haben mit der Aktion „Gelbe Karte für die Kanzlerin“ Druck gemacht, weil es nicht nur das Gesundheitsministerium angeht. Auch die Verantwortlichen für die Bereiche Senioren, Bildung und Finanzen müssen mit an den Tisch. Wir sehen momentan kleine Bewegungen. Es wurden Arbeitsgruppen gebildet, man nimmt sich dem Thema an. Die Bedarfszahlen sprechen eine so deutliche Sprache, dass man daran gar nicht vorbeikommt. Wir haben Sorge, dass irgendwann etwas eskaliert. Dann gehen wir wieder mit Schlagzeilen von Vernachlässigungen durch die Medien, die das Image des Berufs weiter negativ beeinflussen. Der Zusammenhang von Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter sowie der Qualität der pflegerischen Versorgung, der ist ja nicht weg zu diskutieren. Wenn die Gesellschaft einen hohen Qualitätsanspruch hat – und den sollte sie haben, weil es letztlich auch um das eigene gesundheitliche Gut geht – dann muss auch überlegt werden, wie mehr Geld ins System kommt. Mal abgesehen von Finanzierungsfragen – welche Schrauben muss man noch drehen, um das Image des Berufs zu verbessern? Das Image wird auch dadurch geprägt, wie sich öffentliche Personen zu dem Thema äußern. Und wenn vorgeschlagen wird – allen voran von der Kanzlerin – Hartz-IV-Empfänger für die Pflege umzuschulen, ist das für das Image des Pflegeberufs fatal. Denn das heißt ja, dass das jeder kann und motiviert junge Leute nicht unbedingt in den Pflegeberuf zu gehen. Auch das Gehalt ist ein wichtiger Faktor. Und schließlich müssen wir andere Dinge anschauen, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Arbeitszeiten sind per se nicht attraktiv. Da muss man mit flexiblen Dienstzeiten-Modellen und anderen Anreizsystemen gegensteuern. Das ist für junge Leute natürlich nicht toll, wenn man weiß, dass man jede zweite Woche Spätdienst und Nacht- und Wochenenddienste hat. Können Pflegekräfte aus Polen oder Tschechien mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit ab Mai den Mangel begrenzen? Auf der Ebene der Hilfskräfte bedeutet die Arbeitnehmerfreizügigkeit kurzfristig und grenznah vermutlich eine gewisse Entlastung. Was ist mit Fachkräften? Da ist Deutschland von den Verdienst- und Arbeitsbedingungen her nicht attraktiv. Da sehen wir keine großen Wanderbewegungen. Das wird den Bedarf nicht wesentlich verkleinern. Das Interview führte Jan C. Weilbacher

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AKTUELL AKTUELL

Roland Koch, Aufsichtsratsvorsitzender Bernhard Walter und Vorstandsvorsitzender Herbert Bodner

DIE AUSNAHME Ab März wird der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch dem Vorstand des Baukonzerns Bilfinger Berger angehören. Zum 1. Juli soll er den Vorsitz des Gremiums übernehmen. Sind Politiker überhaupt so einer Aufgabe gewachsen? Zumindest ist die Führungsfähigkeit wichtiger als das Fachwissen.

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Ein Politiker löst einen Mann ab, der die Baubranche in- und auswendig kennt.

Sowohl auf Seiten der Topmanager als auch auf Seiten der Politiker steigen die Ansprüche an die Fähigkeiten kontinuierlich. Das sagt der Headhunter Dieter Hofmann, Gründer von Hofmann Consultants. „Es sind aber unterschiedliche Talente gefragt, die da gefordert werden. In der Politik zählen vor allem Kommunikationsstärke, Ausdauer und die Fähigkeit Kompromisse zu schließen“, so der Personalberater. Ein Topmanager hingegen müsse schnell und entschlossen handeln.

Koch ist Wirtschaftsjurist Und schließlich spielen selbstverständlich auch ökonomische Kenntnisse eine Rolle. „Schon deshalb eignet sich nicht jeder Politiker zum Manager“, sagt Michael Frenkel. Solche ökonomischen Kenntnisse hat Roland Koch allerdings. Er ist einer der wenigen Ausnahmefälle. Der 52-Jährige ist Wirtschaftsjurist. Er hat mit der von ihm gegründeten Anwaltskanzlei unter anderem Fusionen und Übernahmen von Unternehmen begleitet. Bei Fraport, dem Betreiber des Frankfurter Flughafens, war Koch zudem von 1999 bis 2003 Aufsichtsratsvorsitzender. Ihm wird der Job bei Bilfinger Berger durchaus zugetraut. „Er hat bewiesen, dass er eine große Organisation führen kann“, sagt Dieter Hofmann. Außerdem hänge die Bauindustrie stark von Aufträgen aus dem öffentlichen Sektor ab. „Kochs

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Foto: Bilfinger Berger SE

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ereits 1991 trat der Bauingenieur Herbert Bodner in den Konzern Bilfinger Berger ein. Seit mehr als zehn Jahren ist er dessen Vorstandsvorsitzender – wahrlich ein Mann vom Fach, der das Bauunternehmen und die Branche in- und auswendig kennt, ein Mann mit Stallgeruch. Im Sommer nun wird der dann 63-Jährige den Vorsitz abgeben. Nachfolger ist der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch – ein Politiker. Die Fragen, nach dem der Wechsel bekannt wurde, bezogen sich neben moralischen Aspekten – „Darf der das?“ – vor allem auf die notwendigen Fähigkeiten für diesen Posten: „Hat Koch die Kompetenzen dazu?“. Ein solcher Wechsel von der Politik in die Wirtschaft, vor allem in den Vorstand eines Unternehmens, ist nach wie vor selten. „Hier liegt Deutschland gegenüber einer Reihe anderer Länder, insbesondere gegenüber den USA, eindeutig zurück“, sagt Michael Frenkel, Rektor der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. „Die Durchlässigkeit ist in Deutschland zu gering.“ Als einen Grund hierfür nennt der Professor ein Lagerdenken, wonach – so die Meinung der Deutschen – Politiker, Unternehmer und Arbeitnehmer Bereichen angehörten, die nicht miteinander vereinbar seien. Was die Führung eines Unternehmens angeht, kommt noch etwas anderes dazu: Den meisten Politikern fehlen die notwendigen Kompetenzen.


AKTUELL

Wissen über die entsprechenden Vergabestrukturen und seine hochkarätigen Beziehungen im In- und Ausland können für Bilfinger Berger äußerst nützlich sein.“ Nichtsdestotrotz besitzt Koch im Gegensatz zu dem jetzigen Vorstandsvorsitzenden keine Fachexpertise. Sie war aber auch bei der Suche des Baukonzerns nach dem zukünftigen Chef nicht von Belang. Das bestätigt der exklusiv mit der Suche beauftragte Headhunter Heiner Thorborg. „Gesucht wurde eine Persönlichkeit mit langjähriger Führungserfahrung und internationaler Geländegängigkeit“, erzählt er. Man könne aber aus der Besetzung mit Koch keinen Trend ablesen, da sie im Kern einmalig sei.

angeworbener CEOs über die letzten Jahrzehnte stetig zugenommen habe. Topmanager stehen vermehrt in der Öffentlichkeit. Übernehmen jetzt also überall Generalisten die Unternehmensspitzen? Einen Trend zu Generalisten als Spitzenmanager sieht unter anderem Michael Frenkel. „Dies gilt nicht für jede Branche, aber doch für eine Reihe hiervon“, so der Rektor der WHU. „Allerdings wird auch ein Generalist in der Funktion des Spitzenmanagers nach einiger Zeit nicht ohne ein gewisses Maß an branchenspezifischen Fachkenntnissen auskommen.“ Entscheidender seien aber neben dem strategischen Denken, dass er „kommunizieren und Menschen überzeugen“ könne. Headhunter Dieter Hofmann betont, dass Generalisten sich vor allem an der Spitze von Mischkonzernen mit einer Holdingstruktur befinden. Solche Konzerne seien aber selten geworden, so der Personalberater. „In den letzten beiden Jahrzehnten konnten wir eher einen Trend hin zu fokussierten Konzernen beobachten. Wer in einem solchen Konzern Karriere machen will, braucht Fachwissen und Branchenkenntnisse.“ Das werde im Topmanagement vorausgesetzt. Nichtsdestotrotz seien aber andere Faktoren wie Führungsstärke, diplomatisches Geschick oder Internationalität wichtiger. Hofmann spricht von „weichen Faktoren“. Auch die Unternehmenskultur und die Zusammensetzung des Managements spielten bei der Suche des richtigen CEO eine Rolle. Ein allgemeingültiges Anforderungsprofil lasse sich da nicht ableiten. Sicher ist jedoch: Politiker stehen eher selten auf der Liste der Headhunter, wenn es um die Suche nach Kandidaten für Unternehmensvorstände geht. Wenn sie in die Wirtschaft wechseln, dann in der Regel als Berater, Partner einer Kanzlei oder sie rücken an die Spitze eines Verbandes. Jan C. Weilbacher

Strategische Aufgaben Auf Fachwissen konnte Bilfinger Berger bei dem Kandidaten also verzichten. Der CEO eines 10Milliarden-Unternehmens, das börsennotiert und in der Welt zu Hause ist, könne gar kein Mann vom Fach mehr sein, so Thorborg. „Seine Aufgaben liegen vielmehr im strategischen Bereich und in der Führung des Vorstandsgremiums.“ Unternehmen sind immer mehr einem ständigen Wandel ausgesetzt – der strategische Blick mit entsprechender Umsetzungskraft ist da gefordert. Koch bringt als langjähriger Ministerpräsident Führungserfahrung mit. Und die Experten sind sich einig, dass Führungsfähigkeit heutzutage vor unternehmensspezifische Fachkompetenz geht. Dirk Sliwka, Professor für Betriebs- und Personalwirtschaftslehre an der Universität Köln, spricht ebenfalls davon, dass auf allgemeine Managementfähigkeiten im Vergleich zu spezifischer Unternehmenserfahrung mehr Wert gelegt werde. Der Wissenschaftler verweist hier auf die USA, wo der Anteil unternehmensextern

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TITEL

REICH MIT IDEEN Es gibt viele Wege eine Menge Geld zu sammeln. Die Google-Gründer Sergey Brin (37) und Larry Page (37) wurden reich durch das Internet – vor allem aber durch das Erkennen des Potenzials, das in ihm steckt. 1998 gingen die Gründer mit ihrem Unternehmen an den Start. Mittlerweile beherrscht Google den Markt der Netzsuche und der Online-Werbung. Die Produktpalette wurde stetig ausgeweitet. Neben der Entwicklung von Anwendungen wie Google Maps oder Google Earth tummelt sich Google nun unter anderem auch im Markt für Smartphones und elektronische Bücher. Brin und Page nutzten die Chancen, die das Netz birgt – und das in einem rasanten Tempo. Das Vermögen der beiden Männer wurde von Forbes auf jeweils 17,5 Mrd. Dollar geschätzt. 12

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TITEL

GELD Es sorgt für Motivation, Wertschätzung und Glück. Es fördert Eigensinn, Neid und Unzufriedenheit. Unsere Beziehung zu Geld ist ambivalent, aber klar ist auch: Geld ist wichtig.

INHALT Prolog und eine Auswahl an Vergütungen von DAX-Vorständen

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Welche Rolle kann das Gehalt im Rahmen der Mitarbeitermotivation und -bindung spielen?

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Boni sind in deutschen Unternehmen weit verbreitet. Nun werden sie nachhaltiger gestaltet

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Adidas-Personalchef Matthias Malessa im Interview über Leistung und variable Vergütung

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Alle in einem Boot – das Mitarbeiterbeteiligungsmodell eines süddeutschen Mittelständlers

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In Deutschland nimmt die Lohnspreizung zu. Wonach bemisst sich der Wert von Arbeit?

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Geld ist eines der häufigsten Neidobjekte. Der Psychologe Rolf Haubl im Gespräch

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Der goldene Handschlag: Wenn Spitzenmanager frühzeitig gehen, kassieren sie in der Regel eine Abfindung

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Gewinnstreben um jeden Preis? Bavaria-Vorstand Reimar Scholz über Beteiligungsgesellschaften

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Epilog

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TITEL

PROLOG G

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2,8 MIO.

Der Vorstandsvorsitzende des Konsumgüterkonzerns Henkel, Kasper Rorsted, erhielt 2009 eine Vergütung in Höhe von knapp 2,84 Millionen Euro. Den größten Teil machten sogenannte Short Term Icentives aus.

9,6 MIO.

Er verdiente 2009 am meisten: Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann. Insgesamt 9,55 Mio. Euro betrug sein Gehalt. Allerdings ist seine Vergütung sehr abhängig vom Erfolg der Bank. 2008 bekam er nur 1,39 Mio.

Fotos: Frank Reinhold /WirtschaftsWoche; Monika Flueckiger; Siemens AG PressebilderPresspictures

eld macht glücklich. Man sollte anderen Bekundungen keinen Glauben schenken. Zumindest macht es zufriedener. Studien zeigen, dass Menschen mit einem höheren Einkommen im Durchschnitt eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen als Menschen mit niedrigem Einkommen. Ist damit alles klar? Umso reicher, desto zufriedener? Nicht ganz. Denn: Ist ein mittleres Einkommen erreicht, steigert eine Gehaltserhöhung das Lebensglück kaum noch. Menschen gewöhnen sich schnell daran. Der Effekt nutzt sich in den höheren Gehaltssphären rasch ab. Andere Faktoren werden wichtiger. Diese Gehaltsgrenze, ab der der Sättigungspunkt erreicht ist, wurde vor Kurzem sogar exakt angegeben. Der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahnemann und sein Kollege Angus Deaton von der Princeton University werteten im vergangenen Jahr 450.000 Fragebögen aus, in denen US-Bürger täglich Angaben zu ihrem gefühlten Glück machten. Dann setzten die Forscher den Glückswert in Korrelation zum Einkommen. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass der durchschnittliche US-Bürger mit einem Jahreseinkommen von 75.000 Dollar (58.000 Euro) sein Glücksoptimum erreicht. Ein Gehaltssprung von 100.000 auf 150.000 steigert das Glücksempfinden hingegen nicht weiter. Das verleitet natürlich niemanden dazu, sich gegen eine solche Einkommenssteigerung zu wehren. Dem Arbeit- oder Auftragnehmer mag es auch um Lebenszufriedenheit gehen. Den Arbeitgeber interessiert zuvorderst die erbrachte Leistung, für die er bereit ist, eine Gegenleistung zu bringen. Geld, insbesondere die Vergütung, ist deshalb immer noch einer der wichtigsten Indikatoren der Wertschätzung, ein Wertmaßstab zur Anerkennung der Arbeit. Man mag darüber streiten, ob der ein oder andere in unserem Land nicht überverhältnismäßig viel verdient. Die Mehrheit der Menschen interessiert aber gar nicht so sehr, wie viel „die da oben“ bekommen. Sie vergleichen sich mit Menschen auf ihrer Ebene. Und das beeinflusst auch eher die Zufriedenheit. Mehr als die absolute Höhe des Einkommens spielt die relative Höhe eine Rolle. Erst wenn sich Menschen mit anderen vergleichen und feststellen, dass sie mehr haben, stellt sich das Zufriedenheitsgefühl ein. Wenn also alle einen Einkommensanstieg erfahren, erlebt der Einzelne keine besondere Steigerung seines Glücks. Das ist irgendwie ein bisschen traurig. Das Leben – ein Wettbewerb.

8,9 MIO.

Siemens ist eines der wenigen Unternehmen, die bereits den Geschäftsbericht 2010 veröffentlicht haben. Danach betrug die Vergütung des Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher für das Geschäftsjahr 8,98 Mio. Euro. H U M A N

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6,2 MIO.

Die Gesamtvergütung für Linde-Chef Wolfgang Reitzle betrug 2009 laut Geschäftsbericht 6,22 Mio. Euro. Als Festvergütung erhielt Reitzle beispielsweise 1,96 Mio., als variable Vergütung 2,72 Mio.

3,96 MIO.

Sie ist einer der wenigen Frauen im Vorstand eines DAX-Unternehmens. Barbara Kux, verantwortlich für Supply Chain Management bei Siemens, erhielt laut Geschäftsbericht 2010 eine Vergütung von 3,96 Mio. Euro.

945 TSD.

Peter-Jürgen Schneider ist Personalvorstand der Salzgitter AG. Er verdiente 2009 laut Geschäftsbericht 945.400 Euro. Zum Vergleich: Der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Leese erhielt 1,55 Mio. Euro.

VERDIENST VON DAX-VORSTÄNDEN Über Gehalt spricht man nicht. Es sei denn, es geht um die Vergütungen von Vorständen börsennotierter Unternehmen. Sie werden in der Regel veröffentlicht – eine Auswahl.

6,6 MIO.

Fotos: Andreas Pohlmann; Privat; Salzgitter AG; Claudia Kempf; Ingrid Friedl; Infineon AG; RWE AG

Volkswagen-Chef Martin Winterkorn erhielt 2009 eine Gesamtvergütung von 6,6 Mio. Euro. Der Anteil der variablen Vergütung betrug 4,9 Mio. Euro.

1,7 MIO.

Der Lufthansa-Personalvorstand Stefan Lauer erhielt 2009 laut Geschäftsbericht 1,67 Mio. Euro. Wolfgang Mayrhuber, der als Vorstandsvorsitzender Ende des vergangenen Jahres ausschied, bekam 2,5 Mio. Euro. F E B R U A R / M Ä R Z

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1,2 MIO.

Er war 2009 unter den Chefs der DAX-Unternehmen einer der Geringverdiener. Der Vorstandssprecher des Münchner Chipherstellers Infineon erhielt als Gesamtvergütung 1,16 Mio. Euro.

2,7 MIO.

Die Vergütung von Alwin Fitting, RWE-Personalvorstand, betrug 2009 laut Geschäftsbericht rund 1,955 Mio. Euro. Hinzu kam eine aktienbasierte Vergütung, die bei Gewährung einen Zeitwert von 750.000 Euro hatte. 15


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DAS RICHTIGE GESPÜR FÜR GELD Er ist der reichste Mensch der Welt. Carlos Slim Helú verfügt laut Forbes-Liste 2010 über ein Vermögen von 53,5 Mrd. Dollar. Der Telekommunikationsmogul ist in seiner mexikanischen Heimat nicht unumstritten, lebt doch ein bedeutender Teil der mexikanischen Bevölkerung in Armut. Der Sohn libanesischer Einwanderer versteht es, angeschlagene Unternehmen zur rechten Zeit zu kaufen. Entscheidend für den Aufstieg des 71-Jährigen war vor allem 1990 die Übernahme der staatlichen Telefongesellschaft Telmex für rund 1,8 Milliarden USDollar. Auch im Mobilfunkgeschäft ist Slim die dominierende Figur: Die von ihm kontrollierte Gesellschaft América Móvil ist der größte Mobilfunknetzbetreiber in Lateinamerika. 16

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REICH MIT EINER MISSION Bei der Gründung von Microsoft stand 1975 eine Mission: „Ein Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Haus.“ Den Grundstein für die Erfüllung dieser Mission legte Bill Gates (55) sechs Jahre später, als er IBM die Lizenz für die Nutzung des Betriebssystems MS-DOS erteilte. 2008 zog Gates sich als reicher Mann aus dem Tagesgeschäft des Softwareunternehmens zurück. Das Vermögen von Bill Gates wurde 2010 auf 53 Mrd. Dollar geschätzt. Die gemeinsame Stiftung von seiner Frau Melinda und ihm gilt als die größte private Stiftung weltweit und engagiert sich vor allem in der Entwicklungshilfe. Zusätzlich startete der Software-Visionär im Juni zusammen mit Warren Buffett die Initiative The Giving Pledge, in der die US-amerikanischen „Superreichen“ Geld an wohltätige Zwecke spenden sollen.

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REICH DURCH HOFFNUNG Er ist gerade mal 26 Jahre alt und schon die Person des Jahres. Dazu hat ihn kürzlich das Time Magazine gekürt. Mark Zuckerberg, der Gründer des sozialen Netzwerks Facebook, ist auch einer der reichsten Personen der Welt. In der letzten Forbes-Liste wurde sein geschätztes Vermögen noch mit 6,9 Mrd. Dollar angegeben. Das hat sich nun weiter erhöht. Ausschlaggebend dafür sind die Hoffnungen die Zuckerberg und sein Unternehmen schüren, Hoffnungen auf zukünftige Geschäfte, die sich mit dem mehr als 500 Millionen Teilnehmer umfassenden Netzwerk machen lassen. Durch den Einstieg der Investmentbank Goldman Sachs und des russischen Investors Digital Sky Technologies bei Facebook hat sich das rechnerische Vermögen Zuckerbergs auf knapp 14 Milliarden Dollar verdoppelt. Und Facebook soll nun 50 Mrd. Dollar wert sein – mehr als die Deutsche Bank. Das Interesse der Investoren an Geschäften im Internet ist wieder riesig. 18

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DER LOHN DER ANDEREN Im Rahmen der Vergütungspolitik spielt die Mitarbeiterbindung eine immer größere Rolle. Eine konkurrenzfähige Bezahlung sollte Teil eines Bündels an Anreizen sein. Auch als Motivationshebel wird die Vergütung von den Unternehmen eingesetzt – die Wirkung ist umstritten.

Fotos: www.wikimedia.com (2); Brian Solis; HU Berlin

1. Die anderen sind wichtig Der Homo oeconomicus hat schon länger einen schweren Stand. So recht will man nicht mehr glauben, was die klassische Wirtschaftstheorie annimmt, dass der rational kalkulierende Mensch nur darauf aus ist, seinen eigenen Nutzen zu maximieren. Das kommt vor, ist aber selten. Der Mensch ist anders. Und weil er anders ist, spielt die absolute Höhe seines Einkommens für ihn nicht die entscheidende Rolle. Das Gehalt ist wichtig – keine Frage. Es kommt aber vor allem auf die relative Gehaltshöhe an. Was verdienen die Kollegen? Wo stehe ich? Bonner Hirnforscher und Ökonomen wagten sich vor drei Jahren hierzu an ein interessantes Experiment. Sie ließen für eine Studie 38 Männer paarweise gegeneinander antreten. In zwei nebeneinander stehenden Hirnscannern liegend, mussten die Teilnehmer parallel eine Aufgabe lösen. Es galt die Anzahl der auf einem Bildschirm erscheinenden Punkte zu schätzen. Für jede richtige Schätzung gab es eine Belohnung in Höhe von 30 bis 120 Euro. Zudem wurde ihnen mitgeteilt, ob der Konkurrent ebenfalls richtig lag und welchen Lohn dieser erhielt. Dabei wurde die Durchblutung im Gehirn beobachtet. Vor allem maßen die Wissenschaftler die Aktivität des sogenannten Belohnungszentrums. Ergebnis: Am höchsten war die Aktivierung bei denjenigen, die richtig getippt hatten, während ihr Mitspieler sich verschätzt hatte. Schließlich schaute man darauf, was passiert, wenn beide richtig tippen. Bekamen sie auch dieselbe Bezahlung, blieb die Aktivierung Joachim Schwalbach, HU Berlin des Belohnungszentrums vergleichsweise gering. Erhielt dagegen ein Spieler zum Beispiel 120

»Durch Intransparenz werden Löhne der Kollegen überschätzt.«

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Euro, der Andere aber nur 60, fiel die Aktivierung bei Spieler 1 viel höher aus. Bei Spieler 2 nahm die Durchblutung sogar ab, obgleich seine Lösung richtig war. Was der andere verdient, ist also nicht egal. Das zumindest lässt sich sagen. Wenn Tarifverträge die Löhne regeln, mag dies keine Rolle spielen. Aber was ist mit den Löhnen der Führungskräfte und außertariflichen Mitarbeiter? Sollten Personaler also am besten nicht verraten, was die anderen verdienen? Oder gerade doch, um den Wettbewerb unter ihnen anzukurbeln? Joachim Schwalbach, Professor am Institut für Management an der Humboldt Universität Berlin, ist für Transparenz. Aber nicht um den Wettbewerb zu fördern. Ihm geht es um etwas anderes. „Die Transparenz der Vergütung ermöglicht Dritten, das gerechte Verhältnis von Arbeitsleistung und Belohnung zu beurteilen“, sagt er. Die wahrgenommene Gerechtigkeit beeinflusse die Erwartungen der Personen hinsichtlich des Vergütungssystems und sei infolgedessen eine wichtige Triebkraft für die Arbeitsmotivation, erklärt der Wissenschaftler. Eine intransparente Vergütung führe nämlich häufig dazu, dass die Entlohnung der Kollegen überschätzt wird. Die Folge: „Die eigene Vergütung wird als ungerecht empfunden – und dies hat eindeutig negative Motivationseffekte.“ Doch nur mit der Offenlegung ist es nicht getan. Jürgen Weibler, Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Personalführung und Organisation an der FernUniversität Hagen, verweist darauf, dass das Wissen darum, was andere Personen im Unternehmen verdienen, zwar die Gerüchteküche beruhige, trotzdem zu Frust führen könne, eben 19


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An objektive Maßstäbe glaubt er nicht. Der Leistungsbegriff sei unscharf und in dieser Unschärfe liege seine eminente Nützlichkeit, so der Autor. Die allermeisten Mitarbeiter hätten auch gar kein Problem, wenn der Chef die Mitarbeiterleistung einschätze und das Gehalt langfristig entsprechend anpasse. Wenn Vorgesetzte aber „unter dem Druck von Objektivitäts- und Gerechtigkeitsabonnenten den Leistungsbegriff zergliedern, digitalisieren, mathematisieren, dann kommen sie in ein Analysedelirium, das kein normaler Praktiker mehr lösen kann.“

2. Das Geld und die Motivation Ob ein Gehalt als gerecht empfunden wird, hängt auch von den Umständen wie der konjunkturellen Entwicklung ab. In der Krise zeigten die meisten Beschäftigten durchaus Verständnis für die Gehaltseinbußen wie zum Beispiel durch die Einführung von Kurzarbeit. Nichtsdestotrotz hat die Motivation damals gelitten. Bei unklaren Perspektiven ist es schwierig, diese hoch zu halten. Die Studie „Global Talent Management & Rewards“ der Beratung Towers Watson konstatiert, dass die Kostensenkungsmaßnahmen in der Krise nicht ohne Folgen für die Belegschaft geblieben sind. Neben einem negativen Einfluss auf die Stressresistenz und Arbeitsbelastung der Mitarbeiter, gaben in Deutschland 60 Prozent der befragten Arbeitgeber ein allgemein geringeres Mitarbeiterengagement in der Krise an. In der Theorie gilt das Gehalt jedoch nach der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg zufolge lediglich als sogenannter Hygienefaktor, eine Rahmenbedingung. Wenn die Vergütung stimmt, verhindert es die Unzufriedenheit des Mitarbeiters. Was aber motiviert dann zu mehr Leistung? Klar ist, dass schlechte Führung als größter Motivationskiller gilt. Was zu den wichtigsten Motivationsfaktoren gehört, dazu kommen verschiedene Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen. Laut einer Umfrage des Stellenportals Monster aus dem Jahr 2009 unter mehr als 28.000 Arbeitnehmern aus Nordamerika und Europa ist der eigene Leistungsanspruch der Top-Motivationsfaktor für die Befragten. 45 Prozent gaben also an, dass sie der eigene Anspruch, gute Arbeit zu leisten, am meisten ansporne. Laut einer weltweiten Studie der Beratung Mercer aus dem Jahr 2008 wird das Mitarbeiterengagement stark vom Umfeld bestimmt. Für Deutschland wurden am häufigsten „Kollegen“, „Respekt“ und „Art der Arbeit“ als motivierende Faktoren angegeben. Aber auch Vergütung wird in vielen Umfragen von den befragten Arbeitnehmern als Motivationsfaktor Olaf Lang, Towers Watson genannt. Eine Trennung zwischen Hygienefaktor und Motivator ist in der Praxis also schwierig. Fakt ist: Vergütung bzw. finanzielle Anreize werden von vielen Unternehmen – zumindest auf Führungskräfteebene – durchaus auch als Motivationshebel eingesetzt. Vor allem die leistungsorientierte variable Vergütung dient zumindest zum Teil diesem Zweck. Das ist deshalb interessant, weil Boni und Prämien keinen guten Ruf in der Öffentlichkeit genießen. Motivieren mit Geld? Das klingt für viele irgendwie unanständig. Auf Karriereseiten lassen sich zuhauf Artikel finden, die betonen, dass diese sogenannte extrinsische Motivation in die Sackgasse führt. Unser heutiges Wirtschaftssystem ist nämlich längst zu komplex, als dass dadurch nachhaltig die Leistungsbereitschaft erhöht werden

»Geld ist im Rahmen der Bindung der zweitwichtigste Baustein.«

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Foto: Towers Watson

weil die Verteilung eventuell als ungerecht empfunden wird. „Wer eine Gehaltsstruktur transparent macht, muss gleichzeitig auch die Differenzen begründen können.“ Die Begründung müsse nachvollziehbar sein und sich an etablierten Vorstellungen zur Gerechtigkeit von Verteilungsunterschieden koppeln. Zu dumm jedoch: Die Wirklichkeit sieht anders aus. In Deutschland spricht man in der Regel nicht über Geld. Laut des Gehaltsreports 2009 des manager magazin weiß nicht einmal jeder Fünfte, was seine Kollegen verdienen. Je höher die Hierarchiestufe desto wortkarger werden die Beschäftigten. Das Gehalt ist in den oberen Führungsetagen nicht mehr tarifgebunden. Und die Verschwiegenheit hat durchaus seine Vorteile. Denn: Es geht häufig ungerecht zu. Das zeigt allein die Lohnspreizung zwischen Männern und Frauen bei gleicher Qualifikation. Es sind 13 Prozent nach aktuellen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft. Laut der Umfrage des Magazins halten 80 Prozent der Befragten die Gehaltsstruktur in ihrem Unternehmen für intransparent, etwa genauso viele empfinden die Kriterien der Vergütung als nicht nachvollziehbar und unfair. Weibler empfiehlt dennoch Transparenz: „Weil ein Unternehmen dazu stehen sollte, wer welche materielle Entlohnung erhält.“ Um dies aber wirklich zu praktizieren, müsse daran gearbeitet werden, dass die Bezahlung im Unternehmen prinzipiell als gerecht empfunden wird, so der Professor. „Das gilt natürlich nur in einem Miteinander.“ Was man dafür bekomme, sei „das Wissen, in einem Unternehmen zu arbeiten, was nichts zu verbergen hat“. Ist das möglich? Gehaltscoaches verweisen darauf, dass neben der Qualifikation und der Bedeutung des Mitarbeiters für das Unternehmen, oft diejenigen am meisten erhalten, die bei der Gehaltserhöhung sehr selbstbewusst auftreten. Frauen wird oft nachgesagt, dass sie tendenziell hier zu bescheiden sind. Dabei geht es Mitarbeitern in der Regel lediglich um ein faires Gehalt – nicht mehr und nicht weniger. Doch was ist fair? Der bekannte Management-Berater Reinhard K. Sprenger nennt in seinem Buch „Mythos Motivation. Wege aus einer Sackgasse“ vier Elemente, nach denen sich eine faire Vergütung bemessen sollte. Zum einen ist das der Arbeitsplatzwert, der zumeist hierarchiegebunden und durch die Schadenshöhe definiert ist, die von diesem Arbeitsplatz ausgeht. Das zweite ist der Arbeitsmarktwert. Wie viele könnten diesen Job machen? Das dritte, die Seniorität, bemisst sich nach der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit. Und das vierte – und wohl problematischste Element – ist für Sprenger die Leistung des Beschäftigten. Er plädiert in seinem Buch hinsichtlich dieser Beurteilung der Mitarbeiterleistung für eine radikale Subjektivität des jeweiligen Vorgesetzten.


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kann. Das schreibt beispielsweise der US-Bestsellerautor Daniel Pink in seinem neuen Buch „Drive – was Sie wirklich motiviert.“ Allgemein betonen Kritiker, dass individualisierte Leistungsvergütung Kreativität und Zusammenarbeit schwäche. Dennoch: Die Praxis sieht anders aus. Extrinsische Motivation spielt eine Rolle – nicht nur im Vertrieb. Und sie wird als wichtig angesehen. Dieser Meinung sind auch manche Roland Hehn, Otto Bock Health Care HR-Manager. „Ehrlich gesagt, denke ich, dass die Verbesserung des Lebensstandards und die Schaffung von unserem heutigen Wohlstand in unseren entwickelten Volkswirtschaften ohne extrinsische Motivation nicht erreichbar, auch nicht haltbar wäre“, sagt beispielsweise der Personalchef von adidas, Matthias Malessa, im Interview mit dem Human Resources Manager. Obgleich auch Malessa betont, dass das Gesamtpaket in Ordnung sein muss. Eine extrinsische Belohnung ist aber nicht für jeden geeignet. „Finanzielle Anreize wirken auf Beschäftigte unterschiedlich“, betont der Wissenschaftler Joachim Schwalbach. „Beispielsweise verpuffen sie bei denjenigen, bei denen kein Anreiz zu höherer Leistung notwendig ist.“ In jedem Fall sollte die extrinsische Motivation in der heutigen Wirtschaftswelt ergänzt werden. Das Pendant ist die intrinsische Motivation, die sich aus der Aufgabe selbst ergibt, weil sie Spaß macht oder eine interessante Herausforderung darstellt. Kreative und innovative Tätigkeiten beruhen oft darauf. Der intrinsisch motivierte Mitarbeiter ist für Arbeitgeber ein Glücksfall. Denn kreative und neue Ideen kommen in der Regel von Personen, die von einer Sache begeistert sind. Die intrinsische Motivation direkt zu steuern ist allerdings schwierig. Vorgesetzte können Bedingungen dafür schaffen, dass sie sich bei den Mitarbeitern entwickelt. Vor allem braucht es Freiraum.

von 50.000 Euro machen. Danach wird die Vergütung ausgerichtet. Das Familienunternehmen mit mehr als 4.200 Mitarbeitern ist bei der Anfertigung von Prothesen Weltmarktführer. „Wir sind da bei der Bezahlung in der Mitte, ob man mal etwas mehr bezahlt, kommt auf die strategische Richtung an“, sagt Roland Hehn, Geschäftsführer Personal. Das Unternehmen bezahle fair. Man dürfe nicht den Fehler machen, Geld einen zu hohen Stellenwert einzuräumen, betont Olaf Lang. Dieser Fehler werde zum Beispiel noch in der Finanzbranche gemacht. Bei Kasper Rorsted, Chef des Konsumgüterherstellers Henkel, der kürzlich mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu dem Thema sprach, klingt das so: „Wir müssen und wollen konkurrenzfähig bezahlen. Aber Mitarbeiter gehen nicht, weil sie fünf Prozent mehr oder weniger Gehalt bekommen. Wenn, dann gehen sie wegen 50 Prozent.“ Weiterbildungsangebote und eine interessante Aufgabe seien wichtiger. Haben die meisten Unternehmen das verstanden? Ein Vergleich der Beratung Towers Watson zeigt scheinbar eine Diskrepanz zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Einschätzung, was ein Unternehmen attraktiv macht. Während deutsche Arbeitgeber das wettbewerbsfähige Grundgehalt an erster Stelle nennen, liegt dieses bei den Arbeitnehmern nur auf Rang sechs. Die Beschäftigten sehen hingegen eine herausfordernde Aufgabenstellung auf dem ersten Platz. An zweiter Stelle kommt der Standort der Firma (bei den Unternehmen Platz 3. Qualifizierte Mitarbeiter halten 7). Für die Arbeitgeber erscheint nach der Im besten Fall ermitteln Arbeitgeber die individuellen MotivaStudie eine herausfortionsfaktoren eines jeden einzelnen Mitarbeiters oder zumindernde Aufgabensteldest jeder Führungskraft im Unternehmen. Das ist deshalb lung am zweitwichwichtig, weil unmotivierte Mitarbeiter zum einen negative tigsten, gefolgt von der Auswirkungen auf den Geschäftserfolg haben und zum andeReputation der Firma. ren die Gefahr besteht, dass sie irgendwann das Unternehmen Ein Unternehmen, verlassen. das dies alles bieten Dabei stellt sich die Frage: Wie wichtig ist Geld, wenn es kann und es trotzdem darum geht, begehrte Angestellte, wie zum Beispiel High Poschwer hat, ist Google. Volker Seubert, Oracle tentials, zu halten? Für Olaf Lang, Leiter Talent & Rewards Die Softwarefirma gilt bei Towers Watson Deutschland, ist die direkte Führungsals attraktiver Arbeitkraft der bedeutendste Faktor im Rahmen der Mitarbeiterbingeber. Und doch muss dung. Bereits der „zweitwichtigste Baustein“ sei das Geld. „Vergütung ist ein auch Google sich überlegen, wie man seine besten wichtiger Punkt. Man muss in einem vernünftigen Marktbereich liegen, Mitarbeiter bei der Stange hält und welche Rolum nicht Gefahr zu laufen, dass andere die guten Leute abwerben“, so der le die Vergütung dabei spielt. Denn so mancher Berater. sieht interessantere Möglichkeiten bei jüngeren Wo liegt aber der „vernünftige Marktbereich“? Um auf dem Laufenden und kleineren Firmen, wie zum Beispiel Facezu bleiben, was auf dem Markt üblicherweise bezahlt wird, führen Unbook. Medienberichten zufolge muss Google ternehmen häufig mit Hilfe von Vergütungsberatungen Marktanalysen mittlerweile richtig um seine guten Leute kämpdurch – für Positionen außerhalb des Tarifbereichs. Otto Bock Health fen. Das Unternehmen hat mittlerweile 23.000 Care Deutschland beispielsweise lässt dies bei Jobs ab einem Verdienst Mitarbeiter – für alle gab es nun Anfang Januar

»Ob man mehr bezahlt, kommt auf die strategische Richtung an.«

Fotos: Otto Bock Health Care; Oracle

»Wer kein gutes Image hat, wird einen Aufschlag zahlen müssen.«

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eine Gehaltserhöhung von zehn Prozent. Expermen verlassen würde. Die Vergüten sehen diesen Schritt auch als Bindungsmaßtungspolitik sollte Teil der Mitarbeinahme. Ein wettbewerbsfähiges Gehalt sei wichterbindungsstrategie sein. Im Zuge tig für die Zukunft des Unternehmens, hieß es des Fachkräftemangels wird sich dazu von Seiten Googles. Und Google-Chef Eric dieser Zusammenhang verstärken. Schmidt schrieb in einer internen Email an die Klaus Zimmermann, Präsident Beschäftigten, in der er die Gehaltserhöhung andes Deutschen Instituts für Wirtkündigte: „Wir wollen sichergehen, dass Sie sich schaftsforschung, schrieb dazu für ihre harte Arbeit belohnt fühlen, und wir wolkürzlich in der Süddeutschen Zeilen auch weiterhin die besten Leute anziehen.“ tung, dass neue Vergütungsmodelle Das Durchschnittsalter der Google-Mitarbeinach vorne rücken, die sich weniger ter dürfte nicht allzu hoch sein. Das Alter der Beam kurzfristigen Unternehmenserschäftigten spielt in Vergütungsfragen eine Rolle. folg ausrichten als vielmehr daran, Alfred Quenzler, Hochschule Ingolstadt Bedeutung und Form des Gehalts sind abhängig qualifizierte Köpfe langfristig an von der jeweiligen Lebensphase, in der ein Anden Betrieb zu binden. gestellter sich befindet. Alfred Quenzler, der an der Hochschule 4. Geld als Lockmittel Ingolstadt Internationales Personal- und Organisationsmanagement lehrt, und bis 2009 bei Doch inwiefern muss ein Arbeitgeber eine attraktive Vergütung in die WaagAudi das internationale Personalmarketing leiteschale werfen, damit die qualifizierten Arbeitskräfte auf dem Markt auch te, unterscheidet bei dieser Frage zwischen Abzukünftig den Weg zu ihm finden? Geld ist ja schon immer ein Lockmittel solventen und Führungskräften. Bei den jungen gewesen. Was ein Arbeitnehmer bei einer Firma verdienen wird, erfährt er Leuten sei wichtig, dass eine Gehaltsschmerzspätestens beim Vorstellungsgespräch. Bei anderen Faktoren, wie der Ungrenze nicht unterschritten werde, wie er sagt. ternehmenskultur, ist es schwieriger, im Vorfeld Einblick zu bekommen „Das Grundgehalt muss zur jeweiligen Branche – noch. Das ändert sich aufgrund der zunehmenden Transparenz durch das passen.“ Entscheidender seien aber die „Erotik Web 2.0. Die Unternehmen, die kein gutes Arbeitgeberimage haben, würder Marke“ und das „Drumherum“: hohe Soziden aus diesem Grund in Zukunft einen Gehaltsaufschlag zahlen müsalleistungen und die Familienfreundlickeit des sen, ist beispielsweise Volker Seubert, Personalleiter Europa bei Oracle Unternehmens beispielsweise. „Wenn es hart auf Deutschland der Meinung. Sie haben also keine andere Wahl, als es allein hart kommt – bekomme ich dann die Flexibilität, über die Vergütung zu versuchen. die ich brauche?“ Später, wenn nach vier, fünf Doch es wird in der Regel nicht reichen. Die Entlohnung wird vor allem Jahren ein Karriereschritt gemacht werde, sei dort wichtiger werden und ein Anreiz für Arbeitnehmer sein, wo ohnehin eine finanzielle Verbesserung durchaus wichtig, noch viel Luft nach oben ist. Die Vergütung werde in den Branchen eine grösagt Quenzler. Entgelt ist dann ein wesentlicher ßere Rolle spielen, wo Beschäftigte eine große Verantwortung haben, aber Antriebsfaktor. niedrig entlohnt werden, sagt Alfred Quenzler. Als Beispiele nennt er die Bei Führungskräften rückt die Frage: „Was Baubranche, den Dienstleistungssektor und den Pflegebereich. gibt es oben drauf?“ in den Vordergrund – Boni, Das „brachenübliche Gehalt“ wird dort höher, wo die Fachkräfte knapper Tantieme, Dienstwagen. Statussymbole spielen werden. In den Bereichen, wo dies nicht der Fall ist, könnte es sogar sinken, nun eine größere Rolle. „Je höher sagen Experten. Doch ein Mangel an ArbeitsSie rauf kommen, desto mehr Ankräften heißt nicht, dass sich die Unternehmen sprüche haben Sie“, so der Profesgegenseitig mit Angeboten attraktiver Gehälter sor. Der zunehmende Mangel an überbieten müssen. Viele wollen einen solchen Freizeit wird durch Geld ersetzt. Wettbewerb auch gar nicht mitmachen. Die Kienbaum-Studie „LeitenAuch Roland Hehn von Otto Bock Health Care de Angestellte 2010“ kommt zu glaubt nicht an den Lockruf des Geldes. „Es funkdem Schluss, dass im Rahmen der tioniert nicht langfristig, wenn qualifizierte LeuMitarbeiterbindung Zusatzleiste nur für ein paar tausend Euro mehr kommen tungen in den Vergütungspaketen und in zwei Jahren wieder wegen ein paar tauwichtiger werden. Vor allem die send Euro weg sind“, sagt er. Otto Bock mit Sitz in betriebliche Altersvorsorge sei von Duderstadt, in der Nähe von Göttingen, honoriert Bedeutung. Das gilt insbesondere jedoch durchaus, wenn jemand Externes einen für Führungskräfte. 71 Prozent der Ortswechsel auf sich nimmt und damit ein Risiko deutschen Unternehmen bieten eingeht. Es könne sein, dass ein solcher Mitarbeiihnen eine solche Vorsorge an. Dater dann etwas mehr verdient als die Kollegen, so neben spielen beispielsweise auch Hehn. „Das ist das Gesetz des Marktes.“ Kostenrückerstattungen von mediIn der Regel haben die mittelständischen Unzinischen Check-ups sowie Berufsternehmen auch gar keine andere Wahl, als sich unfähigkeitsversicherungen eine auf nicht-finanziellen Ebenen auszuzeichnen. Rolle. „Wir müssen mit anderen Pfunden wuchern“, Volker Bartels, Sennheiser Letztlich geht es nicht darum, sagt Volker Bartels, Sprecher der Unternehjemandem einfach mehr zu zahlen, mensleitung bei Sennheiser electronic. Das weil er ansonsten das UnternehUnternehmen hat 2.100 Mitarbeiter und liegt im

»Wir müssen mit anderen Pfunden wuchern.«

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Fotos: Hochschule Ingolstadt; Sennheiser electronic GmbH & Co. KG; FernUniversität Hagen

»Das Grundgehalt muss zur jeweiligen Branche passen.«


»Ein Unternehmen sollte dazu stehen, wer welchen Lohn erhält.«

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Bereich Elektroakustik weltweit an der Spitze. Bartels treibt das Thema Fachkräftemangel um. „Gut ausgebildete Ingenieure und Facharbeiter sind knapp auf dem Markt.“ Manchmal seien die Lücken nicht leicht zu schließen. Geld sei dabei zwar ein Aspekt, viel wichtiger sei aber beispielsweise das Arbeitsumfeld. Außerdem besitzt das Unternehmen eine starke Marke. Viel Bedeutung legt man bei Sennheiser auf ein internationales Umfeld. Das Unternehmen hat eine Exportquote von mehr als 80 Prozent. Es gebe zudem attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten und flexible Arbeitsmodelle, so Bartels. Rund 80 Mitarbeiter des Unternehmens nutzen zum Beispiel die Möglichkeit von Zuhause aus zu arbeiten. Erfüllende Jobs mit Gestaltungsspielraum statt üppiger Bezahlung – das ist es, womit der Hersteller von Mikrofonen und Kopfhörer punkten will. „Geld zu haben, stört natürlich nicht“, sagt Roland Hehn von Otto Bock. Wichtiger ist jedoch auch für den Prothesenhersteller das Angebot von Entwicklungsmöglichkeiten. Otto Bock ermöglicht Ingenieuren zum Beispiel eine Fachlaufbahn. „Es gibt Ingenieure, die oft wo anders nicht weiterkommen“, erklärt Hehn. Denen könne man im Unternehmen eine Expertenkarriere ohne Führungsverantwortung bieten – mit der gleichen Gehaltsentwicklung. Die sogenannten Gehaltsbänder verlaufen bei der Fachlaufbahn genauso wie bei der Führungslaufbahn. So kann der „Experte“ so viel verdienen wie ein Abteilungsleiter und Jürgen Weibler, FernUniversität Hagen der „Führende Experte“ so viel wie ein Direktor. Es ist ein Weg von vielen, um im Kampf um die Fachkräfte zu bestehen – und ja: Geld spielt auch hier eine Rolle. Aber es ist das Gesamtangebot, das stimmen muss. Und der Arbeitgeber sollte sich seines eigenen Angebotes bewusst sein. Welches Bündel an Anreizen können wir bieten? Das gilt es zu ermitteln. Experten sprechen hier häufig von der Employee Value Proposition (EVP). Das können neben der Vergütung, betriebliche Nebenleistungen sein, die Arbeitsinhalte, Weiterbildungsmöglichkeiten oder sämtliche familienfreundliche Angebote. Diese EVP ist immer im Vergleich zu anderen zu sehen. Es ist nun mal ein Wettbewerb, bei dem das Arbeitskräfteangebot in vielen Bereichen sich zunehmend reduziert. Man kann natürlich allein auf die Geldkarte setzen, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten und damit vielleicht auch eine kurzzeitig hohe Motivation erreichen. Doch das wird auf Dauer teuer. Und es berührt, wie Professor Jürgen Weibler anmerkt, den wahren Kern der Einsatzbereitschaft nicht: das Gebrauchtwerden, die Anerkennung, die Chance, seine beruflichen Leidenschaften zu verwirklichen, mitzuarbeiten an einer bedeutenden Sache. Jan C. Weilbacher

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REICHTUM EINER FAMILIENDYNASTIE 1947 eröffnete Erling Persson sein erstes Kleidergeschäft. Seine Geschäftsidee: Modisch und qualitativ hochwertige Kleidung zu günstigen Preisen. Mittlerweile hat Hennes & Mauritz (H &M) mehr als 2000 Filialen. Sein Sohn Stefan Persson übernahm den Konzernvorstand 1982. Und blieb bis 1997 der Unternehmenschef. Danach wurde der 63-Jährige, dessen Vermögen auf 22,4 Mrd. Dollar geschätzt wird, Verwaltungsratsvorsitzender des Textilunternehmens. Seit 2009 ist nun der Enkel des Gründers, Karl-Johan Persson (35), der CEO von H&M. Damit führt er den Konzern in dritter Generation. Der Machthaber aber bleibt mit 36,5 Prozent des Kapitals und 69,1 Prozent der Stimmen der Vater. 24

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SCHÖN FLEXIBEL BLEIBEN Anders als es womöglich große Teile der Öffentlichkeit wahrnehmen, ist die variable Vergütung nicht nur bei Banken weit verbreitet, sondern in der gesamten deutschen Wirtschaft. Boni und Prämien für Führungskräfte bemessen sich vor allem an Unternehmenszielen und individueller Leistung. Und sie unterliegen einem Trend – die langfristige Orientierung nimmt zu.

