Magazin Zeitgenossen 01/2016

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ZEIT GENOSS EN

BEGEGNUNGEN IN STADT UND LAND SALZBURG

GROSSE BÜHNE

VIRTUOS

RAKETENHAFT

JUBILÄUM

DIE ZEITGENÖSSISCHEN HIGHLIGHTS DER SALZBURGER FESTSPIELE.

GANZJÄHRIG HOCHKARÄTIGE JAZZFESTIVALS UND -KONZERTE.

SCHRIFTSTELLERIN KAREN KÖHLER IM GESPRÄCH.

LANDESAUSSTELLUNG UND PROGRAMM IM GANZEN LAND.


! g r u b z l a S h c a n g e e g i e Fli G e t ie ers

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salzburg-airport.com


Foto: Andreas Kolarik

ZEIT GENOSS EN

BEGEGNUNGEN IN STADT UND LAND SALZBURG

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Foto: Julia Klug

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Jazz: In Salzburg wird er das ganze Jahr hindurch gefeiert.

Literatur: Karen Köhler hat den Rauriser Literaturpreis gewonnen.

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Salzburg. Wo sonst gelangt man auf direktem Weg von einer Alm zu einer Lesung zeitgenössischer Literatur? Wo sonst liegen urige Berghütten Tür an Tür mit barockem Weltkulturerbe? Und wo sonst lassen sich innerhalb dieses Weltkulturerbes fußwegig – etwa beim alljährlich stattfindenden Jazzfestival Jazz & The City – an einem Abend spielend gleich mehrere Konzerte besuchen, von internationalen Stars bis neuer Volxmusik, von Fado bis Electronic? Und das bei freiem Eintritt? Mit diesem einzigartigen Zusammenspiel von Natur und Kultur versprechen Stadt und Land Salzburg 2016 ein Jahr voller kostbarer Momente und einzigartiger Begegnungen: Musikalische Darbietungen, literarische Höhenflüge oder Theaterinszenierungen an besonderen Aufführungsstätten stehen auf dem Programm. Salzburg präsentiert sich im Heute.

Schmiede Hallein: Ein Produzentenfestival probt Utopia.

Bad Gastein: Einer der ungewöhnlichsten Orte des Landes.

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Tauernlamm: Ein einzigartiges Produkt erlebt vier Jahreszeiten.

Domquartier Salzburg: Moderne Kunst im Dialog mit barocken Meisterwerken.

Im Jahr 2016 feiert Salzburg aber auch einen Meilenstein seiner Geschichte: Am 1. Mai 1816 wurde im Weißen Saal der Residenz jener Vertrag unterzeichnet, mit dem Salzburg offiziell Teil Österreichs wurde. Von 30. April bis 30. Oktober 2016 ist das Salzburg Museum am Mozartplatz daher Schauplatz der Landesausstellung „Bischof.Kaiser.Jedermann“. Darüber hinaus planen achtzehn Museen in den einzelnen Regionen Sonderausstellungen, die sich mit Themen im Zusammenhang mit dem Jubiläumsjahr auseinandersetzen. Salzburg ist „Bühne für Freigeister“. Kommen Sie zu Besuch. Sie sind herzlich eingeladen.

Mag. Inga Horny

Leo Bauernberger, MBA

Geschäftsführerin Tourismusverband Salzburger Altstadt

Geschäftsführer SalzburgerLand Tourismus

IMPRESSUM // Das Magazin ZEITGENOSSEN erscheint einmal jährlich. Medieninhaber und Herausgeber paumgartner | eccli Kommunikationsberatung, Postfeldstraße 8, A-5322 Hof bei Salzburg, in Zusammenarbeit mit Tourismusverband Salzburger Altstadt und SalzburgerLand Tourismus GmbH Blattlinie Das Magazin ZEITGENOSSEN widmet sich dem zeitgenössischen Kunstschaffen in Stadt und Land Salzburg und versteht sich als Anleitung zum Kulturgenuss. Chefredaktion Mag. Markus Deisenberger Grafik Christian Ospald Mitarbeiter dieser Ausgabe Mag. Gabriela Paumgartner, Mag. Eva Maria von Schilgen, Mag. Nicolas Sturm, Verena Schweiger Coverfoto Salzburg Museum / Bryan Reinhart Fotos Clemens Kois, Andreas Kolarik, Victoria Schaffer, Stefan Zenzmaier Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Wienerstraße 80, A-3580 Horn. // Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Zeitschrift und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt.


WILLKOMMEN IN SALZBURG!

DIE 6 REGIONEN DES SALZBURGER LANDES Salzburg Stadt, Flachgau, Tennengau, Pinzgau, Pongau und Lungau mit den wichtigsten Veranstaltungsorten 2016.

Seeham

Henndorf

Seekirchen F L AC H G AU

Barockes Weltkulturerbe, pulsierender Jazz, gemütliche Almhütten, moderne Literatur – nirgendwo sonst wohl lassen sich prächtiges Stadtbild, atemberaubende Landschaft und zeitgenössische Kunst so nah beisammen, so eng ineinander verzahnt erleben. Kommen Sie uns besuchen! Stadt und Land Salzburg halten so manch eine Überraschung für Sie bereit.

Plainfeld Stadt Salzburg B AYE R N/ DEU T S C HL A N D

Oberalm Hallein T E N N E N G AU

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Salzach

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SALZBURGER FESTSPIELE

GROSSE BÜHNE, ZEITGEMÄSS Foto: Brian Voce

Foto: Jean-Francois Leclercq

Foto: Archiv der Salzburger Festspiele / Foto Ellinger

DIE SALZBURGER FESTSPIELE BIETEN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST EINEN IMMER GRÖSSER WERDENDEN RAUM. DAVON ZEUGT NICHT NUR DIE AKTUELLE AUFFÜHRUNGSPRAXIS. DAVON ZEUGT AUCH EINE EIGENE ZEITGENÖSSISCHE SCHIENE: SALZBURG CONTEMPORARY. DREI TIPPS AUS DEN SPARTEN OPER, KONZERT UND SCHAUSPIEL.

Thomas Adès.

Péter Eötvös.

Thomas Bernhard.

Für die Oper „The Exterminating Angel“ – ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele – hat sich Komponist Thomas Adès (*1971) Luis Buñuels 1962 in Mexiko gedrehtes Meisterwerk „Der Würgeengel“ (El ángel exterminador) als Vorlage gewählt. Die Handlung beschäftigt sich für Buñuel geradezu typisch mit der Unmöglichkeit, eine bestimmte Lust zu befriedigen: Ein exklusives Dinner beginnt scheinbar normal mit den vertrauten Ritualen einer elitären Gesellschaft. Doch irgendwann stellen alle Beteiligten fest, dass sie den Raum, in dem sie sich befinden, nicht mehr verlassen können, obwohl sie physisch nicht daran gehindert werden. Eine Parabel auf den Zustand der Bourgeousie hat der Meister seinen Film einmal genannt. Eigentlich, meint Adès, ginge es aber gar nicht um diesen Raum. Die Leute seien in ihren Köpfen gefangen. Wenn es nach ihm geht, sollen die schrägen Dialoge der Vorlage möglichst erhalten bleiben. Im Anschluss geht die Produktion nach Covent Garden in London und an die New Yorker Met.

Péter Eötvös ist gern gesehener Gast der Salzburger Festspiele. Im Festspielsommer 2016 bekommt der Ungar einen eigenen Schwerpunkt in der Reihe Salzburg Contemporary, in der drei seiner Kompositionen aufgeführt werden. Im von den Salzburger Festspielen in Auftrag gegebenen HALLELUJA – Oratorium Balbulum nach einem Text des ungarischen Schriftstellers Péter Esterházy geht es um das Thema Prophezeiung. Dabei trifft das Publikum auf einen stotternden Propheten und auf einen Chor, der nicht nur Halleluja singen möchte. Die Uraufführung werden die Wiener Philharmoniker unter dem Dirigat von Daniel Harding gestalten. „Meine Musik ist Theatermusik, es ist keine Begleitmusik, sondern Theater in sich“, sagt der aus Siebenbürgen stammende Ungar Eötvös, der eng mit Karlheinz Stockhausen zusammenarbeitete, später von Pierre Boulez das Ensemble Intercontemporain übernahm und sich zu einem der bedeutendsten Komponisten, Dirigenten und Lehrer unserer Zeit entwickelte.

Thomas Bernhards „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ wurde 1972 bereits nach nur einer Aufführung von Autor und Regisseur zurückgezogen. Der Grund: Aufgrund der geltenden Gesetzeslage war es nicht möglich, die am Ende des Stückes verlangte „absolute Dunkelheit“ eintreten zu lassen. Die Farce ging als „Notlichtskandal“ in die Geschichte ein. Ob nun eine geschickte Marketingstrategie Bernhards dahinter stand, wie böse Zungen heute noch behaupten, oder nicht, der Legendenbildung war es sicherlich nicht abträglich. Mehr als vierzig Jahre später wird das Stück über eine Opernsängerin, die dem Leistungsdruck nicht mehr standhält, nun also wieder aufgeführt. Höchste Zeit. Denn ganz abgesehen von den für Bernhard üblichen Suaden gegen die marode Kulturindustrie werden unter der Oberfläche Themen verhandelt, die aktueller nicht sein könnten: Entfremdung, Überforderung und Angst vor dem Versagen. Ein Lehrgang in Sachen „Burn Out“.

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Salzburger Festspiele: 22.07.–31.08. 2016 www.salzburgerfestspiele.at

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Text: Markus Deisenberger

JAZZ AROUND THE CLOCK HOCHKARÄTIGE JAZZFESTIVALS MIT INTERNATIONALEN STARS, NATIONALEN DAUERBRENNERN UND EIN EIGENER JAZZCLUB – IN SALZBURG LÄSST SICH DAS GANZE JAHR ÜBER JAZZ GENIESSEN. AUF HÖCHSTEM NIVEAU.

„S

pannende Projekte und spannende Spielorte – das Ganze noch kombiniert mit einer hohen Qualität für das Publikum“ – so hat es Gerhard Eder, kürzlich viel zu früh verstorbener Intendant des Salzburger Festivals Jazz & The City, einmal zusammengefasst. Das sei die Essenz des zeitgemäßen Musikfestivals. Richtig. Die Zeiten, als man warmes Bier aus Pappbechern trinken musste, sind endgültig vorbei. Das Publikum ist anspruchsvoller geworden. Um die 100 Konzerte an 40 Spielstätten, wie sie bei Jazz & The City jährlich über die Bühne gehen, sind ein beeindruckender Wert. Aber was wären sie ohne das Genie eines wirklich guten Kurators? Und was wären sie ohne spannende Spielorte? Bei Jazz & The City werden Jahr für Jahr neue Spielorte dazu gewählt und dabei das Experiment nicht gescheut. Neben logischen Spielorten wurden auch jede Menge ungewöhnlicher Orte etabliert: Die Kavernen etwa, ein jahrhundertealtes Gewölbe, das durch seine besondere Akustik und subtile Lichtinszenierung zu überzeugen weiß. Oder das auf dem Mönchsberg gelegene M32, ein Spitzen-Restaurant, von dem aus man neben der gebotenen Musik auch einen atemberaubenden Blick über die Altstadt genießen kann. Und auch das Weinarchiv im Arthotel Blaue Gans, ein historisches Steingewölbe aus dem 14. Jahrhundert, in dem heute der rund 1.500 Flaschen umfassende Weinvorrat des Restaurants sichtbar hinter einer Glasfront lagert, ist jeden Besuch wert. Der Jazz ist durchlässiger geworden und „riecht heute nicht mehr komisch“, wie es Frank Zappa einmal in Anspielung auf seine damals vermeintliche Starrheit bezeichnete.

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Gleichzeitig ist auch das Publikum offener geworden, will heute gleichermaßen unterhalten wie überrascht werden. So wie beim Jazzfest Saalfelden. Dort werden die Konzerte auf der Hauptbühne traditionell von einem österreichischen Projekt eröffnet – einem Auftragswerk des Festivals. Mehr Überraschung geht nicht. Auch Gastein hat eine lange Jazz-Tradition. Bei „Snow Jazz“ oder „Jazz im Sägewerk“ lässt sich dort Jazz in Hotels, Skihütten oder eben dem Jazzclub „Sägewerk“ genießen. Und mit dem „Jazzit“ gibt es sogar einen Club mit ganzjährigem Programm – für eine Stadt der Größe Salzburgs eine Seltenheit. Warum dieser Erfolg? Warum diese Breite? Weil Jazz immer noch Grenzen sprengt, spannend ist. So sieht es Mario Steidl, Intendant von Saalfelden Jazz. „Irgendjemand fragt immer, ob das jetzt nun Jazz ist oder nicht.“ Diese Frage sei vermutlich so alt wie der Begriff selbst. „Ohne jetzt den vergeblichen Versuch unternehmen zu wollen, zu einer Definition zu gelangen, kann man immerhin so weit gehen und behaupten, dass Jazz etwas ist, das sich einem Ausschließungssystem verweigert.“ Gerhard Eder sah das ähnlich: „Jazz ist für mich immer noch das Synonym für Musik, die sich bewegt und engagiert und kraftvoll ist und bereit ist Neuerungen aufzubereiten; wo sich Menschen im Heute mit neuen Ausdrucksformen beschäftigen.“ FESTIVALS Jazz & The City, 19.–23.10. 2016, www.salzburgjazz.com SNOW JAZZ Gastein, 11.–20.03. 2016, www.gastein.com/de/snow-jazz-gastein Jazzfestival Saalfelden, 25.–28.08. 2016, www.jazzsaalfelden.com/de/37-festival

CLUBS MIT GANZJÄHRIGEM PROGRAMM Jazzit Salzburg, www.jazzit.at Sägewerk Bad Hofgastein, www.jazz-im-saegewerk.org

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Fotos: wildbild

JAZZ MOMENTS

Zwei Konzerte spielte Bill Frisell 2015 bei Jazz & The City in Salzburg: „Music for Strings“ und tags darauf stellte er sein neues Album „Guitar in the Space Age“ vor.

GUITAR IN THE SPACE AGE

25. Oktober 2015, Kavernen Salzburg, 20.40 Uhr. Schon nach den ersten Takten merkt man, dass dieser Abend besonders wird. Bill Frisell – einer der wohl besten und einflussreichsten Gitarristen – hat kurz zuvor die Bühne der Kavernen, eines jahrhundertealten Gewölbes im Salzburger Mönchsberg, betreten. Doch heute wird er nicht von Bassisten und Saxophonisten begleitet. Eine Violinistin, ein Bratschist und ein Cellist haben neben ihm Platz genommen. „Music for Strings“ heißt das Projekt, das der Musik des Woodie Guthrie huldigt. Bluegrass, Country, Jazz – je länger der Abend dauert, desto mehr verwischen sich die Grenzen zwischen den Stilen. Bill Frisell scheint das zu genießen. Er genießt es, nicht im Mittelpunkt zu stehen. Das tut an diesem Abend die Legende Guthrie. Und irgendwann sieht man ihn regelrecht vor sich: Diesen Outlaw, der die US-amerikanische Musik geprägt hat wie kein anderer. Ein Hauch von Verwegenheit weht durch den Raum, und über alldem schwebt dieser ganz spezielle Gitarren-Sound, der Frisell so besonders macht. Wie eine Singstimme, die alle Register zieht. Tags darauf wird Frisell auf der Hauptbühne sein neues Album vorstellen: „Guitar in the Space Age“, auf dem er Rock- und Surf-Klassikern der 1950er und 1960er ein neues Kleid verpasst. Kopfkino pur. www.salzburgjazz.com

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Foto: Josef Maier

JAZZ MOMENTS

BASS ALMIGHTY

19. September 2015, Jazzit Salzburg, 19.50 Uhr. Georg Breinschmid spielt ein Solo. Und es ist eines dieser Soli, die einen auf eine Reise mitnehmen: Von sanftem, melodieverliebtem Zupfen bis zu harten Schlägen auf die Saiten des Stehbasses hält es alles bereit, was man mit einem solchen Bass-Solo assoziiert. Und mehr. Breinschmid weiß, dass er gerade dick aufträgt und er lässt es das Publikum auch durch ein Augenzwinkern wissen. Der Ausnahmebassist ist einer, der über sich selbst lachen kann. Jaco Pastorius, der berühmte Weather Report-Bassist, war auch so einer. Dessen erstes Solo-Album bezeichnet Breinschmid als Erweckungserlebnis: „Da wiederholt sich keine einzige Besetzung: Einmal solo, darauf ein Quartett mit Schlagzeug, dann wieder Streicher, eine Steel Drum.“ Und obwohl das heute auf der Bühne stehende Trio eine durchgehende Besetzung hat, klingt auch heute jede Nummer anders. Einmal Klassik, dann wieder Jazz. Kompositionen von Bach bis Breinschmid. Die drei Musiker sind ständig in Bewegung – ein Zustand, in dem sich auch Beni Schmid, der als „Jahrhundertgeiger“ gefeierte Virtuose, sichtlich wohl fühlt. „Musik ist das einzige, was den Planeten zusammenhält“, hat Pastorius einmal gesagt. Breinschmid weiß das.

David Helbock.

