Festschrift 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

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Verband der Siebenb端rger Sachsen in Deutschland e. V.

60 Jahre Landesgruppe Hessen

Festschrift zusammengestellt von Klaus Servatius


Grußwort des Präsidenten des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann, zum 60-jährigen Bestehen der Landesgruppe Hessen der Siebenbürger Sachsen

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute,

es ist mir eine besondere Freude, aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der Landesgruppe Hessen der Siebenbürger Sachsen Ihnen ein Grußwort übermitteln zu dürfen. Es ist den Kriegswirren geschuldet, dass eine größere Zahl Siebenbürger Sachsen in Deutschland ankamen und hier verblieben, da eine Rückkehr in die sieben­b ürgische Heimat nicht möglich bzw. wegen der politischen Umstände nicht gewollt war. Das Schicksal der Deutschen in Rumänien ist zwar nicht direkt vergleichbar mit den aus den ehemaligen deutschen Gebieten vertriebenen Menschen. Trotzdem bedeutete der mit Kriegsende und der einsetzenden Teilung Europas beginnende Exodus der deutschen Volksgruppe aus ihrer Heimat für jeden Einzelnen ein Lebenseinschnitt, der der Vertreibung gleich kommt. Freiwillig verlässt niemand seine Heimat, schon gar nicht in so großer Anzahl. Und niemand derjenigen, die ihre Wurzeln in welchem deutschen Siedlungsgebiet auch immer hatten, wird diese je vergessen haben, auch wenn sie in Deutschland oder einem anderen Land eine zweite Heimat gefunden haben. Eben eine „zweite Heimat“. Die Siebenbürger Sachsen haben ihre Wurzel seit über 800 Jahren im Karpatengürtel und es ist ihnen gelungen, über Jahrhunderte hinweg Seite 2 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

ihre Kultur zu entwickeln, zu pflegen und zu bewahren, die immer an der entsprechenden Entwicklung im deutschsprachigen Raum, letztlich in Deutschland, orientier t war. Dies ist eine besonders hervorzuhebende Leistung, zeigt sie doch die innere Kraft der in Siebenbürgen lebenden Deutschen über Jahrhunderte. Was über diese Jahrhunderte niemand geschafft hat, blieb der Zwangsherrschaft des Kommunismus vorbehalten: die fast völlige Auswanderung der Deutschen aus Rumänien, auch wenn diese sich erst nach der so genannten Wende und nach dem Ende des Ceausescu- Regimes vollendete. Die Begründung einer landsmannschaftlichen Organisation vor 60 Jahren in Hessen entsprach dem Wunsch der Ausgesiedelten, sich zusammenzufinden, sich kulturell zu organisieren, Kontakt zu halten und letztlich immer auch Brücke zur Heimat und den dort verbliebenen Familien zu sein. Heute sind die Siebenbürger Sachsen Brücke von Deutschland nach Rumänien und Partner der Politik der bilateralen Beziehungen zwischen Rumänien und Deutschland. Und natürlich sind wir Siebenbürger vor allem auch landsmannschaftlich verbunden und auch in Zukunft wird die kulturelle Pflege des aus Siebenbürgen mitgebrachten Brauchtums ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit sein. Der Landesgruppe Hessen in meiner Funktion zu ihrem 60. Geburtstag gratulieren zu können, wäre mir in den vielen Jahren meiner Besuche in Hetzeldorf, der Heimat meiner Vorväter, nie in den Sinn gekommen. Und jetzt vollziehe ich genau dieses. Welch ein besonderes Erlebnis für mich. Alles Gute für die Zukunft wünscht Norbert Kartman


Grußwort des Bundesvorsitzenden und Vorsitzenden der Föderation der Siebenbürger Sachsen

Nur ein Jahr nachdem die Bundesrepublik und unser Bundesverband 60 Jahre alt geworden sind, feiert die Landesgruppe Hessen 2010 ihren 60. Geburtstag. Ich freue mich, dieser zentral in Deutschland gelegenen Landesgruppe zu ihrem Jubiläum gratulieren zu können und wünsche den acht Kreisgruppen weiterhin viel Erfolg in der landsmannschaftlichen Arbeit. Unser Verband ist auf die Existenz starker und funktionsfähiger Kreis- und Ortsgruppen angewiesen. Nur dort, wo es solche gibt, kann ein intensives Kultur- und Gemeinschaftsleben stattfinden, nur dort wird siebenbürgisch-sächsisches Brauchtum und sächsische Lebensart gepflegt. In der Landesgruppe Hessen und den hier beheimateten Kreisgruppen werden sieben­ bürgisch-sächsische Kultur und überlieferte Traditionen dank des ehrenamtlichen Einsatzes der Verantwortungsträger und der in Kulturgruppen engagierten Landsleute möglich. Dafür danke ich dem gesamten Landesvorstand, den Vorständen der Kreisgruppen und allen Mitgliedern, die sich für unsere Gemeinschaft eingebracht haben. Mein besonderer Dank gilt der Landes­ gruppe Hessen für die Unterstützung der zentralen siebenbürgischen Kultur­ einrichtungen auf Schloss Horneck in Gundelsheim a.N. sowie die nach wie vor hohe Spendenbereitschaft für die sozialen Projekte unseres Verbandes über das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen

vorwiegend in Siebenbürgen. Dieses sicher auch als Zeichen unserer grenzüberschreitenden Verbundenheit und Zusammengehörigkeit. Ich wünsche der Landesgruppe Hessen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. noch viele Jahre des Wohlergehens. Möge sie auch weiterhin so fruchtbar wirken können, wie bisher.

Dr. Bernd Fabritius

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Grußwort der Vorsitzenden des Landesverbandes Hessen

Liebe Siebenbürger Sachsen und Freunde unserer Gemeinschaft! Im Herbst 2010 blicken wir auf 60 Jahre siebenbürgisch-sächsische Verbandsarbeit in Hessen zurück. Am 25. November 1950 gründeten die in Hessen lebenden Siebenbürger Sachsen einen neuen Landesverband, um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten, um einander zu helfen und um ihre Traditionen auch in der neuen Heimat weiter zu pflegen. Unsere Großmütter und Großväter entschlossen sich zu diesem Schritt ein Jahr nach Verabschiedung des Grundgesetzes, also in einer Zeit, die geprägt war von Aufbruchstimmung und Hoffnung auf bessere Zeiten, zugleich aber auch von Verunsicherung und Sorgen um eine ungewisse Zukunft. Die Gründung des Landesverbandes Hessen beruhte auf dem Bestreben, unsere sieben­ bürgisch-sächsischen Werte auch in einer neuen Zeit und an einem anderen Ort zu leben und sie an die nachfolgenden Generationen weiter zu geben. Im Vordergrund stand das Bewusstsein, dass uns unsere Geschichte ebenso verbindet wie die gemeinsame Sprache und Kultur. Daran hat sich bis heute nichts geändert: Als deutsche Staatsbürger haben wir in Hessen ein Zuhause gefunden. Daraus ergibt sich jedoch kein Widerspruch zu unserer Identität als Sieben­ bürger Sachsen und dem Wunsch, unsere Traditionen in Gemeinschaft mit anderen Landsleuten lebendig zu erhalten. Dass wir dies in Hessen mit Tatkraft und Herzblut tun, zeigt seit 60 Jahren unsere rege Verbandsarbeit. Die vorliegende Festschrift soll die zahlreichen Aktivitäten unserer Landesgruppe in den letzten zehn Jahren dokumentieren und eine Ergänzung zu unserer Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der Landesgruppe Hessen sein. Dabei ist es mir als Vorsitzenden unserer Landesgruppe

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besonders wichtig, auf die in Hessen ansässigen Kreisund Kulturgruppen aufmerksam zu machen. Wir sind sehr froh, zurzeit so viele aktive Gruppen mit sehr engagier ten Mitgliedern zu haben und wünschen uns, dass sie alle noch lange bestehen bleiben. Auch der neu gewählte Vorstand der Landesgruppe führt seine Arbeit in Hessen, die er vor einem Jahr mit Optimismus und neuen Ideen begonnen hat, konsequent weiter. Darüber freue ich mich ganz besonders. Ich danke den Mitgliedern der Vorstände der Landesgruppe Hessen, der Kreis- und Kulturgruppen für die vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit, die sie für unsere Gemeinschaft und unseren Verband einbringen. Für die nächsten Jahre wünsche ich uns allen viel Kraft für die gemeinsamen Aufgaben. Die schönste Form der Anerkennung für diesen Einsatz ist jedoch die Teilnahme möglichst vieler Verbandsmitglieder und zahlreicher Freunde der Siebenbürger Sachsen an unseren Veranstaltungen. In diesem Sinne wünsche ich mir für die kommenden zehn Jahre, dass wir uns über viele gut besuchte Kulturveranstaltungen freuen können. Darüber hinaus hoffe ich, dass uns die in Hessen lebenden Siebenbürger Sachsen durch ihre Mitgliedschaft im Verband unterstützen und uns dabei helfen, die Verbandsarbeit erfolgreich fortzuführen. Ingwelde Juchum-Klamer


Inhaltsverzeichnis

Grußwort des Präsidenten des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann   2 Grußwort des Bundesvorsitzenden und Vorsitzenden der Föderation der Siebenbürger Sachsen, 3 Grußwort der Vorsitzenden des Landesverbandes Hessen

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Vorbemerkung

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Der Landesvorstand in den letzten 10 Jahren

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Vorsitzende

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• Imre István • Wilhelm Folbert • Ingwelde Juchum-Klamer Der amtierende Vorstand und seine Ziele

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• • • • • • • •

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• • • •

Kreisgruppe Bad Homburg Kreisgruppe Darmstadt Kreisgruppe Kassel Kreisgruppe Mittelhessen Kreisgruppe Offenbach Kreisgruppe Rüsselsheim Kreisgruppe Wiesbaden Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim Pfungstädter Tanzgruppen Frauenreferat der Landesgruppe Hessen 1. Aufgaben auf Landesebene 2. Frankfurter Seniorinnenkreis

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• Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. • Geschichtlicher Überblick: • Zielsetzungen: • Die Landesgruppe Hessen stellt sich vor Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen

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• 1. Siebenbürgen – Lage, Landschaft, Frühgeschichte • 2. Die Siebenbürger Sachsen • 3. Siebenbürgen zur Zeit der Türkenkriege • 4. Siebenbürgen als Teil des Habsburgerreiches • 5. Siebenbürgen zur Zeit der k.u.k.-Monarchie

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• 6. Zwischen den Weltkriegen • 7. Nachkriegszeit • 8. Siebenbürgen heute • Quellen Bildnachweise

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Bildverzeichnis

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Siebenbürgenlied

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Siebenbürgen, Land des Segens   47 Impressum

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Vorbemerkung

Jedes Jubiläum ist ein Anlass, um das gefeierte Ereignis zu würdigen, um zurückzublicken, aber auch um einen Ausblick auf die Zukunft zu wagen. 60 Jahre Verband der Siebenbürger Sachsen in Hessen – schon die Zahl der Jahrzehnte lässt erahnen, dass es unzählige Ereignisse, Begegnungen, manche Konflikte aber auch Feste gab, dass viele ehrenamtlich tätige, engagierte Menschen selbstlos gewirkt haben, die würdig wären, genannt zu werden. Es ist für einen erst wenige Jahre dem Verband Angehörenden unmöglich, die Anfänge und die frühe Entwicklung des Verbandslebens richtig einzuschätzen oder gerecht zu beurteilen, da nur Informationen aus zweiter Hand wiedergegeben werden könnten. Aus den Urkunden ist ersichtlich, was unsere Großmütter und Großväter veranlasste, den Verband zu gründen, der später zur „Landsmannschaft“ wurde und erst seit 2007 wieder „Verband“ heißt. Im Mittelpunkt ihres Wirkens stand der Kampf um die Rechte der Siebenbürger Sachsen in der alten und ihre Integration in der neuen Heimat, die Unterstützung für die in Siebenbürgen Verbliebenen oder die Wahrung der siebenbürgischsächsischen Kulturgüter. Doch was die Gründungsväter und -mütter dachten und fühlten, welche Hindernisse sie überwinden, vor welchen sie kapitulieren mussten, das bleibt uns Spätgeborenen verborgen. Sollte man trotzdem einen Rückblick wagen, bliebe er bruchstückhaft, bliebe vor allem auf der Ebene von Daten und Fakten - und folglich oberflächlich. Vor 10 Jahren feierte unser Verband sein fünfzigjähriges Bestehen in Hessen. Seite 6 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

Mitglieder der HOG Großscheuern bei der Festveranstaltung in Wiesbaden (2000)

Dieses Ereignis wurde durch die para­llel dazu stattfindenden Kulturtage noch aufgewertet. Die damals von Wilhelm Folberth heraus­gegebene Festschrift konnte (auch dank der Befragung von Zeit­ zeugen) ein authentisches Bild von den Anfängen des siebenbürgischsächsischen Verbandslebens in Hessen vorstellen und die Entwicklung der Landesgruppe bis ins Jahr 2000 veranschaulichen. Auch enthält die oben genannte Festschrift einen ausführlichen Überblick über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen von der Auswanderung nach Siebenbürgen bis zum Jahr 1989. Diese grundlegenden, wohl recherchierten Daten sollen hier nicht wiederholt werden. So wollen die folgenden Seiten vor allem veranschaulichen, was sich in den letzten zehn Jahren auf Verbands­ebene in Hessen entwickelt hat, welche Aktivitäten die Landesgruppe umgesetzt, was sie erreicht hat, wo sie an ihre Grenzen stoßen musste, und wer sich für die Verbandsarbeit auf Landesebene eingesetzt hat. Der Schwerpunkt der Tätigkeit unseres Verbandes liegt auf dem Wirken


Siebenbürgische Tanzgruppen aus Hessen (2000)

der Kreisgruppen und der Kulturgruppen, die als Untergliederungen dem Landesverband angehören. Ihnen ist - zu Recht der Hauptteil dieser Broschüre gewidmet. Jeder Siebenbürger Sachse, der diese Seiten in den Händen hält, wird vor allem beim Betrachten der Bilder unschwer die siebenbürgischen Traditionen und Besonderheiten nachvollziehen können.