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anager-Boni sind Teufelszeug. Es gibt nicht wenige, die so denken. Im Zuge der Finanzmarktkrise ist die variable Vergütung – nicht nur bei Banken – in der Öffentlichkeit in Verruf gekommen. Sogar DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann merkte im Sommer 2009 in einem Interview an, dass es in Deutschland „unanständig hohe Gehälter, Boni und Tantiemen“ gibt. Und ein Kommentator der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Christian Siedenbiedel, betonte, dass Boni komplett von der Bildfläche verschwinden müssten. Man muss sich das vorstellen: Die FAZ! Der Bonus hatte keinen guten Stand in dieser Zeit. Doch Bonus ist nicht gleich Bonus. Der Zorn der Allgemeinheit machte sich vor allem an variablen Vergütungselementen im Finanzsektor fest, die Anreize boten, kurzfristige exzessive Risiken einzugehen. Dies hat mit der variablen Bezahlung im Großteil der Branchen jedoch relativ wenig zu tun. Obgleich – und das dürfte der Öffentlichkeit weitgehend nicht bewusst sein – die variable Vergütung in der deutschen Wirtschaft bereits eine längere Tradition hat, und das nicht nur im Vertrieb. Boni, Tantiemen, Prämien und sonstige finanzielle Incentives werden zum Teil seit mehr als zehn Jahren gezahlt – vor allem für Spitzenmanager, aber ebenfalls für leitende Angestellte und sonstige Manager und Experten im außertariflichen Bereich.

Foto: www.wikimedia.com

Boni sind weit verbreitet in Deutschland Variable Vergütungssysteme in Deutschland haben nicht nur Tradition – sie sind auch weit verbreitet. In einer aktuellen Umfrage der Hay Group in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung und der Wiesbaden Business School gaben 92 Prozent der rund 170 teilnehmenden Unternehmen an, ein entsprechendes System für mindestens eine Mitarbeitergruppe zu führen. Für das Top Management und die leitenden Angestellten sind Bonus-Programme das am weitesten verbreitete Instrument. Die Zielhöhe der variablen Vergütung beträgt laut den Verfassern der Studie für das Top Management im Schnitt 35 Prozent bzw. bis zu 60 Prozent (inklusive Long Term Incentives) des Grundgehaltes und 25 Prozent bzw. 45 Prozent für leitende Angestellte. Die variable Vergütung ist also umso ausgeprägter, je höher sich jemand in der Hierarchie befindet. Bei außertarifliche Mitarbeitern und sogar bei Tarifbeschäftigten spielt sie ebenfalls eine Rolle. „Es gibt einen Trend neue Mitarbeitergruppen mit einzubeziehen“, sagt auch Holger Jahn, Vergütungsexperte beim Prüfungs- und BeratungsF E B R U A R / M Ä R Z

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unternehmen Deloitte. Tarifparteien seien mittlerweile offen für variable Vergütungselemente. Es kommt dem Wunsch der Unternehmen zugute, die Personalkosten flexibler zu gestalten. Diese Flexibilität sei bei der Vergütung von Führungskräften schon länger der Fall, so Jahn. Viel ist davon die Rede, dass Vergütung „atmen“ müsse. „Je nach Ergebnis, nach oben oder unten“, so die Vergütungsexpertin bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Christiane Hölz. Allerdings: „Bei vielen Unternehmen scheint der Jahresbonus nicht auf Gewinneinbrüche zu reagieren. Da bleibt die Frage im Raum, wie performanceabhängig die Vergütung tatsächlich ist.“ Das hat Gunther Friedl, Professor für Controlling an der TU München, im vergangenen Juli im Rahmen der Veröffentlichung der Vorstandsvergütungsstudie 2010 des Lehrstuhls und der DSW gesagt. Zudem konstatierte er: „Bei den Boni dominieren leider immer noch die kurzfristigen Anreize.“ Die Studie untersuchte allerdings damals nur die Vorstände der DAX- und MDAX-Unternehmen auf Basis der Geschäftsberichte 2009. Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit, der vor allem durch den Gesetzgeber vor anderthalb Jahren initiiert wurde, konnte noch nicht berücksichtigt werden. Mittlerweile hat sich jedoch allerhand getan. Experten sind sich sicher, dass die Vorstandsvergütung der börsennotierten Unternehmen auch tatsächlich nachhaltiger geworden ist. Ausschlaggebend ist vor allem das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), mit dem kurzfristiges Renditedenken und BoniAusschweifungen eingedämmt werden sollen. So wird beispielsweise verlangt, dass Boni nicht mehr auf Basis eines Jahresgewinns gezahlt werden dürfen. „Sie müssen“, so Friedl, „eine mehr25


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Stärkerer Fokus auf Leistung Nichtsdestotrotz wird die Leistungsorientierung laut Umfragen von den Unternehmen weiter vorangetrieben. Der Fokus auf Leistung ist stärker geworden. In einer weiteren Studie der Hay Group von Juli 2010 heißt es, dass fast die Hälfte der befragten Unternehmen die Ziele für ihre Mitarbeiter nach oben gesetzt hat oder dies tun wird. Doch es geht den Unternehmen nicht nur um eine Verbesserung der Performance des Einzelnen, sondern ebenso um eine enge Verzahnung mit der Geschäftsstrategie. „Heute wollen die Firmen die Mitarbeiter vermehrt dazu bringen, sich stärker an den Unternehmenszielen auszurichten, sagt Professor Thorsten Petry von der Wiesbaden Business School, die die Umfrage der Bertelsmann Stiftung und der Hay Group begleitet hat. Die variable Vergütung ist also auch ein Steuerungsinstrument. Es gehe darum, Anreize zu geben und zu kommunizieren, was der Unternehmensleitung wichtig ist, betont Holger Jahn von Deloitte. Und das kann sich schnell ändern. Überhaupt sind Vergütungssysteme einem ständigen Veränderungsdruck ausgesetzt. „Das Streben nach dem optimalen Vergütungssystem ist eine immerwährende Suche“, sagt der Wissenschaftler Gunther Friedl. Gerade in jüngster Zeit hatten Vergütungsberater gut zu tun. In der Regel werden alle Mitarbeitergruppen an erreichten individuellen und Bereichskenn26

zahlen gemessen. Für das Top Management und die leitenden Angestellten sind noch mehr Unternehmenszahlen relevant – oftmals der Aktienkurs. Hinzu können zum Teil weichere Faktoren kommen, wie zum Beispiel die Mitarbeiterzufriedenheit. Auch die Deutsche Post DHL hat ihr Vergütungssystem stark verändert. Seit 2000 spielt die variable Vergütung in dem Konzern eine große Rolle. 2009 nun hat man die Entlohnung der Führungskräfte einer gänzlich neuen Strategie unterworfen: Respect & Results. Nicht nur Ergebnisse in Form von „harten Zielen“ seien nun für die Zahlung von Boni entscheidend, sondern auch das „Wie?“, sagt Frank Bickmeier. Der Leiter Corporate Executive Services ist für 350 DHL-Führungskräfte in 50 Ländern verantwortlich. In der Regel berichten sie direkt an den Konzernvorstand. Seit Jahren hat ihr variabler Vergütungsanteil stetig zugenommen. Jetzt bemisst er sich nicht nur an erreichten finanziellen Zielen und Qualitätsergebnissen. Führungsqualität ist auch gefragt. Wie sich beispielsweise die Mitarbeiterzufriedenheit entwickelt, die durch jährliche Befragungen ermittelt wird, wirkt sich ebenfalls auf die Höhe des Bonus aus. Im Durchschnitt fließen die „Respect-Faktoren“ zu etwa einem Drittel mit ein. Das neue Vergütungssystem leite sich aus der Unternehmensstrategie 2015 ab, so Bickmeier. Diese sieht eine ausgewogene Balance zwischen den Zielen „Employer of Choice“, Investment of Choice“ und „Provider of Choice“ vor. Es geht also darum neben den Finanzen und den Kunden auch die Mitarbeiter gleichberechtigt im Fokus zu haben. In Abhängigkeit vom persönlichen Erfolg und dem des Unternehmens, beträgt der Anteil der variablen Vergütung eines Topmanagers in Form von Jahresboni um die 50 Prozent. Doch Deutsche Post DHL legt seit 2009 mit seinen Long-Term-Incentives auch Wert auf Nachhaltigkeit in der Vergütung. „Wir erwarten, dass 15 Prozent der Boni Holger Jahn, Deloitte in Aktien investiert werden“, sagt Frank Bickmeier. Nach einer Haltefrist von vier Jahren gibt das Unternehmen dann zu jeder Aktie im Portfolio eine weitere dazu. Die sogenannte Share-MatchingKomponente sei ein großer Erfolg, so Bickmeier. Er spricht von einem großen Anreiz- und Retentionfaktor. Im Durchschnitt würden die Führungskräfte sogar 25 bis 30 Prozent ihrer Boni in das Programm investieren. Darüber hinaus gibt es einen Long-Term-Incentive-Plan. Dabei erhalten die Manager sogenannte Stock Appreciation Rights, fiktive Aktienoptionen, mit einer Laufzeit von vier Jahren.

»Es geht darum, zu kommunizieren, was der Leitung wichtig ist.«

Nachhaltigkeit wird mehr und mehr zum Thema Auch bei der Allianz existieren nicht nur für Vorstände langfristige Incentive-Pläne, sondern auch für Direktoren – bereits seit über 10 Jahren. „Zielsetzung ist, den Beitrag dieser Führungsebene zur Steigerung des Unternehmenswertes zu honorieren und den langfristigen Unternehmenserfolg durch das Erreichen nachhaltiger Kennziffern zu fördern“, wie Claudia Pfeifer, Leiterin Grundsatzfragen und Vergütung bei der Allianz Deutschland AG, sagt. Die Vergütung der gesamten Allianz Gruppe ist im Wandel. Als im September die weltweit rund 108.000 Mitarbeiter befragt wurden, waren auch die Mitarbeiter der Allianz Deutschland AG darunter. Die Ergebnisse, so hieß es von Unternehmensseite, hätten Einfluss auf die variable Vergütung des

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jährige Bemessungsgrundlage haben“. Barboni dürfen also nicht mehr sofort fließen. Von vielen Unternehmen wurde das bereits beherzigt. „Sie haben ihre Vergütung schon weitgehend umgestellt.“ Christiane Hölz spricht von einer Zäsur, nicht nur was die Langfristigkeit der Vergütung angeht. Sie nimmt ebenfalls eine größere Flexibilität und Transparenz wahr. Die spannende Frage wird sein: Inwieweit strahlt die neue Vergütungsstruktur der Vorstände börsennotierter Unternehmen in Zukunft auf die unteren Ebenen aus? Unterhalb des Vorstands hatten Boni in früheren Zeiten vor allem den Zweck der Leistungsmotivation. Böse Zungen nennen das „Management by carrot“ oder „Management by stick“. Dem Mitarbeiter wird im übertragenen Sinne eine Karotte vor die Nase gehalten, der hinterher gerannt wird. Die Motivationssteigerung ist auch heute noch eine gängige Intention der variablen Vergütung, vor allem wenn sie aufgrund des Erreichens vereinbarter individueller Ziele gezahlt wird. Solche Ziele sollten allerdings, so Experten, weitgehend messbar sein, damit Streitigkeiten um Bonuszahlungen vermieden werden. Und es sollten möglichst wenige Ziele sein. Jedoch gilt die Aussagekraft von Zielerreichungen in der Literatur als umstritten. Da der Leistungsbegriff generell recht unbestimmt ist.


Foto: Allianz Deutschland AG

Claudia Pfeifer, Allianz Deutschland AG

Topmanagements und würden in die Bewertung für die Bemessung des Jahresbonus der Führungskräfte einfließen. Die leitenden Angestellten der Allianz erhalten ebenfalls einen jährlichen Bonus in Abhängigkeit von der Geschäftsentwicklung und dem Erreichen individueller Ziele. Die Bedeutung habe sich auch hier in dem Sinne verändert, „dass zunehmend qualitative Ziele wie zum Beispiel Personalführung und Personalentwicklung, Erhöhung der Servicestandards oder Kundenzufriedenheit mit einbezogen werden“, so Claudia Pfeifer. Nachhaltigkeit zeigt sich also nicht nur in einer zeitlichen Dimension. Doch sie spielt bei der Vergütung die größte Rolle. Die langfristige variable Vergütung ist in großen Unternehmen schon eine wichtige Säule. Sie wird aber in Zukunft noch wichtiger, nicht nur für Vorstände. Laut der Studie von Hay Group, Bertelsmann Stiftung und Wiesbaden Business School erwarten zumindest 49 Prozent der Teilnehmer in ihrer Branche für das Top Management eine relative Zunahme des langfristigen Anteils, 43 Prozent rechnen mit dieser Entwicklung auch bei den leitenden Angestellten. Holger Jahn von Deloitte sieht diesen Trend ebenfalls. „Die Vergütungsstruktur wird sich bei den Unternehmen ändern. Die variable Vergütung wird langfristiger ausgerichtet“, sagt der Experte. Diese Entwicklung könnte durch das Vorstandsgehälter-Gesetz (VorstAG) forciert werden. Zwar bezieht es sich nur auf Vorstände von börsennotierten Unternehmen. Aller Voraussicht nach sind die unteren Ebenen jedoch indirekt betroffen. „Ich gehe davon aus, dass die Vergütungen der Vorstände nach unten ausstrahlen“, sagt Professor Friedl. „Schließlich sollen die Mitarbeiter in dieselbe Richtung laufen.“ Holger Jahn bestätigt, dass das VorstAG bei einigen Unternehmen zum Anlass genommen werde, F E B R U A R / M Ä R Z

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Bislang haben sich hinsichtlich der Umsetzung des VorstAG vor allem die DAX-Unternehmen bewegt – RWE zum Beispiel. Dort bemessen sich Tantieme des Vorstands sogar nicht mehr allein nach finanziellen Kennzahlen, sondern ebenfalls nach Kriterien wie Umweltschutz und Mitarbeiterorientierung. 25 Prozent der Tantiemen werden bei RWE für drei Jahre zurückgestellt. Am Ende der drei Jahre überprüft der Aufsichtsrat, ob die Unternehmensentwicklung nachhaltig war und in welcher Höhe die Tantiemen ausgezahlt werden. Gebildet wird dazu ein sogenannter Bonus-Malus-Faktor, der zwischen Null und 130 Prozent liegen kann. Wie sich die Intention des Gesetzgebers zu mehr Nachhaltigkeit letztendlich in den Zahlen der Unternehmen ausdrückt, werden erst die Geschäftsberichte für 2010 zeigen, die im Frühling veröffentlicht werden. Der viel gescholtene Jahresbonus ist zwar nicht verschwunden. Vergütungsexpertin Hölz ist aber der Meinung, dass er generell zugunsten des Mehrjahresbonus deutlich zurückgehen wird. „Ich bin gespannt, was da letztendlich hinten rauskommt.“ Das VorstAG bedeutet einen Einschnitt. Es wird letztendlich komplette Vergütungssysteme in börsennotierten Unternehmen verändern. Und andere Firmen könnten sich in der Zukunft ein Beispiel daran nehmen. Fraglich bleibt, ob der variable Anteil gegenüber dem Grundgehalt in der Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird. Frank Bickmeier von Deutsche Post DHL glaubt das nicht. Er sei zwar in den letzten Jahren immer wichtiger geworden, sagt der Vergütungsexperte des Konzerns. Mittlerweile habe der variable Anteil jedoch bereits einen sehr hohen Stellenwert erreicht. Deshalb wird er sich nach Meinung von Bickmeier zukünftig lediglich strukturell ändern und sich den jeweils ändernden Rahmenbedingungen anpassen. Hingegen sagen die Verfasser des Kienbaum-Vergütungsreport 2010, die Grundgehälter seien nur leicht gestiegen. „Stattdessen wird die leistungsabhängige Zusatzvergütung immer wichtiger.“ Und Professor Gunther Friedl nimmt „gemischte Signale“ wahr, wie er sagt. „Die Tendenz ist uneinheitlich.“ Tatsächlich haben einige Finanzinstitute zuletzt sogar die Fixgehälter erhöht. Jan C. Weilbacher

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die Angemessenheit der Vergütungsstruktur auf der nächsten Ebene zu überprüfen und zu schauen, ob diese noch zeitgemäß ist. Schließlich sollte sich die Vergütungsstrategie des Gesamtunternehmens aus der Konzernstrategie ableiten.


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LOHNENDE INVESTMENTS Viele bewundern ihn für seine klugen Investitionen. Warren Buffett hat einen Blick für lohnende Beteiligungen und gutes Management. Mit seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway hält er beispielsweise auch Anteile an der Munich Re. Sein Privatvermögen wird von Forbes auf 47 Mrd. Dollar geschätzt. Auch der drittreichste Mensch der Welt will den größten Teil seines Vermögens nach und nach stiften. Wie es heißt, wolle der heute 80-Jährige sogar nach seinem Tod 99 Prozent für wohltätige Zwecke hinterlassen. Warum? Weil mehr Glück als Verdienst im Spiel gewesen sei, so der Milliardär in einer Talkrunde. „Ich habe die EierstockLotterie gewonnen.“

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EIN WICHTIGES ELEMENT DER LEISTUNGSKULTUR

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Besonderes Engagement wird belohnt. Matthias Malessa, Chief Human Resources Officer der adidas Group, über Gehaltsverhandlungen, teures Recruiting und das Bonus-Programm des Sportartikelherstellers.

Herr Malessa, Sie wollen schon bald mit einem Mitarbeiterempfehlungsprogramm starten und eine Belohnung von tausend Euro an den Mitarbeiter zahlen, der einen neuen Kollegen empfiehlt. Werden die adidas-Beschäftigten nun alle Headhunter? Top-Mitarbeiter empfehlen Top-Mitarbeiter. Wir zählen zu den Besten in unserer Industrie in den verschiedensten Disziplinen und kennen gute Leute in unserem Umfeld, sei es dem geschäftlichen oder privaten. Wir motivieren unsere Mitarbeiter dieses Potenzial auszuschöpfen. Die Loyalität der Mitarbeiter bei adidas gilt als hoch. Warum ist eine solche Prämie nötig? Sollten die Beschäftigten nicht auch ohne äußeren Anreiz für ihren Arbeitgeber werben? Absolut. Und das tun sie auch. Dennoch geben wir viel Geld für das externe Recruiting aus. Es ist dann nur fair und angemessen, wenn wir bewusst dieses interne Potenzial aktivieren und es dann auch honorieren. Sehen Sie darin einen Trend, dass Mitarbeiter in das Recruiting stärker miteinbezogen werden? Der Ansatz ist in internationalen Unternehmen, insbesondere in den USA, bereits heute nicht unüblich. Es könnte sich durchaus als Trend etablieren. Im Moment sind es in Deutschland noch wenige Unternehmen, die diesen Ansatz verfolgen, jedoch gehe ich davon aus, dass sich der Weg als erfolgreich und damit als nachahmenswert erweisen wird. Welche Rolle spielt denn Ihrer Meinung nach ganz allgemein die Vergütung, wenn es um das Rekrutieren von Talenten geht? Ein Top-Arbeitgeber definiert sich nicht über das Geld, aber das muss stimmen. Wir nennen das einen Hygienefaktor. Wenn es passt, spricht man nicht weiter darüber, wenn es unter ein gewisses Level fällt, entsteht Unzufriedenheit und es wird zum zentralen Thema. Sie können es sich sicherlich leisten, aufgrund der starken Marke, bei den Gehältern ein bisschen sparsamer zu sein… Es kann hier nicht um Sparsamkeit gehen. Wir haben tolle Mitarbeiter und suchen weiterhin Topleute, die uns helfen in Design, Innovation, KommuF E B R U A R / M Ä R Z

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nikation, Marketing, Vertrieb, Supply Chain Management oder auch IT, HR und Finance an der Spitze zu bleiben, deshalb muss auch das Geld stimmen. Meiner Meinung nach, muss das Basisgehalt wettbewerbsfähig sein. Wenn Sie eine Leistungskultur wollen, sollte die variable Vergütung bei entsprechender Leistungserbringung über dem Markt liegen. Und eine Top-Leistung ohne finanziellen Anreiz gibt es nicht? Unsere Mitarbeiter erzielen ihre hohen Leistungen sicherlich nicht allein aufgrund des finanziellen Anreizes. Sie wissen jedoch, dass sie für besonderes Engagement belohnt werden und das motiviert sie zusätzlich. Gehen Sie davon aus, dass Unternehmen im Zuge des Fachkräftemangels sich in Sachen Gehalt großzügiger zeigen müssen oder wird der Wettbewerb um die besten Köpfe auf einem ganz anderen Feld stattfinden? Unternehmen jeder Branche werden erkennen, dass die Arbeitgebermarke, die Lern- und Führungskultur, die Möglichkeit zur Entfaltung des eigenen Potenzials und des eigenen Lebensplans bei einem Arbeitgeber den Unterschied machen. Nur Geld ist da zu kurz geschossen. Es gibt seit Jahren – vor allem bei Führungskräften – einen Trend in Richtung variabler, leistungsbezogener Vergütung. Hat diese denn auch bei adidas an Bedeutung gewonnen? Seit Anfang der 90er Jahre hat adidas das „Pay 29


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for Performance“ Bonus-Programm, in dem das Erreichen von individuellen sowie Team- und Unternehmenszielen belohnt wird. In der Tat ist heute ein größerer Teil der Mannschaft in einem Bonussystem als damals und auch das System hat sich gewandelt, aber der Grundgedanke ist derselbe: Leistung lohnt sich auch finanziell. Und wie wird Leistung bei adidas gemessen, mal abgesehen vom Vertrieb? Natürlich muss hier das Wort SMART Targets fallen. Es gibt finanzergebnisbezogene Key Performance Indicators, die für eine Marke, eine Funktion oder einen Markt vereinbart sind. Die individuellen Ziele der Mitarbeiter beziehen sich auf Kompetenzen und Verhalten, die mit dem direkten Teamleader abgesprochen sind und deren Erreichung im Gespräch ein bis zweimal im Jahr besprochen und reflektiert werden. Beides zusammen führt zu einem „Erreichungsgrad“, der die Höhe der Bonuszahlung bestimmt.

»Die variable Vergütung hat bei der Überreichung von Zielen zugenommen.«

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Matthias Malessa ist Chief Human Resources Officer der adidas Group und berichtet direkt an den Vorstandsvorsitzenden Herbert Hainer. Der studierte Diplom Volkswirt startete seine Karriere 1987 als Trainee bei adidas und war im Anschluss als Group Controller, International Controlling im weltweiten Hauptquartier in Herzogenaurach tätig. Nach Stationen in Hong Kong als Vice President Financial Controlling und in Bangkok als Geschäftsleiter Thailand und Vietnam kehrte Matthias Malessa in das weltweite Hauptquartier nach Deutschland zurück und übernahm mehrere Führungspositionen im Bereich Human Resources, für den er heute weltweit verantwortlich ist. Matthias Malessa ist verheiratet und hat drei Söhne.

Kommt es also auf eine gute Kombination aus Team-Unternehmens- und individuellen Zielen an? Ich denke mal, dass die Unternehmensziele ein umso größeres Gewicht haben, je höher sich jemand in der Hierarchie befindet… Das ist ähnlich wie im Fußball. Ist die Mannschaft top trainiert, gut aufeinander eingespielt und jeder gibt sein Bestes, dann rückt die Meisterschaft in den Blick. Und in der Tat beeinflussen die Gesamtergebnisse den Bonus an der Unternehmensspitze proportional stärker. Ist der Mitarbeiter, der rundum intrinsisch motiviert ist, ein Wunschtraum? Ehrlich gesagt, denke ich, dass die Verbesserung des Lebensstandards und die Schaffung von unserem heutigen Wohlstand in unseren entwickelten Volkswirtschaften ohne extrinsische Motivation nicht erreichbar, auch nicht haltbar wäre. Ein auf Wachstum ausgelegtes Wirtschaftssystem baut auch auf das Bedürfnis steigender Einkommen bei den Teilnehmern. Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass eine neue Generation, die heute 20- bis 30-Jährigen, andere Prioritäten setzen?

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Foto: Adidas Group

Dem Teamleader bleibt in der Regel aber ein großer Ermessensspielraum, oder? Der Teamleader wird sich an der Leistung des Mitarbeiters sowie an der persönlichen Entwicklung im zu betrachtenden Zeitraum orientieren und seine Bewertung darauf basierend abgeben. Das System ist so aufgestellt, dass eine objektive und faire Bewertung gewährleistet ist. Wie hoch ist der variable Anteil im Durchschnitt angestiegen in den letzten Jahren? Da wir die Konzepte weiterentwickeln und vor allem auch lokale Gegebenheiten in den jeweiligen Märkten anpassen, lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten. Generell lässt sich aber sagen, dass die variable Vergütung besonders bei der Übererreichung von Zielen zugenommen hat. Was ist Ihrer Meinung nach der größte Vorteil einer leistungsbezogenen Vergütung? Die Wirkung ist nicht ganz unumstritten. Kritiker sagen, dass der Blick für das Ganze und das Team verloren geht… Ganz einfach: Sie ist ein wichtiges Element unserer Leistungskultur und beteiligt den Mitarbeiter am Erfolg – dem eigenen Erfolg und dem des Unternehmens. Den Kritikern würde ich zurufen: Es gibt intelligente Lösungen, um ein Zielsystem so zu gestalten, dass es individuelle Ziele, TeamZiele und Markt-oder Gesamtunternehmensziele beinhaltet und so auch die Möglichkeit bietet, ohne Änderung des Konzeptes verschiedene Schwerpunkte zu setzten. Unser heutiges „Pay for Performance“ Bonussystem mit dem Titel „Aim2Score“ ist so gestrickt.


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Das Gesamtpaket muss stimmen. Herausfordernde Aufgaben, eine angenehme Unternehmenskultur, eine gute Work-Life-Balance und ein leistungsorientiertes Entlohnungssystem führen letztendlich nur in Kombination zu einer hohen Motivation. Die nicht-materiellen Faktoren funktionieren genauso wenig allein, wie ein hohes Gehalt ohne interessante Aufgaben und Herausforderungen. Durch unsere globale Mitarbeiterbefragung, unseren „Engagement Survey“, stehen wir außerdem im Dialog mit unserer Belegschaft und überprüfen in regelmäßigen Abständen, wo die Prioritäten der Mitarbeiter liegen und wie wir bestmöglich darauf reagieren können. Herr Malessa, angenommen ich habe gerade mein BWL-Studium mit Schwerpunkt Marketing beendet, bin super ausgebildet, spreche mehrere Sprachen und war auch zwei Jahre im Ausland. Und nehmen wir weiter an, Sie halten mich für ein Top-Talent. Was kann ich bei Ihnen als Einsteiger verdienen, und was in zehn Jahren als Abteilungsleiter? Das Einstiegsgehalt können Sie heute jedem guten Bewerbungsguide und dem Internet entnehmen, die Gehaltentwicklung wird in dem beschriebenen Fall sehr attraktiv sein. Aber noch viel interessanter für Sie werden die Inhalte, das Umfeld, die Lernmöglichkeiten und internationalen Entfaltungsmöglichkeiten sowie der Teamspirit in der adidas Gruppe sein. Woher wissen Sie, was ein Mitarbeiter „wert ist“? Schauen Sie zuvor, was die Branche zahlt? Oder kommt das auf das Verhandlungsgeschick des einzelnen an? Zum Glück wachen wir ja nicht Montagmorgens auf und müssen alles zum ersten Mal machen. Wir haben Recruiting-Spezialisten und erfahre-

ne Personaler in jedem unserer Märkte und ein Vergütungssystem, das von unserem Kompetenz-Center für Entlohnung gemanagt wird. Wir bewerten Positionen in unserem Unternehmen nach einem internationalen Bewertungssystem und vergüten unsere Mitarbeiter innerhalb von Gehaltsbändern, welche natürlich auf Basis von externen Marktdaten entwickelt wurden. So sind wir auf dem Laufenden. Ist es schwierig als Mitarbeiter mit Ihnen Gehälter auszuhandeln? Fragen Sie meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Was ich sehr schätze, ist, wenn zuerst Engagement und Leistung wahrnehmbar ist und dann erst das Gehaltsgespräch erfolgt. Vielleicht noch als Letztes ein Tipp: Wie sollte man als talentierter Mitarbeiter bei Gehaltsverhandlungen auftreten? Ein talentierter Mitarbeiter wird nach Entwicklungsmöglichkeiten fragen, wird Lernziele anstreben und Übernahme von mehr Verantwortung suchen. Sie oder er wird eine Karriereplanung anstreben. Die finanzielle Dimension kommt dann dazu. Das Interview führte Jan C. Weilbacher

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ALLE IN EINEM BOOT Während der Wirtschaftskrise wurden Mitarbeiterbeteiligungen in vielen Firmen plötzlich populär – als krisensicheres Standbein der Unternehmensfinanzierung. Die Mitarbeiter des süddeutschen Mittelständlers Grünbeck sind schon seit dreißig Jahren Mitunternehmer. Sie zeigen, dass die Erfolgsbeteiligung mehr ist als nur ein Finanzierungsbaustein.

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osef Grünbeck war als Politiker wie auch als Unternehmer für unangepasstes Denken bekannt. 1949 hatte der FDP-Abgeordnete in Höchstädt an der Donau sein Unternehmen für Wasserchemie und Apparatebau gegründet: die heute 740 Mitarbeiter starke Grünbeck Unternehmensgruppe. Als in den Sechzigern dann qualifizierte Arbeitskräfte knapp wurden, suchte er nach Möglichkeiten, seine Mitarbeiter zu motivieren und ans Unternehmen zu binden. Und beschloss kurzerhand, seine Mitarbeiter zu Mitunternehmern zu machen. Grünbeck schloss einen Partnerschaftsvertrag mit seinen Angestellten und beteiligte sie über Mitarbeiterdarlehen am Gewinn. „Diese Entscheidung des Firmengründers prägt unsere Unternehmenskultur bis heute“, sagt Dieter Schiller, seit fünf Jahren Personalchef des schwäbischen Mittelständlers. „Die Mitarbeiterbeteiligung hat maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen.“ Während der Betrieb von einem kleinen Vertriebszentrum im Grünbeckschen Einfamilienhaus stetig zu einem der größten Arbeitgeber der Region heranwuchs, baute Grünbeck auch das Beteiligungsmodell konsequent weiter aus: Heute gehört das Unternehmen nur noch zu etwas mehr als der Hälfte der Gründerfamilie und ihren wichtigsten Handelsvertretern. Die übrigen Anteile halten die Mitarbeiter. 32

Der Erfolg der Mitarbeiterbeteiligung bei dem schwäbischen Mittelständler ist kein Einzelfall. In Unternehmen, die ihre Angestellten am Firmenkapital beteiligen, ist die Wertschöpfung höher als in Betrieben ohne ein solches Modell, belegt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Eine Vielzahl weiterer Studien hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass Modelle zur Mitarbeiterbeteiligung nicht nur die Motivation und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Belegschaft stärken. Unternehmen, deren Angestellte am Gewinn oder am Kapital beteiligt sind, haben sich darüber hinaus in Krisenzeiten als wirtschaftlich stabiler und als weniger insolvenzgefährdet erwiesen.

Viele fürchten zu weitgehende Mitspracherechte Und dennoch: In Deutschland beteiligen nur zwei Prozent der Betriebe ihre Beschäftigten als vollwertige Gesellschafter am Unternehmenskapital. In immerhin neun Prozent der Unternehmen sind die Angestellten zumindest am Erfolg beteiligt, sie erhalten also eine Dividende aus dem jährlichen Unternehmensgewinn, zum Beispiel als stille Gesellschafter oder in Form von Genussrechten. In den USA und im europäischen Ausland sind Beteiligungsmodelle wesentlich stärker verbreitet als in Deutschland. Unternehmer hierzulande fürchten, ihren Mitarbeitern durch eine Beteiligung am Erfolg oder am Kapital zu weitgehende Mitspracherechte einzuräumen, vermuten Experten. Dabei gibt es viele verschiedene Modelle: Vom Mitarbeiterdarlehen über Genussrechte, Belegschaftsaktien, Fonds, Stiftungen, stille Beteiligungen bis hin zur direkten Beteiligung als Mitgesellschafter am Eigenkapital. Der Spielraum für eine Gestaltung der Beteiligungsmodelle und damit der Mitspracherechte der Mitarbeiter ist groß. Kaum ein Unternehmen in Deutschland geht bei der Mitarbeiterbeteiligung aber so weit wie Grünbeck. „Wir streben langfristig eine Beteiligung aller Mitarbeiter an“, sagt Personalleiter Schiller. Dazu bauten die Schwaben ihr Modell der „Sozialen Partnerschaft“ Schritt für Schritt weiter aus. An die

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Beschäftigte als Mitunternehmer: Die Erweiterung des Mitarbeiterbeteiligungsmodells hat das Zusammengehörigkeitsgefühl bei Grünbeck weiter gestärkt.

Stelle der reinen Gewinnbeteiligung der Anfangsjahre trat zunächst eine eigens gegründete Beteiligungs-GmbH. Die Mitarbeiter konnten Anteile an der Beteiligungsgesellschaft erwerben und so indirekt Teilhaber ihres Arbeitgebers werden. Diese Gesellschaft wurde schließlich mit der Grünbeck GmbH verschmolzen, so dass die Mitarbeiter direkte Gesellschafter des Mittelständlers werden konnten. In vielen Unternehmen haben nur Führungskräfte die Möglichkeit, sich ins Unternehmen einzukaufen. „Bei Grünbeck ist das anders: Auch der Kleine Mann soll die Chance bekommen, am Unternehmenserfolg teilzuhaben“, sagt Personalleiter Schiller. Als Ende der 80er Jahre die Bundesregierung das Vermögensbildungsgesetz auf den Weg brachte, erweiterte Grünbeck deshalb das Beteiligungs-Modell: Die Mitarbeiter konnten nun nicht mehr nur Kapitalanteile kaufen. Sondern alternativ oder zusätzlich auch ihre staatlich geförderten vermögenswirksamen Leistungen ansparen und als stille Beteiligung – ohne Mitspracherechte – ins Unternehmen einbringen. „Dadurch erhielten auch Mitarbeiter, die nicht viel Geld auf der hohen Kante haben, die Möglichkeit, sich am Unternehmenserfolg zu beteiligen“, erklärt Schiller diesen Schritt.

Foto: Grünbeck GmbH

Die kleinsten Beteiligungen liegen bei 300 Euro Nach der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Jahren können die Mitarbeiter sich ihre angesparte stille Einlage dann entweder auszahlen lassen. Oder sie bringen das angesparte Kapital als GmbH-Anteile wieder ins Unternehmen ein. Etwa zwei Drittel der Sparer nutzen das Angebot und werden nach Ablauf der sechs Jahre „echte“ Grünbeck-Gesellschafter. Insgesamt 130 Mitarbeiter sind heute direkt am Stammkapital des Mittelständlers beteiligt, weitere 70 Angestellte sparen ihre vermögenswirksamen Leistungen als stille Beteiligung an. Die kleinsten Beteiligungen liegen bei 300 Euro, die höchsten Einlagen bei 50 000 Euro. Die stille Beteiligung verzinst Grünbeck jährlich mit fünf Prozent. Bei der direkten Beteiligung F E B R U A R / M Ä R Z

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am Stammkapital der GmbH hängt die jährliche Dividende hingegen vom Unternehmenserfolg ab. In schlechten Jahren fiel die Dividende auch schon ganz aus. Die angestellten Gesellschafter tragen die „soziale Partnerschaft“ bei Grünbeck in guten wie in schlechten Jahren mit: Die beteiligten Mitarbeiter bestimmen mit über die Verwendung des Jahresgewinns. Bislang ließen sie auch in guten Jahren stets mindestens die Hälfte des Gewinns im Unternehmen. Die Belegschaft unterstütze das Beteiligungs-Modell, sagt Norbert Körber, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender des Mittelständlers. Körber selbst beteiligte sich gleich beim Eintritt ins Unternehmen vor sechs Jahren mit GmbH-Anteilen und über die stille Beteiligung am Unternehmen. „Die Beteiligung ist ja nicht nur eine Geldanlage, sondern trägt auch zur Stabilität und Unabhängigkeit unseres Unternehmens bei“, sagt Körber. Er weiß das besonders zu schätzen, denn bevor er zu Grünbeck kam, hatte er schlechte Erfahrungen gemacht. Sein früherer Arbeitgeber wurde von ausländischen Konkurrenten übernommen, dann von Finanzinvestoren aufgekauft und zerschlagen. „In einer solchen Situation fühlt man sich als Arbeitnehmer machtlos“, erinnert er sich. „Bei Grünbeck hingegen können wir als Angestellte direkten Einfluss nehmen. Wir sind durch die Beteiligung sicher vor Finanzhaien.“ Diese Sicherheit schätzen die Mitarbeiter an ihrem Ar33


beitgeber, weiß der Betriebsrat. Und die solide Finanzierung passt zur Unternehmensstrategie. Grünbeck setze auf ein behutsames, eigenfinanziertes Wachstum, betont Personalleiter Schiller. Extreme Profitziele habe es bisher ebenso wenig gegeben wie betriebsbedingte Kündigungen. Auch Zeitarbeit und befristete Verträge sind bei Grünbeck selten – sie würden nicht gut zur Unternehmenskultur und zum Konzept der Mitarbeiterbeteiligung passen. „Die Einlagen der Mitarbeiter sind ja gewissermaßen ein Kredit an das Unternehmen. Dadurch sind wir auch in schwierigen Zeiten finanziell unabhängiger. Und sind Bei Grünbeck seit: August 2005 so flexibler am Markt.“ Karrierestationen: Dieter Schiller war vor Durch die Wirtschaftskrise sind seinem Eintritt bei Grünbeck unter anderem Perviele Unternehmen auf diesen Fisonalleiter bei der Kleindienst Datentechnik AG nanzierungsaspekt der Mitarbeiund Mannesmann Tally sowie stellvertretender terbeteiligung aufmerksam geworPersonalleiter bei Liebherr. Vor diesen Leitungsden. Prominente Beispiele sind funktionen arbeitete der heute 53-Jährige als Großunternehmen wie Schaeffler Personalreferent bei SGL Carbon. Dieter Schiller oder Opel, die derzeit Möglichkeiist gelernter Industriekaufmann. ten prüfen, ihre Angestellten über Firmenanteile stärker in die Unternehmensfinanzierung einzubinden. Grünbeck-Personalchef Schiller ist jedoch skeptisch, ob die Einführung eines Beteiligungsmodelles aus einer schwierigen finanziellen Situation heraus funktionieren kann. „Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Beteiligung der Mitarbeiter ist ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern“, ist er überzeugt. „Eine Beteiligung, die als reine Finanzspritze konzipiert ist, wird sicherlich nicht funktionieren.“ Denn dann würden sich die Mitarbeiter nicht als Miteigentümer mit vollen Rechten und Pflich-

Dieter Schiller

ten fühlen. Bei Grünbeck treffen sich Angestellte und Führungskräfte zum Beispiel regelmäßig zu sogenannten Kantinenrunden, bei denen die Unternehmensleitung die Belegschaft über die Unternehmensstrategie informiert – und bei denen Entscheidungen quer durch alle Hierarchie-Ebenen diskutiert werden. Ohne eine solche Offenheit und Vertrauenskultur seien Angestellte kaum bereit, ihrem Arbeitgeber Kapital zur Verfügung zu stellen, glaubt Personalchef Schiller. „Mitarbeiter beteiligen sich nur dann, wenn sie sich im Unternehmen wohlfühlen und für sich eine langfristige Perspektive im Betrieb sehen.“ Bei Grünbeck funktioniert das Gesamtkonzept. „Unser Beteiligungsmodell ist historisch gewachsen und zu einem Teil der Unternehmenskultur geworden“, sagt Schiller. Deshalb sehen sich die Höchstädter auch gut aufgestellt für die Zukunft. „Die flachen Hierarchien und die aktive Beteiligung der Mitarbeiter haben eine starke Innovationskultur hervorgebracht, die das Unternehmen trägt“, sagt der Personalleiter. „Diese Unternehmenskultur hilft uns auch, qualifizierte Fachkräfte zu rekrutieren.“ So ist die Strategie des Firmengründers langfristig aufgegangen: Sein Unternehmen kann auf die Initiative seiner Angestellten bauen. Nach einem Autounfall vor 15 Jahren musste sich Unternehmensgründer Josef Grünbeck zwar aus der Unternehmensleitung zurückziehen. Doch seine Idee der kooperativen Unternehmensführung ist durch die Mitarbeiterbeteiligung auch weiterhin fest in der Unternehmenskultur verankert. Sarah Sommer

Fotos: Grünbeck GmbH; Hartmann Studios Inc.

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REICH DURCH GUTES VERMARKTEN Lawrence Ellison, meist nur Larry genannt, gilt als sehr ungewöhnlicher Unternehmer und als Vermarktungsgenie. Der Gründer des US-Softwarekonzerns Oracle ist ein Sportfanatiker. 2010 segelte er beispielsweise beim America’s Cup mit. Der 66-Jährige ist zudem Pilot und besitzt ein Kampfjet. Den Grundstein für seine Firma „Software Development Laboratories“, später als Oracle bekannt, legte er zusammen mit Bob Miner und Ed Oates 1977 mit einem Startkapital von 2000 Dollar. Ellison, der während seines Mathematikstudiums durch alle Abschlussprüfungen flog, landete 2010 auf Rang sechs der Forbes-Liste. Sein Vermögen wurde auf 28 Mrd. Dollar geschätzt.


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WAS ARBEIT WERT IST

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ie Frage nach dem Wert der Arbeit ist eine, die werktätige Menschen schon lange umtreibt. Und auf die es eine Menge Antwort-Versuche gibt. Zum Beispiel von Karl Marx: Bereits 1865 erklärte er in seinem Vortrag „Lohn, Preis und Profit“, der Begriff „Wert der Arbeit“ meine eigentlich den Wert der Arbeitskraft. Denn im Preis einer Ware manifestiere sich die Arbeitskraft, die der Arbeiter für ihre Herstellung aufgewendet habe. Der Wert der Arbeitskraft sei also etwa bestimmt durch den Wert der Lebensmittel, die nötig sind, um die Arbeitskraft zu erhalten. Ein Arbeiter müsste demnach mindestens so viel verdienen, dass er sich genug Essen kaufen kann, um weiterzuarbeiten. Höhere Löhne sind nach Marx nur eine Frage des Kräfteverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Je stärker die Position der Arbeiter, desto höhere Löhne können sie erkämpfen. Marx‘ Argumentation vermag nicht jeden zu überzeugen. Die Diskussion um angemessene oder gerechte Entlohnung ist jedenfalls auch fast 130 Jahre nach dem Tod des Philosophen noch in vollem Gange. Immer wieder geistert das Thema durch Zeitungen und Talkshows: Welcher Lohn ist für welche Arbeit gerecht? Wer bestimmt, wie viel Arbeit wert ist? Wer sollte es bestimmen? Und warum gibt es so große Lohnunterschiede zwischen einzelnen Berufsgruppen? Diese Fra36

gen beschäftigen viele Menschen. Und sie lassen sich schwer beantworten – denn die Antworten hängen noch stärker als bei anderen gesellschaftspolitischen Fragen davon ab, wen man fragt. Fakt ist: Die Lohnschere in Deutschland öffnet sich immer weiter. Seit den 80er Jahren steigen die Reallöhne in den oberen Lohngruppen deutlich schneller als die der Geringverdiener, belegt etwa eine Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. In den 90er Jahren sind demnach die Löhne der am schlechtesten verdienenden fünf Prozent der Bevölkerung sogar gesunken, nämlich um bis zu zwölf Prozent. Im selben Zeitraum sind die Löhne der einkommensstärksten 15 Prozent um mehr als zehn Prozent gestiegen. Beispiele für drastische Lohnunterschiede gibt es zuhauf: Ein Anlageberater etwa verdient im Jahr durchschnittlich 59.000 Euro brutto. Ein Kellner dagegen mit 19.200 Euro nur ein Drittel davon. Ein Controller verdient mit 51.000 Euro im Jahr fast doppelt so viel wie ein Callcenter-Mitarbeiter. Ein Altenpfleger mit rund 26.000 Euro nicht einmal halb so viel wie ein Fondsmanager (siehe Tabelle).

