Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 18 vom 10. Oktober 2008 Suppl. S.I.A.P. 50%
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51. Jahrgang
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Bozen, 10. Oktober 2008
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Vinschger wollen Energieautarkie Gemeinden mobilisieren sich – „Das Vinschger Energiemodell“ vorgestellt In den vergangenen Jahren sind in vielen Südtiroler Gemeinden kleinere und mittlere Energieunternehmen entstanden. Auch die Vinschgauer Energieakteure sind überzeugt, dass die Zukunft in den erneuerbaren Energiequellen liegt. Lokal, genossenschaftlich, autark.
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n den letzten 10 Jahren wurden im Vinschgau zahlreiche neue Energieunternehmen errichttet, die lokale Energieressourcen nutzen. Um eine flächendeckende, lokal eigenständige Energieversorgung für den gesamten Vinschgau zu realisieren, bleibt aber noch viel zu tun. Benötigt wird im Strombereich vor allem ein eigenes Verteilernetz. In 6 Gemeinden befindet sich dieses bereits seit Jahrzehnten in der Hand lokaler Unternehmen, in den restlichen der 13 Gemeinden im Tal ist die ENEL AG Besitzer des Stromnetzes.
Beteiligung „Die Übernahme dieses Netzes und eine entsprechende Beteiligung an den Großkraftwerken,
Die Bürgermeister der Obervinschgauer Gemeinden trafen sich am Reschen-Stausee um ihrer Forderung nach einer dezentralen Energieversorgung Ausdruck zu verleihen. Foto: Wirtschaft im Alpenraum/Pichler
um den Strombedarf des Bezirkes von insgesamt 180 Mio. kWh decken zu können, sehen wir als Hauptziel an“, sagt Georg Wunderer, Obmann des Raiffeisen Energieverbandes (REV) und gleichzeitig Obmann des E-Werkes Prad. Dazu haben sie sich in einer Kooperationsgenossenschaft (VEK) zusammengeschlossen. Im Vinschgau reagiert man besonders empfindlich, da man nach dem Zweiten Weltkrieg schmerzhafte Erfahrungen machen musste, wenn es darum ging, beim Bau des Reschenstausees die Rechte der einfachen Bürge einzuklagen.
Neue Broschüre
Die Kirche als Wahrzeichen und Symbol
In der vergangenen Woche lud das VEK anlässlich der nun schon seit gut 10 Jahren bestehenden übergemeindlichen Aktionsgemeinschaft für den Aufbau einer eigenständigen Energieversorgung im Tal zu einer Pressekonferenz, die direkt am Stausee stattfand. Anlass war die Präsentation der neue Broschüre, die den Titel trägt: „Energie im Vinschgau lokal organisiert“. Sie gibt einen umfassenden Einblick in die derzeitige Energiesituation
im Vinschgau und zeigt die Vielfalt der möglichen Nutzung lokaler Energieressourcen auf.
Verteilernetz „Die lokalen Realitäten sind Ausdruck des Wunsches nach lokaler Energieversorgung“, sagte Wunderer. Er brachte die Forderung der Obervinschgauer Gemeinden auf den Punkt: „Unser Ziel war es von Anfang an, eine eigenständige und flächendeckende Energieversorgung im Tal zu erreichen.“ Nachdem es den 13 Vinschgauer Gemeinden gelungen sei, nach einem zehnjährigen Rechtsstreit mit dem Land, eine 8-prozentige Beteiligung an der Reschenstausee-Konzession zu bekommen, gelte es jetzt, so die Bürgermeister von Reschen Albrecht Plangger und Mals Josef Noggler, das ENEL-Verteilernetz zu übernehmen.
Günstigere Tarife Wenn uns dies gelingt, dann können wir unseren Kunden, Familien wie Wirtschaftsunternehmen, langfristig günstigere Strompreise anbieten“, sagte Be-
zirkspräsident Josef Noggler. Die 13 Energiegenossenschaften im Tal bedienen derzeit 3894 Mitglieder. Von den lokalen Fernwärmewerken werden derzeit 3000 Wärmeabnehmer und von den lokalen Stromverteilern 7000 Kunden beliefert. Der Strombedarf des Vinschgaus liegt bei 180 Millionen Kilowattstunden. Allein die großen Wasserkraftwerke am Reschenstausee, am Marteller und Schnalser Stausee produzieren jährlich über 1,3 Milliarden Kilowattstunden Strom. Der Großteil fließt allerdings über zwei Hochspannungsleitungen in den oberitalienischen Raum. Auch Plangger brach eine Lanze für die dezentrale Energieversorgung: „Wir hoffen, dass es nicht zu einer totalen Vereinnahmung der Energieressourcen aus den Großableitungen durch die SEL AG kommt.“ Rudi Rienzner, Geschäftsführer des Raiffeisen Energieverbandes, lobte die Vinschgauer Initiative und zeigte sich darüber verwundert, dass die Landesregierung einerseits auf eine dezentrale Wärmeversorgung setzt, andererseits aber die dezentrale Stromverteilung nicht unterstützt. Südtiroler Landwirt
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