Ich hoffe, die folgenden Seiten werden nicht nur der Anlass dazu sein, Bestätigung für Geleistetes zu suchen oder Altbekanntes wieder zu finden, sondern auch ein Impuls, sich dem Verbands­ leben intensiver zuzuwenden. Wir wollen Traditionen pflegen und jeder, der daran teilnehmen will, ist willkommen. Unsere Traditionen müssen aber, wollen/sollen sie lebendig bleiben, mit dem bundesdeutschen Alltag in Einklang gebracht werden. Und daher freuen wir uns über alle, die mit neuen Ideen oder mit der Bereitschaft, sich zu engagieren, dazu beitragen wollen, unseren Verband der Siebenbürger Sachsen in Hessen zu stärken. Vielleicht wecken die folgenden Seiten Ihre Neugierde: Wir werden Sie herzlich aufnehmen. Klaus Servatius

Damit auch Leser, die keinen siebenbürgischen Hintergrund haben, deren Neugierde an Siebenbügen und am Verbandsleben aber geweckt wurde, unsere Ansichten und Vorstellungen nachvoll­ ziehen können, finden sie auf den letzten Seiten dieser Festschrift einen knappen Überblick über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen sowie über die Entstehung des Verbandes. Diese kurz gefassten Fakten können keineswegs die ausführlich in der Festschrift von 2000 vorgestellten Informationen ersetzen. Daher empfehle ich die Lektüre der oben genannten Festschrift, die über die Geschäftsstelle unseres Verbandes zu beziehen ist.

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Der Landesvorstand in den letzten 10 Jahren

Der durch die Vollversammlung der Verbandsmitglieder für vier Jahre gewählte Vorstand ist ein Gremium ehrenamtlich aktiver Landsleute. Die Tätigkeit der Vorstandsmitglieder umfasst sowohl eingegrenzte Bereiche, die dem Amt, für das die Verantwortlichen gewählt wurden, entsprechen, als auch die Beteiligung der Vorstandsmitglieder an allgemeingültigen Entscheidungen und Aufgaben. Zu letzteren gehören beispielsweise die Orga­nisation und Durchführung des jährlich in Neu-Isenburg stattfindenden Waldfestes oder die Festveranstaltung so­wie der Jubiläumsball zur Feier des sechzig­ jährigen Bestehens unseres Verbandes. Der Vorstand unterstützt die Kreisgruppen bei der Organisation von eigenen Veranstaltungen, hält die Verbindung zum Bundesvorstand aufrecht, organisiert die Teilnahme von siebenbürgisch-sächsischen Kulturgruppen beim Hessentag. Verantwortlich zeichnet er (turnusmäßig im Wechsel mit den anderen Landes­ vorständen) für die Organisation des Heimattages sowie für die regelmäßige Teilnahme von siebenbürgisch-sächsischen

Kulturgruppen aus Hessen beim Treffen in Dinkelsbühl. Die Verbindung zum Bund der Vertriebenen und der Kontakt zur hessischen Landespolitik (in welcher der Verein mit dem Landtagspräsidenten, Herrn Norbert Kartmann, einen wohl gesonnenen Landsmann hat) sind genauso wichtige Schwerpunkte der Tätigkeit des Landesvorstands wie auch das Vermitteln bei auftretenden Konflikten zwischen Kreisgruppen oder bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern. Doch nicht nur diese beinahe alltäglichen Aufgaben beschäftigen den Vorstand. Bei den monatlich stattfindenden Treffen sowie den jährlich durchge-

Der erweiterte Landesvorstand bei der Klausurtagung 2009

Landesvorsitzende Ingwelde Juchum-Klamer und Landtagspräsident Norbert Kartmann Seite 8 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

führten Klausurtagungen werden außerordentliche Unternehmungen geplant und vorbereitet, aber auch die eigene Tätigkeit wird hinterfragt und es werden Versuche unternommen, viele Verbandsmitglieder in die Arbeit der Kreisgruppen einzubeziehen sowie Landsleute an den Verband heranzuführen. Zu den nicht alltäglichen Aufgaben des letzten Jahrzehnts gehörte die Ausarbeitung einer neuen Gliederungsordnung des


Landesverbandes, die unter Feder­führung von Rechtsanwalt Udo M. Dieners ent­ wickelt wurde. Auch diente der Landesvorstand als Bindeglied zwischen Kreisgruppen und Bundesvorstand bei der schwierigen Aufgabe der Umwandlung der einzelnen Kreisgruppen in selbständige, von den Finanzämtern anerkannte gemein­nützige Vereine. Doch nicht alle Versuche, die unternommen wurden, waren von Erfolg gekrönt. So ist es dem Landesvorstand trotz intensiver Bemühungen (vor allem von Frau Annelore Jungmann und Herrn Wilhelm Folberth) nicht gelungen, das geplante Vereinshaus, das ein Treffpunkt aller Landsleute werden sollte, zu gründen. Das Projekt scheiterte letztendlich an nicht überwindbaren rechtlichen Hürden. Auch der Versuch, Jugendwochen­enden in der Rhön zu organisieren, um mit Jugendlichen siebenbürgischer Herkunft ins Gespräch zu kommen, ihre Wünsche kennen zu lernen, ihnen Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten, scheiterte am mangelnden Interesse der jungen Leute.

Ein besonderes Ereignis, das im Herbst 2000 stattgefunden hat, waren die bereits erwähnten siebenbürgisch-sächsischen Kulturtage, die im Anschluss an die Fünfzigjahrfeier der Landesgruppe Hessen im Rhein-Main-Gebiet statt­ fanden. Dabei wurde in zahlreichen Veranstaltungen zwischen Wiesbaden und Frankfurt, von Rüsselsheim bis zum Hessenpark siebenbürgische Kultur vorgestellt. Im Wiesbadener Kurhaus

Tanzgruppe Offenbach bei der Brauchtumsveranstaltung im Hessenpark

Stolz ist der Vorstand hingegen über die Neugründung der Kreisgruppe Mittelhessen, die sich inzwischen zu einer sehr erfolgreichen Untergliederung im Landesverband entwickelt hat. Vor allem Ramona Linz ist es zu verdanken, dass die eigene Homepage der Landesgruppe entstand, auf der jede Kreisund Kulturgruppe aus Hessen ihren Platz hat, und die unseren Verband weltweit erreichbar werden lässt.

Tanzgruppe Offenbach bei der Brauchtumsveranstaltung im Hessenpark (2000) 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 9


Imre István (seit 1998)

wurden die Kulturtage mit dem hessischen Ministerpräsidenten, Herrn Roland Koch, als Festredner eröffnet. Freunde von Brauchtumsveranstaltungen konnten im Hessenpark einiges über siebenbürgisch-sächsische Traditionen erfahren, Literaturliebhaber besuchten die Lesung von Franz Hodjak in Bad Homburg. In Rüsselsheim weckten die Gemälde von Carl Brandsch und die Diashow „Transilvania Nostalgia“ Erinnerungen an die alte Heimat, während in der Bankenstadt Frankfurt historische, siebenbürgische Wertpapiere in Augenschein genommen wurden. Die Tätigkeit des Vorstandes wird vor allem durch das Handeln der jeweiligen Landesvorsitzenden geprägt: Sie sind Ansprechpartner, Entscheidungsträger, Ideengeber. Sie sind - auch bei demokratisch gefällten Ent­ scheidungen - letztendlich verantwortlich für die finanziellen Mittel der Landesgruppe und repräsentieren unseren Verband nach außen. In den letzten 10 Jahren wirkten vier Landesvorstände, deren Vorsitzende im Folgenden kurz vorgestellt werden.

2000 bis 2002

Imre István (seit 1998) Im Jahr 2000 war Imre István, jetzt Pfarrer in Wiesbaden-Delkenheim, schon zwei Jahre Vorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Hessen. Dieses Amt hatte er bis 2002 inne.

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Geboren 1954 in Mediasch, der Stadt an der Kokel, absolvierte er dort das Gymnasium und studierte Theologie in Hermannstadt und Klausenburg. Ab 1979 trat er seinen Dienst als Stadtpfarrer in Broos und Umgebung an, bis er 1984 in die Imre István Bundesrepublik aus- Landesvorsitzender (1989-2002) reiste. Imre István war zunächst als Direktions­ assistent bei der Christoffel-Blinden­ mission in Bensheim tätig und folgte 1988 dann dem Ruf als Pfarrer in Kitchener/Kanada, wo er neben seiner Gemeinde auch dort ansässig gewordene Landsleute aus Siebenbürgen betreute und sich in die landsmannschaftliche Arbeit im Transylvania-Club einbrachte. 1994 kehrte er mit seiner Familie (Ehefrau Gertrud und drei Kindern) nach Deutschland zurück und betreute die Kirchengemeinde Liederbach am Taunus. Seit 2008 ist er Pfarrer in der Gemeinde Wiesbaden-Delkenheim. Neben seiner Tätigkeit als Pfarrer ist Imre István Mitglied im Rotary-Club Main-Taunus und ist dort seit mehreren Jahren als Jugendreferent tätig. Besonders hat er sich hier für den jährlichen Jugendaustausch und die Oststipendiaten, die aus Rumänien kommen und in Frankfurt studieren, eingesetzt. Mitte der 90-er Jahre organisierte und begleitete er mehrere Hilfstransporte in seine alte Heimat.


Die Anfänge seiner landsmannschaftlichen Tätigkeit fallen mit seiner Aussiedlung zusammen. Schon 1984 war Imre Istvan an der Organisation des ersten Jugendgottesdienstes beim Heimattreffen in Dinkelsbühl beteiligt. Regelmäßig hält er Gottesdienste bei den verschiedenen Veranstaltungen der Landsmannschaft in Hessen. In seine Zeit als Vorsitzender der Landsmannschaft fiel das 50-jährige Jubiläum des Verbandes im Jahr 2000. Die damaligen, groß angelegten Veranstaltungen, hat er geleitet und mit organisiert. Es war stets sein Bestreben, die verhältnismäßig kleine Landesgruppe in Hessen zusammenzuhalten und die Kreisgruppen zu konsolidieren. Dieses war nur mit einem gut funktionierenden und engagierten Vorstand möglich. Unter dem Vorsitz von Imre István setzte sich der Landesvorstand aus folgenden Mitgliedern zusammen: • Ramona Linz und Wilhelm Folberth (stellvertretende Vorsitzende); • Dieter Novy (Kassenwart); • Klaus Servatius (Schriftführer); • Annelore Jungmann, Wilhelm Beer und Stefan Schüller (Beisitzer); • Heidrun Nowak (Kulturreferentin); • Ursula Tobias (Referat für Frauenarbeit); • Udo M. Dieners (Rechtsreferent); • Ingwelde Juchum-Rausch und Anette Juchum (Jugendreferentinnen); • Reinhard Riemer und Johann Müller (Rechnungsprüfer).

