Rückenzeit - Das Skoliose Magazin

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RÜCKENzeit Das Skoliose-Magazin

Ausgabe 1/2012

Schwerpunkt Schwimmen! Schwimmen befreit Gibt Energie Lindert Schmerzen Macht glücklich

Themen: Korsett & Orthopädietechnik Kinderorthopädie: Was Kinder stark macht Im Portrait: Isabella Rossellini Die Spiraldynamik®: Hilfe durch Bewegung


relax & smile® Konzept Die Praxis Dr. Marie-Catherine Klarkowski will Ihnen oder Ihrem Kind nicht nur zu einem außerordentlichen und erfolgreichem Lachen verhelfen, sondern auch einen Beitrag zu dauerhafter Vitalität und Gesundheit leisten.

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Editorial

„Zeit ist der beste Ratgeber“ Liebe Leserin, lieber Leser, Gratulation, Sie nehmen sich gerade einen Moment Zeit für Ihre Rückengesundheit!

Iris Gabriel, Herausgeberin

Unter diesem Motto möchten wir Sie herzlich zu unserer ersten Ausgabe begrüßen. Sie sind Patient, Angehöriger, Arzt, Therapeut oder Orthopädietechniker? Es sind viele, die sich dem umfangreichen Thema Skoliose annehmen. Das sorgt natürlich für rege Diskussion. Welche Therapie ist die richtige? Welche Einrichtungen bieten sich für eine Reha oder Operation an? Wo kann ich Gleichgesinnte treffen?

Foto: Alexander Rüffer; Titelfoto: iStockphoto.com / Angelika Schwarz

Lesen Sie Fachartikel, interessante Interviews mit Experten, aber vor allem Erfahrungsberichte von Patienten. Dieses Magazin soll Sie informieren, aufklären, primär aber motivieren, etwas positiv an Ihrer Situation zu verändern. In der ersten Ausgabe haben wir „Schwimmen“ als Titelthema gewählt. Es ist doch herrlich, mit Leichtigkeit im Wasser etwas für die Muskulatur zu tun. Dieses Magazin ist übrigens ein Projekt von Skoliosepatienten für Skoliosepatienten. Wir freuen uns daher, in Zukunft mit Ihnen zusammen, liebe Leser, die „RÜCKENzeit“ gestalten zu dürfen. Schreiben Sie uns eine E-Mail mit Ihren Anregungen, Empfehlungen und Wünschen an redaktion@rueckenzeit-magazin.de Entspanntes Lesen wünscht Ihnen Ihre „RÜCKENzeit“- Redaktion Herzlichst, Ihre

P.S. Dank an alle, die dieses Magazin mit Wissen, Kreativität und Motivation füllen. Und: Wir sind auch online für Sie da: www.rueckenzeit-magazin.de und auf Facebook.

RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

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RÜCKENzeit

Ausgabe 1/2012

Inhalt Editorial.......................................................................................................................................................3 „Schwimmen ist bei jeder Skoliose wünschenswert“......................................6 Ein Gespräch mit Orthopäde Dr. René Paulus

Schwimmen, Wettkampf und Skoliose...........................................................................8 Sportlerin Petra Levator im Interview

Leicht im Wasser – Stark im Kreuz.....................................................................................11 Aqua-Training: Bewegung im Wasser

Spiraldynamik®...................................................................................................................................14 Dreidimensionales Therapiekonzept von Kopf bis Fuß

Buchtipp................................................................................................................................................... 16 Das RSC® Brace/Skoliosekorsett.......................................................................................17 ORTHOLUTIONS: „Konzentration auf das Wesentliche“

Portrait:.................................................................................................................................................... 21 Isabella Rossellini

Skoliose im Kindesalter..............................................................................................................24 3-D-Verfahren

Selbsthilfegruppen.......................................................................................................................... 26 Kraft in der Gemeinschaft finden

Erfahrungsbericht............................................................................................................................28 „Meine Skoliose hat mich stark gemacht“

Fotos: Andreas Körner / STOCK4B, Robert Kneschke / fotolia.com

Impressum............................................................................................................................................. 30


„Schwimmen

ist bei

swert“ Seite 6

schen n ü w e s o i l o k jeder S

tark im S – r e s s a W „Leicht im

Kreuz“

Seite 11


„Schwimmen ist bei jeder Skoliose wünschenswert“ Dr. René Paulus, Orthopäde mit Schwerpunkt Skoliose, zeichnet ein düsteres Bild der aktuellen körperlichen Fitness bei Kindern: Haltungsschäden nehmen zu, die motorischen Fähigkeiten nehmen ab. Die Bewegung fehlt. Auch für Skoliosebetroffene das A und O: Sport. Er stärkt, dehnt, stabilisiert und schafft ein bewusstes Körpergefühl! Von Anja Römuß und Gerlinde Wronski

˃ Kommen Skoliosen auch schon im Säuglingsalter vor?

Ja. Allerdings entwickelt sich nur in seltenen Fällen daraus eine infantile Skoliose. Die häufige Säuglingsskoliose zeichnet sich durch eine lang gestreckte bogenförmige C-Form aus, meist linkskonvex thorakolumbal ohne große Rotation. Ursache ist oft die Lagerung, eine Vorzugshaltung oder eine Kopfgelenkstörung, sie hat eine sehr gute Prognose der Spontanheilung, unterstützt durch Lagerungstherapie, Physiotherapie und osteopathische Techniken. Die echte infantile Skoliose hat eine sehr schlechte Prognose und muss fast immer frühzeitig operiert werden, da enorme Deformitäten auftreten. Sie wird auch als eigenes Krankheitsbild geführt und nicht den idiopathischen Skolioseformen zugerechnet. ˃ Gibt es verschiedene Skolioseformen?

Vereinfacht gibt es eine Unterscheidung in idiopathische Skoliosen, die die Hauptgruppe darstellen, und in Fehlbildungsskoliosen aufgrund von Anlagestörungen der Wirbelkörper. Die idiopathische Skoliose, deren eindeutige Ursache und Ursprung immer noch unklar ist, wird in Altersgruppen unterteilt, in die infantile Skoliose (1.–3. Lebensjahr), die juvenile Skoliose (4.–10. Lebensjahr) und die Adoleszentenskoliose ab dem 11. Lebensjahr, die auch die häufigste ist. ˃ Welche Therapieansätze gibt es außer der Krankengymnastik

Dr. René Paulus, Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Zusatzbezeichnung Kinderorthopädie, Orthopädische Rheumatologie und Sportmedizin „Über den Leistungssport entwickelte sich schon früh mein Interesse an der Orthopädie, durch meine Trainertätigkeit bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wurde früh ein Bezug zur Kinderorthopädie geschaffen. Zur Kinderorthopädie kam ich über meinen Mentor, Herrn Prof. Dr. S. Stotz, der den ersten Lehrstuhl für Kinderorthopädie in München hatte und bei dem ich meine Ausbildung machen durfte. Das Besondere an der Kinderorthopädie ist, das wachsende Kind formen und führen zu können, den Eltern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und etwas Dauerhaftes für den Patienten bewirken zu können, der noch sein ganzes Leben vor sich hat, was aber auch eine große Verantwortung mit sich bringt.“

sonst noch? Leider gibt es nur drei gesicherte Maßnahmen bei der Skoliosebehandlung: Physiotherapie in allen Formen, Korsettbehandlung und Operation. Elektrostimulation hat sich als nicht wirksam erwiesen, es gibt immer wieder Einzelfälle, wo Osteopathie in allen Variationen oder andere alternative Maßnahmen zu einer Verbesserung geführt haben, allerdings ohne Belege oder Reproduzierbarkeit. Meist lag keine echte idiopathische Skoliose vor. Wichtig ist jedoch, immer auf die Kieferstellung zu achten, ein mögliches Reizdarmsyndrom auszuschließen und eine Kopfgelenkstörung zu beheben.

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RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

Fotos: privat, STOCK4B

RÜCKENzeit: Haltungsschäden bei Kindern und Jugendlichen nehmen immer mehr zu. Wie sehen Sie das? René Paulus: Leider sehe ich diese Entwicklung täglich in der Praxis, die Haltungsschäden werden mehr, die Kinder werden dicker, die motorischen Fähigkeiten sind teilweise unterentwickelt, genauso wie die Körperwahrnehmung und Konzentrationsfähigkeit. Ursache sind die fehlende Freude an und Zeit für Bewegung, für motorisches Spielen, die stundenlange Benutzung von PCs zum Spielen und für soziale Netzwerke. Auch die schulische Belastung nimmt die Zeit für Sport und Bewegung, die Eltern selbst haben keine Zeit, mit den Kindern Sport zu treiben.


˃ Was halten Sie von der Kor-

settversorgung (bei Kindern und Erwachsenen)? Die Korsettbehandlung ist absolut notwendig und sinnvoll, ihre Wirksamkeit ist auch wissenschaftlich gesichert. Nicht jede Skoliose braucht ein Korsett. Bei Kindern und Jugendlichen wird es verwendet, wenn unter physiotherapeutischer Behandlung eine erhebliche Verschlechterung eintritt und eine weitere Zunahme zu erwarten ist. Ziel der Behandlung ist es, die Zunahme der Skoliose zu stoppen, teilweise gelingt es auch, die Skoliose zu korrigieren. Das große Problem liegt immer daran, dass die Tragezeit nicht ausreichend ist, denn ein Korsett sollte ca. 20 Stunden am Tag getragen werden. Kürzere Tragezeiten haben keinen ausreichenden Effekt. Es gibt beeindruckende Ergebnisse, wenn Jugendliche engagiert mitarbeiten und konsequent sind. Dass ein Korsett nichts gebracht hat, was einige Patienten schildern, lag meist daran, dass es zu wenig oder nicht richtig getragen wurde. Ein Korsett ist nie bequem, es ist umständlich, drückt, nervt, aber funktioniert, wenn die Patienten es annehmen und konsequent tragen. Korsette bei Erwachsenen haben mehr eine Entlastungs- oder Stützfunktion, es können auch Mieder verwendet werden, es wird aber immer von Fall zu Fall entschieden.