Löhne als Ausdruck von Knappheit Wer Dominik Enste anruft, bekommt für solche Unterschiede eine einfache Erklärung. So einfach, dass Enste sicher ist, sie in neun Minuten vorbringen zu können, noch vor seinem nächsten Termin, kein weiterer Anruf nötig. Tatsächlich braucht er dann sogar nur einen Satz, wo mancher Philosoph ganze Bände füllte: „Hohe Löhne sind ein Ausdruck von Knappheit“, sagt der Wirtschaftsprofessor und Wirtschaftsethiker des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), das sich der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtet sieht. Er präzisiert: „Wenn in einer Branche Fachkräfte knapp werden, führt das auf einem freien Markt dazu, dass die Löhne steigen.“ Fachkräftemangel herrsche vor allem in Berufen, die nicht jeder ohne Weiteres ausüben könne. Je höher die erforderlichen Qualifikationen, des-

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Fotos: Archiv; www.sxc.hu; www.flickr.com; Siemens AG Pressebilder/Presspictures; EON AG; Andrew Stawarz; www.flickr.com

Die Lohnunterschiede zwischen einzelnen Berufen sind in Deutschland groß. Warum das so ist, darüber streiten Liberale und Gewerkschaften seit Jahrzehnten.


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to eher entstünden personelle Engpässe. Und damit eben höhere Löhne. In den kommenden Jahren dürfen nach dieser Logik Ingenieure mit steigenden Löhnen rechnen, sagen Experten. Auch für Aktuare, also Finanzmathematiker, prophezeien Arbeitsmarktkenner Lohnerhöhungen. Denn Versicherer benötigen Aktuare dringend. Weitere Chancen tun sich in der bisher chronisch niedrig entlohnten Alten- und Krankenpflege auf. FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler warnte jüngst auf einem Expertentag in Berlin vor FachkräftemanF E B R U A R / M Ä R Z

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gel und einem drohenden Pflegenotstand aufgrund der demografischen Entwicklung. „Wir wollen das Thema Pflege zum Thema des Jahres 2011 machen“, verspricht der Liberale. Und fügte hinzu: Angesichts des harten Wettbewerbs sei klar, dass die Bezahlung für Pflegekräfte oberhalb des westdeutschen Branchen-Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde liegen müsse. Knappheit bestimmt also den Preis der Arbeit, den Lohn. Auch Dominik Enstes politische Gegner, die Gewerkschaften, bestreiten nicht, dass der Markt die Löhne macht. Ob der Preis der Arbeit aber auch ihren Wert widerspiegelt – daran scheiden sich die Geister. Denn beide Seiten definieren den Wert der Arbeit unterschiedlich, abhängig von ihrem jeweiligen Menschen- und Gesellschaftsbild. Hinter Enstes Haltung steckt die Idee, 37


TITEL Lohnunterschiede in Zahlen Je nach Job verdienen Arbeitnehmer unterschiedlich viel. Wer vermögend sein will, sollte eher Fondsmanager werden als Kellner. dass Marktwirtschaft an sich sozial ist. „Je freier die Wirtschaft, desto sozialer ist sie auch“, sagte schon 1953 der damalige Wirtschaftsminister Ludwig Erhard, der als Vater der Sozialen Marktwirtschaft gilt. Kern dieses Gesellschaftssystems ist der Wettbewerb: Unternehmen müssen um die Gunst der Verbraucher buhlen und ihre Produkte ständig verbessern oder günstiger anbieten. Deshalb konkurrieren sie um das beste und leistungsfähigste Humankapital. „Leistung muss sich lohnen“ ist einer der politischen Slogans, die dieses Konzept zusammenfassen. Arbeit, die aktuelle Bedürfnisse des Marktes erfüllt und überdies gut ausgeführt wird, ist demnach viel wert. Und das ist gut so, meinen Marktliberale. „Solange alle die gleichen Chancen haben, sind Lohnunterschiede nicht ungerecht“, sagt IW-Experte Enste. „Jeder hat die Chance, einen Beruf zu ergreifen, mit dem er viel verdient.“ Claus Schäfer sieht das anders. Er ist ebenfalls Volkswirt, genauso wie sein IW-Kollege. Aber Schäfer misstraut der Macht des Marktes. „Die behaupteten Marktkräfte sind gar nicht so wirkmächtig“, sagt der Leiter des Wirtschaftsund Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Erstens preise der Markt mitnichten Leistung gerecht ein. „Bezahlung hat wenig mit Leistung und Leistungsgerechtigkeit zu tun“, sagt Schäfer. Leistungsgerechtigkeit, ein bei Volkswirten beliebtes Schlagwort, sei zudem überhaupt nicht messbar. Zweitens habe der Markt nicht das Wohl der Gesellschaft im Blick. Deshalb verdiene etwa ein Tierpfleger mehr als ein Kindergärtner. „Man muss den Wert der Arbeit durch öffentliche Debatten herausfinden“, sagt Schäfer. Und meint damit: den Wert für die Gesellschaft. In letzter Instanz müsste eine solche Debatte wohl auf Mindest- und vielleicht sogar

Durchschnittliches Jahresbruttogehalt von Fachkräften ohne Personalverantwortung in Euro* Hohe Löhne Fondsmanager Mitarbeiter im Business Development Anlageberater SAP-Berater Controller

72.000 63.151 58.814 58.500 50.576

Niedrige Löhne Altenpfleger Medizinischer Fachangestellter/Arzthelfer Mitarbeiter im Callcenter Friseur Kellner

25.823 24.207 25.447 19.400 19.200

* Median (50 Prozent verdienen mehr, 50 Prozent verdienen weniger) Quelle: Personalmarkt; Stand: Dezember 2010

Höchstlöhne für alle Berufe herauslaufen, die dann den gesellschaftlichen Wert der jeweiligen Arbeit einpreisen. In einer Talkshow zum Thema „Wert der Arbeit“ würden Schäfer und Enste wohl grandios aneinander vorbeireden. Enste würde kühl auf Angebot und Nachfrage verweisen. Denn ihm zufolge sollten Menschen als mündige Verbraucher über den Wert der Arbeit bestimmen, indem sie manche Leistungen und Produkte stärker nachfragen als andere. Schäfer, der sich beim Thema Lohn aufs Schärfste echauffieren kann, obwohl er sich seit Jahren damit beschäftigt, würde widersprechen: Er meint, dass Menschen nicht rein als Verbraucher, sondern vielmehr als Individuen mit gesellschaftlicher Verantwortung über den Wert der Arbeit bestimmen sollten. Fast 150 Jahre nach Marx‘ Vortrag ist das Maß für den Wert der Arbeit eben umstrittener denn je. Die Streitenden gehen zwar von denselben Fakten aus, kommen aber zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. So bleibt für Arbeitnehmer letztlich nur die Erkenntnis: Arbeit ist genau so viel wert, wie der Arbeitgeber dafür zu zahlen bereit ist. Julia Groth

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REICH DURCH LUXUS Er ist der reichste Franzose. Und er wurde es durch die Sehnsucht der Menschen nach Luxus. In der Forbes-Liste 2010 belegt Bernard Arnault Platz sieben. Sein Vermögen wird auf 27,5 Mrd. Dollar geschätzt. Der 61-Jährige ist Vorstandsvorsitzender des Luxusgüter-Konzerns LVMH, zu dem Marken wie Louis Vuitton oder der Cognac-Hersteller Hennessy gehören. Über seine Holding Groupe Arnault ist er auch Großaktionär des Unternehmens. Die Gruppe besitzt etwa 47 Prozent der Aktien. Der Sammler zeitgenössischer Kunst und Träger der Auszeichnung eines Ritters der Ehrenreligion ist mit dem französischen Präsidenten Nikolas Sarkozy befreundet und war auf dessen zweiter Eheschließung auch dessen Trauzeuge.


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GEIZIG UND REICH Er ist der Gründer eines Möbelkonzerns, das jeder kennt: Ikea. Ingvar Kamprad gründete das Unternehmen 1943 im Alter von 17 Jahren. Zu Anfang war Ikea ein reiner Familienbetrieb, und zunächst gab es alles Mögliche zu kaufen. Erst 1958 eröffnete er das erste Möbelhaus. Damit begann der eigentliche Aufstieg Ikeas. Niedrige Preise, große Absatzmengen und Einsparungen beim Service durch Do-it-yourself des Kunden sowie ein junges Design sind vor allem die Gründe für den Erfolg des Konzerns. Der 84-jährige Kamprad pflegte stets sein Image als sparsamer, aber ehrgeiziger Sonderling. Noch heute gilt er als Pfennigfuchser. Sein Vermögen wird von Forbes auf 23 Mrd. Dollar geschätzt. 40

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„DAS SETZEN VON ANREIZEN HAT VIEL MIT NEID ZU TUN“ Geld ist in unserer Gesellschaft eines der häufigsten Neidobjekte. Der Psychologe Rolf Haubl, Professor an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und Direktor des dortigen Sigmund-Freud-Instituts, über ein tabuisiertes Gefühl, das uns im besten Fall zu Höchstleistungen antreibt – im schlimmsten Fall jedoch zerstörerisch wirkt.

Herr Professor Haubl, wir hatten vor einiger Zeit in Deutschland eine angeregte Diskussion über Bankerboni und exzessive Managergehälter. War das aus Ihrer Sicht auch eine Art Neiddebatte? Nein, das war keine Neiddebatte. Das war eher eine Debatte um soziale Gerechtigkeit. Das hat viel damit zu tun, dass üblicherweise Menschen nur denen etwas neiden, die ihnen relativ ähnlich sind. Das heißt, über große Entfernungen hinweg wird nicht geneidet. Man vergleicht sich – das ist ja eine Basisvoraussetzung für Neid – eher mit Menschen der gleichen Art. Insofern ist die Unterstellung, dass Mitarbeiter sich mit den Managern vergleichen und dann feindselig schädigend auf sie reagieren, eher politische Propaganda, als dass es der Dynamik von Neid entspricht, wie man sie kennt. Das heißt, ich beneide eher meinen Nachbarn oder meinen Kollegen? Die klassische Situation ist, dass zwei die gleichen Ausgangsbedingungen, aber extrem unterschiedliche Ergebnisse haben. Damit steht die Frage im Raum: Wie kann das sein, wenn wir am Start gleich gewesen sind und nun im Ziel soweit auseinander liegen? Und hier stellt sich dann wieder die Frage nach der Gerechtigkeit? Also, Gerechtigkeit hat insofern damit zu tun, als die Ausgangssituation für beide dieselbe ist, nämlich: Ich sehe ein begehrtes Gut, auf das ich selber nicht verzichten kann, im Besitz von jemand anderem. Damit entsteht so etwas wie soziale Ungleichheit, die eine Erklärung verlangt. Wenn sie plausibel erklärt werden kann, dann reduziert das den Neid, wenn nicht, dann schürt es ihn. Und in unserer Gesellschaft ist die plausibelste Art soziale Ungleichheit zu erklären, zu sagen, der eine hat mehr, weil er mehr leistet als der andere. Das hat im Einzelnen allerdings das Problem, dass man genauer sagen können müsste, was denn Leistung ist. Dennoch gilt Leistungsgerechtigkeit als das gerechteste Verteilungsprinzip, im Vergleich zu Gleichverteilung oder Verteilung nach Bedarf.

Foto: www.ikea.com

»Man vergleicht sich eher mit Menschen der gleichen Art.«

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Sicherlich ist auch der Arbeitsplatz ein Ort, wo Neid eine große Rolle spielt. Im Arbeitsleben kann überhaupt potenziell viel Neid entstehen, denn wir verbringen – zumindest in den produktiven Jahren – die meiste Zeit unseres Lebens mit Arbeit. Und gerade die Vergütung innerhalb derselben Entlohnungsgruppe wird sehr beäugt. Wir haben in Deutschland ja eine Haltung, die eher darauf aus ist – und das ist zum Teil in Verträgen festgeschrieben – wenn außertariflich bezahlt wird, den Kollegen gegenüber nicht zu sagen, was man verdient. In den Vereinigten Staaten hingegen wird daraus eher ein Sport gemacht und man fängt an GehaltsRankings zu veröffentlichen. Und was schürt mehr den Neid? In Deutschland herrscht die Vorstellung, wenn ich es geheim halte, dann ist das eine Neidprophylaxe. Untersuchungen sagen das Gegenteil. Der offene Umgang damit und eine offene Diskussion zu der Frage „Hast du das verdient?“, das ist eher neiddämpfend. Nur weil man es geheim hält, kann man nicht verhindern, dass die Leute spekulieren und sich alle möglichen Fantasien machen, wie ungleich denn die Gehälter sind. Sie würden Vorgesetzten zu mehr Transparenz raten? Transparenz ist immer dann das Mittel der Wahl, wenn tatsächlich leistungsgerecht verteilt wird. Aber das ist natürlich nicht immer der Fall. Ist denn Geld in Form von Gehalt oder Vermögen eines der häufigsten Neidobjekte? 41


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»Ich muss eine Vorstellung davon haben, wie ich das mache. Wie komme ich an mehr Geld?« Und das hat dann für alle Beteiligten unangenehme Folgen? Nicht jeder Neid bedeutet: Wenn der andere hat, was ich nicht habe, dann gönne ich ihm das nicht und versuche zu zerstören oder versuche sonst irgendwie ihm Schaden zuzufügen. Es gibt auch einen Ehrgeiz stimulierenden Neid, bei dem das, was der andere besitzt, eher im Sinne einer Vorbildfunktion wahrgenommen wird. Dann würde es ja durchaus Sinn machen, als Vorgesetzter diesen Neid unter Mitarbeitern anzustacheln. Das Setzen von Anreizen hat viel mit dem Ehrgeiz stimulierenden Neid zu tun. Damit das funktioniert, gibt es dafür aber klare Bedingungen. Eine Bedingung ist: Ich muss eine realis42

Rolf Haubl Sein Buch „Neidisch sind immer nur die anderen – Über die Unfähigkeit, zufrieden zu sein“ gilt inzwischen als Standardwerk der Neidforschung. Rolf Haubl ist einer der führenden Neidforscher in Deutschland. Seit 2003 ist er geschäftsführender Direktor des Sigmund Freud-Instituts in Frankfurt am Main und lehrt dort an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie. Zuvor war der 59-Jährige lange Jahre an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg.

tische Vorstellung davon haben, wie ich zu dem kommen kann, was die anderen haben. Und ich muss mich ein Stück weiterentwickeln können in die Richtung derjenigen, die meinen Neid ausgelöst haben. Ich muss eine Vorstellung davon haben, wie ich das mache. Wie komme ich an mehr Geld? Heißt das zum Beispiel mehr Wochenendarbeit? Wenn jemand keine realistische Vorstellung hat, wie er an das kommt, was er bei den anderen sieht, dann ist das problematisch. Und, was besonders traumatisch ist: Wenn jemand weiß, wie das gehen könnte, aber dennoch nicht weiter kommt, und die Schere zwischen ihm und den anderen, die mehr haben, immer weiter auseinander läuft, dann ist das eine Situation, bei der dieser positive Neid sehr schnell feindselig-schädigender Neid wird oder, als Übergangsstufe, depressiver, lähmender Neid. Was zeichnet diesen Neid aus? In einem solchen Fall sagen die Leute: Das erreiche ich nie, was die anderen haben. Ich kann da immer nur hingucken und habe keine Vorstellung, wie ich das erreichen könnte, habe sozusagen kein Gefühl von Selbstwirksamkeit. Das ist eher etwas, das in Richtung Resignation geht. Bedingung wäre auch, dass man die notwendigen Fähigkeiten mitbringt, um den Weg, der mir gezeigt wird, zu beschreiten. Genau. Wenn der Weg an bestimmte Fähigkeiten gebunden ist und ich habe diese Fähigkeiten nicht, dann kann ich mich noch so anstrengen, ich werde das nicht erreichen. Entweder ich begnüge mich damit, dass ich das nicht haben kann, was andere haben. Wenn ich das nicht kann, dann ist das oftmals eine Auslösersituation für diesen aggressiven Neid.

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In einer materialistischen, monetarisierten Gesellschaft, wie unserer: ja. Einfach deswegen, weil man Geld in alle möglichen begehrten Güter umsetzen kann. Was aber nicht unbedingt heißt, dass das in der ganzen Gesellschaft in der gleichen Ausprägung der Fall ist. Wir haben ungefähr vor vier Jahren an Frankfurter Studierenden untersucht, was am meisten beneidet wird. Und an erster Stelle stand klar Attraktivität. Geld und Besitz kamen erst auf den hinteren Plätzen. Was passiert mit jemandem der sehr neidisch ist? Oder anders gefragt: Was sind das für Menschen, die besonders viel Neid auf andere empfinden? In der Regel gibt es nicht nur eine Ursache. Forscher wissen noch relativ wenig über die Ursachen. Das, was man weiß, ist, dass es so etwas wie eine lebensgeschichtliche Disposition für das Neiden gibt. Und das sind häufig Menschen, die im Laufe Ihrer Lebensgeschichte immer wieder ihrer Wahrnehmung nach ungerecht behandelt worden sind. Es sind oftmals Menschen, die – ich sag es mal etwas pathetisch – ihren Lebenstraum aufgegeben haben, um stattdessen Anerkennungskriterien hinterher zu jagen, die von ihnen selbst nicht wirklich positiv besetzt waren. Man hat das gemacht, weil die Umgebung das tut, beispielsweise auf das Kunststudium verzichtet, weil das brotlose Kunst ist und die Eltern nur das BWL-Studium finanzieren wollten. Und Menschen, die eine ganze Menge solcher Erfahrungen gemacht haben, die entwickeln eine besondere Sensibilität für soziale Ungleichheit und haben damit auch eine erhöhte Bereitschaft mit Neid zu reagieren.


Geht denn der Neid in der Regel einher mit materiellem Mangel? Sind die, die weniger haben neidischer als die Reichen? Den Neid gibt es in jeder sozialen Schicht, auf der Ebene jeder Klasse. Weil, wie gesagt, der soziale Vergleich eher innerhalb einer Schicht passiert und nicht über sie hinweg. Sie haben gesagt, es gibt einen produktiven Neid. Ist denn umgekehrt Neid auch eine Form der Anerkennung in unserer Gesellschaft. Wenn mich viele beneiden, habe ich es geschafft? Ja, das ist ja einer der beliebtesten Sprüche, die wechselweise allen möglichen Literaten zugeschrieben wird und der da heißt: Neid ist die ehrlichste Form der Anerkennung. Das ist auch ein wichtiges Thema, das bei den sogenannten Neiddebatten immer wieder unterschlagen wird, dass ein Zusammenhang zwischen „neidisch machen“ und „beneidet werden“ existiert. Es gibt durchaus eine Menge Menschen, die viel besitzen, die es darauf anlegen, ihren Reichtum und ihre materielle Überlegenheit zu demonstrieren. Und dieses Demonstrieren erleben andere dann als Provokation gegen die sie vorgehen. Innerhalb der Gerechtigkeitsphilosophie ist das eine Ausgangssituation für das, was gerne entschuldbarer Neid genannt wird. Wird denn Ihrer Meinung nach Neid in Zukunft eine noch größere Rolle in unserer Gesellschaft spielen? Neid hat schon immer eine Bedeutung gehabt. Und wir leben in einer Gesellschaft, die als Marktgesellschaft stets den Neid für die eigene Dynamisierung zu nutzen gesucht hat. Insofern ist die moderne Gesellschaft eine, die den Neid entfesselt. Je mehr man es mit Marktradikalität zu tun hat, desto schmaler wird der Steg zwischen Ehrgeiz stimulierenden Neid und feindselig-schädigenden Neid. Aber es gibt keine Untersuchungen, die den Neid in der deutschen Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten bilanziert. Wie kann jemand seinen Neid auf andere bremsen? Was wäre Ihr Rat? Zunächst einmal wäre die Frage: Was muss ich daran bremsen? Wenn ich den Neid an mir selbst erlebe, ruft er mich zunächst mal dazu auf, mich zu fragen: Warum haben diejenigen, mit denen ich mich vergleiche, mehr als ich? Und ist das begründet? Wenn ich offensiv und ehrlich mit mir umgehe, dann komme ich unter Umständen auf Erklärungen dafür, die etwa heißen, dass mein Nachbar so viel mehr besitzt, hat damit zu tun, dass er drei Jahre lang durchgearbeitet und auf seinen Urlaub verzichtet hat. Die Neider machen in der Regel eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf, bei der sie auf die Nutzen starren, die Kosten hingegen übersehen. Interessanterweise halten sich die meisten Menschen ja überhaupt nicht für neidisch. Ja, das liegt jedoch in unserer Kultur. Wir sind nach wie vor christlich geprägt. Und da ist der Neid als Todsünde natürlich etwas, das den Umgang mit Neid erschwert. In dem Moment, in dem ich neidische Gefühle spüre, muss ich mich, wenn ich mich an das religiöse Gebot halte, dafür schämen. Von daher ist der Neid immer etwas, was wir bei den anderen wahrnehmen. Wann waren Sie denn zuletzt neidisch auf jemanden? Das kommt immer mal wieder vor. In meinem Metier ist das oft der Fall, wenn irgendein Kollege einen tollen Aufsatz geschrieben hat und ich denke: Schade, den hätte ich auch gerne geschrieben. Ich merke das dann oft daran, dass ich an Dingen, die ich eigentlich gut finde, herumkritisiere und ein bisschen verstimmt bin und ich erstmal Schwierigkeiten habe, die Qualität anzuerkennen. Das kommt immer mal wieder vor, ist aber bei mir ein flüchtiges Phänomen, das sich nicht hält. Das übermäßige Kritisieren eines Kollegen, kann auch ein Indiz von Neid sein? Da der Neid in unserer Gesellschaft ein tabuisiertes Gefühl ist, kann es sich nur maskiert zeigen. Und eine Form ist überschwängliches Lob. Oder dieses Kritisieren an Kleinigkeiten, statt das große Ganze wertzuschätzen, ist auch ein Indikator dafür, dass sich Neid als maskierter Neid zeigt. Das klingt nach meiner Lebensgefährtin… (lacht) Es ist niemand davor gefeit. Nur sollten wir alle etwas Produktives daraus machen. Das Interview führte Jan C. Weilbacher F E B R U A R / M Ä R Z

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Auch er ist Teil einer Familiendynastie. Michael Otto baute die Otto-Gruppe als deren Vorstandsvorsitzender zum erfolgreichsten Versandhandel der Welt aus. Bereits im Alter von 38 übernahm er die Leitung. Mittlerweile wächst der Konzern vor allem aufgrund des Internethandels. Der 67-jährige Otto, Sohn des Unternehmensgründers Werner Otto, ist heute Aufsichtsratsvorsitzender. Das Vermögen des 67-Jährigen wird vom Manager Magazin aktuell auf 8,5 Mrd. Euro geschätzt. Er ist demnach einer der reichsten Deutschen. 1993 gründete Otto eine Stiftung, die sich dem Umwelt- und Naturschutz verschrieben hat. 44

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SKANDALÖS VIELE NULLEN Immer wieder werden Manager öffentlich geschmäht, wenn sie vorzeitig ihren Posten räumen müssen und dafür eine Abfindung kassieren. Dabei bescheinigen Beobachter deutschen Aktiengesellschaften, inzwischen äußerst verantwortlich mit dem Thema umzugehen. Der Corporate-Governance-Kodex trägt offenbar Früchte.

Fotos: www.otto.de; www.marco-urban.com

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atürlich war es die Bild-Zeitung, die Mitte Dezember besonders deutliche Worte der Entrüstung fand. „Unfassbar. HSH-Gierbanker Dirk Jens Nonnenmacher soll knapp vier Millionen Euro Abfindung bekommen“, titelte das Boulevardblatt. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der umstrittene Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank das Institut im Frühjahr verlassen soll – vor dem Ablauf seines Arbeitsvertrags. Dass die Bank Nonnenmacher als Kompensation eine Abfindung zahlt, machte den Manager in den Augen der Bild-Redaktion endgültig zum Raffzahn. „Er kriegt einfach nicht genug und jetzt noch mehr“, schimpfte die Zeitung. Die Nonnenmacher-Abfindung ist der jüngste Fall einer Millionenzahlung an einen Manager, der öffentlich für Aufregung sorgt – und für eine Diskussion, was rechtens, sinnvoll, verhältnismäßig und moralisch vertretbar ist. Zuvor hatte Mitte 2009 die 50-Millionen-Euro-Abfindungen für den Porsche-Manager Wendelin Wiedeking für Wirbel gesorgt. Im vergangenen Jahr bekam Karl-Gerhard Eick nach nur 185 Arbeitstagen beim Handelskonzern Arcandor eine Abfindung von 15 Millionen Euro, nachdem der Konzern Insolvenz anmelden musste. Und der Manager Utz Claassen stritt zuletzt öffentlich mit dem Unternehmen Solar Millennium um eine Abfindung von mehr als sieben Millionen Euro, obwohl Claassen dort nur wenige Wochen lang als Vorstand gearbeitet hatte – und sich zuvor schon eine millionenschwere Antrittsprämie hatte auszahlen lassen. Die Vorgeschichte hoher Abfindungszahlungen liest sich meist sehr ähnlich: Vorstände in Aktiengesellschaften haben üblicherweise Arbeitsverträge, die drei bis fünf Jahre lang laufen. Will sich der Aufsichtsrat vor Ablauf dieser Frist von einem Manager trennen, kann er ihn zwar in der ReF E B R U A R / M Ä R Z

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Bekam eine enorme Abfindung: Ex-Porsche-Chef Wiedeking.

gel problemlos aus seiner sogenannten Organstellung abberufen, also vom Amt als Vorstand oder Geschäftsführer der Gesellschaft. Aber: Der Arbeitsvertrag und damit die Pflicht des Arbeitgebers zum Zahlen des Gehalts läuft weiter. Diesen Vertrag vorzeitig zu kündigen, ist an hohe Hürden gebunden. „In der Regel ist das nur möglich, wenn der Vorstand eine grobe Pflichtverletzung begangen hat“, sagt Frank Scholderer, Partner der Anwaltskanzlei Clifford Chance. Wenn nur ein wichtiges Geschäft gescheitert 45


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ist oder sich der Vorstand mit dem Aufsichtsrat zerstritten hat, reicht das als Kündigungsgrund nicht aus. Das haben Gerichte immer wieder bestätigt. Die Folge: Das Unternehmen ist verpflichtet, dem freigestellten Manager sein Gehalt samt Nebenleistungen weiter zu bezahlen, entweder monatlich bis zum Vertragsende oder eben als einmalige Abfindung. „Eine Abfindung ist beiden Seiten meist lieber“, sagt Scholderer. „Denn damit ist die Sache aus der Welt.“ Auch wenn Millionen-Abfindungen an ausscheidende Manager immer wieder einen Aufschrei in den Medien verursachen: Professionelle Beobachter wie Wirtschaftsanwalt Scholderer halten die Abfindungs-Praxis deutscher Aktiengesellschaften nicht für einen Aufreger. Selbst Aktionärsschützer bescheinigen deutschen Unternehmen, in der Regel verantwortungsvoll und oft sogar vorbildlich mit dem Thema umzugehen. „Nur sehr wenige Sonderfälle sind zu beanstanden, zum Beispiel die ungewöhnlich hohe Abfindung von Porsche-Chef Wiedeking“, sagt etwa Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. „Bei den allermeisten Abfindungs-Zahlung an Vorstände ist der öffentliche Aufschrei aber aus unserer Sicht nicht nachzuvollziehen.“ Allerdings, das gibt auch Anlegerschützer Cabras zu, sah die Situation noch vor wenigen Jahren anders aus. Erst seit 2007 enthält nämlich der Deutsche Corporate-Governance-Kodex, der Verhaltensregeln für Aktiengesellschaften festlegt, eine Passage über die empfohlene Höhe von Manager-Abfindungen. Kern der Empfeh-

Wurde als Gier-Banker beschimpft: Dirk Jens Nonnenmacher

lung ist ein sogenannter Abfindungs-Cap, also eine Obergrenze: Danach soll die finale Einmalzahlung an einen vorzeitig ausscheidenden Manager nicht höher sein als zwei Jahresvergütungen inklusive Nebenleistungen. Außerdem solle sie nicht die Summe der Zahlungen übersteigen, die bis zum Vertragsende fällig gewesen wären, wenn der Vorstand im Amt geblieben wäre. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass ein neuer Investor die Kontrolle über das Unternehmen gewinnt und in der Folge Vorstände austauscht. Obwohl diese Passage im Corporate-Governance-Kodex nur eine Empfehlung an Aktiengesellschaften ist, hat sie durchschlagenden Erfolg gehabt, urteilt Ralph Lange, Berater beim Vergütungs-Spezialisten Towers Watson. „Abfindungszahlungen fallen durch den Cap heute im Durchschnitt deutlich geringer aus als noch vor einigen Jahren“, hat Lange beobachtet. Vor allem gilt das für die großen Konzerne, deren Aktien im Standardwerte-Index DAX vertreten sind. Sie wollen bei Investoren offenbar nicht mit Verstößen gegen den Kodex negativ auffallen. Immerhin wären sie laut Kodex verpflichtet, solche Verstöße öffentlich zu begründen. Um dem zu entgehen, haben sie vorgesorgt. Die Arbeitsverträge von Vorständen enthalten inzwischen Klauseln, die auf den Empfehlungen des Kodex basieren – und Abfindungen auf die empfohlene Höhe begrenzen. „Solche Arbeitsverträge gehören in DAX-Unternehmen bereits zum Standard“, weiß Lange. „Und auch in kleineren Aktiengesellschaften setzt sich dieses Vorgehen durch.“ Maßlos überzogene Abfindungszahlungen, über die sich die Öffentlichkeit zu Recht empört, dürften damit in Deutschland der Vergangenheit angehören. Im Ausland sieht das häufig anders aus. Der

Dass die Öffentlichkeit bei Abfindungszahlungen an Manager besonders genau hinschaut, führte zuletzt zu einem äußerst ungewöhnlichen Vorfall. So wollte sich die Commerzbank im vergangenen Jahr von ihrem Privatkundenvorstand Achim Kassow trennen, weit vor Ablauf von dessen Arbeitsvertrag. Kassow war angeblich auch bereit zum Rückzug, pochte aber auf eine Abfindung. Den Commerzbank-Aufsichtsrat brachte das in eine äußerst schwierige Situation. Der Staat hatte die Bank in der Finanzkrise mit Milliarden vor dem Kollaps bewahrt und gleichzeitig die Gehälter der Vorstände auf 500.000 Euro im Jahr beschränkt. Die Abfindung Kassows wäre wohl deutlich höher ausgefallen, sein vorzeitiger Abgang war deshalb keine Option. Dem Aufsichtsrat blieb deshalb keine Wahl: Kassow behielt mit dem Osteuropageschäft notgedrungen eines seiner Vorstandsressorts – und darf nun doch bis zum Vertragsende weiterarbeiten. Utz Claassen stritt mit Solar Millennium um seine Abfindung.

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Fotos: HSHNordbank; Solar Millennium AG

Schwierige Situation


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„Limit für den goldenen Handschlag“ Was der Corporate-Governance-Kodex über Abfindungszahlungen für vorzeitig ausscheidende Manager sagt „Bei Abschluss von Vorstandsverträgen soll darauf geachtet werden, dass Zahlungen an ein Vorstandsmitglied bei vorzeitiger Beendigung der Vorstandstätigkeit ohne wichtigen Grund einschließlich Nebenleistungen den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht überschreiten (Abfindungs-Cap) und nicht mehr als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrages vergüten. Für die Berechnung des Abfindungs-Caps soll auf die Gesamtvergütung des abgelaufenen Geschäftsjahres und gegebenenfalls auch auf die voraussichtliche Gesamtvergütung für das laufende Geschäftsjahr abgestellt werden. Eine Zusage für Leistungen aus Anlass der vorzeitigen Beendigung der Vorstandstätigkeit infolge eines Kontrollwechsels (Change of Control) soll 150 Prozent des Abfindungs-Caps nicht übersteigen.“

Ich bin schon bei Haufe.

(Ziffer 4.2.3 des Deutschen Corporate-Governance-Kodex, Fassung vom 26. Mai 2010)

Abfindungs-Cap ist bisher eine deutsche Eigenart. Jenseits der Grenzen pokern Vorstände mit ihren Kontrolleuren um die Höhe der Abfindung, ohne dass es für deren Höhe eine Regel oder gar eine Obergrenze gäbe. Die ausscheidenden Manager sind dabei meist in der stärkeren Position. Sie wissen in der Regel, dass der Aufsichtsrat sie möglichst schnell loswerden will. Entsprechend hoch setzen sie oft ihre Forderung an. An einer schnellen Einigung ist dem Unternehmen auch deshalb gelegen, damit der Streit nicht in die Öffentlichkeit gelangt. Dort könnte der ausscheidende Manager schmutzige Wäsche waschen und so den Druck erhöhen, wenn ihm die Verhandlungen zu lange dauern. Nicht nur im Ausland, sondern auch in Deutschland werden Manager-Abfindungen wohl in den kommenden Jahren weiter ein Thema der öffentlichen Diskussion sein. Hierzulande könnte der Fall des scheidenden HSH-Nordbank-Vorstands Nonnenmacher noch weiteren Strengstoff bergen – auch wenn er seinen Aufhebungsvertrag längst unterschrieben hat. Denn dort ist festgelegt, dass der Manager seine Vier-Millionen-Abfindung zurückzahlen muss, falls er wegen einer Straftat verurteilt wird, berichten Medien. Völlig ausgeschlossen ist ein solches Szenario nicht. Immerhin hat während Nonnenmachers Amtszeit ein Spitzelskandal die Bank erschüttert. Zudem ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft aufgrund dubioser Geschäfte der Bank in der Türkei wegen Untreue, Betrug und Bestechung.

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Christoph Hus

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„80 PROZENT DER MANAGER SIND SCHLECHT“

Herr Scholz, woher kommt der schlechte Ruf der Beteiligungsgesellschaften bzw. PrivateEquity-Gesellschaften? Der kommt daher, dass sie guten Firmen zu viele Schulden aufgeladen haben, die dann in Zahlungsschwierigkeiten gekommen sind. Aber auch Nicht-Beteiligungsgesellschaften haben diesen Fehler begangen, Schaeffler zum Beispiel, oder Porsche. Die haben mit zu vielen Schulden versucht eine Firmenübernahme zu finanzieren. Ihr Unternehmen erwirbt Firmen, die in Schieflage geraten sind, um sie umzustrukturieren und wieder profitabel zu machen. Ist das der Unterschied zu den gängigen Private-EquityFirmen, dass Sie aktiv an der Sanierung arbeiten? Genau. Die normalen Beteiligungsgesellschaften haben in der Regel einen Beirat, wo sie sich mit dem Firmenvorstand zusammensetzen und Änderungen besprechen. Wir gehen auch in die Unternehmen rein, aber wir machen das selbst und nicht mit Beratern. Wir versuchen die Unternehmen in den ersten sechs Monaten zu restrukturieren und zu verbessern und danach versuchen wir sie wie eine Industrieholding zu führen. Im Moment geht es wieder aufwärts mit der Wirtschaft. Wie läuft das Geschäft? 48

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Beteiligungsgesellschaften genießen in Deutschland keinen besonders guten Ruf. Ihnen wird oft nachgesagt, bei ihrem Gewinnstreben rücksichtslos vorzugehen. Die Bavaria Industriekapital AG ist die etwas andere Private-Equity-Firma. Vorstand und Gründer Reimar Scholz über Kapital-Probleme, den Reiz des Geschäfts und die Zusammenarbeit mit Personalern.


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Erstaunlicherweise hatten wir im letzten Jahr wenig zu tun. Seit September ist das Geschäft jedoch stark angestiegen. Das liegt meines Erachtens daran, dass sich viele Firmen im vergangenen Jahr in einer Schockstarre befanden und jetzt wieder den Mut haben, was zu tun. Und dazu gehört eben auch, sich von einer Beteiligung, einer Konzerntochter, zu trennen, die nicht so gut läuft. Wie lange versuchen Sie Ihre Beteiligungen in der Regel zu halten? Wir versuchen sie wirklich lange zu halten, wobei wir auch opportunistisch sind, wenn uns jemand einen hohen Preis zahlt, dann verkaufen wir. Wir haben 2007/2008 einige Unternehmen verkauft. Aber aktuell planen wir keinen Verkauf. Wir haben auch Beteiligungen, die sich schon seit acht Jahren, also von Beginn an, in unserem Portfolio befinden. Aber das Ziel ist letztendlich das jeweilige Unternehmen gewinnbringend zu verkaufen? Nein. Das Ziel ist es lediglich, Gewinn zu machen. Das heißt, wir können auch Unternehmen kaufen, die sich nicht verkaufen lassen, weil sie zum Beispiel nur einen Kunden haben oder weil sie zu einer sehr zyklischen Branche gehören. Wir sind auf einen Verkauf nicht angewiesen. Das ist bei Beteiligungsgesellschaften, die einen Fonds haben und Drittgelder einsammeln, die sie nach so und so vielen Jahren zurückzahlen müssen, anders. Diesen Druck gibt es bei uns nicht. Wir sind eine börsennotierte Gesellschaft. Wir würden einen Verkaufserlös wieder investieren. Wie viele Beteiligungen haben Sie im Moment? 14. Fünf Beteiligungen haben wir 2009 erworben, im vergangenen Jahr zwei. Verkauft haben wir in den letzten zwei Jahren aufgrund der Krise kein Unternehmen. Was ist der Reiz dieses Geschäftes, das Sie betreiben, und wie reizvoll ist dabei der Erfolg im Sinne des Erwirtschaftens von Gewinn? Der Hauptreiz ist, dass wir immer diese psychologischen Turnarounds erleben können, wenn wir einer Firma wieder Selbstbewusstsein geben und sich dann der Erfolg einstellt. Wir glauben, dass für jeden wirtschaftlichen Turnaround ein psychologischer Turnaround erforderlich ist. Denn die Mitarbeiter im Unternehmen haben zumeist über mehrere Jahre kein Selbstbewusstsein mehr, weil vieles nicht geklappt hat und Ziele nicht erreicht worden sind. Was machen Sie als erstes? Wir ermitteln zuerst, was passieren würde, wenn wir nichts tun. Und anhand dieser pessimistischen Planung versuchen wir Maßnahmen zu erarbeiten. Dann stellen sich in der Regel auch schnell Erfolgserlebnisse ein, weil die Mitarbeiter sehen, sie schließen doch nicht so schlecht ab, wie gedacht – und es entwickelt sich ein positiver Kreislauf. Gewinn ist ein netter Nebeneffekt dabei? Ja, selbstverständlich. Wir versuchen auch Dividenden auszuschütten. F E B R U A R / M Ä R Z

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Was haben Sie 2010 ausgeschüttet? Wir haben selbst eine Dividende von acht Millionen Euro ausgeschüttet, 2009 waren es 20 Millionen. Unsere Investitionsquote liegt auch in dieser Höhe, zum Teil darüber. Was ist denn die häufigste Ursache, warum Unternehmen, die Sie übernehmen, in Schieflage geraten sind? Krisenauslöser ist in der Regel nicht, dass der Markt zurückgeht, sondern es sind schlechte Chefs. Wir kaufen auch nur solche Unternehmen, bei denen wir schlechtes Management als Fehlerquelle identifizieren können und der Markt allenfalls temporär schlecht ist. In den wichtigen Positionen sitzen also die falschen Leute? Ja, genau. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eigentlich 80 Prozent aller Manager schlecht sind. Viele Unternehmen haben natürliche Monopole, da können Sie auch einen Verwalter reinsetzen. Und in vielen Unternehmen gibt es Verwalter, gerade in Konzernunternehmen. Die verwalten das Ergebnis. Aber wenn es eine Industrie ist, die im Strukturwandel steht, dann braucht man Unternehmer – und das sind die wenigsten Manager. Wir sehen immer wieder, dass Manager zu wenig Initiative ergreifen, zu wenig Mitarbeiter motivieren können, den Mitarbeitern wenig Eigeninitiative geben – das versuchen wir zu ändern. Wir versuchen jemanden als Geschäftsführer zu gewinnen, der eben Unternehmer ist, der selbst Initiative entwickelt und auch seine Leute dazu anhält. Wie oft mussten Sie denn Beteiligungen schon mit Verlust verkaufen? Wir haben auch Beteiligungen für wenig Geld verkauft, vielleicht eine Handvoll Beteiligungen, bei denen wir nicht mehr weitergekommen sind. Die sind wir aber auch eher zu Anfang eingegangen, als wir noch nicht genau wussten: Wo können wir eigentlich Mehrwert bringen und wo können wir keinen bringen? Wir hatten auch mal eine Abschreibung im Portfolio. Wir haben 2003 eine Firma von Escada übernommen. Das war eine Mode-

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Reimar Scholz Bevor Reimar Scholz 2003 die Bavaria Industriekapital gründete, war er in verschiedenen Führungspositionen bei General Electric in den USA und England. Danach leitete er zwei IT-Gesellschaften. Das Geschäftsmodell der Bavaria umfasst den Erwerb, die Restrukturierung und die Sanierung von Beteiligungen vornehmlich in der verarbeitenden Industrie und der industriellen Dienstleistung. Die Gruppe macht mehr als 600 Millionen Euro Umsatz und beschäftigt etwa 5.000 Mitarbeiter.

