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Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 11 vom 10. Juni 2005 Suppl. S.I.A.P. 50%

Raiffeisenverband Südtirol

M 48. Jahrgang

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Bozen, 10. Juni 2005

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Nr. 11

Kampf der Genossenschaften um den selbstproduzierten Strom

Neue Regelung für E-Genossenschaften – Urteil des Verwaltungsgerichtshofes

Dürfen Energiegenossenschaften ihren Mitgliedern den selbst erzeugten Strom verkaufen? Der Hausverstand sagt: Ja. Die zuständige Kontrollbehörde sagt: Nein. Das neueste Urteil des Verwaltungsgerichtshofes der Lombardei: Ja, aber. Die Energiegenossenschaften wollen es nun genau wissen.

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ie Tagung im Raiffeisenhaus Ende Mai zeigte wie hoch brisant dieses Thema ist, geht es nicht nur um der Frage der Regelung von Kompetenzen und Zuständigkeiten, sondern auch um Rechte und Pflichten der Energiegenossenschaften sowie um finanzielle Ressourcen, die es zu verteilen gilt. Die 1995 ins Leben gerufene staatliche Regulierungsbehörde für elektrische Energie und Gas (Autority) hat im vergangenen Jahr einen Beschluss gefasst, der für Südtirols Energiegenossenschaften ein Problem darstellt.

Genossenschaftsfeindlich Der Beschluß Nr. 78/04, der den Standardvertrag zwischen Alleinankäufer („acquirente unico“) und den einzelnen Stromverteilern genehmigt, sieht vor, dass der gesamte Strom, der von einem Stromverteiler mit seinem Kraftwerk erzeugt wird, zunächst dem Alleinankäufer abgetreten und sodann der Strombedarf der vinkulierten Kunden wieder vom Alleinankäufer zurückgekauft werden muss. „Es geht aber hier nicht klar hervor, dass die Elektrizitätsgenossenschaf-

Georg Wunderer, Obmann des Verbandes der Kleinkraftwerke: „Sie machen uns das Leben schwer“

ten von dieser Regelung ausgeschlossen sind“, sagt Georg Wunderer, Obmann des Verbandes der Kleinkraftwerke in Südtirol und gleichzeitig des EWerks Prad am Stilfserjoch. Ein Grundprinzip der Genossenschaften ist es ja, einen Mehrwert für die eigenen Mitglieder zu schaffen, den der billige Strom darstellt. Deshalb verstößt dieser Beschluss völlig gegen das genossenschaftliche Grundprinzip, würden die Genossenschaftsmitglieder den im eigenen Werk produzierten Strom für den Eigenbedarf wieder kaufen müssen. Da die Stromerzeugergenossenschaften also nicht eindeutig

ausgeschlossen worden, haben 19 italienische Genossenschaften, – u.a. auch die E-Genossenschaften in Prad und Stilfs – im vergangenen Jahr beim Regionalen Verwaltungsgerichtshof der Lombardei Rekurs eingereicht.

Urteil positiv Das entsprechende Urteil liegt nun schriftlich vor. Es stellt unter anderem klar, dass die Stromerzeugergenossenschaften grundsätzlich das Recht haben, den von der Genossenschaft erzeugten Strom selbst zu verbrauchen, indem sie ihn direkt an ihre Mitglieder abgeben. Jenen Strom wiederum,

den E-Genossenschaften an Nicht-Mitglieder verkaufen, müssen diese vom Markt, d.h. vom Alleinankäufer zukaufen. Aber kleinere Genossenschaften, die im Winter keinen oder wenig Strom erzeugen, haben ein markantes Problem, denn: der zugekaufte Strom kann nur an vinkulierte Kunden verteilt werden, was Genossenschaftsmitglieder laut Verwaltungsgerichtshof nicht sind. Diese Rechtsunsicherheit macht den Energiegenossenschaften in Italien noch Kopfzerbrechen, da hier noch eine rechtliche Grauzone besteht. Aus dem jüngsten Urteil des Verwaltungsgerichtshofes geht nämlich nicht eindeutig hervor, ob nun Genossenschaftsmitglieder als vinkulierte Kunden anzusehen sind oder nicht. „Zudem gibt es bis jetzt keine schriftliche Stellungnahme der Autority wie sie sich aufgrund des Urteils in Zukunft verhalten werden“, sagt Wunderer.

Neuer Rekurs Auch aus diesem Grund werden die betreffenden Genossenschaften einen Rekurs gegen das Urteil einreichen, um auch auf diese Frage eine klärende Antwort zu bekommen. „Gleichzeitig werden wir mit den betreffenden Behörden verhandeln, um auf der Basis des Urteils zu einer Lösung zu kommen“, meint Wunderer. Dabei geht es um hohe Beträge: die Summe, die die Autority den Genossenschaften aufgrund des Urteils zurückzahlen bzw. gutschreiben muss, ist hoch: ca. 150 Mio. Kw/h im vergangenen Jahr, bei 6 Euro/Cent pro Kw/h. F Südtiroler Landwirt

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