˃ Bei welcher Gradzahl einer

Skoliose würden Sie zu einer Korsettversorgung raten … Es wird immer im Einzelfall entschieden, abhängig vom Alter des Patienten, dem Restwachstum und dem Verlauf der Erkrankung. Als grobe Orientierung gelten: • • •

idiopathische Skoliosen mit einem Cobb-Winkel von mehr als 20°, nachgewiesene Verschlechterung von mehr als 5° zwischen zwei Untersuchungen, noch belegbares Restwachstum mit der Gefahr einer massiven Zunahme.

˃ … und bei welchem Schwe-

regrad ist die Operation zu empfehlen? Die Operation stellt eine Therapieoption dar, die immer am Ende der Maßnahmen steht. Die Operation kann nicht nur eine Zunahme der Skoliose verhindern, sondern die Fehlstellung auch korrigieren und dauerhaft fixieren. Auch kann es zu einer kosmetischen Verbesserung durch die Korrektur des Rippenbuckels kommen, allerdings immer getrübt durch eine Narbe. Der Preis dafür ist ein Verlust an Beweglichkeit durch die Versteifung und teilweise Überlastungsbeschwerden an den freien, nicht versteiften Segmenten. Bei lumbalen Skoliosen über 50° und thorakolumbalen Skoliosen über 40° sollte die Operation besprochen werden, immer bei Verlust des Körperlotes beim Stehen und Sitzen, einer Verschlechterung der Lungenfunktion oder therapierbeständigen Schmerzen, die der Skoliose eindeutig zugeordnet werden können. ˃ Schwimmen ist ein ganz

wunderbarer Sport bei Skoliose. Was halten Sie davon? Beziehungsweise, um das ein bisschen zu modifizieren … bei welchen Skolioseformen ist Schwimmen als Sport und Therapie geeignet?

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Prinzipiell ist Schwimmen, aber auch Sport allgemein, bei jeder Skoliose möglich und wünschenswert, einige Sportarten sollten im Einzelfall nicht zu intensiv ausgeführt werden. Beim Schwimmen kann in idealer Weise schonend trainiert werden, allerdings sind die Möglichkeiten limitiert, beim Schwimmen skolioseindividuelle Bewegungsmuster zu üben, dies könnte die Lehnert-SchrothTherapie oder die Spiraldynamik deutlich besser. Studien belegen, dass es bei extrem einseitigen Sportarten wie Speerwerfen, Tennis und Tanzen zu einer Seitverbiegung der Wirbelsäule als Folge der sportspezifischen Belastung kommen kann, aber nicht zur Ausbildung einer echten Skoliose. Allerdings sollten Patienten mit einer Skoliose einseitige Sportarten nur eingeschränkt ausüben, ebenso sollten beim Sport Stoßbelastungen der Wirbelsäule vermieden werden. Dies beinhaltet auch das aktuell sehr beliebte Trampolinspringen! Ideale Sportarten sind Golf,Yoga, Pilates, Klettern, leichtes FitnessTraining unter Anleitung ohne zu massiven Muskelaufbau (besonders bei jungen Männern). Ziel sollte neben dem Spaß sein, die Wirbelsäule beweglich zu erhalten, zu dehnen oder zu stärken, zu stabilisieren und ein Muskelgerüst für den Alltag zu schaffen.Von größter Bedeutung ist das Schaffen eines bewussten Körpergefühls, das Trainieren der Körperwahrnehmung und der Selbstkorrektur, um der leider immer möglichen Zunahme der Skoliose entgegenzuarbeiten! ˃ Zum Schluss noch etwas

Persönliches: Welchen Sport treiben Sie? Seit ich fünf Jahre alt bin, spiele ich aktiv Tennis, früher auch Turniere, heute mehr zum Spaß, ich gehe regelmäßig wandern in die Berge und leider unregelmäßiger in ein FitnessTraining. •

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Schwimmen, Wettkampf und Skoliose München im Herbst: An einem der letzten wirklich schönen Sonnentage sprechen Petra Levator, 56, Wettkampfschwimmerin trotz Stab im Rücken, und „RÜCKENzeit“ im menschenleeren Café – alle sitzen des herrlichen Wetters wegen draußen – über das Schwimmen. Schwimmen – Allheilmittel gegen Schmerz, Niedergeschlagenheit und Depression. Ein Gespräch. Von Gerlinde Wronski

RÜCKENzeit: Erzählen Sie mal: Wann haben Sie mit dem Schwimmen begonnen? Petra Levator: Ich war von jeher eine Wasserratte, denn ich komme aus einer sehr sportlichen Familie. Wir waren oft im Schwimmbad, an Seen und Flüssen, aber damals eher aus Spiel und Spaß, denn ich wusste noch nichts von einer Skoliose.

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˃ Wann hat man die Skoliose denn entdeckt?

Als ich elf Jahre alt war. Ganz banal. Mein Vater hat mich beim Haarewaschen über der Badewanne überrascht – wie beim klassischen Vorbeugetest – und meinte dann, um Gottes Willen, dein Rücken ist ja ganz schief. Es war eine idiopathische Skoliose, aufgrund eines zu schnellen Wachstums. Es wurde eine Beinlängendifferenz und ein Beckenschiefstand festgestellt. Ja, dann wurde ich dem Orthopäden vorgestellt, erste Maßnahmen wurden eingeleitet, aber leider gab es eine rasante Progredienz, d. h. die Verkrümmung verschlimmerte sich ständig.

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˃ Wie wurde die Skoliose zum damaligen Zeitpunkt, in den

siebziger Jahren, behandelt? Ich bekam Schuheinlagen verordnet, ein Gipsbett für die Nacht und auch ein Korsett. Ich hätte es getragen, aber mein Vater war strikt dagegen, er wollte mir das „ersparen“. ˃ Vielleicht war es besser so …

Ich weiß es nicht, vielleicht hätte es die Verschlechterung der Skoliose aufgehalten, keine Ahnung … Na ja, dann wurde die OP-Diagnose gestellt, denn die Krümmung der Skoliose betrug schon mehr als 63 Grad. Damals war ich 16, und wir mussten mit dem Krebstod der Mutter klarkommen. ˃ Hatten Sie Schmerzen in dieser Zeit?

Seelische Schmerzen, Trauer, Zukunftsängste. Noch keine wirklich körperlichen Schmerzen. Aber ich hatte schon Probleme mit meiner Optik. Da ich kein Korsett trug, wurde mir gesagt, ich muss unbedingt etwas machen,

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˃ Schwimmen also wie gehabt

jeden Tag? Ja, wie gehabt. Außerdem habe ich dann auch rhythmische Gymnastik angefangen. War eine gute Ergänzung. ˃ Besser kann man es nicht

was mich streckt, also Schwimmen,Volleyball oder auch Klettern, so was. Ja, und so kam ich zum Schwimmen. Ich habe gemerkt, das tut mir gut, das entspannt. ˃ Wie oft gingen Sie schwim-

men? Ich muss sagen, ich ging ja nicht nur schwimmen, ich hatte ein richtiges Sportprogramm, und zwar dreimal die Woche schwimmen und dreimal die Woche Volleyball. Aber das Schwimmen hat sich dann gesteigert auf tägliches Schwimmen. ˃ Das war dann ja schon

Leistungsschwimmen. Kann man das so sagen? Nein, das war – ich würde mal sagen – therapeutisches Schwimmen. Das Leistungsschwimmen fing ich erst an im fortgeschrittenen Alter, also so ab fünfzig. Obwohl ich sagen muss, ich war auch schon als Jugendliche im Schwimmen schnell unterwegs, ich nahm teil an kleineren Vereinsmeisterschaften, Schulmeisterschaften …

Fotos: privat; IDM, Berlin, 2007

˃ Bei so viel Sport kann

eigentlich nichts schiefgehen – sollte man meinen. Ja, trotzdem … ich hatte mit 19 Jahren einen Krümmungsgrad von 83, trotz der Krankengymnastik, des Schwimmens etc. Die Statik war schon so schlecht, ich wollte nicht noch krummer werden. Deswegen habe ich mich dann für eine OP entschieden.

˃ So eine OP mit Stab im

Rücken? Ja genau, mit einem Stab, dem sogenannten Harrington-Stab. Die Vorbereitung, die Operation, das Alleinsein mit der Situation waren ein Alptraum. Der Sommer nach der OP – das war 1976 – war unerträglich heiß, und ich musste einen Vollgips tragen, hochgeschlossen von den Hüften bis zum Kinn. ˃ Dann konnten Sie zu dieser

Zeit ja auch nicht ins Wasser. Nein, das ging natürlich nicht. Es war ein langwieriger Prozess und eine Tortur, bis der Gips endlich abgenommen wurde. Ich fühlte mich danach wie befreit und war glücklich. Dann ging es auch weiter mit dem Schwimmen, tägliches Schwimmen. Das war meine Therapie. Ich wohnte damals während meiner Studentenzeit neben einem Schwimmbad, und jeden Tag ging ich rüber mit meiner kleinen Tasche, außerdem ging ich viel spazieren und fing wieder an, Fahrrad zu fahren.

machen. Wirbelsäule ständig in Bewegung, aktive Muskulatur … Ja, es ging mir wirklich gut. Auch während meiner beginnenden Berufstätigkeit hat mich das Schwimmen immer begleitet. Ebenso während der beiden Schwangerschaften plus dem Stab im Rücken bin ich fast täglich geschwommen, weil mir das einfach unwahrscheinlich guttat. Aber nach der jahrelangen guten Phase fingen die Schmerzen an. ˃ Was passierte genau?

Ich spürte einen Druck tief im Becken und im rechten Bein auf den Ischiasnerv. Der Druck wurde zum Schmerz, und es wurde ein chronischer Schmerz daraus, er war immer da. Beim Gehen, beim Laufen, besonders aber beim Stehen. >>

˃ Was war mit Volleyball-

spielen? Natürlich nichts mehr. Nur, wie ich es nenne, therapeutisches Schwimmen. Ich war entspannt danach, den Muskeln, die ja ganz erschlafft waren, tat es gut. Ich war so ehrgeizig, dass mein Körper wieder – sagen wir mal – sportliche Formen annehmen sollte.