Kundenanfragen. Die Firmen, die in Schieflage geraten sind, die sind oft jeder Erpressung des Kunden ausgeliefert und haben nicht das Selbstbewusstsein Nein zu einem Auftrag zu sagen und verschlimmern ihr Loch dadurch immer mehr. Die Fähigkeit Nein zu sagen, ist die entscheidende Fähigkeit, die ein Unternehmen auch profitabel macht. Wie schwierig ist es, das dem Management und der Belegschaft zu vermitteln? Wir sagen immer: Eine Firma darf nicht mehr ausgeben als sie einnimmt. Und im Prinzip muss jedes Produkt, das man neu rein bekommt, einen positiven Deckungsbeitrag haben. Und was wir immer wieder feststellen, wenn wir Unternehmen übernehmen, dass 10 bis 20 Prozent der Produkte einen negativen Deckungsbeitrag 1 haben, das heißt, die Produkte verdienen nicht mal die variablen Kosten. Die Verluste würden sich also verringern, wenn man die Produkte nicht produziert. Oft geht es doch darum, einfach zuerst mal einen Fuß in die Tür zu bekommen… So wird das immer gerechtfertigt. Das Problem ist nur, dass man das Unternehmen immer tiefer reinzieht. Die Rechnung geht selten auf. Wie viele ihrer 14 Beteiligungen erwirtschaften Gewinn? Wir haben neun, die momentan profitabel arbeiten. Wobei der Anteil zuletzt stetig gestiegen ist. Ist es richtig, dass Sie das Management eines Unternehmens am Erfolg beteiligen? Wie wichtig ist das? Weniger wichtig, als wir ursprünglich dachten. Wir sind mit der These vor acht Jahren gestartet, dass der wesentliche Effekt einer Private-EquityGesellschaft im Vergleich zum Industriekonzern ist, dass man das Management am Erfolg beteiligt und wir hatten den Managern pauschal zehn Prozent an der Firma angeboten – nicht sofort, aber mit einem gewissen Anwachsen über zwei, drei Jahre. Wir konnten jedoch keine Verhaltensänderung und keinen positiven Einfluss auf das Ergebnis feststellen. Und wir haben uns oft vom Management wieder trennen müssen, dann gab es wieder ein neues, das wir wieder beteiligten, so dass wir mehr und mehr

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Foto: Bavaria Industriekapital

Marke, die wir nicht hinbekommen haben. Die ist insolvent gegangen. Woran ist es gescheitert? Interessanterweise nicht wegen der operativen Ergebnissen – wir hatten sie schon in die schwarzen Zahlen geführt – sondern aufgrund von Finanzierungsthemen. Wir haben die neue Kollektion nicht finanziert bekommen. Da achten wir immer sehr stark drauf, wenn wir Firmen kaufen, dass wir kein wirkliches Kapital-Problem haben. Das führt im Übrigen viele Unternehmen in die Insolvenz. Sie können ihr Wachstum nicht mehr finanzieren und die Banken geben kein neues Geld. Man muss also hinschauen: Können wir Kapital freisetzen durch unseren Einstieg oder kostet es Kapital? Zum Beispiel kann es sein, wenn wir von einem Konzern ein Unternehmen kaufen, dass dann die Kunden auf einmal schneller ihr Geld haben wollen. Das heißt, im Prinzip müssten wir Geld reinstecken, um das notwendige Kapital aufzubauen. Das wollen wir vermeiden. Wir versuchen Firmen zu finden, die so schlecht geführt sind, dass sie sogar zuviel Kapital haben, weil sie die Vorräte nicht wirklich gut managen und die Forderungen nicht eintreiben. Sie kaufen die Unternehmen in der Regel sehr schnell unter hohem Zeitdruck. Wie groß ist ihre Angst jedes Mal durch ihr Engagement viel Geld zu verlieren? Wir haben eine sehr große Angst, weil wir ein relativ profitables Portfolio haben. Jede Firma – auch wir, die wenig Schulden haben – kann nur dann existieren, wenn sie von Lieferanten auf Kredit beliefert wird. In Europa gibt es aber nur drei Kreditversicherer und die nehmen uns in Gruppenhaft. Das passiert jetzt mehr und mehr bei allen Beteiligungsgesellschaften. Das heißt, wenn Sie eine Firma haben, die ihre Rechnungen nicht bezahlen kann, dann kommt ihr gesamtes Portfolio in Mitleidenschaft. Die Kreditversicherer sagen: Wir wollen keine Abschreibung haben bei der Firma X, dafür streichen wir bei deiner Firma Y die Linie. Das ist eine große Sorge, die wir haben. Das macht das Geschäft für alle Beteiligungsgesellschaften schwieriger. Ist es richtig, dass die Restrukturierung eines Unternehmens in der Regel nicht ohne Personalabbau möglich ist? Ja. Wir übernehmen in der Regel Firmen, die eine Überkapazität aufweisen. Das typische Unternehmen verzeichnet dann schon einen Umsatzrückgang, entweder aufgrund des Marktes oder wegen Managementfehler – meistens beides. Die Firma hat nach dem Prinzip Hoffnung die Kapazität nicht zurückgefahren, wie es eigentlich erforderlich gewesen wäre. Und damit wir nicht immer hinterher rennen, reduzieren wir die Kapazität, um in der Lage zu sein auch Aufträge ablehnen zu können. Der Schlüssel für jede Sanierung ist, dass man als Unternehmen auch Nein sagen kann zu


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der Firma weggegeben haben. Seit zwei, drei Jahren beteiligen wir das Management deshalb gar nicht mehr direkt, sondern nur noch indirekt, indem wir ihnen Cash-Boni abhängig vom Cash-Flow der Firma geben. Lassen Sie uns zum Schluss noch mal über die Personalmanager reden. Arbeiten die in der Regel mit Ihnen zusammen oder sehen sie Ihr Engagement besonders kritisch? Wir versuchen natürlich mit den Mitarbeitern der Firma zu arbeiten und wenn wir die Spitze austauschen, dann tauschen wir im Mittelmanagement selten aus. Wobei wir eben auch schon Personalmanager outgesourct und sie als Berater für andere Projekte genommen haben, weil wir die Mitarbeiterschaft so stark reduziert hatten, dass es nur noch wenig zu tun gab für die Personaler. Die haben uns dann bei anderen Firmen geholfen. Die Personaler geben sich also in der Regel wegen des Personalabbaus nicht rebellisch? Nein, die haben oft sogar großes Verständnis, wenn wir Personal abbauen. Denn die Belegschaft weiß, dass Überkapazitäten da sind. Das spüren sie jeden Tag und sie wissen, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann. Wir haben es sogar schon erlebt, dass in der Betriebsversammlung geklatscht wurde, als wir gesagt haben: Jetzt müssen wir so und so viel Mitarbeiter abbauen. Kann der Personalverantwortliche beim Abbau von Überkapazitäten als eine Art Mediator fungieren? Ja, wir verlangen sehr viel von unserer Geschäftsleitung. Was wir traditionellen Industriefirmen vorwerfen, ist, dass sie zu viel – vor allem die unangenehmen Sachen – an die Personalabteilungen delegieren. Wenn unser Geschäftsführer entlässt, dann muss er das selbst tun. Er hat auch den Fehler in der Einstellung gemacht. Wir wollen nicht, dass man die Entlassungen über den Personalleiter bekanntgibt. Wenn es allerdings darum geht, mit den Gewerkschaften zu verhandeln, dann braucht man viel Know-how, viel Geduld und Fingerspitzengefühl. Das ist ein Prozess, der dauert Monate. In solchen Fällen braucht man einen erfahrenen Verhandler. Entweder wir haben dafür eigene Personaler in den Unternehmen oder wir nehmen externe Berater, die uns dann bei diesen Gesprächen helfen. Welchen persönlichen Eindruck haben Sie denn aufgrund Ihrer Erfahrungen von den deutschen Personalern im Mittelstand? Die sind leider wenig proaktiv und sehen sich eher als Verwalter. Wir brauchen schon Unternehmer, wir brauchen Leute, die über die Personalentwicklung nachdenken. Wir haben auch festgestellt: In den meisten Firmen gibt es keine richtige Personalentwicklung, kein Personaltraining. Gut ist hingegen das Ausbildungssystem in Deutschland. Wir haben bei der Ausbildung in einem Unternehmen noch nie gekürzt, zumal wir auch sehen, dass Personalbeschaffung immer schwieriger wird. Und wo wir auch versuchen, einen Aufbau hinzubekommen, ist bei Trainings und der Mitarbeiterentwicklung, wie zum Beispiel im Vertrieb. Was wir immer wieder feststellen, ist, dass die Vertriebsleute im Prinzip nur ein Order-Management betreiben, also nur Auftragsbearbeitung, aber nicht selbst aktiv Vertrieb machen. Herr Scholz, wie wichtig ist Ihnen eigentlich Geld? Geld ist für mich wie eine Schulnote, eine Anerkennung dafür, dass man einen guten Job gemacht hat, ein objektiver Wertmaßstab der eigenen Arbeit.

EPILOG „Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben … Den Rest habe ich einfach verprasst.“ George Best, Fußballer

„Es stimmt, dass Geld nicht glücklich macht. Allerdings meint man damit das Geld der anderen.“ George Bernard Shaw, Dramatiker

„Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.“ Oscar Wilde, Schriftsteller

„Wenn ein Mensch behauptet, mit Geld ließe sich alles erreichen, darf man sicher sein, dass er nie welches gehabt hat.“ Aristoteles Onassis, Reeder

„Wer viel Geld hat, kann spekulieren. Wer wenig Geld hat, darf nicht spekulieren. Wer kein Geld hat, muss spekulieren.“ André Kostolany, Spekulant

„Vielleicht verdirbt Geld wirklich den Charakter. Auf keinen Fall aber macht ein Mangel an Geld ihn besser.“ John Steinbeck, Schriftsteller

„Leute, die Geld ausgeben, verstehen nichts von den wahren Freuden eines Kapitalisten.“

Dagobert Duck in „Der reichste Mann der Welt“

Das Interview führte Jan C. Weilbacher

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VON DER CRUX DER RICHTIGEN ENTSCHEIDUNG Bei der Personalauswahl vertrauen immer mehr Unternehmen auf einen Mix aus strukturierten Gesprächen und Tests statt einem klassischen Assessment Center. Doch gerade Mittelständler lassen sich immer noch von Bewerbern in gewöhnlichen Interviews einen Bären aufbinden. 52

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inen perfekten Geschäftsführer wollten die Konzern-Personalmanagerin Martina M. und die Fachbereichsleiterin Inga B. auswählen. Bei Günter F. (Namen geändert) waren sich die Frauen, beide mit langer Berufserfahrung, einig. Er sollte den Posten in dem von ihrem Unternehmen finanzierten Sozialverband übernehmen. Smart und doch bodenständig, sozial engagiert und erfahren schien er. Entgegen der sonst in dem Unternehmen üblichen Assessment Center musste Günter F. für seine Führungsposition lediglich drei Runden unstrukturierter Interviews passieren, dann war der Weg in die Verbandsführung frei. Doch die schnelle Stellenbesetzung entpuppte rasch ihre Schwächen. Denn die soziale Kompetenz, Basis für die erfolgreiche Verbandsarbeit, hatte bei Günter F. niemand überprüft. Schon nach wenigen Monaten scheiterte der Mann an seiner Rolle, Mitglieder zu mobilisieren. Das Image des gesponserten Verbands hatte

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gelitten, die Kosten für Kündigung und Neubesetzung der Stelle musste der Konzern tragen. Die Bauchlandung wundert Carsten Schermuly nicht. Der Psychologe forscht an der Technischen Universität Braunschweig über verschiedene Methoden der Personalauswahl in Unternehmen – und kam zu dem verblüffenden Ergebnis, dass Bewerber-Interviews ohne festgelegten Fragen- oder Aufgabenkatalog in der deutschen Wirtschaft immer noch gang und gäbe sind. Im Gegensatz zu amerikanischen Unternehmen: Dort geben psychologische und Intelligenztests den Ausschlag für einen Bewerber. Schermuly und sein Kollege Jens Nachtwei von der Humboldt-Universität Berlin fanden in einer Studie heraus, dass 70 Prozent der befragten kleineren und mittleren und immerhin 58 Prozent der größeren Unternehmen in Deutschland auf einfache, unstrukturierte Interviews setzen, obwohl die Methode nur eine sehr schlechte Vorhersage der beruflichen Fähigkeiten des Kandidaten zulasse. Das sei wissenschaftlich erwiesen. Mit anderen Worten: Wer als Personalmanager nur auf lockere Gesprächssituationen mit einem Kandidaten setzt, kann sich seiner Auswahl nicht wirklich sicher sein. „In der Frage der zukünftigen Entwicklung eines Bewerbers grenzt das beinahe an eine Zufallsauswahl“, meint Schermuly.

Fotos: www.dreamstime.com; TU Braunschweig

Vorbereitung kostet Zeit Auch jüngste Untersuchungen der Wissenschaftler ergaben keine Änderungen in der Beliebtheit von unstrukturierten Interviews. Grundsätzlich gelte in deutschen Firmen immer noch die Faustregel: Je höher die zu besetzende Position, desto unstrukturierter das Auswahlverfahren. Auch wenn zuvor teure und aufwändige Methoden genutzt wurden, sei das Urteil besonders für Mittelständler keineswegs bindend. „Wenn das Bauchgefühl eines künftigen Geschäftsführungskollegen gegen den Kandidaten entscheidet, bringen ihm hohe Test-Werte gar nichts.“ Die Chancen von Frauen und internationalen Bewerbern würden durch Sympathie-Interviews genauso wenig erhöht – Vorurteile ihnen gegenüber ließen sich nur mit strukturierten Auswahlverfahren ausräumen, sagt der Wissenschaftler Schermuly. Doch die intensive Vorbereitung von Auswahlprozessen kostet Zeit und Geld: Personalmanager, Fach-Mitarbeiter, externe Psychologen und Berater haben meist Teil an genauen Fragen- und Aufgabenkatalogen für die sogenannten Assessment Center (AC). Kostenpunkt: durchschnittlich 1.400 Euro pro Bewerber. Da ein AC mit seinen Stresstests, Diskussionen und Fallbeispielen hohe fachliche Kompetenz erfordert, haben Konzerne vor allem in der Automobilindustrie sogar eigene Tochtergesellschaften für die Personalauswahl gegründet. „Das Assessment Center dient als eine Art Einführungsritual für Manager – wer es nicht durchgestanden hat, gehört F E B R U A R / M Ä R Z

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»Unstrukturierte Interviews grenzen beinahe an eine Zufallsauswahl.« Carsten Schermuly, TU Braunschweig

auch nicht dazu“, folgert Schermuly. Doch diese Form der Eignungsdiagnostik, die ursprünglich in den USA während des Ersten Weltkriegs zur Besetzung militärischer Ränge entwickelt wurde, ist nicht überall beliebt. Gerade Familienunternehmen wie der Dortmunder Pumpenhersteller Wilo, einer der Weltmarktführer für Heizungstechnik und Wasserversorgung, halten nicht viel von ACs. „Erst im individuellen Gespräch kann unseres Erachtens entschieden werden, ob der Mitarbeiter ins Unternehmen passt und die Unternehmenskultur lebt“, sagt Ralf Schmechta, Vize-Personalchef der Wilo Gruppe. „Es ist schwierig, diesem Gedanken in Assessment Centern ausreichend Rechnung zu tragen.“ Wilo setzt auf einen anderen Ansatz: Nicht nur, dass der Mittelständler seine Nachwuchsgewinnung bereits mit ersten Technik-Projekten in Kindergärten und Schulen startet, um Kinder für Ingenieurberufe zu begeistern. An allen 70 Unternehmensstandorten rund um den Globus wollen die Dortmunder festgelegte Job-Profile und Interview-Standards nutzen. „Für einen Ingenieur in den USA läuft der Auswahlprozess genauso ab wie für einen Ingenieur in Deutschland oder in China“, erklärt Schmechta. Aus der Unternehmenskultur heraus haben die Personaler ein Mitarbeiter-Profil und bestimmte international gültige Auswahlkriterien entwickelt. Auf ein genaues „Soll-Profil“ für die offene Position, das auf der Unternehmenskultur aufbaut, folgen bei Wilo mehrere strukturierte Interviews mit den Fachabteilungen und Human Resources. Der Anforderungskatalog gilt auch für das weltweite interne Recruiting. „Unser langfristiges Ziel ist es, so viele Stellen wie möglich intern zu besetzen“, so Schmechta. Dazu werden die internen Kandidaten gezielt gefördert und weiterentwickelt.

Warten auf den Aufstieg In der Entwicklung sogenannter Talent Pools sieht Stefan Fischhuber, Geschäftsführer der Personalberatung Kienbaum Executive Consultants, noch Potenzial im Mittelstand. „Erst rund ein Drittel aller deutschen Unternehmen haben ihre Mitarbeiter auf gute Kandidaten für Führungspositionen hin durchforstet“, so Fischhuber. Jeweils bis zu einigen Tausend warten bei den größeren Konzernen auf den Aufstieg. Um die internen mit den externen Bewerbern exakt vergleichbar zu machen, durchlaufen die Mitarbeiter sogenannte Management-Audits, die inhaltlich mit Assessment Centern durchaus vergleichbar sind: Es wird nicht nur der berufliche Werdegang überprüft, sondern auch Intelligenz, Leistungsbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit und Charakterfragen. Fischhuber beobachtet gerade bei internationalen Konzernen einen Trend hin zu multimethodalen Ansätzen bei der Personalauswahl. Auf verschiedene, struk53


turierte Gesprächsrunden mit Fachkollegen und Personalabteilung folgt für Führungspositionen meist das Vorstellungsgespräch beim Vorstand. Fällt dies ebenfalls positiv aus, wird der Kandidat durch ein individuell zugeschnittenes Assessment Center geschickt, in dem er nicht nur Fallstudien lösen muss, sondern auch seine Wertvorstellungen und Kompetenzen auf dem Prüfstand stehen. Darauf folgen konkrete Vertragsverhandlungen und ein abschließendes Treffen mit dem Vorstand. „Erst die Mischung macht‘s“, urteilt Fischhuber, „denn so ist die größte Korrelation mit dem späteren beruflichen Erfolg des Kandidaten gegeben.“ Besonders die Maschinenbauund Automobilindustrie haben in den letzten Jahren ihre Auswahlverfahren stark weiterentwickelt, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden, beobachtet der Kienbaum-Geschäftsführer. Nach der weltweiten Krise bekommt in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft der war for talents wieder eine größere Bedeutung. Das sieht auch die vermeintlich für viele Kandidaten besonders attraktive Medienbranche so: „Der Markt wandelt sich“, meint Manuela Eb-

»Top-Talente suchen sich heute ihren Arbeitgeber aus, nicht umgekehrt.« Manuela Ebbes-Barr, Bertelsmann

Assessment Center sind verbesserungswürdig Viele Jahre die gerühmte Königsdisziplin unter den Personalauswahlmethoden, gilt das Assessment Center (AC) inzwischen nicht mehr ausschließlich als Mittel der Wahl. Während kleinere Unternehmen ohnehin nur zu 14 Prozent dazu greifen, um geeignete Kandidaten zu identifizieren, nutzen nur 21 Prozent der deutschen Großunternehmen Assessment Center. Das ermittelten die Wissenschaftler Carsten Schermuly und Jens Nachtwei in einer Unternehmensbefragung für die Berliner Humboldt-Universität und das Magazin Harvard Business Manager. Obwohl ACs die teuerste Methode unter den Auswahlverfahren sind, lassen sie nur eine 20-prozentige Trefferquote für den tatsächlichen, späteren Berufserfolg des Kandidaten zu. Um die Vorhersagesicherheit für ACs zu verbessern, arbeiten die Wissenschaftler derzeit mit Hilfe verschiedener Unternehmen daran, die Qualität der Vorbereitung, der Aufgaben und der Auswertungen zu verbessern (www.bacdi.de). Größere Treffsicherheit versprechen dagegen Intelligenzund Persönlichkeitstests. Jedoch nutzen nur 13 Prozent der größeren und acht Prozent der kleineren Unternehmen solche Eignungstests. Fachwissentests sind in Deutschland ähnlich unbeliebt, strukturierte Interviews und Arbeitsproben dagegen mehr. Unerreicht bleibt das unstrukturierte Interview – auch wenn seine Trefferquote für den Berufserfolg bei mageren vier Prozent liegt.

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bes-Barr, Leiterin des Bereichs Recruiting bei Bertelsmann. „Gerade Top-Talente suchen sich heute ihren Arbeitgeber aus, nicht umgekehrt. Daher muss sich auch der Arbeitgeber bewerben.“ Der Konzern mit weltweit über 102.000 Mitarbeitern und 15,4 Mrd. Euro Umsatz in 2009 setzt deshalb vermehrt auf Veranstaltungen, bei denen Kandidaten auch schon ihre zukünftigen Chefs kennen lernen und Fallstudien bearbeiten. „Direct To Arvato“ ist beispielsweise eine konkrete Recruiting-Veranstaltung für Kandidaten der Druck- und Logistiktochter. Bei „Talent Meets Bertelsmann“ werden jährlich 50 vielversprechende Interessenten von Hochschulen nach Berlin eingeladen, um dort in GruppenWorkshops Geschäftskonzepte zu entwickeln. In lockerer Atmosphäre präsentieren die Teilnehmer ihre Konzepte am Ende dem BertelsmannVorstand, es gibt Preise für die Gewinner. So sollen Kandidaten erkannt und gebunden werden. „Assessment Center im klassischen Sinne sind Vergangenheit“, meint Ebbes-Barr. Generell seien diagnostische Verfahren oder standardisierte Tests nur bedingt geeignet, um passende Kandidaten herauszufiltern. „Wir setzen vielmehr auf klassische Jobinterviews oder machen uns auf einer unserer Karriere-Veranstaltungen ein Bild, ob ein potenzieller Kandidat gut zu uns passt und das ‚unternehmerische Gen‘ für Bertelsmann mitbringt“, erläutert die Personalmanagerin. Führungspositionen sollen meist von innen besetzt werden. Reicht das Reservoir nicht aus, nutzt Bertelsmann ein neues Instrument, um spätere Top-Manager von außen zu gewinnen. Berufserfahrene aus anderen Unternehmen sollen sich für das „Bertelsmann Entrepreneurs Programm“ qualifizieren, das die Kandidaten über 18 Monate in verschiedene unternehmerische Projekte einbindet. Wer als Arbeitgeber nicht mehrere Monate Zeit hat, Kandidaten in ihrem Arbeitsverhalten zu beobachten, greift hin und wieder auch zu unorthodoxen Methoden. Besonders Mittelständler, die bei der Personalauswahl eher auf die „Chemie“ setzen, sind Kunden von Profilern wie Suzanne Grieger-Langer. Um sich einen persönlichen Eindruck bestätigen oder widerlegen zu lassen, engagieren Unternehmen die Bielefelder Pädagogin und Psychotherapeutin, die anhand von Bewerbungsunterlagen, Veröffentlichungen im Internet, Stimm- und Schriftproben mit bis zu acht verschiedenen Methoden die Persönlichkeit eines Kandidaten durchleuchtet. Lügner und „professionelle Psychopathen“ sollen so aussortiert werden, bevor mögliche Kündigungen und der Vertrauensverlust ein Unternehmen achtstellige Summen kosten können. Am Ende geht es auch Grieger-Langer um einen gesunden Mix der Personalauswahl-Methoden: „Ein Geschäftsführungskandidat muss die Position nicht nur fachlich, sondern auch von seiner Persönlichkeit her bewerkstelligen können.“ Petra Schäfer

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Foto: Bertelsmann AG

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IM FOKUS

NEUE MACHT DER MITARBEITER Fast alle größeren Unternehmen befragen regelmäßig ihre Belegschaft. Häufig sammelt die Geschäftsleitung allerdings nur Daten – und versäumt so, aus der Kritik und den Anregungen der Beschäftigten Schlüsse zu ziehen.

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m November vergangenen Jahres sorgte das Wochenmagazin Der Spiegel für Aufregung beim Kölner Fernsehsender RTL. Das Magazin berichtete über eine Mitarbeiterbefragung der Unternehmensgruppe und fällte ein hartes Urteil über RTL als Arbeitgeber: Jeder vierte Mitarbeiter fühle sich von seinem Vorgesetzten nicht respektiert. Das Gros der Belegschaft halte die Gehälter für ungerecht. Außerdem schätzten nur 38 Prozent ihren eigenen Arbeitsplatz als sicher ein. Was der Spiegel nicht erwähnte: Die Zahlen bezogen sich laut RTL lediglich auf eine Abteilung mit 40 Mitarbeitern – und nicht auf das gesamte Unternehmen. Die Wirkung des Berichts war immens. Viele Medien griffen die Meldung auf. Bei RTL herrsche ein Klima der Einschüchterung und Angst, kommentierte Michael Klehm vom Deutschen Journalisten-Verband die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung. Ähnlich heftig reagierten Medien auf Mitarbeiterkritik beim europäischem Luft- und 56

Raumfahrtkonzern EADS. Vier von fünf Angestellten fühlen sich von ihren Vorgesetzten allein gelassen, hatte eine Mitarbeiterbefragung ergeben. „Die Resultate sind nicht toll“, kommentierte ein Unternehmenssprecher selbstkritisch und kündigte an, Verbesserungen anzubahnen. Die Beispiele zeigen: Die Öffentlichkeit hört zu, wenn Mitarbeiter ihren Unmut über ihren Arbeitgeber äußern. Damit wächst der öffentliche Druck auf Unternehmen, Mitarbeiterkritik ernst zu nehmen. Doch viele Konzerne gehen unbeholfen damit um, Mitarbeiterbefragungen einzuordnen und die Kritik zu nutzen. Zwar gehört eine Befragung der Belegschaft mittlerweile zum guten Ton. Die große Mehrheit der deutschen Unternehmen befragt ihre Mitarbeiter, ergab eine Studie der Personalberatung Aon

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Hewitt. Allerdings nutzen die meisten Unternehmen die gesammelten Informationen nicht: „In vielen Unternehmen dienen die Antworten der Mitarbeiter als rein administrative Unterstützung“, sagt Nicole Schadewald, Beraterin bei Aon Hewitt. Im Klartext: Unternehmen ziehen keinerlei Schlüsse aus einer Befragung.

Ursachen für Unzufriedenheit Eine reine Faktensammlung hält lediglich fest, was Mitarbeiter bewegt. In solchen Fragekatalogen wollen Unternehmen etwa wissen: Wie hoch ist die Arbeitsbelastung? Wie viel Zeit benötigen Mitarbeiter für einzelne Arbeitsschritte? Wie gut unterstützen Vorgesetzte ihre Untergebenen? Damit spüren Unternehmen zwar Schwachstellen auf. Die Probleme bleiben aber bestehen. Und wer langfristig nicht auf die Mitarbeiterkritik reagiert, demotiviert seine Mitarbeiter. Denn mit der Zeit interessieren sich Angestellte nicht mehr dafür, die Geschäftsleitung mit ihrem Wissen und ihrer Meinung zu unterstützen – im schlimmsten Falle kündigen sie innerlich den Job. Unternehmen sollten Mitarbeiterbefragungen nutzen, um Schwachstellen zu finden und auszuloten, warum Angestellte unzufrieden sind. „Nur wenn Unternehmen Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung umsetzen, können sie das Mitarbeiterengagement stärken – und langfristig ihren Geschäftserfolg verbessern“, sagt Schadewald.

Fotos: www.dreamstime.com; Geva-Institut

Prozess in Gang setzen Auch Gerhard Bruns, Geschäftsführer der Gesellschaft für Verhaltensanalyse und Evaluation (Geva), muss Unternehmer und Manager regelmäßig davon überzeugen, das Potenzial einer Mitarbeiterbefragung vollständig auszuschöpfen. „Unternehmen müssen erst einmal erkennen, dass eine Befragung in der Belegschaft einen Prozess anstößt“, sagt Bruns. Denn: „Wer einen Fragebogen ausfüllt, will auch, dass seine Stimme gehört wird.“ Seit zwölf Jahren setzt Bruns mit seinen Kollegen Mitarbeiterbefragungen für Unternehmen um. F E B R U A R / M Ä R Z

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»Wer einen Fragebogen ausfüllt, will auch, dass seine Stimme gehört wird.« Gerhard Bruns, Geva

„Wer Kritik ernst nimmt, schlägt nicht unbedingt den einfachen Weg ein“, sagt Bruns. „Dafür arbeitet die Belegschaft künftig motivierter.“ Sein Rat: Mitarbeiter sollen, nachdem sie kritisieren durften, selbst Arbeitsprozesse verbessern und beim Sparen helfen können. Gerade große Unternehmen tun sich dabei allerdings schwer. „Kleinere Unternehmen können Kritik oft schneller und einfacher umsetzen“, sagt Bruns. Auch Winfried Schwarz, Geschäftsführer des mittelständischen Verbindungstechnikers Ejot, will aus den Ergebnissen seiner Mitarbeiterbefragung konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Das schlage sich direkt auf den Unternehmenserfolg nieder, argumentiert Schwarz. So halfen die Ergebnisse der Befragung dem Unternehmen aus Bad Berleburg bei Siegen sogar durch die Wirtschaftskrise. Im Jahr 2005 hatte Schwarz seiner Belegschaft erstmals rund 80 Fragen gestellt. Die Geschäftsführung des Mittelständlers lernte vor allem eines aus den Antworten: „Wir haben Unternehmensentscheidungen intern zu wenig kommuniziert“, sagt Schwarz. Die Lösung des Geschäftsführers: Heute legt das obere Management der mittleren Führungsebene die Lage des Unternehmens regelmäßig offen. Sie gibt die aktuellen Informationen über Einkauf und Auftragslage an die Teamleiter weiter – und die wiederum an ihre Untergebenen. „So erfährt jeder Mitarbeiter, was im Unternehmen gerade passiert“, sagt Schwarz. Die neue Kommunikationspolitik zahlte sich im Krisenjahr 2009 aus. Damals brach der Umsatz

Nutzen kommunizieren Die Mitarbeiterbefragung (MAB) gehört zu den meistverwendeten Instrumenten der Organisationsführung und -entwicklung. Die Beschäftigten werden somit als Experten zur Auswertung der Prozesse vor Ort einbezogen. Eine MAB hat zudem motivierende Effekte und kann auch die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit als Ziel haben. Wichtig ist eine gute Vorbereitung, die oft unterschätzt wird. Es bietet sich an, damit eine Projektgruppe zu beauftragen, die auch die Durchführung begleitet. Der Betriebsrat sollte frühzeitig bei der Konzeption eingebunden werden. Vorteile und Nutzen der MAB müssen klar im Vorfeld kommuniziert werden, um so eine hohe Akzeptanz und Teilnahmequote zu erreichen. In die Erstellung des Fragebogens muss die Projektgruppe viel Sorgfalt legen. Die festgelegte Laufzeit für die Rückgabe darf nicht allzu großzügig sein – etwa zwei bis drei Wochen. Als Rücklaufquote sollten mindestens 60 Prozent angestrebt werden.

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initiieren beide Führungskräfte bereichsübergreifende Workshops und legen Prozesse neu fest. Neben kleineren Projekten nimmt sich der Vorstand nach jeder Mitarbeiterbefragung fünf große Themenfelder vor: Baut etwa Bürokratie ab, verbessert die interne Kommunikation oder vereinheitlicht das Veränderungsmanagement.

Mitarbeiter begleiten

»Jeder Mitarbeiter erfährt, was im Unternehmen passiert.« Winfried Schwarz, Ejot

INTERVIEW

Die Skepsis der Mitarbeiter Walter Bungard, Professor für Psychologie an der Universität Mannheim

Herr Bungard, Sie beschäftigen sich seit Jahren mit der optimalen Umsetzung von Mitarbeiterbefragungen. Immer mehr Unternehmen nutzen dieses Instrument. Wollen Angestellte überhaupt befragt werden? Grundsätzlich schon. Schließlich können Mitarbeiter in einer Umfrage all das sagen, was sie schon immer einmal loswerden wollten – über ihre Vorgesetzten, ihren Arbeitsplatz und verbesserungsfähige Prozesse. Allerdings stehen Mitarbeiter einer Befragung ebenso skeptisch gegenüber. Sie wissen gerade bei der ersten Umfrage nicht, was ihre Chefs mit den Ergebnissen machen. Diese Skepsis ist oft berechtigt, sagen Kritiker. Immerhin gehe der Unternehmensalltag nach der Befragung oft einfach weiter, ohne dass die Geschäftsleitung aus den Ergebnissen Lehren zieht. 58

Im Jahr 2008 entschied der Vorstand, Mitarbeiter künftig besser zu begleiten, wenn sich im Unternehmen Prozesse ändern. Angestellte mit leitender Funktion lernten in Schulungen, wie sie ihren Untergebenen helfen. Außerdem initiierte die Unternehmensleitung einen sogenannten Change Day. Dahinter steckt ein Tag, an dem Mitarbeiter mit Theaterstücken, Filmen, Workshops und Vorträgen lernen sollen, wie sie neue Situationen angehen und akzeptieren können. „Solche Veranstaltungen kom-

Genau das ist der häufigste Fehler. Wenn Unternehmen keine Schlüsse aus der Mitarbeiterkritik ziehen, begeben sie sich auf dünnes Eis. Denn bleibt die Kritik an der Geschäftsleitung und an Unternehmensprozessen ohne Folgen, sind Mitarbeiter zu Recht enttäuscht, desillusioniert und vor allem demotiviert. Sie fragen sich, warum ihr Arbeitgeber sie überhaupt befragt. In der nächsten Umfrage wird der Rücklauf sinken, die Ergebnisse werden nicht mehr repräsentativ sein, und die Umfrage nicht mehr aussagekräftig. Bevor Unternehmen also eine schlechte Mitarbeiterbefragung durchführen und nicht auf die Ergebnisse reagieren, sollten sie lieber vollständig darauf verzichten. Welche Gefahr droht sonst? Verfälschte Ergebnisse sind gefährlicher als schlechte. Im schlimmsten Fall erscheinen die Mitarbeiter zwar glücklich. Im Hintergrund braut sich aber Missmut in der Belegschaft zusammen. Und die Unternehmensleitung bekommt nicht mehr mit, wenn Probleme entstehen. Und dann kann sie diese nicht lösen, bevor sie eskalieren. Noch schmerzhafter für Unternehmen ist: Angestellte verlieren mitunter ihr Vertrauen zur Geschäftsleitung – und erwarten grundsätzlich kein positives Handeln mehr von ihren Vorgesetzten. Das kann über kurz oder lang das Geschäft schädigen. Wie erzielen Unternehmen mit einer Mitarbeiterbefragung denn die gewünschten Ziele? Die Mitarbeiterbefragung sollte nicht als ein weniger wichtiges Projekt der Personalabteilung abgetan werden. Deshalb sollte die Geschäftsleitung hinter der Mitarbeiterbefragung stehen und die Ergebnisse nicht in einer Schublade verschwinden lassen, sondern die Mitarbeiterkritik präsentieren. Mitarbeiter wollen erfahren, warum sie ihre Meinung äußern sollen und was ihre Chefs mit den Ergebnissen vorhaben. Dann werden ihre Mitarbeiter auch engagiert bei der nächsten Befragung teilnehmen. Interview: Sibylle Schikora

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Foto: EJOT HOLDING GmbH & Co. KG; Universität Mannheim

von Ejot um 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein. „Hätten wir diese Zahlen nicht kommuniziert, hätten unsere Mitarbeiter manche strategischen Entscheidungen schwerer aufgenommen“, sagt Schwarz. Er ist überzeugt: „Da unsere Angestellten ins Unternehmensgeschehen eingebunden sind, ist ihre Bindung zu Ejot auch in Krisenzeiten stark.“ Der Karlsruher IT-Anbieter Fiducia nimmt schon seit dem Jahr 1995 die Mitarbeiterkritik zum Anlass, interne Prozesse zu verschlanken, Bürokratie abzubauen oder die Teamarbeit zu verbessern. Die Personalabteilung von Fiducia kommt kaum nach, die vielen Ideen der Mitarbeiter aufzugreifen. „Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche und setzen Prioritäten“, sagt Stephanie Loske, Abteilungsleiterin Personalentwicklung von Fiducia. Trotzdem zählt Loske 200 Einzelprojekte auf ihrer Liste. Klappt etwa die Zusammenarbeit zwischen zwei Abteilungen nicht optimal,


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men bei der Belegschaft gut an“, sagt Loske. Sie haben aber auch ihren Preis: Durchschnittlich verbringt jeder Mitarbeiter der Fiducia zwei bis drei Tage im Jahr mit Workshops, Seminaren oder Besprechungen, die auf der Mitarbeiterbefragung gründen – Führungskräfte mitunter sogar mehr, sagt Loske. Alle zwei Jahre steht eine neue Mitarbeiterbefragung an – und damit auch immer wieder neue Projekte. So viel Eifer ist kein selbstloses Zugeständnis der Geschäftsleitung an ihre Mitarbeiter. Schließlich profitiert das Unternehmen davon, wenn Angestellte motiviert arbeiten. „Nichts ist wertvoller als ein loyaler Mitarbeiter“, sagt Thomas Peters, Leiter Führungskräfte der Salzgitter AG. Deshalb kümmert auch er sich nicht nur darum, die Kritik der Mitarbeiter umzusetzen. Peters hat zudem ein regelrechtes Marketingkonzept aufgesetzt, um den Mitarbeitern die Reaktion nach der Befragung zu „verkaufen“. So erhält die Belegschaft des niedersächsischen Stahlverarbeiters in regelmäßigen Rundschreiben einen Einblick in die Vorhaben der Geschäftsleitung. Peters kommuniziert Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung auch in Betriebsversammlungen. Leitende Angestellte sprechen in Konferenzen und Team-

sitzungen etwa darüber, wie Salzgitter die Arbeit von Führungskräften beurteilt und kontrolliert. „Unsere Mitarbeiter sollen die von ihnen angeregten Veränderungsprozesse begleiten“, sagt Peters. „Dafür kommunizieren wir nicht nur die Ergebnisse, sondern auch, was wir mit ihnen machen.“ Schließlich soll die Belegschaft mitbestimmen – und auch realisieren, dass sie etwas ändern kann. „Wer einmal mitbekommen hat, dass ein Vorgesetzter seine Meinung ernst nimmt, arbeitet engagiert mit“, sagt Peters. Manche Konzerne nehmen sich bereits ein Beispiel an den mittelständischen Vorreitern. Beim baden-württembergischen Softwarehersteller SAP etwa griff die Unternehmensführung nach einem schlechten Ergebnis einer Mitarbeiterbefragung entschieden durch. Die Befragung hatte gezeigt: Das Vertrauen der SAP-Mitarbeiter in ihren Vorstand war innerhalb eines Jahres um 15 Prozentpunkte auf nur noch 50 Prozent gesunken. Der interne Vertrauensverlust komplettierte den Eindruck über Vorstandschef Léo Apotheker. Seine Geschäftsführung entsprach nicht dem Sinne des Unternehmens. Die Folge: Anfang 2010 musste Apotheker seinen Chefposten räumen. Sibylle Schikora

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EINE WENIG GENUTZTE CHANCE Allen Vorurteilen zum Trotz: Personalverantwortliche können von Mitarbeitern mit Schwerbehinderung profitieren – wenn sie die richtigen Führungsmethoden anwenden. Doch viele Unternehmen sind nach der Krise mit Jobangeboten noch zurückhaltend.

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enn der Kaffee nicht rechtzeitig kommt, kann Martin Bünk ungemütlich werden. Der Hoteldirektor weiß, dass in seinem Tagungshotel die Pause für die Gäste mit heißem Kaffee zur richtigen Zeit am richtigen Ort „ein absolutes Muss“ ist. „Sonst würde keiner bei uns Tagungen buchen“, sagt der Chef des Fit-Hotels in Much bei Köln. Der pünktliche Kaffeedienst ist deshalb auch für Bünks behinderte Mitarbeiter oberstes Gebot. In dem Betrieb ist es normal, eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung zu haben, kein Sehvermögen zu besitzen oder sprachlich beeinträchtigt zu sein. Sieben der insgesamt 16 Angestellten sind behindert, sie arbeiten als Kellner, im Housekeeping und in der Küche. Das ist eine weitaus höhere Behindertenquote als in vergleichbaren Kleinbetrieben. Im Gastgewerbe wird oft unter großem Zeitdruck gearbeitet, weshalb in den meisten Betrieben keine Behinderten beschäftigt sind. „Geduld ist keine Tugend der Hoteliers“, weiß Bünk. Als Präsident der Embrace-Gruppe vertritt er elf Hotels in ganz Deutschland, die dennoch 60 Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Behinderten besetzen. Zwar sind die Häuser Ableger von Organisationen wie Diakonie, Caritas und Lebenshilfe. Doch die integrativen Betriebe wollen zeigen, dass es sich auch wirtschaftlich rechnet, behinderte Mitarbeiter zu beschäftigen. Die Hotels können sich rühmen, sozial nachhaltig zu arbeiten – ein Merkmal, dass vielen Gästen im Konkurrenz-Vergleich mit anderen ServiceAngeboten immer wichtiger wird. „Hier spürt der Gast menschliche Nähe, das ist für viele der Anreiz, bei uns zu buchen“, sagt Bünk. Das Tagungshotel wird gerade von Großunternehmen gerne für Mitarbeiter-Veranstaltungen gebucht.

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Fotos: www.dreamstime.com [M]; Privat

Geduld zeigen Sollten Bünks Mitarbeiter das Kaffee-Gesetz brechen, achtet der Chef trotz seines Ärgers die wichtigste Regel im Umgang mit Behinderten: geduldig sein. „Wenn ich einen behinderten Mitarbeiter einfach nur laut zurechtweisen würde, macht er dicht und reagiert gar nicht mehr.“ Die Personalführung ist für den Hotelier deshalb auch eine der schwierigsten Übungen im hektischen Alltag zwischen Gästebetten und Frühstücksbuffet. Denn Personalverantwortliche benötigen mehr Ruhe und Zeit für die individuelle Ansprache dieser Mitarbeiter. „Wir müssen die Arbeit für behinderte Beschäftigte anders strukturieren“, erklärt Hoteldirektor Bünk. Die Abläufe müssen intensiver geplant werden, um Stresssituationen, die für andere Mitarbeiter Alltag sind, zu entschärfen. „Wir geben dem Zimmerservice morgens nicht die Liste aller zu machenden Betten, sondern teilen das Pensum in kleinere Häppchen auf, das ist für F E B R U A R / M Ä R Z

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»Wir müssen die Arbeit für behinderte Beschäftigte anders strukturieren.« Martin Bünk, Fit-Hotel in Much

unsere behinderten Kollegen leichter zu bewältigen“, so Bünk. Doch nicht alle Personalverantwortlichen sind im Umgang mit Schwerbehinderten ohne Berührungsängste. Während der Aufschwung Fahrt aufnimmt und verschiedene Wirtschaftsforschungsinstitute für dieses Jahr bereits eine Zahl von unter drei Millionen Arbeitslosen voraussagen, ist die Entwicklung bei arbeitslosen schwerbehinderten Menschen bislang noch nicht positiv. Während schon 2009 die Zahl der Schwerbehinderten ohne Arbeit auf über 167.000 angestiegen war, vergrößerte sich auch im vergangenen Jahr diese arbeitslose Gruppe weiter auf rund 173.700 Schwerbehinderte. Doch das sind lediglich die offiziell gemeldeten Arbeitssuchenden. Laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes von 2007 sind sieben Mio. Menschen in Deutschland schwerbehindert, knapp die Hälfte ist im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren. „Viele Gruppen haben jetzt schon vom Aufschwung profitiert“, sagt Susanne Schnieber, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit, die regelmäßig die Beschäftigtenzahlen der Schwerbehinderten überwacht. „Doch leider ziehen Behinderte noch keinen Profit aus dieser positiven, wirtschaftlichen Entwicklung.“ Viele Unternehmen agieren weiter sehr vorsichtig nach der Krise. Ein Handicap macht die Teilhabe am Arbeitsmarkt immer noch schwer. Als schwerbehindert gilt, wer eine mindestens 50-prozentige körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung hat. Diese kann entweder angeboren sein oder aber durch eine ernste Erkrankung oder einen Unfall eintreten.

Falsche Vorstellungen Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mahnte erst Ende vergangenen Jahres, Arbeitnehmern mit Behinderung die Arbeitssuche zu erleichtern, um die Wohlfahrtssysteme zu entlasten. Die Kosten von Arbeitsunfähigkeit durch Behinderung oder Krankheit belaufen sich nach aktuellen Erhebungen in den meisten OECD-Ländern bereits auf zehn Prozent der gesamten Sozialausgaben. Doch Arbeitgeber sehen sich hier erst selten in der Pflicht. Bei einigen Führungskräften und Personalverantwortlichen herrscht immer noch die Vorstellung, Schwerbehinderte am Arbeitsplatz würden lediglich höhere Kosten verursachen und seien unkündbar. Das Sozialgesetzbuch sieht jedoch ausreichend gestaltende Möglichkeiten für Arbeitgeber vor. Qualifizierte Schwerbehinderte bieten Unternehmen sogar die Chance, den akuten Fachkräftemangel durch ein noch wenig genutztes Mitarbeiter-Reservoir auszugleichen. Besonders der Handel kämpft aktuell mit stark rückläufigen Bewerberzahlen für Ausbildungsberu61


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Staatliche Unterstützung Auch der Automobilkonzern Daimler stellt schwerbehinderte Auszubildende und Mitarbeiter ein. Seit 2006 haben bei Daimler 128 Schwerbehinderte eine Ausbildung begonnen. Bislang wurden diejenigen, die ihre Lehre bereits beendet haben, nahezu vollständig in eine normale Anstellung übernommen. „Das ist die beste Quote in der gesamten deutschen Automobilbranche“, so Alfons Adam, Gesamtvertrauensperson für Schwerbehinderte an 46 Daimler-Standorten. Im Werk Bremen, wo Adam sein Büro hat, sind von 13.000 Mitarbeitern 800 schwerbehindert, der Großteil durch Unfälle oder Erkrankungen wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Störungen – doch das sind deutlich mehr, als nach dem Sozialgesetzbuch im Unternehmen beschäftigt sein müssen. Adam sorgt für eine reibungslose Zusammenarbeit mit der Personalabteilung und wägt ab, welcher Einsatzort mit welcher Behinderung möglich ist. „Zum Beispiel setzen wir gehörlose Kollegen nicht in Lärmbereichen wie dem Presswerk ein“, erläutert Adam. Zwar wurden wegen Einstellungsstopp in den letzten Jahren nur wenige behinderte Mitarbeiter neu eingestellt. Jedoch spricht der Autobauer in Stellenausschreibungen im Internet Menschen mit Handicap explizit für Ausbildungsplätze an. Das Engagement der Unternehmen für Schwerbehinderte wird auch staatlich belohnt: 62

Arbeitgeber und Schwerbehinderte Unternehmen, die mindestens 20 Beschäftigte haben, sind verpflichtet, fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten zu besetzen. Erreichen die Unternehmen die Quote nicht, müssen sie eine Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt abführen. Die Höhe der Abgabe richtet sich nach der Beschäftigungsquote Schwerbehinderter im Jahresdurchschnitt. Schwerbehinderte genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber muss beim Integrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung stellen. Wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als sechs Monate besteht, ist eine Zustimmung nicht nötig. Ziel des besonderen Schutzes ist es, die Möglichkeiten der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben wie zum Beispiel die Vermittlung durch das Integrationsamt auszuschöpfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Arbeitgeber jedoch nicht verpflichtet, einen schwerbehinderten Menschen auch dann zu beschäftigen, wenn dies jeder wirtschaftlichen Vernunft widerspricht.

»Das bestehende Arbeitsumfeld wird als Therapieunterstützung wahrgenommen.« Thomas Barann, Gothaer Versicherung

Die Integrationsämter, die für die Eingliederung behinderter Menschen in das Arbeitsleben zuständig sind, zahlen finanzielle Hilfen an Arbeitgeber, die Schwerbehinderte ausbilden und beschäftigen. Das sind bis zu einem Drittel der Lohnkosten. Die Zuschüsse sollen den notwendigen Mehraufwand decken. Insgesamt 334 Mio. Euro haben die Integrationsämter 2009 für die Förderung von Schwerbehinderten im Arbeitsleben ausgegeben, 123 Mio. Euro gingen direkt an verschiedene Arbeitgeber. Der Topf speist sich aus den Ausgleichsabgaben der Unternehmen, die gemäß Sozialgesetzbuch nicht ausreichend Schwerbehinderte – gemessen an ihrer Gesamt-Mitarbeiterzahl – beschäftigen. Auch Krankenkassen und Rentenversicherung beteiligen sich daran, wenn es darum geht, Mitarbeiter nach der Arbeitsunfähigkeit als Schwerbehinderte wieder in den Beruf einzugliedern. Nach dem sogenannten „Hamburger Modell“ werden Arbeitnehmer stufenweise wieder in ihren Job zurückgeführt – während sie Kranken- oder Übergangsgeld erhalten. Die Gothaer Versicherung gilt mit aktuell rund 5.200 Mitarbeitern und davon knapp unter fünf Prozent Schwerbehinderten in der Branche als sozialer Arbeitgeber. „Viele betroffene Mitarbeiter und deren behandelnde Ärzte nehmen das bestehende Arbeitsumfeld klar als positive Therapieunterstützung wahr“, sagt Thomas Barann, Leiter Personal der Gothaer. „Besonders erfreulich ist hier die positive Unterstützung der Kollegen, die in diesen Fällen immer wieder dazu führt, dass eine echte Solidarität entsteht.“ Beste Voraussetzungen für ein positives Betriebsklima. Petra Schäfer

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Foto: Gothaer Versicherung

fe. „Das Thema, Nachwuchskräfte auch aus den Reihen schwerbehinderter Bewerber zu rekrutieren, wird aus diesem Grund immer wichtiger“, urteilt Niels Reith, der bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke die sogenannte verzahnte Ausbildung koordiniert. Schwerbehinderte Jugendliche werden dabei von den Berufsbildungswerken in 240 Berufen wie Bankkaufmann oder Friseur ausgebildet und verbringen zusätzlich zwölf Monate in kooperierenden Unternehmen, die die Azubis nach dem Abschluss einstellen können. 200 Betriebe in Deutschland sind bereits Partner der „verzahnten Ausbildung“: Zwei Drittel sind Mittelständler wie Handwerks- und Gartenbaubetriebe, ein Drittel sind Großunternehmen. „Besonders bei den Großunternehmen ist das Thema immer häufiger strategisch entwickelt und weit oben in der Hierarchie der Personalabteilungen aufgehängt“, so Reith. Schwerbehinderte Mitarbeiter helfen den Unternehmen, Aspekte der Diversität und der sozialen Verantwortung gegenüber ihren Anlegern und Investoren besser darzustellen. Der Handelskonzern Metro Group ist einer der ältesten Partner der Berufsbildungswerke in der „verzahnten Ausbildung“. Nach Unternehmensangaben haben „qualifizierte schwerbehinderte Menschen die gleichen Einstiegs- und Karriereperspektiven wie nicht behinderte Menschen“.