2002-2009

Wilhelm Folbert Wilhelm Folberth wurde am 19. Oktober 1937 in Deutsch-Kreuz geboren. 195155 besuchte er das Lehrerseminar in Schäßburg und wirkte anschließend als Grundschullehrer in Keisd, Klosdorf und Deutsch-Kreuz sowie 1960-61 als Rektor in Deutsch-Tekes. 1961-64 war er als Laienkunstpfleger beim Kulturhaus des Rayons Reps für den Fachbereich Vokal- und Instrumentalgruppen zuständig. Nach dem Umzug in die Bundesrepublik (1964) setzte er seine Lehrtätigkeit fort und unterrichtete erst in Seligenstadt und dann an verschiedenen Schulen des MainTaunus-Kreises. Die Steinbergschule in Wilhem Folberth Hofheim leitete er Landesvorsitzender (2002-2009) erst als Konrektor und anschließend bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2000 als Rektor. Schon seit seiner Kindheit begleitete ihn die Musik und so war es für W. Folberth selbstverständlich, sowohl in Siebenbürgen als auch in der neuen Heimat über 20 Jahre lang Chöre und Blasmusikorchester zu leiten. Als Hobby betreibt W. Folberth Siebenbürgische Orts- und Flurnamenforschung. Der Zusammenhalt der Landsleute in der neuen Heimat ist für ihn ein 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 11


Wilhelm Folbert

wichtiges Anliegen. Folgerichtig gründete er auf eigene Initiative 1981 den Heimatverein Deutsch-Kreuz und veröffentlichte 10 Jahre lang jeweils zu Weihnachten als Redakteur und Herausgeber den „Deutsch-Kreuzer-Heimatboten“. Zudem leitete er mehrere Jahre lang die HOG- Regionalgruppe Schäßburg. Mitglied der Landsmannschaft wurde Folberth bald nach seiner Einwanderung (1964). 1998 wurde er zum stellvertretenden Landsvorsitzenden gewählt um dann 2002 das Amt des Landesvorsitzenden zu übernehmen, in dem er 2006 für eine zweite Amtszeit bestätigt wurde. Leider musste er den Landesvorsitz wegen fortschreitender schwerer Krankheit 2009 vorzeitig aufgeben. Als Landesvorsitzender war er stets darauf bedacht, bei allen Entscheidungen den Vorstand mit einzubeziehen und dabei allen Mitgliedern des Gremiums Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten. So ist es nicht erstaunlich, dass W. Folberth die Neugründung der Kreisgruppe Mittelhessen, für die er sich jahrelang eingesetzt hat und die er als die bedeutendste Leistung seiner Amtszeit bezeichnet, nicht als Ergebnis seines Wirkens sieht, sondern als Folge der Bemühungen vieler Vorstandsmitglieder und vor allem der Landsleute aus Mittelhessen. Ungeteiltes Lob gebührt Herrn Folberth allerdings, wenn die Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Landesgruppe Hessen gewertet wird. Diese Publikation hat er alleinverantwortlich recherchiert, zusammengestellt und herausgegeben und damit für die kommenden Generationen ein bleibendes wertvolles Zeugnis über Entstehung, Entwicklung und Wirken Seite 12 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

sowohl des Verbandes als auch der Siebenbürger Sachsen im allgemeinen geschaffen. Dem Landesvorsitz (2002-2006), geführt von Wilhelm Folberth, gehörten an: • Annelore Jungmann (stellvertretende Vorsitzende) • Dieter Novy (Kassenwart); • Klaus Servatius (Schriftführer); • Wilhelm Beer und Imre Istvan (Beisitzer); • Ingwelde Juchum-Rausch (Referat für Jugend und Kultur); • Ursula Tobias (Referat für Frauenarbeit); • Udo M. Dieners (Rechtsreferent); • Johann Müller und Reinhard Riemer (Rechnungsprüfer). Während der 2. Amtszeit von Wilhelm Folberth (2006-2009) gehörten dem Vorstand an: • Ortwin-Reiner Bonfert und Ingwelde Juchum (stellvertretende Vorsitzende); • Sigrid Osmann (Kassenwart) • Klaus Servatius (Schriftführer); • Wilhelm Beer, Imre István, Ramona Linz und Michael Stefani (Beisitzer); • Ingwelde Juchum-Rausch (Referat für Jugend und Kultur); • Ursula Tobias und Maria Herkenhoff (Referat für Frauenarbeit); • Udo M. Dieners (Rechtsreferent); • Uta Martini und Hildegard Sitorius (Rechnungsprüferinnen).


Ingwelde Juchum-Klamer

seit 2009

Ingwelde Juchum-Klamer Seit November 2009 ist Ingwelde Juchum-Klamer (geboren 1973 in Frauendorf ) Vorsitzende des Landes­verbandes Hessen. Bereits wenige Wochen nach ihrer Ankunft in der Bundesrepublik (1988) trat sie dem Verband bei und wurde Mitglied der Siebenbürgischen Jugendgruppe und der Tanzgruppe Neu-Isenburg. Ihr außergewöhnliches Engagement in den Bereichen Jugend– beziehungsweise Kulturarbeit sollte Frau Juchum-Klamer in den folgenden Jahren erfolg­reich unter Beweis stellen:

Seit 1998 gehört Ingwelde JuchumKlamer dem Landesvorstand an, erst als Jugendreferentin, dann als Kulturreferentin und seit 2006 als stellvertretende Landesvorsitzende. Im Laufe ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in den unterschiedlichsten Bereichen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen leistet Ingwelde Juchum-Klamer sowohl auf Bundesebene als auch in Hessen einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft.

1992 gründete sie die Tanzgruppe Offenbach, die sie bis 2000 leitete. Seit 2002 ist sie Mitglied der Sieben­bürgischen Tanzgruppe Pfungstadt. Seit gut zehn Jahren arbeitet Ingwelde Juchum-Klamer im Vorstand der Bundesjugendleitung mit. Als Kulturreferentin und stellvertretende Bundesjugendleiterin war sie hauptsächlich für Veranstaltungen von und für Tanz­ gruppen zuständig. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit lag dabei auf dem Erhalt und der Verbreitung des Volkstanzes. Zwischen 2003 und 2010 organisierte und betreute sie für die SJD die Kinderprogramme an den Heimattagen. In den letzten Jahren wurde ihr die Verbandsarbeit durch die Mitarbeit in den unterschiedlichen Vorständen immer vertrauter. 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 13


Der amtierende Landesvorstand

Der amtierende Vorstand und seine Ziele Seit 2009 bilden den Vorstand unter Leitung von Ingwelde Juchum-Klamer: • Reinhold Sauer, Helmut Schaaser und Julius Baak (stellvertretende Vor­sitzende); • Hildegard Sitorius (Kassenwart); • Klaus Servatius (Schriftführer); • Ramona Linz, Anita Krafft-Daniel, Wilhelm Beer und Klaus Herzog (Beisitzer); • Ingwelde Juchum-Klamer (kommissarisch: Referat für Jugend und Kultur); • Ursula Tobias und Ortrun Maurer (Referat für Frauenarbeit); • Udo M. Dieners (Rechtsreferent); • Ingrid Pelger (Kinderreferat); • Hans Schuller (Referat für Organisation); • Krista Barth und Sieglinde Schrädt (Rechnungsprüferinnen).

Der aktuelle Landesvorstand Seite 14 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

„Wir wollen vorwärts kommen, wir wollen noch einiges bewegen.“ Mit diesen Worten dankte Frau Ingwelde Juchum-Klamer den Delegierten, die sie zur neuen Vorsitzenden der Landesgruppe Hessen bestimmt hatten. Und unterstützt vom aktuellen Vorstand, dem zum ersten Mal Referenten für die Belange der Kinder beziehungsweise für Organisation angehören, setzt die Vorsitzende ihr Versprechen um. Auf der Klausurtagung im Winter 2009 wurde die Arbeit des Vorstandes analysiert und strukturiert. Im Fokus stehen die Förderung der Jugendarbeit und die Stärkung der Kulturgruppen. Die Auftritte der Kinder– und Jugendtanz­gruppen aus Pfungstadt beziehungsweise Kassel beim Heimattag in Dinkelsbühl be­ legen, dass der eingeschlagene Weg der Richtige ist, um das siebenbürgische Vermächtnis im hessischen Alltag am Leben zu erhalten.


Kreisgruppe Bad Homburg

Untergliederungen / Kulturgruppen / Referate Kreisgruppe Bad Homburg Die Gründung der Kreisgruppe Bad Homburg erfolgte am 2.12.1986 unter dem Vorsitz von Martin Guist. Heute gehören dieser Kreisgruppe 94 Mitglieder an. Zwischen 2000 und 2009 setzte sich der Vorstand wie folgt zusammen: • Klaus Servatius (Vorsitzender); • Heidrun Nowak (stellvertretende Vorsitzende); • Hedda Hönig (Kassenwart); • Hans Klein (Beisitzer); • Ingeborg Klein (Kassenprüferin). Den im Dezember 2009 neu gewählten Vorstand bilden folgende Landsleute: • Ingeborg Klein (Vorsitzende); • Klaus Servatius (stellvertretender Vorsitzender); • Krista Borgetto (stellvertretende Vorsitzende); • Hans Klein (Kassenwart); • Adrian Apolzan (Beisitzer); • Marga Reschner und Otilia Bruzak (Rechnungsprüferinnen); • Katharina Schuster (Ersatzrechnungsprüferin). Die regelmäßigen Treffen des Singkreises – einem Pfeiler der Ortsgruppe Bad Homburg – boten den Teilnehmerinnen

Aktueller Vorstand der Kreisgruppe Bad Homburg

nicht nur die Möglichkeit, ihre Freude am Gesang zu finden, sondern auch – in guter siebenbürgischer Tradition – bei Kleingebäck, Kaffee und Tee eine gesellige Zeit zu verbringen. Besinnliche Stunden boten die jährlichen Adventsfeiern, die oft ein Anlass zum Wiederaufleben der Erinnerung an die weihnachtliche Stimmung und die Feste in der alten Heimat waren. Kulturelle Höhepunkte bildeten die Lesungen der Schriftsteller Hans Bergl beziehungs­weise Franz Hodjak. Der aktuelle Vorstand hat sich zum Ziel gesetzt, die Beteiligung der Lands­ leute an den Aktionen der Kreisgruppe Bad Homburg zu erhöhen. Ein breiter gefächertes, gesteigertes Angebot an gemein­samen Unternehmungen soll dies erfüllen. Zu nennen sind zum Beispiel die monatlichen Treffen beim Stammtisch im Restaurant „Sand­ placken“ bei traditionellen rumänischsächsischen Gerichten oder die Fahrt zur Landesgartenschau nach Bad Nauheim.

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Kreisgruppe Darmstadt

Kreisgruppe Darmstadt 25 Landsleute gründeten bereits 1952 die Kreisgruppe Darmstadt mit Bartholomäus Galter als erstem Vorsitzenden. Allerdings existierte sie nur kurze Zeit, da sie wegen geringen Interesses der Mitglieder wieder aufgelöst wurde. Erst 1974 erfolgte die Neugründung auf Vorschlag des Landesvorstandes. Heute beträgt die Mitgliederzahl 170 Landsleute. Die Kreisgruppenvorsitzenden der letzten 10 Jahre waren: • Pfr. Erwin Köber (1993-2002), • Ilse Brenner (2002-2005), • Pfr. Michael Weber (2005-2008), sowie erneut • Pfr. Erwin Köber (seit 2008). Die Schwerpunkte der Tätigkeit des letzten Jahrzehnts lagen auf der Ver­mittlung von kulturellen Angeboten und von Möglichkeiten zum Kennenlernen der neuen Heimat. So wurden neben Theater­ aufführungen beispielsweise Tages­ ausflüge organisiert. Die Reisen trugen auch dazu bei, ein wichtiges Anliegen der jeweiligen Vorstände umzusetzen und zwar, den Landsleuten die Möglichkeit zu schaffen, einander zu begegnen und sich auszutauschen. Das gesellige Beisammensein wurde während der regel­ mäßigen Kaffeenachmittage gepflegt sowie durch die jährlich stattfindenden Weihnachts- und Faschingsfeiern.

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Dem gegenwärtigen Vorstand gehören an: • Erwin Köber (Vorsitzender); • Michael Stefani (stellvertretender Vorsitzender und Kassenwart); • Johann Frank (Kulturreferent); • Hanne Köber (Schriftführerin); • Anna Frank (Beisitzerin); • Ilse Kessler (Beisitzerin). Als oberstes Ziel seiner ehrenamtlichen Tätigkeit hat sich der Vorstand die Beziehung­spflege der Gruppenmitglieder untereinander aber auch das Kennen­lernen lokaler Organisationen und Vereine gesetzt. Immer im Hinblick darauf, bei allen angebotenen Aktivitäten die eigene - siebenbürgische - Identität im Blickfeld zu behalten.