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mit dem Schwimmen? Geschwommen wurde immer, zwar nicht täglich – wegen der privaten und beruflichen Situation –, aber doch dreimal die Woche. Ich habe sogar meine Kinder, als sie noch klein waren, in einem Körbchen mit ins Schwimmbad genommen, sie mit Schnuller und Fläschchen versorgt, auf die Bank am Schwimmbecken gestellt und zog dann so eine halbe Stunde meine Bahnen. ˃ Aber nun wieder zurück zu

den Schmerzen … … die sich – wie ich annehme – durch das Alter und die dadurch einhergehenden Verschleißerscheinungen einstellten. Das war ein Schock für mich, weil sie so unerwartet und heftig kamen … Aber auch in dieser Zeit schwamm ich regelmäßig, ich glaube, ohne das Schwimmen wäre ich verzweifelt. Im Wasser hatte ich keine Schmerzen, im Wasser fühlte ich mich wohl. Ich bekam eine Schmerztherapie, musste viele Schmerzmittel schlucken in unterschiedlichen Kombinationen, ich fühlte mich in einer ausweglosen Situation. ˃ Halfen denn die Schmerz-

mittel? Das schon, aber sie hatten auch viele Nebenwirkungen wie Magenschmerzen, Bluthochdruck. Ich konnte mich auch nicht mehr lange konzentrieren, musste beruflich kürzer treten. Eine depressive Entwicklung war im Gange. ˃ Haben Sie dann über eine

zweite OP nachgedacht? Ja, mir war alles egal, ich wollte nur die Schmerzen loswerden. In dieser ganzen Zeit war Schwimmen – ich kann sagen – das Allheilmittel für mich. Da mir das Schwimmen so vertraut war – das heißt, ich wusste genau, es hilft mir – , gab es gar keine Alternative. ˃ Dann kam es zur erneuten

Operation? Ja, aber zuvor habe ich mich in fünf Kliniken – es war eine Odys-

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see – vorgestellt und in der fünften Klinik habe ich mich dann zum zweiten Mal operieren lassen. Aus heutiger Sicht muss ich sagen: Ich habe für meinen operativ begradigten Rücken einen sehr hohen Preis bezahlt! Jungen Menschen mit Skoliose und deren Eltern kann ich nur empfehlen, sehr frühzeitig gegenzusteuern und alles zu tun, um eine OP zu vermeiden. Lieber einen leicht bis mittelschwer krummen als einen seiner Funktionalität beraubten Rücken. ˃ Wann konnten Sie nach der

zweiten OP wieder mit dem Schwimmtraining beginnen? Nach vier Monaten war ich das erste Mal wieder im Wasser, aber es war sehr, sehr schmerzhaft. Ich konnte mich nicht vom Beckenrand abstoßen. Auch die Schwimmbewegungen, vor allem die vorsichtigen taten weh. Brustkraulen, zum Beispiel unter großer Körperspannung tat mir gut. Und auch Rückenkraulen, meine Spezialdisziplin. Den Beinschlag konnte ich gut dosieren, sodass auf die frisch versteifte Stelle kein Druck ausgeübt wurde. ˃ Was sind denn nach Ihrer Er-

fahrung die besten Schwimmstile bei Skoliose? Also wie gesagt, bei meiner Skoliose sind das Rückenkraul und Brustkraul, wegen der starken Rotation der Brustwirbelsäule. ˃ Sie haben ja nach der zweiten

Operation eine wirklich beeindruckende Karriere im Behindertensport gemacht. Ja, im Behindertensport deswegen, weil eine dauerhafte Einschränkung der Beweglichkeit vorlag. ˃ Von allen Wettkämpfen, die

sie trotz aller WirbelsäulenWidrigkeiten bestritten haben, war Ihr größter Erfolg … … 2011, die „German Masters“ in Hannover, wo die ehemaligen Aktiven der besten deutschen Schwimmer starten. Zu diesem hochkarätigen Wettkampf konnte ich mich

Petra Levator, 56, Lehrerin a. D., ist trotz ihrer schweren, zweimal operierten Skoliose eine sehr erfolgreiche Handicap-Schwimmerin: u. a. Internationale und Deutsche Meisterin (Chemnitz, Berlin 2006/07/08/09); vier württembergische Meistertitel, ein zweiter Platz (Aalen) und Teilnahme an den „German Masters“ (Hannover 2011). Autorin des Buches „Tarnkappe“ und des Lyrikbändchens „AlltagsHELDEN“. www.petra-levator.de

über „50 Meter Rücken“ und „100 Meter Rücken“ qualifizieren, wenn ich auch den nicht behinderten Sportlerinnen hinterherschwamm. ˃ Das Wichtigste: Wie geht es

Ihnen heute? Sind die Schmerzen weg? Ja, die Schmerzen sind weg, mir geht es wieder sehr gut. Trotzdem muss ich immer auf mich aufpassen, ich darf mir nicht zu viel zumuten. •

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Foto: Alexander Rüffer

˃ Wie war das in dieser Zeit


Leicht im Wasser – stark im Kreuz Von Susanne Haag und Anja Römuß

Foto: Robert Kneschke / fotolia.com, Illustration: Danussa / fotolia.com

Aqua-Training, ein Trend aus den USA, ist nicht nur etwas für Leistungsschwimmer. Die Wissenschaft belegt uns die Vorzüge der Bewegung im Wasser. Wasser ist optimal für die Verbesserung von Kraft und Beweglichkeit. Aqua-Training ist ein ganzheitlich ausgerichtetes Trainingskonzept, bei dem die physikalischen Wirkungsmechanismen des Wassers genutzt werden. Durch den natürlichen Auftrieb werden Gelenke und Bänder geschont. Die Schwerkraft wird um 90 Prozent reduziert, wenn der Körper bis zum Hals im Wasser steht. Der Patient wird dadurch entlastet, fühlt sich gut beweglich und leicht. Aqua-Training ist nicht nur für Skoliosepatienten geeignet, sondern auch für das Aufbautraining nach Verletzungen und Operationen, für sportlich Ungeübte, für ältere Menschen sowie für Übergewichtige. Als absolute Kontraindikationen sind lediglich akute Infekte, Entzündungen, offene Wunden sowie Herzrhythmusstörungen zu nennen. Diese bedürfen einer ärztlichen Abklärung. Aqua-Training dient der Muskelkräftigung, fördert die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems und aktiviert Regenerationsprozesse im Körper. Zusätzlich schult die Bewegung im Wasser die Körperwahrnehmung, den Gleichgewichtssinn, die KonzentrationsfähigRÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

keit und entspannt Körper und Seele. Jeder Bewegung im Wasser wird abhängig von der Bewegungsgeschwindigkeit bis zu 80-mal mehr Widerstand entgegengesetzt als an Land. Die Effektivität spürt der Patient schnell. In der Rehabilitation nach Verletzungen, künstlichem Gelenkersatz und Operationen, bei degenerativen und rheumatischen Gelenkerkrankungen, neurologischen Störungen,Venenleiden, Diabetes, Übergewicht, Muskelatrophien und Atemwegserkrankungen, findet das Training im Wasser immer mehr Anklang. Sicherlich ist es für den ein oder anderen anfangs eine Überwindung, da nicht jedem das Wasser liegt oder mancher Skoliosepatient aus optischen Gründen Hemmungen hat, sich im Badeanzug bzw. in der Badehose zu zeigen. Der Gewinn an gesunden physiologischen Bewegungen, inklusive einem guten Ausdauertraining ohne Belastung der Gelenke ist dafür aber ein toller Lohn.

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Noch mal zusammengefasst, die positiven Effekte:

Trainingsempfehlung Empfohlen wird eine Dauer von 20 bis 60 Minuten, mindestens zweimal die Woche. Kurse bieten die örtlichen Volkshochschulen, Schwimmbäder oder Rehasportvereine an. Fragen Sie doch heute noch Ihren Therapeuten, er kann Ihnen sicherlich Auskunft geben. Generell ist es doch schon einmal schön, eine Stunde eine Sportart zu betreiben, bei der keine Schmerzen und Unbehagen auftreten, da man sich schwerelos im Wasser bewegen kann. Aqua-Jogging ist eine gute Ergänzung und hilft Patienten, die bei anderen Sportarten eher mit Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen zu kämpfen haben. Und gleich mal ausprobieren 1. Hilfsmittel: Schwimmnudel/Aquanudel. Ziel der Übungen ist es, symmetrisch den Körper und die Arme zu stärken.

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Verringerung des Körpergewichts Entlastung der Gelenke Förderung der Durchblutung Gefäßtraining Anregung des venösen Rückstroms Lymphdrainage Massage der Haut und Muskeln Verspannungsreduzierung im SchulterNackenbereich Gleichgewichtstraining Kräftigung verringerte Verletzungsgefahr Sturzprophylaxe erhöhte Herz/Kreislauf-Zirkulation Senkung des Blutdrucks Anregung des Stoffwechsels weniger Schmerzen erhöhter Bewegungsumfang Und nicht zuletzt Spaß und Motivation in der Gruppe.

2. Formen Sie die Aquanudel zu einer Brezel, damit erhöhen Sie den Widerstand im Wasser, gegen den Sie gleich arbeiten.

4. Drücken Sie dann mit beiden Armen die Brezel unter Wasser nach vorne, von sich weg, bis beide Arme gestreckt sind.

„Fazit: Aqua-Training vereint alle vier Komponenten des Trainings: Koordination, Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer“ (DAFA Ausbildungszentrum, Bad Schönborn)

Wiederholungen • Einsteiger 3 x 5 Wiederholungen pro Übung • Fortgeschrittene 3 x 10 Wiederholungen pro Übung Achtung! Nicht mit dem Körper drücken, die Bewegung kommt ausschließlich aus den Armen und der Körper muss stabil im Wasser bleiben. Atmen Sie gleichmäßig dabei weiter, denn es geht nicht um Schnelligkeit!