ONE-NIGHT-STAND?

www.gasteinertal.com/snowjazz www.jazz-im-saegewerk.org

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www.jazzit.at Foto: Markus Lackinger

6. Februar 2015, Hotel Europa Gastein, 21.10 Uhr. David Helbock schaut kurz zu seinen Mitstreitern, Herbert Pirker und Raphael Preuschl. Die beiden sind bereit. Helbock greift in die Tasten. „Para Hermeto“ erklingt – eines von vielen Stücken, das er seinem Idol, Hermeto Pascoal, gewidmet hat. Und er macht dem Brasilianer damit alle Ehre: Rhythmisch komplex und trotzdem unwiderstehlich tanzbar ist es. Pirker streichelt die Becken seines Schlagzeugs, Preischl spielt die Ukulele percussiv. Die drei verstehen sich blind. „Im Jazz spielt ja jeder mit jedem. Eine Abfolge von One-NightStands“, sagt Helbock. Ihm aber komme es auf lange Beziehungen an. „Wenn man intuitiv weiß, was der andere will, kommt man irgendwann in eine Phase, in der intuitiv sehr vieles möglich wird.“ An diesem Abend ist alles möglich: Bossa, Freejazz, sogar Volksmusik. Aber manchmal wirkt es auch, als ziehe sich Helbock kurz in sich zurück, um darüber nachzudenken, was die anderen jetzt wollen, und gleich danach eine seiner vielen kleinen Klavier-Miniaturen hervorzuzaubern. Und dann geschieht einfach, was im Moment geschehen muss: Jazz.

Georg Breinschmid.

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Foto: artisual

JAZZ MOMENTS

„Jazz is the Teacher (Funk is the Preacher)“: James „Blood“

Ulmer.

THE BLUES IS STILL ALIVE

„Möchte man die Ausrichtung des Festivals auf einen Nenner bringen, der allen Konzerten gemein ist, dann vielleicht im Moment des Grenzsprengenden, des jeden Konsens kreativ und auch provokativ Herausfordernden.” Mario Steidl, Intendant Jazz Saalfelden

30. August 2015, Saalfeldener Jazzfestival, Mainstage, 21 Uhr. James „Blood“ Ulmer hat sich warm gespielt. So warm, dass er sich jetzt an ältere Nummern wagt. Nummern seines legendären Albums aus dem Jahre 1980, das den Titel „Are you glad to be in America?“ trägt. Eine Frage, die sich für ihn auch 35 Jahre danach nicht eindeutig beantworten lässt. „Jazz is the Teacher (Funk is the Preacher)“ heißt ein Stück dieses Albums. Der Geist ist bekanntlich willig, will denken, aber das Fleisch ist schwach, es will tanzen. Jazz, Jazzrock, Freefunk, was hat dieser Mann in seinem Leben nicht schon alles gespielt. Und mit wem hat er nicht schon gespielt: Dionne Warwick, Pharaoh Sanders, John Zorn ... Aber nicht der Jazz und auch nicht der Funk ist es, der diesen Mann so besonders macht. Es ist der Blues. James hat den Blues. In jeder Faser seines Körpers sitzt er. Er schlägt sein Instrument, er streichelt es. Und egal, was er auch macht, er hat sein Publikum in der Hand, spielt mit ihm wie mit seiner Gitarre. Der Rest ist Ekstase. www.jazzsaalfelden.com

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„Wahrscheinlich schreibt dann irgendwer das Wort Roman darüber.“

Foto: Julia Klug

Karen Köhler über ihr nächstes Buch, eine längere Geschichte.


Interview: Markus Deisenberger

LITERATUR

DIE BEÄNGSTIGENDE FREIHEIT DES SCHREIBENS DER RAURISER LITERATURPREIS 2015 GING AN DIE HAMBURGERIN KAREN KÖHLER. EIN GLÜCKSFALL. IHR BUCH „WIR HABEN RAKETEN GEANGELT“ IST PROSA MITTEN AUS DEM LEBEN. HUMORVOLL, TRAGISCH, EXISTENZIELL. EIN GESPRÄCH ÜBER GEKAUFTE ZEIT, IHREN RAUSWURF BEIM BACHMANNPREIS UND DIE MERKWÜRDIGE NEIGUNG, ALLES BEWAHREN ZU WOLLEN.

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m heutigen Literaturbetrieb ist es eher ungewöhnlich, mit einem Kurzgeschichtenband zu debutieren. Sie haben es trotzdem getan. Warum? Ich habe die Erzählungen nicht geschrieben, damit sie veröffentlicht werden, sondern, weil ich etwas zu erzählen habe. Und das, was ich zu sagen hatte, hat eben auch eine bestimmte Form. Haben Sie vor, auch einmal einen Roman zu schreiben oder bleiben Sie vorerst bei der Kurzform? Mein Schreiben hat ja mit Theaterstücken begonnen. Bisher habe ich acht Theatertexte verfasst. Seitdem „Wir haben Raketen geangelt“ erschienen ist, habe ich zwei Theaterstücke, ein Hörspiel und eine neue Erzählung geschrieben, außerdem arbeite ich an einem Drehbuch, sowie einem neuen Theaterstück, sowie meinem nächsten Buchprojekt. Ich war und bleibe also vielfältig in meinem literarischen Ausdruck. Die Geschichte gibt mir eigentlich das Format vor. Die Geschichte, die ich in meinem nächsten Buch erzählen will, ist eine längere. Wahrscheinlich schreibt dann irgendwer das Wort „Roman“ darüber. Aber die kurze Form, die will ich immer weiter verfolgen, weil ich sie liebe. Sie haben den Rauriser Literaturpreis gewonnen. Abgesehen von der finanziellen Zuwendung – was macht so ein Preis mit einem? Was bringt solch eine literarische Anerkennung? Das kann ich gar nicht so genau sagen. Der Rauriser Literaturpreis ist in Deutschland außerhalb der Literaturszene nicht sehr bekannt. Die Ehre, ihn verliehen zu bekommen, spürte ich erst in Österreich. Zum einen bei den Rauriser Literaturtagen, zum anderen beim Festakt des Landes Salzburg im Dezember 2015. Die finanzielle Zuwendung bedeutet ja nichts anderes, als dass man sich Zeit kaufen kann. Zeit, in der man aus ökonomischen Zwängen heraustreten kann, um neue Literatur zu erschaffen. Man kann es sich dadurch erlauben, das System von außen anzusehen und sich in Beziehung dazu zu setzen, beziehungsweise sich die Freiheit erlauben, Dinge zu tun, die für die meisten Menschen nicht nach „Arbeit“ aussehen. Für einen Schriftsteller ist es wichtig, sich immer wieder aufzuladen, Details wahrzunehmen, denn der viel größere Teil

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der Arbeit ist ja der, wo sich in einem eine Geschichte (oder ein Text) formt, also der Teil, der noch nicht Wort ist. Sie sind Schauspielerin. Warum haben Sie mit dem Schreiben begonnen? Sind Sie dabei einer plötzlichen Eingebung gefolgt oder war das Schreiben immer schon da? Ich nenne mich eigentlich gar nicht mehr Schauspielerin. Ja, das habe ich studiert, und ja, ich habe in dem Beruf zwölf Jahre lang an verschiedenen Theatern gearbeitet. Ich bin über die Schauspielerei zum Schreiben gelangt. Es war damals so, dass ein Intendant einen Stoff fürs Kindertheater suchte und ich hatte ihm eine Kurzgeschichte gegeben, die ich für meine Nichte geschrieben hatte. Und meinte dann zu ihm: „Vielleicht ist das ja was.“ Er mochte die Geschichte und bat mich, daraus ein Stück zu machen, da sagte ich: „Das kann ich nicht. Das muss ein Profi machen.“ Und er meinte: „Versuchs doch mal.“ Ich habe es dann versucht und habe dann die beängstigende Freiheit des Schreibens entdeckt. Als Schauspielerin ist Text ja schon immer etwas, das da ist. Man versucht in einem Rückwärtsprozess dem/der Autor/in nahe zu kommen, man versucht herauszufinden, wie z.B. Jelinek ihre Gedanken geführt hat. Man will sie für sich knacken. Beim Schreiben ist es dann genau umgedreht. Wie kann ich ein Theaterstück so schreiben, dass meine Gedanken und die Handlung den Spieler/innen etwas sagen. Meine Regel beim Schreiben war die: Ich als Spielerin müsste Lust haben, jede Rolle aus meinen Stücken zu spielen, und seien sie noch so klein. Erst habe ich also Theaterstücke für Kinder geschrieben, dann für Jugendliche, dann für Erwachsene, dann Prosa. Ihr Buch „Wir haben Raketen geangelt“ handelt vom täglichen Wahnsinn und seiner Überwindung. Viele der Figuren haben mit einem Verlust zu kämpfen. Entweder ist ihnen ein Mensch durch Trennung oder Tod abhanden gekommen oder es droht ihnen das eigene Leben abhanden zu kommen. Wieso ist Ihnen dieses Thema der Überwindung eines Verlusts so wichtig? Naja, am Ende unserer aller Leben steht ja der Tod. Also muss sich ja jeder irgendwann mal mit Verlust auseinandersetzen und sei es auch nur dieses eine Mal, wenn

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einem das eigene Leben abhanden kommt. Aber auch eine Trennung, und das kennen ja auch die meisten, ist ein Prozess, der sehr schmerzhaft ist, hinterher ist man ein anderer Mensch. Vielleicht neigen wir dazu, die Dinge bewahren zu wollen, dabei ist alles permanent in Bewegung und verändert sich. Dieses Gefühl von Verlust überwinden zu können, ist vielleicht etwas sehr Heilsames. Gleichzeitig braucht man zum Loslassen Mut und Stärke. Ich glaube, deswegen ist es mir so wichtig. Ein deutsches Krankenhaus, die Küste Süditaliens, ein Kreuzfahrtschiff im Nordmeer, ein Motel im mittleren Westen der USA, die Wälder Sibiriens – ihr Buch spielt an Orten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Reisen Sie viel und gerne? Oder machen Sie’s wie Karl May und imaginieren Sie vom Schreibtisch? Im Moment reise ich viel, wegen des Buches. Die Raketen haben mich nach Island, New York, Amsterdam und Albanien gebracht, und natürlich in viele Winkel im deutschsprachigen Raum. Rauris, Elmau, Bamberg, Halle, ich hab ja fast 120 Lesungen gemacht ... Was ich am Reisen mag, ist das Neue, Fremde, Andere, Unerwartete. Ich liebe es, zu beobachten. Beim Schreiben greift man natürlich auf etwas zurück, was man kennt, aber ich liebe auch das Internet mit all seinen Möglichkeiten, an Information zu gelangen. Ich habe mich über Google Satellitenansicht den ganzen Highway 93 entlanggeklickt. Mir etliche Videos zu den Shoshone-People angesehen. Manchmal allerdings passiert es, dass ich eigentlich nur ganz kurz etwas googeln wollte und dann wie Rotkäppchen vom Rechercheweg abkomme. Und nach einer Weile dann so: Großmutter, warum bin ich auf dieser Seite gelandet? Sie mussten Ihre Teilnahme am Bachmannpreis wegen einer Krankheit absagen. Würden Sie das Vorlesen gerne nachholen? Ich habe eigentlich nicht abgesagt. Ich hatte die Windpocken und der ORF hat mich deswegen aus dem Wettbewerb genommen. Ich hätte gelesen, auf jeden Fall. Ich habe dem Sender sehr viele Alternativen angeboten, um die Gesundheit des Publikums zu schützen: Von der Lesung im Virenanzug bis zum Partnerstudio in Hamburg oder in Klagenfurt, eine Skype-Livelesung war auch dabei, aber der ORF war damals sehr unflexibel und hat mich wegen der Krankheit vom Wettbewerb ausgeschlossen. Nachzuholen ist das wohl nicht. Selbst, wenn ich irgendwann doch noch Mal dort lesen würde, wäre es etwas anderes. Vielen Dank für das Gespräch.

Karen Köhler: WIR HABEN RAKETEN GEANGELT Erzählungen Gebundene Ausgabe mit 240 Seiten, 13,3 x 2,5 x 21,1 cm, Carl Hanser Verlag ISBN-10: 3446246029 ISBN-13: 978-3446246027

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Fotos: Andreas Kolarik (1) / Victoria Schaffer (2 und 3)

LITERATUR

„Präsentieren und reflektieren.“ Die Rauriser Intendanten Ines Schütz (rechts) und Manfred Mittermayer (links) im Salzburger Literaturarchiv, dessen Leiter Mittermayer ist.

WO DIE GONDELN NAMEN TRAGEN JEDE MENGE FESTIVALS IN STADT UND LAND UND EIN EIGENES LITERATURHAUS – IN SALZBURG LÄSST SICH DAS GANZE JAHR HINDURCH LITERATUR GENIESSEN.

Seit 1971 gibt es im entlegenen Pinzgauer Dorf Rauris ein Literatur-Festival. Anfangs war das noch eine eher merkwürdige Mesalliance, erzählt Ines Schütz, die gemeinsam mit Manfred Mittermayer die Intendanz des Festivals inne hat, vom Hörensagen. Weil oft zu wenig Interessierte kamen, musste man, damit die Lesungen annähernd voll wirkten, mitunter Skilehrer rekrutieren, erzählt der Bürgermeister noch heute gern. Und die in Festtagstracht herausgeputzen Dorfbewohner fühlten sich gekränkt, wenn ein H.C. Artmann in abgewetzter Cordhose erschien. „Doch diese Zeiten sind vorbei.“ Germanist Mittermayer, der auch Autor der aktuellen Thomas BernhardBiographie ist, meint, heute sei das Festival angekommen. „Es ist bei der Bevölkerung sehr akzeptiert“, ergänzt Schütz, ebenfalls Germanistin im Brotberuf. Der Ruf, anders zu sein, ist jedoch geblieben: Wo sonst kann man erleben, wie Svetlana Alexijewitsch, mittlerweile Literaturnobelpreisträgerin, auf einer Alm bei frischer Milch und Kuchen aus ihrem Werk vorträgt? „Störlesungen“ nennt man diese intimen Veranstaltungen. So wie nach mittelalterlichem Brauch Handwerker „auf Stör“ gegangen sind, besuchen dabei Dichterinnen und Dichter Familien aus der Gegend. Gegen Pinzgauer

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Klaus Seufer-Wasserthal, der wohl umtriebigste Buchhändler Salzburgs und zugleich Veranstalter des Literaturfestes Salzburg (gemeinsam mit Christa Gürtler und Jochen Jung).

„Ein Drittel unserer Veranstaltungen sind für Kinder und Jugendliche.“ Tomas Friedmann, seit über zwanzig Jahren Geschäftsführer des Salzburger Literaturhauses.

Kost lesen sie in Stuben aus ihrem Werk, erzählen über ihre Arbeit und kommen so mit den Raurisern ins Gespräch.

wie Carl Zuckmayer, Johannes Freumbichler, Ödön von Horvàth, Stefan Zweig oder Max Reinhardt gelebt und gearbeitet haben.

Nach Herta Müller ist Alexijewitsch übrigens die zweite Nobelpreisträgerin, die vorher den Rauriser Literaturpreis erhielt. Salzburg ist also ein guter Boden für die Literatur. Und die Literatur ist ein Fest. Genauso heißt das von Salzburgs wohl umtriebigstem Buchhändler Klaus Seufer-Wasserthal (gemeinsam mit Christa Gürtler und Jochen Jung) veranstaltete Festival, das sich als fester Punkt in Salzburgs Kulturkalender etabliert hat. Thema des kommenden Festes: „Gegenwärtigkeiten“, d. h. man möchte ausloten, was zeitgemäßes Schreiben heute bedeuten kann.

Oder man nutzt die Chance, auf einer der jährlich über 270 Veranstaltungen, die im Salzburger Literaturhaus über die Bühne gehen, hochkarätige Literatur zu erleben. Laut Geschäftsführer Tomas Friedmann reicht die Bandbreite von Krimi bis Lyrik, von Avantgarde bis Jugendbuch. Auch Karen Köhler, die aktuelle Rauriser Preisträgerin, hat unlängst hier gelesen. Und wer weiß, vielleicht wird sie die nächste Rauriser Preisträgerin sein, die den schriftstellerischen Olymp besteigt. Bis dahin muss sie mit der Ski-Gondel Vorlieb nehmen, die ehrenhalber nach ihr benannt wurde, und jetzt Tag für Tag Wanderer und Skifahrer den Berg hoch bringt. Ja, im Literaturland Salzburg tragen die Gondeln nicht Trauer, sondern die Namen hoffnungsvoller Schriftsteller.

