Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 21 vom 20. November 2009 Suppl. S.I.A.P. 50%
Raiffeisenverband Südtirol M 52. Jahrgang
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Bozen, 20. November 2009
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Vertrauen in die Marktkräfte stärken Herbsttagung der IGA in Bayern – Thema Wettbewerbsverzerrung im Mittelpunkt Die heurige Jahrestagung des „Internationalen Instituts für Genossenschaftsforschung im Alpenraum“ ging der Frage nach, wie Kredit- und Warengenossenschaften der Wettbewerbsverzerrung begegnen sollten, die durch die Finanzkrise und die staatlichen Förderungen entstanden sind. Die Diskussion zeigte, wie unterschiedlich die Voraussetzungen in Österreich, Deutschland und Südtirol sind.
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ie wirtschaftlichen Verhältnisse der Bauernschaft nach dem Ersten Weltkrieg waren nicht gerade rosig. Besonders schwierig waren die Verhältnisse in den marktfernen Regionen, nachdem durch den Zusammenfall der österreichisch-ungarischen Monarchie bestehende Handelsströme abgeschnitten wurden, sagte Hans Tremesberger, Geschäftsführer der Pinzgau Milch in Maishofen im Salzkammergut und selbst von einem Bauernhof im Mühlviertel stammend. Nach dem zweiten Weltkrieg kam es zu zahlreichen Genossenschaftsgründungen, die als reine Selbsthilfeorganisationen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten meistern sollten. Gründung und Aufbau dieser Verwertungsgenossenschaften waren mit großem persönlichen Einsatz und nicht unbedeutendem Risiko durch persönliche Haftungen und Bürgschaften verbunden.
Podiumsdiskussion im Rahmen der IGA-Tagung in Grainau mit Klaus A. Hein (Genossenschaftsverband Bayern, GVB), Heiner Nicolussi-Leck (Raiffeisenverband Südtirol), Moderatorin Regina Wenninger (GVB), Hans Tremesberger (Pinzgau Milch), Erhard Gschrey (GVB), Univ.-Prof Peter Welzel (Uni Augsburg).
Tremesberger eine Transparenzoffensive, um für alle Beteiligten wieder Vertrauen in die Marktkräfte zu schaffen und weniger gegenseitige Schuldzuweisungen von Bauern an Molkereien, Handel und Konsumenten und umgekehrt. Heiner Nicolussi-Leck, Obmann des Raiffeisenverbandes Südtirol, meinte in seinem Statement, dass in Südtirol dieses Vertrauen zwischen den landwirtschaftlichen Genossenschaften und den Mitgliedsbauern noch tief verwurzelt sei.
Wettbewerb Univ.-Prof. Peter Welzel von der Uni Augsburg skizzierte in seinem Vortrag die Aufgaben, die die Wettbewerbspolitik normalerweise übernimmt. Welzel meinte, dass Probleme bei der Refinanzierung von Kreditgenossenschaften oder die anfallenden hohen Transportkosten für Milch vom Bergbauern keine Probleme für die Wettbewerbspolitik darstellen. Wenn Lieferanten und Genossenschaften ihre Produkte nicht absetzen können, dann müsse man
Mehr Solidarität Viele junge Bauern und selbsternannte Interessensgruppen haben heute das „nachhaltige Denken“ aufgegeben, sagte Tremesberger. Sie sehen in Genossenschaften beinahe ein Feindbild mit Selbstzweck. Deshalb forderte
Univ.-Prof. Peter Welzel, von der Universität Augsburg: „Nostalgiegedanken an vergangene Blütezeiten sind bei Genossenschaften nicht zielführend.“
Hans Tremesberger, seit 2003 Geschäftsführer der Pinzgau Milch in Maishofen im Salzkammergut: „Wichtig ist die Transparenz zwischen Genossenschaft und Mitglied“.
Erhard Gschrey, stv. Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbandes Bayern: „Der Bankenrettungsfonds stellt sehr wohl eine Wettbewerbsverzerrung dar.“
eallerdings die Frage ihrer Sinnhaftigkeit stellen, meinte der Volkswirt. Nostalgie-Gedanken an vergangene Blütezeiten seien bei Genossenschaften nicht zielführend. „Der Bergbauer war schon bei der Gründung der Genossenschaft am Berg“, meinte Welzel.
Keine Kreditklemme Erhard Gschrey, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbandes Bayern, verbreitete Zuversicht in Sachen Kreditvergabe. Es gibt keine Kreditklemme bei den Genossenschaftsbanken in Detuschland. Im Gegenteil: Volksbanken und Raiffeisenbanken konnten innerhalb Juni dieses Jahres ein Plus von 4,2 Prozent bei den Einlagen (+1,13 Mrd. Euro) verbuchen. „Der Bankenrettungsfonds, der den krisengeschüttelten deutschen Banken Garantien und Eigenkapital zur Verfügung stellt, stellt sehr wohl eine Wettbwerbsverzerrung dar,“ behauptete Gschrey. Bei der abschließenden Podiumsdiskussion, die von Regina Wenninger geleitet wurde, forderte Geschrey einen möglichst schnellen Ausstieg aus diesem Szenario. Südtiroler Landwirt
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