Nr._23_-_19.12.2008

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Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 23 vom 19. Dezember 2008 Suppl. S.I.A.P. 50%

Raiffeisenverband Südtirol M 51. Jahrgang

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Bozen, 19. Dezember 2008

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Renaissance des Genossenschaftswesens Bilanz der Raiffeisengenossenschaften über das Geschäftsjahr 2008 Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Der richtige Augenblick zurück zu schauen und Bilanz zu ziehen über das abgelaufene Geschäftsjahr. Die landwirtschaftlichen Genossenschaften – allen voran die Obstgenossenschaften und in beschränkter Weise die Sennereien können auf eine äußerst zufriedenstellende Entwicklung verweisen. Die Finanzkrise jedoch zeigt immer breitere Kreise. Für Verbandsdirektor Konrad Palla steckt darin auch eine Chance und vor allem stehen jene Unternehmen gut da, die nicht börsennotiert sind: die Genossenschaften. Herr Direktor, das Jahr 2008 geht zu Ende. Wie sehen Sie die Entwicklung des Raiffeisen-Genossenschaftswesens im abgelaufenen Jahr? Konrad Palla: Im Rückblick kann man eindeutig feststellen, dass die Raiffeisen-Genossenschaften unseres Landes ein weiteres Mal bewiesen haben, leistungsfähig zu sein und dass sie von der Zeit nicht überholt worden sind. Ganz im Gegenteil: Man könnte fast sagen, das Raiffeisen-Genossenschaftswesen in unserem Lande hat eine Art Renaissance erfahren. Wie kommen Sie zu dieser Feststellung? Vor allem bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften kann man auf Rekordauszahlungspreise verweisen, so insbesondere in der Obstwirtschaft und in der Milchwirtschaft. Im Vorfeld der jetzt ausgebrochenen Finanzkrise wurden Preise allerdings nach oben gedrückt, und zwar durch Spekulationen mit Rohstoffen wie Erdöl oder auch Nahrungsmitteln. Die Investmentbanken sind bekanntlich auch auf den Rohstoffmärkten tätig.

Im Laufe des Jahres sind die Preise in der Milchwirtschaft wieder eingebrochen und haben nun einen Tiefststand erreicht, der nichts Gutes für das kommende Jahr erahnen lässt. Ob sich die Preise für Frischobst weiterhin auf hohem Niveau halten werden, ist nicht sehr wahrscheinlich. Tatsache ist, dass sich das Sparverhalten der Konsumenten ändern wird und der Apfel zählt nicht zu den Grundnahrungsmitteln. Vor allem haben sich die Raiffeisenkassen im Lichte der weltweiten Finanzkrise als die stabilsten Institute im Umfeld erwiesen und daher der Hinweis auf eine mögliche Renaissance. Wie stehen die Raiffeisenkassen Südtirols da? Die Raiffeisenkassen haben eine auffallende Wende in der Kreditpolitik vollzogen. Dies ist auch die Folge des Eingreifens durch den Verband. Im Gegensatz zu den vorausgegangenen Jahren haben die Raiffeisenkassen versucht, die Ausdehnung des Kreditvolumens zu drosseln und die Liquidität zu verbessern. Das heißt, dass der Verschuldungsgrad in Südtirol nicht mehr so zugenommen hat wie in den Jahren zuvor. Wir haben heuer einen Zuwachs, der unter der Inflationsrate liegt. Bei den Einlagen hingegen könnte es sein, dass ein zweistelliger Zuwachs erreicht wird. Das bedeutet, dass sich die Liquidität bei den Raiffeisenkassen verbessert hat, was unter Berücksichtigung der genannten Finanzkrise von großer Bedeutung ist. So kann man mit der Entwicklungsdynamik der Raiffeisen Geldorganisation durchaus zufrieden sein, auch, weil die Gewinnerwirtschaftung wesentlich besser als im Vorjahr ausfallen wird.

Verbandsdirektor Konrad Palla

Es gab auch in diesem Jahr Fusionen zu größeren Einheiten. Was bedeutet das für das einzelne Mitglied? Das demokratische Prinzip der Genossenschaften erfährt dadurch keinen Einbruch. Natürlich kann das Einzelmitglied einer Genossenschaft nur geringen Einfluss auf dieselbe nehmen, wie durch die Wahl der Verwaltungs- und Aufsichtsräte oder die Mitsprache und die Abstimmungen bei den Vollversammlungen. Wenn sich Genossenschaften zu einer größeren Einheit zusammenschließen, so geschieht dies durch Mehrheitsbeschlüsse und mir scheint, dass die Entwicklung hin zu größeren Einheiten bei Weitem noch nicht beendet ist. Die Mitglieder erwarten sich bei Zusammenschlüssen natürlich Vorteile. Sie sind für das Mitglied oft aber nur schwer messbar. Wie sehen Sie die Rolle des Raiffeisenverbandes? Die Rolle des Raiffeisenverbandes ist klar definiert, sowohl statutarisch als auch durch gesetzliche Regelungen. Das regionale

Genossenschaftsgesetz aus dem Jahre 1954, das u.a. die Revision der Genossenschaften und die Bilanzabschlussprüfungen regelt, wurde heuer völlig überarbeitet und inhaltlich an die neuen Erfordernisse angepasst. Die Durchführungsbestimmungen sind ebenso ausgearbeitet worden, so dass es nun mit 1. Jänner 2009 in Kraft treten kann. So wird der Verband in seinen wesentlichen Funktionen Änderungen kaum erfahren. Wird sich die Finanzkrise im kommenden Jahr auch auf das Genossenschaftswesen negativ auswirken? Die Finanzkrise könnte für das Genossenschaftswesen sogar positive Auswirkungen haben. Gerade in Krisenzeiten hat das Zusammenstehen und die Solidarität Genossenschaften immer auch beflügelt. Auch diese Krise wird dazu führen, dass beispielsweise die Raiffeisenkassen, die zur Zeit zu den stabilsten Banken zählen, eine neue Glaubwürdigkeit erfahren. Interview: Stefan Nicolini Südtiroler Landwirt

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