Kreisgruppe Kassel

Kreisgruppe Kassel Die Kreisgruppe Kassel wurde 1950 von 10 Siebenbürgern unter der Leitung von Siegfried Puri gegründet. Seither hat sie eine beachtenswerte Tätigkeit für unsere Landsleute entfaltet. Auch gegen­ wärtig unterbreitet sie allen Mitgliedern, ob Jung oder Alt, ob Frau oder Mann ein umfangreiches Angebot möglicher Aktivitäten. Neben Kulturfahrten und Grillfesten, Bällen und anderen Feierlichkeiten, werden auch Bräuche und Tänze aus der alten Heimat gepflegt.

Die Tanzgruppe Kassel wurde 1993 unter der Leitung von Frau Anni Kuhlmann gegründet. Noch im selben Jahr trat die Tanzgruppe zusammen mit der Sing- und Spielgruppe Kassel bei verschiedenen Veranstaltungen auf und fand seither unter anderem auf dem Hessentag große Beachtung. Der Vorstand der Kreisgruppe Kassel wird auch in Zukunft den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Förderung der Jugend- und Kulturarbeit sowie auf den Erhalt der Traditionen legen.

Dem gegenwärtigen Vorstand gehören an: • Michael Theuerkauf (Vorsitzender); • Mathias Schaser und Martin Schenn (stellvertretende Vorsitzende): • • • • •

Ernst Schuster (Kassenwart); Heidemarie Gärtner (Schriftführerin); Agnetha Schenn (Frauenreferentin); Anni Kuhlmann (Kulturreferentin); Anna Theuerkauf und Gustav Seiller (stellvertretende Kulturreferenten); • Nicole und Maria Seiller, Beate Theuerkauf, Astrid Gräf, Monika Theuerkauf, Agnes Schenn und Werner Streck (Kinderbetreuung); • Dr. Fritzhorst Schmidt (Kassenprüfer).

Kreisgruppenvorstand (2009)

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Kreisgruppe Mittelhessen

Kreisgruppe Mittelhessen Die Kreisgruppe Mittelhessen ist die jüngste im Landesverband. Zwar existierte sie schon einmal in den 80-er Jahren, doch löste sie sich Anfang der neunziger Jahre wieder auf. Am 27.10.2007 gelang die Neugründung. Heute umfasst die Kreisgruppe 240 Mitglieder.

geführt und etabliert, die von vielen Landsleuten gut angenommen werden: • das jährliche Kronenfest in Lollar, • monatliche Seniorentreffen sowie • regelmäßig stattfindende Bälle.

Dem Vorstand gehören an: • Martin Ramser (Vorsitzender); • Franz Schneider (stellvertretender Vorsitzender); • Karin Lingner (Schriftführerin); • Hans-Josef Orend (Kassenwart); • Friedrich Bartha (Beisitzer); • Erika Dörr (Beisitzerin); • Hannelore Müller (Seniorenreferentin); • Helene Schneider und Alfred Lingner (Kassenprüfer) sowie • Hans-Werner Lingner und Alfred Dörr (Ersatzkassenprüfer). Ein Beleg für das erfolgreiche Wirken des Vorstands ist die Gründung der Siebenbürgischen Volkstanzgruppe unter der Leitung von Karin Linger und Brigitte Ramser. Diese Kulturgruppe, der anfangs 5 Paare angehörten, umfasst heute 9 Tanzpaare.

Tanzgruppe Mittelhessen

Auf diesem Wege strebt der Vorstand der Kreisgruppe Mittelhessen sein wichtigstes Ziel an: das sächsische Bewusstsein bei möglichst vielen Landsleuten zu erhalten und an die nächste Generation weiterzugeben.

Zudem wurde eine Theatergruppe ins Leben gerufen, die Stücke in sieben­ bürgischer Mundart aufführen soll. Trotz der kurzen Zeit ihrer Existenz hat die Kreisgruppe Veranstaltungen einAktueller Vorstand Mittelhessen Seite 18 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen


Kreisgruppe Offenbach

Kreisgruppe Offenbach Die Kreisgruppe Offenbach wurde am 21.04.1991 gegründet. Es wurde folgender Vorstand gewählt: • Heinz Plajer (Vorsitzender); • Dieta Wonner und Walter Barth (Stellvertreter); • Walter Stirner, Heinke Reitz, Heinrich Melzer, Erhard Ungar, Ernst Cseh, Artur Linz (Beisitzer);

Kinderausflug (Lochmühle 2007)

Die Kreisgruppe Offenbach umfasst zurzeit 230 Mitglieder. Zwischen 2000 – 2010 bildeten folgende Landsleute den Kreisgruppenvorstand: • Heinz Plajer (Vorsitzender); • Dieta Wonner (Stellvertreter); • Klaus Herzog, Roland Martini, Werner Sitorius (Beisitzer).

Kreisgruppenmitglieder vor der Kuppel des Reichstages

Zu den regelmäßigen Veranstaltungen, die die Mitglieder der Kreisgruppe Offenbach in den letzten zehn Jahren wahrnehmen konnten, gehören vor allem die Seniorentreffen aber auch die jährlich veranstalteten Kinderausflüge sowie die Weihnachtsfeiern. Besondere Erwähnung finden die Ausflüge nach London (2001) oder Berlin (2006) oder das Baumstriezelbacken beim Heimattreffen in Dinkelsbühl. Beim Baumstriezelbacken

60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 19


Kreisgruppe Rüsselsheim

Kreisgruppe Rüsselsheim Die KG Rüsselsheim wurde 1974, im Gasthof „Roter Hahn“ zu Rüsselsheim gegründet. Ihr erster Vorsitzender war Eduard Pieldner. Zurzeit umfasst die Kreisgruppe 151 Mitlieder. Der aktuelle Vorstand setzt sich wie folgt zusammen: • • • • •

Julius Baak (Vorsitzender); Hans Guist (2. Vorsitzender); Hermann Seiler (Kassenwart); Annemarie Borger (Schriftführerin); Hilda Pohl und Johann Binder (Beisitzer ); • Karl-Heinz Pohl und Katharina Gabel. (Kassenprüfer); • Susanne Maurer und Rosina Gierlich (Kinderbetreuung) Der Vorstand legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Pflege des Brauchtums und auf die Einbindung von Kindern und Jugendlichen in den Verbandsalltag.

Kinderfasching mit Eltern

Integration in das kulturelle Leben der Stadt Rüsselsheim unter Beibehaltung der spezifisch siebenbürgischen Akzente an. Durch regelmäßige gemeinsame Veranstaltungen mit den benachbarten Kreisgruppen und mit der Landesgruppe in Zusammenarbeit mit den Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim wird die Kreisgruppe Rüsselsheim auch in Zukunft eine tragende Säule im Leben unseres Verbandes bleiben.

Die vierzehntägig stattfindenden Treffen des Singkreises, die regelmäßigen Treffen der Senioren, die jährlich veranstalteten Ausflüge sind ebenso ein Beleg für ein reges Verbandsleben wie die Ausflüge der Kindergruppe, wie Faschingsfeiern, Herbstball und Sommerfest oder die Tanzveranstaltungen mit kulturellem Programm. Vorstand und Mitglieder der Kreis­gruppe streben zudem die volle Kulturelle Veranstaltung mit den Rüsselsheimer Musikanten

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Kreisgruppe Wiesbaden

Kreisgruppe Wiesbaden Die Kreisgruppe Wiesbaden ist die zahlenmäßig kleinste des Landesverbandes Hessen. Den aktuellenVorstand bilden folgende Landsleute:inhold Sauer (Vorsitzender); • Reinhold Sauer (Vorsitzender); • Ingrid Gunesch (stellvertretende Vorsitzende); • Petra Volkmer (Schriftführung); • Ingrid Schieb (Kassenwart); • Hans Hamrich (Beisitzer); • Erwin Füger (Beisitzer); • Johann Gunesch und Ruth Barth (Rechnungsprüfer); • Dietlinde Hübner (Ersatzrechnungsprüferin). Im Laufe der Jahre haben sich eine Reihe von Veranstaltungen in der Kreisgruppe

etabliert, die im Haus der Heimat stattfinden: der Faschingsball, die Muttertagsfeier, der Traubenball und die Weihnachtsfeier. Mit Vergnügen trifft man sich jährlich im Sommer beim Grillfest. Die geringe Zahl der Mitglieder ermöglicht es in letzter Zeit leider nicht mehr, gemeinsame Busfahrten, zum Beispiel zum Heimattag, zu unternehmen.

Beim Grillfest 2009

Traubenball 2009 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 21


Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim

Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim Die Rüsselsheimer Blaskapelle wurde bereits 1984 durch Wilhelm Beer, Julius Baak und Hans Wagner gegründet. Ihr gehören heute 20 Musiker an.

Blaskapelle Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim

Den Vorstand der Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim bilden seit dem Jahr 2000: • Michael Mangesius (erster Vorsitzender); • Gerhard Weber (zweiter Vorsitzender); • Michael Müller (Kassenwart); • Gerhard Stock (Beisitzer). Die Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim haben sich nicht nur inner­ halb des Verbandes einen Namen gemacht, sondern werden als aktiver Kultur­ träger der Stadt Rüsselsheim geachtet. Das belegen die zahlreichen Auftritte sowohl in der Stadt Rüsselsheim als auch bei den Veranstaltungen der Kreisgruppe Rüsselsheim, der Landesgruppe Hessen sowie bei vielen anderen Gelegenheiten, bei denen Freunde der Blasmusik zusammenkommen. Seite 22 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

Hervorzuheben sind zudem die Auftritte beim Heimattag in Dinkelsbühl, auf den Hessentagen oder bei Veranstaltungen des Bundes der Vertriebenen. Als Sieger beim Blaskapellenwettbewerb für Musik im böhmischmährischen Stil (Urbar am Rhein, 2008) nahmen die Rüsselsheimer ihr Publikum in besonderem Maße für sich ein. Doch auch international ist die Forma­ tion erfolgreich. Auf ihren Konzert­reisen in die USA und nach Kanada, bei den Auftritten in Italien, Spanien, Ungarn und Südkorea gelang es ihnen, ihr An­ liegen umzusetzen: Die siebenbürgische Blasmusik als Bestandteil der deutschen Kultur zu erhalten und einem breiten Publikum vorzustellen.

Blaskapelle Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim


Pfungstädter Tanzgruppen

Pfungstädter Tanzgruppen Die „Siebenbürgische Tanzgruppe Pfungstadt“, geleitet von Anitta Krafft-Daniel, wurde 1994 gegründet. Sie besteht aus 15 aktiven Mitgliedern. Diese tragen Trachten aus verschiedenen Regionen Siebenbürgens: aus Groß-Scheuern, Malmkrog, Hamruden, Frauendorf und Marpod. Die Tänzerinnen und Tänzer treffen sich jeden Donnerstag zu Proben in Pfungstadt-Eschollbrücken und bereiten sich mit viel Freude an der Sache auf ihre Auftritte, beispielsweise für den Verband der Siebenbürger Sachsen oder den Bund der Vertriebenen vor. Die Gruppe tanzt aber auch auf Festen in der Region, auf Privatveranstaltungen und natürlich auch bei Tanzwettbewerben.

Die „Siebenbürgische Kindertanzgruppe Pfungstadt“ wurde 2007 gegründet und besteht aus 22 Kindern im Alter von 5 bis 14 Jahren. Geleitet wird sie von Hilda Zall und Metta Brusch. Die Tänzerinnen und Tänzer tragen die siebenbürgische (blaue) Kindertracht. Sie treffen sich einmal in der Woche, jeweils freitags, in Pfungstadt-Eschollbrücken zum Proben.

Kindertanzgruppe Pfungstadt beim Waldfest in Neu-Isenburg (2010)

Die Kindertanzgruppe ist häufig auf Veranstaltungen anzutreffen, mit Hilfe der Eltern werden aber auch eigenständige Feste organisiert, so dass regelmäßig viele gemeinsame Unternehmungen stattfinden. Siebenbürgische Trachten

Die Feste und Tanzbälle sowie die Ausflüge und Feiern, an denen sich die Mitglieder der Tanzgruppe gemeinsam beteiligen, sprechen für den Zusammenhalt und das gute Verständnis, das die Tänzerinnen und Tänzer verbindet.