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Illustration: Danussa / fotolia.com

3. Drücken Sie nun die Brezel mit beiden Händen gleichzeitig nach unten ins Wasser, bis beide Arme gestreckt sind.


Meine Erfahrungen mit Aqua-Training Mein Name ist Susanne Haag, ich lebe in Heidelberg und bin Sportphysiotherapeutin mit Schwerpunkt auf ganzheitlicher Skoliose-Therapie. Im Alter von 14 Jahren wurde meine Wirbelsäule aufgrund einer Skoliose versteift. Ich habe das Aqua-Training erst während meiner Rehabilitation, vor ein paar Jahren, kennengelernt. Als ich vor 17 Jahren an der Wirbelsäule verschraubt wurde, lag der Schwerpunkt nach der OP auf anderen Dingen, jedenfalls nicht auf einer schnellen Mobilisation.Von sportlichen Aktivitäten wurde mir in den ersten Monaten abgeraten. Heute sieht das Gott sei Dank anders aus. Nach einem Unfall war das Bewegungsbad angesagt, und so konnte die Wundheilung meines gebrochenen Wirbels und der verletzten Hand gut unterstützt werden. Auch heute versuche ich noch regelmäßig, das Aqua-Training zu besuchen. Hier bei uns wird eine Stunde Aqua-Fitness mit anschließend einer Stunde Aqua-Jogging angeboten. Ich finde diese Kombination fabelhaft. Einmal richtig Auspowern – je nachdem, wie anstrengend der Tag

war – lässt mich wieder neue Kraft gewinnen. Ich will es nicht mehr missen und empfehle, die Auswahl der Sportarten und Trainingsmöglichkeiten zu erweitern, um ein Rundum-Programm zu schaffen. Ihr Körper wird es Ihnen danken!

Surftipp: www.skoliose-therapie.de

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Foto: Andreas Weber

Ein Leben mit Skoliose Was die Krankheit Skoliose wirklich bedeutet, können wohl nur Betroffene beschreiben. Handelt es sich auf den ersten Blick um ein klar definiertes Leiden, die seitliche Verbiegung der Wirbelsäule, so müssen Skoliosepatienten tatsächlich viel mehr ertragen. Kurzatmigkeit, Herz- und Magenbeschwerden und nicht zuletzt psychische Probleme können Auswirkungen dieses Krankheitsbildes sein. Lina bettet die Geschichte ihrer Krankheit ein in die Geschichte ihres Lebens – und bietet Leidensgenossen und Interessierten so einen ganz persönlichen Blick auf das Thema Skoliose. Literareon Verlag, 9,90 € zu beziehen über Linabuch@live.de

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Spiraldynamik®

Eine funktionelle Behandlung – 24 Stunden am Tag anwendbar: einfach, jedoch genial! Von Dr. Jens Wippert Seit nun mehr zwanzig Jahren existiert das Bewegungs- und Therapiekonzept der Spiraldynamik, das von Dr. Christian Larsen und Yolande Deswarte begründet wurde. Ein anatomisch begründetes Konzept, das menschliche Bewegung erklärbar macht und damit die Möglichkeit bietet, funktionelle Abweichungen zu identifizieren und zu therapieren. Und das nicht nur für bestimmte Teilbereiche des Körpers oder einzelne Krankheitsbilder, sondern für den Körper als Ganzes! Das Prinzip dahinter heißt spiralische Verschraubung. Es ist einfach, jedoch genial. Die Spirale – als bioarchitektonischer Grundbaustein – ist im menschlichen Körper allgegenwärtig: die Doppelhelix der DNA (Erbträger), die Windungen der Gehörschnecke, die Anordnung der Muskulatur. In der Bewegung gewinnt die spiralische Verschraubung noch mehr an Bedeutung: Durch Ver- und Entschraubung können in einem Körperteil sowohl Stabilität als auch Mobilität mit geringem Material- und Energieaufwand erzeugt werden. Das macht den Menschen zu einem hocheffizienten Wesen in Leichtbauweise. Entstehung der spiralischen Verschraubung Die evolutionäre Entwicklung des aufrechten Gangs ging mit der Aufrichtung des Fersenbeins von einer horizontalen in eine vertikale Position einher, die das Sprungbein mit nach oben nahm. Der Großzehenballen verankerte sich vorne am Boden. Die Gesamtform des Fußes entsprach nun der einer (Teil-)Spirale. Das brachte entscheidende Vorteile mit sich: Zusammen mit der Muskulatur und den Bändern stellt der knöcherne Fuß eine perfekte Struktur dar, um zum einen mit dem unebenen Boden gut verbunden zu sein und um zum anderen in der Belastungsphase stabil die Kräfte in den Boden abgeben zu können. Nun musste aber der gesamte Körper im

Foto: Kzenon / fotolia.com, Illustrationen: Bokica / fotolia.com

Dreidimensionales Therapiekonzept von Kopf bis Fuß


Gehen über der kleinen Unterstützungsfläche (Fuß) balanciert werden. Die Lösung für dieses Problem liegt wiederum in der spiralischen Verschraubung. Im Einbeinstand (wie auch im Gehen) verschraubt sich die Ferse gegen den Vorfuß, der Ober- gegen den Unterschenkel, das Becken gegen den Rumpf. Das Ergebnis ist eine verschraubte Längsstreckung des Körpers, d. h. er richtet sich entlang der Schwerkraft auf, um mit möglichst kleinen Hebeln die Gelenke zu bewegen bzw. zu stabilisieren. Beim Gehen – dem Wechsel zwischen Standbein und Spielbein – entsteht so ein alternierender Wechsel der Verschraubung rechts und links. Das hat biomechanische Vorteile: Es wird größtmögliche Stabilität bei geringem Energieaufwand und hoher Mobilität gewährleistet. Immer dann, wenn wir das anatomisch richtige Bewegen verlassen, entstehen funktionelle Störungen, die bei Nichtbeachtung zu Fehlbelastungen und schließlich zu strukturellen Schäden führen.

▲ Abb. 1 Dreidimensionale Abweichungen bei einer rechtskonvexen Thorakalskoliose

Die Skoliose stellt einen besonderen Fall in der Therapie nach dem Spiraldynamik®-Konzept dar. Die Skoliose (hier die dreibogige rechtskonvexe Thorakalskoliose) kann als eine „fixierte“ Standbeinphase links gesehen werden (siehe Abb. 1), d. h. der ausgleichende Wechsel zwischen der Verschraubung des Rumpfes nach links und rechts kann aufgrund der anatomischen Struktur der Wirbelkörper nicht erfolgen.

Funktionelle Skoliosetherapie Die Therapie nach dem Spiraldynamik®-Konzept ist funktionell, dreidimensional und angelegt, auf drei Etagen zu wirken. Funktionell, weil sich die Therapie an der Grundfunktion des menschlichen Bewegens – dem Gehen – orientiert, dreidimensional, da die Bewegungsaufträge alle drei Richtungen des Raumes erfassen und auf drei Etagen wirken, da der Verschraubung eines Elementes immer die Verschraubung eines anderen Elementes gegenübersteht. Auf diese Weise lassen sich 3-D-Verkrümmungen korrigieren. Die Therapie nach dem Spiraldynamik®-Konzept beinhaltet dabei folgende Schritte: 1. Aufrichtung der gesamten Wirbelsäule Durch die Aufrichtung der Wirbelsäule am Lot (der Schwerkraft) werden die Wirbelkörper – so weit möglich – übereinander orientiert und das Bindegewebe wieder unter Spannung gebracht. Dies erfolgt über die nachgebende Arbeit in der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule sowie durch die Kräftigung der Brustwirbelsäulenmuskulatur. Dies wirkt sich auch auf die Beinachse und das Fußgewölbe positiv im Sinne einer Ausrichtung aus.

Fotos: Spiraldynamik®AG

2. Detorsion des Beckens Durch die dreidimensionale Mobilisation des Beckens in Richtung der Bewegung in der Standbeinphase auf der konkaven Seite (in unserem Beispiel rechts) wird die Bewegung angebahnt und die entsprechenden Muskeln gedehnt bzw. aktiviert. Ziel ist, diese Bewegung kraftvoll gegen die Torsionsrichtung der lumbalen Skoliose ausführen und in der Funktion – Stehen und Gehen – einsetzen zu können. 3. Detorsion des Thorax Dafür ist der Rumpf dreidimensional gegen das Becken zu bewegen.Vor allem gilt es, zuerst die Rotation nach vorne auf der konvexen Seite der BWS-Skoliose bei gleichzeitigem Ausgleich der Seitneigung (z. B. durch Liegen auf der konkaven Seite) zu mobilisieren und dann wieder kraftvoll zu trainieren. Rippenmobilität und Rumpfderotation stehen dabei im VorderRÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

▲ Abb. 2 Dreibogige, thorakalrechtskonvexe, idiopathische Torsionsskoliose (w., 16-jährig, 64 Grad) in 3-D-Korrekturstellung

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Dr. phil. Jens Wippert, Physiotherapeut, Pädagoge, Promotion in der Sportpsychologie, Spiraldynamik®-Dozent, deutschlandweites Kursangebot, Lehrtätigkeit an verschiedenen Hochschulen Seit 1999 in eigener Praxis tätig, konservativ-orthopädische Ausrichtung, Schwerpunkt Bewegungsanalysen und Therapie funktionell bedingter Störungen elementhera GbR Eisenmannstr. 4 80331 München Tel +49 89 95 92 72 00 service@elementhera.de www.elementhera.de

grund, um mit der neu gewonnenen Beckenbeweglichkeit sich der natürlichen Verschraubung der Wirbelsäule wieder anzunähern (siehe Abb. 2, vorherige Seite). Nach dem Erlernen der einzelnen 3-D-Korrekturen gilt es, die Standbeinphase kraftvoll in den Alltag zu integrieren: Gehen, Joggen, Treppensteigen oder Yoga-Drehsitz sind nur einige Beispiele dafür. Dabei ist wesentlich, dass der bewegungsphysiologische Korrekturfaktor auf allen drei Etagen gleichzeitig wirkt und sich die Behandlung in den Alltag übertragen lässt, wodurch eine 3-D-Langzeitkorrektur ermöglicht wird. Alltägliches Bewegen – spiralisch verschraubt – wird so zum Übungsparcours für eine besser organisierte Skoliose! •

Kursinfo: Spiraldynamik®-Skoliosegruppe ab 19.11.2012 in der Praxis elementhera

„Skoliose – Hilfe durch Bewegung“ Die besten Übungen der Sprialdynamik® für ein neues Körpergefühl Von Dr. med. Christian Larsen und Karin Rosmann-Reif

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p

In diesem Buch beschreiben die beiden Autoren eine dynamische und gut umsetzbare Therapieform für Skoliosepatienten. Die Spiraldynamik® findet schon in vielen Bereichen der konservativen Medizin ihre Anwendung. Sowohl Patienten als auch Therapeuten bekommen einen guten Einblick darüber, womit die Skoliose im Alltag noch bewusster korrigiert werden kann. Ein Theorieteil erläutert alle wichtigen Fakten rund um die Anatomie sowie die Zusammenhänge des gesamten Körpers. Im anschließenden Praxisteil wird’s aktiv: Anleitung zum Selberüben und Ausprobieren. Gelesen und empfohlen von Anja Römuss, Schroththerapeutin aus München.