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CONTRA

RENTE MIT 67

Hans-Jürgen Urban Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall

»Beginnen wir 2012 mit einer DemografieAbgabe.«

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i Hans-Jürgen Urban ist seit 2007 geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Er ist unter anderem zuständig für die Sozialpolitik. Davor war der 49-Jährige Leiter des Funktionsbereiches Gesellschaftspolitik, Grundsatzfragen, Strategische Planung beim IG-Metall-Vorstand. Urban ist Diplom-Politologe und Doktor der Philosophie.

ken, müssen die financial incentives stimmen. Hier hapert es bei der Rente ab 67. Die Anreizstruktur geht fehl. Nicht Fehlverhalten der Verantwortlichen wird mit Kosten belegt, sondern diese werden auf die Opfer abgewälzt. Eine irrationale Anreizkulisse wird niemals zu rationalen Ergebnissen, sprich: mehr alternsgerechten Arbeitsplätzen, führen. Was tun? Die Rente ab 67 abschreiben und für sachgerechte Anreize sorgen! Das könnte durch eine Demografie-Abgabe für die Unternehmen geschehen, die in dem Maße sinkt, wie Unternehmen oder Branchen eine definierte Beschäftigungsquote Älterer erreichen. Das Geld fließt in branchenspezifische Demografie-Fonds, die Unternehmen unterstützten, denen aufgrund fehlender Mittel die mitunter kostenintensive Umstellung auf alternsgerechte Arbeitsplätze schwer fällt. Zugleich könnte der Fonds weitere Investitionen in eine demografiegerechte Arbeitswelt fördern. Etwa altersgerechte Weiterbildung für „bildungsferne“ Belegschaftsgruppen. Dies könnte Anreize und Fähigkeiten der Nutznießer fördern, bis 65 durchzuhalten. Beginnen wir also 2012 nicht mit der Anhebung der Altersgrenze, sondern mit einer Demografie-Abgabe und sachgerechten Anreizen.

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Foto: IG Metall

Es ist ein intensiv diskutiertes Thema – die Rente mit 67. Die Mehrheit der Deutschen lehnt sie ab. Dennoch hält die Bundesregierung an ihr fest. Die Lager scheinen sich unversöhnlich gegenüber zu stehen. Gegner nennen die Rente mit 67 ungerecht und verweisen auf eine niedrige Beschäftigungsquote der Älteren. Befürworter sagen: Es geht nicht anders. Aufgrund der demografischen Entwicklung gebe es keine Alternative. Wie sinnvoll ist also die Rente mit 67?

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ie Rente ab 67 ist unverzichtbar. Der demografische Wandel erfordert längere Lebensarbeitszeiten durch spätere Rentenübergänge. Schließlich geht es um einen Kulturwandel in Belegschaften, die durch üppige Vorruhestandsregelungen verwöhnt wurden. Wer früher raus will, muss Rentenabschläge oder Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen. So ein Kernargument der Rentenpolitik der Regierung. Gegenwärtig sieht die Welt allerdings anders aus. Nach wie vor gehen nur neun Prozent der 64-Jährigen einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nach, herrscht in Unternehmen ein ungebrochener „Jugendkult“ und nur eine Minderheit der Betriebe hat alternsgerechte Arbeitsplätze. Einer Umfrage des DGB-Index Gute Arbeit zufolge, glaubt nicht einmal die Hälfte aller Beschäftigten daran, die heutige Altersgrenze von 65 Jahren zu erreichen. Anlass genug, gegenzusteuern. Angesichts der Verschiebungen im Altersaufbau der Gesellschaft wird der Verzicht auf die Erfahrung Älterer zum kostspieligen Luxus. Doch wer entscheidet darüber, ob sich das Angebot an alternsgerechten Arbeitsplätzen erhöhen wird? Wer sollte sein Handeln daran neu ausrichten? Die Antwort fällt leicht: die Unternehmen! Die Beschäftigten können nur auf Arbeitsplätzen bleiben, die vorhanden sind. Im deutschen Mitbestimmungsmodell sind zwangsbewährte Instrumente für Beschäftigte und Interessenvertretung, um nach eigenem Willen und gegen das Management Arbeitsplätze zu schaffen, nicht vorgesehen. Angesichts dieser Verteilung von Rechten und Verantwortung kann eine Politik der Anhebung der Altersgrenzen und der Ausweitung von Rentenabschlägen nicht überzeugen. Warum den Sack schlagen, wenn der Esel gemeint ist? Warum Druck auf die Arbeitnehmer machen, wenn das Management über das Arbeitsplatzangebot verfügt? Wer glaubt ernsthaft, dass unter Wettbewerbs- und Kostendruck stehende Firmen ihre Verhaltensweise ändern, weil ansonsten die Beschäftigten mit Arbeitslosigkeit oder Rentenabschlägen bestraft werden? Die Ökonomie rät: Will man gezielte Verhaltensänderungen bewir-


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res Rentenniveau oder über eine Anhebung des Rentenzugangsalters organisiert werden. Zusätzlich wird durch eine kapitalgedeckte private und betriebliche Altersversorgung systemergänzend versucht, die Abhängigkeit der Alterssicherung von der nationalen Bevölkerungsentwicklung zu verringern. Das höhere Rentenzugangsalter, das bis 2029 eingeführt wird, lässt den Menschen Anpassungszeit und eröffnet Optionen. Das ist fair. Das ist weder bei einem höheren Beitragssatz, noch bei einer niedrigeren Rente der Fall. Davon sind entweder die Beschäftigten oder die Rentenbezieher sofort betroffen. Wieso die Gewerkschaften, die gerne nach pfiffigen und intelligenten Lösungen rufen, für einen höheren Beitragssatz plädieren, ist unverständlich. Einfallslos und defätistisch ist es allemal! Richtig ist zweifellos, dass sich in der Arbeitswelt noch viel ändern muss, um wirklich flächendeckend altersgerechte Arbeitsplätze anbieten zu können. Doch diese Umstellung wird von der großen Dynamik getrieben, die bei der Erwerbsbeteiligung der Älteren seit zehn Jahren zu beobachten ist. Der Wandel der Arbeitswelt setzt verlässliche gesetzliche Bedingungen voraus. Wer jetzt an der Rente mit 67 rüttelt, der stellt genau das in Frage. Dabei sind die Sozialpartner – wie die Tarifverträge in der Chemische Industrie, in der Stahlbranche sowie in der Metall- und Elektroindustrie zeigen – auf dem richtigen Weg. Sie zeigen auch, wie in körperlich anspruchsvollen Tätigkeiten differenzierte Lösungen gefunden werden können. Neben diesen systemischen Begründungen für die Rente mit 67 (und ab 2029 für eine Rente mit 70) gibt es zugleich sehr gewichtige individuelle Argumente. Es entspräche nicht unserer individuellen Verantwortung, wollten wir die große Chance des langen Lebens nicht auch als Aufforderung zu längerer beruflicher Aktivität begreifen. Denn die Teilhabe an der gesellschaftlichen Entwicklung läuft ganz entscheidend über die Arbeitswelt. Dazu kann jeder einzelne, wie uns medizinische Studien eindrucksvoll vermitteln, durch Bildungsinvestitionen und Gesundheitsengagement seinen Beitrag leisten. Die Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter hoch zu halten, muss als Ausdruck sowohl von Selbstverantwortung wie von Mitverantwortung zur Selbstverständlichkeit in einer mündigen Gesellschaft werden. Das fordert den einzelnen, den Arbeitgeber, die Sozialpartner, aber eben auch den Gesetzgeber. Insofern ist die Rente mit 67 als wichtiger Perspektivenwechsel nicht nur notwendig, sondern auch gerecht.

»Die Rente mit 67 ist nicht nur notwendig, sondern auch gerecht.«

PRO Michael Hüther Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Fotos: www.dreamstime.com; Institut der deutschen Wirtschaft Köln

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aum ein Thema mobilisiert so stark die Emotionen, wie die Rente mit 67. Zum kollektiven Verständnis sozialen Fortschritts gehört bei uns auch die Möglichkeit, mehr Lebenszeit jenseits der Arbeitswelt für sich nutzen zu können. Die 1972 eingeführte flexible Grenze für den Bezug der Altersrente folgte dem ebenso wie das 1984 verabschiedete Vorruhestandsgesetz. Doch die fortlaufend steigende Lebenserwartung und die seit 1975 nur noch maximal bei 1,5 liegende Geburtenrate haben die Schrumpfung und Alterung unserer Gesellschaft stark forciert. Diese umlagefinanzierte gesetzliche Rente bleibt davon nicht unberührt. Die notwendige Anpassung im System kann über einen höheren Beitragssatz, ein geringeF E B R U A R / M Ä R Z

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i Michael Hüther ist seit 2004 Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Zudem ist der 48-Jährige Honorarprofessor an der European Business School in Oestrich-Winkel. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler erhielt 2009 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

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ESSAY

HOPPLA, DIE RENTE MIT 67 IST DA! Die Erhöhung des Renteneintrittsalters wird längere Lebensarbeitszeiten nach sich ziehen. Auf die Personalmanager kommen damit große Herausforderungen zu. Die betriebliche Gesundheitsförderung und die Weiterbildung müssen dem demografischen Wandel Rechnung tragen.

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ie Personaler stehen schon jetzt einer echten Herausforderung gegenüber. Nur diejenigen werden die neuen Aufgaben erfolgreich meistern, die alle wichtigen Informationen wirklich kennen und die damit verbundenen Konsequenzen auch verstehen. Und mehr noch: Sie müssen die notwendigen Maßnahmen und Initiativen zeitnah einführen und umsetzen.

Die Fakten sind schnell erzählt In Deutschland hat sich seit 1880 die Lebenserwartung verdoppelt. Bei jedem neuen Jahrgang nimmt sie weiterhin um zwei bis drei Monate zu. Heute beträgt sie für Männer 77,2 und für Frauen 82,4 Jahre. Die Geburtenrate ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich unter die Bestandserhaltungsgrenze von 2,1 Kindern pro Frau gesunken. Wir sind also mit einer sinkenden Bevölkerungszahl bei zugleich stetig steigender Lebenserwartung konfrontiert – ergo ergibt sich ein ständig wachsender Anteil der Altersbevölkerung. Um in Deutschland die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung auch mittel- bis langfristig zu gewährleisten, wurde in 2007 die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre beschlossen. Die Beschäftigungsfähigkeit einer alternden Gesellschaft zu erhalten und Arbeitsplätze demografiebasierend zu gestalten, ist daher eine Notwendigkeit. Dies gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer.

Konsequenzen für den Arbeitnehmer Versicherte, die ab 2012 vorzeitig in den Ruhestand gehen, erhalten durch das erhöhte Renteneintrittsalter weniger Geld. Ein „Eckrentner“ in Westdeutschland bezieht nach Angaben der deutschen Rentenversicherung 1.224 Euro Altersgeld im Monat. Durch einen um zwei Jahre vorgezogenen Ruhestand im Alter von 63 Jahren reduziert sich seine Rente um knapp neunzig Euro monatlich. Beginnt 66

die Rente mit 67, vermindert sich das Ruhegeld des Eckrentners in diesem Fall sogar um einhundert Euro im Monat. Als Folge werden viele ältere Arbeitnehmer bis 67 arbeiten müssen, weil sie sich die Rentenabschläge nicht leisten können.

Auswirkung für den Arbeitgeber Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bringt es auf den Punkt: „Mit Blick auf den demografischen Wandel und den absehbaren Fachkräftemangel gelten ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch als Hoffnungsträger, denn Ältere bilden eine der wesentlichen Personalreserven der Zukunft.“ Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass sie noch beschäftigungsfähig sind. Bereits in den letzten Jahren haben sich die Erwerbsphasen deutlich verlängert. Aber noch immer sind das durchschnittliche Renteneintrittsalter und mehr noch das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter weit von der Regelaustrittsgrenze von 65 Jahren entfernt. Wesentliche Gründe für den vorzeitigen Erwerbsaustritt sind körperliche und psychische Arbeitsbelastungen mit folgenden Beobachtungen: Während Personen sowohl in einfachen als auch in qualifizierten industriellen Berufen (zum Beispiel Bauarbeiter oder Industriemechaniker) überdurchschnittlich häufig ihren Beruf nicht mehr ausüben, ist im Managerberuf (zum Beispiel Geschäftsführer, Bereichsleiter) und auch in einfachen Dienstleistungstätigkeiten (zum Beispiel Raum- und Gebäudereiniger) die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, noch im hohen Alter erwerbstätig zu sein.

Handlungsbedarf für das Personalmanagement Der demografische Wandel kann gemeistert werden: Wenn die körperliche Leistungsfähigkeit durch eine neu ausgerichtete betriebliche Gesundheitsförderung er-

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halten werden kann und eine „demografiefeste“ Weiter- seinen Personalbedarf analysieren und damit entsprebildungspolitik zur Steigerung der Erwerbsfähigkeit bei- chende Maßnahmen umsetzen. trägt. Eine Umfrage des Bundesverbands der Personal- Weiterbildung manager (BPM) zur Rente mit 67 zeigt zwei ermutigen- Neben dem Bereich Gesundheit kommt der Weiterbilde Ergebnisse: Bei der Frage, auf welche betrieblichen dung innerhalb der Unternehmen eine herausragende Maßnahmen die PersonalmaBedeutung zu. Aber auch hier ist nager im Hinblick auf die altersnoch viel zu tun, denn nach wie gerechte Arbeitswelt besonders vor besteht eine große Diskrestark setzen, sehen immerhin panz zwischen der öffentlichen 67 Prozent die GesundheitsförHERAUSFORDERUNGEN Rhetorik zum lebenslangen derung ganz vorne, mehr als die Lernen und der tatsächlichen Hälfte setzen auf Aus- und WeiBeteiligung der Bevölkerung an Welches Handlungsfeld hat in terbildung. allgemeiner und beruflicher BilIhrem Unternehmen im Hinblick dung. Hier mangelt es weniger auf eine altersgerechte Arbeit eine Ausrichtung des Peram Können der HR-Funktion als herausgehobene Bedeutung? Quelle: Studie des BPM 2010, 1.652 teilnehmende sonalbereichs vielmehr an der unzureichenden Personalverantwortliche Aber Vorsicht: Die Erhöhung Bereitschaft zahlreicher Unterdes Altersdurchschnitts der nehmen, mehr in Weiterbildung Arbeitsplatzorganisation Fort- und Weiterbildung Beschäftigten erfordert Quazu investieren. Gesundheitsförderung lifikationen des PersonalArbeitsplatzgestaltung bereichs im Bereich der GeDer Strukturwandel sundheitsförderung, die heute erfordert Aufklärung 66,9% so noch nicht vorhanden sind. Die Umfrage des BPM zeigt: Ge51,4% Statt sich mit diesem wichtigen rade kleine und mittlere Firmen 47,8% 46,5% Thema zu beschäftigen, hatte fühlen sich über die Neuregeder Personalbereich in der Verlung zur Anhebung der Altersgangenheit im Wesentlichen die grenze nicht ausreichend inforeigene Organisation und damit miert. In der Tat: Die Debatte zur im Zusammenhang stehende Erhöhung des RenteneintrittsalModelle (zum Beispiel dem HRters wird immer noch als jäher Business-Partner-Modell) im Einschnitt, als eine Art Zäsur, bei Fokus. Zwar wird der Fachkräfder das Renteneintrittsalter von temangel seit längerem thematisiert, konkrete Antworten 65 auf 67 Jahre in einem Schritt springt, wahrgenommen. gefunden und Maßnahmen ergriffen wurden bisher je- Tatsächlich wird das gesetzliche Renteneintrittsalter zwidoch kaum. schen 2012 und 2029 zunächst in einmonatlichen SchritDies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass es ten von 65 auf 66 und anschließend in zweimonatlichen beim Thema „Rente mit 67“ und der damit einhergehen- Schritten von 66 auf 67 angehoben. den Anforderung an die HR-Funktion um ein mittel- bis Damit ist klar: Aufklärung ist erforderlich. Nur wenn langfristiges Problem geht. Ähnliches Verhalten wie bei die Hintergründe der Erhöhung verstanden sind, wird den heute 25- bis 35-Jährigen, die das Thema Rente fast deutlich, dass es noch nicht zu spät für eine Neuorienkomplett verdrängen, finden wir bei den Personalern. tierung der Gesundheits- und Weiterbildungsstrategien Hier wird der konkrete und praktische Beitrag des in den Unternehmen ist. Diese Maßnahmen müssen alHR-Bereichs zum Umgang mit dem demografischen lerdings an der Unternehmensstrategie ausgerichtet Wandel auf die lange Bank geschoben. Und zugleich wird werden und kontinuierlich in der Personalplanung indie Gesundheitsförderung in vielen Unternehmen als tegriert sein. Steckenpferd der Betriebsärzte oder des Arbeitsschutzes Das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Maßnahgesehen. Unbestritten ist, dass diese Bereiche nun eben men und die Steigerung der Selbstverantwortung muss in keinen Glanz der Moderne ausstrahlen, eine offensive den Köpfen aller verankert werden. Am besten fangen wir Diskussion hingegen diese zu modernisieren, befindet morgen damit an. sich noch in den Kinderschuhen.

Handlungsfelder

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Gesundheitsförderung Ein strategisch ausgerichtetes Gesundheitsmanagement ist eine unabdingbare Notwendigkeit zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit einer alternden Belegschaft. So kann zum Beispiel eine demografiebasierte Arbeitsplatzgestaltung bereits mit Lehrmodulen zum Thema Gesundheit in der Ausbildung beginnen. Auch die Förderung der Eigenverantwortung für gesundheitsbewusstes Verhalten jedes einzelnen Mitarbeiters, kann als Ansatz berücksichtigt werden. Jedes Unternehmen muss für sich F E B R U A R / M Ä R Z

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Joachim Sauer Präsident des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM) und Arbeitsdirektor der Airbus Operations GmbH • Seit der Gründung des BPM in 2009 Präsident des Verbandes • Seit 2008 Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor der Airbus Operations GmbH • Von 2002 bis 2008 Geschäftsführer des Automobilzulieferers Faurecia 67


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Andreas Storm, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales

„ES MUSS NOCH VIEL MEHR GETAN WERDEN“ Herr Storm, die Bundesregierung hält am Renteneintrittsalter mit 67 Jahren fest. Die Reform wird zwar erst ab 2029 voll wirksam sein, dennoch zeigen Umfragen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung dagegen ist. Sind die Deutschen uneinsichtig? Wenn Reformen richtig sind, aber noch nicht populär, dann darf Politik nicht warten, bis sie populär werden, sondern muss beharrlich Verständnis dafür erarbeiten. Fakt ist: Die Zahl der 20- bis 64-Jährigen wird bis 2030 um mehr als sechs Millionen zurückgehen, die Zahl der über 64-Jährigen aber um 5,5 Millionen ansteigen. Künftig werden also weniger und durchschnittlich ältere Erwerbstätige Wohlstand und soziale Sicherung für alle erwirtschaften müssen. Ohne die schrittweise Verlängerung der Lebensarbeitszeit wären die Beiträge vor allem für die Jüngeren höher oder das Sicherungsniveau für Rentner geringer. Beides wäre nicht akzeptabel. Die Beschäftigungsquote der Älteren steigt. Doch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist bei den 60-64-Jährigen noch sehr gering. Was muss sich noch ändern, dass in dieser Gruppe die Vollzeitstellen signifikant zunehmen? Es ist erfreulich, dass sich die Erwerbstätigenquote der 60-64-Jährigen in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt hat. Sie liegt gegenwärtig bei über 40 Prozent. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwischen 60 und 64 hat sich sogar mehr als verdoppelt und lag 2009 bei gut 23 Prozent. Dabei gilt es zu beachten, dass auch im jüngeren Alter nie hundert Prozent arbeiten. Und dass viele Ältere bewusst früher aus dem Job ausscheiden oder eben nie berufstätig waren. Früher wurde bei uns aus verschiedensten Gründen der frühe Ausstieg aus dem Beruf idealisiert. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren einen riesigen Schritt aus dieser Zeit heraus getan. Hat bei den Unternehmen denn Ihren Beobachtungen nach mittlerweile ein Umdenken stattgefunden? Ja, aber das muss und wird weitergehen. Der demografische

Wandel bringt eine dramatisch steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften mit sich. Etliche stellen deshalb schon heute ganz gezielt Ältere ein – wegen ihrer Erfahrung, sozialen Kompetenz, Verlässlichkeit und Sorgfalt. Auf der anderen Seite wird noch viel mehr für altersgerechtes Arbeiten getan werden müssen: mehr betriebliche Gesundheitsförderung, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, bei der Arbeitsplatzgestaltung und Weiterbildung. Vorausschauende Unternehmen haben sich schon lange darauf eingestellt. Viele werden dies aber erst noch verinnerlichen müssen. Ministerin von der Leyen hat selbst gesagt, dass man schwer arbeitenden Menschen nicht zumuten könne, bis 67 zu arbeiten. Hier muss die Übergangszeit zur Entwicklung von klugen Lösungen genutzt werden: Warum sollen körperlich schwer arbeitende Menschen ihr Können und Wissen in späteren Jahren nicht in anderen Aufgaben anwenden? Ich denke, zum Beispiel in der Kundenberatung, in der Ausbildung von Lehrlingen oder im Einkauf gibt es viele Möglichkeiten. Wir sind beispielsweise mit dem Handwerk in guten Gesprächen, um gemeinsam noch bessere Lösungen und neue Ansätze zu entwickeln, damit die Lebenserfahrung der älteren Fachkräfte nicht verloren geht. Eine älter werdende Belegschaft macht – wie Sie sagen – Bemühungen der Unternehmen beispielsweise in der Gesundheitsförderung oder der Weiterbildung vonnöten. Auf welchem Wege könnte eventuell die Politik noch helfen, die Unternehmen demografiefest zu machen? Zunächst ist es Aufgabe der Unternehmen und Tarifparteien, die Betriebe fit für den demografischen Wandel zu machen. Dies geschieht auch. Zum Beispiel haben die Chemie-Sozialpartner den Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ ausgehandelt, der sich explizit den Herausforderungen des demografischen Wandels stellt. Das ist zukunftsweisend und gut. Die Bundesregierung hilft und unterstützt beispielsweise durch die „Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA)“ oder die „Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie“ (GDA), mit denen auch die Beschäftigungsfähigkeit Älterer erhöht wird. Die Politik kann also Rahmenbedingungen schaffen – aber die entscheidende Arbeit, das Umdenken, die innovativen Lösungen, die Investitionen in die Älteren, ihre Gesundheit und ihren Arbeitplatz – all das muss maßgeblich in den Betrieben und bei den Tarifpartnern selbst passieren. Was spricht dagegen, die Menschen selbst entscheiden zu lassen, wann sie in den Ruhestand gehen? Dagegen spricht nichts. Wir sind beim Renteneintritt weit flexibler als viele denken. Schon heute kann über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus gearbeitet werden. Wenn die Rente dadurch später in Anspruch genommen wird, erhöht sich sogar der Zugangsfaktor um 0,005. Das heißt: Die Rente erhöht sich um 0,5 Prozent für jeden Monat der späteren Inanspruchnahme. Auf der anderen Seite wird die Altersgrenze für den vorzeitigen Renteneintritt mit 63 Jahren für langjährig Versicherte nicht angehoben – allerdings müssen sie Abschläge von 0,3 Prozent für jeden Monat, den die Rente früher in Anspruch genommen wird, in Kauf nehmen.

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Interview: Jan C. Weilbacher

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»Weniger Erwerbstätige werden Wohlstand und soziale Sicherung für alle erwirtschaften müssen.«


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ESSAY

WIE ERFOLGREICHE TEAMPERFORMANCE GELINGEN KANN Gute Teamarbeit wird im Zuge der zunehmenden Leistungsverdichtung immer wichtiger. Hierzu lassen sich für Unternehmen lehrreiche Parallelen aus der Welt des Hochleistungssports ziehen. Ob Leistungskultur, Teambuilding oder Weiterentwicklung – Führungskräfte und Projektmanager können von erfolgreichen Sportmannschaften lernen.

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n einer Zeit in der Aufgaben und Arbeitsprozesse immer komplexer werden und die Leistungsverdichtung weiter zunimmt, ist erfolgreiche Teamarbeit unverzichtbar. Erfolg haben allerdings nicht zwangsläufig diejenigen mit den besten Leuten im Team. Gewinnen werden jene, deren Teams in den entscheidenden Situationen weniger handwerkliche Fehler machen als die Konkurrenz. In der Realität sind die Rahmenbedingungen hierfür jedoch noch allzu oft alles andere als gut. Viele Teams sind eher mit sich selbst als mit der bestmöglichen Bewältigung ihrer Aufgaben beschäftigt. Ansatzpunkte zur Verbesserung der Teamperformance gibt es viele. Vor allem für Hochleistungs- und Projektteams können sich Führungskräfte und Projektmanager im Bezug auf Leistungskultur, Teambildung und Weiterentwicklung von erfolgreichen Sportteams etwas abschauen. Einige dieser Parallelen sollen nachfolgend verdeutlicht werden.

Wettbewerb und Kooperation Die meisten stark erfolgsorientieren Menschen haben ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Wettbewerb und Anerkennung. Für die Zusammenarbeit im Team gilt jedoch: Ohne Kooperation untereinander wird kein Team langfristig erfolgreich sein, selbst wenn es aus den besten Einzelakteuren besteht. Unternehmen investieren deshalb viel Zeit und Geld in Teamentwicklungsmaßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit. Deutlich schwieriger scheint es demgegenüber zu sein, die Chancen aus einem konstruktiven Wettbewerb innerhalb eines oder mehrerer Teams zu nutzen, ohne die Bereitschaft zur Kooperation zu belasten. 70

Betrachtet man erfolgreiche Teams im Sport, kann man sehen, wie Wettbewerb und Kooperation einander positiv beeinflussen. In erster Linie gehört hierzu der offene Wettbewerb um einen Platz in der Mannschaft. Diese Konkurrenz wird von Trainern und Managern zu Beginn der Saison und im Verlauf des Trainings ganz offen als Motivationsinstrument genutzt. Die meisten Spitzenklubs, egal in welcher Mannschaftssportart, sind mit so vielen guten Spielern bestückt, dass man damit gleich mehrere herausragende Teams bilden könnte. Ihren Stammplatz müssen sich die Spieler im Training und im Wettkampf immer wieder aufs Neue erkämpfen. Selbst für Nationalspieler und internationale Stars ist eine Stammplatzgarantie immer seltener. Und deshalb drängen stets neue Talente darauf, ein Teil dieser Mannschaften zu werden. Dieses Modell funktioniert, weil es klare Spielregeln für den internen Wettbewerb gibt und alle diese Spielregeln kennen. Zu den zentralen Regeln gehört, dass interne Konkurrenz und Wettbewerb primär im Training stattfinden. Im Wettkampf konzentriert sich der Einsatz darauf, dass am Ende die Mannschaft gewinnt. Wer den Punkt macht oder das Tor schießt ist zweitrangig. Eine weitere Regel ist der konstruktive Umgang mit Fehlern. Im Spiel und auch danach wird nicht lange über die Schuldfrage diskutiert. Vielmehr setzt sich das Team gemeinsam aktiv dafür ein, die negativen Folgen zu begrenzen und das Heft des Handelns zurückzubekommen. Es wäre auch fatal, wenn die Akteure bei jeder Aktion darüber nachdenken müssten, ob sie der nächste Fehler aus dem Team katapultiert. Häufen sich hingegen die Fehler, muss jeder damit rechnen, ausgewechselt zu werden oder das nächste Spiel auf der Ersatzbank

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zu verbringen. Ein anderes Beispiel für den Erfolg aus am Erreichen des Ziels gemessen werden und jede noch der Verbindung von Kooperation und Wettbewerb liefert so grandiose Einzelleistung bedeutungslos ist, wenn das eine Geschichte aus dem Segelsport. Als die Mannschaft Team sein Ziel nicht erreicht. der Yacht Alinghi 2003 zum ersten Von den Führungskräften ist Mal die prestigeträchtigste Trophäe darauf hinzuwirken, dass sich alle im Segelsport, den America‘s Cup, Teammitglieder stark mit dem Team gewann, bestand eines der Erfolgsund dem gemeinsamen Ziel idengeheimnisse genau in einem permatifizieren. Dann besteht die realisnenten Wettbewerb innerhalb des tische Chance, dass sich unter den Teams. Teammitgliedern eine Haltung entTeamchef Ernesto Bertarelli hatwickelt, sich für die Gruppe und das te für die Vorbereitungsphase eine gemeinsame Ziel mit aller Kraft einMannschaft zusammengestellt, bei zusetzen. Stärkere werden versuchen der jede Position mehrfach besetzt temporäre Schwächen anderer durch war, darunter viele „erfolgsverwöhnbesondere Anstrengungen zu komte“ Stars. Alle wussten von Beginn an, pensieren. Schwächere versuchen dass nicht jeder Segler der Vorbereisich durch größeren Einsatz aus dem Permanenter Wettbewerb im Team tungsphase am Ende auch zum ReSchatten der Stärkeren zu befreien. war eines der Erfolgsrezepte der Yacht Alinghi, als sie 2003 den America‘s Cup gattateam gehören wird. Bei zahlreiEs muss also für jedes Teammitglied gewann. Jede Position war vor dem chen internen Trainingswettkämperstrebenswert sein, um seinen Platz Wettkampf mehrfach besetzt. fen traten jeweils zwei annähernd im Team durch Leistung zu kämpfen. gleich starke Mannschaften gegenDennoch gibt es auch hier Gefahren. einander an, wobei deren Zusammensetzung immer wie- Statt ihre volle Aufmerksamkeit für die Optimierung der der wechselte. Als Folge gehörte jeder Segler mal zu den Teamleistung aufzuwenden, könnten Mitarbeiter zu viel Siegern und mal zu den Verlierern. Dadurch entstand ein Kreativität und Energie für die Selbstdarstellung invesständiger Anreiz, gemeinsam immer besser zu werden, tieren, um bei den „richtigen Leuten“ im passenden Licht denn keiner konnte allein erfolgreich sein. Die größte zu stehen. Herausforderung für das Management bestand darin, Grundregel muss daher sein, das Verhalten von Mitareinen konstruktiven Ausgleich zwischen den Elementen beitern, die sich persönliche Vorteile zu Lasten anderer Kooperation und Wettbewerb zu schaffen. Allen Beteilig- verschaffen, direkt mit spürbaren persönlichen Konseten war von vornherein klar, dass die endgültige Auswahl quenzen zu verknüpfen. Nur dann entsteht ein Rahmen, von Skipper, Taktiker, Navigator, Pitman und Co. für die bei dem die Verbindung von Kooperation und KonkurRennen um den America‘s Cup ausschließlich nach dem renz durch faires Miteinander als einzig akzeptierte AlPrinzip erfolgte, das jeweils am besten passende Team- ternative für das gemeinsame Handeln existiert. mitglied für jede Funktion zu finden. Die Führungscrew In manchen Unternehmen steht einer solchen Kultur bestimmte die Crew erst am Tag der ersten Regatta auf jedoch ein echtes Problem entgegen. Zu viele FührungsGrund der Trainingsergebnisse von mehr als zwei Jahren. kräfte agieren als „Schönwetterkapitäne“, die gute Der grandiose Erfolg gab ihnen schließlich Recht. Leistungen ihrer Mitarbeiter loben und auch gern nach Auch in den Unternehmen gibt es verschiedene An- außen positiv verkaufen. Wenn aber Klarheit und Konsesätze, mit denen versucht wird, durch internen Wettbe- quenz gefragt sind, weil Spielregeln gebrochen wurden werb zusätzliche Motivation und bessere Ergebnisse zu oder wenn es darum geht, unangenehme Botschaften erreichen. zu vermitteln, dann verlagern sie die Verantwortung am Häufig anzutreffen sind hier etwa Mitarbeiterran- liebsten auf andere, etwa die Personalabteilung oder gar kings oder Verkäuferwettbewerbe, wie sie insbeson- den Vorstand. dere in vielen Vertriebsorganisationen zum StandardHier ist das Management gefordert, indem es Führepertoire gehören. Diese Aktionen gehen jedoch allzu rungskräfte auch danach beurteilt, wie sie ihre Rolle in oft am Ziel vorbei, etwa wenn sich die Spitzenreiter schwierigen Situationen wahrnehmen. Eine Unternehweniger anstrengen, sobald sie ihre Position als unein- menskultur, die die Chancen aus Kooperation und inholbar gefestigt haben oder diejenigen, die keine wirk- ternem Wettbewerb nutzen will, erfordert Führungskräfliche Chance auf eine vordere Platzierung und die da- te, die in besonderem Maße motivieren und integrieren mit verbundene Anerkennung haben, eher Dienst nach können. Vorschrift leisten. Besonderes Augenmerk sollten die Verantwortlichen Teamzusammensetzung auf solche Modelle legen, bei denen in den Top-Ran- Eine andere Parallele zum Sport besteht darin, dass die kings immer wieder die gleichen Personen auftauchen. besten Spieler im Team allein noch keine Garantie für Tendenziell gibt es dann mehr Verlierer als Gewinner. den Teamerfolg sind. Allzu oft kann man beobachten, Es muss folglich gelingen aus dem Nullsummenspiel, bei dass die Gesamtleistung weit hinter der Summe der mögdem einer gewinnt und einer verliert, auszubrechen. lichen Einzelleistungen zurückbleibt. Zu viele Stars, zu Interner Wettbewerb funktioniert dann, wenn eine wenig Team. Die richtige Mannschaftsaufstellung, darkonstruktive Konkurrenz unter Berücksichtigung der auf kommt es an. Stärken aller Teammitglieder erzeugt wird. Die SpielSowohl beim Sport als auch in der Teamarbeit im Unregeln sind dafür so zu gestalten, dass alle gleichermaßen ternehmen geht es weniger um das Addieren von EinF E B R U A R / M Ä R Z

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zelleistungen, sondern um ein dynamisches Zusammenden. Gefestigte Teams im Sport verstehen einander in spiel unterschiedlicher Kompetenzen, Einstellungen und typischen Abläufen nahezu blind. Sie haben gemeinsam Werte. Erfolgreiche Teamarbeit zeichnet sich jedoch vor erlebt, wie ein erfolgreiches Zusammenspiel zwischen allem durch ein sehr hohes Commitment der Mitglieihnen ablaufen kann. Die Verständigung über Spielzüge der im Hinblick auf das Team und das zu erreichende und Aktionen erfolgt für Außenstehende beinahe intuitiv. Ziel aus. Bereits die Arbeit im Team selbst muss motivieSelbst in kritischen Situationen können sie ihr Handeln ren. Diese intrinsische Motivation ist aber nur bei einer flexibel den jeweiligen Bedürfnissen anpassen und zum Teamzusammensetzung möglich, bei Beispiel zwischen Angriff und Verteider jedes Mitglied gebraucht wird digung wechseln. Das Wissen um die und auf der Position eingesetzt wird, Fähigkeiten und der Zusammenhalt die seinen Fähigkeiten entspricht. im Team, bringen die individuellen Nur dann funktioniert das ZusamStärken zur Geltung und helfen etmenspiel der Beteiligten optimal waige Schwächen zu kompensieren. und es kann sich ein Wir-Gefühl Hat man also das richtige Team entwickeln, das für bestmögliche Erzusammen, gilt es, die Fähigkeigebnisse unerlässlich ist. Sind diese ten untereinander genau kennen Bedingungen nicht erfüllt oder gibt zu lernen, zu vernetzten und aufes gar Einzelexperten, die Primadoneinander abzustimmen. Außerdem nen gleich, das Denken des Teams zu muss dafür gesorgt werden, dass dominieren versuchen, helfen weder zwischen den Teammitgliedern eine Hat man das richtige Team zusamTeamentwicklungsmaßnahmen noch stabile Verbindung entsteht, die es men, gilt es für die Beteiligten, die extrinsische Motivationsversuche. ermöglicht, zwischenmenschliche Fähigkeiten untereinander kennen zu Die spannende Frage ist also: Gibt Reibereien und Konflikte, die zu Blolernen, zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. es ein allgemeingültiges Rezept, wie ckaden und Lähmungen führen könoptimale Teams aufgebaut werden nen, zu vermeiden bzw. schnell und müssen? Die Antwort ist selbstverständlich: Nein. Es gibt konstruktiv zu überwinden. Dies gelingt umso leichter, je aber Dinge, die man beachten sollte. Je komplexer die stärker alle Akteure durch eine hohe Zielklarheit und Aufgabenstellungen sind, desto besser sind die Erfolgsden unbedingten Willen, die Ziele gemeinsam zu erchancen, wenn das Team interdisziplinär, bereichsreichen, verbunden werden. Diese Zielklarheit muss vor übergreifend und quer über die Hierarchie zusamallem auf dem grundsätzlichen Bedürfnis basieren, in der mengesetzt ist. Außerdem sollte die Mischung aus EntSache Erfolg zu haben. Ein starkes Indiz für die Stabilität scheidern, Betroffenen und Know-how-Trägern sowie des Vertrauens ist dann der Umgang mit Rückschlägen. Innovatoren und Bewahrern stimmen. Die Realität ist Wird nach einem Schuldigen gesucht oder sachlich anaauch hier allzu oft eine andere: Vor allem bei Engpässen lysiert und an Lösungen gearbeitet? begehen viele Manager immer wieder den Fehler, PositiStabilisierend wirken sich auch frühe gemeinsame onen in Teams nicht mit den am besten geeigneten MitErfolge („quick wins“) aus. Sie führen zu größerem Verarbeitern zu besetzen. trauen in die eigenen Fähigkeiten und stärken den GlauUm das Personalproblem so schnell wie möglich vom ben aneinander. Sportmanager setzen eine solche ErTisch zu haben, werden stattdessen die fähigsten Mitfolgsspirale ganz gezielt in Gang, beispielsweise indem arbeiter permanent gleichzeitig in mehrere Projekte gesie vor Beginn einer Meisterschaft oder eines Turniers steckt oder Lücken durch gerade verfügbare Mitarbeiter ihre Mannschaft Vorbereitungsspiele gegen relativ leichgefüllt. Führungskräfte vertrauen darauf, dass sich das te Gegner absolvieren lassen. Hinter dieser Praxis steckt Team schon finden wird. Die Folgen sind gravierend. Vor also nicht etwa Bequemlichkeit, sondern ein genau kalallem die Mitarbeiter, die für das Vorhaben nicht optimal kulierter Plan zur Steigerung der Teamperformance. qualifiziert sind, leisten dann häufig noch weniger als sie Auch im Unternehmen lässt sich eine derartige Erfolgseigentlich könnten oder kapseln sich völlig ab. Auslöser spirale in Gang bringen. Zum Beispiel indem Führungsdafür ist, dass sie den persönlichen Beitrag als geringkräfte am Anfang eines wichtigen Projektes Aufgaben so wertig empfinden oder aber, dass die individuellen Leisdefinieren und deren Reihenfolge festlegen, dass relativ tungsbeiträge von den anderen Teammitgliedern nicht schnell Erfolgserlebnisse eintreten. Dabei müssen die gewürdigt werden. Aufgaben so gestaltet werden, dass sie ein konkretes Auf der anderen Seite werden die Leistungsträger Feedback ermöglichen. demotiviert, wenn sie das Gefühl haben, die anderen Kommt es hingegen einmal zu Situationen, in denen können ihnen nicht folgen oder sie müssten diese „mitnacheinander mehrere Niederlagen oder Misserfolge schleifen“. Jedes Teammitglied muss daher auf Grund eintreten, gilt es zu verhindern, dass sich eine Abwärtsseiner besonderen Fähigkeiten seinen Platz im Team spirale aus einer Serie von sich selbst verstärkenden bekommen. Zusätzlich muss allen Teammitgliedern der Misserfolgen entwickelt. Denn daraus können Angst und Nutzen der anderen Teammitglieder bewusst gemacht Passivität entstehen. Die beste Strategie ist hier, wenn werden. die Führungskräfte konsequent vermeiden, die Misserfolge auf unveränderliche oder unbeeinflussbare AußenTeamentwicklung faktoren zurück zu führen. Die Konzentration des Teams Ist das richtige Team zusammen, kommt der nächste muss von der Führungskraft auf die beeinflussbaren ErSchritt. Die Teammitgliedschaft muss stabilisiert werfolgsfaktoren und die Fähigkeiten des Teams gerichtet 72

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werden. So bekommt das Team die Chance, zu erkennen, dass das Ergebnis eben kein unausweichliches Schicksal darstellt. Selbst scheinbar ausweglose Situationen können dann umgedreht werden.

Regeneration Jeder Leistungssportler weiß, dass harter Wettkampf, bei dem es um maximale Leistung geht, und Erholungsphasen, die zur Regeneration der Ressourcen dienen, in einem ausgewogenen Verhältnis stehen müssen. Nur wenn Anspannung und Entspannung im Gleichgewicht sind, lassen sich hohe Leistungen längerfristig erbringen und sogar noch steigern. Tägliches hartes Training oder ein Wettkampf nach dem anderen, ohne ausreichende Erholung, führen zwangsläufig in die Sackgasse. Auch Leistungsträger im Unternehmen müssen auf einen ausgewogenen Wechsel von Leistungsphasen und Pausen achten. Doch die wenigsten tun dies, weil sie sich unter einem permanenten Leistungsdruck sehen bzw. gestresst von einem Termin zum anderen hetzen, oder von einem Projekt ins nächste geschickt werden. Bisweilen kann man sogar den Eindruck gewinnen, dass der aus einem solchen Verhalten entstehende Teufelskreis bei Leistungsträgern gesellschaftlich akzeptiert wird. Ein daraus resultierender Burnout wird dann quasi zum „Ritterschlag“ der modernen Leistungsgesellschaft. Unternehmen müssen dieses Risiko sehr ernst nehmen. Führungskräfte und Leistungsträger brauchen Rahmenbedingungen, unter denen sie die persönlichen Risiken ihres Handelns erkennen und verantwortungsvoll managen können. Ein großer deutscher Konzern hat sich beispielsweise dazu entschlossen, Sitzungen des Managementboards nicht mehr an einem Montag, sondern in der Mitte der Woche durchzuführen. Man hatte festgestellt, dass Mitarbeiter sehr oft am Wochenende wichtige Entscheidungsvorlagen fertig gestellt hatten, damit diese in der Vorstandssitzung entschieden werden konnten. Durch die Terminverlegung hat sich diesbezüglich die Arbeitsbelastung an den Wochenenden deutlich entschärft. Anstatt zu arbeiten, können die Mitarbeiter die gewonnene Zeit zur Erholung nutzen. Ein weiteres sehr effizientes Beispiel wären klare Regeln, ab welcher Uhrzeit E-Mails und SMS nicht mehr gelesen und beantwortet werden müssen.

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Analyse und Training Schließlich können wir von erfolgreichen Sportteams lernen, dass sie ihr Handeln immer wieder analysieren und versuchen ihre Fähigkeiten ständig zu verbessern. Sie tun dies selbst dann, wenn alles bestens läuft. Beispielsweise sehen sie sich zu diesem Zweck ihre „Spielvideos“ immer und immer wieder an, unabhängig davon, ob sie nun gewonnen oder verloren haben. Sie tun dies, um Schwächen und Stärken zu erkennen, aber auch, um sich gegenseitig in ihren unterschiedlichen Rollen wertzuschätzen. Auch Unternehmen tun gut daran, einen Rahmen zur Selbstreflexion und eine entsprechende Lernkultur zu etablieren. Möglichkeiten sowie Instrumente und Techniken, um Lernchancen systematisch zu erkennen und etwas für die Teamperformance zu tun, gibt es genug. F E B R U A R / M Ä R Z

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Sie müssen nur konsequent angewendet werden. Der größte Nutzen entsteht, wenn im Rahmen von Entwicklungsmaßnahmen und Trainings kritische Ereignisse des Unternehmens antizipiert und als konkrete Fallbeispiele bearbeitet werden. Auch Führungskräfte können mit ihren Teams – analog zur Analyse eines Spielvideos – während oder zum Abschluss von Projekten oder Teamaufgaben die gewählten Umsetzungsmethoden bzw. die Qualität der Zusammenarbeit gezielt analysieren. Häufig ergeben sich daraus ganz konkrete Erkenntnisse, um die Teamperformance auf die entscheidenden Erfolgsparameter auszurichten. Die Teammitglieder sind zu diesem Zeitpunkt meistens noch bereit, sich darauf einzulassen. Beim Lernen selber gilt, dass wir weniger umsetzen, wenn wir Wissen nur theoretisch erworben haben. Erheblich stärker sind die Fortschritte, wenn Wissen mit praktischen Erfahrungen verknüpft wird. Man stelle sich vor, ein Trainer würde einem Fußballteam erklären, wie man American Football spielt. Wird das Team danach das Spiel wirklich beherrschen? Ändert sich etwas daran, wenn das Team die Erklärung vom besten Trainer der Welt bekommt und viele Videos gesehen hat? Wahrscheinlich werden nur die wenigsten das Gehörte und Gesehene umsetzen können, und das dann wohl auch nur ansatzweise. Doch genau nach diesem Muster laufen die meisten Entwicklungsmaßnahmen für Mitarbeiter und Führungskräfte ab. Was für American Football und wahrscheinlich für jede andere Sportart gilt, lässt sich auf Managementmethoden und -tools oder die Entwicklung und Umsetzung von Innovationen und Strategien übertragen. Echte Fertigkeiten und richtiges Können erlangen wir nur durch das praktische Erleben. Wir mögen Dinge verstehen, wenn man sie uns nur gut genug erklärt. Wir werden diese noch besser begreifen, wenn wir sie exemplarisch gezeigt bekommen. Den wirklichen Durchbruch erreichen wir aber erst, indem wir Dinge ausprobieren und üben. Erst durch positive oder negative Erfahrungen können wir uns verbessern.