60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 23


Frauenreferat der Landesgruppe Hessen

Frauenreferat der Landesgruppe Hessen Seit der Gründung des Verbandes haben sich zwei Aufgabenbereiche entwickelt, die im Fokus des Frauenreferats stehen: die Beschäftigung mit Aufgaben auf Landesebene und die Betreuung des Frankfurter Seniorinnenkreises.

Karin Scheiner beim Verzieren der Lebkuchen (Foto: Tobias)

1. Aufgaben auf Landesebene: Seit 1992 wird diese Tätigkeit von Ursula Tobias organisiert, die 2006-2009 von Maria Herkenhoff und seit 2009 von Ortrud Maurer unterstützt wurde. Sie organisieren Kulturtagungen zu unterschiedlichen Themen für einen offenen Kreis von in Hessen lebenden Siebenbürgerinnen. Edith Bartha, Christa Heinrich, Gertrud Istvan, Maria Rampelt, Karin Scheiner und Hertha Tetzel beteiligen sich tatkräftig an Organisation und Durchführung der Veranstaltungen, die regelmäßig von 20-30 Teilnehmerinnen besucht werden.

Buchbesprechung: • „Die glücklichen Augen“ von Erwin Wickert, vorgestellt von Christa Heinrich; Referate: • „Als Frau, Journalistin und Deutsche in Rumänien leben“ von Beatrice Ungar (Hermannstadt); • „Möglichkeiten und Wege, wie Hilfsgüter aus Deutschland Hilfe zur Selbsthilfe werden können“ von Gabriela Brătănescu (Fogarasch); • „Siebenbürgische Wurzeln im Frausein heute“ von Maria Rampelt; • Lebkuchen für Weihnachten gemeinsam backen und verzieren stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung, bei der die Teilnehmerinnen die siebenbürgische Backtradition wieder aufleben ließen. Stadtrundgang • Unter dem Motto „Nicht nur Kinder, Küche und Kirche- Frauenleben in Frankfurt“ wurde die Main-Metropole erfolgreich erkundet.

Schwerpunkte/Themen: zum Beispiel: Während der Führung durch den Frankfurter Dom Seite 24 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen


Frankfurter Seniorenkreis

2. Frankfurter Seniorinnenkreis Schon in den ersten Jahren seit Bestehen der Landsmannschaft in Hessen trafen sich Siebenbürgerinnen reihum privat.

worden. Dabei ist die siebenbürgische Kuchentheke, bei der Selbstgebackenes angeboten wird, zu einem Publikumsmagneten geworden.

Zu den ersten Frauenreferentinnen gehörten Maria Zier, Melitta Lukas, Hertha Henning, Hertha Marzell, Frau Kenst, Ingeborg Schliwa und Hilde Kissel.

Weihnachtsbasar 2009: Ursula Tobias (rechts, Maria Herkenhoff (links) (Foto: Wartusch)

Siebenbürger Seniorinnen 2004 (Foto Bokker-Barth)

Gertraut Salmen übernahm im Jahr 1991 die Frankfurter Seniorinnengruppe von Hilde Kissel und führte diesen gemeinsam mit Ursula Tobias seit 1992. Ursula Tobias, Gertrud Salmen (gestorben 2010) und Maria Herkenhoff leiteten in den letzten zehn Jahren den Seniorinnenkreis, zu dem sich etwa 20 Teilnehmerinnen aus Frankfurt und Umgebung an jedem 2. Donnerstag im Monat in den Räumen der St.-Katharinen-Gemeinde (Frankfurt/M) treffen. Schwerpunkte sind dabei: geselliges Beisammensein mit Gedankenaustausch, Vorträge, Ausflugsfahrten, Feste etc. Der Seniorinnenkreis ist ein integrativer und fester Bestandteil des Weihnachtsbasars der St.-Katharinen-Gemeinde ge-

Am Siebenbürgischen Verkaufsstand mit vielerlei handgearbeiteten Dingen werden unter anderem Handarbeiten, Marmeladen, Quittenkäse und vieles mehr angeboten. Zudem unterstützt der Frankfurter Seniorinnen­k reis den Bistritzer

Kuchentheke der Siebenbürger Frauengruppe (2009) (Foto: Wartusch)

60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 25


Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.

Handarbeits­k reis bei der Hilfe zur Selbsthilfe, indem dort gefertigten Handarbeiten auf dem Frankfurter Basar verkauft werden und anschließend der Erlös nach Bistritz überwiesen wird. Das Interesse am Seniorinnenkreis nimmt zu, und so manche Teilnehmerin nimmt weite Wege in Kauf, um bei den Veranstaltungen dabei zu sein.

Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. Landsmannschaften sind „[...] nach 1945 entstandene Zusammenschlüsse, in denen sich Vertriebene aus den früheren Ostgebieten des Deutschen Reiches und aus dem östlichen Europa auf der Basis ihrer Herkunftsregionen organisiert haben. [...] Seit 1957 sind die Landsmannschaften im Rahmen des Bundes der Vertriebenen, Vereinigte Landsmannschaften und Landesverbände, organisiert.“ Geschichtlicher Überblick Bereits Anfang Januar 1945 wird in Vaterstetten bei München eine Betreuungs­stelle für die Südostdeutschen Flüchtlinge eingerichtet. Nach Kriegsende werden alle Einrichtungen, die sich mit der Betreuung der Landsleute beschäftigen, untersagt. Durch das Verbot der Schaffung von Vereinen oder Institutionen der Ausgewiesenen ist die Gründung von Landsmannschaften nicht möglich. Eine Betreuung der Flüchtlinge wird unter dem Dach der Caritas beziehungsweise des Evangelischen Hilfswerks ermöglicht. Nach der Verkündung des Grundgesetzes gründen am 26. Juni 1949 in München Siebenbürger Sachsen und evangelische Banater Schwaben den Verband der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, aus dem am 11. Februar 1950 der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland hervorgeht, der dann unter dem Namen

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Geschichtlicher Überblick des Verbandes und Zielsetzungen

Landsmannschaft die Form eines e.V. annimmt.

Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts,

1950 wird die Siebenbürgische Zeitung gegründet, die ein „[...] Vermittler sieben­bürgischer Nachrichten in weites­ tem Sinne, insbesondere Sprachrohr für Anliegen in innenpolitischen und heimatpolitischen Fragen [...]“ ist.

b) Beratungen der Mitglieder in allen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen, sowie Unterstützung und Wahrung ihrer Rechte,

1952 wird in Rimsting unter der Obhut der Landsmannschaft das erste Siebenbürgische Altenheim gegründet. Später erfolgen die Gründungen der Altenheime in Gundelsheim a.N., Wiehl-Drabenderhöhe, Osterode/Harz und Lechbruck im Allgäu. Im Altenheim auf Schloss Horneck in Gundelsheim werden außerdem das siebenbürgische Archiv, die Siebenbürgische Bücherei und das Siebenbürgische Museum eingerichtet. 1962 wird der Arbeitskreis für Sieben­ bürgische Landeskunde gegründet.

c) Pflege und Förderung des Kulturerbes der alten Heimat, der Wissenschaft und Kunst der Siebenbürger Sachsen, gleich wo sie leben, d) die Förderung der Jugendarbeit, e) Schaffung und Förderung von Einrichtungen der sozialen Hilfe.“ Der Verband sieht es als seine Auf­gabe an, die Integration der Sieben­bürger Sachsen in Deutschland zu fördern, den in Siebenbürgen Ver­bliebenen zu helfen und das kulturelle Erbe, die Traditionen zu erhalten.

2007 wird der ursprüngliche Name, Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., wieder angenommen. Zielsetzungen „Die Landsmannschaft der Sieben­ bürger Sachsen ist ein ideeller Verein zum Zweck der Förderung der Fürsorge für Vertriebene im Sinne des BVFG und der Heimatpflege. Dieses soll erreicht werden durch: a) Die Zusammenfassung der Siebenbürger Sachsen in Deutschland zur Vertretung ihrer gemeinsamen Belange in der Öffentlichkeit, insbesondere vor 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 27


Die Landesgruppe Hessen stellt sich vor

Die Landesgruppe Hessen stellt sich vor Bereits vor dem ersten Weltkrieg lebten einzelne Siebenbürger Sachsen in Hessen, die nach dem Studium oder nach den Lehr- und Wanderjahren hier eine Stellung annahmen oder sich hier verheirateten. Sie pflegten auch schon Kontakte untereinander. Nach dem 2. Wiener Schiedsspruch (1940) zogen Rücksiedler aus Nordsiebenbürgen zu. Schließlich kamen Landsleute nach ihrer Entlassung aus der deutschen Wehrmacht oder aus der Gefangenschaft nach Hessen. Später folgten die Jugendlichen, die Frauen und Männer, die aus Sieben­ bürgen zur Zwangsarbeit nach Rußland verschleppt worden waren und Jahre später nach Deutschland entlassen wurden. Im Zuge der Familienzusammenführung kamen weitere Aussiedler. Dieser Zuzug erreichte nach dem Sturz Ceauşescus (1989) einen Höhepunkt und ist heute fast abgeschlossen. Es kommen kaum noch Siebenbürger Sachsen in die Bundesrepublik. Pfarrer Harald Müller begann 1946 seine Landsleute in Hessen zu sammeln. 1948 wurde ein erstes großes Treffen der Sieben­bürger Sachsen Hessens in Marburg organisiert. Im Anschluß an eine imponierende Feier zur 800-jährigen Wiederkehr der Ansiedlung von Deutschen in Siebenbürgen wurde die Landesgruppe Hessen gegründet. Gründungsvorsitzender war Gerhard Gross aus Buchschlag. Bei den ersten Wahlen am 26. November 1950 wurde Dr. Georg Gunesch, Frankfurt am Main, zum Landesvorsitzenden Seite 28 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

gewählt. Dieses Ehrenamt übte er 18 Jahre lang aus. Am 28. Juni 1968 löste Johann Riemer, Neu-Isenburg, ihn in diesem Amt ab. Auch er führte die Landes­gruppe 18 Jahre lang. Er legte am 15. März 1986 für 12 Jahre das Schicksal der Landesgruppe in jüngere Hände, nämlich in die von Dipl.-Ing. Wilhelm Beer. Nach W. Beer führten Heinz Plajer und Pfarrer Erwin Köber zwei Jahre lang (1996-1998) kommissarisch den Vorsitz der Landesgruppe Hessen, ehe Pfarrer Imre István, zum Landesvorsitzenden gewählt wurde. Von 2002-2009 leitete Wilhelm Folberth den Landesvorstand und seit 2009 steht ihm Ingwelde Juchum-Klamer vor. 2007 wurde die Bezeichnung „Landsmannschaft“ im Namen des Vereins durch „Verband“ ersetzt. Im Jahreslauf finden verschiedene Veranstaltungen auf Landes- und Kreisebene zur Erhaltung und Weitergabe unseres Kulturgutes statt, aber auch zur Festigung des Zusammengehörigkeitsgefühls und zur Pflege der Geselligkeit. Öffentlichkeitsarbeit ist dem hessischen Verband wichtig. Die Teilnahme an den Hessentagen, an Veranstaltungen im Hessenpark und bei Stadtfesten z.B. in Neu-Isenburg und Rüsselsheim belegen das. Der siebenbürgische Beitrag im Hutmuseum des Gotischen Hauses in Bad Homburg mit der Brauchtums­ darbietung zur Kopfbedeckung der Frauen und Mädchen und der Bewirtung der vielen Gäste mit siebenbürgischen Spezialitäten fand weithin große Be­ achtung.


Die Pflege guter Beziehungen zur den Vertretern der hessischen Landespolitik sowie zu den Kommunen ein Anliegen des Landesvorstands. Im Zuge des Kulturaustausches der Föderation der Siebenbürger Sachsen fanden mehrere Veranstaltungen mit Kulturgruppen aus Kanada und den USA statt. Die sächsischen Tanzgruppen und Blaskapellen aus Hessen beteiligen sich auch regelmäßig an Veranstaltungen in anderen Bundesländern und im Ausland (Ungarn, Italien). Die Arbeit der Landesgruppe wird über die Geschäftsstelle in 63263 Neu-Isenburg, Friedrichstraße 43, koordiniert. Die 1200 Mitglieder der Landesgruppe Hessen sind in 7 Kreisgruppen organisiert: Kreisgruppe Kassel, Mittelhessen, Wiesbaden, Bad Homburg, Offenbach, Rüsselsheim und Darmstadt.