Trias Verlag, 19,95 €

Haben Sie die Spiraldynamik® bereits ausprobiert? Dann freuen wir uns über Erfahrungsberichte per Post oder E-Mail an die Redaktion.

Wir verlosen 15 x das Buch „Skoliose – Hilfe durch Bewegung“. Senden Sie eine E-Mail oder Postkarte an: redaktion@rueckenzeitmagazin.de oder an Redaktion RÜCKENzeit, Kemeterstraße 41, 82140 Olching. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.

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RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

Foto: elementhera

Jetzt gewinnen !


Das RSC® Brace Skoliosekorsett „RÜCKENzeit“ im Gespräch mit Dino Gallo und Jenny Schmid von der Firma ORTHOLUTIONS, die das RSC® Brace Skoliosekorsett herstellt. In Rosenheim zu Hause, aber international geprägt. Wie es gelingt, durch die „Konzentration auf das Wesentliche“ dem Patienten eine ganzheitliche Skoliosetherapie zu bieten. Von Iris Gabriel

Foto: ORTHOLUTIONS

˃ RÜCKENzeit: Was ist unter dem RSC® Brace

▲ Patientin mit dem RSC® Brace Skoliosekorsett

(Korsett) zu verstehen, wo ist der Unterschied zu anderen Modellen? Dino Gallo: Das RSC® Brace wird individuell für Patienten mit idiopathischer Skoliose hergestellt. Skoliosepatienten erhalten es direkt bei ORTHOLUTIONS oder exklusiv von speziell geschulten Fachleuten in Kompetenzzentren. Das RSC® Korsett garantiert die maximale Behandlungssicherheit für alle Anwender bei idiopathischer Skoliose. Es ist die Weiterentwicklung der bewährten Chêneau-Prinzipien. Es wird als perfekte Ergänzung zur Skoliosekrankengymnastik nach Schroth oder der „Barcelona Scoliosis Rehabilitation School“ (BSRS) verwendet. ˃ Wo können Patienten das Korsett erhalten?

Wir haben deutschlandweit momentan 15 Werkstätten, unsere sogenannten RSC® Brace Competence Center, die nach unserem System arbeiten. Im Ausland haben wir ein Netzwerk in Israel, Afrika, der Schweiz, Österreich und den USA. >>

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Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärzten, Therapeuten, Heilpraktikern Praxisneueröffnung im Herzen von München Schwabing Private Praxis für Physiotherapie Privatpatienten/Selbstzahler

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RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

Therapiespektrum: Manuelle Therapie Skoliosetherapie nach Schroth Krankengymnastik Manuelle Lymphdrainage Intensivkurse & Gruppentraining für Skoliosetherapie Für Kinder & Erwachsene

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˃ Wie gewährleisten Sie eine perfekte Zusam-

menarbeit zwischen allen Beteiligten wie Ärzten,Therapeuten, Kliniken und Eltern? Das Schlüsselwort ist „Kommunikation“. Um die Zusammenarbeit effektiv zu halten, kommunizieren alle Beteiligten über die ORTHOLUTIONS-Datenbank, die als Kommunikationsplattform die zentrale Funktion hat. Hier werden alle Fragen zur Behandlung über moderne Medien schnell und fachkundig geklärt. Für Ärzte und Therapeuten bieten wir außerdem laufend Kurse an. Für Patienten gibt es organisierte Treffen, um sich auszutauschen. ˃ Sie arbeiten international mit Experten im

Bereich der Skoliosetherapie, wie sieht diese Zusammenarbeit aus? Die Zusammenarbeit mit internationalen Experten wie Manuel Rigo MD Phd. (Arzt, Barcelona), Dr. med. Hans-Rudolf Weiß (Arzt für Orthopädie, Gensingen) und vielen anderen Ärzten, Therapeuten und Orthopädietechnikern ist immer eine große Herausforderung. Es ist sehr wichtig, dass man die Kontakte pflegt und die Kommunikation auf hohem fachlichem Level hält. Seit

2004 treffen sich alle namhaften Fachleute auf der internationalen SOSORT-Konferenz (SOSORT – Society of Scoliosis Orthopaedic and Rehabilitation Treatment). Sie ist die perfekte Plattform, um mindestens einmal im Jahr alle wichtigen Kollegen zu treffen. Hier werden Versorgungsstandards und Richtlinien wissenschaftlich definiert und fließen in unsere tägliche Arbeit ein. Natürlich gibt es zu vielen Kollegen enge Kontakte. Der Austausch mit ihnen gehört ganz normal zum Alltag. Manuel Rigo ist seit 15 Jahren medizinischer Berater von ORTHOLUTIONS. ˃ Worin sehen Sie Ihre größte Herausforderung?

Die größte Herausforderung heutzutage ist, die Kostenträger sprich Krankenkassen davon zu überzeugen, dass nur spezialisierte Unternehmen Arbeiten durchführen sollten, die nachweislich die entsprechende Fachkompetenz haben. Unser Engagement gilt der transparenten Darstellung der Behandlungsabläufe sowie der wissenschaftlichen Darstellung der Ergebnisse unseres Behandlungskonzeptes. Wir versuchen, die Vorteile der spezialisierten Arbeitsweise mit Konzept darzustellen. Es ist nicht nötig, das Rad neu zu erfinden, sondern erwiesene Therapiekonzepte und orthopädietechnische Systeme diszipliniert und kontrolliert umzusetzen. Hier sollten alle Beteiligten, vom Verordner des Korsetts über den Leistungserbringer bis zum Kostenträger objektiv zusammenarbeiten. Das würde natürlich auch Kosten reduzieren. ˃ Wie wird Ihre Arbeit durch die wissenschaft-

lichen Erkenntnisse im Bereich Forschung und Entwicklung beeinflusst? Neue Erkenntnisse tragen dazu bei, uns immer wieder selbst zu prüfen. Auch wenn man sich und seine Arbeit immer reflektiert, sind Ansätze von außen wichtig, um eigene Sichtweisen und Erfahrungen besser prüfen oder gar bestätigen zu können.

Dino Gallo, Geschäftsführer von ORTHOLUTIONS

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delt als in Deutschland, z.B. in den USA …? In den meisten Ländern ist der Versorgungsstandard bei Skoliose ziemlich schlecht. Die Patienten werden psychologisch und mit ausgeklügeltem Marketing manipuliert. Gerade in den USA steht der Profit extrem im Vordergrund. Fachkompetenz wird vorgetäuscht und Methoden, die völlig wirkungslos sind, werden propagiert. Die Patienten und Familien haben allerdings aus finanziellen Gründen oft keine andere Wahl als solche Kompromisse einzugehen. Der Rumpforthesenmarkt wird mittlerweile mit vielen Namen überschwemmt. Seitdem die USA erkannt hat, dass in Europa gute Erfolge erzielt wurden, werden immer mehr Namen wie „Chêneau“ oder „Rigo“ für Orthesen verwendet, die nicht im entferntesten etwas damit zu tun haben. Leider ist das in Deutschland aber auch immer noch so. RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

Fotos: ORTHOLUTIONS

˃ Werden Skoliosen im Ausland anders behan-


˃ Langfristiges Ziel des Patienten ist es, aktiv ein

Muskelkorsett aufzubauen. Sehen Sie das auch so und welche Therapien und Sportarten empfehlen Sie den Patienten? Als Therapie ist nach meinem Wissen die Schroth-Therapie oder die darauf basierende Barcelona Scoliosis Physiotherapy School (BSPTS) nach Rigo am ganzheitlichsten und sinnvollsten. Den Experten zufolge kann grundsätzlich jeglicher Sport ausgeübt werden. Sportarten, die starke Stöße auf die Wirbelsäule verursachen, wie beispielsweise Trampolinspringen, sollten allerdings unterlassen werden. ˃ Herr Gallo, wie kamen Sie zum Berufsbild

Orthopädietechniker? Ich wollte handwerklich und mit Menschen arbeiten. Das Berufsbild des Orthopädietechnikers vereinbarte damals diese Aspekte. Ich habe eine umfangreiche Ausbildung in einem klassischen Sanitätshaus abgeschlossen, die ein solides Fundament für meinen weiteren Werdegang war. Meine berufliche Laufbahn hat mich unter anderem in die orthopädische Kinderklinik Aschau und in das Sozialpädiatrische Zentrum Berlin in der Charité gebracht. Nach meiner Ausbildung zum Dipl.-Orthopädietechniker-Meister und zertifizierten Orthetiker und Prothetiker CPO/D leitete ich die kinderorthetische Abteilung eines renommierten Orthopädietechnik-Hauses. In Australien war ich Leiter der Klinikwerkstätte des John Hunter Hospitals in Newcastle NSW. > Und Sie Frau Schmid? Jenny Schmid: Mein Berufswunsch war, im medizintechnischen Bereich kreativ und mit Menschen zu arbeiten. Meine Ausbildung konnte ich glücklicherweise in einem renommierten und klassischen Unternehmen in der Universitätsklinik München-Großhadern absolvieren. Hier wurde mir die volle Bandbreite des Berufsbildes aufgezeigt – jeder Tag war anders. Bereits nach wenigen Wochen wusste ich, das ist der richtige Beruf für mich. Nach meiner Ausbildung ging ich als Orthopädietechnikerin für ein paar Jahre in die USA und anschließend wieder zurück nach Deutschland, wo ich seither im Bereich Klinikbetreuung, Kinderorthopädie und Organisation (Ausstellungen, Messen, Kontakte) arbeitete. Einige Jahre später lernte ich Manuel Rigo bei einem Seminar kennen und so entstanden erste Bande für unsere heutige enge Kooperation. Meine Stärke bestand seit jeher darin, Menschen zum richtigen Zeitpunkt einander näher zu bringen. Sich in mein Gegenüber empathisch einzufühlen und seine Position gut nachvollziehen zu können. So konnte ich immer gut unsere Patienten und Kunden verstehen und die Dinge ins Rollen bringen, die für gute Kooperationen wichtig sind, oder diese bei Ausstellungen und deren Organisation wie Durchführung ideal unterstützen. RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

▲ Jenny Schmid, Geschäftsführerin von ORTHOLUTIONS

˃ Was motiviert Sie besonders an Ihrem Beruf?