Apropos Bernhard: Der hat seine Stadt Salzburg so hassgeliebt, dass er ihr ein paar seiner schönsten Suaden widmete. So bezeichnete er sie in „Die Ursache“ als „eine Todeskrankheit, in welche ihre Bewohner hineingeboren und hineingezogen werden.“ Dass ihm, der Zeit seines Lebens an der Lunge litt, im Luftkurort Goldegg mit einem eigenen Festival gehuldigt wird, wo Schauspieler seine und Schriftsteller ihre eigenen Texte lesen, hätte ihm trotzdem gefallen. Jede Wette. Aber auch wer außerhalb der Festivalzeit nach Salzburg kommt, hat gute Chancen, hochkarätige Literatur zu erleben. Auf dem Henndorfer Literaturspaziergang zum Beispiel, wo sich Wissenswertes und Anekdotenhaftes über Henndorfer Dichter erfahren lässt und man jene Orte besuchen kann, an denen Künstler

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LITERATUR-FESTIVALS IN SALZBURG STADT UND LAND Rauriser Literaturtage, 30.03.–03.04.2016, Rauris www.rauriser-literaturtage.at Literaturfest Salzburg, 18.05.–22.05.2016, Salzburg Stadt www.literaturfest-salzburg.at Verstörungen – ein Fest für Thomas Bernhard, Herbst 2016, Goldegg www.verstörungen.at Henndorfer Literaturspaziergang www.literaturhaus-henndorf.at Über 270 Literatur-Veranstaltungen jährlich www.literaturhaus-salzburg.at

(GEHEIM)-TIPPS SALZBURG STADT von Tomas Friedmann, Geschäftsführer Literaturhaus Salzburg Lieblingsort: Nachts im November auf dem Mönchsberg. Lieblingsgasthaus: Der Gastgarten vom Krimpelstätter (www.krimpelstaetter.at) oder der Seehof in Goldegg (www.derseehof.at). Lieblingsbauwerk: Besonders mag ich die Atmosphäre des „schönsten Literaturhauses“ (H.C. Artmann) im 400 Jahre alten Eizenbergerhof. Lieblingsprodukt aus der Region: Brot aus der Stiftsbäckerei St. Peter und die Original Mozartkugeln der Konditorei Fürst. Lieblingsbuch: Da gibt es mehrere. Immer wieder zur Hand nehme ich die Bücher der österreichischen Schriftstellerin Ilse Aichinger, besonders ihren Gedichtband „Verschenkter Rat“.

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THEATER

Text: Markus Deisenberger

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er sind die Menschen, die davon träumen hier zu leben? Wer sind sie, die wir mit Drohnen, Nachtsichtgeräten, Unterwasserkameras, Internierungslagern, Tränengas und Gummigeschossen davon abhalten wollen, die lebensgefährliche Reise zu uns anzutreten?“ Das seien die Fragen, die heutiges Theater stellen kann und muss, ist Carl Philipp von Maldeghem, Intendant des Salzburger Landestheaters, überzeugt. Die Antwort darauf liefern Texte, aus denen Theaterabende werden: Eine senegalesische Frau etwa wird von ihrer Familie nach Europa geschickt. Nach einer Odyssee über den afrikanischen Kontinent scheitert sie an einem Zaun. Sie bleibt im Stacheldraht hängen. Für den Text, der dieses Schicksal erzählt, wurde die 1967 in Frankreich geborene Autorin Marie NDiaye mit dem Prix Goncourt, einem der wichtigsten Literaturpreise Frankreichs, ausgezeichnet.

DER SOG, DER UNS MITREISST

Eine Szene aus der Theaterproduktion „Funny Girl“. Zu sehen von 05.02. bis 26.04. im Salzburger Landestheater.

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Funny Girl / UA © Christina Canaval

FLÜCHTLINGE UND FLUCHTHELFER. IN SALZBURGS THEATERN ENTERN DOKUMENTARISCHE TEXTE DIE BÜHNE. KANN DAS THEATER SO ETWAS LEISTEN, DAS DEN MEDIEN NICHT MEHR GELINGT?

In einem zweiten Text schildert der Journalist Wolfgang Bauer seinen erfolglosen Versuch, mit syrischen Männern von Ägypten aus über das Meer nach Europa zu gelangen. Eindringlich beschreibt er die Flucht dieser Männer. Ihre Nöte, ihre Lebensangst. Letztlich, nach Überwindung lebensgefährlicher Widrigkeiten, schaffen sie es. Der Text, entstanden zu einer Zeit, als eine Balkanroute noch nicht absehbar war, sei aus seiner Sicht deshalb so wichtig, erzählt von Maldeghem, weil er eine Innensicht schildere. „Heute wird ja nur noch über Zahlen geredet. Wie viele jetzt wieder da oder dort stehen. Dass hinter diesen Zahlen Menschen stehen, das führt dieser Text eindrucksvoll vor Augen.“ Seit uns politische Themen wieder so mitnehmen wie aktuell, finden auch wieder vermehrt dokumentarische Texte auf Salzburgs Bühnen statt. Die szenische Umsetzung, so von Maldeghem, sei leichter gewesen als erwartet. „Es war wie ein Sog, der uns alle mitriss.“

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THEATER

„Das Theater war immer ein Ort, an dem die Krise verhandelt wurde. Leute mit Gedanken zu konfrontieren, mit denen sie vielleicht gar nicht gerechnet haben, halte ich für eine große Chance.“

Foto: Victoria Schaffer

Carl Philipp von Maldeghem

Das Theater, sagt Robert Pienz, Intendant des Salzburger Schauspielhauses, befinde sich gerade in einer spannenden und brisanten Phase, „weil wir an der Schwelle zu großen Veränderungen stehen.“ Jahrzehntelang keine vernünftige Integrations- und Bildungspolitik – all diese Dinge fielen uns jetzt auf den Kopf. „Aber alles, was wir zu begreifen scheinen, ist, dass etwas zu rutschen beginnt. Wie ein großes Schneebrett.“ Heute finden am Schauspielhaus erste Proben eines neuen Stückes statt. „Illegale Helfer“ heißt es. Und es geht darin um Leute wie du und ich, die durch besondere Lebensumstände zu Fluchthelfern werden. Da ist zum Beispiel der Sachbearbeiter, der den Asyl-

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antrag einer alten Frau abschlägig behandeln muss. Als er merkt, dass sie dann ihre Tochter nie wieder sehen wird, fährt er sie in einer Nacht- und Nebelaktion über die Grenze. Aus purer Menschlichkeit macht er sich strafbar, riskiert seinen Job, seine gesicherte Existenz. Dann gibt es den jugendlichen Revoluzzer, der seine Tat als politischen Kampf auffasst. Und die Dame, die auf der Almhütte einem Flüchtling begegnet, der sie aufgeregt fragt, ob er denn jetzt schon in der Schweiz sei. Mit der Begeisterung, die aus ihm herausbricht, als sie die Frage bejaht, wird er ihr Leben verändern. Völlig unterschiedliche Charaktere sind es, die Autorin Maxi Obexer getroffen, interviewt und deren Erzählungen sie zu einem dokumentarischen Drama ver-

arbeitet hat. „Das sind aus der Mitte der Gesellschaft kommende Leute, falls es diese Mitte überhaupt noch gibt“, sagt Intendant Robert Pienz nicht ohne Sarkasmus. „Ärzte, Anwälte und Frauen, die in heilenden Berufen tätig sind.“ Um sich mit dem Thema vertraut zu machen, wählte Regisseur Peter Arp einen ungewöhnlichen Weg, vielleicht aber den einzig logischen. Er begab sich zum Salzburger Hauptbahnhof, dorthin also, wo wochenlang Tag für Tag tausende Flüchtlinge ankamen, um zu helfen. „Um ins Bewusstsein zu bekommen, dass das Menschen sind, Menschen mit allen Stärken und Schwächen“, sei das ungemein wichtig gewesen. „In der Theorie wisse man das alles zwar, aber plötzlich hat man ein Gegenüber ...“

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Innerhalb kürzester Zeit werde man da zum Experten, um zu helfen“, so Arp. „Im Stück aber brechen Leute Gesetze, um zu helfen. Sie gehen also noch einen Schritt weiter.“ Schauspielerin Christiane Warnecke tat es ihrem Regisseur gleich. Sie gab Essen in einer zur Flüchtlingsunterkunft unfunktionierten Turnhalle aus. Wie das war? „500 Männer und eine Frau – das ist wohl in jedem Kontext eine seltsame Erfahrung“, sagt sie. „Da prallen Weltbilder aufeinander.“ Und dann beginnen auch schon die ersten Sprechproben, die ersten Versuche, diesen dokumentarischen Text szenisch zum Leben zu erwecken. Aber schon bald wird klar: Christiane Warnecke und die anderen Schauspieler stellen kein Leben nach, sie sind im Leben. Und vielleicht ist das auch der Grund, weshalb wieder dieser Sog zu spüren ist, von dem von Maldeghem zuvor gesprochen hat. Der Sog, der sich entwickelt, wenn das Theater keine ausgedachten, sondern aus dem Leben gegriffene Texte verhandelt. Kann das Theater etwas leisten, das die Medien nicht mehr schaffen? „Auf jeden Fall“, gibt sich Carl Philipp von Maldeghem kämpferisch. In der abgelaufenen Spielzeit seien ganz bewusst politische Opern gespielt worden. „Tahrir“ von Hossam Mahmoud, eine Oper über die ägyptische Revolution, sei aufschlussreicher als monatelanges Zeitunglesen, ist er sich sicher. Und man bleibt auch weiterhin politisch. Eine weitere Reportage von Wolfgang Bauer über die von Boko Haram geraubten Mädchen hat im Februar Premiere.

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Foto: Chris Rogl

Foto: Victoria Schaffer

Robert Pienz (links): „Wir stehen an der Schwelle zu großen Veränderungen.“

Und auch „Funny Girl“ hat ein Thema mit Sprengkraft zum Inhalt: Azime, Tochter einer kurdisch-muslimischen Familie, möchte Comedian werden. Dabei hat sie nicht nur gegen die eigene Unsicherheit, sondern auch gegen die Widerstände innerhalb der eigenen Familie zu kämpfen. Als besonderen Gag trägt sie während ihrer Show eine Burka, was ihren Bruder und ihren Vater umso mehr erzürnt. Als dann noch eine bekannte Tageszeitung über sie berichtet und auf Youtube Videos von ihr auftauchen, spalten sich die Lager endgültig in Bewunderer und Hasser. „Das Interessante daran ist, dass der Autor, Antony Mc Carten der erste war, der sich diesem Thema über den Humor näherte.“ Ein heikles Thema also wird mit englischem Humor gemeistert. Befreiend sei das gewesen, so von Maldeghem. Im Stück gibt es ein Happy End: Am Ende steht Azime vor einem großen Auftritt. Sie legt die Burka beiseite und bewältigt ihn. Aber ist es im wirklichen Leben auch so einfach? „Wahrscheinlich nicht. Gelingen kann es nur, wenn wir Gedankenräume aufmachen, wie ein Zusammenleben in diesem Europa, das mit jedem Tag diverser wird, möglich ist.“ Es ist, wie es ist: Die Medien sind vielleicht für die Zahlen verantwortlich. Das Theater für den ganzen Rest. THEATERPRODUKTIONEN Salzburger Landestheater 05.02.–26.04.: Funny Girl 17.02.–06.04.: Die geraubten Mädchen www.salzburger-landestheater.at Schauspielhaus Salzburg 20.01.–20.02.: Illegale Helfer www.schauspielhaus-salzburg.at

Rechts: Ausschnitt aus „Illegale Helfer“. Zu sehen von 20.01. bis 20.02. im Schauspielhaus Salzburg.

(GEHEIM)-TIPPS SALZBURG STADT von Andreas Gfrerer, Inhaber Arthotel Blaue Gans, Salzburg Lieblingsort: Vor dem Heizkraftwerk Mitte und der Eisenbahnbrücke, die Altstadt in einiger Entfernung im Rücken, diese beiden Elemente der Stadt, das finde ich magisch. Lieblingsgasthaus: Besonders, wenn der Wirt da ist: das m32 (www.m32.at). Mit den Kindern: der Strasserwirt (www.zumstrasserwirt.at). Mit meiner Frau allein: Paradoxon (www.facebook.com/ brandtnersparadoxon). Lieblingsprodukt aus der Region: Lungauer Bauchspeck, in rot-weiß-rote, kurze Streifen geschnitten. Schwarzbrot dazu, selbst eingelegtes Essiggemüse, begleitet von einem reschen Grünen Veltliner aus einem möglichst derben Glas. Ziegenkäse von Naynar. Selbst gepflückte Steinpilze. Lieblingsbuch: Man kann unmöglich ein Lieblingsbuch haben. Nicht einmal einen Lieblingsautor. Aber weil wir beim Regionalen sind: Den Karl Markus Gauß mag ich halt schon sehr gerne.

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Foto: Benjamin Hohnheiser

SCHMIEDE HALLEIN

Text: Markus Deisenberger

DER RHYTHMUS VON UTOPIA DIE SCHMIEDE HALLEIN IST EIN PRODUZENTENFESTIVAL, BEI DEM ES WENIGER UM VORTRAG, ALS UM ZUSAMMENFÜHRUNG, AUSTAUSCH UND INTERAKTION GEHT, EIN „PLAYGROUND OF IDEAS“. GEFEIERT WIRD DIE KUNST AN SICH. IN ALL IHREN SCHATTIERUNGEN.

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ierhundert Leute. Alle heißen „Smith“. Und alle haben ein Ziel: Ihre künstlerische Arbeit voranzutreiben. Zehn Tage haben sich die Smiths Zeit genommen. Tag für Tag kommen sie in die alte Saline Hallein, um dort, wo früher 210 Tonnen Salz pro Tag erzeugt wurden, zu arbeiten. Dabei entstehen eine Menge Kooperationen. Und am Ende jedes Tages gibt es Präsentationen in verschiedensten Formaten. Von „Hallo, ich bin ...“ bis zu Projekt- und Werkstatt-Präsentationen, die tief in das Schaffen der jeweiligen Künstler blicken lassen. Aber von vorne: Dreizehn Jahre ist es her, dass Rüdiger Wassibauer gemeinsam mit seinem Bruder Philipp und Paul Estrela die Idee hatte, ein Festival ins Leben zu rufen, bei dem es nicht um Wettbewerb, sondern um Kooperation geht. In Hallein habe es damals wenig bis nichts gegeben, erinnert sich Wassibauer. Die Stadt selbst hatte, nachdem die Saline 1989 ihre Pforten schloss, schon einmal bessere Zeiten gesehen. Und künstlerisch gab es viele kleine Gruppen, die alle für sich waren und sich nicht gegenseitig befruchteten. Das wollten die drei nicht mehr länger hinnehmen.

Cinema Vertigo: Eine mit einem Lift befahrbare 20 Meter hohe Leinwand, die auf jeder Ebene interaktiv auf das Publikum reagiert.

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„Ich wollte mich immer als Gruppe entwickeln, nur selten allein“, erzählt Rüdiger Wassibauer, der einzige der drei im Projekt verbliebene. Sein Bruder Phlipp ist mittlerweile erfolgreicher StartUp-Unternehmer, Estrela ging in Richtung Musikmanagement.

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Foto: Benjamin Hohnheiser

Das Projekt „Lost in the FEARest“ kombiniert Papierschnitte mit Elektronik, Programmierung und 2D-Animation. Im Rahmen eines Pop-up-Buches wird die Geschichte von individuellen Ängsten, in Schattenform dargestellt, die man spielerisch mit einer Taschenlampe erforscht.

Foto: Leo Lass

Foto: Benjamin Hohnheiser

Foto: Leo Lass

Ein Plattenspieler, der Holz abspielt? Genau das passiert im Projekt „Years“ von Bartholomäus Traubeck. Die Jahresringe werden in einem komplexen Prozess in Musik übersetzt.

Foto: Traubeck

Cloud Chamber Diaries: Den Ausgangspunkt stellt eine Gegenüberstellung zweier Spiegel dar, die miteinander interagieren. Es scheint, als ob das im einen Spiegel Gezeigte eine Kausalität zu dem im anderen Spiegel Gezeigten birgt: Handbewegungen, Mimik und Kunststücke des Protagonisten im einen Spiegel scheinen sich in wolkenähnlichen Formationen im anderen Spiegel zu reflektieren.

Glyph ist eine interaktive Skulptur: In einer inszenierten mystischen Erfahrung wird man mit der hypnotischen Macht eines religiösen Rituals konfrontiert. Runenartige Schriftzeichen und eine starke Klangerfahrung versetzen einen in einen angenehm erschreckenden Trance-Zustand.