Fazit Obwohl die Arbeitswelt mit all ihren Facetten weit komplexer als ein Sportwettkampf ist, bei dem vielleicht nur der Sieg im Augenblick oder der Gewinn der Meisterschaft zählt, haben die vorstehenden Beispiele an grundlegende Erfolgsfaktoren erinnert. Die Kette an Beispielen ließe sich ohne weiteres um zusätzliche Glieder verlängern.

Torsten Schneider Leiter Personal Zentrale Aufgaben bei der RheinEnergie AG in Köln

• Seit 2006: Leiter Personal Zentrale Aufgaben bei der RheinEnergie AG. Unter anderem verantwortlich für Führungskräfteentwicklung sowie Betriebliches Gesundheitsmanagement. • Von 2003 bis 2006: Aufbau des Business Development bei Mercer Human Resource Consulting. • Schneider betreibt seit Jahren Leistungssport im Ausdauerbereich. 73


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BRANCHENCHECK LOGISTIK In jeder Ausgabe beleuchtet der Human Resources Manager die spezifischen Besonderheiten einer Branche aus Sicht der Personalabteilungen. Dieses Heft widmet sich der Logistik-Branche, die einen großen Bedarf an Hochschulabsolventen hat. Die Komplexität der Logistik steigt stetig.

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WARENSTROMEXPERTEN GESUCHT Die Krise ist vorbei – die Logistik-Branche meldet wieder einen deutlichen Aufschwung. Nun benötigen die Arbeitgeber Fachkräfte, die sich auf dem internationalen Markt auskennen und Spezialwissen mitbringen.

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enn die Weltwirtschaft stottert, kommt die Logistik zum Stehen – so lautet ein Bonmot über die Abhängigkeit der Branche von der Konjunktur. Dementsprechend kräftig litt die Logistik in der Finanz- und Wirtschaftskrise: 2009 sank ihr Umsatz in Deutschland um neun Prozent. Inzwischen haben sich die Firmen größtenteils wieder erholt. Für 2010 geht das Fraunhofer Institut, Arbeitsgruppe Supply Chain Services (SCS), von einem Umsatzplus in Höhe von vier bis fünf Prozent aus. Rund 210 Mrd. Euro hat die Logistik damit vergangenes Jahr umgesetzt, je zur Hälfte erwirtschaftet durch Dienstleister sowie durch die firmeninterne Logistik. Für 2011 rechnet man mit einem weiteren Plus von vier Prozent. Die Zahl der Beschäftigten liegt bei 2,8 Millionen. In der Krise hatten viele Arbeitgeber an ihren Mitarbeitern festgehalten und allenfalls Kurzarbeit angemeldet. Die Logistik verzeichnete lediglich einen Rückgang von rund 100.000 und hatte 2009 etwa 2,7 Millionen Beschäftigte. „Es kommt den Betrieben zugute, dass sie in der Krise an ihren Mitarbeitern festgehalten haben“, sagt auch Thomas Wimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesvereinigung Logistik. Dennoch spricht manch ein Unternehmer schon wieder vom Fachkräftemangel – jetzt, wo die Wirtschaft wieder anzieht. Fakt ist: Die Anforderungen in der Logistik sind über die vergangenen Jahre stetig gestiegen. Dies fängt bei Lkw-Fahrern an, die mit komplexer werdenden IT-Systemen umgehen können, über gesetzliche Vorgaben informiert sein und erforderliche Frachtpapiere kennen müssen. Besonders intensiv wirken sich die gestiegenen Anforderungen auf die Mitarbeiter in der Verwaltung und im Management aus. Der Grad der Internationalisierung steigt, damit 76

nehmen der Wettbewerb und die Dynamik zu. Zudem stellen Themen wie Nachhaltigkeit und Sicherheit Unternehmen vor neue Herausforderungen. Möglicherweise ist dies eine Erklärung dafür, dass Manager und Mitarbeiter in der Administration in der Krise so gut wie gar nicht von Entlassungen betroffen waren. Laut Fraunhofer SCS-Zahlen ist die Zahl dieser Beschäftigten zwischen 2006 und 2009 sogar um 15 Prozent gestiegen. Große Unternehmen versuchen, der Entwicklung mit forcierter Weiterbildung entgegenzutreten. Die Nummer vier der Branche, Dachser, hat im Krisenjahr 2009 eine eigene Akademie in Köln gegründet, in der Mitarbeiter System-Schulungen erhalten, aber auch in punkto Softskills unterrichtet werden. „Der Vorteil einer eigenen Akademie liegt in der Möglichkeit, Dachser-spezifisches Fachwissen unter Einbindung der eigenen IT-Systeme und vorhandenen Echtdaten zu schulen“, sagt Thomas Schulz, Bereichsleiter für Personal. Dazu setzt das Familienunternehmen Mitarbeiter aus den eigenen Reihen als Referenten ein. 2010 haben 2.900 Mitarbeiter an einer Schulung in der Akademie teilgenommen. Auch für den Nachwuchs engagiert sich das Unternehmen und stiftete der European Business School in Wiesbaden voriges Jahr eine Professur für „Sustainability in Logistics & Supply Chain Management“. Kühne und Nagel, der größere Konkurrent aus Hamburg, ging gleich so weit, dass er eine eigene Universität gründete. Vorigen Herbst nahmen die ersten 28 Studenten ihr Master-Studium „Globale Logistik“ an der Kühne Logistics University (KLU) in Hamburg auf. Trägerin der Privaten Wissenschaftlichen Hochschule für Logistik und Unternehmensführung ist die KLU GmbH, deren Gesellschafterin die Kühne-Stif-

DEUTSCHE POST DHL IST VORNE

Die Top 10 der deutschen Logistiker Rangliste nach Deutschland-Umsatz im Jahr 2009 Quelle: Fraunhofer SCS

Umsatz 2009 in Mio. Euro

Rang Unternehmen 1

Deutsche Post DHL

6.416

2

DB Mobility Logistics AG (DB Schenker Rail, Schenker Deutschland AG)

5.852

3

Kühne + Nagel (AG & Co.) KG

3.089

4

Dachser GmbH & Co. KG

2.294

5

Rhenus AG & Co. KG

1.500

6

United Parcel Service Deutschland

1.400

7

DPD Dynamic Parcel Distribution GmbH & Co. KG

1.305

8

Arvato Logistics Services GmbH

1.230

9

Volkswagen Logistics GmbH & Co. OHG

1.100

10

Hellmann Worldwide Logistics GmbH & Co. KG

1.092

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tung ist. Die gemeinnützige Stiftung fördert die Aus- und Weiterbildung in der Branche sowie Forschung und Wissenschaft in Verkehrswirtschaft und Logistik. Beide Initiativen belegen, dass sich der Bedarf an Hochschulabsolventen in der Logistik erhöht. Verbände erwarten, dass die Akademikerquote von derzeit 18 Prozent weiter steigen wird. In der Bevölkerung in Deutschland liegt der Schnitt derzeit bei 25 Prozent. Der Personalfachmann Schulz von Dachser prophezeit, dass der Akademikeranteil im eigenen Haus um bis zu fünf Prozent zunehmen wird. Aktuell bildet das Inhaber geführte Unternehmen jedes Jahr alleine 120 Bachelor-Studierende aus. „Die Komplexität in der Logistik steigt anhaltend. Daher kommen wir nicht umhin, unsere Mitarbeiter auf Konzepte des Supply-Chain-Managements oder der Kontraktlogistik vorzubereiten und sie weiterzubilden“, sagt Schulz. Für 2011 rechnet Dachser mit 300 bis 400 Neueinstellungen, bislang beschäftigt die Firma gut 10.000 Mitarbeiter in Deutschland. Kühne und Nagel kalkuliert etwas vorsichtiger und plant mit 100 Neueinstellungen, 350 Azubis und 30 Trainees kommen hinzu. Das Unternehmen hat einen Namen in der Branche und konnte Vakanzen bislang mit „Spitzenkräften“ besetzen, wie André Unland, Leiter der Organisations- und Personalentwicklung, betont. „Aber auch wir müssen uns dem Wettbewerb am Arbeitsmarkt stellen und investieren deshalb verstärkt in Employer Branding und Marketing-Aktivitäten.“ Hochschulabsolventen können den Arbeitgeber auf „Talent Days“, Hochschulmessen und Fachvorträgen kennen lernen.

LOGISTIK FÜR JEDE BRANCHE

Die Angebotspalette

Leistungsschwerpunkte von Logistikdienstleistern (Mehrfachnennungen möglich) Quelle: Deutscher Speditions- und Logistikverband

Handelslogistik 21% Automobillogistik 16% Nahrungs- und Genussmittel 14% Temperaturgeführte Güter 13% Chemielogistik 12% Textillogistik 9% Ersatzteillogistik 8% Hightechprodukte 7% Andere 21%

Azubis erreicht Kühne und Nagel über eine starke Präsenz an weiterführenden Schulen. Die sogenannten Business Schoolgames, die deutschlandweit und im Ausland stattfinden und bei Schülern das Interesse an der Wirtschaft spielerisch wecken sollen, seien eine gute Möglichkeit, um sich als potenzieller Arbeitgeber zu empfehlen, so Unland. Auch diese Initiative zeigt, dass der Kampf um die Talente begonnen hat. Stefanie Bilen, Anne-Kathrin Bronsert

Kühne + Nagel

Schenker Deutschland AG

Konzernumsatz 2009: 11,5 Mrd. Euro Deutschland-Umsatz 2009: rund 3 Mrd. Euro Mitarbeiter: 54.680, davon 9.356 in Deutschland Standorte: mehr als 100

Konzernumsatz 2009: keine Angabe Deutschland-Umsatz 2009: rund 3 Mrd. Euro Mitarbeiter: 13.000 Standorte: 100

Fotos: Kühne + Nagel; Schenker Detschland AG; Deutsche Post DHL; Dachser

Dirk Blesius Mitglied der Geschäftsleitung – Human Resources Alter: 43 Im Unternehmen seit: 2008 Vorherige Stationen: UPS Supply Chain Solutions, GKN plc.

Axel Kühn Leiter Personal/Führungskräfteentwicklung Alter: 51 Im Unternehmen seit: 1993 Vorherige Stationen: Personalreferent Metzeler Gimetall AG, München

Deutsche Post DHL

Dachser

Konzernumsatz 2009: rund 46 Mrd. Euro Deutschland-Umsatz 2009: rund 16 Mrd. Euro* Mitarbeiter: 500.000, davon 200.000 in Deutschland Standorte: über ganz Deutschland verteilt

Konzernumsatz 2009: 3,2 Mrd. Euro Deutschland-Umsatz 2009: 2,3 Mrd. Euro Mitarbeiter: 17.500, davon 10.300 in Deutschland Standorte: 306 weltweit

Walter Scheurle Konzernvorstand Personal Deutsche Post DHL Alter: 58 Im Unternehmen seit: 1967 Vorherige Stationen: Mitglied des Hauptvorstands der Deutschen Postgewerkschaft (1995-2000)

Thomas Schulz Division Manager Corporate Human Resources Alter: 48 Im Unternehmen seit: 2006 Vorherige Stationen: Anwaltskanzlei Holletschek & Holletschek, Köln, Horst Mosolf GmbH & Co. KG, Kirchheim/Teck

* umfasst das konsolidierte Ergebnis von DHL und Deutsche Post (Brief-, Express-, Fracht- und Lieferketten-Geschäft); zum Logistik-Geschäft in Deutschland macht das Unternehmen keine Angaben. F E B R U A R / M Ä R Z

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BRANCHENCHECK

„Die Märkte ziehen an“ Christian Kille, Leiter Geschäftsfeld Markt beim Fraunhofer Institut, Arbeitsgruppe Supply Chain Services (SCS), in Nürnberg

In der Wirtschaftskrise ist der Umsatz der Logistikbranche 2009 um satte neun Prozent eingebrochen. Wie ist der Rückgang zu erklären? Logistik-Dienstleister arbeiten in erster Linie für das produzierende Gewerbe, also den Automobilbau, den Maschinenbau oder die Chemieindustrie. Diese Branchen sind in der Finanz- und Wirtschaftskrise drastisch eingebrochen, darunter hat die Logistik gelitten. Die Dienstleistungsanbieter, die sich verhältnismäßig stabil entwickelt hatten, fragen naturgemäß weniger Logistikdienstleistungen nach. Daher war das Geschäft der Logistikbranche weit stärker betroffen als die Gesamtwirtschaft. Die halbwegs erfreuliche Nachricht: Der Beschäftigungsrückgang lag bei ‚nur’ vier Prozent. Dank Kurzarbeit? Ja, in vielen Unternehmen wurde kurzgearbeitet, zudem wurden Mitarbeiter in der firmeneigenen Logistik auch in anderen Bereichen eingesetzt. Es ist auffallend, dass in der Verwaltung und im Management so gut wie keine Mitarbeiter entlassen wurden. Hier ist die Beschäftigtenzahl zwischen 2006 und 2009 sogar um 15 Prozent gestiegen. Inzwischen hat die Branche einen regelrechten Aufschwung erlebt. Wer profitiert davon am stärksten? Firmen, die im internationalen Verkehr tätig sind und auf Luft- und Seefracht setzen, profitieren vom Anziehen der Märkte. Allerdings waren sie es auch, die zuvor am stärksten betroffen waren. Dagegen haben mittelständische Unternehmen, die eher ihre Kunden vor Ort bedienen, weniger Einbrüche erlebt. Logistikdienstleister, die hauptsächlich Konsumgütermärkte bedienen, litten allgemein nicht so stark unter der Krise. Jenseits des konjunkturellen Auf und Abs: Welche Trends beeinflussen die Branche? 78

»Hersteller und Dienstleister müssen über ihren Tellerrand hinausgucken und die bestehenden Logistikprozesse überdenken.«

Ein großes Thema ist die sogenannte Kontraktlogistik, also komplexe Logistikprojekte mit Mehrwertleistungen. Diese Arbeiten führen die Hersteller heute noch überwiegend selbst aus, externe Dienstleister übernehmen lediglich ein Drittel davon. Das wird sich künftig verlagern. Dadurch werden die Mitarbeiter von LogistikDienstleistern immer mehr zu Produktionsmitarbeitern ihrer Auftraggeber. Schon heute stellen beispielsweise Kühne + Nagel-Mitarbeiter nicht mehr nur die Stoßstangen für die Montage bei BMW bereit, sondern montieren in die Stoßstangen sogar die Nebelscheinwerfer direkt ein. Ein anderes Beispiel ist die Arbeit von Simon Hegele: Die Beschäftigten des Dienstleisters arbeiten Computertomografen für Siemens auf. Wie sieht es denn mit der sogenannten Grünen Logistik aus? Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema für die Branche, allerdings nimmt es noch nicht den ihr gebührenden Stellenwert ein. Erst wenn nicht betriebener Umweltschutz Geld kostet, beispielsweise in Form einer CO²-Abgabe, wird sich etwas ändern. Nur wenige Dienstleister haben es als strategisches Ziel aufgenommen, so beispielsweise Hellmann oder die beiden Marktführer DHL und DB Schenker. Der Großteil der Logistiker reagiert lediglich auf Druck durch den Kunden oder die gesetzlichen Vorgaben. Es geht aber nicht nur um neue Fuhrparks, sondern auch um intelligente Lösungen. Ja, und es erfordert, dass Hersteller wie Dienstleister über ihren Tellerrand hinausgucken und die bestehenden Logistikprozesse überdenken. Beispielsweise haben die Konsumgüterunternehmen Mars und Ferrero sich zusammengesetzt und überlegt, inwiefern sie ihre Fahrten bündeln können. Durch gemeinsame Transporte sparen sie Kosten, aber natürlich auch Emissionen. Interview: Stefanie Bilen

TENDENZ STEIGEND

2011 wird ein gutes Jahr Logistikmarktvolumen und Prognose für 2010/2011 (in Mrd. Euro) Quelle: Fraunhofer SCS Ist-Daten bzw. Worst Case für 2010/11 Best Case 215 218 208 210 205 200

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Foto: Fraunhofer Institut

INTERVIEW


BRANCHENCHECK

INTERVIEW

„Anforderungen steigen ständig“

Foto: Bundesvereinigung Logistik BVL

Thomas Wimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesvereinigung Logistik (BVL)

Die Branche hat das vergangene Jahr mit einem Umsatzplus von vier bis fünf Prozent abgeschlossen. Wie wirkte sich der Aufschwung für die Beschäftigen aus? Die Zahl der Beschäftigten steigt wieder. Sie ist von 2,7 Millionen in 2009 auf rund 2,8 Millionen geklettert. Damit haben wir das Niveau von 2008 erreicht. Ist der viel beschriebene Fachkräftemangel damit auch in Ihrer Branche ein Thema? Ja, der Fachkräftemangel begleitet uns seit längerer Zeit. Die Anforderungen an die Fach- und Führungskräfte in der Logistik steigen kontinuierlich. Die Projekte werden komplexer und die externen Dienstleister übernehmen mehr Aufgaben von den Herstellern und Händlern. Damit werden planerische Berufe wichtiger, Techniker und Ingenieure sind gefragt. Zudem wird ein stärkeres Management wichtig. Wir gehen davon aus, dass die Akademikerquote von derzeit rund 18 Prozent deutlich steigen wird. Welche Rezepte gibt es, um geeignete Kräfte für die Logistik zu gewinnen? Wir setzen stark auf Qualifizierung. Es gibt sehr viele Akademien in Deutschland, die Fachkräfte fit machen. Auch wir von der Bundesvereinigung Logistik haben einen eigenen Campus, an dem wir aus- und fortbilden. An unserer Hochschule bieten wir einen Bachelor in Logistik sowie in Internationaler Wirtschaft an. Ein eigenes Masterprogramm ist derzeit in Vorbereitung. Welche Anforderungen ergeben sich für die Mitarbeiter einer Branche, die international tätig ist? In der Logistik sprechen wir ungern von einer Branche, da der Umsatz nur zur Hälfte von externen Dienstleistern wie Speditionen oder Reedereien gemacht wird, die andere Hälfte generiert die industrie- und handelseigene Logistik. Unter Logistik verstehen wir weit mehr als die Lieferung eines Produktes von A nach B. Ihre Aufgabe F E B R U A R / M Ä R Z

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»Wir setzen stark auf Qualifizierung. Es gibt sehr viele Akademien, die Fachkräfte fit machen.«

ist die Planung und Optimierung von Mengenströmen innerhalb eines globalen Netzwerkes, dazu gehören die Materialfluss-, Bestands- und Transportoptimierung sowie die Netzwerk- und Versorgungsplanung, um nur einige Punkte zu nennen. Da es keinen Wirtschaftszweig gibt, der so global tätig ist wie die Logistik, wirkt sich das selbstverständlich auf die Tätigkeiten der Mitarbeiter aus. Neben Sprachkenntnissen wird interkulturelle Kompetenz immer wichtiger. International tätige Manager müssen zudem in Systemen denken, Prozesse steuern und weltweite Netzwerke beherrschen können. Megatrends wie der Klimawandel und die Urbanisierung stellen Unternehmen vor Herausforderungen. Welche beschäftigen die Logistik besonders? Die Digitalisierung ist ein wichtiger Trend. Die Menschen sind es heute gewohnt, Informationen vom anderen Ende der Welt innerhalb kürzester Zeit auf ihrem Bildschirm zu haben. Diese Entwicklung tangiert auch die Logistik: Viele Konsumenten erwarten, dass bestellte Ware ebenso schnell vor ihrer Haustür bzw. im Laden steht. Selbstredend benötigt der physische Transport von Waren länger, dennoch ist der Maßstab der Schnelligkeit vorhanden. Hierauf müssen Unternehmen und Mitarbeiter reagieren. Ebenso wichtig ist das Thema Sicherheit. Der Vorfall im Bundeskanzleramt vom vorigen November, als eine Paketbombe in der Poststelle gefunden wurde, macht dies deutlich. Die Sicherheit von Lieferketten ist essenziell und beschäftigt viele Logistiker. Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis oder auch der Wunsch nach grüner Logistik wirken sich auf den Preis aus. Sind Unternehmen bereit, dafür zu zahlen? Die Unternehmen werden erst dann bereit sein, wenn die Konsumenten es auch sind. Denn die Mehrkosten müssen an die Endverbraucher weitergegeben werden. Interview: Stefanie Bilen

GIGANTISCHES GÜTERAUFKOMMEN

Die Straße macht’s

Güteraufkommen in Deutschland im Jahr 2009 Angaben in Mio. Tonnen Quelle: Fraunhofer SCS

Gesamt: 3,6 Mrd. Tonnen

3.089 Straße 253 Schiene 88 Pipeline 101 Binnenschiff 99 See 1,6 Luft

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IN BEWEGUNG BLEIBEN

Hannes Mühldorfer Abteilungsleiter Personal und Allgemeine Dienste der Langenscheidt Verlagsgruppe

BACKGROUNDCHECK Wie HR Manager wurden, was sie sind

hinter sich, sondern begann als Jurist. Schon gleich nach dem Abitur war seine Wahl auf Jura gefallen. „Mein Vater, der als leitender Regierungsdirektor in der Finanzverwaltung tätig war, hatte zwar oft versucht, mir die Vorzüge des Staatsdienstes nahe zu bringen, aber meine Eltern haben mir eigentlich immer freie Hand gelassen“, erinnert sich der Vater von zwei Kindern. Seinen beruflichen Einstieg hatte er bei der Deutschen Allgemeinen Treuhand AG 1994. Er wechselte aber noch im selben Jahr in die Rechtsabteilung des Langenscheidt-Verlages, wo er auch mit Immobilienprojekten betraut war. „Ich habe dabei schnell gemerkt, dass es mir über die Juristerei hinaus Spaß macht, zu organisieren, zu verhandeln und zu gestalten“, berichtet er. Nach sechs Jahren in der Rechtsabteilung wollte er dann von Langenscheidt weg, doch der Verlagsleiter bot ihm die Assistenz der Verlagsleitung an. Leicht fiel ihm die Umstellung nicht, da er sich bei den nun anstehenden Projekten auf deutlich unsichereres Terrain begeben musste, als es die Juristerei mit ihrem festgelegten Regelwerk war. 2002 kam das Angebot, die Personalabteilung zusammen mit den Allgemeinen Diensten und den Liegenschaften zu übernehmen. Er ging darauf ein und ist bis heute froh, dabei geblieben zu sein. Was ihm an der Personalarbeit besonders gefällt, seien die Gestaltungsräume, die er habe. Das Projekt am Ende trägt immer noch die eigene Handschrift. Doch eine One-Man-Show sei dies nicht, so Mühldorfer, dem wichtig ist, dass seine Mitarbeiter angstund sorgenfrei arbeiten können und sich nicht scheuen, konträre Ansichten zu äußern. „Nur so“, sagt Hannes Mühldorfer, „können ich und das Haus vom Wissen und der Erfahrung der Mitarbeiter profitieren.“ Wichtig sei aber auch, dass man jede seiner Entscheidungen im wahrsten Sinne des Wortes verantworten und erklären könne. Sven Pauleweit

Hannes Mühldorfer • Seit Januar 2002: Abteilungsleiter und Allgemeine Dienste; Langenscheidt-Verlagsgruppe • Juni 2000 bis Dezember 2001: Assistent der Verlagsleitung, Langenscheidt Verlag • Juni 1994 bis Mai 2000: Syndikusanwalt Rechtsabteilung, Langenscheidt Verlag

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Foto: Langenscheidt Verlagsgruppe

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ei der Langenscheidt-Verlagsgruppe ist viel in Bewegung und Hannes Mühldorfer steckt mitten drin. Der 46-Jährige ist seit gut neun Jahren Personalleiter des Verlagshauses, das sich grade in einer Umstrukturierung befindet. Als Leiter der Personalabteilung und Chef von sieben Mitarbeitern ist er eine der Schaltzentralen in diesem Prozess. Die Verlagsgruppe wird von der bisherigen Funktionshierarchie in ein Business-Units-System überführt, von einer horizontalen in eine vertikale Führungsstruktur, die die Verantwortung von der Idee bis zum fertigen Produkt bündelt, wie Hannes Mühldorfer berichtet. Zudem musste sich auch Langenscheidt in den letzten, vor allem für die Verlagsbranche, schwierigen Jahren neu organisieren. Selbst mit Sozialplänen und Interessenausgleichen konnten er und sein Team betriebsbedingte Kündigungen nicht vermeiden. „Mein Anspruch ist nicht, immer geliebt zu werden, das schafft man als Personaler nicht, schon gar nicht, wenn man umorganisiert und neue Strukturen einzieht. Aber was ich gerne hätte, ist, dass man als offene Instanz wahrgenommen wird, als verlässlich und fair. Dafür braucht man ein Wertegerüst, an dem man sich entlang bewegen kann“, erzählt der Münchener. Doch nicht nur dieser ChangeProzess dominiert den Arbeitsalltag des HR-Managers. Auch erfreulichere Aufgaben gehören dazu. So gewann das Verlagshaus mit dem Gesundheitsprogramm „Gesundheit im Dutzend“ 2008 den Wettbewerb „Unternehmen mit Weitblick“ des Bundesarbeitsministeriums in der Kategorie „Innovative Ideen“. Gemeinsam mit dem Betriebsarzt hatten der Personalleiter und sein Team zwölf Maßnahmen entwickelt, die sich schnell und einfach umsetzen ließen aber große Wirkung hatten. Mit einmaligen Großprojekten ändere man nicht viel, so Mühldorfer, man müsse das Bewusstsein verändern und das ginge besser über kleine, immer wiederkehrende Maßnahmen. So wurde beispielsweise einen Monat lang das Treppensteigen empfohlen oder eine Gesundheitswoche in der Kantine eingeführt. „Es war keine Frage des Geldes, sondern der Ideen.“ Hannes Mühldorfer hat keine klassische Kaminkarriere als Personaler


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Ulrich Schmidt Kai Beckmann

Beckmann wird Personalchef bei Merck

Bernhard Düttmann

Schmidt übernimmt HR bei Beiersdorf

Ulrich Schmidt (57) wurde vom Aufsichtsrat der Beiersdorf AG zum neuen Vorstand „Finance & Human Resources“ ernannt. Er hat damit zum 1. Januar die Nachfolge von Bernhard Düttmann (51) Kai Beckmann (45) wird zum 1. April als persönlich haftenübernommen. Schmidt verantwortet zunächst nur das Resder Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsführung der sort Personal und erst im Februar nach der Aufstellung Merck KGaA die Verantwortung für den Bereich Personal des Jahres- und Konzernabschlusses 2010 auch das übernehmen. Die Stelle ist neu geschaffen worden, Ressort Finance. Düttmann wird den Konzern nach da sich das Unternehmen entschlossen hat, den Beder Einarbeitung seines Nachfolgers verlasreich Personal wieder als eigenständiges Ressort HIRE & FIRE sen. Ulrich Schmidt verantwortete zuletzt als zu führen. Nach Angaben des Unternehmens ist Geschäftsführer der Beiersdorf Central Eastern dies auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Europe Holding GmbH in Wien das Geschäft sich Merck mit den Großakquisitionen von SeroDie wichtigsten Wechsel im in Süd-Ost-Europa. Nach seiner Promotion no und Millipore im vergangenen Jahr deutlich Bereich Human Resources in Betriebswirtschaft an der Universität Kiel verändert hat. Beckmann ist derzeit noch als startete Schmidt 1983 seine berufliche Laufbahn Chief Information Officer für die Merck-Gruppe Management bei Beiersdorf im Bereich Finanz- und Rechnungstätig. Er werde in seiner neuen Funktion für die wesen. gruppenweite Personalorganisation zuständig sein und die Modernisierung und Internationalisierung einer globalen HR-Funktion bei Merck weiter etablieren, wie es heißt. Das Unternehmen beschäftigt rund 40.000 Katharina Heuer Mitarbeiter, 30.000 davon im Ausland.

Hans-Otto Umlandt

Umlandt wechselt von DEVK zur DB Netz AG Hans-Otto Umlandt (53) ist seit Januar neuer Personalvorstand der DB Netz AG. Er trat damit die Nachfolge von Berthold Huber an, der Anfang November als Vorstandsvorsitzender zur DB Fernverkehr AG gewechselt ist. Umlandt war seit 2003 Vorstandsmitglied der DEVK-Versicherungen. Davor arbeitete er bereits im Personalressort der Deutschen Bahn, zunächst als Leiter „Mitbestimmung, Arbeitsrecht“ und ab 2000 als Leiter „Tarifpolitik, Mitbestimmung, Beamte“. 82

Katharina Heuer ist seit dem November Personalvorstand der DB Fernverkehr AG. Die 42-Jährige folgt damit Robert Etmans (60) nach, dessen Verantwortungsbereiche als Vorstand Personal und Bordservice auf Heuer und Manuel Rehkopf (42) übertragen wurden. Hintergrund ist der Rücktritt des bisherigen Vorstandsvorsitzenden der DB Fernverkehr AG, Nikolaus Breuel (50), zum 12. November. In einer außerordentlichen Sitzung in Frankfurt am Main hatte der Aufsichtsrat einen Wechsel an der Führungsspitze beschlossen. Neben Etmans und Breuel scheidet auch Jörg Manegold (45), Vorstand Produktion, aus, wird jedoch innerhalb des Deutsche Bahn Konzerns neue Aufgaben übernehmen. Katharina Heuer ist seit 2002 für die Deutsche Bahn tätig und leitete zunächst den Bereich Personal- und Bildungsstrategie. Vor ihrer Berufung in den Vorstand war die DiplomVolkswirtin Leiterin der Management- und Mitarbeiterqualifizierung sowie Geschäftsführerin der DB Akademie. Ihre Karriere startete Katharina Heuer 1994 im Personalmarketing der Daimler-Benz Aerospace AG in München. Bei der DB Fernverkehr AG sind rund 15.000 Mitarbeiter beschäftigt. H U M A N

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Fotos: Merk; Beiersdorf AG; Sabine Braun; Kai Funk; Deutsche Bahn Ferrostaal

Heuer übernimmt Personalvorstand


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Brigitte Kasztan

Ford Europa mit neuer Diversity Managerin Roger Bellis

Bellis wechselt von Rexam zu SAP Roger Bellis ist vor kurzem zum Senior Vice President der Bereiche Global Talent, Leadership and Organizational Development von SAP ernannt worden. In dieser neu geschaffenen Funktion verantwortet er bei dem Software-Unternehmen weltweit die Förderung von Talenten und Führungskräften sowie die Organisationsentwicklung. Bellis berichtet direkt an Angelika Dammann, der Arbeitsdirektorin von SAP. Zuvor war er Group Director Human Resources bei Rexam, einem Hersteller von Konsumgüterverpackungen.

Fotos: C. Pueschner/Zeitenspiegel; Bilfinger Berger SE; Ford Europa AG; UBS Deutschland AG; Solar Millennium

Jan Withag

Thomas Mayer

Neuer Vorstand bei Solar Millennium Jan Withag (57) ist im November in den Vorstand der Solar Millenium AG in Erlangen berufen worden. Der Niederländer Withag wird nun auf Vorstandsebene die Bereiche neue Märkte, neue Technologien sowie die Personal- und Organisationsentwicklung verantworten. Die Personalverantwortung übernahm Withag von Thomas Mayer, der bis Ende Oktober als Vorstandssprecher für den Solartechnologie-Hersteller tätig war. Neuer Vorstandsvorsitzender ist nun Christoph Wolff (50). Jan Withag war auf Vorstands- und Geschäftsführungsebene bereits für Unternehmen in den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Dänemark und Deutschland tätig. Zuletzt war er Director bei Withag & Koelen Advisory and Consultans.

71 Prozent

Brigitte Kasztan hat kürzlich die Position der Diversity Managerin von Ford Europa übernommen. Die 51-Jährige folgt damit Andrea Puschmann nach, die ihrerseits als Personalleiterin zum Ford-Standort Köln-Niehl wechselt. Kasztan, die nun auch für das Diversity der deutschen Ford-Standorte verantwortlich ist, arbeitet seit 1991 für Ford Deutschland und Ford Europa und hat dabei verschiedene Positionen im Bereich Personal durchlaufen. So war sie zuletzt für die Personalangelegenheiten bei der Ford Bank und bei dem Joint Venture Getrag Ford Tansmissions tätig. 1996 war Brigitte Kasztan zudem Mitbegründerin des deutschen Diversity Councils.

Jürgen Haug

Haug wechselt von Goldman Sachs zu UBS Jürgen Haug hat vor kurzem die Leitung des Bereiches Human Resources bei der UBS Deutschland AG übernommen. Er folgt Maria Märchy nach, die zum Jahreswechsel in die Schweiz zurückgekehrt ist. Haug, der nun an den CEO Wealth Management Germany, Axel Hörger berichtet, war zuvor als Leiter des Bereiches Human Resources Deutschland bei Goldman Sachs tätig. Bevor Haug zu Goldman Sachs kam, arbeitete er für die Deutsche Bank im Bereich Human Resources. UBS Deutschland beschäftigt bundesweit rund 1.250 Mitarbeiter. Anzeige

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der jungen Generation glauben, dass sie sich ihren Berufswunsch erfüllen werden. Quelle: Shell-Studie 2010 ������������������������������������

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Impressum Herausgeber Rudolf Hetzel Paul Krebs Torben Werner Redaktion Jan C. Weilbacher (Leitung, V.i.S.d.P.) jan.weilbacher@ humanresourcesmanager.de Sven Pauleweit sven.pauleweit@ humanresourcesmanager.de Mitarbeiter der Ausgabe Stefanie Bilen, Anne-Kathrin Bronsert, Falko Daub, Julia Groth, Christoph Hus, Peter Hützen, Joachim Sauer, Petra Schäfer, Sibylle Schikora, Torsten Schneider, Sarah Sommer, Julia Suckow, Patrick Weisbrod redaktion@ humanresourcesmanager.de

Christa Stienen

Christa Stienen ist Head of HR International bei Daiichi Sankyo Europe Christa Stienen ist seit Anfang Januar Head of Human Resources International bei der Daiichi Sankyo Europe GmbH. Zuletzt war die 44-Jährige Head of Corporate People Development bei der Metro AG. Der Hauptsitz des Pharmaunternehmens Daiichi Sankyo ist Tokio. Die Europazentrale befindet sich in München.

Daiichi Sankyo Europe besitzt Niederlassungen in zwölf europäischen Ländern sowie eine globale Fertigungsstätte in Pfaffenhofen. Christa Stienen ist neben ihrer Tätigkeit Leiterin der Fachgruppe Personalentwicklung im Bundesverband der Personalmanager (BPM).

25 Prozent Frauen in Führungspositionen von Unternehmen fordert Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Einzige Alternative zur gesetzlichen Quote sei eine freiwillige Selbstverpflichtung, so von der Leyen. Quelle: Interview im manager magazin

Layout Marcel Franke Steffi Butter

Verlags-/Redaktionsanschrift Helios Media GmbH Werderscher Markt 13 10117 Berlin Telefon: 030 / 84 85 90 Fax: 030 / 84 85 92 00 info@helios-media.com Anzeigen Norman Wittig norman.wittig@helios-media.de Druck Wende Druck Meeraner Straße 19 12681 Berlin Abonnementkonditionen Inland: 6 Ausgaben – 64 Euro Ausland: 6 Ausgaben – 90 Euro Studenten: 6 Ausgaben – 42 Euro. Studentenabonnement nur gegen Vorlage einer gültigen Bescheinigung. Alle Preise inkl. MwSt. und Versandkosten. Im Internet www.humanresourcesmanager.de

Harald Ring

Neuer Vice President Human Resources bei Rütgers Harald Ring hat vor kurzem als Vice President Human Resources die Gesamtverantwortung für den Bereich Personal der Rütgers Group übernommen. Einer seiner Hauptaufgaben wird die Entwicklung und Umsetzung einer gruppenweit einheitlichen Personalstrategie sein. Der 49-Jährige berichtet direkt an CEO Henri Steinmetz. Harald Ring ist seit 1992 im

Personalbereich tätig. Vor seinem Wechsel zur Rütgers Group war er unter anderem für Hoechst in Frankfurt, Coca Cola in Berlin und für die TUI Group in Hannover tätig. Die Rütgers Group produziert Chemierohstoffe aus Steinkohlenteer und beschäftigt weltweit rund 1.000 Mitarbeiter. In Deutschland besitzt das Unternehmen Standorte in Castrop-Rauxel, Duisburg und Hanau.

Anja Christmann

Christmann leitet Personal-Ressort bei VW in Emden Anja Christmann (42) ist seit dem Jahreswechsel Mitglied im VW-Werkmanagement des Standortes Emden und dort zuständig für das Ressort Personal. Zuletzt war sie Leiterin der Frauenförderung im Volkswagenkonzern.

Diese Funktion hat nach Christmanns Wechsel Elke Heitmüller (48), bisher im Vertrieb Deutschland von Volkswagen Nutzfahrzeuge verantwortlich für die Händlerorganisation und die Händlerentwicklung, übernommen. H U M A N

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Fotos: Privat; Rütgers Group; Volkswagen AG

Fotoredaktion Stephan Baumann


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Arne Meiswinkel Beate Bungartz

Bungartz wechselt zu Bilfinger Berger Power Services Beate Bungartz (41) hat in der Bilfinger Berger Gruppe zum November die Personalleitung für den Teilkonzern Bilfinger Berger Power Services in Oberhausen übernommen. Die Stelle ist im Zuge des Ausbaus der Holdingstruktur neu geschaffen worden. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin berichtet direkt an den Vorsitzenden der Geschäftsführung des Teilkonzerns, Gerd Lesser. Beate Bungartz war zuletzt als Leiterin HR bei Celgelec German Business tätig. Bei Bilfinger Berger Power Services sind weltweit rund 8.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Sebastian Patta

Patta und Meiswinkel mit neuen Aufgaben bei VW Sebastian Patta (45) ist seit Februar neuer Personalleiter im Braunschweiger Volkswagenwerk. Patta folgt auf Arne Meiswinkel (42), der nun Geschäftsführer Personal von Volkswagen Sachsen ist. Meiswinkel hat bisher im Personalwesen von VW unter anderem die Themen Gesundheit und Arbeitssicherheit für alle deutschen Standorte verantwortet. Patta war bis 2006 bei der Volkswagen BKK tätig und betreute anschließend im Werk Braunschweig das Ideenmanagement und die Personalentwicklung. Ab 2007 koordinierte er die Personalbetreuung und war mitverantwortlich für die Neuausrichtung des Komponenten-Werkzeugbaus. 2009 wechselte er in das Personalwesen von VW nach Wolfsburg.

700.000 Beschäftigte, rund 20 Prozent, werden in den kommenden zehn Jahren altersbedingt aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden. Quelle: dbb beamtenbund und tarifunion

Albert Linder

Fotos: Andreas Garrels Fotografie; Ralf Grömminger; Oystar; rr-fotoreporter.de; Audi AG; Privat; VW Sachsen GmbH

Siegfried Wenzel

Wenzel folgt bei der apetito AG auf Linder Siegfried Wenzel ist seit kurzem der neue Personalchef der apetito AG. Der 47-Jährige folgt damit Albert Linder nach, der fast 20 Jahre als Personalvorstand für den Hersteller von Tiefkühlmenüs tätig war und zum Jahreswechsel in den Ruhestand getreten ist. Wenzel ist Volljurist und begann seine Karriere in einer Münchener Kanzlei. Danach war er für Unternehmen wie Philip Morris, Masterfoods sowie The Body Shop tätig. Zuletzt arbeitete Siegfried Wenzel als HR Director bei der Birds Eye Iglo Group in Reken. Apetito beschäftigt weltweit rund 8.400 Mitarbeiter.

78 Prozent der Bewerber sind sich unsicher bei den Regeln für die Online-Bewerbung. Quelle: Umfrage des Stellenportals Stepstones

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PRAXIS

TERMINE MÄRZ BIS APRIL Die wichtigsten Kongresse, Seminare und Events für HR-Verantwortliche 29. bis 30. März 2011– Congress Center Rosengarten, Mannheim

SAP-Kongress für Personalmanagement

17. und 18. März 2011

23. und 24. März 2011

30. und 31. März 2011

aconso – HR Conference 2011

Engineer Recruiting Masters

Tag der Arbeitssicherheit 2011

Personalkongress Krankenhäuser 2011

Olympiapark München

Hotel Palace, Berlin

Schwabenlandhalle Fellbach

KoelnMesse, Congress Centrum Ost

Es ist die sechste Auflage der aconso HR-Conference, die dieses Jahr in der Businessarea der Olympiahalle in München stattfinden wird. Die Konferenz ist ein Treffpunkt für Personalverantwortliche, Personaldienstleister und Meinungsbilder, um über aktuelle Themen des Personalmanagements zu diskutieren und zu erörtern, wohin sich die Zukunft der Personalarbeit entwickeln wird. www.aconso.com

Die Tagung „Engineer Recruiting Masters“ ist vor allem für Personalverantwortliche aus der Industrie interessant, die sich mit Lösungen für den Ingenieursmangel beschäftigen. Mit vielen Fallstudien aus führenden Unternehmen steht die Bedeutung der Rekrutierung von Ingenieuren für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen im Vordergrund der Tagung. www.business-masters.enconique.com

Für Personalverantwortliche dürfte bei dieser zweitägigen Veranstaltung vor allem der Themenschwerpunkt „Betriebliche Gesundheitsförderung“ interessant sein. www.dguv.de

„Die Kunst der richtigen Führung“ ist das Leitmotiv des vierten „Personalkongress Krankenhäuser“. Neben verschiedenen Foren, Vorträgen und Workshops werden vier Podien mit Themen wie Unternehmenskultur, Vergütung und Interdisziplinarität den Kern der diesjährigen Veranstaltung auf dem Messegelände in Köln bilden. www.personalkongress-kliniken.de

16. und 17. März 2011

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Fotos: Congress Center /Rossengarten; Schwabenhalle Fellbach

Der Kongress, zu dem das Softwarehaus SAP in den Rosengarten nach Mannheim einlädt, ist vor allem für Personalverantwortliche von mittelständischen und großen Unternehmen interessant. So werden unter dem Kongressmotto „Unterwegs in die Zukunft“ Strategien und Lösungen für innovatives Personalmanagement vorgestellt. Unterschiedlichste Praxis-, Fach- und Interaktionsforen, die nahezu alle Bereiche der Personalarbeit abdecken, stehen den rund 1.300 Teilnehmern, die zu diesen zwei Tagen erwartet werden, zur Verfügung. Als Keynote-Speaker werden unter anderem Frank Schirrmacher, Journalist und seit 1994 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, und Zukunftsforscher Erik Händeler auftreten. Auch wird es eine Keynote von Angelika Dammann geben, die sei Juli letzten Jahres als „Chief Human Resources Officer“ auf Vorstandsebene das gesamte globale Personalwesen der SAP-Gruppe verantwortet. Auf der Abendgala erwartet die Gäste zudem ein musikalischer Auftritt von Moderatorin und Sängerin Barbara Schöneberger. www.sapcampaigns.com/hcm_kongress/


Fotos: www.wikimedia.com; M,O,C, München; Privat; Messe Duesseldorf /Tillmann & Partner

PRAXIS

01.und 02. April 2011 – Königswinter

13. bis 14. April 2011 – M,O,C, München

Petersberger Trainertage 2011

Personal 2011, Süd

Wie das Motto der Petersberger Trainertage „Lernen. Leisten. Leben“ nahelegt, dreht sich an diesen zweit Tagen im April im Steigenberger Grandhotel Petersberg alles um das Thema Weiterbildung. Der Kongress richtet sich dementsprechend an Weiterbildungsanbieter und Personalentwickler. 25 Vorträge und Workshops zu Themen wie Talentmanagement, Selbstmotivation, Persönlichkeitsentwicklung oder Kommunikation erwarten die Besucher. Als Keynote-Speaker werden unter anderem Wolfgang Goebel, Personalvorstand von McDonald’s Deutschland, und Wolfgang Looss, der als einer der Pioniere des Coachings in Deutschland gilt, interessante Vorträge halten. So wird Looss beispielsweise über „Lernen und Leisten in Machtumgebungen“ referieren, während Goebel über die Personalarbeit in seinem Unternehmen sprechen wird. www.managerseminare.de/Petersberger_Trainertage

2011 wird die Personal Süd wieder in der bayerischen Landeshauptstadt München stattfinden, nachdem sie im letzten Jahr in Stuttgart ihre Tore geöffnet hat. 2010 konnte die Messe 280 Aussteller und 4.382 Fachbesucher zählen. Auch bei der nunmehr zwölften Auflage der Fachmesse dürfte mit ähnlichen Zahlen zu rechnen sein. So erwarten die Besucher wieder zahlreiche Keynotes, Fachvorträge und Podiumsdiskussionen. Unter anderem werden beispielsweise Marc Murray, HR Director EMEA der Smiths Heimann GmbH, und Stephan Kaiser, Vorstand des Instituts für Entwicklung zukunftsfähiger Organisationen, zu den Keynote-Speakern gehören. Im Fokus der Podiumsdiskussionen werden Themen wie das neue Beschäftigungsdatenschutz-Gesetz, Talentmanagement aber auch die Auswirkungen des demografischen Wandels stehen. www.personal-messe.de/sued/

06. und 07. April 2011

08. April 2011

12. und 13. April 2011

12. und 13. April 2011

Personal 2011, Nord

impulse Karriereforum 2011

Datenschutztage 2011

Zukunft Kommune

Congress Center Hamburg

Carl Benz Arena, Stuttgart

NH Hotel Frankfurt-Mörfelden

Messe Düsseldorf

Das Forum führt mittelständische Unternehmen mit Absolventen und Young Professionals zusammen. Schirmherr ist Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus. www.impulse-karriereforum.de

Die aktuellen rechtlichen Entwicklungen zum Arbeitnehmerdatenschutz und ihre Auswirkungen auf die Praxis werden bei der nunmehr neunten Auflage der „Datenschutztage“ das Hauptthema sein. Unter andrem werden Rechtsfragen zu Social Networks, Videoüberwachungen, Email-Verkehr in Unternehmen und Datendiebstahl durch Mitarbeiter aufgegriffen. www.datenschutztage.de

Auf der Fachmesse, die alle zwei Jahre stattfindet, wird neben anderen Themen auch der Sonderbereich Personal im Öffentlichen Dienst im Fokus stehen. www.zukunft-kommune.de

In diesem Jahr wird es neben der Personal Süd auch eine Fachmesse im Norden Deutschlands geben. Auf der Personal Nord wird ebenfalls die gesamte Themenpalette rund ums Personalmanagement bedient. Auch hier erwarten die Besucher viele Keynotes und Fachvorträge beispielsweise über variable Vergütungssysteme oder Mitarbeiterförderung. www.personal-messe.de/nord

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PRAXIS

MEDIENFORUM Ausgebrannte Unternehmen, klare Kommunikation und der Aufruf zur Nutzung brachliegender Potenziale – Bücher, die Spannendes und Unterhaltsames rund um das Personalmanagement bieten.

