Nr._06_-_27.03.2009

Page 1

Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 6 vom 27. März 2009 Suppl. S.I.A.P. 50%

Raiffeisenverband Südtirol M 52. Jahrgang

I

T

T

E

I

L

U

N

G

E

Bozen, 27. März 2009

N Nr. 6

Genossenschaften gegen die Krise Neue Landesrätin für Genossenschaftswesen – Aufgaben, Ziele, Perspektiven Im Oktober wurde der Südtiroler Landtag neu gewählt. Als Landesrätin für Genossenschaftswesen wurde Barbara Repetto vom Partito Democratico (PD) bestellt. Sie folgt auf Luisa Gnecchi, die in die römische Abgeordnetenkammer wechselte. Raiffeisenverband: Die Finanzkrise bereitet vielen Menschen Sorgen. Welche Antworten kann die Politik geben? Barbara Repetto: Die Antwort der Politik auf die Krise hat mehrere Facetten. Zunächst einmal gilt es, ein Klima des Vertrauens zu bewahren und die Investitionen der Privatwirtschaft und der Öffentlichen Hand zu begünstigen. Hier spielen auch die Lokalbanken, darunter die Raiffeisenkassen, eine herausragende Rolle. An ihnen liegt es, Unternehmen und Familien die nötige Liquidität zu garantieren. Die Autonome Provinz Bozen engagiert sich in diesem Zusammenhang, indem sie die Garantieund Rotationsfonds aufstockt. Und auch sonst wird der Hebel angesetzt, etwa um die Arbeitnehmer, die den Arbeitsplatz riskieren oder ihn schon verloren haben, zu stützen. Das oberste Gebot heißt hier Weiterbildung und Umschulung und in den schwerwiegendsten Fällen finanzielle Unterstützung über einen begrenzten Zeitraum. Und schließlich die große Herausforderung: Innovation. In diesem Bereich wird die Landesverwaltung zusammen mit den Unternehmen noch mehr investieren, damit diese noch fortschrittlicher werden, neue Produkte lancieren und neue Märkte erschließen können. Welchen Beitrag können die Genossenschaften leisten?

Der Beitrag kann je nach Sparte verschieden sein. Bei den landwirtschaftlichen Interessensgemeinschaften stehen die Qualität der Produkte und auch die Qualität der Verarbeitung und Lagerung im Mittelpunkt. Darüber hinaus bedarf es einer hoch professionellen Marketingstrategie, mittels derer die Südtiroler Qualitätsprodukte weiter aufgewertet werden können. Was die Genossenschaftsbanken anbelangt, steht außer Zweifel, dass deren Wissen um die lokalen Unternehmen und das gegenseitige Vertrauen eine bedeutende Rolle spielen. Im Dienstleistungssektor besteht die Stärke der Genossenschaften in der Flexibilität der Genossenschaftsmitglieder, die gleichzeitig Arbeitskräfte sind. In einigen Bereichen können sie, dank größerer Effizienz, die öffentlichen Dienste stützen, wie etwa im Bereich Kultur. Baugenossenschaften sind in der Lage auf die Erfordernisse im Wohnbau zu annehmbaren Preisen zu antworten und dem Baugewerbe, das die Krise besonders zu spüren bekommt, neuen Schwung zu geben. Und schließlich sind da die Sozialgenossenschaften, die sich um die Wiedereingliederung benachteiligter Menschen in die Arbeitswelt kümmern. Welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer Arbeit setzen? Mein politisches Ziel ist es, das Genossenschaftswesen aufs Beste zu fördern. Ich möchte dazu die jeweiligen Schaltstellen organisch und einheitlich in die jeweiligen Prozesse einbinden. Ich habe bereits einen Runden Tisch ins Leben gerufen, an dem die Verbände sitzen und Probleme, Gesetzesvorschläge und Entwicklungsprojekte systematisch ange-

schaftswesen in schwierigen Zeiten eine konkrete Antwort auf soziale und wirtschaftliche Probleme darstellen kann. In ganz Europa findet ein Konzentrationsprozess von Unternehmen zu größeren Einheiten statt. Auch in Südtirol fusionieren Obstgenossenschaften. Ist das der richtige Weg? Fusionen verbessern vielfach die Effizienz und bieten Vorteile in Bezug auf mögliche Synergien: Eingesparte Mittel können in Innovation und in den Ausbau der Vertriebskanäle investiert werden. Wenn Betriebe Barbara Repetto, zum ersten Mal in den fusionieren, ergeben sich allerLandtag gewählt, ist in der neu zusam- dings auch Risiken: So besteht mengesetzten Landesregierung u.a. Lanbeispielsweise die Gefahr, dass desrätin für Genossenschaftswesen. der Verwaltungsapparat aufgeblasen wird, anstatt zu schrumphen, damit das Genossenschaftsfen, oder dass es Missverständwesen sich gebietsmäßig weiter nisse gibt, wo verschiedene ausdehnen kann. Es ist von besonunternehmerische Ansätze und derer Bedeutung, dass die GenosKulturen aufeinandertreffen. Um senschaften einen strategischen, außerhalb der Landesgrenzen sozioökonomischen Pfeiler der bestehen zu können, braucht es aber stärkere und besser struktuSüdtiroler Wirtschaft bilden könrierte Genossenschaften. nen. Eine Zusammenarbeit zwischen den Verbänden, welche die Die Obstkonsortien Südtirols VOG Genossenschaften vertreten, und dem zuständigen Assessorat, ist und Vi.P sowie jene des Trentino hier unumgänglich. Trentina und Melinda wollen auf dem globalen Markt eng kooperieren. Kann Welche Projekte möchten Sie umsetdas ein Vorbild auch für andere Sekzen? toren sein? Für mich wäre es eine besondeUm komplexe und entfernte re Genugtuung, wenn es in der Märkte zu erobern, ist es oft nötig, derzeitigen Notlage und in einer Know-how zusammenzulegen und Zeit wirtschaftlicher Krise gelingen Aufwand und Risiken zu teilen. würde, die Entstehung neuer GeGenossenschaften sind lernfähige nossenschaften zu fördern, in Organismen, sowohl unter dem denen sich Arbeitnehmer zu Untechnischen als auch unter dem ternehmen zusammenschließen, verwaltungstechnischen Gesichtsdie durch das Raster des Arbeitspunkt. Verbindungen dieser Art marktes gefallen sind und ihre können durchaus auch gute ErAnstellung verloren haben. Es gebnisse in der Weinwirtschaft wäre dies der eindrücklichste Bebringen. Interview: Stefan Nicolini weis dafür, dass das GenossenSüdtiroler Landwirt

1


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.