sonderdruck aus „Der Landwirt“ nr. 16 vom 11. september 2009 suppl. s.i.a.P. 50%
Raiffeisenverband Südtirol M
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52. Jahrgang
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Bozen, 11. September 2009
N Nr. 16
Warten auf den aufschwung
Wirtschaftsentwicklung in der Landwirtschaft – Genossenschaften stabil Die Handelskammer hat kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz das neueste Wirtschaftsbarometer präsentiert. Der „Südtiroler Landwirt“ berichtete bereits darüber. Die Ergebnisse bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften verdienen allerdings eine Vertiefung. Die Wirtschaftskrise trifft diese in unterschiedlicher Weise. Dementsprechend fallen die Prognosen von leicht optimistisch bis vorsichtig verhalten aus.
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ine der Kernaufgaben des Wirtschaftsforschungsinstitutes in der Handelskammer Bozen besteht darin, anhand des Wirtschaftsbarometers die allgemeine und spezifische Lage der wichtigsten Wirtschaftsbranchen zu analysieren und daraus Rückschlüsse auf die weitere Entwicklung zu ziehen. Neuerdings werden für die Halbjahresbilanz neben den Genossenschaften auf Wunsch des Bauernbundes auch einfache Bauern befragt. Für die letzthin präsentierte Auswertung wurden im Monat März 166 Bauern befragt, im Monat Juni kamen 30 Genossenschaften hinzu. „Es handelt sich um eine Momentaufnahme, die aufgrund der sich stetig wechselnden Wirt-
schaftsdaten als solche zu sehen ist“, relativiert WIFO-Experte Stefan Perini. Die Umfrage beinhaltet Fragen über die Beurteilung des Geschäftsverlaufes, die Produktionsmenge, Auszahlungspreise, zur allgemeinen Ertragslage sowie auch die Prognosen für die kommenden sechs Monate. Nur 29 Prozent der Befragten glauben an eine positive wirtschaftliche Entwicklung.
Preise gefallen In der Obstwirtschaft rechnete zum Zeitpunkt der Befragung der überwiegende Teil der Landwirte mit einem tendenziell schlechteren Verlauf verglichen mit dem Vorjahr. Auch die Obstgenossenschaften sehen etwas beunruhigt auf verschiedene Parameter. Ende Juni lagerten noch 6 Prozent der vergangenen Ernte in den Kühlzellen. „So gab es einen nahtlosen Übergang vom Verkauf der Ernte 2008 zu der heurigen“, bestätigt Gerhard Thomaser, Geschäftsführer der Obstgenossenschaft Melix in Brixen. Die Preise sind gefallen: bei der Sorte Golden Delicous z. B. sank der Durchschnittspreis im Vergleich zum Mai des Vorjahres von 0,73 Eurocent auf 0,41 Eurocent. „Die Bauern werden heuer nicht zufrieden sein, aber es hät-
Konsumenten haben ihr Kaufverhalten verändert. Der Konsum landwirtschaftlicher Produkte stagniert oder ist rückläufig.
te noch viel schlimmer kommen können“, meint Thomaser.
Billigangebote Auch in der Milchwirtschaft sind große Veränderungen eingetreten. „Der italienische Markt hat sich völlig verändert; was früher undenkbar schien, trifft nun ein“, sagt Robert Zampieri, Geschäftsführer des Milchkonsortiums Milkon in Bozen. Neuerdings locken auch italienische Großhandelsketten mit Billigstangeboten ihre Kunden zum vermehrten Konsum. „Wir mussten im ersten Halbjahr Preisrückgänge quer Beet bis zum zweistelligen Bereich hinnehmen“, erläutert Zampieri, „am Ende des Jahres wird es wohl ein Nullsummenspiel werden.“
Kleinere Bestellungen
Robert Zampieri, Geschäftsführer des Milchkonsortiums Milkon: „Am Ende des Jahres wird es ein Nullsummenspiel.“
Helmut Zanotti, Direktor des Verbandes der Kellereigenossenschaften Südtirols: „Die Zahlungsmoral ist gesunken.“
Gerhard Thomaser, GF der OG Melix: „Wir kommen mit einem blauen Auge davon, es hätte viel schlimmer kommen können.“
Am besten scheint es der Weinwirtschaft zu gehen, die in den traditionellen Absatzmärkten wie Italien und Deutschland noch bestehen kann. „Die Verkaufsrückgänge halten sich in Grenzen. Die Kunden bestellen kurzfristiger und kaufen weniger. Die Zahlungs-
moral geht mit dem Vorwand der Wirtschaftskrise ebenso zurück“, meint Helmut Zanotti, Direktor des Verbandes der Kellereigenossenschaften Südtirols.
Licht im Tunnel Die jüngsten Wirtschaftszahlen geben aber wieder Grund zur Hoffnung. „Einige Parameter deuten darauf hin, dass die Wirtschaft sich langsam wieder erholt“, meint Stefan Perini, Experte im Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD macht in ihrem Zwischenbericht jedenfalls bessere Daten aus als vor drei Monaten und rechnet mit einer holprigen Erholung. Noch ist es zu früh für eine generelle Entwarnung, aber die großen Industrienationen scheinen sich wirtschaftlich zu fangen. Dies sollte sich auch auf die Verkaufszahlen der landwirtschaftlichen Genossenschaften positiv auswirken. „Die Energiepreise werden zwar anziehen, aber in vertrebarem Ausmaß,“ ist Perini überzeugt. südtiroler Landwirt
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