Ausgebrannt Dass Menschen aufgrund von beruflicher Überlastung in einen Zustand körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung geraten können, aus dem sie selbst keinen Ausweg mehr finden, ist eine mittlerweile häufig beobachtete Erscheinung. Aber können auch ganze Organisationen ausbrennen und sich in einen solchen Erschöpfungszustand manövrieren, unfähig, dem entgegenzuwirken? Die Antwort, die Gustav Greve in seinem Buch „Organizational Burnout“ hierauf gibt, lautet eindeutig: „Ja, sie können es“. Der Autor beschreibt damit eindringlich ein Phänomen, welches analytisch betrachtet keine Seltenheit zu sein scheint. Denn warum geraten Unternehmen, die Marktführer waren und gut aufgestellt sind, in Krisen, aus denen sie sich selbst nicht mehr befreien können? Warum können sich Organisationen, deren größtes Kapital ihre Innovationskraft ist, die Motivation und die Kreativität 88

ihrer Mitarbeiter nicht dauerhaft erhalten? Greve, der nach eigenen Angaben Unternehmen bei der Lösung von ungewöhnlichen Fragestellungen berät, stellte in 20 Jahren Berufspraxis fest, dass sich viele dieser Fälle auffallend ähneln. Oft zeigten sich die Probleme anhand von Defiziten in der Unternehmensführung, am Verlust von tragenden Mitarbeitern und nicht zuletzt an einem zynischen Betriebsklima. Selbst wenn das erkannt wurde, war die Chefetage nur selten in der Lage, dem zu begegnen. Das Unternehmen war schlichtweg ausgebrannt. Ausgehend von dem individuellen Burnout-Syndrom beim Menschen überträgt Greve nun in seinem Buch die Symptomatik und den Verlauf des Syndroms auf Organisationen und liefert ein Instrumentarium, um die entsprechende Phase dieses Phänomens in der Praxis zu erkennen. So erklärt das Buch, warum Unternehmen in die Spirale eines Organizational Burnout geraten, wie sich die ersten Symptome zu einem, die Organisation durchziehenden, „Krankheitsbild“ entwickeln, warum nach dem Erkennen und der Akzeptanz des Problems typische Versuche der Eigentherapie scheitern müssen und letztendlich, wie dem Phänomen zu begegnen ist. Dieses Buch ist kein Werk der Wissenschaft, wie der Autor selbst eröffnet. Doch vielleicht ist es gerade das, was es so lesenswert macht. Gustav Greve schreibt nah am Leser und mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Hinterhand öffnet er den Blick auf ein Problem, welches als solches bisher kaum wahrgenommen wurde.

Organizational Burnout. Das versteckte Phänomen ausgebrannter Organisationen von Gustav Greve, 34,95 Euro, 280 Seiten, Gabler Verlag, ISBN: 9783834922915

Gut kommunizieren Aus einer innerbetrieblichen Informationsarbeit muss eine professionelle, intern wie extern orientierte Personalkommunikation werden. Das Idealbild der Personalkommunikation beschreibt dabei einen Viererbund aus PR, interner Kommunikation und Marketing sowie Unternehmensentwicklung und HR-Management. Gemäß dieser These haben die Wirtschaftswissenschaftler Wolfgang Jäger und Lothar Rolke zahlreiche Artikel über Employer Branding, Arbeitgeber-PR, HR-Markenkommunikation, Mitarbeiter- und Führungskräftekommunikation und auch Controlling und Erfolgmessung in dem Buch „Personalkommunikation“ zusammengeführt. Ziel ist es, die Kommunikationsfähigkeit der Personalabteilungen zu steigern und ihnen Handlungsempfehlungen zu geben, um sich besser nach innen wie nach außen zu präsentieren. Die einzelnen Fachartikel von Kommunikationsexperten, Beratern und Wissenschaftlern behandeln das Thema auf theoretischer Basis aber auch auf Grundlage ausgewählter Praxisbeispiele und Fallstudien.

Personalkommunikation. Interne und externe Öffentlichkeit für HR-Themen gewinnen von Wolfgang Jäger und Lothar Rolke (Hrsg.), 39,00 Euro, 312 Seiten, Luchterhand Verlag, ISBN: 978-3-472078531

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Erfolgreich bilden

Entscheidungshilfen

Aufruf zum Aufbruch

Der Weiterbildungsmarkt ist ein Feld, auf dem in Deutschland jedes Jahr Beträge im zweistelligen Milliardenbereich umgesetzt werden. Nach Ansicht von Simone Kauffeld, Professorin für Psychologie an der TU Braunschweig, werden jedoch nur zwischen zehn und 30 Prozent der vermittelten Inhalte auch in die Praxis umgesetzt. Demnach ist das Gros der aufgewendeten Mittel schlichtweg als Fehlinvestition zu betrachten. Woran das liegt, dass am Bedarf „vorbeigebildet“ wird und welche Schritte für ein effektives Weiterbildungsprogramm unabdingbar sind, stellt die Autorin in „Nachhaltige Weiterbildung“ umfassend dar. Wer jedoch einen Ratgeber nach dem Muster „Zehn einfache Schritte zum erfolgreichen Seminar“ erwartet, wird mit diesem Buch seine Probleme haben. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist sehr theoretisch. Auch die große Fülle an Schaubildern, Checklisten und Tabellen bremst den Lesefluss, macht aber bei genauerem Studium durchaus Sinn. Simone Kauffeld liefert wissenschaftliches Basiswissen zur Konzeption effektiver Weiterbildungsprogramme, von der Bedarfsanalyse bis zur Ergebnisevaluation. Ein großes Plus sind auch die vielen online verfügbaren Checklisten. So gibt dieses Buch Anworten auf grundlegende Fragen zur Weiterbildung. Doch einen schnellen Zugriff zu diesem Thema bietet Simone Kauffelds Buch nur schwerlich.

Wie gut eine Entscheidung ist, kann sich nur in der Zukunft zeigen. Nicht immer ist der rationalste Entschluss auch der beste. Und ein Kompromiss, der von allen Beteiligten getragen wird, ist noch kein Garant für Erfolg. Sofern sich dieser finden lässt. Oft ist die Kombination von Rationalität und Intuition der goldene Mittelweg. Doch je komplexer die Fragestellungen werden und je mehr Menschen daran beteiligt sind, desto schwerer ist es, einen gangbaren und vielversprechenden Weg zu finden. Einen Routenplaner für Führungskräfte und Personalverantwortliche, die vor einer komplexen Entscheidungssituation stehen, bietet das Buch „Zielsicher Entscheiden“ von Lorenz Forchhammer, Elke Lorenz und Marco Stoll. Im ersten Kapitel, des rund 170 Seiten umfassenden Buches, bringen die Autoren dabei auf den Punkt, nach welchen Mustern Menschen Entscheidungen fällen und welche Mechanismen dabei eine Rolle spielen. Im zweiten Teil beschreiben sie den Ablauf eines Entscheidungsprozesses in einem Drei-Phasen-Modell, und das dritte Kapitel fasst gut 30 Methoden zusammen, die in einem Entscheidungsprozess im Arbeitsalltag Anwendung finden können. Die Kürze und die Praxisorientierung machen dieses Buch zu einem nützlichen Leitfaden, um auch in unüberschaubar wirkenden Situationen systematisch fundierte Entscheidungen treffen zu können und risikoreiche, einsame Entschlüsse zu vermeiden.

Unter dem Wüstensand des Valley of the Sun in der Nähe von Phoenix in den USA liegen Millionen Samenkörner verborgen. Kurz nach dem ersten Frühjahrsregen verwandeln sie die Wüste in ein Blumenmeer. Mit diesem Bild leiten Anja Förster und Peter Kreuz ihr neues Buch „Nur Tote bleiben liegen“ ein. Die Autoren sind davon überzeugt, was in der Wüste möglich ist, kann auch in der Wirtschaft gelingen. Unter der Oberfläche von Unternehmen liegen Möglichkeiten verborgen, die nur geweckt werden müssen. Dass Potenziale oft ungenutzt bleiben, dass Innovationen nur entstehen können, wenn kreativen Geistern Raum gewährt wird und dass dafür oft als unantastbar geltende Schranken eingerissen werden müssen, ist nicht neu. Was dieses Buch lesenswert und unterhaltsam macht, ist die Art und Weise, mit der Förster und Kreuz diese Theorien bündeln. Mit eindringlichen Beispielen erläutern die beiden Autoren, die neben ihrer publizistischen Arbeit als Berater tätig sind, wie vielversprechende Möglichkeiten zum Teil bravourös erstickt werden aber auch welche Früchte die Bereitschaft zum permanenten Wandel tragen kann. Auch wenn das Buch vor Marketingsprüchen und poppigem Design nur so strotzt, vermittelt es dennoch selbst die Energie und Kreativität, die die Autoren in ihren Lesern wecken wollen. Dieses Buch ist alles, nur nicht langweilig. Es ist im Campus Verlag ebenfalls als Hörbuch erschien.

Nachhaltige Weiterbildung. Betriebliche Seminare und Trainings entwickeln, Erfolge messen, Transfer sichern von Simone Kauffeld, 39,95 Euro, 230 Seiten, Springer Verlag, ISBN: 978-3540959533

Zielsicher entscheiden. Wie Führungskräfte komplexe Situationen meistern von Lorenz Forchhammer, Marco Stoll und Elke Lorenz, 39,00 Euro, 184 Seiten, Luchterhand Verlag, ISBN: 978-3472077114

Nur Tote bleiben liegen. Entfesseln Sie das lebendige Potenzial in Ihrem Unternehmen von Anja Förster und Peter Kreuz, 24,90 Euro, 247 Seiten, Campus Verlag, ISBN: 9783593392202

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Winfried Berner, Autor des Buches „Change!“

„DER PERSONALER MUSS MUT HABEN“ Herr Berner, Sie haben in Ihrem Buch „Change!“ 15 Fallstudien zum Veränderungsmanagement zusammengetragen. Es geht von der Sanierung über die Reorganisation bis zur IT-Einführung. Was ist denn der gemeinsame Nenner dieser ganz verschiedenen Change-Prozesse? So viele gemeinsame Nenner – quer über alle Changeprozesse – gibt es nicht. Aber es geht immer um Veränderungsprozesse, von denen eine größere Zahl von Menschen betroffen ist. Und soziale System reagieren dann eben auf das, was mit ihnen geschieht. Die lassen das nicht einfach an sich vorbeiziehen. Und letztendlich sind diese Reaktionen das, was grundlegend anders ist als bei Veränderungen in technischen Systemen. Wenn wir jetzt mal annehmen, ein Unternehmen ist so stark gewachsen, dass die Organisation völlig verändert und die Geschäftsfelder neu strukturiert werden müssen. Was wäre in diesem Fall der erste Schritt? Ein Projektteam zusammenzustellen, das Vorschläge erarbeitet? Das ist genau die große Verführung. Ich nenne das die deutsche Ingenieurslösung: Lasst uns erstmal eine gute Sachlösung finden, kommunizieren können wir hinterher. Die Kommunikation wird verschoben bis die Verantwortlichen sich selber einigermaßen sicher sind. Das ist oftmals genau das, was die Ängste und Befürchtungen ins Kraut schießen lässt. Also die Mitarbeiter sollten früh eingebunden werden? Einbinden geht nicht immer. Gerade wenn es um Organisationsveränderungen geht, ist das oftmals nicht möglich. Aber es ist sinnvoll, sie zu informieren. Die Leute sind nicht blöd. Die kriegen ohnehin mit, dass etwas ansteht und Berater im Haus sind. Sollte man denn die Mitarbeiter bereits informieren, wenn man lediglich einen Veränderungsbedarf erkennt?

Die Grundregel ist: Das Problem verkaufen, bevor man die Lösung verkauft. Das ist häufig eine der ganz kritischen Themen, weil das Management ja in der Regel einen Denkvorsprung hat. Es ist wichtig, nicht nur den Mitarbeitern zu sagen: So und so wird es gemacht. Sondern sie sollten tatsächlich mitgenommen werden, in dem Sinne, dass die Veränderung nachvollziehbar und inhaltlich sinnvoll für sie wird. Das heißt dann nicht unbedingt, dass die Mitarbeiter die Veränderung lieben, aber sie sehen ein: Die Veränderung ist erforderlich. Warum wird das Managen von Veränderungen immer wichtiger? Zum einen ist es die Veränderungsgeschwindigkeit, mit der Unternehmen konfrontiert sind. Veränderungen müssen schnell realisiert werden. Zum anderen funktionieren in der heutigen Zeit Befehl und Gehorsam nur noch eingeschränkt. Die Mitarbeiter wollen verstehen, worum es geht. Sie machen sich ein eigenes Bild sowohl von der Notwendigkeit als auch von der Sinnhaftigkeit der Lösungen. Und wenn man sie verliert auf dem Weg, dann hat man vielleicht ein mehr oder weniger gutes Konzept, aber es wird nicht angenommen und bleibt in der Realisierung stecken. Was sind denn derzeit die häufigsten Changemanagement-Fälle? Momentan sind es Organisationsveränderungen, aber bei uns war in den letzten Jahren das Thema Kulturveränderung eines der wichtigsten Themen. Eine Kulturveränderung kann man doch nicht von außen erzwingen. Erzwingen nicht, man kann jedoch sehr wohl einen Einfluss darauf nehmen, wenn es um die Frage geht, welches Verhalten im Unternehmen sinnvoll ist. Kulturveränderung basiert vor allem auf zwei großen Blöcken. Das ist zum einen interne Effizienz. Wie gehen wir eigentlich miteinander um? Ist das produktiv? Zum anderen ist es die Art, wie mit dem Markt und den Kunden umgegangen wird. Es geht also auch um organisatorische Prozesse? Die Prozesse braucht man in jedem Fall und die Kultur setzt drauf auf. Aber in vielen Organisationen hat man eine Menge Reibungsverluste in der Zusammenarbeit. Teils, weil Beziehungen nicht funktionieren, teils auch, weil die Leute verstanden haben: Es ist hier wichtiger sich abzusichern als gute Arbeit zu machen. Wie gehen Sie vor? Der erste Schritt ist, zu verstehen: Warum machen die Leute eigentlich das, was sie tun. Die Leute sind ja in der Regel nicht doof und auch nicht bösartig. Die haben im Zweifelsfall gute Gründe für ihr Verhalten. Der zweite Schritt ist, zu überlegen, was sich ändern müsste, damit es sinnvoll wird, sich anders zu verhalten. Danach wird diese Veränderung mit großer Konsequenz realisiert. Was fast immer auch heißt, an der Führungskultur anzusetzen. Wie kann ich mir das konkret vorstellen? Sie geben Workshops, in denen Führungskräfte lernen, wie man seine Mitarbeiter mit Respekt behandelt? Ich nehme die Schulungsseite gedanklich eher in die zweite Reihe. Bei den meisten Fällen müssen wir nicht neu kommunizieren lernen, um sie umsetzen zu können. Es ist vielmehr die Frage, ob man sich die Mühe machen will und bereit dazu

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Foto: Privat

»In vielen Organisationen hat man eine Menge Reibungsverluste in der Zusammarbeit.«


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ist. Dann kann es zum Beispiel dazu kommen, dass ein System zur Beurteilung der Führungskräfte notwendig wird. Wir wollen künftig wissen: Wie führen die ihre Mitarbeiter? Da kann auch eine Vorgesetztenbeurteilung von unten nach oben die Folge sein. Dabei geht es jedoch nicht darum, ob die Mitarbeiter zufrieden mit ihren Chefs sind, sondern: Wird geführt, wie es für den Erfolg erforderlich ist? Was ist denn bei Changeprozessen der häufigste Fehler, der gemacht wird? Oftmals bilden sich diejenigen, die für Veränderungsprozesse verantwortlich sind, zu schnell ein Urteil über die Situation. Das weitere Handeln findet dann vor dem Hintergrund dieses unreflektierten, intuitiven und emotionalen Urteils statt. Können Sie ein Beispiel nennen? Der Vorstand eines Kunden war sich beispielsweise im vergangenen Jahr einig, dass die zweite und dritte Ebene endlich lernen müsse, mehr Verantwortung zu übernehmen. Es sei ganz furchtbar mit denen, hieß es. Als wir dann aber das Thema mit der zweiten und dritte Ebene diskutierten, wurde eine – sagen wir mal – unvollständige Sicht der Realität deutlich. Der

Winfried Berner, Change! 15 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung, SchäfferPoeschel Verlag 2010, 376 Seiten, 49,95 Euro, ISBN 978-3-7910-2941-2. Winfried Berner ist Gründer und Inhaber von Die Umsetzungsberatung.

Vorstand hatte elegant ausgeklammert, in welchem Maß er selbst durch sein eigenes Tun und Unterlassen dazu beiträgt, dass genau das nicht passiert, was er fordert. Welche Rolle kann der Personalmanager im Rahmen von Changeprozessen spielen? Er sollte ein Stück Mittler zwischen den Welten sein, der Mut, Standing und Empathie haben muss. Es gibt allerdings noch etliche Personaler, die diese Rolle nicht wirklich übernehmen und ausfüllen, weil sie damit zu sehr selbst ins Feuer gehen müssten. Oft sind sie von der Unternehmensleitung nicht mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet… Ich habe eher das Gefühl, es ist eine Kombination aus persönlichem Standing und dem Wunsch, sich auf eine personaltechnokratische Rolle zurückzuziehen. In vielen Fällen erlebe ich allerdings auch das genaue Gegenteil. Da habe ich es mit sehr engagierten und mutigen Personalern zu tun. Und wenn man solche Leute als Partner hat, dann ist es wirklich eine Freude, und dann geht es auch ganz anders voran, als wenn man nur mit Verwaltern operiert. Das Interview führte Jan C. Weilbacher

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Mit riskanten Geschäften haben einige Banken die Welt in die Krise geführt. Nun sind sie bemüht, ihr Image zu verbessern.

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Der Bundesverband der Personalmanager (BPM) ist die berufsständische Vereinigung für Personalmanager und Personalverantwortliche aus Unternehmen, Organisationen und Verbänden. Der BPM bündelt die Interessen seiner Mitglieder und gibt ihnen eine Stimme im öffentlichen Diskurs. Er setzt sich für anerkannte Ausbildungsstandards ein und trägt dazu bei, den internationalen Austausch innerhalb des Berufsstandes zu fördern. www.bpm.de

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Magazin „Human Resources Manager“

Das Magazin Human Resources Manager ist die offizielle Publikation vom Bundesverband der Personalmanager (BPM) und vermittelt auf 110 Seiten aktuelle Informationen rund um zentrale Themen des Personalmanagements wie Führungskräfte- und Personalentwicklung, Arbeitsrecht, Employer Branding, Rekrutierung, Mitarbeiterführung und internationales HR-Management. Praktische Hinweise zu Events und Rechtsfragen sowie eine branchenspezifische Jobbörse gehören dabei ebenso zum Repertoire des Fachmagazins wie praxisrelevante Interviews mit führenden Köpfen des Personalwesens und Informationen zu Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Berufsgruppe. Das Magazin erscheint sechsmal im Jahr. www.humanresourcesmanager.de

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Viele haben sich vom HPI einiges erwartet. Kaum erprobt, steht der Index, der Personalarbeit messbar machen soll, stark in der Kritik.

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06.11.2009 16:10:42 Uhr

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RECHT

Unterwäsche nur in weiß? Arbeitgeber dürfen die Farbe der Unterwäsche ihrer Arbeitnehmer bestimmen. Auch die Weisung des Arbeitgebers, Haare immer sauber, niemals ungewaschen oder fettig wirkend zu tragen, ist zulässig. Nach Auffassung des Landesarbeitsgericht (LAG) Köln (Az.: 3 TaBV15/10) verletzen solche Weisungen nicht das Persönlichkeitsrecht von Arbeitnehmern, die Fluggastkontrollen durchführen. Derartige Vorschriften über das Aussehen und die Kleidung dienen dem Schutz der vom Arbeitgeber gestellten Dienstkleidung und einem ordentlichen Erscheinungsbild. Zulässig ist auch die Anweisung, Fingernägel in maximaler Länge von 0,5 cm über der Fingerkuppe zu tragen. Dagegen darf der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nicht vorschreiben, die Fingernägel nur einfarbig zu lackieren. Unzulässig ist auch die Vorgabe an männliche Mitarbeiter, bei Haarfärbungen nur natürlich wirkende Farben zu tragen. 2

Pommes und Frikadellen Die Entscheidungsserie zu sogenannten Bagatellkündigungen, die im letzten Jahr mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Fall Emmely begann, reißt nicht ab. Nun hat das LAG Hamm (Az.: 8 Sa 711/10) die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers wegen des unerlaubten Verzehrs von Pommes frites und zweier Frikadellen für unwirksam erklärt. Der in einer Kantine beschäftigte Arbeitnehmer hatte sich trotz ausdrücklicher gegenteiliger Weisung in Anwesenheit seines Vorgesetzten Pommes frites und Frikadellen aus der Küche genommen und verzehrt. Das LAG Hamm sah darin keinen wichtigen Grund für eine Kündigung. Als milderes Mittel hätte der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erteilen müssen. Auch sei die 19-jährige Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen gewesen. 92

URTEILE ARBEITSRECHT Gerichtsentscheidungen, die Arbeitsrechtler kennen sollten

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Mitbestimmung bei der Parkplatzvergabe? Die Frage, welcher Arbeitnehmer den Firmenparkplatz nutzen darf, unterliegt der Mitbestimmung. Mitbestimmungsfrei ist die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er seinen Mitarbeitern überhaupt Parkplätze zur Verfügung stellt. Auch wenn ausreichende Parkmöglichkeiten auf dem Firmengelände zur Verfügung stehen, besteht keine Verpflichtung, den Parkraum Mitarbeitern anzubieten. Mitbestimmungsfrei ist auch die Nutzung der Parkplätze durch die Geschäftsleitung und die leitenden Angestellten, da dieser Personenkreis nicht dem Geltungsbereich der Betriebsverfassung unterliegt. Eine darüber hinaus gehende Festlegung, welcher Personenkreis innerhalb der Belegschaft einen Firmenparkplatz beanspruchen kann, unterliegt, so das LAG Köln, der Mitbestimmung (Az.: 8 TaBV 4/10). 4

„Junges Team“ diskriminiert die Älteren Der Hinweis in einer Stellenanzeige auf die Mitarbeit in einem „jungen Team“ ist nach Auffassung des LAG Hamburg (Az.: 5 Sa 14/10) altersdiskriminierend. Mit der Stellenanzeige suchte ein Zeitarbeitsunternehmen einen Personaldisponenten zur Verstärkung des Teams. Die Anzeige enthielt unter anderem den Satz „Wir bieten Ihnen … die Möglichkeit eigene Ideen und Vorstellungen

in ein junges, erfolgreiches Team einzubringen“. Auf die Anzeige bewarb sich ein 55-jähriger Versicherungskaufmann, der keine Kenntnisse im Bereich der Zeitarbeit oder der Personalvermittlung hatte. Das Unternehmen lehnte die Bewerbung ab, woraufhin der Bewerber 30.000 Euro Schmerzensgeld forderte und Klage erhob. Anders als das ArbG Hamburg, dass die Klage abwies, sprach das LAG Hamburg dem Kläger eine Entschädigung von 5.000 Euro (zwei Monatsgehälter) zu. Das Merkmal „junges Team“ in einer Stellenausschreibung benachteilige, so das LAG Hamburg, ältere Bewerber, da dies nahe lege, dass jüngere Bewerber gewünscht seien. 5

Tariffähigkeit der CGZP Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) darf keine Tarifverträge schließen. Das BAG (Az.: 1 ABR 19/10) sprach der gewerkschaftlichen Spitzenorganisation die Tariffähigkeit ab. Tarifverträge können auf Arbeitnehmerseite nur von einer tariffähigen Gewerkschaft oder einem Zusammenschluss solcher Gewerkschaften (Spitzenorganisation) abgeschlossen werden. Die CGZP ist jedoch, so das BAG, keine Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 3 TVG. Hierzu fehlt es ihr an der vollständigen Übertragung der Tariffähigkeit ihrer Mitgliedsgewerkschaften. Die Satzungen der Mitgliedsorganisationen der CGZP wurden erst während des Verfahrens dahingehend geändert, dass sie mit Zustimmung der CGZP Tarifverträge abschließen können. Dies reicht wegen der Unteilbarkeit der Tarifzuständigkeit nicht aus. Zudem darf der Organisationsbereich einer Spitzenorganisation nicht über den der Mitgliedsgewerkschaften hinausgehen. 6

Beinbruch im Bowlingcenter ist Arbeitsunfall Auch ein Beinbruch im Bowlingcenter ist als Arbeitsunfall von der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckt, wenn sich der Unfall auf einer betrieblichen Weihnachtsfeier ereignet. Ein Team von Mitarbeitern

in einem Jobcenter hatte sich zur Weihnachtsfeier in einem Bowlingcenter getroffen. Dort stolperte eine der Teilnehmerinnen und brach sich das Bein. Sie fiel monatelang aus und musste drei Wochen zur Kur. Da es keine offizielle Weihnachtsfeier gewesen sei und die Feier außerhalb der Dienstzeit stattgefunden habe, lehnte die Unfallkasse die Übernahme der Kosten ab. Zu Unrecht wie das Sozialgericht Berlin entschied. Es sah einen Arbeitsunfall als gegeben an, da es sich bei der Feier um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handelte. Unfälle auf Gemeinschaftsveranstaltungen sind versichert, wenn die Feier der Betriebsverbundenheit dient, vom Chef gebilligt und gefördert wird, er oder sein Vertreter mitmacht (oder dies vorhat) und die Feier für alle Betriebsangehörigen oder zumindest für alle Angehörigen einer Abteilung offen ist (Az.: S 163 U 562/09). 7

Dauerbefristung ade? Bislang war auch die wiederholte Befristung von Arbeitsverträgen zur Vertretung von Stammarbeitskräften grundsätzlich zulässig. Das galt auch im Falle der „Kettenbefristung“ über mehrere Jahre mit einer Vielzahl von Verträgen. Eine „Dauervertretung“ war nach der Rechtsprechung des BAG lediglich dann unzulässig, wenn der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben war; der Arbeitnehmer also zur Vertretung einer Vielzahl bei Vertragsschluss noch gar nicht feststehender Vertretungsfälle eingesetzt werden sollte. Arbeitnehmer konnten zudem nur die Wirksamkeit der Befristung des letzten Vertrags gerichtlich überprüfen lassen. Eine Unwirksamkeit der Befristung eines der vorangehenden Arbeitsverträge war in der Regel nicht möglich. Dies könnte sich bald ändern. Das BAG (Az.: 7 AZR 443/09) hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens um Prüfung gebeten, ob seine bisherige Rechtsprechung europarechtskonform ist. Sollte der EuGH zu dem Ergebnis gelangen, dass Unionsrecht der bisherigen Rechtsprechung des BAG entgegensteht, wird eine Befristung zur Vertretung von Stammarbeitskräften nur noch in engen Grenzen möglich sein.

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RECHT

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Handlungsvollmacht berechtigt nicht (immer) zur Kündigung Wer als Vertreter des Arbeitgebers ein Kündigungsschreiben unterzeichnet, sollte das gut überlegt tun. Sofern nicht der Arbeitgeber selbst, der Personalleiter oder ein Prokurist eine Kündigung unterschreibt, ist der Kündigung ein Nachweis über die Berechtigung zur Kündigung (Vollmacht) im Original beizufügen. Andernfalls droht die Zurückweisung und damit die Unwirksamkeit der Kündigung. Die von einem Handlungsbevollmächtigten ohne Nachweis der Kündigungsberechtigung ausgesprochene und unverzüglich zurückgewiesene Kündigung eines Betriebsleiters erachtete das LAG Niedersachsen (Az.: 10 Sa 46/10) dementsprechend für unwirksam. Einer Handlungsvollmacht ist nicht von vornherein zu entnehmen, auf welche Rechtsgeschäfte sie sich

erstreckt. Auch reicht die Bekanntmachung der Kündigungsberechtigung am „schwarzen Brett“ nicht aus, um einer Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB zu entgehen. 9

BEM auch ohne Betriebsrat Bei längerer oder wiederholter Arbeitsunfähigkeit soll der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen. Eine krankheitsbedingte Kündigung wird nach der Rechtsprechung des BAG zwar nicht deshalb unwirksam, weil vor Ausspruch der Kündigung kein BEM durchgeführt wurde. Die fehlende Durchführung eines BEM hat jedoch Auswirkungen auf die Darlegungsund Beweislast im Kündigungsschutzprozess. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht mehr pauschal auf das Fehlen eines anderweitigen, leidensgerechten Arbeitsplatzes

berufen. Vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung sollte daher regelmäßig ein BEM durchgeführt werden. Bislang streitig war, ob dies auch dann erforderlich ist, wenn es keine betriebliche Interessenvertretung (Betriebsrat) gibt. Nach Auffassung des BAG ist ein BEM auch bei Fehlen einer betrieblichen Interessenvertretung durchzuführen, da es dem Schutz des Betroffenen dient und kein formalisiertes Verfahren ist (Az.: 2 AZR 88/09). 10

OT-Mitgliedschaft ist rechtswirksam Die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband führt nicht in jedem Fall zur Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Rechtlich zulässig ist auch eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung („OT-Mitgliedschaft“). Das BAG bestätigte in mehreren Parallelfällen (Az.: 4 AZR 256/09

und andere) seine bisherige Rechtsprechung, nach der ein Arbeitgeberverband in seiner Satzung eine OT-Mitgliedschaft im sogenannten Stufenmodell vorsehen kann. Nach diesem Modell sind Arbeitgeber, die der Tarifgebundenheit unterliegen, zusammen mit solchen ohne Tarifgebundenheit unter einem Dach organisiert. Die Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG kann für OT-Mitglieder allerdings nur dann wirksam ausgeschlossen werden, wenn die Satzung des Arbeitgeberverbandes eine eindeutige Trennung zwischen Vollmitglieder und OT-Mitgliedern enthält. Auf tarifpolitische Entscheidungen dürfen OT-Mitglieder keinen unmittelbaren Einfluss haben. Übersicht zusammengestellt von: Rechtsanwalt Peter Hützen Senior European Consultant Fachanwalt für Arbeitsrecht Bird & Bird LLP (twobirds.com)

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RECHT

ESSAY

HAFTUNGSFALLE AGG

Foto: www.marco-urban.com

Die Angst vor Schadensersatzprozessen ist mit Einf端hrung des Antidiskriminierungsgesetzes gestiegen. Eine genaue Kenntnis der Rechtsprechung hilft, Haftungsrisiken zu minimieren.

Die ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat die Verabschiedung des Antidiskriminierungsgesetzes vorangetrieben. 94

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RECHT

Foto: www.dreamstime.com

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as Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in abgrenzbare Ethnien. Vielmehr verdeutliche die ge(„AGG“) sorgt seit seiner Einführung im Jahr meinsame Geschichte seit Abschaffung der Kleinstaa2006 immer wieder für Gesprächsstoff. Dem terei, die gemeinsame Kultur der letzten 250 Jahre und Gesetzgeber wurden dadie (von Dialektunterschieden abmals erhebliche handwerkliche gesehene) gemeinsame Sprache, Mängel bei der Umsetzung der eudass im 21. Jahrhundert regionale ropäischen Vorgaben attestiert. UnUnterscheidungsmöglichkeiten weter anderem wurden die im AGG der Schwaben noch Bayern, weder verwendeten Begrifflichkeiten nicht „Wessis” noch „Ossis“ zu jeweils klar genug definiert und die Abvoneinander abgrenzbaren Ethnien grenzung zum Regelungsbereich werden lassen. des Kündigungsschutzgesetzes war lange Zeit umstritten. In den letzten Merkmal Alter Jahren blieb der Praxis daher nichts Die wohl begründete Entscheidung anderes übrig, als auf wegweisende des ArbG Stuttgart zeigt, dass es Urteile auf nationaler und europäregelmäßig dem Fingerspitzengeischer Ebene zu warten, um die für fühl der Richterinnen und Richter Auch das Bewerbungsgespräch ist ein Bereich, in dem das Antidiskriminierdas tagtägliche Geschäft notwendiüberlassen bleibt, die Grenzen des ungsgesetz eine Rolle spielen kann. ge Rechtssicherheit zu erlangen. AGG auszuloten. Es gibt diverse Fragen, auf die ein Auch im letzten Jahr hatten die Deutlich wurde dies zum Beispiel Bewerber nicht antworten muss. Gerichte wieder reichlich Gelegenauch an einem Fall, der auf den ersheit dazu, die Konturen des AGG zu ten Blick durchaus als eine Diskrimischärfen. Ein Beispiel hierfür liefert bereits die Zielset- nierung wegen des Alters hätte angesehen werden könzung des AGG. nen. In seiner Entscheidung vom 25. Februar 2010 (6 AZR Grundlegender Zweck des Gesetzes ist es, eine Be- 911/08) befasste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) nachteiligung aus den in § 1 AGG genannten Gründen damit, ob eine AGG-relevante Benachteiligung älterer Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Welt- Arbeitnehmer vorliegt, wenn ein Arbeitgeber gerade anschauung, Behinderung, Alter, und sexuelle Identität diese von einem Personalabbau ausnimmt und den ältezu verhindern. Der Gesetzgeber hat es allerdings ver- ren Mitarbeitern somit den Zugang zu der den jüngeren säumt zu definieren, was unter diesen Begriffen eigent- Mitarbeitern angebotenen äußerst attraktiven Abfindung lich zu verstehen ist. So verdanken wir es erst einem Ur- verwehrt. teil des Arbeitsgerichts (ArbG) Stuttgart (Urteil vom 15. Die Mitarbeiter wurden hier ganz offensichtlich weApril 2010 - 17 Ca 8907/09), dass wir mittlerweile sicher gen ihres Alters ungleich behandelt. Im Ergebnis hat davon ausgehen können, dass „Ossis“ keine Ethnie im das BAG dennoch einen Verstoß gegen das AGG zutrefSinne des AGG darstellen. fend verneint. Mit der Aufnahme des Alters als DifferenzierungsDiskriminierung wegen der Ethnie merkmal in das AGG sollte nämlich sichergestellt werBei dem zu entscheidenden Fall, der in der Presse für den, dass ein möglichst hoher Prozentsatz der Personen viel Aufsehen sorgte, hatte sich eine in der ehemaligen im erwerbsfähigen Alter einer Beschäftigung nachgeht. DDR geborene Klägerin auf eine Stelle als Buchhalter- Ältere Menschen sollten daher unter anderem vor Arin beworben. Als sie die Absage der potenziellen Ar- beitsplatzverlusten besonders geschützt werden. beitgeberin durchsah, entdeckte sie auf den ihr zurückAngesichts dieser Zielrichtung werden ältere Arbeitgereichten Unterlagen den Vermerk „Ossi” mit einem nehmer durch die Herausnahme aus einem Personalabdaneben eingekreisten Minuszeichen. Die Bewerberin bau gegenüber jüngeren Arbeitnehmern im Regelfall machte daraufhin Schadensersatz geltend, da sie sich nicht weniger günstig behandelt. Der Zweck des Diskriwegen ihrer Herkunft benachteiligt fühlte. minierungsverbots wegen des Alters wird gerade durch Zweifelsfrei lag hier ebenfalls eine Benachteiligung den weiteren Verbleib der älteren Arbeitnehmer im Araufgrund der Herkunft der Klägerin vor. Dennoch hat beitsverhältnis verwirklicht. Hieran könne nach Ansicht das ArbG Stuttgart die Klage zurecht abgewiesen. Der des BAG auch die subjektive Einschätzung einzelner älEntschädigungsanspruch gemäß §§ 1, 15 AGG würde terer Arbeitnehmer nichts ändern, dass es für sie wirtnämlich eine Benachteiligung wegen der „ethnischen schaftlich durchaus attraktiv sei, unter Zahlung einer Herkunft“ voraussetzen. Wie das Arbeitsgericht aus- Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. führte, bedeutet dieser Begriff etwa soviel wie „Volk” oder „Volkszugehörigkeit”. Hierunter sei mehr als nur Schutz für jobsuchende Rentner die Herkunft aus einem bestimmten Landstrich zu ver- In Bezug auf das Merkmal Alter wurde auch eine Entstehen. Der Begriff der Ethnie erfordere vielmehr eine scheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mit gemeinsame Geschichte und Kultur, die Verbindung zu Spannung erwartet, die eine tarifliche Regelung betraf, einem bestimmten Territorium sowie ein Gefühl der soli- wonach das Arbeitsverhältnis automatisch endet, sobald darischen Gemeinsamkeit. der Beschäftigte Anspruch auf Altersrente hat, spätesDie gesellschaftspolitisch unterschiedliche Entwick- tens aber bei Vollendung des 65. Lebensjahres. Der lung der ehemaligen DDR und der BRD bis 1989 trennt EuGH (Rechtssache „Rodenbladt“, Entscheidung vom die Bürger der beiden staatlichen Räume hingegen nicht 12. Oktober 2010, C-45/09) entschied, dass entsprechenF E B R U A R / M Ä R Z

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de Klauseln – die nicht nur in Deutschland weit verbreiBeweislastumkehr tete Praxis sind – zwar eine unmittelbar auf dem Alter Das BAG ist in dieser Entscheidung aber noch einen beruhende Ungleichbehandlung darstellen. Eine solche Schritt weiter gegangen. Normalerweise muss in eiUngleichbehandlung ist allerdings nem Schadensersatzprozess der zulässig, da sie ein legitimes Ziel klagende Geschädigte beweisen, der Beschäftigungs- und Arbeitsdass ein Rechtsverstoß vorlag und marktpolitik verfolgt. Es sei nämlich dies zu einem Schaden geführt hat. anzuerkennen, so das Gericht, dass § 22 AGG enthält allerdings eine die automatische Beendigung des Beweislastumkehr. Danach muss Arbeitsverhältnisses bei Erreichen ein (vermeintlich) diskriminierter des Renteneintrittsalters Ausdruck Arbeitnehmer in einem Schadensdes Gedankens einer Arbeitsteilung ersatzprozess lediglich Indizien der Generationen ist. vortragen, die eine AGG-relevante Für die Praxis sind neben den Benachteiligung vermuten lassen. Ausführungen zur generellen ZuläsUnd eben eine solche Vermutung sigkeit einer solchen Altersgrenze sei nach Ansicht des BAG durch die insbesondere die Ausführungen zur hier erfolgte Ausschreibung zuminDer EuGH hat hinsichtlich des Allgemeinen GleichbehandlungsgrundFortgeltung des Schutzes vor Altersdest immer dann begründet, wenn satzes einiges zur Rechtssicherheit diskriminierung nach Erreichen des im Anschluss ein deutlich jüngerer beigetragen. Dennoch wird das Gesetz Rentenalters von Interesse. Auch Bewerber eingestellt wurde. die Gerichte weiter beschäftigen. Arbeitnehmer deren ArbeitsverDer Arbeitgeber müsste nun behältnis wegen Erreichens des Rentenalters automatisch weisen, dass tatsächlich kein Verstoß gegen das AGG endet, die aber – zum Beispiel aus finanziellen Gründen vorliegt, was im Zweifel nur schwer gelingen wird. Und – die Fortsetzung einer Beschäftigung wünschen, sei der vor dem Hintergrund, dass bereits das Nichteinladen zu Schutz gegen Ungleichbehandlungen wegen des Alters einem Bewerbungsgespräch eine unmittelbare Benachbei der Suche einer neuen Erwerbstätigkeit nicht zu teiligung nach dem AGG darstellt, die den Bewerber versagen. Zur Vermeidung von Schadensersatz- und zum Schadensersatz berechtigen kann (im konkreten Entschädigungsansprüchen könnte ein Arbeitgeber Fall: ein Monatsgehalt), ist diese Entscheidung bei der daher in Zukunft gehalten sein, Stelleninhaber ungeFormulierung altersneutraler Stellenanzeigen zwinachtet des Eingreifens einer tariflichen Altersgrenze zu gend zu beachten. Formulierungen wie „junge Bewerberücksichtigen. ber“ oder „für ein junges Team“ sollten daher in Zukunft unbedingt vermieden werden. Diese Entscheidungen verdeutlichen ein generelles Problem der Praxis mit dem AGG: Die Unterscheidung zwischen der zulässigen und der unzulässigen Ungleichbehandlung wegen eines der im AGG genannten Kriterien. Nicht jede Ungleichbehandlung führt nämlich auch zu dessen Unzulässigkeit. Im Fall des Merkmals „Alter“ ist eine Ungleichbehandlung zum Beispiel zulässig, wenn sie „objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist“ (§ 10 AGG). Diese Abwägungskriterien machen es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, in der tagtäglichen Praxis Verstöße gegen das AGG zu erkennen und zu vermeiden. In der Konsequenz kann dies schnell kostspielig werden, denn die Gefahr eines Schadensersatzprozesses beginnt bereits vor der Begründung des Arbeitsverhältnisses bei der Stellenanzeige. Zwar war bei Stellenanzeigen schon immer ein besonderes Fingerspitzengefühl gefragt. Wann allerdings eine Stellenausschreibung gegen das Gebot der Merkmalsneutralität in § 11 AGG verstößt und welche Konsequenzen dies haben kann, ist häufig nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Mit seiner Entscheidung vom 19. August 2010 (8 AZR 530/09) hat das BAG zum Beispiel bestätigt, dass eine Stellenanzeige, die explizit an „junge” Bewerber oder Bewerberinnen adressiert wird, gegen das Gebot einer altersneutralen Ausschreibung verstößt. Mit dieser Einschränkung sollten nach Ansicht des BAG nämlich Personen, die nicht mehr „jung” sind, vom Kreis der Bewerber ausgeschlossen werden. 96

Fülle von Unwägbarkeiten Circa fünf Jahre nach der Einführung des AGG ist die anfangs prognostizierte Klagewelle zwar ausgeblieben, von einer Sicherheit im Umgang mit den gesetzgeberischen Vorgaben sind wir allerdings noch weit entfernt. Es ist insbesondere der Rechtsprechung zu verdanken, dass sich mittlerweile viele Fragen im Umgang mit dem AGG beantworten lassen. Erforderlich ist hierzu allerdings eine genaue Kenntnis der AGG-relevanten Entscheidungen auf nationaler und europäischer Ebene. Eine reine Gesetzeslektüre beseitigt im Falle des Antidiskriminierungsgesetzes nämlich leider nur wenige der vielen praktischen Schwierigkeiten. Und so bietet das AGG auch für die Zukunft noch eine schier unbegrenzte Fülle von Unwägbarkeiten, die die Rechtsprechung sicherlich noch über Jahre hinweg beschäftigen und Personaler verzweifeln lassen wird.

Falko Daub LL.M. Anwaltssozietät White & Case LLP

• Rechtsanwalt im Berliner Büro der internationalen Anwaltssozietät White & Case LLP • Seit 2008 als Rechtsanwalt zugelassen und ausschließlich im Arbeitsrecht tätig H U M A N

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Fotos: www.wikimedia.com; White & Case LLP

Problem der Praxis


2. HR Forum 24. Februar 2011, Messe Stuttgart Das 2. didacta HR-Forum widmet sich der Personalentwicklung. In vier Vorträgen und einer Podiumsdiskussion werden die konzeptionellen Grundlagen und gelungene Praxisbeispiele systematischer Personalarbeit vorgestellt. Themenfelder: • Kompetenz- und Talentmanagement in dynamischen Organisationen • systematische Absicherung der Personalentwicklung im Funktionszyklus • differenzierte und adressatengerechte Personalentwicklung aus der HR-Manufaktur und der HR-Fabrik sowie • Vielfalt „bunter Belegschaften“ in alternden und schrumpfenden Organisationen Teilnahmegebühr: EUR 199,00 (inkl. Messeeintritt) Informieren Sie sich unter www.didacta-hr-forum.de Anmeldung: info@didacta-hr-forum.de Didacta Verband e.V. Darmstadt


BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

Der BPM – aktuell

Terminankündigung

Personalmanagementkongress 2011

Wie zu Beginn des vergangenen Jahres wird der Verband sich auch im Frühjahr 2011 die Tradition fortführen und sich in den einzelnen Regionen vorstellen. Die Veranstaltungsreihe „BPM vor Ort“ startet am 22. Februar in Köln. Mehr dazu finden Sie auf der Seite 105.

Von den BPM-Fachgruppen möchten wir Ihnen auf der Seite 103 die Fachgruppe Arbeitsrecht näher vorstellen. Christian Vetter, Leiter der Fachgruppe, erläutert im Interview die Arbeitsweise und die nächsten Aktivitäten der Gruppe. Bei den BPM Regionalgruppen haben sich die Coaching Days zu einer festen Größe etabliert. Auch in diesem Jahr stehen bereits viele Termine fest. Einen Überblick zu den Terminen der nächsten zwei Monate finden Sie auf den Seiten 104-105. Ein Rückblick zu den vergangenen Veranstaltungen der Regionalgruppen finden Sie auf den Seiten 106-107. Ankündigungen: Die nächste Servicebroschüre widmet sich dem Thema Demografie Management und wird im Februar erscheinen. Das nächste BPM Forum wird voraussichtlich am 22. März 2011 in Berlin stattfinden. Im Februar wird der Verband das BPMnet vorstellen. Mehr dazu auf den Seiten 100-101.