Dino Gallo: Die Motivation ist, jedem Patienten die bestmögliche orthopädietechnische und medizinische Versorgung und Beratung sicherzustellen. Wir reflektieren unsere Arbeit und Ergebnisse regelmäßig und versuchen aufgrund der resultierenden Erkenntnisse, Arbeit und Dienstleistungen am Patienten zu verbessern. Dies erzielen wir durch Spezialisierung und fortschrittliche Technologien. Durch die Zusammenarbeit mit anerkannten internationalen wissenschaftlichen Gruppen wie SOSORT werden wir immer gefordert und können andererseits unser eigenes Fachwissen präsentieren. All diese Erkenntnisse fließen direkt in unsere tägliche Arbeit und so zu unseren Kunden und Patienten, die unmittelbar davon profitieren. ˃ Ihr Slogan lautet „Die Konzentration auf das

Wesentliche“, wie würden Sie diesen Leitsatz genauer beschreiben? Da gibt es – wie der Leitsatz schon sagt – nicht viel hinzuzufügen. Wir konzentrieren uns auf das, was der Patient und unsere Fachkunden von uns erwarten: den besten Service und Qualität zu liefern, der im Bereich Skoliose erforderlich ist. Das heißt, Fachkunden und Patienten können sicher sein, dass sie von unserem Fachwissen und der Technologie direkt profitieren. Wir versuchen, uns in unserer täglichen Arbeit technisch und fachlich stetig zu verbessern und setzen neue Erkenntnisse unmittelbar um. >>

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˃ Welche Serviceleistungen kann der Patient

von Ihnen erwarten? Wir betreuen Skoliosepatienten in allen orthopädietechnischen und therapeutischen Belangen.Viele Patienten lassen sich neben der Korsettversorgung beraten, welche Physiotherapie erforderlich ist oder wie und wann Ärzte Röntgenaufnahmen durchführen sollen. Die Patienten bekommen bei uns nicht nur ein Produkt, das Korsett, sondern sie nehmen auch gerne die Erfahrungen und Anleitungen aus unserem Behandlungsprotokoll in Anspruch. Leider ist der Großteil der Patienten und deren Familien mit der Diagnose Skoliose völlig alleingelassen. Wer zu uns oder unseren Partnern kommt, kann sich sicher sein, dass wir in fast allen Anliegen eine kompetente Beratung sicherstellen. Über das Netzwerk mit unseren Kollegen, von Physiotherapie bis Selbsthilfe, von psychologischer Unterstützung bis zu medizinischer Beratung und Freizeitgestaltung, informieren sich die Patienten und Familien bei uns oder unseren Partnern, den sogenannten RSC® Kompetenzzentren. ˃ Worin sehen Sie Ihre besonderen Stärken im

Qualitätsmanagement? Alle Patienten, die ein RSC® Brace bekommen, erhalten damit auch die maximale Behandlungssicherheit. Das bedeutet, das Korsett ist orthopädietechnisch und therapeutisch genau den individuellen Anforderungen entsprechend hergestellt. Hierfür wird jedes Korsett nach dem speziellen, patentierten Verfahren von ORTHOLUTIONS gefertigt. Alle Prozesse werden ausschließlich von geschulten Fachleuten durchgeführt. Über die ORTHOLUTIONS-Datenbank stellt der Skolioseexperte Manuel Rigo die exakte Krümmungsklassifizierung und Modellbestimmung für jeden einzelnen Patienten. Das RSC® Brace gibt es nur bei ORTHOLUTIONS oder zertifizierten Fachbetrieben. Außerdem wird es immer mit einem Siegel und einem Zertifikat ausgeliefert, das die Echtheit garantiert. Das sollte sicherheitshalber immer geprüft werden. Leider gab es in der Vergangenheit immer wieder Fälle, bei denen Patienten getäuscht wurden.

˃ Zum Schluss würden wir uns über einen per-

sönlichen Gruß an unsere Leser freuen! Liebe Leserinnen und Leser der „RÜCKENzeit“, es ist für uns eine große Ehre und Freude zugleich, die Möglichkeit zu haben, unser Unternehmen und unsere Arbeit vorzustellen. Menschen und Medien, die sich für Informationstransparenz einsetzen, sind für Betroffene von großer Wichtigkeit, um sich ein Bild über die therapeutischen Möglichkeiten zu machen. Wir leben in einer Gesellschaft, die Informationen und Weisheiten über sämtliche Medien rasch verbreitet. Wem oder was zu vertrauen ist, kann der Betroffene nur schwer herausfinden. Gerade bei Skoliose ist der Handlungsspielraum auf einen kurzen Zeitraum begrenzt. Umso wichtiger ist es, von Beginn an die richtige Entscheidung zu treffen. Initiativen wie dieses Magazin tragen mit unglaublichem Engagement dazu bei, diese Informationen und Möglichkeiten zu filtern. Ebenso sind echte Alternativen zu festgefahrenen Strukturen erforderlich. Nur so können Betroffenen ein klarerer Weg und echte Möglichkeiten aufgezeigt werden. Wir wünschen dem „RÜCKENzeit“Magazin viel Erfolg und den Lesern viele positive Impulse. •

ORTHOLUTIONS GmbH & Co. KG Ing.-Anton-Kathrein-Str. 2 83101 Rohrdorf-Thansau Tel. 08031 3543330 info@ortholutions.de www.ortholutions.de Facebook/Twitter Von ORTHOLUTIONS können Sie ein Video online ansehen unter www.rueckenzeit-magazin.de

˃ Sie besuchen regelmäßig Fachmessen, welche

neuen Ansätze und Trends können Sie erkennen? Neue Technologien suggerieren den Orthopädietechnikern, dass Skolioseversorgungen mit sogenannten CAD/ CAM-Systemen sehr wirtschaftlich und unkompliziert durchzuführen sind. Ich sehe das sehr kritisch, denn solche Systeme sind zwar sinnvoll für die Produktion der Orthesen, ersetzen aber in keinem Fall die hohe Fachkompetenz, die zur Behandlung von Skoliosepatienten erforderlich ist. Leider entwickeln wir uns in der Branche immer mehr zu Fabriken, die massenhaft Stückzahlen produzieren, ohne dass jemand hinterfragt, ob der Patient auch fachkompetent versorgt wurde.

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RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012


PORTRAIT

Isabella ... machte als hochbezahltes Top-Model eine Weltkarriere. Als junges Mädchen wurde bei ihr eine Skoliose festgestellt und operiert. In ihrem Buch „Some of Me“ schreibt sie offen über die Beziehung zu ihrem Körper. Isabella ist noch heute ein Sinnbild für eine starke Frau. Leid und Leidenschaft liegen oft nahe beieinander. Von Gerlinde Wronski

▲ Isabellas Leidenschaft spricht für sich

Bei Isabella Rossellini (60), der Tochter der schwedischen Filmschauspielerin Ingrid Bergman und des italienischen Regisseurs Roberto Rossellini wurde in ihrer frühen Jugend (1962) – sie war elf – eine verkrümmte Wirbelsäule diagnostiziert. Um die seitliche Verkrümmung der Wirbelkörper aufzuhalten, suchten ihre Eltern verzweifelt nach einer therapeutischen Lösung für Isabellas Handicap. „Stundenlanges, tägliches Am-HalsAufhängen half nichts, auch nicht spezielle Gymnastik, mit der ich die Rückenmuskeln abwechselnd trainierte, um die Wirbelsäule in eine gerade Position zu zwingen“, erinnert sich Isabella in ihrer Biografie „Some of Me“ (Schirmer/Mosel, 1996, alle Zitate daraus). Bereits Anfang der 60er-Jahre gab es die Möglichkeit, eine Skoliose operativ zu begradigen. Doch die Vor- und Nachbereitungsphase eines solchen Eingriffs waren auch damals äußerst schmerzhaft:

Foto: Steven Meisel / Schirmer/Mosel

Ich „war am Boden zerstört. … Um die Skoliose zu korrigieren, wurde ich an Hals und Hüften in einen Apparat gespannt und gestreckt. War die maximale Korrektur erreicht, kam ich in ein Gipsbett. Einige Wochen später … wurde ich wieder ein Stück gestreckt, kam in einen neuen Gips. Die Prozedur wurde bei vollem Bewusstsein, ohne Narkose durchgeführt … man brach die Streckung ab, wenn ich vor Schmerz das Bewusstsein verlor.“ >>

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„Looking at Me“ (Schirmer/Mosel, 1996) Model Isabella: Fotos der weltbesten Fotografen – ein visuelles Erlebnis

Nach vier Monaten Streckfolter wurde ihre Wirbelsäule operativ fixiert: eine Operation, „bei der man 13 Wirbel mit einem Knochentransplantat aus meinem Oberschenkel verband“.