Zurzeit sind im Rahmen der Landes­ gruppe Hessen folgende Kulturgruppen aktiv: • Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim, • Siebenbürger Musikanten Pfungstadt, • Tanzgruppen Kassel, Mittelhessen sowie die Erwachsenen- und die Kindertanzgruppe Pfungstadt. nach: Dr. Roswitha Guist, Die Landesgruppe Hessen stellt sich vor, Rede zum Herbstball 1996

Mitglieder des Landesvorstandes beim Besuch des Hessischen Landtags (2010)

60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 29


Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen

Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen 1. Siebenbürgen – Lage, Landschaft, Frühgeschichte Siebenbürgen ist eine deutlich umrissene Einheit, ein Hochland von 300-800 m Höhe, umgeben vom Ring der Karpaten. Drei die Donau speisende Flüsse (Alt, Mieresch und Somesch) mit ihren Nebenflüssen durchfließen diese Landschaft hauptsächlich nach Westen zur Ungarischen Tiefebene, der Theiß zu. Dieses, vom Wall der Karpaten um­gebene freundliche Hochland, hat den lateinischen Namen Transsilvanien („Land jenseits des Waldes“) erhalten. Von der Donau-Theiß-Ebene her gesehen, nannten die Ungarn das Land jenseits des Biharer Gebirges im 11. Jahrhundert Erdeelw (= erdƒ-elve), Land jenseits des Waldes. Gleiche Bedeutung weisen die lateinischen Namen Transsilvania und Ultrasilvana auf. Aus magyaeisch Erde-elve entwickelten die Rumänen ihren Namen: Ardeal. Somit weicht allein die deutsche Bezeichnung Siebenbürgen von allen übrigen ab. Ihren Sinn zu ergründen, hat unsere Historiker und Sprachforscher viel Schweiß gekostet, ohne dass sie eine befriedigende Lösung vorlegen können. Wahrscheinlich behält am Ende doch der westfälische Sprachgelehrte Friedrich Woeste (1807 - 1878) Recht. Er schrieb: „siǝwen, jenseits. he es‘ half siǝwen = er ist toll und voll. [bedeutet eigentlich ’er ist halb jenseits‘ sc.: im totenreiche, welches sich die alten jenseits des grosSeite 30 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

sen wassers dachten. Die Engländer sagen dasselbe deutlicher mit ,he is half seas over‘ = er ist halb see über, vgl. kopfüber. auch im namen Siebenbirgen steckt sieben = trans; es ist nichts als übersetzung von erdely orszag1 , transsylvania, (land) jenseits des waldgebirges2.]“ Ohne jede Begründung erklärte der siebenbürgische Germanist Johann Wolff Woestes Erklärung schon 1886 für „erfunden“. Tatsache bleibt jedoch, dass Woestes Ansicht als einzige mit der Bedeutung des Landesnamens in den übrigen genannten Sprachen gleichzieht. Seit Wolff Äußerung hat sich niemand mehr dieses Wortes angenommen. Der Name Siebenbürgen entstand bald nach der Ansiedlung der Deutschen vor 800 Jahren und galt zuerst nur für die Zibinsebene um Hermannstadt, umfasste später das Gebiet der Sieben Stühle 3 und wurde schließlich der deutsche Landesname. Diese Landschaft ist seit der ältesten Steinzeit bewohnt, das gemäßigte Klima, die wildreichen Wälder und fischreichen Gewässer, der fruchtbare 1 magyarisch ország: = Land, Reich, Staat (magyar ország = ungarischer Staat, Ungarland, Ungarn; szomszédos ország = Nachbarland) 2 Woeste Friedrich: - a.a.O., s.v. siǝwen, S. 236; (Hervorhebung durch Fettdruck: W. Folberth) 3 Stühle: - Gericht- und Verwaltungsforum im mittelalterlichen Königreich Ungarn Sieben Stühle: Bezeichnung für Brooser, Mühlbacher, Reußmarkter, Leschkircher, Großschenker, Schäßburger und Repser Stuhl


Siebenbürgen – Lage, Landschaft, Frühgeschichte

Terrassenboden, Salz und Erze lockten immer neue Völker mit immer höheren Kulturen an. Um das Jahr 1.000 v.Ch. siedelten hier geto-dakische Stämme4 , die im Jahre 106 n.Ch. von den Römern unterworfen wurden. Die römische Provinz Dacia5 wurde wirtschaftlich und militärisch erschlossen; im Laufe von 150 Jahren wurden Städte, Militärlager, Straßen und Bergwerke errichtet. Siedler von der Balkanhalbinsel und aus Kleinasien sowie Veteranen wurden angesiedelt, Latein wurde die Verwaltungssprache, es entwickelten sich Ackerbau, Viehzucht, Bergbau, Handel, Handwerk und Verkehr in dieser Dacia felix. Nach 235 begannen die Einfälle und Raubzüge der Wandervölker, vor allem der Goten, so dass Kaiser Aurelian im Jahre 271 die Provinz räumte. Beamte, Städter, Veteranen, Soldaten verließen das Land. Nur in den abgelegenen kleinen Siedlungen blieb eine christliche dako-romanische Bevölkerung zurück, die aber im Laufe von Jahrhunderten dezimiert wurde. Sieben Jahrhunderte drangen nacheinander germanische, asiatische und slawische Stämme in Siebenbürgen ein, verweilten hier und slawisierten die restliche Urbevölkerung bis zum l0.Jahrhundert, als auch die Walachen, rumänische Wanderhirten von der Balkanhalbinsel, zuzogen. Ebenso ließen sich damals Bulgaren und Petschenegen6 hier nieder und bildeten kleine politische Organisationen (Knezate und 4 geto-dakische Stämme: - gehören zu den Thrakern (germanischer Stamm) 5 Dacia: - römische Provinz (1Jh.v.Ch. – 3. Jh.n.Ch.) auf dem Gebiet Siebenbürgens 6 Petschenegen: - nomadisches Turkvolk

Wojwodschaften), die sich dem Ansturm der Ungarn (Magyaren) aus dem Westen erwehren mussten, schließlich von diesen unterworfen wurden. Die Magyaren, ein finno-ugrisches Reitervolk, hatten 895 die Pannonische Tiefebene in Besitz genommen. Von hier aus unternahmen sie im l0.Jahrhundert Beutezüge durch ganz Süd- und Mitteleuropa, von Byzanz bis Rom und Tarent, Burgund, Paris, Spanien, bis sie 955 auf dem Lechfeld bei Augsburg vom Ritterheer Otto des Großen besiegt wurden. Sie suchten Kooperation mit dem fortschrittlichen Westen, wurden unter Stephan dem Heiligen 7 christianisiert. Es entstand ein Königreich, das nach westlichem Vorbild organisiert war. Die Expansionsbestrebungen der Magyaren richteten sich nach Osten, wo Siebenbürgen wegen seiner Bodenschätze (Salz und Edelmetall), aber auch als natürliches Bollwerk gegen die östlichen Steppenvölker strategisch wichtig erschien.

2. Die Siebenbürger Sachsen Die Magyaren eroberten im 10. Jahrhundert Westsiebenbürgen im Kampf mit den bodenständigen Wojwoden, dann nahmen sie den Petsche­negen auch Mittelsiebenbürgen ab. Im 12. Jahrhundert drangen sie bis zum Alt vor und im 13. Jahrhundert er­reichten sie den südostlichen Karpatenwall.

7 Stephan der Heilige: - König von Ungarn (1000-1038), forcierte den Aufbau einer christlichen Monarchie 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 31


Die Siebenbürger Sachsen

Bei jeder Gebietsvergrößerung blieb ein Streifen Ödland zurück, denn die Szekler8 Grenzwächter folgten zum neuen Grenzwall. Aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen war die Besiedlung dieses Ödlandstreifens, des Königsbodens9, eine Notwendigkeit. Deshalb wurden Bauern und Handwerker aus Westeuropa als Siedler angeworben. Nach der Ansiedlung von deutschen Bergleuten nach Rodenau, Topesdorf, Großschlatten, Altenberg und Offenburg 10 folgte im 12. Jh. unter König Geisa II. 11 die systematische Besiedlung durch deutsche hospites, ,,Gäste“. In Westeuropa führten damals Miss­ ernten, Seuchen, Überschwemmungen und Kriege zur Verarmung der Bevölkerung. Leibeigenschaft, Erbrecht nur des Erstgeborenen trugen mit dazu bei, dass viele dem Ruf nach Osten in die Freiheit folgten. Es war die Zeit der deutschen Ostkolonisation. Die Lokatoren12 versprachen persönliche Freiheit und Freizügigkeit, vererbbaren Grundbesitz, freie Richter- und Pfarrerwahl, Freijahre bis zu den ersten Abgaben an den König und keinen Frondienst, so dass viele den Werbern hoffnungsvoll folgten. Die Kolonisten waren verschiedener landschaftlicher Herkunft: Sie stammten vor 8 Szekler: - magyarischer Volksstamm 9 Königsboden: - Gebiet, das keinem Grundherrn gehörte 10 Rodenau: - mittelalterliche Bergwerksorte in Siebenbürgen 11 Geisa (Géza) II.: - König von Ungarn (1141-1162) 12 Lokatoren: - im Mittelalter ein Adliger oder Bürgerlicher, der im Auftrag eines Landes- oder Grundherren Dorf- oder Städtegründungen durchführt Seite 32 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

allem aus dem mittelfränkischen RheinMoselgebiet, aus Lothringen, Flandern und auch aus den übrigen deutschen Landen. Auch Wallonen waren dabei. Die Siedler wurden von der ungarischen Hofkanzlei ursprünglich „teutonici“, dann „flandrenses“ und schließlich „saxones“ genannt. Diese Siedler erhielten tatsächlich das weitestgehende Siedlerrecht in Osteuropa. Die Lokatoren, die die einzelnen Gruppen anwarben und ansiedelten und anschließend auch die Führungsschicht der neuen Siedlungen bildeten, hießen Gräfen und entstammten wohl der deutschen Ministerialität. Die ersten Ansiedlungen erfolgten am Fuße des Siebenbürgischen Erzgebirges bei Weißenburg, dann im Unterwald, im Altland (Hermannstadt) und im Harbachtal. Im Jahre 1224 bestätigte König Andreas II. im ,,Goldenen Freibrief der Sieben­ bürger Sachsen“ all ihre Rechte, die bis l867 in Kraft blieben und immer wieder von Königen bestätigt wurden. Im Jahre 1211 berief der König den Deutschen Ritter­orden nach Siebenbürgen und belehnte ihn mit dem Burzenland13 , um die Pässe über die Bogenkarpaten zu schützen, um das Burzenland zu kolonisieren und um die katholische Kirche auch jenseits der Karpaten anzusiedeln. Die Ritter bauten Burgen und brachten Siedler aus dem Alten Land14 sowie aus Thüringen und anderen Gegenden 13 Burzenland: - Gebiet im Südosten Sieben­ bürgens 14 Altes Land: - südliches Siedlungsgebiet in Siebenbürgen


Die Siebenbürger Sachsen

Deutschlands. Hauptsitz war Marienburg. Es entstanden blühende Dörfer. Doch die Ritter hielten sich nicht an das Lehensabkommen, sondern beabsichtigten, einen Ordensstaat unter dem Patronat des Papstes zu gründen und wurden deshalb im Jahre 1225 aus dem Land vertrieben, siedelten sich dann im Baltikum an, wo sie ihren Ordensstaat um die dortige Marienburg errichteten. Das blühende Wirtschaftsleben der jungen Siedlungen wurde im Jahre 1241 brüsk beendet, als die Reiterhorden der Tataren (Mongolen) gleichzeitig durch mehrere Karpatenpässe in Siebenbürgen einfielen, plünderten, nieder­brannten und töteten. Nach ihrem Rückzug blieb ein ausgeblutetes Ruinen­land zurück. Nur wenige Bewohner hatten sich in die Wälder retten können. Der König berief neue Einwanderer aus dem Deutschen Reich. Es folgte eine zweite Einwanderungswelle, die nicht nur zur Aufstockung der Bevölkerung des Alten Landes und des Burzenlandes beitrug, sondern durch die auch das Kokel­gebiet, die Zwei Stühle 15 und Schäßburg gegründet wurden. Viele dieser Neugründungen lagen auf dem Boden von ungarischen Adligen und genossen daher nicht alle freiheitlichen Rechte der Siedler auf dem Königsboden. Die Siedlungen der Zwei Stühle konnten sich erst nach 200 Jahren dem freien Sachsenland anschließen. Der Mongoleneinfall hatte die Unwirksamkeit der alten Grenzsicherungen gezeigt, so dass eine Neuordnung der Landesverteidigung notwendig wurde, die sich auf befestigte Städte stützte. 15 Zwei Stühle: - Verwaltungseinheit der Stühle Mediasch und Schelk

Daher wurde die Entwicklung und Befestigung von Hermannstadt, Kronstadt, Mühlbach und Bistritz gefördert, die an wichtigen Handelsstraßen lagen. In diesen Zentren entwickelten sich nun das Handwerk und der Handel mit dem Orient und den Ländern am Schwarzen Meer. Es erfolgte der Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft. Auch die Landwirtschaft mit der Dreifelderwirtschaft16 machte große Fortschritte, ihre Produkte wurden im euro­päischen Warenverkehr gehandelt. Die Städte, in denen die Handwerker in 19 Zünften 25 Gewerbe ausübten, wurden zu wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkten und übernahmen Verfassung und Rechtsformen des Abendlandes. Das sächsische Siedlungsgebiet umfasste die Sieben Stühle der Hermannstädter Provinz, die Zwei Stühle die Distrikte Burzenland (mit Kronstadt) und das Nösnerland (mit Bistritz). Diese Verwaltungseinheiten wuchsen 1486 zur Sächsischen Nationsuniversität17 (Universitas saxonum) zusammen, an deren Spitze der Comes (Sachsengraf ) stand. Neben den freien Szeklern und dem ungarischen Adel bildeten die Sachsen die dritte ständische Nation, die im Landtag in Klausenburg vertreten war.