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SAVE THE DATE: Am 30. Juni und 1. Juli 2011 findet nach der erfolgreichen Premiere des vergangenen Jahres erneut der Personalmanagementkongress in Berlin statt. Unter dem Motto „Die Zukunft gestalten“ sind wir bei der Planung besonders auf Ihr Feedback des letzten Kongresses eingegangen und haben vier Themenstränge definiert: Personalmanagement International, Demografie Management, Personalmanagement Online und Change Management. Neben diesen vier Hauptthemen wird auch das „klassische“ Personalmanagement nicht zu kurz kommen. Außerdem wird das Workshop-Programm des letzten Jahres noch einmal erweitert: Neue Formate wie ein „Ideenraum“ und ein „Anwenderforum“ werden Ihnen neben den klassischen Workshops praxisnahe und aktuelle Inhalte vermitteln. Darüber hinaus werden die Fachgruppen des BPM auf dem Kongress mit einzelnen Vorträgen vertreten sein. Wie bereits im letzten Jahr, wird auch während dieses Kongresses am Vorabend die Mitgliederversammlung stattfinden. Merken Sie sich als Mitglied deshalb ebenfalls bereits den 29. Juni 2011 in Ihrem Kalender vor. Weitere Informationen zu dem Kongress und das ausführliche Programm finden Sie unter www.personalmanagementkongress.de

Verbandsarbeit

Ad hoc Gruppe Women Up!

Auf der letzten Mitgliederversammlung am 18. September 2010 wurde folgender Beschluss gefasst: Der Bundesverband der Personalmanager setzt sich im Rahmen seiner Arbeit für Quotenregelungen für Frauen im Management ein. Er sieht es insbesondere als erforderlich an, dass der Anteil von Frauen im Top-Management signifikant größer wird. Der BPM wird einen Vorschlag zur Umsetzbarkeit von Quoten erarbeiten. Als Reaktion auf diesen Beschluss und zur Umsetzung des Arbeitsauftrages hat sich die Ad hoc Gruppe Women Up! gegründet. Christa Stienen ist mitverantwortlich für diese Arbeitsgruppe und gibt im Interview auf der nächsten Seite einen Einblick in die Arbeit der Ad hoc Gruppe.

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Fotos: Moritz Vennemann; Stephan Baumann

Ende des letzten Jahres hat sich die bei der letzten Mitgliederversammlung gegründete Ad hoc Gruppe Women Up! zum ersten Mal getroffen. Christa Stienen berichtet auf Seite 99 über die ersten Ergebnisse der Arbeitsgruppe.


BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

INTERVIEW

„Chancengleichheit für Frauen im Berufsleben ist kein „Nice-to-have“

Foto: Daiichi Sankyo Europe GmbH

Christa Stienen, Fachgruppenleiterin und mitverantwortlich für die Ad hoc Gruppe Women Up!

Frau Stienen, Sie sind mitverantwortlich für die Arbeitsgruppe „Woman Up“, die sich als Reaktion auf den Beschluss zur Einführung einer Frauenquote während der letzten außerordentlichen Mitgliederversammlung gegründet hat. Am 21. Dezember 2010 trafen sich die Mitglieder zum ersten Mal, welche Ergebnisse haben Sie erarbeitet? Wir müssen damit beginnen, die Personalverantwortlichen auf das Thema Chancengleichheit für Frauen im Berufsleben deutlicher aufmerksam zu machen. Denn es muss verstanden werden, dass es sich bei diesem Thema nicht um ein „Nice-to-have“ handelt, sondern um ein zentrales Anliegen der Unternehmen. Während der Veranstaltung am 21. Dezember haben wir außerdem eine Formel entwickelt, mit der eine Bemessung des Geschlechteranteils je nach Branche und/oder Unternehmen berechnet werden kann. Aber auch das ist nur ein erster Schritt. Warum engagieren Sie sich persönlich in der Gruppe und empfinden das Thema als wichtig? In meiner vorherigen Tätigkeit als Head of Corporate People Development bei der METRO AG habe ich das Netzwerk „Female Executives“ geleitet. Dabei ist mir aufgefallen, dass Frauen sich bislang zu wenig mit dem Thema Macht auseinandersetzen und den ihnen zustehenden Machtanspruch nicht ausreichend nutzen. Bei Männern ist dies meistens anders. Mittlerweile ist diese Auffälligkeit allerdings in der Öffentlichkeit präsent. Leider wird die Befassung mit der Thematik F E B R U A R / M Ä R Z

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allzu oft beschränkt als „Nischenthema“ in den Bereichen „Diversity“ und „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Die Bedeutung dieses grundsätzlichen Themas muss erkannt werden. In der heutigen Zeit streben viele Männer andere Lebenskonzepte an, die sich nicht mehr auf die klassische Rollenverteilung reduzieren. Dies gilt ebenfalls für eine immer größer werdende Anzahl an Frauen. Darauf müssen wir reagieren und Antworten geben. Welche weiteren Ziele verfolgt die Arbeitsgruppe in den kommenden Monaten? Ziel der Arbeitsgruppe ist es erst einmal, den Personalern Argumentationshilfen für die Platzierung dieses bedeutenden Themas zu bieten und praktische Vorschläge zu Programmen zu unterbreiten. Wir wollen die Personalmanager anregen, aktiver zu werden und ihren Handlungsspielraum für die Thematik deutlich zu erweitern. Zudem wollen wir auch konkrete Handlungshilfen geben, so zum Beispiel, wie Konzepte aufgestellt und die Bemessungen des Geschlechteranteils umgesetzt werden können. Und um das Thema und die Position des Verbands hierzu noch weiter in der Öffentlichkeit zu tragen, werden wir mit Unterstützern kooperieren und weitere Verbündete suchen. Im August planen wir beispielsweise eine Veranstaltung im Rahmen des „Victress Day“.

»Ziel der Arbeitsgruppe ist es, den Personalern Argumentationshilfen für die Platzierung des Themas zu bieten und praktische Vorschläge zu Programmen zu machen.«

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Rückblick BPM unterstützt Hochschulen Den Auftakt zur BPM-Hochschulkooperation bildete am 16. November an der Helmut-Schmidt Universität in Hamburg ein Vortrag von Sandra Widmaier, Direktorin Konzern Personal bei Otto zum Thema „Talent Management im OttoKonzern” unter besonderer Berücksichtigung internationaler Aspekte. Tobias Gintschel, der für das Strategic Personnel Development bei der BMW Group verantwortlich ist, brachte den Studenten der Universität Bayreuth am 23. November Innovationspotenziale und konkrete Nutzenaspekte sozialer Netzwerke näher. Am 14. Dezember stellte Gerhard Lohkemper, HR Director bei Kühne + Nagel interessierten Stundenten dort zudem das Human Resources Management von Kühne + Nagel in Deutschland vor.

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Ausblick Nächstes BPM Forum im März Voraussichtlich Ende März wird das nächste BPM Forum in Berlin stattfinden. Der BPM bietet mit dieser Veranstaltungsreihe eine Plattform, um über aktuelle, das Personalwesen betreffende Themen zu diskutieren, Ideen auszutauschen und Strategien zu entwickeln – um so konstruktive und innovative Lösungen für das Personalmanagement zu entwerfen und diesem mediales und politisches Gehör zu verschaffen. 99


BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

BPMNET – DAS SOCIAL NET DES BPM Das BPMnet ist angelehnt an bekannte Social Media und steht den Mitgliedern des Verbandes exklusiv zur Verfügung.

Wir möchten Ihnen auf diesen Seiten einen ersten Eindruck über das kommende BPMnet geben. Dieses soziale Netzwerk ist angelehnt an bekannte Social Media und steht den Mitgliedern des Verbandes exklusiv zur Verfügung. Wir möchten damit den Austausch und das Networking innerhalb des Verbandes stärken und Ihnen die Arbeit und Koordination der einzelnen Themen, Termine und Gruppen erleichtern.

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Herzlich Willkommen im BPMnet! Dies ist Ihre Startseite. Hier finden Sie alle aktuellen Informationen auf einen Blick.

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Teilen Sie anderen Mitgliedern mit, was Sie gerade machen, Sie können Ihr Profil bearbeiten und Ihre Privatsphäre-Einstellungen ändern. Zudem haben Sie hier eine Übersicht über aktuelle Nachrichten, Kontaktanfragen, Empfehlungen oder Einladungen aus Ihrem Netzwerk.

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Sie erhalten auf Ihrer Startseite einen kompletten Überblick über aktuelle Meldungen aus dem Verband, Ihrem Netzwerk und den Berichten des Magazins Human Resources Manager.

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Über den tagesaktuellen Kalender erfahren Sie, welche Veranstaltungen demnächst stattfinden. Das BPMnet verfügt über eine Vielzahl verschiedener Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten: Sie können über die Funktion „Post“ einzelne Mitglieder aber auch ganze Gruppen anschreiben, das Feld „Kontakte“ zeigt Ihnen nicht nur die Mitglieder, mit denen Sie im BPMnet bereits direkt vernetzt sind, sondern auch alle Mitglieder des Verbandes. Der Bereich „Gruppen“ gibt einen Überblick über Ihre und alle anderen Gruppen des BPM, hier können Sie sich beispielsweise zu Fachgruppen eintragen oder eigene Gruppen erstellen. Über die Funktion „Termine“ können Sie sich ganz einfach zu einer Veranstaltung eintragen, das Forum dient unter anderem dazu, einzelne Themen zu diskutieren oder Absprachen innerhalb einzelner Gruppen zu treffen.

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Foto: www.bpm-net.de

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iese Web-Plattform ist in ihrer Art mit anderen sozialen Netzwerken wie beispielsweise XING vergleichbar. Entscheidende Unterschiede sind jedoch, dass die Mitglieder des Verbandes unter sich bleiben, gezielt der Austausch gefördert wird und mit einer umfangreichen Wissensdatenbank ein direkter inhaltlicher Mehrwert für den Berufsstand der Personaler gegeben ist. Mit dem BPMnet baut der Verband ein stabiles Personalernetzwerk auf, das die inhaltliche Professionalisierung des Berufsstandes vorantreibt und darüber hinaus die Kommunikation und den Erfahrungsaustausch positiv innerhalb des Verbandes beeinflusst.


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eben vielen nützlichen Funktionen, die die Kommunikation und die Organisation innerhalb des Verbandes stärken, bietet das BPMnet seinen Nutzern einen umfangreichen Pool an Vorträgen, Präsentationen, Studien usw. Sie können hier das bestehende, sich fortlaufend aktualisierende Angebot nutzen oder auch selbst Beiträge einstellen. Das Wissensportal bietet den Mitgliedern damit einen entscheidenden Mehrwert und dient dem professionellen Austausch personalrelevanter Themen.

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Das Wissensportal bietet einen umfangreichen Pool an Präsentationen, Vorträgen, Informationsblättern usw. zu allen Bereichen des Personalmanagements

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Hier finden Sie alle Beiträge auf einen Blick, geordnet nach dem Einstellungsdatum

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Viele der Beiträge werden von uns fortlaufend aktualisiert. Sie haben jedoch auch die Möglichkeit selbst einen Beitrag zu erstellen, wenn Sie der Meinung sind, dieser könnte auch für die anderen Mitglieder einen Mehrwert bedeuten.

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Mit der Suchfunktion können Sie ganz einfach das Wissenportal nach den Themen durchsuchen, die für Sie interessant sind.

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Ein Ranking gibt Ihnen einen Überblick über besonders oft gelesen Beiträge.

Fotos: www.bpm-net.de; Privat; BPM

...das sagen die Nutzer »Ich hatte Gelegenheit, dass BPMnet im Rahmen einer Testphase auszuprobieren und bin sehr beeindruckt von den Möglichkeiten des Systems und der Stabilität der Anwendung. Ich bin überzeugt, dass das BPMnet die Kommunikation und den Austausch innerhalb der Regionalgruppen und des gesamten Verbandes entscheidend erleichtern wird.« Dr. Herbert Schlotter, Leiter Konzernpersonal, Wüstenrot & Württembergische AG, BPM Regionalgruppenleiter Baden-Württemberg

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»Das BPMnet ist für den Verband und seine Mitglieder eine enorme Bereicherung. Neben der Möglichkeit sich direkt mit einzelnen Mitgliedern zu vernetzen und zu kommunizieren bietet es zum Beispiel über das Wissensportal die Möglichkeit sich auch inhaltlich auszutauschen. Das BPMnet verbindet somit die Vorzüge von Xing und Facebook zu einem vertrauensvollen und effizienten Personalernetzwerk, denn es steht lediglich den Mitgliedern des Verbandes zur Verfügung, fördert gezielt den Austausch auf der inhaltlichen Ebene und möchte zielgerichtet über die Themen des Verbandes informieren.« Malte Hansen, Director Human Resources, Veolia Wasser GmbH, Schatzmeister des BPM

»Das BPMnet ist eine weitere Ergänzung zu den umfangreichen Informationen des Bundesverbandes der Personalmanager. Der interaktive Austausch und die Vernetzung der Mitglieder wird weiter verstärkt – und bringen so den BPM noch näher ins tägliche Leben.« Joachim Sauer, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor, Airbus Operations GmbH, Präsident des BPM

i Im Februar wird das BPMnet für alle Mitglieder zugänglich sein. Sie werden dazu von Seiten der Geschäftsstelle Zugangsdaten und eine Anleitung für die ersten Schritte der Nutzung des BPMnets erhalten. Natürlich steht Ihnen die Geschäftsstelle besonders in den ersten Tagen telefonisch oder per E-Mail für alle Fragen rund um das Social Net zur Verfügung!

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BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

AKTIVITÄTEN DER BPM-FACHGRUPPEN Gleich fünf Fachgruppen haben in den kommenden zwei Monaten die nächsten Veranstaltungen geplant, um die inhaltliche Arbeit an den Themen fortzuführen.

16. FEBRUAR 2011

Fachgruppe Change Management

23. FEBRUAR 2011

Fachgruppe Recruiting Thematisch wird sich die Fachgruppe während der Veranstaltung am 23. Februar vor allem mit der allgemeinen Personalbeschaffung und -gewinnung, dem Fachkräftemangel, dem demografischen Wandel sowie der Nachwuchsentwicklung befassen. Zudem sollen ebenfalls die Diagnostik sowie Mess- und Personalauswahlinstrumente betrachtet werden. Diese in der Auftaktveranstaltung festgelegten Themen sollen nun weiter vertieft und bearbeitet werden.

Zeit: 16. Februar Ort: Düsseldorf

23. FEBRUAR 2011

Fachgruppe Arbeitsrecht

Die erste Konferenz der Fachgruppe wird am 11. März in Leverkusen stattfinden. Als Referent wird Professor Dr. Klaus Stulle, der an der Fresenius Universität Köln auf dem Gebiet Wirtschaftspsychologie lehrt, zu Gast sein. Mit ihm soll unter anderem über das HR-Businesspartner Konzept nach Dave Ulrich in der Ursprungsversion und den nachfolgenden Modifikationen, das idealtypische Kompetenzprofil des HR-Businesspartners und die Herausforderungen in der Praxis sowie mögliche Alternativen zum HR-Businesspartner Konzept als zukünftige Entwicklung diskutiert werden.

Am 23. Februar trifft sich die Fachgruppe Arbeitsrecht bei der Gruner + Jahr AG & Co KG in Hamburg. Die Mitglieder haben während der Veranstaltung die Gelegenheit, mit zwei hochkarätigen Experten aus dem Bereich Arbeitsrecht zu diskutieren. Dr. Helmut Nause, Präsident des Landesarbeitsgerichts in Hamburg und Prof. Dr. Stefan Lunk, Partner bei der Latham & Watkins LLP, werden während des Treffens als Referenten vor Ort sein. Im Fokus der Veranstaltung werden vor allem die praxisrelevante neuere Rechtsprechung zur Arbeitnehmerüberlassung einschließlich der Auswirkungen des Urteils des Bundesarbeitsgerichts zur Tariffähigkeit der CGZP vom 14.12.2010 und die Vermeidung von Fehlern bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen stehen.

Zeit: 11. März Ort: Bayer MaterialScience AG

Zeit: 23. Februar Ort: Gruner + Jahr AG & Co KG, Hamburg

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Fachgruppe HR Business Partner

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Fotos: Sebastian Müller; BPM

Am 16. Februar wird sich die Fachgruppe Change Management in Düsseldorf treffen. Neben einem Erfahrungsaustausch, werden Praxisbeispiele vorgestellt, die diskutiert werden. Auch die praxisnahe Arbeit unter Berücksichtigung der verschiedenen Change-Typologien und eine Erarbeitung der Erfolgsfaktoren stehen im Fokus.

Zeit: 23. Februar Ort: GPR-gGmbH Gesundheits- und Pflegezentrum Rüsselsheim


BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

13. APRIL 2011

Fachgruppe Employer Branding Die Arbeitsgruppe zur wissenschaftlichen Ausarbeitung des Themas „Employer Branding“ wird während des nächsten Treffens am 13. April in Darmstadt erste Ideen und Definitionen vorstellen. Zudem wird die Fachgruppe weiter an der Erstellung eines „Werkzeugkastens“ mit verschiedenen Hilfsmitteln zur Umsetzung eines erfolgreichen Employer Brandings arbeiten. Zeit: 13. April Ort: Profi Engineering Systems, Darmstadt

INTERVIEW

„Wir beobachten die laufenden Gesetzgebungsverfahren, um die Meinung des BPM zu solchen Themen öffentlich werden zu lassen“

Fotos: BPM; Indra Ohlemutz

Christian Vetter, Leiter Arbeits- und Sozialrecht Deutschland , Dow Deutschland Inc. sowie Leiter der BPM-Fachgruppe Arbeitsrecht

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Herr Vetter, Sie leiten die Fachgruppe Arbeitsrecht. Mit welchen Schwerpunkten befassen Sie und die anderen Mitglieder sich aktuell? Nach der Auftaktveranstaltung der Fachgruppe Ende August letzten Jahres haben wir uns schwerpunktmäßig damit beschäftigt, wie die Arbeit der Fachgruppe strukturiert werden kann, um die Erwartungen der Mitglieder zu erfüllen. Wir haben deshalb eine Steuerungsgruppe gebildet, die die Fachgruppen-Arbeit abstimmen und koordinieren soll. Außerdem haben wir eine Untergruppe zum Thema „Arbeitsvertragsgesetzbuch“ ins Leben gerufen. Sie befasst sich mit dem Auftrag des BPM, eine Position des BPM zu diesem Thema zu diskutieren und gegebenenfalls zu formulieren. Schließlich beobachten wir die laufenden Gesetzgebungsverfahren – zum Beispiel zum Beschäftigtendatenschutz oder der Familienpflegezeit – auch um die Meinung des BPM zu solchen Themen öffentlich werden zu lassen. Welche Aktivitäten sind für die nächsten Monate geplant? Im kommenden Februar wir es das erste ganztägige Arbeitstreffen der Fachgruppe bei der Gruner+Jahr AG & Co. KG in Hamburg geben. Wir haben hochkarätige Referenten für aktuelle arbeitsrechtliche Themen gewinnen können und sind gerade dabei, zu dieser Veranstaltung nicht nur die Mitglieder der Fachgruppe sondern alle interessierten Mitglieder des BPM einzuladen. Außerdem werden wir den erwünschten und unkomplizierten Austausch der Mitglieder der Fachgruppe untereinander über arbeitsrechtliche Themen starten, wenn das dafür vorgesehene BPMnet entsprechend der letzten Ankündigung in Kürze frei geschaltet wird. Wie können sich interessierte BPM-Mitglieder zu Ihrer Fachgruppe Arbeitsrecht anmelden und sich aktiv in die Arbeit einbringen? Die Anmeldung sollte über die Website des Verbandes unter: http://www.bpm.de/ueber/fachgruppen oder die Geschäftsstelle erfolgen. Wenn ein Fachgruppenmitglied aktiv mitarbeiten möchte, bin ich gern bereit, mit jedem Interessenten ein persönliches Gespräch darüber zu führen und nach Wegen zur Umsetzung zu suchen. Gerade in der noch laufenden Aufbauphase des Verbandes sind solche Gespräche besonders wichtig.

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BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

Coa ch Day ing s

COACHING DAYS: NÄCHSTE WORKSHOP-TERMINE Alle Regionalgruppen bereiten aktuell weitere Veranstaltungen der Reihe „Coaching Days“ vor. Termine in Hannover, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf und München kündigen wir hier bereits an. Mitglieder können wieder deutschlandweit kostenfrei an den Workshops teilnehmen.

Online Bewerbungsmanagement Während der Workshops wird den Teilnehmern die Entwicklung im Online Recruiting aufgezeigt. Ausgehend von der allgemeinen Entwicklung des Bewerbermarktes und des geänderten Informationsverhaltens von Kandidaten wird darauf eingegangen, wo und wie Unternehmen in Zukunft direkt geeignete Kandidaten im „War for Talents“ ansprechen können und welche Fehler es zu vermeiden gilt. Referentin Constanze Buchheim Geschäftsführerin und Gründerin der i-potentials GmbH

Termin: 16. Februar 2011 Ort: NH Berlin Mitte, Leipziger Straße 106-111, 10117 Berlin

HESSEN / RHEINLAND-PFALZ / SAARLAND

Demografiemanagement Vor dem Hintergrund der Rente mit 67 und des sich zuspitzenden Fachkräftemangels sind Unternehmen gefordert, wirksame Strategien zum Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels zu entwickeln. In den Workshops werden die Handlungsfelder des demografischen Wandels beleuchtet und diskutiert. Referent Klaus Pelster Leiter Health Management, Mercer Deutschland GmbH

Termin: 23. Februar 2011 Ort: Xchanging Transaction Bank GmbH Wilhelm-Fay-Straße 31-37, 65936 Frankfurt am Main

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»Ich war sehr zufrieden! Die Referentin konnte alle Fragen beantworten, referierte umfassend und mit guten Beispielen, welche das Thema optimal erläuterten.« Stefan Trinkl, Personalreferent, Peguform GmbH Coaching Day mit dem Thema „Schlechtleistung im Arbeitsverhältnis” am 15. Dezember 2010 in München.

HAMBURG / SCHLESWIG-HOLSTEIN / MECKLENBURG-VORPOMMERN

Realistic Job Preview als Employer Branding Instrument Alle sind sich einig, dass Arbeitgeberkommunikation – speziell in Zeiten des Web 2.0 – authentisch sein soll. Authentisches Arbeitgebermarketing wirkt nicht nur entlang der Wertschöpfungskette des HR, sondern darüber hinaus auch positiv auf andere Unternehmensbereiche und Ziele. Hierzu wird in den Workshops das Konzept der „Realistic Job Previews“ anhand praktischer Beispiele vorgestellt. Referent Joachim Diercks Geschäftsführer der Cyquest GmbH

Termin: 10. Februar 2011 Ort: Stage Entertainment GmbH, Kehrwieder 6, 20457 Hamburg

»Sehr gut – klar, strukturiert, einfache Darstellungen«

Bärbel Leuenroth, Personalleiterin, HCI Capital AG

Coaching Day in Hamburg am 2. Dezember 2010 zum Thema: „Vom Wertemanagement zum Wertemanager: Training für Führungskräfte, die Werte schaffen wollen“

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Fotos: Privat; i-potentials GmbH; Cyquest Gmic; Mercer Deutschland GmbH; HCI Capital AG

BERLIN / BRANDENBURG


BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

BAYERN

Change Management Unternehmen stehen im täglichen Kontext immerwährenden Veränderungsprozessen gegenüber. Das HR-Management sollte hier unterstützend tätig sein. Doch wie wird die Arbeitswelt in der Zukunft aussehen? Im Workshop werden sich die Teilnehmer mit dem Paradigmenwechsel im Bezug auf das HR-Management beschäftigen. Referentin Ute Irene Pfeiffer Inhaberin des Beratungsunternehmens laventa-Solutions

Termin: 9. März Ort: BayWa AG, Arabellastraße 4, 81925 München

NORDRHEIN-WESTFALEN

Personalentwicklung Der Coaching Day soll vor allem HR Kollegen aus mittelständischen Unternehmen ansprechen, die sich über Kernprozesse der betrieblichen Personalentwicklung informieren wollen. Dabei wird beleuchtet, ob es sich bei betrieblicher Personalentwicklung ein „Nice to have oder Need to have“ handelt. Zudem werden Kernaufgaben und –prozesse der Personalentwicklung beleuchtet. Im Hinblick darauf soll den Teilnehmern unter anderem vermittelt werden, wie Mitarbeiterpotenziale für Fach-, Führungs-, Projekt- und Querschnittsfunktionen gesichtet und Talentförder- und Weiterbildungsprogramme maßgeschneidert werden können. Referentin Anette Kreitel-Suciu HR Director, bei der SNT Deutschland AG

BREMEN / NIEDERSACHSEN

Personalmanagement und Social Media Social Media und Mobile Internet sind in aller Munde. Handelt es sich nur um einen Hype oder sind dies effektive Instrumente, mit denen sich Unternehmen im zunehmenden Wettbewerb um Talente einen Vorteil verschaffen können? Dr. Ulrich Rust, Leiter Vertrieb, und Thorsten Mensching, Online-Marketing Manager bei der Jobware Online-Service GmbH zeigen, wie man ohne großen Aufwand die etablierten Recruiting- und Personalmarketing-Aktivitäten mit Facebook, iPhone & Co. ergänzen kann. Referent Dr. Ulrich Rust Leiter Vertrieb, Jobware Online-Service GmbH

Termin: 24. Februar 2011 Ort: COMRAMO IT Holding AG, Bischofsholer Damm 89, 30173 Hannover

»Die Referentin gestaltete den Vortrag sehr interessant, sie ließ uns an ihrem fundierten Fachwissen teilhaben, es konnten Fragen und Fallbeispiele aus der Praxis eingebracht werden, mir hat die Veranstaltung sehr gut gefallen.« Katharina Schmidt, Leiterin Personalentwicklung, Ausbildungsleiterin, Bezirk Oberbayern Coaching Day in München am 15. Dezember 2010 zum Thema: „Schlechtleistung im Arbeitsverhältnis“

Termin: 29. März Ort: Düsseldorf

Ankündigung Fotos: hejha-foto; Jobware Online-Service GmbH; Privat; Karo Wolf

Veranstaltungsreihe „BPM vor Ort“ In diesem Frühjahr wird unser Verband zum wiederholten Male die Veranstaltungsreihe „BPM vor Ort“ organisieren. Vom 22. Februar bis 12. April wird der Verband in acht deutschen Städten in den Regionalgruppen zu Gast sein. Der BPM möchte sich direkt vor Ort präsentieren und Mitgliedern sowie Personalverantwortlichen, die es werden wollen und sich für die Arbeit des BPM interessieren, ein Forum bieten für fachliche Diskussionen und darüber hinaus über die Verbandsarbeit informieren. Die Auftaktveranstaltung findet am 22. Februar in Köln statt. Eine persönliche Einladung werden Sie rechtzeitig erhalten. Weitere Informationen finden Sie auf der Website unter: www.bpm.de.

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NEUES AUS DEN REGIONALGRUPPEN Bei den letzten Regionalgruppentreffen standen unter anderem die Themen Gesundheitsmanagement, Potenzialanalyse sowie Befristungsproblematiken im Fokus der Veranstaltungen.

RÜCKBLICK REGIONALGRUPPENTREFFEN

Baden-Württemberg

Das letzte Treffen der Regionalgruppe Baden-Württemberg im Jahr 2010 fand am 25. November bei der Wüstenrot & Württembergische AG in Stuttgart statt. Während der Veranstaltung berichteten die Themenverantwortlichen über den Stand der Diskussionen in den Arbeitsgruppen.

Inhaltlich stand das Thema „Gesundheitsmanagement“ im Mittelpunkt der Veranstaltung. Hierzu stellte Detlef Georg das Konzept der Liebherr-Hausgeräte Ochsenhausen GmbH, bei der er als Personalleiter tätig ist, zu der Thematik vor.

RÜCKBLICK REGIONALGRUPPENTREFFEN

RÜCKBLICK REGIONALGRUPPENTREFFEN

Das erste Treffen der Regionalgruppe Nordrhein-Westfalen im neuen Jahr fand am 13. Januar in Köln statt. Gastgeber der Veranstaltung war das Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Den inhaltlichen Schwerpunkt bildete das aktuelle Befristungsrecht. Daniel Gyr, HR Manager Operations Europe bei der QIAGEN GmbH zeigte dazu einige Problemfälle in der Praxis auf. In seinem Vortrag stelle er zum einen Problemfälle der Zweck- und Zeitbefristung vor und gab zudem einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des Befristungsrechts.

Die Regionalgruppe Bremen / Niedersachsen leitete das neue Jahr mit dem Thema “Potenzialanalyse” ein. Regionalgruppenleiter Niels Remme hielt während der Veranstaltung, die am 11. Januar bei der EWE NETZ GmbH in Oldenburg stattfand, einen Impulsvortrag zu der Thematik am Beispiel der Nehlsen GmbH & Co. KG. Darauf folgte eine rege Diskussion der Teilnehmer.

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Bremen / Niedersachsen

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Foto: BDP

Nordrhein-Westfalen


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RÜCKBLICK REGIONALGRUPPENTREFFEN

Erste Stammtische in Berlin und Hamburg Die ersten Stammtischtreffen haben am 6. und 11. Januar in Berlin und Hamburg stattgefunden. Jeweils rund 20 interessierte Mitglieder aus den Regionalgruppen Berlin / Brandenburg und Hamburg / Schleswig-Holstein / Mecklenburg-Vorpommern trafen sich abends zum Austausch in lockerer Atmosphäre. Beide Regionalgruppen planen, die Stammtische in einem monatlichen Turnus fortzuführen. Die Regionalgruppenleiterinnen Manuela Piehl und Christina Nehm werden die Mitglieder im Vorfeld rechtzeitig über die nächsten Termine informieren. Auch die Regionalgruppen Nordrhein-Westfalen und Bremen / Niedersachsen werden zeitnah Stammtische an mehreren Orten in den Regionen initialisieren. Hierzu werden die Mitglieder ebenfalls rechtzeitig nähere Informationen erhalten.

Nächste Termine Regionalgruppe Hamburg / Schleswig-Holstein / MecklenburgVorpommern Thema: Die Herausforderungen des Demografischen Wandels Während des ersten Treffens der Regionalgruppe im neuen Jahr werden die Herausforderungen, die der Demografische Wandel mit sich bringt, im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen. Hierzu wird Astrid Rimbach, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Personalwesen der Helmut Schmidt Universität einen Impulsvortrag halten.

Regionalgruppe Bremen / Niedersachsen Thema: 360 Grad Feedback Das „360 Grad Feedback“ hat in den letzten Jahren eine weite Verbreitung und Anwendung in der Praxis erfahren. Die Regionalgruppe Bremen / Niedersachsen wird sich am 8. März mit der Thematik befassen und Vor- und Nachteile des Feedbackverfahrens diskutieren. Zeit: 8. März 2011 Ort: Wolfsburg

Zeit: 24. Februar 2011 Ort: Jahreszeiten Verlag GmbH, Hamburg

Regionalgruppe Bayern Thema: Unternehmenskultur Am 24. Februar wird die Regionalgruppe Bayern zu Gast in der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen sein. Dorothea Galuska, Leiterin des Personalmanagements bei der Heiligenfeld GmbH, wird den Teilnehmern das Thema „Unternehmenskultur“ näher bringen.

Foto: Moritz Vennemann

Zeit: 24. Februar 2011 Ort: Parkklinik Heiligenfeld, Bad Kissingen

Regionalgruppe Nordrhein-Westfalen Thema: HR Online Am 17. März trifft sich die Regionalgruppe Nordrhein-Westfalen bei der Bertelsmann AG in Gütersloh. Nach einem Get-together wird Judith Charles, die als HR Services Manager Employer Branding bei der Bertelsmann BKK beschäftigt ist, gemeinsam mit Dr. Nico Rose, Director Corporate Development bei der Bertelsmann AG zum Thema „HR Online“ einen Impulsvortrag halten. Zeit: 17. März Ort: Bertelsmann AG

Regionalgruppe Berlin / Brandenburg Thema: Der Demografische Wandel Regionalgruppenleiterin Manuela Piehl lädt alle Mitglieder der Regionalgruppe am 28. Februar zu dem ersten Treffen im Jahr 2011 ein. Ein Mitarbeiter der zukunft im zentrum GmbH wird den Teilnehmern einen Impulsvortrag zum demografischen Wandel vorstellen. Die Veranstaltung wird beim Deutschen Institut für Normung e.V. stattfinden.

Regionalgruppe Baden-Württemberg Thema: wird noch bekannt gegeben Während des Treffens am 28. März bei der Wüstenrot & Württembergische AG in Stuttgart wird ein aktuelles HR-Thema im Fokus stehen. Zudem wird Regionalgruppenleiter Dr. Herbert Schlotter die Neuigkeiten aus dem Verbandsleben vorstellen. Die Verantwortlichen der Themengruppen werden den Stand der Diskussion in den Bereichen Vergütungsfragen, strategisches Personalmanagement, Führungskultur, Organisation der Personalarbeit / HR Business Partner erläutern.

Zeit: 28. Februar 2011 Ort: Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin

Zeit: 28. März Ort: Wüstenrot & Württembergische AG, Stuttgart

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Der BPM begrüßt weitere Personalmanager im Verband

NEUMITGLIEDER Mehr als 2.200 Mitglieder zählt der BPM mittlerweile. Einige der Neumitglieder stellen wir hier namentlich vor. »Der BPM entwickelt sich zu einem attraktiven Forum, um offen neue Ideen auszutauschen, aktuelle HR-Treiber zu diskutieren und spannende Kontakte zu knüpfen.« Andreas Heller, Director HR, Peek & Cloppenburg KG

ferent, Celesio AG Sabine Deipenbrock-Roland, Leiterin Strategische Personal-und Organisationsentwicklung, Provinzial NordWest Holding AG Ingrid Dieckmann, Personalentwicklerin, Sparkasse Aurich-Norden Anneliese Katharina Dörrhöfer, Senior Director Human Resources and Finance, SAS Institute GmbH Martin Ehlis, Personalreferent, BTC Business Technology Consulting AG Monika Eichner, Personal-

leiterin, Grundfos GmbH Beate Ellrich, Leiterin Führungskräfte- und Personalentwicklung, TOTAL Deutschland GmbH Bettina Fessler, Personalreferentin, Huber + Suhner GmbH Oliver Fichte, Leiter Personal, Hoesch & Partner GmbH Heiko Fischer, Global Head of Resourceful Humans, Crytek GmbH Andrei Frömmer, Leiter Führungskräfteentwicklung und -betreuung , Deutsche Postbank AG

Wilfried Gaiser, Leiter Personal und Recht, Bayerngas GmbH Kristina Gaugler, Personalreferentin, Franke GmbH Elke Gerdes, Teamleiterin Kompetenzpool, AOK Systems GmbH Brigitte Glienke, Personalentwicklerin, Rheinland Versicherungs AG Eimear Goodman, Personalreferentin, BTC Business Technology Consulting AG Marko Göring, Mitarbeiter Personalentwicklung, pronova BKK - Partner für Ihre Gesundheit Wentje Gummert, Personalreferentin, Gauff GmbH & Co. Engineering KG Berthold Guss, Director HR Governance, Tognum AG Hubert Hanowski, Personalleiter, Cardo Flow Solutions Germany GmbH Andreas Heller, Director HR, Peek & Cloppenburg KG Jens-Holger Hepke, Leitung Personalmanagement, Hettich Marketing- und

Mitgliederentwicklung

Gründung September 2009

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150 Oktober 2009

440 November 2009

740 Dezember 2009

1.060 Januar 2010

1.160 Februar 2010

1.264 März 2010

1.503 April 2010

1.656 Mai 2010

1.720 Juni 2010

1.830 Juli 2010

1.978 August 2010

Vertriebs GmbH & Co.KG Katharina Hintze, Leiterin Human Resources, Inventux Technologies AG Iris Holk, Personalreferentin, OXEA GmbH Stefanie Hürten, Prokuristin Koordination Aus- und Fortbildung, Ernst & Young GmbH Johannes Kern, Personalreferent, DMG Vertriebs und Service GmbH DECKEL MAHO GILDEMEISTER Rainer Kickelhayn, Personalreferent, WOLFF & MÜLLER GmbH & Co. KG Mathias Kießig, Personalreferent, Tata Technologies Europe Ltd. Sabrina Klix, Personalreferentin, Garmin Deutschland GmbH Kerstin Kohler, HR Manager, Bombardier Transportation GmbH Marita Kraft, Personalreferentin, Gira Giersiepen GmbH & Co. KG Britta Kuhl, Personalreferentin, CWS-boco International GmbH Karin Kuhlmann, Perso-

2.225 Januar 2.197 Dezember 2011 2.185 2.071 November 2010 2.012 Oktober 2010 September 2010 2010

Foto: Privat

Katrin Akamp, Personalreferentin, BTC Business Technology Consulting AG Martina Albrecht, Personalreferentin, Tyczka Energie GmbH Stefanie Andraschko, Teamleiter Human Resources Management / Learning & Development, Josef Witt GmbH Bernhard Bachhuber, European HR Director, AVERY DENNISON Susanne Baginski, Manager HR Development & Improvement, Airbus Operations GmbH Uwe Bäsler, Personalleiter, DB Fernverkehr AG Silke Bergfeld, Personalreferentin, BTC Business Technology Consulting AG Ralph Bergmann, Personalleiter, Staatstheater Mainz GmbH Birgit Block, Personalleiterin, TOTAL Deutschland GmbH Frank Brüggestrat, Personalvorstand, ThyssenKrupp Marine Systems Felix Caspari, Personalre-

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Fotos: Privat; TDK Electronics Europe GmbH

nalleiterin, LMT Shared Services GmbH & Co. KG Tilmann Kuhnke, Werkspersonalleiter, Sterling SIHI GmbH Katja Lantzsch, Leiterin Führungskräfteentwicklung, Franz Cornelsen Bildungsholding GmbH & Co. KG Miriam Lewandowski, Personal- und Organisationsentwicklerin, Truck-Lite Europe GmbH Tanja Lieber, HR Business Partner, ILF Beratende Ingenieure GmbH Kerstin Marzahn, Abteilungsleiterin Personalentwicklung, Kaiser’s Tengelmann GmbH Martin Mayländer, Gruppenleiter, operative Personalbetreuung, BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH Anja Mey, Personalreferentin, diligenZ management consulting GmbH

Martin Mikosch, Referent Personalentwicklung, METRO Cash & Carry Deutschland GmbH Claudia Mondhe, HR Manager Europe, ZIM Germany GmbH Carola Morgenstern, Personalreferentin, CT GmbH Kathleen Neumann, HR Consultant, Siemens AG Nils Offenhäuser, Personalleiter, SIM Communication Center GmbH Karen Oßmann, Gruppenleiter Operatives Personalmanagement, Robert Bosch GmbH Dr. René Peters, Leiter Personal Holding, Franz Haniel & Cie. GmbH Ingrid Pfanzelt, Personalleiter, SORIN GROUP Deutschland GmbH Manfred Pfeil, Personalleiter, Bernstein AG Stephan Polomski, Personalleiter, XTRONIC GmbH

»Der BPM macht die Personalarbeit und branche wesentlich transparenter und bietet ein exzellentes Forum für den Fachaustausch und Best Practices. Ein Benchmark für die eigene HR-Arbeit und eine echte Bereicherung für die HR Welt. Ein wichtiges Sprachrohr und sicherlich ein bedeutender Einflussfaktor im Hinblick auf die Entfaltung des hohen Potentials von HR. Ich bin zuversichtlich, dass der BPM einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der öffentlichen Meinung leisten wird.« Caroline Renk, HR spezialist, TDK Electronics Europe GmbH

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»In der Praxis zeigt sich, dass Personaler - obwohl sie in den unterschiedlichsten Berufsgruppen tätig sind – weitestgehend mit ähnlichen Problemen und Situationen konfrontiert werden. Der BPM bietet eine hervorragende Gelegenheit, dass sich Personaler direkt untereinander verständigen und ihr Knowhow austauschen. Wir können froh und dankbar sein, dass der Berufsverband entstanden ist, der es uns ermöglicht, branchenübergreifend ein Netzwerk aufzubauen. Ich freue mich auf regen Gedankenaustausch.« Ralph Bergmann, Personalleiter, Staatstheater Mainz GmbH Anja Popp, HR Manager, Fujitsu Technology Solutions GmbH Dr. Wittigo Rabenau, Bereichsleiter Human Resources Autobahn, Autobahn Tank & Rast Holding GmbH Marc Rähmer, Personalreferent/Recruiting, Kämmerer AG Dieter Stefan Randt, HR Manager, ECE Projektmanagement GmbH + Co. KG Martina Raschke, Personalentwicklerin, Tyczka Totalgaz GmbH Caroline Renk, HR Specialist, TDK Electronics Europe GmbH Markus Ritter, Leiter Personal, Recht und Organisation, Deutsches Theater Dr. Nico Rose, Director Corporate Development, Bertelsmann AG Marcus Rosenkranz, Personalleiter, Evangelisches Krankenhaus Wesel GmbH Frank Roth, Personalleiter, K+S KALI GmbH Werk Werra Sabine Ruffra, HR Representative, BASF Plant Science Company GmbH Pivi Scamperle, Mitarbeiterin SZ Ogranisationsentwicklung, Schaeffler

Technologies GmbH & Co. KG Michael Schaaf, Assistent Director - Learning Development, Ernst & Young GmbH Mark Schaefer, Vice President Human Resources Europe & Asia Pacific, West Pharmaceutical Services Deutschland GmbH & Co. KG Stefanie Scharfenstein, Referentin Verwaltung - Personal, Gemeinsamer Bundesausschuss Dr. Petra Schmidthals, Leiterin Personalmanagement, Universitätsklinikum Köln Ralf Schneyer, HR Specialist, Faurecia Emissions Control Technologies, Germany GmbH Hendryk Schoder, Personalleiter, Masdar PV GmbH Sandra Schollenberger, HR Business Partner, BASF SE Lutz Siebert, Leiter Fachund Führungskräftentwicklung, Fraport AG Jörg Siebrecht, Human Resources Manager, E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG Laura-Marie Sonnen, Human Resources Manager, Starman Hotels (D) GmbH Le Royal Méridien Hamburg Claudia Steiger, Senior Manager Human Resour-

ces, BASF Plant Science Company GmbH Rebecca Steinhage, Head of Human Resources, LR Health & Beauty Systems GmbH Ann-Christin Strücker, Leiterin HR - Services, bofrost* Dienstleistungs GmbH & Co.KG Sina Ulrich, Personalreferentin, BTC Business Technology Consulting AG Juliane Weber, HR Business Partner, Stadtsparkasse Düsseldorf Zentralbereich Personal Sabine Weidemann, HR Process Coordination Manager, Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG Bernhard Weinstein, Geschäftsführer, DEVK Versicherungen Armin Wenny, Leiter Personalreferat, Leiter Personal/Organisationsentwicklung, Robert Bosch GmbH Ulrich G. Wünsch, Regionalbereichsleiter Personal, DB Fernverkehr AG Dr. Phil Zundel, Leiter Vorstandsstab und Personal, Münchener Hypothekenbank eG

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FRAGEBOGEN Folge 2: Michael Prochaska, Personaldirektor, Franz Haniel & Cie. GmbH

Michael Prochaska Personaldirektor Haniel

Wenn ich nicht Personalchef bei Haniel wäre, könnte ich mir auch vorstellen… …als Bergführer anderen Gipfelgenüsse zu ermöglichen. Was mich manchmal ärgert, ist… …Humorlosigkeit und Eigensinn. Duisburg, der Sitz von Haniel, hat gegenüber München den Vorteil… …dass es Currywurst gibt und keine Weißwürste, Schimanski und nicht Batic. Haniel ist nicht so bekannt wie ein DAX-Unternehmen, aber dafür… …hat es Private Equity erfunden und hält drei Dax-Werte im Portfolio. Eines der inspirierendsten Bücher ist für mich: …„The Call of Alaska“ von Jon Krakauer – ein junger Mann bezahlt den Aufbruch in die Zukunft mit dem Leben, weil er schlecht vorbereitet ist. Wenn ich an meine ersten Berufsjahre denke… 110

…da war ich ein absoluter Überzeugungstäter: HR war das Allerwichtigste. Die Überzeugung ist geblieben, jedoch sind andere hinzu gekommen. Ein guter HR-Manager zu sein, heißt… …Menschen und das Miteinander in den Mittelpunkt zu stellen, zu gestalten und zu wirken. Es bedeutet auch: Dinge zu tun, die kein anderer tun will. Arbeit bedeutet für mich… …gemeinsam Spaß und Erfolg zu haben, durch dick und dünn zu gehen, um dann zu fragen: Was hecken wir als nächstes aus? ... sind ein Feld, dem bislang noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Auswirkungen von permanenter Vernetzung und Erreichbarkeit auf die Gesundheit der Mitarbeiter … Jemand, der sagt, HR sei zu wichtig, um es Personalmanagern zu überlassen… …hat prinzipiell Recht. Erfolgreiche Zusammenarbeit wird vor Ort bestimmt, dort wo Menschen täglich aufeinandertreffen. Personaler müssen in Zukunft… …aufhören mit Wehklagen und Positionierungsdebatten, über Wunschbilder und -rollen. Es gilt: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Duisburg – eine Stadt mit ruppigem Charme. Sie ist der Stammsitz der Haniel-Gruppe. Die Holding ist im Familienbesitz und hat rund 50.000 Mitarbeiter. Für das operative Geschäft sind fünf Geschäftsbereiche verantwortlich. Zum Konzern gehören unter anderem die Celesio AG (Pharmagroßhändler) sowie Takkt (Business-to-Business-Versandhändler).

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Foto: Franz Haniel & Cie.GmbH

Bei Haniel zu arbeiten, bedeutet… … Familie, Tradition und Werte als Grundgerüst für ökonomischen Erfolg zu erleben. Menschen stehen im Mittelpunkt – und das seit 255 Jahren.

Etwas Besonderes zu leisten, das hat den Wirtschaftspsychologen schon lange beschäftigt. Michael Prochaska hat sich bereits sehr früh und intensiv mit der Frage auseinander gesetzt, wie Spitzenleistung und Erfolg in Schule, Beruf und Sport zustande kommen. Mittlerweile ist der Schwabe nach Stationen in Stuttgart, Wiesbaden und München im Ruhrgebiet angekommen, dort wo die Handelsdynastie Haniel ihren Ursprung und ihre Unternehmenszentrale hat. Der 48-Jährige ist seit Mai 2007 Personalchef der Franz Haniel & Cie. GmbH in Duisburg. Davor war er in verschiedenen Personalfunktionen bei Linde und Porsche.


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