Raiffeisen Mitteilungen 09/2022

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Raiffeisen Mitteilungen des Raiffeisenverbandes Südtirol Genossenschaft 30. September 2022     NR. 9/65. JG     SONDERDRUCK, SUPPL. S.I.A.P. 50 %

Mit einem eigenen Kompetenzzentrum für Sozialgenossenschaften fördert der Raiffeisenverband u. a. die starke Vernetzung im Dritten Sektor.

Lehrgang für Sozialgenossenschaften Das neue Kompetenzzentrum für Sozialgenossenschaften fördert mit einem Basislehrgang für Mitglieds­genossenschaften das betriebswirtschaftliche und unternehmerische Denken in Sozialgenossenschaften. In Südtirol leisten Sozialgenossenschaften einen großen Teil der Kinderbetreuung, Arbeit mit Senioren, Jugendlichen oder Menschen mit Beeinträchtigung und Ähnliches mehr. Verbandsobmann Herbert Von Leon lässt keinen Zweifel daran: „Menschen, die im Dritten Sektor arbeiten, erbringen einen bedeutenden gesellschaftlichen Mehrwert.“ Spätestens seit der verpflichtenden Sozialbilanz für Betriebe im sozialen Bereich wird die gesellschaftliche Bedeutung der Sozialunternehmen auch als Wirtschaftsfaktor sichtbar. Das soziale Engagement der Genossenschaften geht allerdings nicht immer

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mit betriebswirtschaftlichem und unternehmerischem Denken, Kenntnissen in Unternehmensführung oder Kommunikation einher. Eine vor Kurzem unter den Mitgliedsgenossenschaften im sozialen Bereich durchgeführte Umfrage bestätigt dies und erklärt auch den Wunsch der Sozialgenossenschaften nach stärkerer Professionalisierung. Das Kompetenzzentrum für Sozialgenossenschaften des Raiffeisenverbandes hat nun reagiert und einen interdisziplinären Lehrgang für Sozialgenossenschaften organisiert. Christian Tanner, Vizedirektor des Raiffeisenverbandes und Leiter des Kompetenzzentrums, erklärt: „Um für ak-

tuelle und zukünftige Herausforderungen gut gerüstet zu sein, ist es wichtig, dass sich Sozialgenossenschaften und andere Körperschaften des Dritten Sektors professionalisieren, weiterentwickeln und untereinander vernetzen. Hierbei möchten wir sie in allen Lebensphasen und auf allen Ebenen unterstützen.“ NEUES KOMPETENZZENTRUM Der Lehrgang ist eines der ersten Projekte des im Frühjahr gegründeten Kompetenzzentrums für Sozialgenossenschaften. Das Kompetenzzentrum setzt sich für die Anliegen und Interessen der Sozialgenossenschaften im Raiffeisenverband


Südtirol ein. Dieses ist nach der Gründung des Koordinierungsausschusses für Soziales im Jahr 2016 ein logischer nächster Schritt hin zur besseren Vernetzung zwischen Raiffeisenverband, öffentlichen Körperschaften sowie Sozialgenossenschaften. Sozialgenossenschaften und andere Organisationen des Dritten Sektors finden hier kompetente Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für kollektive Anliegen und pro­fitieren von

dem breit gefächerten interdisziplinären Beratungsangebot. KOMPAKTER BASISLEHRGANG Die Unternehmensberaterinnen Kathrin Gschleier und Sarah Watschinger im Kompetenzzentrum für Sozialgenossenschaften sehen im neu organisierten Basislehrgang für die Sozialgenossenschaften eine große Chance für bestehende Genossenschaften und auch für Menschen, die

Verbandsobmann ­Herbert Von Leon (rechts im Bild) mit dem Leiter des Kompetenz­ zentrums, Vizedirektor Christian Tanner, und den Unternehmensberaterinnen Kathrin Gschleier und Sarah Watschinger

daran denken, eine Genossenschaft zu gründen: „Dieser Lehrgang ist ein kompaktes Rundumpaket für Sozialgenossenschaften, praxisnah und anschaulich.“ Einen so kompakten Basislehrgang speziell für Sozialgenossenschaften hat es in dieser Form bisher noch nicht gegeben: In sechs Modulen, an 4,5 Tagen (in Präsenz und online) vermitteln Expertinnen und Experten des Raiffeisenverbandes einen umfassenden Einblick in Aufbau, Funktion sowie Prozesse einer Genossenschaft und veranschaulichen grundlegende Kenntnisse in Betriebswirtschaft, Unternehmensführung und Kommunikation. Der Lehrgang startet am 15. November 2022 und dauert bis 8. Februar 2023. Die Kosten für den Lehrgang betragen 600 Euro. Dabei können Mitglieder bis zu einer fünfzigprozentigen Finanzierung über den Mutualitätsfonds ansuchen. Der Lehrgang richtet sich an die Mitgliedsgenossenschaften im Raiffeisenverband Südtirol. Anmeldungen sind zwischen 3. und 14. Oktober 2022 unter rvs.bildungswesen@raiffeisen.it möglich.