Isabella gewann Stärke auch in den Schattenseiten ihres Lebens

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RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

Fotos: Kurt Markus, Brigitte Lacombe / Schirmer/Mosel

Anschließend wurde sie in einen Gipspanzer gesteckt, den sie sechs Monate lang tragen musste. Es war für sie eine schreckliche, prägende Erfahrung: „ … als der letzte Gips entfernt wurde, baumelte der Kopf hin und her wie bei einem Huhn, dem man den Hals umgedreht hatte, bis diese Muskeln ebenfalls wieder trainiert waren … Das Schlimmste an einer Krankheit sind die Schmerzen, ich hatte kein Mittel gegen sie, aber ich lernte zu versteinern und durchzuhalten … Ich, das waren nur meine Gedanken, mein Körper war ein Anhängsel, das ich ignorieren konnte.“


▲ Isabella verzaubert mit ihrer sensiblen Seite die Fotografen

Zwei Jahre dauerte die „Heilung“. Trotz ihrer Beeinträchtigung war Isabella fest entschlossen, unabhängig und selbstständig zu werden und Karriere zu machen. Die machte sie: Isabella – die zunächst als Journalistin arbeitete, dann in den USA als Schauspielerin („Blue Velvet“) großen Erfolg hatte – wurde eines der bestbezahlten Models der Welt: Elf Jahre lang war sie das Gesicht der Kosmetikfirma Lancôme:

„ … vom Krüppel zu einer der schönsten Frauen der Welt, wie es manchmal heißt“. Nach dem Ende ihrer Modelkarriere begann sie, Regie zu führen. Ihr Film-Debüt wurde 2008 auf der Berlinale gezeigt: „Green Porno“, eine Kurzfilmreihe über das Liebesleben von Würmern und Insekten. Bei der Berlinale 2011 saß sie als Vorsitzende selbst in der Jury. •

Trotz ihrer Beeinträchtigung war Isabella fest entschlossen, Karriere zu machen

In „Some of Me” (Schirmer/Mosel, 1997) beschreibt Isabella ihren Skoliose-Leidensweg (vergriffen, nur noch antiquarisch erhältlich)

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400 000 Menschen leben deutschlandweit mit einer Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose). Schon Hippokrates erwähnte und behandelte in der Antike diese Fehlstellung. Häufig tritt sie bereits im Kindesalter auf. Heute ist es dank eines hochmodernen 3-D-Verfahrens möglich, frühzeitig derartige Fehlstellungen zu erkennen und ein umfassendes therapeutisches Spektrum zu bieten. Dazu führte das Magazin „RÜCKENzeit“ ein Gespräch mit dem Chefarzt der Klinik für Kinderorthopädie des HELIOS Klinikums Emil von Behring in Berlin-Zehlendorf, Priv.-Doz. Dr. med. Holger Mellerowicz. ˃ RÜCKENzeit: Dr. Mellerowicz, wie tritt diese Wirbelsäulenverkrümmung am jugendlichen, noch wenig belasteten Rücken auf? Dr. Mellerowicz: Aufgrund des schnellen Knochenwachstums während der jugendlichen Wachstumsphase kommt es zu einer dreidimensionalen Verdrehung einzelner Wirbelkörper. Es erfolgt dadurch eine Seitverbiegung bei gleichzeitiger Rotation, der die Muskulatur nicht mehr gewachsen ist. Bei stärkerer Ausprägung wird nach außen ein krummer Rücken sichtbar. Folgeschäden an Organen wie der Lunge, Nerven und Gefäßen können entstehen, wenn die Skoliose unbehandelt bleibt.

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Fotos: HKEvB

▲ 3-D-Verfahren ermöglicht präzise Diagnostik. Neue optimierte Therapie: CAT/CAM-modifizierte Chêneau-Orthesen

Der Verlauf der Streifenprojektion liefert wichtige Anhaltspunkte für die Skoliosediagnostik und den Skolioseschweregrad

Skoliose im Kindesalter

Priv.-Doz. Dr. med. Holger Mellerowicz


˃ Welche Diagnosemöglichkeiten wählen Sie für die kleinen Patienten? Neben dem konventionellen sogenannten Vorbeugetest, bei dem sich der Patient mit hängenden Armen nach vorn beugt, setzen wir in der Kinderorthopädie auf das moderne 3-D-Oberflächenvermessungs-Verfahren. Über Streifenprojektion gewinnt man zahlreiche Oberflächendaten, die ein aussagekräftiges dreidimensionales Modell des Rückens liefern. Präzise lassen sich daraus eventuelle Wirbelanomalien oder Beckenfehlstellungen ableiten. Gerade für die noch jungen Patienten bietet sich dieses Verfahren wegen seiner Strahlungsfreiheit und Großflächigkeit ohne Berührung besonders an, da es uns wichtige Daten für die anschließende Therapie liefert.

Klinikkontakt: HELIOS Klinikum Emil von Behring Klinik für Kinderorthopädie Tel. 030 81021935 Walterhöferstr. 11 14165 Berlin www.helios-kliniken.de/ berlin-behring

˃ Wie kann eine daraus resultierende Therapie aussehen? Als deutschlandweit führende Einrichtung, die auf Erkrankungen des jungen Skelettsystems spezialisiert ist, bieten wir je nach Skolioseschweregrad im Rahmen einer wöchentlichen Fachsprechstunde verschiedene Therapien an. Mithilfe des 3-D-Modells stellen wir, individuell ausgerichtet, zunächst nichtoperative Therapien in den Vordergrund, beispielsweise die Versorgung mit einem maßgefertigten Korsett, welches das Team um Klaus Nahr, den Leiter unserer hier im Klinikum ansässigen Orthopädischen Werkstätten, entwickelt hat. Nach Daten des 3-D-Modells wird diese individuelle Orthese gefertigt. Täglich bis zu 22 Stunden getragen, kann sie häufig eine operative Korrektur ersparen und eine Korrekturwirkung der verkrümmten Wirbelsäule erzielen. Farbe und Muster können selbst bestimmt werden. • Anzeige

HELIOS Klinikum Emil von Behring Kinderorthopädie

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Wieder Spaß und Freude an Bewegung | Spezielle Wirbelsäulen-/Skoliose Sprechstunde (kindliche Verkrümmung der Wirbelsäule) | Hochmoderne präzise Diagnostik – speziell auch für Kinder und ambulante Patienten | Modernste Behandlungsverfahren bei Skoliose, insbesondere 3D-CAT-CAM-modifizierte Korsetttherapie | Rooming in: Eltern übernachten mit ihren Kindern im selben Zimmer | Schulunterricht während stationärer Behandlung Klinik für Kinderorthopädie | Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. med. Holger Mellerowicz | Walterhöferstraße 11 14165 Berlin | Telefon: (030) 81 02-19 35 | E-Mail: holger.mellerowicz@helios-kliniken.de

www.helios-kliniken.de/berlin-behring RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

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Kraft in der Gruppe finden Selbsthilfegruppen bieten eine Fülle von Möglichkeiten, das Beste aus einer schwierigen Situation zu machen. Aufklärung, Trost, Erfahrungsaustausch und gemeinsame Unternehmungen können helfen, wieder mehr Lebensfreude zu gewinnen. Von Iris Gabriel Selbsthilfegruppen sind eigenständig organisierte Projekte von Menschen, die ein ähnliches Problem oder Anliegen haben und gemeinsam etwas bewegen wollen. Selbsthilfegruppen dienen im Wesentlichen dem Informations- und Erfahrungsaustausch von Betroffenen und Angehörigen, vor allem aber der aktiven Lebenshilfe und der gegenseitigen Unterstützung und Motivation. In Deutschland haben sich inzwischen drei Millionen Menschen in Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen. Die Selbsthilfe geht übrigens auf die Emanzipationsbewegung des 19. Jahrunderts, insbesondere der Frauen- und Jugendbewegung zurück. Anerkennung der Selbsthilfe Die Leistungen der Selbsthilfegruppen werden inzwischen als wichtige Ergänzung zum professionellen Gesundheitssystem von den Kostenträgern anerkannt. Insgesamt ist zu beobachten, dass Patienten aufgeklärter, selbstständiger und kritischer gegenüber der Schulmedizin reagieren und sich weitere Informationsquellen suchen. So ist es nicht verwunderlich, dass es im Internet verstärkt Foren und Chats für Hilfesuchende gibt. Seit dem Jahr 2009 widmet sich die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) dem Thema „virtuelle Selbsthilfe“. Doch ersetzt dies einen persönlichen Kontakt, die Zuwendung und das Entdecken von Gemeinsamkeiten?

Quellen: Wikipedia, NAKOS

Gemeinsam ist man stärker Gerade bei chronischen Erkrankungen, können reale Zusammenschlüsse helfen, körperliche und seelische Belastungen zu verbessern. Unter Gleichgesinnten Verständnis, aber auch Motivation zu finden, ist das Hauptanliegen der meisten Betroffenen. Angehörige, Therapeuten und Ärzte können hier einmal den Blickwinkel wechseln und die Sorgen und Bedürfnisse der Betroffenen erleben. Dies führt insgesamt zu einem verständnisvolleren und offeneren Umgang miteinander. Weitere Ziele einer Gruppe sind Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit, die Unterstützung von Forschungsprojekten bis hin zur politischen Interessensvertretung.