„Es ging uns darum, für eine große Gruppe völlig unterschiedlicher Kunstund Kulturschaffender eine Art von Rhythmus zu schaffen.“ Dafür brauchte es einen neutralen Ort, an dem man sein kann und den man in der alten Saline fand. Durch Kunst wollte man ihr neues Leben einhauchen. „Am wichtigsten war uns von Anfang an die Vielfalt“, so der heutige künstlerische Leiter. „Alle sind gleich, gleichberechtigt.“ Daher auch der Gag, allen Teilnehmern denselben Nachnamen zu verpassen: „Smith“. Die Schmiede begann also als eine romantische Utopie. Und wie bei allen Utopien ist aller Anfang schwer, noch dazu, wenn es dabei um innovative Kulturarbeit im regionalen Umfeld geht. „Als wir anfingen, glaubten alle, wir seien durchgedreht“, so Wassibauer. So manches Projekt – vom multimedialen Fahrstuhl bis zu neunzehnstündigen Klavier-Konzerten – wird diesen Ein-

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druck auf Außenstehende auch verstärkt haben. Aber allem Gegenwind zum Trotz taten die drei damals instinktiv das Richtige, rannten bei vielen Gleichgesinnten eine offene Tür ein. Und so war der Andrang, an der Schmiede teilzunehmen, von Anfang an groß.

menprogramm, das man wahrnehmen kann, man muss aber nicht. Eine der zentralen Regeln der Schmiede ist es nämlich, die Autonomie seiner Teilnehmer nicht zu untergraben. Alles geht, nichts muss. „Wir produzieren nur die Atmosphäre, eine Art Ökosystem.“

NAIVITÄT BEIBEHALTEN Heute, dreizehn Jahre später, ist die Schmiede ein arriviertes Festival, hat sich aber, obwohl es sukzessive gewachsen ist und mittlerweile Leute aus der ganzen Welt anzieht, seine Naivität bewahrt. Die gelte es auch hoch zu halten, sagt Wassibauer. Denn: „Die Naivität lässt es zu, dass wir Sachen machen, von denen alle sagten, dass sie nicht möglich sind.“

Und die Atmosphäre ist einzigartig, die Vielfalt der hier ausgeübten Künste enorm: Das Wiener Elektronik-Duo Ogris Debris etwa hat sich hier kennen gelernt und gleich vor Ort ein Video produziert. Der Wiener Soundpoet Thomas Havlik genießt das besondere Flair ebenso wie Michela Pelusio, Installations- und Performance-Künstlerin. Ihr geht es darum, erzählt sie, neue Fähigkeiten zu erlernen und die Qualität anderer in die eigene Arbeit einzubauen, um die eigene auf einen neuen Level zu bringen. Andere treffen sich hier, um einmal im Jahr gemeinsam Kunst zu machen, und gehen dann

Vieles aber ist über die Jahre gleich geblieben. Die lose Struktur etwa: Es gibt zwar ein aus Vorträgen, Workshops und Performances bestehendes Rah-

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Foto: Jannik Weylandt

Foto: Ela Grieshaber

Foto: www.polacsek.com

Rüdiger Wassibauer: „Das richtig zu machen, von dem wir glauben, dass es richtig ist.“

(GEHEIM)-TIPPS TENNENGAU von Stefan Zenzmaier, Fotograf, Kuchl Lieblingsort: Der Trattberg in St. Koloman, mit Panoramablick auf den Dachstein, das Tennengebirge und die Postalm. Lieblingsgasthaus: Der Gasthof Abfalter in Golling Torren am Wasserfall. Lieblingsbauwerk: Das Haus 47°40’48”n/13°8’12”e in Adnet, der Architekten Maria Flöckner und Hermann Schnöll. Lieblingsprodukt aus der Region: Die ausgezeichneten Mehlspeisen und Schokoladen von Braun in Hallein. Whisky und Gin Alpin vom Guglhof in Hallein. Lieblingsbuch: „Die unerträgliche Leichtigkeit den Seins“, von Milan Kundera.

wieder getrennte Wege: Die einen nach Glasgow, die anderen nach Köln. „Die Vernetzung findet weiterhin, auch außerhalb der Schmiede statt“, so Wassibauer. Vor allem in den Städten Berlin, Wien und München, die aufgrund der Größe meist mehrere Teilnehmer stellen, und natürlich in Salzburg aufgrund seiner Nähe. Geht man bei vollem Betrieb durch die große Halle der Schmiede, die eine Art Großraumbüro ist und „the Wood“ genannt wird, trifft man auf Leute, die völlig von ihrer Kunst absorbiert sind, allein vor dem Bildschirm, mit anderen im Gespräch, Interaktion suchend oder nicht. Die Ergebnisse ihrer Bemühungen sind qualitativ sehr unterschiedlich: Von „netten Studentenprojekten“ bis zu solchen, die internationale Furore machen. Das Projekt Cloud Chambers Diaries der Gruppe Depart etwa gewann 2013 den Content Award der Technologieagentur der Stadt Wien (ZIT). Das Projekt Years wiederum wurde nicht nur über 12 Millionen Mal auf Vimeo abgerufen, sondern wurde auch von Tokyo, New York, Moskau und Linz international ausgestellt. Die Aufnahmekriterien der Schmiede sind locker. 450 Anträge gibt es derzeit circa jährlich, 400 bekommen einen Platz. Einzige Voraussetzung laut Wassibauer: „Die künstlerische Arbeit muss eine gewisse Qualität aufweisen. Und man muss wollen.“ Sich zehn Tage am Stück wirklich Zeit zu nehmen, sei schon viel verlangt. Wenn man so will, ist die Schmiede die gelebte Antithese zum heute üblichen Festival, wo ein oder mehrere kunstsinnige Kuratoren einem Publikum etwas vorsetzen, von dem sie glauben, dass es ihnen gefallen

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könnte. Wassibauer: „Das Spannendste ist meistens nicht das, was ich programmiere, und das ist auch gut so.“ Die Schmiede hat also in all den Jahren ein Eigenleben entwickelt, eigentlich baue sie sich selbst zusammen. Der Prozess werde zwar betreut, komme letztlich aber von den Leuten selbst. „Self assembling“ – so lautetet dann auch das Thema eines der letzten Festivals. Jedes Jahr gibt es solch ein Thema, das laut Wassibauer als Impuls dienen kann, immer aber auch etwas über das jeweilige Stadium, in dem sich das Festival gerade befindet, erzählt. „Discontent“ etwa griff diese allgemeine Unzufriedenheit über den Mangel an Möglichkeiten auf, die man in den Anfangstagen wahrgenommen hatte. Anstatt sich aber darüber zu beschweren, tat man das, was man für richtig hielt. Man schuf die Schmiede. „Chaos creates structure“ beschäftigte sich mit der Frage, wie viel Freiheit, wie viel Anarchie man zulassen kann, und wie viel Struktur man demgegenüber braucht. Nächstes Jahr lautet das Thema: „Ausnahmezustand“. Beeinflusst von einem Buch des italienischen Philosophen Giorgio Agamben ist damit jener Zustand gemeint, der es Demokratien ermöglicht, auch totalitäre Entscheidungen zu treffen. Das Thema – noch vor den Ereignissen von Paris und der Klimakonferenz festgesetzt – könnte aktueller nicht sein. Die immer wieder gesellte Frage, ob das alles denn sinnvoll sei, was die Schmiede so mache, beantwortet Wassibauer gerne mit einer Gegenfrage: „Schauen Sie sich das System rundherum an, ist das sinnvoll?“ www.schmiede.ca

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Claudia Rogge | PerSe 13.1.–12.03.2016

Abb.: Š Claudia Rogge, Relation 3 Lambdaprint, 2013-2015, 150 x 210 cm, 12-teilig

1010 Wien, Gluckgasse 3 +43 1 5138283 Öffnungszeiten: Mo–Fr: 11:00 bis 18:30, Sa: 11:00 bis 16:00 5020 Salzburg, Erhardplatz 3 +43 662 840200 Öffnungszeiten: Mo, Mi–Fr: 11:00 bis 18:30 Sa: 10:00 bis 14:00 art@galerie-frey.com www.galerie-frey.com

WIEN SALZBURG


Text: Markus Deisenberger

BAD GASTEIN

ALLES IM FLUSS WAS WURDE NICHT SCHON ALLES ÜBER DEN NIEDERGANG VON BAD GASTEIN GESCHRIEBEN. TATSACHE IST, DASS DIE EINSTIGE SOMMERFRISCHE-RESIDENZ HEUTE EINER DER SPANNENDSTEN ORTE DES LANDES IST – ALLERDINGS NUR, WENN MAN GESCHMACK HAT, OFFEN IST UND EINEM DER SINN NACH JUNGER, UNVERBRAUCHTER KUNST STEHT. EIN RUNDGANG MIT TIEFGANG.

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as „Monte Carlo der Alpen“ nannte man Bad Gastein einst. Kaiser und Könige kamen hierher, um die Extravaganzen des mondänen Kurorts zu sehen und gesehen zu werden. Doch dann fiel der Kurort der Reichen und Schönen in einen Dornröschenschlaf. Der Jet Set blieb aus, die Grandhotels schlossen ihre Pforten. Heute sind es vor allem Künstler und Kreative, die nach Bad Gastein kommen, um Kunst zu schaffen und darüber zu diskutieren. Ein Wandel, der der unermüdlichen Kulturarbeit einiger engagierter Menschen zu verdanken ist, die allen Widrigkeiten zum Trotz immer an diesen Ort und seine besondere Aura geglaubt haben. Vom einstigen Glanz zeugt noch heute die prachtvolle Bell EpoqueArchitektur des Ortes, auch wenn der Putz an der einen oder anderen Stelle schon arg abgeblättert ist und vieles dem Verfall preisgegeben wurde. Evelyn Ikrath ist eine dieser Unermüdlichen. In Gastein aufgewachsen, hat sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Architekten Ike Ikrath, zuerst das von ihren Eltern geerbte Haus Hirt behutsam renoviert. Dann kam das, einst von der Nationalbank betriebene, Hotel Miramonte dazu. Heute sind diese beiden Häuser Inbegriff eines neuen, urbanen Geschmacks, der Gastein heute ausmacht. Ein Mix aus ausgewählten Design-Möbeln aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren und zeitgenössischer Kunst ist es, der sich dem Hotelgast hier offenbart. „In den frühen 1970ern kam der Bruch“, erzählt sie. Mit den ersten leistbaren Long Distance-Flügen blieben die Gäste aus. Man flog plötzlich lieber

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nach Kapstadt oder Rio. Die Durststrecke sollte um die zwanzig Jahre dauern. Denn mit den ersten billigen Städteflügen Anfang der 1990er Jahre rückte Bad Gastein wieder vermehrt ins touristische Bewusstsein. Plötzlich war der Ort wieder in die Nähe der Ballungszentren gerückt. Wie einst kamen wieder Großstädter zur Sommerfrische oder um im Winter die Pisten unsicher zu machen. So auch der Hamburger Olaf Krohne, der mit seinen Eltern oft zum Urlaub gekommen war. Die Zerrissenheit zwischen Trotz und Verfall war es, die ihn 2003 seine Hamburger Szenebar verkaufen ließ, um das Hotel Regina zu übernehmen. Gemeinsam mit Ike Ikrath gründete er das „project badgastein“ – ein Netzwerk aus Designern, Fotografen und Architekten, das den Ort wieder zu dem machen wollte, was er einmal war: Ein sommerlicher Treffpunkt für Künstler und eine Kontaktbörse für Kreative.

Evelyn Ikrath in der Lobby des Hotel Miramonte, dem zweiten Haus, das die Familie Ikrath einem geschmackvollen Facelifting unterzog. Einst im Eigentum der Nationalbank, ist es heute Treffpunkt der kreativen Szene, die den Ort bereichert.

Als größter Hemmschuh erwies sich dafür das Investment eines Wiener Privatiers. Der mittlerweile verstorbene Geschäftsmann hatte Anfang der 00er Jahre eine Reihe denkmalgeschützter Gebäude im Ortskern gekauft, darunter auch das geniale Kongresszentrum, das Gerhard Gerstenauer zwischen 1968 und 1974 ins Zentrum hineinbetonieren ließ. Noch heute bringt einen die brutalistische Wucht dieses Bauwerks zum Staunen. Aus den erhofften Revitalisierungen wurde jedoch nichts. Gemeinde und Privatier waren sich uneins. Die eine Seite behauptet, es sei nur aus Spekulationsgründen gekauft worden. Die andere Seite dementiert und meint, man ließe sie nur nicht. Das Ergebnis: Ein seit fünfzehn Jahren verfallender Stadtkern, und ein Kongresszentrum, durch dessen Fenster man alte Designermöbel im Staub versinken sieht.

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Foto: Clemens Kois


Fotos: Clemens Kois

Links: Das Hotel Miramonte, in dem charmanter Vintage-Chic und modernes Design eine gelungene Symbiose eingehen, versteht sich als „Treffpunkt urbaner Geister mit Bergaffinität und Kommunikationslust“. Rechts oben: Das charakteristische Ortsbild von Bad Gastein mit seinen Bauten aus der „Belle Epoque“, die über dem Wasserfall zu schweben scheinen. Der Wasserfall (rechts unten) ist das Wahrzeichen Bad Gasteins. Mit einer Fallhöhe von 341 Metern tost er in drei Stufen mitten durch das Zentrum zur Talsohle.

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BAD GASTEIN

Fotos: Werner Gritzbach

www.sommerfrischekunst.de

sommer.frische.kunst. Einen Sommer lang, von Juli bis September, sorgen Ausstellungen, Installationen, offene Ateliers, Kreativworkshops, Konzerte, Sommertheater und unzählige weitere kulturelle Aktivitäten für Frische in Bad Gastein. Links: Noa Yekutieli war eine der Artists in Residence, die 2015 im Wasserkraftwerk Raum für Inspiration und Kraft für intensives Schaffen fanden. Ihre aufwendigen zwei- und dreidimensionalen Arbeiten werden mit einem einfachen Satz künstlerischer Werkzeuge realisiert: schwarzem Papier, einem Messer und einer Vision. Rechts: Als einen der „100 Maler von morgen“ bezeichnete die Cisneros Fontanals Art Foundation (CIFO) – eine der bedeutendsten Kunststiftungen Nordamerikas – den in Rio de Janeiro geborenen Maler Daniel Lannes. 2015 residierte er in Gastein.

Manchen gefällt dieser morbide Charme. Andere muss man warnen, bevor sie ins Zentrum losziehen. Parallel zu dieser Welt des Verfalls und völlig unbeeindruckt von ihr hat sich nun aber eine neue Welt des Aufbruchs aufgetan: Moderne Kunst, Fotografie und Jazz. Seit sieben Jahren etwa gibt es das Festival sommer.frische.kunst mit Ausstellungen, einer Akademie und einem Artists-in-Residence-Programm: Unter der Leitung der Kunstsammlerin Andrea von Goetz und Schwanenfliess wählt eine Jury aus zahlreichen internationalen Künstlern einige aus, die vier Wochen lang nach Bad Gastein kommen. Sie beziehen Ateliers im vor über 100 Jahren errichteten denkmalgeschützten Wasserkraftwerk, das direkt neben dem tosenden Wasserfall liegt, und arbeiten dort. Die Ateliers stehen Besuchern immer offen. Gäste können so den Schaffensprozess der Künstler hautnah miterleben. Doch nicht nur im Wasserkraftwerk findet Kunst statt, während des Festivals sprießt die Kunst auch an anderen Orten. Es gibt Fotoausstellungen an öffentlichen Plätzen und jede Menge Musik:

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Von jungen skandinavischen Indie-Bands bis Jazz des von Anfang Juli bis Anfang September stattfindenden Jazzfestivals „summer. jazz.in.the.city“. Bad Gastein hat sich neu erfunden. „Der Ort ist die größte Spielwiese der Welt“, sagt Ike Ikrath. Tatsächlich haben er und seine Mitstreiter es geschafft, den Ort wieder auf der Landkarte der Kulturliebhaber und Hipster zu verankern. Ob es Konzept und Lebenskünstler Friedrich „Supergeil“ Liechtenstein ist, der sein Album „Bad Gastein“ nennt, oder Zukunftsforscher Mathias Horx, der im Rahmen der Gastein.Talks über die neue grüne Üppigkeit philosophiert. Der Ort zieht wieder jede Menge interessante Menschen an. Und heute wie damals ist es ein Bild der Extreme, das Gastein ausmacht: Der Wasserfall, der mitten durch die Stadt tost, der großstädtische Prunk der Bel Epoque mitten im Gebirge und hochwertige Kunst. Wer nach Bad Gastein kommt, sucht das Besondere. Das war immer so, und ist es auch heute wieder. www.haus-hirt.com | www.badgastein.at

(GEHEIM)-TIPPS PONGAU / GASTEIN Evelyn Ikrath, Haus Hirt Lieblingsort: Das Gasteiner Nassfeld in Sportgastein – silbrig leuchtend am Morgen, wild und naturgewaltig bei Sturm. Der untere Wasserfall in Bad Gastein, wo die heiße Thermalquelle und der Wasserfall zusammenkommen. Lieblingsgasthaus: Poserhöhe am Gamskarkogel, Valeriehaus im Nassfeld, die Astenalm, der Seehof in Goldegg. Lieblingsprodukt aus der Region: Mühlhof Heidis Brot mit ihrer Butter, das Heidelbeergelee und der Hollersaft von Annemarie von der Gadaunerer Hochalm, der Birnenschnaps vom Purzelbauer. Lieblingsbuch: „The Outsiders“ erschienen im Gestalten Verlag.

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TAUERNLAMM

Foto: Stefan Zenzmaier

WEITE WEGE „Dass die Lämmer nur mit Kraftfutter gefüttert werden, gibt es bei uns nicht.“ Robert Zehetner

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lmabtrieb im Nationalpark Region Hohe Tauern. Das Ende der Almweidezeit wird wie jedes Jahr feierlich begangen. Robert Zehetner erinnert sich: Hier standen er und andere befreundete Bergbauern vor mehr als 35 Jahren mit dem Rücken zur Wand. „Wenn wir Bauern bleiben wollen, dürfen wir uns nicht auf die Politik verlassen, sondern müssen selber etwas tun.“ So oder so ähnlich war der Tenor damals. Die Lösung: Das Schaf. Genügsam und vor allem geländegängiger als die auf den steilen Flächen kaum zu haltende Kuh ist es. Und das Fleisch der auf der Weide gehaltenen Tiere schmeckt viel besser als das aus der Massentierhaltung. Und so wurde die Tauernlamm Genossenschaft gegründet, deren Geschäftsführer Zehetner

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heute ist und deren Mitglieder sich zu einer besonders nachhaltigen Aufzucht verpflichten. „Wir schlachten die Lämmer älter als andere“, erzählt Zehetner. Erst wenn sie acht, neun Monate alt sind. Denn das Alter spiele keine so große Rolle, wenn sie von der Weide kommen und mit Gras und Heu gefüttert wurden. „Dass die Lämmer nur mit Kraftfutter gefüttert werden, gibt es bei uns nicht.“ Vom kleinen Lamm also, das mit seiner Mutter einige Monate auf den Almen und Weiden unserer Berghöfe verbringt, bis hin zum pikanten Tauernlammgericht auf dem Teller eines Spitzenrestaurants ist es daher ein weiter Weg. Länger und intensiver als der von der Alm ins Tal ist er, aber ebenso im Einklang mit der Natur.