Nachhaltig mit „Fair’n Green“ Die Kellerei Kaltern konnte sich 2019 als erste italienische Weinkellerei die Zertifizierung „Fair’n Green“ für ­aktive und bewusste Nachhaltigkeit sichern. Eine erste Bilanz nach mehr als 1000 Tagen.

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druck. Das „Fair’n Green“-Protokoll umfasst 150 Parameter. NACHHALTIGE VERBESSERUNGEN Die Kellerei will ihre Parameter im Bereich Weinbau, Solarenergie und Abfallwirtschaft weiter verbessern: „Mit unserer neuen Photovoltaikanlage decken wir knapp 50 Prozent unseres Energiebedarfs, und mit einer leichteren Glasflasche für unsere Weine sparen wir jährlich 18 bis 20 Tonnen Glas“, sagt Kellermeister Andrea Moser. Viele kleine Details machen in Summe einen großen Unterschied. Beispielsweise verwendet die Kellerei teilweise wilde Hefe – ein Vorteil für den Wein und eine Einsparung für die Umwelt, reinigt Maschinen und Fässer fast ausschließlich mit Dampf und ohne Chemie, verwendet nur noch biologisch abbaubaren Korken und will die Oberfläche der Verpackungskartons weiter verringern. Die Lagerräume

wurden neu organisiert und die Arbeit der Mitarbeiter optimiert. Die Maßnahmen rund um das „Fair’n Green“-Siegel dienten auch als Vorbereitung für die Zertifizierung nach dem nationalen Qualitätssystem für integrierte Produktion SQNPI, das als Fundament für die Nachhaltigkeitsagenda 2030 des Konsortium Südtirol Wein steht.

Die Kellerei Kaltern ist Südtirols größte ­Kellereigenossenschaft.

Foto: KG Kaltern/Alex Filz

Südtirols größte Kellereigenossenschaft wurde vor drei Jahren als erste italienische Kellerei und erste Genossenschaft europaweit mit dem „Fair’n Green“-Siegel ausgezeichnet. „Mit der Übernahme des ,Fair’n Green‘-­Protokolls setzten wir ein klares Zeichen für die gesamte Region“, sagt Obmann Christian Sinn. Heute zählt das Label „Fair’n Green“ zu den maßgeblichen Zertifizierungen für nachhaltigen Weinbau in Europa. Es will die Ziele nachhaltiger Unternehmen messbar und überprüfbar machen und berücksichtigt dabei die Aspekte Unternehmensführung, Umwelt, Gesellschaft und Wertschöpfungskette. Das „Fair’n Green“-Siegel ist keine statische Prüfung, sondern sieht Prozesse vor, um die Standards in den Unternehmen jährlich um mindestens drei Prozent zu verbessern. Alle Bereiche werden jährlich durch Analysen überprüft – einschließlich Ökobilanz und CO2-Fußab-


Sabatini: Robuster Bankensektor Die Entwicklung auf Wirtschafts- und Bankenebene stand im Mittelpunkt eines Online-Meetings mit dem G ­ eneraldirektor der Italienischen Bankenvereinigung ABI, Giovanni Sabatini, im Raiffeisenhaus. Der italienische Bankensektor sei insgesamt robust und habe in den letzten Jahren mit Blick auf die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung sowie das Kreditrisiko große Fortschritte gemacht, sagte Sabatini. Die Rentabilität der Banken habe sich weiter verbessert. Die Banken seien gut gerüstet, Wirtschaft und Betriebe zu unterstützen. Die ABI bemühe sich bei den zuständigen europäischen Stellen um flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten, um Betriebe leichter durch die schwierige Zeit zu bringen. Sabatini erläuterte bei dem OnlineMeeting die wichtigsten Aktionsfelder der ABI und zeigte die aktuellen Herausforderungen der Banken auf europäischer und nationaler Ebene auf. Dabei unterstrich er auch die wichtige Rolle der Banken im Bereich der Nachhaltigkeit in der Wirtschaft. Hier brauche es jedoch einen breit gefassten Regulierungsrahmen und die korrekte Verteilung von Verantwortlichkeiten und Kosten auf alle Beteiligten an diesem komplexen Transformationsprozess. Generaldirektor Paul Gasser, der auch Präsident der Regionalen ABI-Kommis-