Praxis für Physiotherapie und Sportphysiotherapie Skoliosezentrum Johann-Hösl-Str. 11b 93053 Regensburg Fon 0941.750 12 77 www.praxis-martinprobst.de

Qualitätsmerkmal in der Praxis Für Praxen und Krankenhäuser nimmt die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen an Bedeutung zu. So wird Selbsthilfegruppenfreundlichkeit zum Qualitätsmerkmal professioneller Versorgung in Arztpraxen und Kliniken. Patienten können an verschiedenen Kriterien erkennen, ob eine Praxis Wert auf eine umfassende Aufklärung und Information legt: • • • • •

Informationen zu Selbsthilfe sind übersichtlich an zentraler Stelle verfügbar Die Praxis weist in den Praxisräumen und in weiteren Medien auf die Zusammenarbeit hin Der Arzt oder Therapeut weist auf die Selbsthilfegruppe hin Die Praxis benennt für die Selbsthilfe einen Ansprechpartner Praxis und Selbsthilfe treffen Vereinbarungen zur Zusammenarbeit


Die Praxis ist über Strukturen und Arbeitsweise der Selbsthilfe durch regelmäßigen Erfahrungsaustausch informiert

Diese Qualitätskriterien haben inzwischen Eingang gefunden in QEP (Qualität und Entwicklung in Praxen)®. Ein Qualitätsmanagementsystem, das die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) speziell für vertragsärztliche und psychotherapeutische Praxen entwickelt haben. Selbsthilfegruppen werden ehrenamtich geleitet und haben nur Bestand, wenn folgende Bedürfnisse erfüllt werden können: • • • • • •

Anerkennung von Fachleuten und Zusammenarbeit Günstige Rahmenbedingungen für die Gruppenarbeit (Räume, Infrastruktur, Arbeitsmittel) Kontakte zu anderen Interessierten und zu bestehenden Gruppen Organisatorische Hilfen Beratung zur Gruppengründung und begleitende Beratung zur laufenden Gruppenarbeit Finanzielle Förderung

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Patienten Interessengemeinschaft für Skoliose Patienten Information - Prävention - Netzwerk

www.netzwerkportal-skoliose.de

Skoliose Selbsthilfegruppen in Aachen/Düren, Köln/Bonn, Bad Neuenahr/Ahrweiler, Koblenz info@netzwerkportal-skoliose.de 53721 Siegburg / Bonn Luisenstr. 76 Tel.: 02241 - 90 56 305 Mobil: 0175 - 48 68 358

„RÜCKENzeit“ wird Ihnen in den kommenden Ausgaben Projekte von engagierten Selbsthilfegruppen vorstellen. •

Skoliose-Selbsthilfegruppe München Grüß Gott aus München! Die Gruppe wurde im Jahr 2009 von Betroffenen gegründet. Zusammen haben wir ein Netzwerk an Ärzten und Therapeuten aufgebaut, um eine bessere Versorgung zu schaffen. Monatlich organisieren wir Vorträge mit Experten im Bereich der Skoliosetherapie und trainieren seit letztem Jahr einmal die Woche in der Gruppe nach Schroth. Als Symbol für die sanfte und ganzheitliche Therapie bei Skoliose, die wir fördern möchten, haben wird den Bonsai gewählt.

Foto: hensor / fotolia.com

Mit unserem Leitsatz „Freude an der Bewegung“ möchten wir Sie, liebe Patienten, motivieren, regelmäßig etwas für Ihre Wirbelsäule zu tun, das fällt viel leichter in der Gruppe. Unser Anliegen ist es vor allem, unsere Erfahrungswerte zu teilen und an Sie weiterzugeben. Aus dieser Motivation heraus entstand unser Magazin „RÜCKENzeit“. Das Selbsthilfezentrum München bietet uns sehr schöne Räume für unsere regelmäßigen Treffen an. Die aktuellen Termine und weitere Informationen zum Thema können Sie unserer Homepage www.skoliose-team.de entnehmen. Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Selbsthilfegruppe in unserem Magazin vorstellen. Wir lesen voneinander! Ihr Skoliose-Team aus München

RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012

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Meine Zeit

Foto: Andrea Vollmer

sehr schmerzhaft. Immerhin wurde dadurch meine Wirbelsäule gerade „gedrückt“. Im Endeffekt habe ich es so gut wie nie getragen und kurze Zeit später wurde meine Behandlung auch abgeschlossen, da es anhand meiner Wachstumsfugen hieß, dass ich nicht mehr wachsen werde.

„Meine Skoliose hat mich stark gemacht“ Meine Skoliose wurde rein zufällig bei einer Routineuntersuchung im Alter von zwölf Jahren festgestellt. Damals hatte ich nur minimal unterschiedlich hochstehende Schultern. Mir wurde Krankengymnastik verordnet, zu der ich nicht so gerne hingegangen bin. Ich habe mir überhaupt keine Sorgen gemacht, da ich ja „nichts Schlimmes“ hatte. Heute weiß ich, dass ich sehr schlecht über meine Krankheit aufgeklärt wurde. Die Ärzte erwähnten zwar einmal, dass ich im allerschlimmsten Fall im Rollstuhl sitzen werde und dass statistisch gesehen, Frauen mit einer Skoliose eher unverheiratet bleiben, aber dass dies bei mir wohl nie der Fall sein werde. Und so wurde

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die Krankheit nicht wirklich ernst genommen. Im Laufe der Jahre verschlechterte sich der Schiefstand meines Rückens immer mehr, bis ich mit 15 Jahren ein Kunststoffkorsett bekam, welches ich nur zum Duschen ausziehen und ansonsten rund um die Uhr tragen sollte. Ich fand das Korsett scheußlich und habe mich deswegen sehr geschämt. Es sah einfach nur hässlich aus und ließ sich nicht gut verbergen. Die Wahrheit ist, dass ich es nicht eine Nacht in diesem Korsett ausgehalten habe, da es nicht nur hässlich war, sondern auch noch

Aber entgegen dem, was die Ärzte sagten, wuchs ich doch noch, und so verschlechterte sich der Schiefstand meiner Wirbelsäule innerhalb nur eines Jahres rapide. Ich fühlte mich nun schon richtig unwohl in meiner Haut, da sich mein krummer Rücken jetzt nicht mehr verbergen ließ. Jeder konnte ihn sehen. Ich habe mich gefühlt wie Quasimodo. Die Blicke, die ich deswegen auf mich zog und die Kommentare waren nicht schön. Es tat weh, anders zu sein! Nachdem meine Schmerzen auch immer größer wurden, suchte ich im Internet nach Informationen über diese Krankheit. Jetzt wusste ich erst so richtig, was es bedeutete, Skoliose zu haben! Schließlich ging ich zu etlichen Orthopäden und in mehrere Spezialkliniken für Skoliose, um mir diverse Meinungen einzuholen. Jeder riet mir zur Operation. Das war ein Schlag für mich, damit hatte ich absolut nicht gerechnet! Die Ärzte hatten doch immer gesagt, dass es bei mir nie so schlimm werden würde! Ein halbes Jahr später wurde ich operiert. Ich hatte eine Riesenangst vor dieser Operation, denn ich wusste, dass sie mein Leben für immer verändern würde. Die Zeit nach der OP war sehr schwer. Gott sei Dank habe ich so eine tolle Familie und so liebe Freunde, die mich immer wieder ermutigt haben weiterzumachen. Und so machte ich immer mehr Fortschritte, bis ich endlich nicht mehr auf die Hilfe anderer angewiesen war. Nach einem Jahr war alles überstanden und ich war einfach nur glücklich über meinen geraden

RÜCKENzeit | Das Skoliose-Magazin | Ausgabe 01/2012


Rücken. Niemand sah mich mehr schief an oder gab irgendeinen verletzenden Kommentar von sich. Irgendwo war das Leben für mich ein Neuanfang. Ich sah nun viele Dinge anders als vorher, und mir ist durch das Ganze klar geworden, was wirklich wichtig ist im Leben und dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen. Man darf nie aufgeben. Natürlich hat mein Selbstbewusstsein die Jahre über sehr unter meiner Skoliose gelitten und ist fast komplett verschwunden. Nach und nach kam es aber wieder. Ich fing an zu modeln, wurde unter anderem im Jahr 2010 Miss Queen of France, was mir alles sehr half, meinen „neuen“ Körper anzunehmen und mich wieder wohlzufühlen. Auch das Shooting mit Andrea Vollmer war für mich eine besondere Erfahrung. Dabei stand schließlich mein Rücken

im Mittelpunkt. Aber ich fand es wichtig, daran teilzunehmen, da ich das Projekt der Skolioseausstellung unterstützen wollte, denn es ist wichtig, dass die Menschen etwas darüber erfahren. Heute lebe ich einigermaßen schmerzfrei und bereue meine Operation nicht mehr. Natürlich ist meine Bewegung etwas eingeschränkt, aber das stört mich eigentlich gar nicht mehr, ich schaffe trotzdem alles und habe auch einen sehr lieben Freund, der mich immer unterstützt. Mittlerweile bin ich im fünften Monat schwanger, aber habe bis jetzt noch keine großen Probleme wegen meiner versteiften Wirbelsäule. Ich bin auch sehr zuversichtlich, dass mein Rücken die Schwangerschaft gut mitmacht. Ich mache mir eher Sorgen darüber, dass unser Kind

eventuell auch Skoliose haben könnte. Aber jetzt ist mir die Krankheit und deren Ausmaß ja bewusst und deswegen würde ich die Behandlung unseres Kindes viel ernster nehmen und direkt zum Spezialisten gehen. Es ist einfach wichtig, immer positiv zu denken und niemals aufzugeben! Das Leiden meiner Skoliose hat mich am Ende sehr stark gemacht, und ich hoffe, dass es anderen Betroffenen genauso ergeht und dass sie sich nicht verstecken wegen ihres Rückens, so wie ich es getan habe, sondern ihr Leben trotzdem versuchen zu genießen, denn das Leben ist einfach zu kostbar! • Von Jacqueline Mynarek PS: Inzwischen ist das Baby da! Ein Mädchen! Herzlichen Glückwunsch!

Foto: Michael Kuchinke-Hofer

Andrea Vollmer, 1979 in Homberg/Efze geboren, lebt und arbeitet als freie Fotografin und Dozentin für Fotografie in Berlin. Für Auftraggeber wie die Magazine „AdVoice“, „Neon“, „chrismon“ ist sie überwiegend im Bereich Portrait und Reportage tätig. In ihren freien Fotoarbeiten setzt sich Andrea Vollmer mit dem Thema Mensch und seinem Verhältnis zum Körper und seiner Verortung im Lebens- und Arbeitsraum auseinander. Ihre Fotografien wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland präsentiert. Skoliose – Projektbeschreibung Die Arbeit „Skoliose“ nimmt die Formkraft unseres menschlichen Körpers in den Blick. Die Rücken von Personen verschiedenen Alters und Geschlechts schauen uns an. Ihre Körper widersetzen sich einer anatomischen Gradlinigkeit und erzählen von den Spuren ihres Lebens. Diese authentischen und realistischen Rückenporträts zeigen uns die körperliche Einzigartigkeit und Stärke – verweisen aber zugleich auf die Verwundbarkeit und Fragilität unseres Körpers. www.andreavollmer.de

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