Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 3 vom 17. Februar 2006 Suppl. S.I.A.P. 50%
Raiffeisenverband Südtirol
M 49. Jahrgang
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Bozen, 17. Februar 2006
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Nr. 3
Autonomie der Energiegenossenschaften Kritik am Stromverteilungsplan des Landes – Stellungnahme der E-Werke
Die Südtiroler Landesregierung will das stromwirtschaftliche System in Südtirol neu regeln. Eine notwendige Maßnahme, da der Strommarkt ab Juli 2007 zur Gänze liberalisiert sein wird. Die Energiegenossenschaften fürchten um ihre Autonomie und haben der Landesregierung ihre Vorschläge zur Stromverteilung unterbreitet.
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ie Energieversorgung ist eines der zentralen Themen unseres Jahrhunderts. Die Fossilenergie wird über kurz oder lang nicht mehr im ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Der Energieverbrauch steigt dennoch weiter an: In Südtirol in den vergangenen zehn Jahren von 6,8 Milliarden kWh auf rund 8,9 Milliarden kWh. Das sind ein Plus von 31 Prozent. Allein der Stromkonsum schnellte in den vergangenen 10 Jahren um 44 Prozent in die Höhe. Nur ein Drittel der benötigten Energien stammen aber aus Energiequellen über die Südtirol direkt verfügt. Mehr als 76 Prozent der Stromerzeugung kontrollieren Großkonzerne wie die Enelag und die Edison. Eine wichtige energiepolitische Aufgabe ist es, möglichst viele der Wasserkraftwerke auf die lokale Energiewirtschaft zu übertragen, um so die derzeit noch mangelhafte Eigenständigkeit der Energieversorgung allgemein und speziell im Stromsektor zu verbessern.
Land strebt Zentralisierung an Energielandesrat Michl Laimer hat im Oktober den Entwurf für einen neuen Stromverteilungsplan vorgelegt. Von den 170 Stromverteilern Italienweit gibt es allein 70 in Südtirol. „In
Georg Wunderer, Obmann des Verbandes der Kleinkraftwerke in Südtirol, in seinem E-Werk „Mühlbach“ in Prad: „Gegen den Zentralismus in Südtirols E-Wirtschaft“ – Energie-Landesrat Michl Laimer (kl. Bild): „Keine Sorge.“
einem liberalisierten Markt haben nur noch große Betriebe eine Chance“, sagt Laimer. Die Betriebsgröße einer Vielzahl Südtiroler Verteilerbetriebe sei nicht zukunftsfähig. Aus diesem Grunde sei es notwendig den freiwilligen Zusammenschluss der Betriebe sowie die Kooperation zwischen den Stromverteilern zu fördern. Die Landesregierung will die Betriebsführung im ehemaligen Enel-Verteilergebiet der SELAG zuweisen und gleichzeitig das Eigentum der Anlagen an eine dafür geschaffene Tochtergesellschaft der SEL („NewCo Verteilung Eigentum AG“) übertragen. Die kleinen Energiegenossenschaften fürchten nun um ihre Autonomie. Für die Erzeuger und Verteiler von Strom schlägt die Landesregierung drei Optionen vor: Der Verteiler kann sein Eigentum an die Newco Verteilung AG übertragen und erhält dafür Aktien des Unternehmens. Der Verteiler kann das Eigentum seiner Verteileranlagen behalten und vermietet
diese mit der Konzession an die SEL-Tochter. Die Verteiler können aber auch weiterhin tätig bleiben und sich der zentralen Dienste der SEL AG bedienen.
Gefahr für Genossenschaften Für Georg Wunderer, Obmann des Verbandes der Kleinkraftwerke in Südtirol und gleichzeitig des E-Werks Prad am Stilfserjoch, berücksichtigt der Entwurf des Verteilerplanes nicht das rechtliche System der E-Genossenschaften. „Das Grundprinzip einer EGenossenschaft ist die Eigenerzeugung des Stromes und der Eigenverbrauch desselben durch die Mitglieder“, sagt Wunderer. Die Stromverteilung an die Mitglieder wäre in Zukunft laut Wunderer nicht mehr ein interner Dienst der E-Genossenschaft, sondern ein öffentlicher Dienst. Ab dem Zeitpunkt, ab dem der „interne Stromversorgungsdienst“ aufgelöst wird, wird eine öffentliche Dienstleistung ausge-
führt, in deren Rahmen sämtliche Vorschriften der staatlichen Kontrollbehörde (AAEG) für eine öffentliche Stromverteilung in Kraft treten: u.a. Tarifgestaltung, Qualitätsstandards, Charta der kommerziellen Dienstleistung. „Die Zentralisierung des stromwirtschaftlichen Systems ist das Konzept der Vergangenheit“, sagt Wunderer. Doch Landesrat Michl Laimer beschwichtigt: „Wir haben keine Absicht den Genossenschaften Ihr Einzugsgebiet zu nehmen. Genossenschaften werden auch weiterhin Strom für ihre Mitglieder erzeugen und verteilen können.“ Im Dezember hat der Verband der Südtiroler Elektrizitätswerke (Senerga) Landesrat Laimer eine Stellungnahme mit detaillierten Vorschlägen zur Umformung des neuen Strom- verteilerplanes vorgelegt. In den kommenden Wochen ist eine weitere Aussprache zwischen der Landesregierung und dem Verband der EWerke geplant. ! Südtiroler Landwirt
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