Im Bild (von links) Generaldirektor Paul Gasser, ABI-Generaldirektor Giovanni Sabatini, Verbands­obmann Herbert Von Leon und Robert Zampieri, künftiger Generaldirektor im Raiffeisenverband

sion der Provinz Bozen ist, hob die herausfordernde Arbeit der Italienischen Bankenvereinigung und lobte die stets gute Zusammenarbeit mit ABI-Generaldirektor Giovanni Sabatini. RAIFFEISENKASSEN STEHEN GUT DA Bei der Tagung wurden die definitiven Zahlen zur Halbjahresbilanz der 39 Raiffeisenkassen und der Raiffeisen Landesbank präsentiert. Die direkten Kundeneinlagen sind bis zum 30. Juni um 7,6 Prozent auf 13,7 Mrd. Euro gestiegen, und die indi-

rekten Kundeneinlagen haben sich mit 4,5 Mrd. Euro leicht verringert – jeweils im Vergleich zum selben Vorjahresstichtag. Die Ausleihungen verzeichneten ein Plus von 3,4 Prozent und stiegen auf 11,5 Mrd. Euro. In Summe verwalteten die Raiffeisenkassen und die RLB ein Kundenvolumen von knapp 30 Mrd. Euro. Mit einem Rückgang um rund 30 Prozent waren die zahlungsunfähigen Kundenausleihungen weiter stark rückläufig. Der Nettoüberschuss der Raiffeisenkassen betrug zum 30. Juni 70,6 Mio. Euro und jener der RLB 6,5 Mio. Euro.

Energiegemeinschaften als Chance nutzen „Energiegemeinschaften und die Rolle der Gemeinden“ war das Thema eines vom Raiffeisenverband mit Alperia und Regalgrid organisierten Online-Meetings für Südtirols Gemeindevertreter. Verbandsobmann Herbert Von Leon begrüßte zu dem Online-Meeting rund 130 Bürgermeister, Gemeindesekretäre und Vertreter öffentlicher Verwaltungen. Gemeinsam mit dem Südtiroler Energieversorger Alperia und dem Technologieanbieter Regalgrid unterstützt der Raiffeisenverband die Gründung und Entwicklung genossenschaftlicher Energiegemeinschaften. In Zusammenarbeit mit dem Gemeindenverband wolle man auch die Gemeinden vor Ort unterstützen. Gemeindenverband-Präsident Andreas Schatzer betonte die wichtige Schlüsselrolle der Gemeinden, wenn es um die

Energiegemeinschaften geht. Generaldirektor Luis Amort zeigte die Rolle von Alperia in der nachhaltigen Energiewende auf, welche derzeit einen ungeahnten Impulsschub erlebt. GENOSSENSCHAFTSFORM BESTENS GEEIGNET Bei dem Online-Meeting stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit Energiegemeinschaften auch für die Gemeinden eine außergewöhnliche Chance darstellen. Barbara Passarella vom Raiffeisenverband sprach zum Thema „Energiegemeinschaften in genossenschaftlicher Form für

Gemeinden, Bürger und Unternehmen“ und informierte über wichtige rechtliche Neuerungen zu den Energiegemeinschaften. Alessandro Costa von Alperia informierte über „Energiegemeinschaften und kollektive Eigenverbraucher – Möglichkeiten für das Gebiet und die Rolle der öffentlichen Verwaltung“. Stefano Nassuato, Direktor von Regalgrid Europe srl referierte über „Digitale Plattformen für Energiegemeinschaften“. Das Online-Meeting zeigte ein großes Interesse und einen hohen Informationsbedarf seitens der Gemeinden zur Gründung von Energiegemeinschaften.


Für ihre Verdienste um das Südtiroler Genossenschaftswesen wurden Ferdinand Rainer und Paul Profanter mit der Raiffeisen-Ehrennadel in Silber ausgezeichnet. Ferdinand Rainer war insgesamt 45 Jahre für die Raiffeisenkasse Freienfeld tätig. 1977 wurde er Verwaltungsrat. Von 1989 bis 2001 war er Obmann, von 2001 bis 2013 Aufsichtsratspräsident und bis 2016 erneut Aufsichtsrat. 2016 wurde er nochmals zum Obmann gewählt und blieb es bis zur heurigen Vollversammlung. „Ferdinand Rainer gestaltete die Raiffeisenkasse über Jahrzehnte maßgeblich mit“, sagte Generaldirektor Paul Gasser bei der Überreichung der Raiffeisen-Ehrennadel in Silber. JAHRZEHNTE FÜR DAS ­GENOSSENSCHAFTSWESEN Ferdinand Rainer engagierte sich auch über die Raiffeisenkasse hinaus genossenschaftlich. Seit 1999 ist er Präsident des Kontrollausschusses und Überwachungsorgans im Milchhof Sterzing. Im Raiffeisenverband war er Ersatzaufsichtsrat, ehe er aufgrund seiner Profession mit der Bilanzabschlussprüfung betraut wurde. Er engagierte sich in der Arbeitsgruppe zur Reform im Raiffeisensektor und in der Projektsteuerungsgruppe zur Gründung des IPS. Im Südtiroler Gemeindenverband war er insgesamt 13 Jahre im Verwaltungs- bzw. im Aufsichtsrat tätig. Rainer war zudem u. a. langjähriger Bürgermeister von Freienfeld, Präsident der Bezirksgemeinschaft Wipptal, Obmann der Interessentschaft Trens und Präsident des Überwachungsrates der „Südtiroler Einzugsdienste AG“.