DAS TAUERNLAMM Unter natürlicher Haltung wächst es heran und wird auf den Bergbauernhöfen der Region schlachtfertig gefüttert. Weit über die Grenzen des schönen Pinzgaus hinaus gilt es aufgrund seines besonders zarten und wohlschmeckenden Fleisches als Delikatesse. In Salzburg ist es auf der Schranne, einem traditionellen Markt, erhältlich, sonst nur auf dem Land und bei ausgesuchten gastronomischen Betrieben.

ZEITGENOSSEN


Text: Markus Deisenberger

TAUERNLAMM

EIN LAMM, VIER JAHRESZEITEN DIE JAHRESZEITEN KOMMEN UND GEHEN UND MIT IHNEN AUCH DIE MEISTEN PRODUKTE. DAS TAUERNLAMM JEDOCH GIBT ES DAS GANZE JAHR HINDURCH. MARTIN BAUERNFEIND KOCHTE ES FÜR UNS AUF VIER VERSCHIEDENE ARTEN.

beit des bekannten chinesischen Foto-Künstlers Ai Wei Wei hängt, die das Weiße Haus mit seinem provokant gestreckten Mittelfinger garniert, dann muss schon einmal ein gewagter Hechtsprung des Hoteliers die Begrüßungszeremonie mit der amerikanischen Botschafterin retten. Auch Kunst-Superstar Jonathan Meese, der von sich gerne in der dritten Person spricht, ist Stammgast: „Die Blaue Gans hat Jonathan Meese ein optimales Nest, Netz und einen Rückzugsort zur Verfügung gestellt, toll, toll, toll, besser geht’s nicht.“ Na denn.

Doch zunächst zum Ort des Geschehens: Kein DesignHotel, sondern ein Art-Hotel ist es, das Andreas Gfrerer mitten in Salzburgs Altstadt führt. Das heißt, hier gibt es nicht nur jede Menge moderne Kunst als gut gemeinte Deko wie andernorts, sondern hier findet Kunst auch tatsächlich statt: Ausstellungen und Lesungen sind an der Tagesordnung. Und für Zensur ist kein Platz. Wenn im Hoteldurchgang eine Fotoar-

Den Anfang macht ein einfaches, dafür umso schmackhafteres Gericht: Selbstgemachte, mit Frischkäse und faschiertem Lamm gefüllte Tortellini. Dazu gibt es sautierten grünen Spargel. Darüber werden ein leichtes Schafskäsedressing und braune Butter geträufelt. Für den besonderen Pep aber sorgt der darüber gestreute Lamm-Bries: Außen knusprig, innen weich, ist er die perfekte Ergänzung zu den Nudeln.

Fotos: Victoria Schaffer

Als uns Martin Bauernfeind, Chefkoch des Arthotels Blaue Gans, vorschlug, das sonst übliche, meist aus drei Gängen bestehende Hochglanz-Kochen doch einmal beiseite zu lassen und uns ganz auf das Produkt zu konzentrieren, indem wir einfach vier Lammgerichte – für jede Jahreszeit ein passendes – kochen, waren wir sofort begeistert. Vier Mal Tauernlamm? Was für eine großartige Idee.

Am Herd regiert aber – und das ist eine Art lebende Antithese zum oftmals exaltierten Kunstbetrieb – Martin Bauernfeind. Der gebürtige Osttiroler, der zuletzt in der Schweiz kochte, ist, das sollten wir bald herausfinden, ein besonders geradliniger Mann. Mit Hauben hat er, auch wenn er sich zuletzt zwei erkochte, wenig am Hut. Raffinesse hat für ihn nichts mit Schäumchen und Pinzetten zu tun. Raffinesse ist es, aus dem Vorhandenen das bestmögliche herauszuholen. Und bei einem Ausgangsprodukt wie dem Tauernlamm ist das eine steile Vorlage.

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~ Frühling ~

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TAUERNLAMM

~ Sommer ~

~ Herbst ~

Als sommerlich leichte Draufgabe gibt es danach Lammrücken auf Ruccola-Creme. Das beste Stück vom Lamm wird in Butter geschwenkt und auf dem zuerst blanchierten, dann pürierten und mit bestem Olivenöl und Fonds zu einer wunderbar schmelzigen Creme gerührten Ruccola gebettet. Und auch wenn man etwas derart Plattes eigentlich nicht schreiben darf: Das Fleisch zergeht förmlich auf der Zunge. Kann es noch besser werden? Das fragt man sich nach dem Sommer doch immer. Bei uns hält aber auch der Herbst eine gelungene Überraschung bereit: Ein Lammzüngerl mit Safranzwiebeln nämlich. Im Lammfonds werden die Zwiebeln, gemeinsam mit dem Safran schön glasig gekocht. Halbierte Oliven und in Streifen geschnittene Orangen sorgen für ein harmonisches Frucht-Säure-Spiel, Kräuter-Brot-Croutons runden das Gericht geschmacklich ab. Dazu wird getoastetes Schwarzbrot gereicht. Ein Gericht, das die in der modernen Küche sträflich vernachlässigte Zunge vollends rehabilitiert, so frisch, so fein, so bekömmlich gerät sie Bauernfeind. Den letzten, winterlichen Gang bestreitet eine Lammstelze. Und auch hier merkt man, dass Bauernfeind jeglicher Manierismus zuwider ist. Schön langsam wurde die Haxe im Ofen weich geschmort. Für einen gelungenen Kontrast zur fast schwarzen Lammschmorsauce sorgt eine Gremolata aus Zitronenabrieb, Knoblauch und jeder Menge Petersilie. Sie verleiht dem deftigen Gericht eine frische Note. Dazu wird eine cremige Polenta gereicht, die jede italienische Oma vor Neid erblassen ließe.

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~ Winter ~

Unser Resumee: Kochen als Kunstform. Vier Gänge, kein Chichi, sondern geradlinige Arbeit, die sich am Produkt orientiert und das Beste aus dem genialen Grundprodukt „Tauernlamm“ herausholt. www.tauernlamm.at | www.blauegans.at

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25. Nov. - 11. Dez. 2016

Adventsingen Salzburger

IM GROSSEN FESTSPIELHAUS ZU SALZBURG

JEDEM ANFANG WOHNT EIN ZAUBER INNE HANS KÖHL ÜBER BEGINN, ENTWICKLUNG UND BESONDERHEIT DES SALZBURGER ADVENTSINGENS.

Das Salzburger Adventsingen wurde 1946 gegründet – was hat sich seither verändert? Enorm viel. Am Beginn stand eine schlichte Gedenkfeier für gefallene oder vermisste Musikantenfreunde, getragen von sehnsuchtsvoller Hoffnung auf eine bessere, friedlichere Welt. Wer hätte damals gedacht, dass diese kleine Andacht die KeimHans Köhl ist seit 2000 Gesamtleiter des Salzburger zelle von mittlerweile unzähligen Adventsingens. „Adventsingen“ im gesamten deutschsprachigen Raum werden würde! Im Laufe der Jahre wurden das Spiel der Hirtenkinder, Figuren wie Vogelfänger oder Bandlkramer, Gruppen von Schön- und Schiachperchten oder das Heilige Paar Maria und Josef in das Geschehen integriert. Man übersiedelte von einem kleinen Veranstaltungsraum in immer größere Säle und schließlich ab 1960 in das neu erbaute Große Festspielhaus, das seither unsere Spielstätte ist.

„GIB UNS FRIEDEN!“

Wie gestaltet sich der Weg zwischen Tradition und Moderne? Das Salzburger Adventsingen ist heute eine ganz besondere Form einer musikalisch-szenischen Darbietung, die sich stilistisch in keine Gattung einordnen lässt. Dabei wird das adventliche Geschehen alljährlich mit einer spannenden Geschichte verwoben. Dieses harmonische Gefüge von volkskulturellen, klassischen und zeitgenössischen Elementen im szenischmusikalischen Werk schafft eine für das Publikum wohl einzigartige, immer wieder faszinierende Atmosphäre. Welche Programmatik verfolgen Sie 2016? Mit dem neuen Werk „Gib uns Frieden“ kehren wir gedanklich zu den Anfängen des Salzburger Adventsingens zurück, in die Zeit, wo sich die neu gewonnene Freiheit nach dem Krieg in ausgelassenen, lauten Heimkehrer-Bällen widerspiegelt. Zwei Personen ist offenbar jedoch nicht nach Feiern zumute. Sie sehnen sich nach der Kraft der Stille. Die Idee eines Adventsingens wird geboren und nimmt ihren Lauf. Vielen Dank für das Gespräch.

www.salzburgeradventsingen.at +43(0)662/84 31 82 · sbg.adventsingen@heimatwerk.at

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Top-ausgebildete Fachkräfte sind die Basis für einen florierenden Wirtschaftsstandort. Mit ihren Bildungs- und Informationseinrichtungen ist die Wirtschaftskammer Salzburg Bildungspartner für jährlich 90.000 Menschen und eröffnet vielfältige Karrierewege.

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Ein Meilenstein für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Salzburg war die Eröffnung des Talente-Checks Salzburg, der kürzlich seinen Betrieb aufgenommen hat. Die Wirtschaftskammer investierte 3 Millionen Euro in die modernste Talente-Teststrecke Österreichs. Ziel ist es, möglichst alle Salzburger Schüler eines Jahrgangs – das sind rund 6.000 – bei ihrer Berufs- oder Bildungswegentscheidung umfassend zu beraten. Schon im ersten Betriebsjahr werden mehr als 4.000 Schüler den Talente-Check nutzen. Nach Auswertung der Tests findet ein Beratungsgespräch statt, bei dem sich die WKS-Bildungsberater einzeln mit den Schülern und ihren Eltern zusammensetzen, um die Ergebnisse zu besprechen. Das WIFI ist in Salzburg die Nummer 1 in der beruflichen Erwachsenenbildung. Mit 30.000 Kursteilnehmern und 2.400 Kursen war 2014 das bislang erfolgreichste Jahr in der Ge-

Foto: WKS/wildbild

TOP-AUSGEBILDET IN DIE ZUKUNFT Beim neuen Talente-Check Salzburg erfahren die Jugendlichen, wo ihre Stärken liegen.

schichte. 2015 wurden die Erfolgszahlen noch einmal getoppt. Mit modernen Kursräumen, Werkstätten und dem Gastronomiezentrum steht eine Fläche von rund 11.000 Quadratmetern für Aus- und Weiterbildung zur Verfügung. Die Fachhochschule Salzburg zählt rund 2.600 Studierende. Es werden 28 Studiengänge angeboten. Im Herbst 2014 startete mit dem neuen KMU-Management-Lehrgang eine maßgeschneiderte Ausbildung für den unternehmerischen Mittelstand. Und auch die Ausbildung an den Tourismusschulen Salzburg der WKS ist ein Qualitätsgarant. Die Schulen zählen international zu den weltbesten Kaderschmieden für Tourismusfachkräfte.

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SALZBURG 1816–2016

Text: Eva Maria von Schilgen

VOM ARMENHAUS ZUM ZENTRUM DER KULTUR

© Salzburg Museum

1816–2016 – SALZBURG IST 200 JAHRE BEI ÖSTERREICH

Johann Michael Sattlers Panoramabild der Stadt Salzburg, gemalt um 1826.

Der letzte regierende Erzbischof, Hieronymus Graf von Colloredo, war bereits vor dem Einmarsch der Truppen nach Wien geflüchtet. Auf der letzten Sitzung des „Immerwährenden Reichstages“ in Regensburg wird beschlossen, alle geistlichen Fürstentümer aufzulösen, um jene weltlichen Fürsten zu entschädigen, deren Besitz während der Revolutionskriege verloren gegangen war. Salzburg wird von nun an zum Spielball der politischen Mächte: Ferdinand III. von Habsburg-Toskana, zweiter Sohn von Kaiser Leopold II. von Österreich, wird mit dem Kurfürstentum Salzburg im Austausch mit dem Großherzogtum Toskana entschädigt. Als Vertreter eines aufgeklärten Absolutismus wandelt er mit behutsamen Reformen das geistliche Fürstentum in einen weltlichen Staat um. Doch bereits 1806 muss er diese Regentschaft abgeben. Die Franzosen entsenden

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mehr als 60.000 Besatzer, das Kurfürstentum Salzburg wird aufgelöst und im „Frieden zu Preßburg“ Österreich zugesprochen. Die hohen Kontributionszahlungen an das französische Kaiserreich führen zum wirtschaftlichen Niedergang. 1809, nach Napoleons Sieg über Österreich in der „Schlacht bei Wagram“, fällt Salzburg an Frankreich, das es 1810 wiederum an Bayern abtritt. Europa wird beim „Wiener Kongress“ (1814–1815) neu gestaltet, Salzburg am 1. Mai 1816 ein Teil der Habsburgermonarchie, und es erhält seine noch heute bestehenden Grenzen. „BETTELDORF MIT LEEREN PALÄSTEN“ Die Verwaltung Salzburgs wird nach Linz verlegt, Beamte und Hofbedienstete verlassen die Stadt, die zu einem „Betteldorf mit leeren Palästen“ verkommt. In den nächsten Jahrzehnten gehen die Bevölkerungszahlen dramatisch zurück. Franz Schubert schreibt 1825 anlässlich seines Besuches in Salzburg: „Auf den Straßen und Plätzen der Stadt, deren es viele und schöne gibt, wächst Gras, so wenig werden sie betreten.“ Die europaweite Tournee des Malers Johann Michael Sattler mit seinem um 1826 gemalten Panoramabild Salzburgs, der Zeitgeist der „Romantik“ und seine Naturschönheiten machen Salzburg bald zu einem beliebten Reiseziel.

Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt erst später: Durch die 1860 eröffnete Kaiserin-Elisabeth-Westbahn, die von Wien über Salzburg nach München führt. Ein Jahr später erhält Salzburg endlich eine eigene Landesregierung. 1880 wird die Internationale Stiftung Mozarteum mit dem Ziel gegründet, das Erbe von Salzburgs Genius Loci, Komponist Wolfgang Amadeus Mozart, zu bewahren und eine zeitgemäße

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alzburg, am 1. Mai 1816: Das ehemals blühende Fürsterzbistum ist verwüstet, geplündert, die Bevölkerung verarmt. Es herrscht Hungersnot. Mehr als tausend Jahre hatten zuvor kunstsinnige und innovative Fürsterzbischöfe ein Land regiert, das bei seiner größten territorialen Ausdehnung bis weit nach Bayern, Tirol, in die Steiermark und nach Osttirol reichte. Dank der Einnahmen aus dem Salzabbau bei Hallein hatten sie prachtvolle Bauten errichten lassen, unschätzbare Kunstsammlungen angelegt sowie Handel und Gewerbe gefördert. Ihre weltoffene Einstellung zog Musiker, Schriftsteller und Gelehrte aus ganz Europa an. Diese Blütezeit endet jedoch jäh am 15. Dezember 1800: Vor den Toren Salzburgs wurde mit dem Sieg der napoleonischen Armee bei der „Schlacht am Walserfeld“ eine Zeit des Wandels eingeläutet.