16 Dreifelderwirtschaft: - Bewirtschaftung einer Flur in dreijährigem Wechsel mit der Fruchtfolge Wintergetreide, Sommergetreide sowie einer anschließenden beweideten Brache 17 Nationsuniversität: - oberste politische Verwaltungs- und Gerichtsbehörde der Siebenbürger Sachsen zwischen 1486 und 1876 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 33


Siebenbürgen zur Zeit der Türkenkriege

3. Siebenbürgen zur Zeit der Türkenkriege

gotische Architektur in Kirchen und an Rat- und Patrizierhäusern.

Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts wuchs die Bedrohung durch das türkische Reich. Die Siebenbürger Sachsen ummauerten ihre Städte, bauten in den Dörfern die Kirchen zu Festungen um, es entstand das in seiner Dichte einmalige System von Wehrkirchen. Hermannstadt und Kronstadt wurden zu fast uneinnehmbaren Festungen mit großen Waffenarsenalen. 1395 fielen die Osmanen18 zum ersten Mal in Siebenbürgen ein und verwüsteten das Burzenland.

In den folgenden Türkenabwehrkämpfen waren die ungarischen Könige selten siegreich. In der Schlacht von Mohàcs, 1526, errangen die Türken einen entscheidenden Sieg, besetzten während der nächsten drei Jahre fast ganz Ungarn und standen vor Wien. Ungarn wurde für fast 150 Jahre ein türkisches Paschalik19 , Siebenbürgen ein autonomes Fürstentum unter türkischer Oberhoheit. Im freien Restungarn trat ein Habsburger die Herrschaft an.

Nach 20-jähriger Pause wurde Siebenbürgen Ziel wiederholter türkischer Einfälle und Beutezüge. Im Jahre 1438 erfolgte ein türkischer Großangriff, Mühlbach und Broos wurden zerstört, die Einwohner in die Sklaverei verschleppt - beide Städte erholten sich von diesem Schlag nicht mehr. Nur Hermannstadt widerstand einer monatelangen Belagerung.

Trotz Bedrängnis, Kriegsnot und Kampf bauten die Siebenbürger Sachsen ein gut entwickeltes Schulsystem auf, von dem zahlreiche siebenbürger Studenten an westeuropäischen Universitäten Zeugnis ablegten. Ebenso entwickelte sich die

Im 16. und 17. Jahrhundert wurde Siebenbürgen in das Ringen zwischen Habsburgern, Türken und Siebenbürger Fürsten hineingerissen. Kriegsheere durchzogen das Land, plünderten, Subventionen mussten gezahlt werden. Die Wirtschaft lag darnieder, die Handelswege waren von Türken blockiert, soziale Konflikte erschütterten die Städte, Plünderungen, Hungersnöte, Seuchen wechselten einander ab. Die Äcker konnten kaum bestellt werden, Ernten wurden vernichtet, der Viehbestand dezimierte sich, hohe Abgaben, Tribut an die Türken und Korruption belasteten die Steuerzahler, nicht aber den Adel. Türkische, tatarische, kosakische, walachische und moldauische Heere fielen ins Land, sogar die kaiserlichen Söldner traten als Plünderer in Erscheinung. Der eigene Fürst, Gabriel Bàthory, besetzte 1613 Hermannstadt und tyrannisierte es. 1695 standen im Sachsenland in 228 Ortschaften 6.000 verwüstete Höfe. In den entvölkerten Ortschaften ließen sich Rumänen nieder.

18 Osmanen: - Türken

19 Paschalik: - Amtsbezirk eines Paschas

Der osmanische Überraschungsangriff auf Hermannstadt von 1493 konnte nur das Hermannstädter Umland verwüsten, die Stadt sowie die Kirchenburgen widerstanden auch diesmal. Das beutebeladene Türkenheer wurde anschließend vor dem Roten-Turm-Pass von den Hermannstädter Bürgern unter dem Bürgermeister Georg Hecht vernichtend geschlagen.

Seite 34 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen


Siebenbürgen als Teil des Habsburgerreiches

Die sächsische Gemeinschaft konnte diese Tiefzeit nur durch erstarktes Selbstbewusstsein, durch geistliche, rechtliche und kulturelle Bande dank der gemeinsamen politischen Insti­tution, der Sächsischen Nationsuniversität überstehen. Bereits 1519 verbreiteten Kaufleute und Studenten Luthers Schriften und traten für die Erneuerung der Kirche ein. Zum Motor dieser Erneuerungs­bewegung wurde der Kronstädter Humanist und Ratsherr Johannes Honterus. 1550 beschloss die Nationsuniversität die ,,Kirchenordnung aller Deutschen in Siebenbürgen“. Damit schufen sich die Siebenbürger Sachsen ihre eigene evangelische Kirche, die das Schulwesen sowie die Krankenund Armenpflege neu organisierte. Die deutsche Sprache ersetzte die lateinische. (Die Ungarn wurden calvinisch-reformiert oder blieben katholisch, so wie die Rumänen griechisch-orthodox blieben.) Glaube und Volkstum gehörten in Siebenbürgen zusammen. Auf sächsischen Vorschlag wurde 1557 auf dem Landtag in Thorenburg erstmals in Europa der Grundsatz der Toleranz geprägt. 1583 verfasste die Nationsuniversität ihr Gesetzbuch ,,Der Sachsen in Siebenbürgen Statut oder eygen Landrecht“, welches bis 1853 gültig blieb. Die gute Ausbildung der Siebenbürger Sachsen brachte im 16. und 17. Jahrhundert bedeutende künstlerische und kulturelle Leistungen hervor: Sächsische Humanisten verbreiteten den Buchdruck in Siebenbürgen, Werke sächsischer Historiker wurden in Westeuropa gedruckt und gelesen. Als Künstler der Renaissance und des Barock haben sich sächsische Bildhauer, Baumeister, Goldschmiede und

Musiker einen Namen gemacht. Auch zwei Pioniere im Raketenbau veröffentlichten ihre Pläne: Conrad Haas und Valentin Franck von Franckenstein.

4. Siebenbürgen als Teil des Habsburgerreiches Als Folge der zweiten Belagerung Wiens durch die Türken, 1683, drängten die habsburgischen Heere unter Prinz Eugen von Savojen und Markgraf Ludwig von Baden die Türken aus Mittel- und Osteuropa, wo nun eine neue abendländische Großmacht, die Habsburger Donaumonarchie, entstand. 1687 besetzen die kaiserlichen Truppen Siebenbürgen, wo sie jedoch nicht überall willkommen waren. (Es kam zum Schusteraufstand in Kronstadt, in dessen Verlauf die Stadt niederbrannte. Die Schwarze Kirche, der bedeutendste gotische Kirchenbau Südosteuropas, hat daher ihren Namen).1688 sagte sich Siebenbürgen auf dem Landtag von Hermannstadt von der türkischen Oberhoheit frei und unterstellte sich Kaiser Leopold, der 1691 die geltende Verfassung, die Vorrechte der drei ständischen Na­tionen20 bestätigte, („Leopoldinisches Diplom“, bis1848 das siebenbürgische Grundgesetz). Für 200 Jahre gehörte Siebenbürgen wieder zu Mitteleuropa. Doch Wien versuchte die Schaffung eines einheitlichen, absolutistischen, katholischen Staates und setzte sich gegen den Partikularismus der Stände 20 drei ständische Nationen: - Bezeichnung für die in Siebenbürgen privilegierten drei Nationen/Stände: Adel, Szekler, Siebenbürger Sachsen 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 35


Siebenbürgen als Teil des Habsburgerreiches

durch. Die Siebenbürger Sachsen mussten dabei an drei Fronten kämpfen:

Intrigenspiel zum Opfer und wurde 1703 in Hermannstadt hingerichtet.

• gegen Katholisierung, Zerschlagung der Nationsuniversität, Einsetzung von katholischen Beamten; • gegen den ungarischen Adel, der Bürgerrechte auf dem Königsboden forderte, ohne Steuern zahlen zu müssen; • gegen die Rumänen, deren Zahl sich vergrößert hatte, die gleiche Rechte auf dem Königsboden forderten und die Gefahr der Überfremdung heraufbeschworen. Im Rahmen der Rekatholisierung wurden die Protestanten aus Österreich nicht mehr des Landes verwiesen sondern zwangsumgesiedelt. Diese Transmigranten aus dem Salzburger Ländle, aus Kärnten und der Steiermark wurden als „Landler“ auf dem protestantischen Königsboden westlich von Hermannstadt angesiedelt, später auch die aus dem Schwarzwald stammenden ,,Hanauer“ und ,,Durlacher“. Auch preußische Kriegsgefangene blieben in Siebenbürgen, wurden assimiliert. Der Sachsengraf Johann Zabanius,21 Sachs von Harteneck , sah in den Habsburgern den natürlichen Verbündeten gegen die Arroganz der Ansprüche des ungarischen Adels auf sächsische Privilegien. Er forderte die gerechte Verteilung der Lasten auf alle Bewohner des Landes, Steuergleichheit, denn die Sachsen, 10 % der Landesbevölkerung, erbrachten 60 % der Steuerabgaben Siebenbürgens. Harteneck fiel einem

Das 18. Jahrhundert war eine Zeit des langsamen, aber unaufhaltsamen Verlustes von Privilegien in der ständischen Autonomie. Die Selbstverwaltung wurde ausgeschaltet; die Siebenbürgische Hofkanzlei22 bestimmte die Verwaltung Siebenbürgens.