Mit der Raiffeisen-Ehrennadel in Silber wurde bei der heurigen Vollversammlung der Raiffeisenkasse Villnöß Paul Profanter geehrt. Er blickt auf 35 Jahre genossenschaftlichen Einsatz zurück. Im Jahr 2000 wurde Profanter, der von 1979 bis 1987 bereits Mitarbeiter der Raiffeisenkasse war, in den Verwaltungsrat gewählt; 2001 wurde er Obmann und blieb es bis zur heurigen Vollversammlung. „Paul Profanter hat maßgeblich zur guten Entwicklung der Raiffeisenkasse beigetragen“, sagte der langjährige Obmannstellvertreter des Raiffeisenverbandes, Robert Zampieri, bei der Überreichung der Ehrennadel. Paul Profanters genossenschaftlicher Einsatz reicht weit über die Raiffeisenkasse hinaus. Von 1987 bis 2019 war er Geschäftsführer der Energiegenossenschaft Villnöß, die zu einem Erfolgs- und Vorzeigemodell wurde. Über viele Jahre war Profanter Aufsichtsrat und Aufsichtsratspräsident im Südtiroler Braunviehzuchtverband. Er ist Gründungsmitglied und bis heute Obmann der Bioregio-Genossenschaft sowie Vizepräsident der SEV Genossenschaft und der Ötzi Genossenschaft. Profanter war u. a. Gemeinderat und ­Vizebürgermeister in der Gemeinde Villnöß. Er ist Gründungsmitglied und Obmann des Kulturkreises Villnöß sowie Mitglied im Kirchenchor.

Generaldirektor Paul Gasser und ­Ehrennadel-Träger Ferdinand Rainer

Robert Zampieri überreicht Ehrennadel-­ Träger Paul Profanter die Urkunde.

Impressum: Südtiroler Bauernbundgenossenschaft, Druck: Athesia Druck, Ermächtigung vom Landesgericht Bozen, 13. 4. 1984, Nr. 13/84, Presserechtlich verantwortlich: Bernhard Christanell, Redaktion: Thomas Hanni (Raiffeisenverband Südtirol Genossenschaft, 0471 945454, rvs.genossenschaftskommunikation@raiffeisen.it, www.raiffeisenverband.it)

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RAIFFEISEN LANDESBANK

Silber für zwei Genossenschafter

Begünstigte ­EIB-Kredite Kürzlich unterzeichneten die Raiffeisen Landesbank Südtirol und die Europäische Investitionsbank (EIB) ein Abkommen, das kleinen und mittelständischen Unternehmen in Südtirol Darlehen oder Leasingfinanzierungen für ihre Investitionsvorhaben zu besonders günstigen Konditionen ermöglicht. Raiffeisen gibt die mit der EIB-Finanzierung verbundenen Vorteile an die Unternehmen weiter. Sie kommen in den Genuss eines begünstigten Zinssatzes, der unter den üblichen Marktbedingungen liegt, und sind von der Ersatzsteuer befreit. Die EIB ist die Institution der Europäischen Union (EU) für langfristige Finanzierungen. Sie vergibt langfristige Finanzierungsmittel für solide Investitionsvorhaben, die zur Erreichung der strategischen Ziele der EU beitragen. Ein Finanzierungsziel der EIB, die auch als Klima-Bank der EU bekannt ist, ist die sogenannte „green economy“. Auch die Raiffeisen Landesbank hat sich die Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Entsprechend enthält das neue Abkommen zwischen EIB und Raiffeisen Landesbank eine Vereinbarung, dass mindestens 25 Prozent der Finanzierungsmittel der „green economy“ zugeführt werden müssen. Die EIB-Finanzierungsmittel werden als mittel- bis langfristige Darlehen oder als Leasingfinanzierungen an Unternehmen nahezu aller Wirtschaftszweige vergeben. Die begünstigten Kredite sind zweckgebunden und dienen ausschließlich zur Finanzierung des jeweiligen Projektes.


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