SALZBURG 1816–2016

Harnischbrust und Schützenhaube aus der Großen Reihengarnitur des Salzburger Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau, Inv.-Nr. W 1001.5 a-i, Foto Nr. D151589 © Bayerisches Nationalmuseum, München, Foto: Haberland, Walter

Greifenklaue des Erzbischofs Gregor Schenk von Osterwitz (1396–1403), um 1400 Material / Technik: Büffelhorn, vergoldetes Silber, Email, Höhe: 28 cm © Ex S.S.P.S.A.E e per il Polo Museale della città di Firenze – Gabinetto Fotografico

Jüngling vom Magdalensberg, Bronzeabguss des antiken Originals, 16. Jahrhundert Material / Technik: Bronze, Hohlguss, Höhe: 185 cm © KHM-Museumsverband

Bischof.Kaiser.Jedermann. 1816–2016 So lautet der Name der Landesausstellung 200 Jahre Salzburg bei Österreich, im Salzburg Museum Neue Residenz von 30. April bis 30. Oktober 2016, www.salzburg200.at

Auseinandersetzung mit seinem Werk zu unterstützen. Die Salzburger Festspiele werden 1920 von dem Dichter Hugo von Hofmannsthal und dem Regisseur Max Reinhard ins Leben gerufen und führen zu einem Aufblühen des Tourismus. Die Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929, sowie die von 1933 bis 1936 andauernde „Tausend-Mark-Sperre“, bei der deutsche Gäste bei der Einreise nach Österreich 1.000 Mark an das Deutsche Reich zahlen mussten, schwächen Salzburgs Wirtschaft jedoch massiv. Dennoch bestehen die Salzburger Festspiele weiter, auch nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938. Während des Zweiten Weltkrieges werden große Teile der Altstadt, darunter auch der Dom, schwer beschädigt und zahlreiche Industrieanlagen vernichtet. 1945 wird Salzburg von den amerikanischen Truppen befreit. Die Besatzung endet 1955 mit dem Österreichischen Staatsvertrag. Die Festspiele

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und der Tourismus werden in den nachfolgenden Jahrzehnten zum treibenden wirtschaftlichen Motor, der die rasante Entwicklung von Industrie und Wirtschaft ermöglicht. Heute zählt Salzburg zu den dynamischsten und innovativsten Wirtschaftsregionen Europas. Gleichzeitig hat die Region nichts von ihren landschaftlichen Schönheiten verloren. Kunst und Kultur werden gelebt und gefördert. Und – last but not least – schafft der Charme der Bevölkerung ein ganz besonderes, liebenswertes Lebensgefühl. Denn wie Hugo von Hofmannsthal im Gründungsmanifest der Salzburger Festspiele 1919 schrieb: „Das Salzburger Land ist das Herz vom Herzen Europas. Das mittlere Europa hat keinen schöneren Raum – und gerade hier musste Mozart geboren werden.“ Alle Ausstellungen, auch die in den Regionalmuseen des Salzburger Landes, finden Sie unter: www.salzburg2016.at

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DOMQUARTIER SALZBURG

GLAUBE UND MACHT ZUM ANFASSEN DAS DOMQUARTIER SALZBURG IST MEHR ALS NUR EIN MUSEUM. EINE AKTUELLE AUSSTELLUNG JUNGER STUDENTEN, DIE IHRE WERKE IN EINEN DIALOG MIT DEN BAROCKEN MEISTERWERKEN SETZEN, VERDEUTLICHT DAS.

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er Barock – was war das doch für eine seltsame Zeit. Die theaterverrückten Menschen schminkten sich sogar im Alltag weiß, um ihrer Liebe zur Bühne Ausdruck zu verleihen. Und um ihren weißen Teint und die weiß gepuderten Perücken zu kontrastieren, klebten sie sich kleine Pflästerchen aus Samt oder Taft – Fliegen oder „la mouche“ genannt – ins Gesicht. So spielte man auch im echten Leben ein wenig Theater. Und mit der Zeit bekam jedes dieser Pflästerchen eine eigene emotionale Bedeutung – den heutigen Icons nicht unähnlich, die wir so gerne auf Facebook und anderen sozialen Medien einsetzen, um anderen zu verdeutlichen, wie es uns gerade geht. Damals also klebten sie im Gesicht.

In Bonaventuras Gemälde „Segelboote im Gewittersturm“ wirken die schäumenden, peitschenden, grauen Wellen übertrieben, ja fast schon surreal. Margret Breitfuß hat das in ihrer horizontal im Raum schwebenden Stoff-Installation vor dem Gemälde gekonnt aufgegriffen.

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Foto: Victoria Schaffer

Wie will man diese seltsame Zeit mit ihren Eigenheiten heute noch verstehen? Ganz einfach. Indem man junge Leute losschickt und sie in einen Dialog mit der Kunst von damals treten lässt. Unvoreingenommen. Mit offenem Ausgang. So geschehen im Domquartier Salzburg, wo sich Studierende der Universität Mozarteum mit den barocken Kunstwerken der Residenz und der Residenzgalerie auseinandersetzten. Beim Durchschreiten dieser prächtig ausgestatteten Prunk-

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Text: Markus Deisenberger

„Kann denn Liebe Sünde sein?“ fragt die Arbeit von Alexandra Gruchmann, in der die verbotene Beziehung von Erzbischof Wolf Dietrich und Salome Alt, der fünfzehn Kinder entsprangen, thematisiert wird. Sündige Heimlichkeiten und leidvoller Alltag,

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Foto: Victoria Schaffer

Foto: Victoria Schaffer

Die kostbaren Brüsseler Tapisserien im Audienzsaal der Residenz, die Szenen aus der römischen Frühgeschichte und eingewoben das Wappen des Erzbischofs Wolf Dietrich zeigen, nahm Mariya Diener zum Anlass einer Rauminstallation, die den Titel „Farbverlauf “ trägt. Durch den Alterungsprozess und die Lichteinwirkung über Jahrhunderte veränderten sich die Farben, heute können wir die ursprüngliche Buntheit der Gobelins nur erahnen. Mariya Diener nimmt in ihrer textilen Arbeit den Dialog mit den Wandteppichen auf: Kettfäden, die aus Reagenzgläsern ihre Farbe ziehen, schweben wie ein Schleier der Erinnerung im Raum und zeigen die verlorengegangene Vielfalt der Farbigkeit.

Foto: Victoria Schaffer

Im Kaisersaal der Residenz etwa, dort wo alle österreichischen Kaiser bis zum Vater Maria Theresias in Öl hängen, wird experimentelle Mode ausgestellt. Ein aus 40.000 Sicherheitsnadeln gefertigter Mantel setzt sich mit dem Thema Sicherheit und ihrer Illusion auseinander. Andere Stücke greifen das Thema „Oppulenz“ durch futuristische Formen und Materialien auf.

Foto: Stefanie Haslacher

Foto: FOTO FLAUSEN / Andreas Brandl

räume ist man umgeben von üppigen Interieurs, historischen Stoffen, schweren Vorhängen und Brüsseler Tapisserien. „Mehr als Verhüllung“ nennt sich die Ausstellung, die diese Umgebung erforscht, seziert und konterkariert. Mit teils beeindruckenden Ergebnissen: Interaktive Installationen zum Ertasten sind da zu sehen, experimentelle ModeObjekte und vieles mehr. Die vorgegebenen Themen, mit denen sich die Studierenden auseinandersetzen, waren Überfülle, Macht und Sicherheit.

Oben: Kettfäden, die aus Reagenzgläsern ihre Farbe ziehen, schweben wie ein Schleier der Erinnerung im Raum, und treten so in einen Dialog mit den alten Tapisserien. Mitte: Die Wunde Jesu, einmal im Bild „Der ungläubige Thomas“, einmal in Bauernleinen und Baumwollsamt zum Anfassen. Unten: Die Insignien der Macht, damals und heute. Kaiserkrone und Zepter wurden vom Binärcode abgelöst.

damals wie heute, werden darin offengelegt. Die Installation bezieht sich auf eine Einlegearbeit im Parkettboden des Weißen Saals. Das Symbol der verschlungenen ernsthaften Liebe wird plastisch interpretiert: Fünfzehn kleine Kinderhemden verweisen auf die fünfzehn verbotenen Kinder.

leinen und Baumwollsamt gefertigten Wunde, die jener Wunde Jesu, in die der ungläubige Thomas im gleichnamigen Bild von G. F. Barbieri seinen Finger legt, nachempfunden ist. So kann man in die Wunde Christi greifen, sie erfühlen und dabei die eigene Einstellung zu Glauben und Spiritualität hinterfragen.

„Glaubst Du?“, fragt uns in der Residenzgalerie Stefanie Haslacher in ihrer Installation, einer aus Bauern-

Um die Insignien der Macht geht es in einer Installation aus Video und Stoffbahnen, die sich zu einem der

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Fotos: Victoria Schaffer

Rembrandts „Betende alte Frau“: Links im kleinen Original, rechts in der digitalisierten Version, die sehr viel mehr Nähe zulässt.

AUF DEN SPUREN DER FÜRSTERZBISCHÖFE Das Domquartier Salzburg umfasst das baulich in sich geschlossene Ensemble Residenz, Dom, Stift St. Peter und Wallistrakt. Auf einem abwechslungsreichen und spektakulären Rundgang von 1,3 Kilometern Länge lässt sich ein höchst interessantes Zusammenspiel von Herrschaftsund Kirchengeschichte, Kunst und Architektur mit imposanten Ausblicken auf Altstadt und Stadtberge erwandern. „Das Domquartier soll ein lebendiger Ort der Begegnung sein“, wünscht sich Geschäftsführerin Elisabeth Resmann. Vor allem spezielle Führungen und Sonderausstellungen sollen das bewerkstelligen. Bis jetzt ist das hervorragend gelungen: Seit der Eröffnung im Mai 2014 ließen sich 243.000 Besucherinnen und Besucher von der barocken Pracht verzaubern.

www. domquartier.at

wertvollsten Gemälde der Galerie, „Kaiser Karl V.“ von Peter Paul Rubens in Beziehung setzt. Eva Karner und Manuela Schrattenecker setzen Zepter und Kaiserkrone den Binärcode entgegen. Die Matrix – der Binärcode – ist Grundlage für die Verarbeitung digitaler Informationen in unserer Zeit und wird in der Rauminstallation als ein modernes Pendant zu den im Gemälde abgebildeten Herrscherinsignien gesehen. Auf transparente Stoffbahnen werden digitale herunterlaufende Daten projiziert und ermöglichen dem Betrachter beim Durchschreiten ein hautnahes Eintauchen und transparentes Erleben der digitalen Macht. Einen würdigen Abschluss unseres Rundganges bildet Rembrandts „Betende alte Frau“, der eine komplett digitalisierte Version gegenübersteht. Mittels Cursor kann man jeden noch so kleinen Teil des Gemäldes erkunden. Falten und Schrunden lassen sich unendlich vergrößern. Eine merkwürdige Erfahrung ist das, die in einem ausgelöst wird, wenn man Teile der Gesichtshaut dieser alten Frau heranzoomt. Hätte Rembrandt das so gewollt? Eine interessante Frage, über die es sich nachzudenken lohnt. Und genau das ist es, was die Schau so großartig macht: Selbst wenn sich einem der eine oder andere künstlerische Zugang nicht erschließt, die modernen Assoziationen zum Barock sind allesamt sehenswert, weil sie die richtigen Fragen, nämlich die

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Fragen unserer Zeit stellen, und einem bewusst wird: Ähnliche Fragen waren damals schon relevant. 2016 wird es eine Fortsetzung der partizipativen Ausstellungsprojekte geben. In „Bildwechsel“ werden es u. a. Licht- und Sprachinstallationen sein, die auf vielfältige Art und Weise mit den Gemälden und Kunstgegenständen in Beziehung treten. Man darf gespannt sein. SONDERAUSSTELLUNGEN 2016 12.02.–18.05., Nordoratorium Vedi Napoli e poi muori – Grand Tour der Mönche Über die Italienreisen von Benediktinermönchen. Eine Zusammenarbeit des Museum St. Peter mit dem Stiftsarchiv St. Gallen und dem Kloster Einsiedeln. 14.04.–31.12., Prunkräume der Residenz Weißer Saal 20.16 Künstlerische Raum-Inszenierung anlässlich der Unterzeichnung des Übernahmevertrags im Weißen Saal am 1. Mai 1816. 14.06.–03.07., Residenzgalerie Salzburg Bildwechsel Ein Kooperationsprojekt mit der Universität Mozarteum/FB Fotografie und Neue Medien sowie Medienkünstlern. 30.07.-16.10., Residenzgalerie Salzburg / Nordoratorium Menschenbilder – Götterwelten. The World of Gods and Men Eine Ausstellung der Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein in Kooperation mit der Residenzgalerie Salzburg und der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien. 11.11.–Mai 2017, Residenzgalerie Salzburg Unter der Farbe. Wie Gemälde entstanden. 21.07.–25. 09., Kunst- und Wunderkammer Marcel Odenbach, Sprünge in der Wahrnehmung

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TANZ

Black Marrow. © Bjarni Grimsson

Text: Verena Schweiger

SALZBURG TANZT SICH FREI MIT HOCHKARÄTIGEN PRODUKTIONEN UND EINER INTERNATIONAL RENOMMIERTEN TANZAKADEMIE ENTWICKELT SICH DIE MOZARTSTADT ZUM GANZJÄHRIGEN HUB FÜR ZEITGENÖSSISCHEN TANZ.

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alzburg ist Mozart. Salzburg ist „Sound of Music“. Salzburg sind die Festspiele. Tatsächlich? Weit gefehlt! Denn auch abseits des Genius Loci, klassischer Musik und alpenländischem Flair gibt es in der Stadt an der Salzach so einiges an kultureller Verführung zu entdecken. Besonders evident in den letzten Jahren ist Salzburgs Etablierung als Drehscheibe innerhalb der zeitgenössischen Tanzszene. Außergewöhnliche Produktionen von namhaften Kompanien gastieren regelmäßig

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in der Stadt und bescheren gemeinsam mit einer international renommierten Nachwuchsförderung dem Publikum ein Kunsterlebnis der besonderen Art. Es sind Bühnenmomente, gespendet von sprechenden Körpern jenseits von Worten und Klang. Momente des intuitiven Nachspürens, die über das Live-Erlebnis hinaus immer wieder vor dem inneren Auge auftauchen und mit der visuellen Reminiszenz das Gefühl jenes besonderen Augenblicks durch die Adern pulsieren lassen.

Zu sehen bei der Sommerszene 2016: Erna Ómarsdóttirs apokalyptische Tanzelegie „Black Marrow“ mit der Iceland Dance Company, in der sich alles um das Schwarze Gold und seine fatalen Folgen dreht.

Zu verdanken ist diese glückliche Entwicklung zwei außergewöhnlichen Frauen, die die Salzburger Kulturszene befeuern: Angela Glechner, Intendantin der SZENE Salzburg und Susan Quinn, visionäre Leiterin von SEAD, der Salzburg Experimental Academy of Dance, in der sie mittlerweile Studenten aus dreißig Ländern um sich schart. Jede für sich und immer auch wieder gemeinsam, treiben diese beiden Kulturdamen Salzburgs Ruf als offenen Ort, an dem Neues passieren darf, voran. Die Liebe habe sie nach Salzburg verschlagen, lacht Susan Quinn, charismatische Amerikanerin und langjährige Tänzerin in der Kompanie von Tanzlegende Merce Cunningham in New York. Mit dem Umzug war die Idee geboren, hier eine Tanzschule für zeitgenössischen Tanz zu eröffnen. Ein Wagnis, das viel Idealismus und Durchhaltever-

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TANZ

Doch Susan Quinn geht es nicht um Zahlen. „Es ist wunderbar zu erleben, wie meinen Studenten Flügel wachsen, sie ihren eigenen Weg gehen und in namhaften Kompanien, wie die von Jan Fabre, Sasha Waltz oder Meg Stuart Eingang finden.“ SEAD solle ein Ort des offenen Austausches sein. „Immer wieder kommen Gastchoreografen, um mit den Studenten zu arbeiten. Diese Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem ist für die Atmosphäre und die Ausbildung unglaublich wichtig.“ Die Offenheit gelte auch gegenüber dem Publikum. Regelmäßig finden öffentliche Showings und Abendveranstaltungen statt, bei denen sich Besucher vom außergewöhnlichen Talent und der Experimentierlust der Studenten überzeugen können. Hinzu kommen internationale Gastauftritte. Eine derart renommierte Ausbildungsstätte vor der eigenen Haustüre zu haben, schätzt auch Angela Glechner, die als Intendantin der SZENE Salzburg am Regelwerk für zeitgenössische Bühnenkunst in Salzburg sitzt. An ihrem Haus kuratiert sie die beiden Festivals „PNEU“ – Performing New Europe, ein Tanzfestival – und die „Sommerszene“, eine spartenübergreifende Veranstaltungsreihe zeitgenö ssischer Bü hnenkunst.

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Die langjährige Zusammenarbeit mit Susan Quinn und SEAD ist äußerst fruchtbar für beide Seiten. Ein gemeinschaftliches Fixprojekt sind ein bis zwei Produktionen pro Jahr für die Sommerszene. Das alljährlich im Frühsommer stattfindende Fest über eineinhalb Wochen, das zeitgenössisches Theater, Tanz und Performance in die Mitte der Salzburger Altstadt rückt, hat sich über Jahrzehnte zu einem international beachteten Festival entwickelt. 2016 wird es von 23. Juni bis 3. Juli stattfinden, das umfassende Programm wird im Mai präsentiert, doch ein Ausblick sei bereits hier gegeben: Der Österreicher Willi Dorner wird einen choreographischen Parcours durch Salzburg konzipieren. Zudem gastiert Islands Star-Choreografin Erna Ómarsdóttir mit der Iceland Dance Company und dem bildgewaltigen Tanzstück „Black Marrow“, einer düsteren Elegie über das alles bestimmende Mark der Erde, das Erdöl. Ein weiteres Highlight 2016 dürfte die Produktion des führenden Choreografen seiner Generation im südostasiatischen Raum, Eko Supriyanto, werden, dessen Performances Pop und Folklore, Klassik und Avantgarde, Musicals und Hochkultur vermengen. „2015 haben wir verstärkt mit regionalen Künstlern zusammengearbeitet. 2016 werden wir einen vermehrt über-europäischen Blickwinkel einnehmen.“ Die SZENE beginnt das neue Jahr mit dem PNEUFestival von 20. bis 23. Jänner, wo u. a. Ingri Fiksdal mit „BAND“ sowie Alessandro Sciarroni mit „Folk-s Will you still love me tomorrow?“, einem Stück, das folkloristisches Schuhplatteln mit zeitgenö ssischer Performance verkuppelt, zu sehen sein werden. Abgerundet wird das ganzjährige Salzburger Angebot von der ARGE Kultur, einem Veranstaltungszentrum im Stadtteil Nonntal, das ebenfalls den Bereich Tanz ausbaut und dabei regionale Künstler mit internationalem Erfolg wie Editta Braun fördert. www.szene-salzburg.net | www.sead.at

„Es ist wunderbar zu erleben, wie meinen Studenten Flügel wachsen, sie ihren eigenen Weg gehen und in namhaften Kompanien, wie die von Jan Fabre, Sasha Waltz oder Meg Stuart Eingang finden.“ Susan Quinn

SEAD

(SALZBURG EXPERIMENTAL ACADEMY OF DANCE)

1993 von Susan Quinn gegründet (Merce Cunningham Company); 1994 neun Student/inn/en; 2000 Übersiedelung in den heutigen Standort in der Schallmooser Hauptstraße mit 1.200 m2 Studiofläche; Ausbildungsjahr 2014/15 100 eingeschriebene Student/inn/en; Auditions in 13 Ländern mit rund 500 Bewerbern für 30 Studienplätze; 20 Gastauftritte pro Jahr weltweit; 4.000 Besucher jährlich bei Abendveranstaltungen und Showings in Salzburg;

Foto: Chris Rogl

mögen forderte. Doch der Erfolg gibt Susan Quinn Recht. Anfang der Neunziger als kleines Tanzstudio am Waagplatz in der Salzburger Altstadt eingerichtet, entwickelte sich SEAD zusehends zu einer internationalen Ausbildungsstätte von allerbestem Ruf. Den endgültigen Wendepunkt bescherte die Übersiedelung im Jahr 2000 in das heutige Gebäude, einer ehemaligen Holzwerkstätte am Fuße des Kapuzinerbergs. Dort feilen auf 1.200 m2 Studiofläche Tänzer und Choreografen an ihrer Leidenschaft. Die Aufnahmeprüfungen finden mittlerweile in dreizehn Ländern weltweit u. a. in Korea, Brasilien und Kanada statt. Bei diesem Vortanzen konkurrieren rund 500 Bewerber um die begehrten dreißig Ausbildungsplätze.

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AKROBATIK & KUNST

Fotos: Marc Haader

WINTERFEST 16 24. NOVEMBER 2016 BIS 6. JÄNNER 2017 Das Winterfest im Salzburger Volksgarten hat in der zeitgenössischen Circuswelt längst einen internationalen Namen. Auch in diesem Jahr zeigen internationale Compagnien sechs Wochen lang ihre Performances und präsentieren zeitgenössische Circuskunst in all ihren Facetten und auf höchstem Niveau. Mittlerweile ist diese Kunstform in Salzburg fest etabliert und das Winterfest hat sich nicht nur zur drittgrößten Kulturveranstaltung der Stadt entwickelt, sondern ist mittlerweile auch zum größten Festival fü r moderne Circuskunst im gesamten deutschsprachigen Raum herangewachsen. Rund 30.000 BesucherInnen finden sich pro Jahr unter den verschneiten Zeltspitzen im Volksgarten ein. In den Circuszelten verschiedenster Formen und Größen werden die Gäste in eine Welt voll fesselnder Akrobatik, leiser Poesie und irrwitziger Geschichten entfü hrt. Um den Festivalbesuch abzurunden, gibt es ein spannendes Rahmenprogramm und im angegliederten Restaurantzelt ein reichhaltiges kulinarisches Angebot.

Friderica Derra de Moroda, ca. 1916, Fotograf: Bert J. Sabourin, Universität Salzburg, Derra de Moroda Dance Archives

Jules Chéret, Folies Bergère. La Loïe Fuller, 1893, Farblithografie, Sprengel Museum Hannover

Henri de Toulouse-Lautrec, Divan Japonais, 1892, Farblithografie, Sprengel Museum Hannover

MUSEUM DER MODERNE SALZBURG AUSSTELLUNGSHIGHLIGHTS 2016

www.winterfest.at

Im Dialog von Vergangenheit und Gegenwart, von Klassischer Moderne und zeitgenössischer Kunst verspricht das Ausstellungsjahr 2016 zahlreiche programmatische Höhepunkte: Im Frühjahr steht das Museum auf dem Mönchsberg im Zeichen der Plakatkultur um 1900 und ihres Meisters Toulouse-Lautrec, aber auch von Kunst und Tanz der 1920/30erJahre in Kooperation mit Derra de Moroda Dance Archives. In Partnerschaft mit der Generali Foundation wird zudem die Reihe der thematischen Sammlungsausstellungen fortgeführt.

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Im Herbst 2016 präsentiert das Museum der Moderne Salzburg eine Werkschau der frühen Plastiken von Walter Pichler. Parallel dazu findet die bislang umfangreichste Ausstellung des aus Kalifornien stammenden Zeichnungsstars Raymond Pettibon statt. Detailliertes Ausstellungsprogramm unter: www.museumdermoderne.at Museum der Moderne Salzburg // Mönchsberg 32, 5020 Salzburg Rupertinum, Wiener-Philharmoniker-Gasse 9, 5020 Salzburg

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Fotos: Magdalena Lepka

Anlässlich der Feierlichkeiten zur 200-jährigen Zugehörigkeit Salzburgs zu Österreich wird Salzburg als Stadt zwischen Tradition und Erneuerung mitten in Europa beleuchtet. In der Sommerausstellung „Anti : Modern“ erfolgt eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Moderne sowie um das die Region prägende Bild einer Anti-Moderne. Im Rupertinum wird zur Festspielsaison dem Bildwitz als Mittel der Zeitkritik von Goya bis Grosz nachgegangen.


IMRAN QURESHI UNTERRICHTET MINIATURMALEREI AN DER INTERNATIONALEN SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST SALZBURG. DAMIT BRINGT ER DIE ZEITGENÖSSISCHE ANWENDUNG EINER ALTEN TECHNIK NAHE.

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ie Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst bietet mit Erfolg immer wieder Kurse an, in denen alte künstlerische Techniken, die kaum mehr gelehrt werden, mit einer zeitgenössischen Kunstpraxis kombiniert werden. Für diesen Sommer hat sie den renommierten pakistanischen Künstler Imran Qureshi eingeladen, einen dreiwöchigen Kurs in Miniaturmalerei zu leiten.

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Die auf dem indischen Subkontinent im 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt findende Miniaturmalerei diente der detailgetreuen Wiedergabe des soziokulturellen Umfelds der Mogul-Herrscher. Die traditionelle Technik folgte einem strengen formalen und inhaltlichen Regelwerk. Imran Qureshi ist der wohl bekannteste Vertreter einer Generation pakistanischer Künstler, die die traditionelle Miniaturmalerei des indischen Subkontinents radikal neu interpretiert haben, und er hat mit dieser Technik in den letzten Jahren weltweit ein großes Publikum erreicht. Unter anderem erhielt er 2011 den Preis der Sharjah Biennale, war „Künstler des Jahres“ 2013 der Deut-

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Foto: Suleman Riaz

ALLTAG, SCHÖNHEIT, TERROR

schen Bank und fertigte im selben Jahr eine aufwendige Malerei auf der Dachterrasse des Metropolitan Museum of Art in New York an. 2013 und 2015 waren seine Arbeiten auch auf der Biennale in Venedig zu sehen, und im Herbst 2015 zeigte er eine umfassende Einzelausstellung neuer Arbeiten in der Galerie Ropac in Paris. Zu Jahresbeginn 2016 eröffnet er zwei große Einzelpräsentationen im Kunsten Museum in Aalborg, Dänemark und im Barbican in London. Qureshi verbindet in seinem Werk traditionelle Miniaturmalerei mit großformatiger, abstrakter Malerei. Zarte Blütenblätter breiten sich in seinen Bildern explosionsartig über die gesamte Leinwand aus. Es ist der Dialog zwischen Leben (vitale Laubblätter, feine Farbtupfer) und Zerstörung desselben (in blutroter Farbe), um den es ihm sowohl in seinen poetischen Miniaturen als auch den großformatigen Installationen geht. Qureshi verbindet die meditative Technik mit Fragen des Alltags und sucht einen Weg der Darstellung von Schönheit, die das Leben und die Natur von sich aus haben, die nicht zu trennen ist von der grausamen Realität des Terrors, der uns überall auf der Welt begegnet.

Imran Qureshi, Opening word of this new scripture, 2013, Gouache und Blattgold auf Wasli-Papier, 27 x 22 cm

INTERNATIONALE SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST

Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst: 18. Juli – 27. August 2016

IMRAN QURESHI, MINIATURMALEREI, 18. JULI – 6. AUGUST 2016, FESTUNG HOHENSALZBURG ALLE KURSE: Aaron Angell, Keramik; Kimberly Bradley, Schreiben; Varda Caivano, Malerei; Bernhard Cella, Buchproduktion; DISTRUKTUR Melissa Dullius / Gustavo Jahn, analoger Film; feld72, Kunst im öffentlichen Raum; Melissa Gordon, Malerei; Valérie Jouve, Fotografie; Ben Katchor, Comics und Performance; Andreas Lolis, Steinbildhauerei; Maha Maamoun, Fotografie, Video, Installation; Marc Monzó, Schmuck; Irina Nakhova, Malerei; Senam Okudzeto, Zeichnung, Installation; Lukas Pusch, Druckgrafik; Imran Qureshi, Miniaturmalerei und zeitgenössische Kunstpraxis; Tex Rubinowitz, Malerei, Zeichnung; Nora Schultz, Bildhauerei, Installation; Alya Sebti, Kuratieren; Ahlam Shibli, Fotografie; Joanna Warsza, Kuratieren; Nicolas Wild, Comics und Reportage; Anmeldung: www.summeracademy.at/anmeldung Anmeldeschluss ist der 2. Mai 2016, je nach Kapazität in den Kursen ist die Anmeldung auch länger möglich. Tel. +43 662 84 21 13 www.summeracademy.at

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GALERIENRUNDGANG

UNBESCHREIBLICHE MAGIE

GALERIST THADDAEUS ROPAC HAT VON SALZBURG AUS DIE INTERNATIONALE KUNSTWELT EROBERT. TROTZDEM IST ER DER STADT IMMER TREU GEBLIEBEN.

Thaddaeus Ropac gilt als einer der erfolgreichsten Galeristen weltweit. Sein 1983 eröffnetes Salzburger Stammhaus befindet sich in der Villa Kast am Mirabellplatz. Seit 1990 ist die Galerie auch in Paris in der Nähe des Musée Picasso vertreten. Im Oktober 2012 eröffnete Ropac im nordöstlich von Paris gelegenen Vorort Pantin einen weiteren Ausstellungsort.

Foto: Peter Rigaud

KOMMENDE AUSSTELLUNG IN SALZBURG

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hre Galerien genießen weltweiten Ruf, Sie stellen internationale Top-Kümstler aus. Sie hätten also leicht nach New York oder London gehen können, blieben aber immer auch in Salzburg. Warum? Das hat keinen emotionalen und auch keinen monetären Grund. Logistisch gesehen ist Salzburg ein eher problematischer Standpunkt, weil die Flugverbindungen schlecht sind, die Arbeit aber, die wir machen, eine internationale ist, und die Künstler, die wir ausstellen, auf der ganzen Welt verstreut sind: In Asien, im Mittleren Osten, in Südamerika ... Trotzdem gehört das Stammhaus einfach nach Salzburg und das wird sich auch nie ändern. Hier nahm alles seinen Anfang. Was macht die Stadt für Sie aus? Salzburg ist für mich ein fast idealer Platz.

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Es hat alle Vorteile einer Kleinstadt und gleichzeitig die Energie eines besonderen Ortes. Außer Venedig fällt mir kein zweites Beispiel ein. Es gibt kaum Plätze derselben Größe, die im 20. Jahrhundert so inspirierend waren wie Salzburg. Es hat große Künstler zu Großartigem angestiftet. Die Magie Salzburgs ist unbeschreiblich und einzigartig. Nichts was in Salzburg geschieht, geht einfach so an mir vorbei. Obwohl ich Kärntner bin, hege ich ein sehr starkes heimatliches Gefühl zu Salzburg. Die Kunst ist heute Big Business. Sehnen Sie sich manchmal an die intimeren Zeiten von früher zurück? Es gab wenige Perioden, die den Kunsthandel so verändert haben, wie diese dreißig Jahre, in denen ich dabei bin. Die Kunst war damals, als ich anfing, einer intellek-

23.01.–12.03.2016 DANIEL RICHTER HALF-NAKED TRUTH GALERIE THADDAEUS ROPAC VILLA KAST / SALZBURG MIRABELLPLATZ 2 www.ropac.net

tuellen Elite vorbehalten. Heute jedoch ist die Kunst in der Mitte des Lebens angekommen. Sie hat die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt. Und das ist gut so. Über künstlerische Vorlieben zu reden, ist für einen Galeristen immer schwierig. Verraten Sie uns trotzdem, welcher Künstler Sie persönlich besonders prägte und weshalb? Wenn ich mich auf einen Künstler und seinen Einfluss auf mich reduzieren müsste, dann wäre das sicher Joseph Beuys. Als Jugendlicher habe ich von Beuys gehört und bin nach Wien gefahren, um die Gastvorlesungen, die er an der Angewandten hielt, zu hören. Beuys war sicher der Grund, warum ich nach Salzburg ging und Galerist wurde. Vielen Dank für das Gespräch.

ZEITGENOSSEN


GALERIENRUNDGANG

KUNST IM KIEZ

Foto: Rainer Iglar

Foto: Victoria Schaffer

AUF DEM EHEMALIGEN STADTWERKE-AREAL SALZBURG IN EINER EHEMALS ÜBEL BELEUMUNDETEN GEGEND ENTSTAND IN DEN VERGANGENEN JAHREN EIN VÖLLIG NEUER STADTTEIL, DER NICHT NUR WOHNUNGEN, SONDERN AUCH JEDE MENGE KUNST BEHEIMATET.

Anton Gugg vor Arbeiten des Künstlers Lucas Horvath.

Vier Köpfe des 15-köpfigen Fotohof-Teams. Von links nach rechts: Kurt Kaindl, Brigitte Blüml-Kaindl, Rainer Iglar, Michael Mauracher.

STADTGALERIE LEHEN: JUNGE, REGIONALE KUNST

FOTOHOF: ZENTRUM FÜR FOTOKUNST

„Salzburg hat zwar eine große Galeriendichte und ist ein großer Kunsthandelsplatz, aber nicht unbedingt für Salzburger Kunst“, erzählt Galerist Anton Gugg. Er selbst bezeichnet sich und seine Galerie daher als „Einspringer“. „Wir kümmern uns um das, was kommerzielle Galerien nicht machen.“ Ausgestellt werden bei ihm Salzburger Künstler oder solche, die einen Bezug zur Stadt haben. Verkauft wird nicht, es wird nur präsentiert. Wenn man so will, ist die Stadtgalerie also eine von der öffentlichen Hand finanzierte Förder-Galerie. Und auch wenn sie in keinem sehr touristischen Gebiet gelegen ist und es bislang nur wenig Laufpublikum gibt, sind die Räumlichkeiten mit ständig wechselnder Kunst für alle, die nach junger regionaler Kunst suchen, ein echter Geheim-Tipp. „Vom Bahnhof sind es nur 500 Meter“, so Gugg.

Was vor nunmehr fast 35 Jahren als von Fotografen gegründete Produzentengalerie begann, ist heute viel mehr als das: Ein im internationalen Zusammenhang tätiges Zentrum für Fotokunst, das Fotokultur und Fotogeschichte auf verschiedenen Ebenen abdeckt. Den Löwenanteil macht zwar immer noch die hauseigene Sammlung österreichischer Fotografie (mit mehr als 30.000 Einzelwerken) aus. Darüber hinaus veranstaltet man aber auch laufend Workshops, betreibt einen eigenen Verlag (230 Erscheinungen), und eine Fachbibliothek. Die ist mit mehr als 14.000 Büchern eine der größten frei zugänglichen im westeuropäischen Raum. Viele der Bücher sind Kunstwerke an sich, stehen für eine bestimmte Periode in der Fotogeschichte.

Neben der Stadtgalerie bespielt der Galerist noch fünf andere Kunstschauplätze, darunter so spektakuläre wie die Säulenhalle im Rathaus und das Vogelhaus im Mirabellgarten.

Neu ist das zwei Straßen weiter gegründete Fotoarchiv: In dieser Schatzkammer werden die Vor- und Nachlässe berühmter Fotografen verwahrt, darunter auch Werke von Inge Morath, mit der man zu Lebzeiten mehrere Ausstellungen veranstaltete. Für Liebhaber der Fotografie ist ein Besuch ein Muss.

kultur.stadt-salzburg.at

www.fotohof.at

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MOZARTEUMORCHESTER

DAS MOZARTEUMORCHESTER SALZBURG

Foto: Nancy Horowitz

2016 FEIERT DAS MOZARTEUMORCHESTER SEIN 175-JÄHRIGES BESTEHEN. EIN SPANNENDES JUBILÄUMSJAHR STEHT BEVOR.

Der Klangkörper hat seine Wurzeln im 1841 gegründeten Dommusikverein und Mozarteum und wurde mit Unterstützung von Mozarts Witwe Constanze und seinen beiden Söhnen ins Leben gerufen. 1908 erhielt das Orchester seinen heutigen Namen. Das Jubiläumsjahr 2016 wird gleich mehrfach gefeiert: Anfang des Jahres bekommt das Orchester die MozartMedaille verliehen. Im Frühjahr erscheint im Müry Salzmann Verlag ein Buch über das Mozarteumorchester. Und im Sommer 2016 schließlich wird der komplette Bruckner-Zyklus auf CD (CD-Box) bei OEHMS CLASSICS er-

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scheinen. Im Rahmen der Sonntagsmatinee 1 am 4. Oktober 2015 wurde der Zyklus mit der Aufnahme der Symphonie Nr. 2 c-Moll (Fassung: 1872) vervollständigt. Einziger Wehrmutstropfen: Chefdirigent Ivor Bolton verlässt das Orchester mit Ende der Spielzeit 15/16 Richtung Madrid, wo er beim Teatro Real die Position des Musikdirektors einnehmen wird. Bolton: „Mein Job war es, dem Orchester einen einheitlichen Stil zu geben. Und ich glaube, dass das gelungen ist. Wir haben heute einen unverwechselbaren Klang.“ Der Ausnahmekönner wird dem Orchester allerdings auch nachher als Ehrendirigent erhalten bleiben. Seit 2011 vertieft Trevor Pinnock als Erster Gastdirigent seine Verbindung zum Mozarteumorchester. International angesehene Dirigenten wie Giovanni Antonini, Robin Ticciati, Marc Minkowski, Yannick Nézet-Séguin, Dmitrij Kitajenko und Mark Elder schätzen die Arbeit mit dem aufgeschlossenen und dynamischen Klangkörper.

SYMPHONISCHE WERKE, GROSSE OPER Als Veranstalter zweier eigener Konzertreihen zählt das Mozarteumorchester zu den Säulen des regen Salzburger Musiklebens. Bei den Sonntagsmatineen im renommierten Großen Festspielhaus interpretiert es bedeutende, groß besetzte Werke symphonischen Repertoires. Die Donnerstagskonzerte bilden eine im festlichen Ambiente der Stiftung Mozarteum thematisch angelegte Konzertreihe, die eine Balance zwischen berühmter Orchestermusik und weniger verbreiteten Kompositionen sucht. Eine enge Zusammenarbeit verbindet das Orchester mit den Salzburger Festspielen, wo es nicht nur die einen wichtigen konzertanten Schwerpunkt bildenden Mozart-Matineen spielt, sondern auch für große Opernproduktionen verpflichtet wird.

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Advertorial

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as Mozarteumorchester Salzburg ist das Symphonieorchester von Stadt und Land Salzburg. In seiner langjährigen Geschichte hat es sich zu einem international anerkannten Kulturbotschafter der Mozartstadt entwickelt. Es ist insbesondere auf die Erarbeitung eigenständiger und zeitgemäßer Interpretationen der Werke Mozarts spezialisiert.


STIFTUNG MOZARTEUM

DIE STIFTUNG MOZARTEUM PRÄSENTIERT SICH 2016 ALS SINNBILD KÜNSTLERISCHEN MULTI-TASKINGS: OB MOZART MIT DEN WIENER PHILHARMONIKERN ODER IM ORIGINALKLANG, ZEITGENÖSSISCHE MUSIK IM DIALOG MIT MOZART ODER WISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNG – DAS ALLES PASSIERT UNTER EINEM DACH.

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Advertorial

ie Stiftung Mozarteum ist vielleicht das spannendste Beispiel für eine erfolgreiche Bürgergesellschaft in Österreich“, erzählt uns Johannes Honsig-Erlenburg, seit 2006 Präsident der Stiftung Mozarteum Salzburg. Aufgabe des Hauses war und ist es, das Leben und Werk Mozarts zu verbreiten. „Einmal, indem die Musik im Großen Saal und im Wiener Saal zur Aufführung gebracht wird – zum anderen durch die Forschung und durch das Kinder- und Jugendprogramm Klangkarton. Um die 10.000 Kinder besuchen jährlich unsere zahlreichen Jugend- und Kindervermittlungsangebote.“ „Sie ist einer der heterogensten Kulturbetriebe Europas: Wissenschaftsbetrieb, Museen, Festivals, Jugendprogramm, internationale Projekte ...“ schwärmt Matthias Schulz, kaufmännischer Geschäftsführer und künstlerischer Leiter, und kommt gleich im Anschluss auf das Programm zu sprechen. Entscheidend sei es, dass bei Mozart immer das „sowohl als auch“ möglich ist: Zum einen der Klang der Wiener Philharmoniker mit modernen Konzertinstrumenten. „Genauso aber gibt es viele Werke, die man im Originalklang gehört haben sollte.“ Gerade dieser quer gebürstete Mozart könne unheimlich spannend sein.

ZEITGENOSSEN

Foto: Christian Schneider

EIN OFFENES HAUS

In der Autographensammlung, die im Rahmen exklusiver Führungen besichtigt werden kann, befinden sich rund 190 Originalbriefe Mozarts, rund 370 Briefe seines Vaters sowie zahlreiche Briefe anderer Familienmitglieder (Mutter, Schwester, Ehefrau, Söhne). Vor allem die Sammlung von mehr als 110 Originalpartituren (Skizzen, Fragmente, Einzelwerke) im Autographentresor haben der Bibliotheca Mozartiana zu ihrem Ruf verholfen. Mit rund 35.000 Titeln die umfangreichste Mozart-Bibliothek der Welt. Und es gibt die Digitale Mozart-Edition (DME), die sich nicht auf die musikalischen Werke beschränkt, sondern sich auch der digitalen Aufbereitung von Briefen und Dokumenten sowie den Textquellen zu Mozarts Werken zuwendet. Auf diese Weise ist Mozarts Werk weltweit frei zugänglich. In den beiden Mozart-Museen (Mozarts Geburtshaus und Mozart-Wohnhaus), zwei der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Salzburgs, wird auf über 800 m2 ein authentisches und lebendiges Bild Wolfgang Amadé Mozarts vermittelt. Die Museen zeichnet eine zeitgemäße, moderne Ausstellungsarchitektur aus.

MOZARTWOCHE Rund um Mozarts Geburtstag am 27. Jänner geben sich international renommierte Mozart-Interpreten, Orchester und Ensembles ein Stelldichein. Die nächsten Mozartwochen finden vom 22. bis 31.01. 2016 und vom 26.01. bis 05.02. 2017 statt.

DIALOGE Zeitgenössische Künstler aus den Bereichen Musik, Tanz, Literatur und Bildende Kunst setzen sich mit Mozarts Leben und Werk auseinander. Das nächste Festival (von 30.11. bis 04.12. 2016) steht unter dem Titel „Grenze“ und stellt die Komponisten Ferruccio Busoni und Wolfgang Rihm in den Fokus. Musiker wie Kiril Gerstein, Maxime Pascal, Nicholas Altstaedt und das Arditti Quartett werden das Festival gestalten. Info und Karten unter: tickets@mozarteum.at, Tel. +43 662 87 31 54, www.mozarteum.at

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VERANSTALTUNGEN 2016

ZEITPLAN 2016

DIE WICHTIGSTEN VERANSTALTUNGEN IN STADT & LAND SALZBURG

J A N UA R & F EBR UA R 15.01.–31.12. // SALZBURG STADT & LAND „Salzburg 2016 – Land im Wandel“, Rückschau und Ausblick in die Zukunft des Landes, www.salzburg2016.at 20.–23.01. // ALTSTADT SALZBURG Performing New Europe, junges europäisches Performancefestival, www.szene-salzburg.net 22.–24.01. // SAALFELDEN 3 Tage Jazz, www.jazzsaalfelden.at 22.–31.01. // ALTSTADT SALZBURG Mozartwoche 2016, Konzertreihe zu Mozarts Geburtstag am 27. Januar, www.mozarteum.at 30.01.–05.02. // GASTEINERTAL 5. Art on Snow Gastein, Größtes Kunstfestival der Alpen, www.gastein.com

MÄRZ 02.–19.03. // ALTSTADT SALZBURG Hand.Kopf.Werk, Einblicke in Handwerk und kreatives Schaffen von zahlreichen Altstadt-Betrieben, www.salzburg-altstadt.at 04.03.–06.11. // GOLDEGG Malakademie Schloss Goldegg, Kunstkurse für experimentelle Malerei, Druckgrafik, Zeichnung, Fotografie, Modellieren, Trickfilm, elektronische Kunst, www.malakademie-goldegg.at 11.–20.03. // GASTEIN Snow Jazz, Internationales Jazz-Festival, www.gasteinertal.com/snowjazz 18.–20.03. // OBERALM BEI SALZBURG Palmklang, Internationale Musiktage mit Werken des 20. und 21. Jahrhunderts, www.palmklang.at 19.–28.03. // ALTSTADT SALZBURG Osterfestspiele Salzburg, Giuseppe Verdis Otello und Shakespeares Frauenfiguren, www.osterfestpiele-salzburg.at 30.03.–03.04. // RAURIS Rauriser Literaturtage, Begegnungswoche durch und mit moderner Literatur aus dem gesamten deutschen Sprachraum, www.rauriser-literaturtage.at

A PR IL

Nur auff dem Boden der Sorg gfalt wächst nachhaltiger Er folg. Anneliese Pomberger · Raiffeisen Salzburg Private Banking www.privatebanking.at · private.banking@rvs.at

01.–30.04. // ALTSTADT SALZBURG Kulinarikfestival Eat & Meet, kulinarische Gaumenfreuden treffen auf interessante und unterhaltsame Gäste und Aktivitäten, www.salzburg-altstadt.at 16.–17.04. // ALTSTADT SALZBURG Genuss.Markt in den Kavernen 1595, ausgewählte österreichische Spezialitäten und Tischkultur, www.salzburg-altstadt.at 30.04.–30.10. // ALTSTADT SALZBURG Bischof.Kaiser.Jedermann. 1816–2016, Landesausstellung 200 Jahre Salzburg bei Österreich, www.salzburg200.at

MAI ab 01.05. // ALTSTADT SALZBURG Installation und Selfie-Situation, Staatsrechtliche Angliederung Salzburgs an Österreich, www.domquartier.at Wir investieren in Beziehungen.

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ZEITGENOSSEN


VERANSTALTUNGEN 2016

13.–16.05. // ALTSTADT SALZBURG Pfingstfestspiele, www.salzburgerfestspiele.at/pfingsten 13.–15.05. // TAMSWEG Kultur an der Mur, Internationale Lungauer KünstlerInnen zurück in der Heimat, www.lungaukultur.at 18.–22.05. // ALTSTADT SALZBURG 9. Literaturfest Salzburg, www.literaturfest-salzburg.at 22.05. // SALZBURG STADT & LAND Internationaler Tag der Museen, Ausstellungen zum Thema “Museums for a sustainable society”, www.icom-oesterreich.at 22.05.–01.06. // TAMSWEG Simsalabim, Internationales Kinder-&Jugendtheaterfestival, www.lungaukultur.at 25.–29.05. // RADSTADT 30. Paul Hofhaimer Tage, Festival für Alte Musik & Neue Töne, www.daszentrum.at

JUNI 01.–05.06. // ALTSTADT SALZBURG Aspekte Festival Salzburg, „Magie des Klangs“, internationales Festival für Musik unserer Zeit mit Schwerpunkt auf Frankreich und Tristan Murail, www.aspekte-salzburg.at 03.–04.06 // SALZBURG STADT & LAND Architekturtage Salzburg, www.architekturtage.at 14.06.–20.09. // MATTSEE Diabelli Sommer Mattsee, www.diabellisommer.at 23.06.–03.07. // ALTSTADT SALZBURG Sommerszene 2016, Avantgarde-Festival mit internationalen Gastspielen aus Tanz, Theater und Performance, www.szene-salzburg.net 25.06.–10.09. // ALTENMARKT-ZAUCHENSEE Natura.Kreativ, Kreativurlaub an außergewöhnlichen Orten, www.natura-kreativ.at 30.06.–18.08. // LEOGANG Ton.Spuren am Asitz, Versteckte Perlen der Musikszene vor einzigartiger Kulisse der Leoganger Bergwelt, www.tonspurenamasitz.com

JUL I

SEP T E MBE R 03.–04.09. // RADSTADT 26. Kunsthandwerksmarkt, www.daszentrum.at 10.–18.09. // TAMSWEG, MAUTERNDORF, UNTERNBERG Eachtling & More, MundARTfestival, www.lungaukultur.at 15.–18.09. // GASTEIN Schubert in Gastein, www.schubertingastein.com 22.–25.09. // GOLDEGG Verstörungen, ein Fest für Thomas Bernhard, www.verstörungen.at 23.–25.09. // SEEKIRCHEN AM WALLERSEE LandArt-Workshop, www.kunstbox.at

OK TOBE R 01.–09.10. ALTSTADT SALZBURG „Recreation“, Konzertreihe zur Auseinandersetzung mit wichtigen Komponisten und Epochen der Musikgeschichte Salzburgs, www.salzburger-bachgesellschaft.at 06.–09.10. ALTSTADT SALZBURG Magic Moments Mozart, Festival für Chöre, Orchester, Solisten und Volkstänzer in Salzburg, www.cultours.at 15.–31.10. TAMSWEG Jazz im Herbst, Internationales Jazzmusikfestival, www.lungaukultur.at 19.–23.10. ALTSTADT SALZBURG Jazz & The City, Internationales Festival für Jazz, Worldund Electronic Music, 100 Konzerte, 50 Locations, Eintritt frei! www.salzburgjazz.com

NOV E MBE R & DEZE MBE R

02.–29.07. // RAMINGSTEIN „Das Mädchen“, Sommertheater, www.lungaukultur.at 07.–09.07. // PLAINFELD BEI SALZBURG (Salzburgring) Electric Love, die Weltelite der DJ-Szene bietet für jeden Geschmack etwas, www.electriclove.at 07.–11.07. // ALTSTADT SALZBURG Cantus Salisburgensis, Sommerfestival für Chöre, Orchester, Solisten und Volkstänzer in Salzburg, www.cultours.at 08.–10.07. // ALTSTADT SALZBURG Fest der Kulturen/Volkskulturen rund um den Dom mit Blasmusikwertung, www.volkskulturen.at 18.07.–27.08. // SALZBURG STADT & LAND Internationale Sommerakademie für bildende Kunst in Salzburg, www.summeracademy.at 22.07.–31.08. // SALZBURG STADT & LAND Salzburger Festspiele, www.salzburgerfestspiele.at 29.–31.07. // BAD GASTEIN sommer.frische.kunst – Kunstwochenende 2016, Junge gelebte Kunst in Bad Gastein, www.sommerfrischekunst.de Mitte Juli–Ende August // GOLLING Kleine Festspiele Golling, Die Burg Golling bietet einen stimmungsvollen Rahmen für hochkarätige Konzerte und Lesungen Juli und August // LEOGANG @lm: KULTUR, Kunst trifft Alm – wöchentliche Kunst- und Kulturprojekte auf den umliegenden Almen

ZEITGENOSSEN

AU G U S T 25.–28.08. // SAALFELDEN Internationales Jazzfestival Saalfelden, www.jazzsaalfelden.at Ende August–Anfang September // STUHLFELDEN Ortung, Internationales 3-wöchiges Künstlersymposium, Kommunikation über den Küchentisch hinaus, www.ortungstuhlfelden.at

05.–26.11. // TAMSWEG Lesn und losn, Literaturfestival, www.lungaukultur.at 09.–12.11. // RADSTADT 15. Filmfestival Radstadt zum Thema Heimat, www.daszentrum.at 25.11.–11.12. // ALTSTADT SALZBURG Salzburger Adventsingen, zeitgemäße Deutung des adventlichen Geschehens, die mehr als nur vorweihnachtliche Romantik bietet, www.salzburgeradventsingen.at 30.11.–04.12. // ALTSTADT SALZBURG Dialoge der Stiftung Mozarteum, zeitgenössisches Musikfestival, www.mozarteum.at 24.11.–06.01.2017 // STADT SALZBURG Winterfest, zeitgenössisches Circus-Festival mit internationalen Circuscompagnien, die mit atemberaubender Artistik und leiser Poesie in bizarre Traumwelten entführen, www.winterfest.at

G A NZJÄHR IG Jeden Sonntag // ALTSTADT SALZBURG Salzburger Kirchenmusik, Werke Salzburger Komponisten jeden Sonntag beim Gottesdienst in einer der drei Kirchen Dom, St. Peter oder Franziskanerkirche (zusätzlich besonderer Schwerpunkt 24./25.09.2016) Ganzjährig // SEEHAM Seebühne Seeham, www.seebuehneseeham.at

Alle Angaben wurden mit großer Sorgfalt erhoben, erfolgen jedoch ohne Gewähr und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.

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DANIEL RICHTER HALF-NAKED TRUTH SALZBURG FEBRUAR – MÄRZ 2016 ROPAC.NET

PARIS MARAIS PARIS PANTIN SALZBURG


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