21 Zabanius (Sachs von Harteneck): - 1664-1703, als Königsrichter (höchster sächsischer Beamter) vom Kaiser geadelt Seite 36 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

In der Regierungszeit Maria Theresias stieg der Gubernialsekretär Samuel von Brukenthal zum Guverneur von Sieben­ bürgen auf (1777-1787). Es gelang diesem großen sächsischen Politiker, viele Angriffe auf die Selbstverwaltung der Siebenbürger Sachsen abzuwehren. Er schützte die lutherische Kirche und wehrte Angriffe auf ihre privilegierte Rechtsstellung ab. Die Reformen Kaiser Josef II., die einen österreichischen Einheitsstaat gleichberechtigter Bürger schaffen wollten, blieben eine Utopie zum Verhängnis des Vielvölkerstaates: Die Völker ordneten sich nicht einer gemeinsamen Staatsidee unter, sondern entwickelten ein eigenes Nationalbewusstsein. Der Nationalismus wurde das beherrschende Thema des folgenden Jahrhunderts. Wenn Josef II. seine „Revolu­tion von oben“ auch widerrief, ihre Auswirkungen konnten nicht rückgängig gemacht werden. Die Siebenbürger Sachsen waren von einer mitbestimmenden Nation zu einer nationalen Minderheit geworden. Sie mussten sich fortan gegen Nationalismus zur Wehr 22 Siebenbürgische Hofkanzlei: 1695 in Wien eingerichtet, 1867 aufgelöst, Transmissionstelle für einlaufende und abgehende Schriftstücke; Ihr Votum spielte bei Anträgen, Prozessen, Beschwerden eine entscheidende Rolle


Siebenbürgen als Teil des Habsburgerreiches

setzen: im 19. Jh. gegen den ungarischen und im 20.Jh. gegen den rumänischen. Ihre Existenzberechtigung leiteten sie zunehmend aus ihrer Wirtschaftskraft, aus einem wachsenden deutschen Selbst­ bewusstsein und vor allem von kulturellen Leistungen ab. Auch hier hatte Brukenthal den Weg gewiesen. Er stärkte das geschichtliche Bewusstsein, das die Leistungen der Vorfahren hervorhob. Ludwig Schlözer verfasste eine erste Geschichte der Sieben­ bürger Deutschen und die Buchdrucker Martin von Hochmeister und Johann Gött wurden zu Wegbereitern der siebenbürgischen Publizistik. Als Förderer von Kunst und Kultur hinterließ Brukenthal dem evangelischen Gymnasium von Hermannstadt seine Sammlungen, die 1817 zum öffentlichen Museum umgestaltet wurden. Nach Brukenthal folgten die ,,stillen Jahre“ der metternichschen Regierung. Sparkassen, Landwirtschafts- und Gewerbevereine wurden gegründet, die Dampfmaschine hielt Einzug in Manufakturen und Fabriken. Statt der konservativen Beamtenschaft erwuchs den Siebenbürger Sachsen in den in Deutschland ausgebildeten Lehrern und Pfarrern eine neue politische Elite, die demokratisches mit nationalem Gedankengut vereinte. Inzwischen war der Bevölkerungsanteil der Rumänen auf über die Hälfte der Landesbevölkerung angewachsen. Im ausbrechenden Nationalitätenkonflikt forderten die Ungarn durch Assimi-

lierungsdruck die Restauration ihres mittelalterlichen Königreichs sowie die Vereinigung aller Völker Siebenbürgens zu einer Staatsnation. Es gelang ihnen 1842 das Ungarische als Staats­sprache durchzusetzen. Die Siebenbürger Sachsen setzten dagegen auf Stärkung ihrer Identität: Stephan Ludwig Roth siedelte ,,Schwaben“ im Land an; der Verein für Siebenbürgische Landeskunde führte zu ersten wissenschaftlichen Forschungen; die Schulen verbreiteten das Gedankengut der Aufklärung; 1842 wurde in Hermannstadt die Rechtsakademie gegründet. Die Sachsen schoben sich als vermittelndes Band zwischen die sich bekämpfenden Ungarn und Rumänen. Stephan Ludwig Roth spielte hierbei eine führende Rolle, vor allem im Kampf gegen die Einführung der magyarischen Amts- und Verkehrssprache. Der ungarische Adel war zum Träger eines aggressiven Magyarismus geworden, und sein unversöhnlicher Hass führte zur Hinrichtung St. L. Roths23 . Die Revolution von 1848/49 entwickelte sich zu einem erbarmungslosen Bürger­ krieg zwischen den Nationalitäten Siebenbürgens. Ungarn und Szekler, die für die Trennung Ungarns von Öster­ reich eintraten und die Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn verwirklichen wollten, kämpften gegen die kaisertreuen Sachsen, die im Anschluss an Ungarn ihren nationalen Untergang 23 Stefan Ludwig Roth: - 1796-1849, Schulmann, Pfarrer, Volkswirtschaftler, Nationalitätenpolitiker, wurde wegen Vaterlandsverrat im Schnellverfahren, ohne rechtlich tragfähige Grundlage, hingerichtet 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 37


Siebenbürgen zur Zeit der k.u.k.-Monarchie

sahen, sowie gegen die Rumänen, die nationale und soziale Gleichberechtigung forderten. Die schwach gerüstete kaiserliche Armee konnte dem Revolutionsheer unter Führung des polnischen Generals Bem nicht standhalten. Kronstadt und Hermann­stadt wurden besetzt, zahlreiche sächsische Dörfer niedergebrannt, viele Sachsen flüchteten in die Walachei. Mit Hilfe einer russischen Interventionsarmee wurde das Revolutionsheer bei Weißkirch (Schäßburg) und bei Großscheuern besiegt, und die Revolution fand ein blutiges Ende: 13 Generale der Revolutionsarmee wurden hingerichtet. Es folgte die Zeit der österreichischen Restauration. Die Leibeigenschaft wurde abgeschafft, das Schulwesen erneuert, Straßen wurden modernisiert. Österreichische Beamte bestimmten nun alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Die Rumänen erhielten Wahlrecht auf dem Königsboden.

5. Siebenbürgen zur Zeit der k.u.k.-Monarchie Die Hausmacht der Habsburger wurde durch den Verlust der Lombardei (1859) geschwächt, was auch den Zentralismus schwächte. Das Oktoberdiplom von 1860 war eine Verfassung, die den einzelnen Regionen wieder mehr Freiheiten einräumte. Das stärkte die nationalen Bestrebungen der Ungarn und nach der Niederlage Österreichs gegen Preußen in der Schlacht bei Königgrätz (1866) kam es zum ,,Ausgleich“24 , zur Bildung der 24 „Ausgleich“: - Umwandlung des Habsburgerreiches in eine Doppelmonarchie: Trans­ Seite 38 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

k.u.k. Doppelmonarchie und das bedeutete, dass die Interessen der Nationali­ täten dieses Vielvölkerstaates den Forderungen der Ungarn untergeordnet wurden. Siebenbürgen wurde endgültig Teil Ungarns, in Komitate eingeteilt, mit ungarischer Amtssprache und ungarischen Beamten. Zwei Jahrzehnte nach der Niederschlagung der Revolution von 1848 wurden deren Ziele und Forderungen doch verwirklicht. An Stelle der Nationsuniversität wurde die evangelische Kirche zum Symbol der Einheit der Siebenbürger Sachsen. Pfarrer und Lehrer wirkten nicht nur als Träger des geistigen Lebens, sondern auch als Erneuerer des Wirtschafts­ lebens. Carl Wolff 25 sicherte durch die neu gegründete Hermannstädter Sparkasse und den Raiffeisenverein das Kapital für Handel, Landwirtschaft und Industrie, kämpfte für den Bau der Eisenbahnlinien sowie für den Bau des ersten Wasserkraftwerks der Monarchie bei Zood. Auf politischem Gebiet schieden sich aber die Geister in Alt- und Jungsachsen. Die Altsachsen lehnten die Union mit Ungarn ab und wollten das neue System, ähnlich wie auch die Rumänen, boykottieren. Ihr Zentrum war Herleithanien (Ungarn) wurde von Cisleithanien (Österreich) getrennt verwaltet. Nur Finanz-, Kriegs- und Außenpolitik wurde gemeinsam festgelegt. 25 Carl Wolff - 1849-1929, siebenbürgischer Volkswirtschaftler, Politiker, Publizist


Zwischen den Weltkriegen (nach dem Anschluss an Rumänien)

mannstadt, wo jetzt auch der Sitz des Sachsenbischofs war. Die Jungsachsen suchten Kooperation mit der Budapester Regierung, sie hatten Vertrauen in die liberal-demokratischen Gesetze. Ihr Zentrum war Kronstadt, sie stützten sich auf den Mittelstand und förderten das Vereinswesen. Turn-, Schützen- und Gesangsvereine wurden Elemente des Zusammenhalts, in denen man sich der staatlichen Kontrolle entziehen konnte. Dazu gehörten noch die Freiwillige Feuerwehr, Wander- und Verschönerungsvereine, Musik-, Frauen- Landwirtschaftsund Gewerbevereine u.a.m., die zum Teil schon in der Mitte des 19.Jahrhunderts gegründet worden waren, aber jetzt eine umfassende Entfaltung erlebten. Ackerbauschulen wurden gegründet, die Fruchtfolge26 trat an Stelle der Dreifelderwirtschaft, die Flurbereinigung wurde begonnen, die Dampfmaschine auch in der Landwirtschaft eingesetzt. Ein hemmender Faktor der siebenbürgischen Wirtschaft war der Zollkrieg27 mit dem Königreich Rumänien , der den Interessen der Großgrundbesitzer diente, aber die Absatzmärkte der sächsischen Handwerker versperrte. Viele Handwerker wanderten daraufhin ins ,,Regat“28 aus, gründeten dort Werkstätten und Fabriken. Dafür wurde jetzt Klausenburg, die Hauptstadt des ungarischen Siebenbür26 Fruchtfolge: nach bestimmten Grundsätzen auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche aufeinander folgender Anbau von Feldfrüchten 27 Zollkrieg mit Königreich Rumänien - 1866-1893 Österreich-Ungarn sperrte seine Grenze nach Rumänien für landwirtschaftliche Produkte. 28 Regat: siebenbürgisch-sächsische Bezeichnung für Rumänien

gen, zum Industrie-, Kultur- und Universitätszentrum. Die ungarische Sprache wurde schon in den Kindergärten eingeführt, Lehrer mussten ungarische Sprachprüfungen ablegen, Nachbarschaften29 wurden verboten. Vergeblich blickten die Sachsen hoffnungsvoll auf das erstarkte Bismarckreich, von dem ihnen aber auch keine Unterstützung zuteil wurde. Trotz der wiederholten Enttäuschungen durch die Habsburger und noch mehr durch die Budapester Regierung folgten die Siebenbürger Sachsen 1914 dem Aufruf in den Krieg. 37.533 sächsische Soldaten nahmen am Ersten Weltkrieg teil. 5.000 Tote und Vermisste, ebensoviele Verwundete und 1500 Invaliden waren unter den Siebenbürger Sachsen zu beklagen.

6. Zwischen den Weltkriegen (nach dem Anschluss an Rumänien) Am 31.Oktober 1918 fiel Ungarn von Österreich ab. Rumänische, sächsische und ungarische Nationalgarden versuchten in Siebenbürgen die Ordnung aufrecht zu erhalten, Plünderungen zu verhindern. Unter Hans Otto Roth30 wurde der Sächsische Nationalrat gegründet und Rudolf Brandsch31 schloss alle Deutschen Ungarns im „Deutschen Volksrat für Ungarn“ zusammen. Sie 29 Nachbarschaft: - Gemeinschaft zur gegenseitigen Hilfeleistung 30 Hans Otto Roth: - *1890-†1950, Rechtsanwalt, Politiker 31 Rudolf Brandsch: - *1880-†1953, Lehrer, Politiker 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 39


Zwischen den Weltkriegen (nach dem Anschluss an Rumänien)

erkannten die Regierungsgewalt des rumänischen Nationalrats an, mit dem sie zusammen arbeiteten. Am 1. Dezember 1918 beschloss der rumänische Nationalrat in Klausenburg den Anschluss Siebenbürgens, des Banats, des Kreischgebietes und der Marmarosch an das Königreich Rumänien. Den Minderheiten wurden die Wilsonschen32 Minderheitenrechte sowie volle nationale Freiheit versprochen. Auf dieser Grundlage stimmten auf der National­ratsversammlung der Sieben­ bürger Sachsen in Mediasch auch die Sachsen für den Anschluss an Rumänien. In der Praxis wurden diese Freiheiten niemals widerrufen, aber auch fast gar nicht angewandt. Die spätere Verfassung beachtete sie kaum. Im Großrumänien König Ferdinands33 folgten nun eine Reihe von Reformen. Die Agrarreform traf vor allem die sächsischen Körperschaften, den Besitz der Kirche sowie die Sieben-Richter-Waldungen34, von deren Ertrag das Schulwesen finanziert wurde. Das Schulgesetz bedrohte das eigenständige Unterrichtswesen der Deutschen. Die Romanisierungsund Balkanisierungspolitik der Bukarester Politiker sowie das Unverständnis für die nationale Frage der neuen, vor allem aus Moldau und Walachei rekrutierten Füh32 T. W. Wilson: - amerikanischer Präsident, stellte am 18.01.1918 die Vierzehn Punkte für eine Friedensordnung nach dem Ersten Weltkrieg vor 33 Ferdinand I.: - *1865-†1927, König von Rumänien 34 Sieben-Richter-Waldungen: - 36260 ha Waldund Wiesenland aus dem Besitz der Nationsuniversität und dem Besitz der evangelischen Kirchengemeinden Seite 40 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

rungs- und Beamtenschicht verschlechterten die Situation der Sachsen. Die enteignete Kirche erhielt keine staatliche Unterstützung, konnte die Lehrer nicht mehr bezahlen und musste daher hohe Kirchensteuern erheben, um den Bestand der konfessionellen Schulen zu ermöglichen. Das weckte starke Unzufriedenheit, Kirchenaustritte waren die Folge, immer mehr Kinder besuchten die rumänische Staatsschule. Dank der Hilfen des Gustav-Adolf-Vereins35 aus Deutschland konnte diese Zeit überbrückt werden, Kirche und deren Schulen konnten weiter bestehen. Die Steuerlast ver­stärkte die soziale Notlage, viele Sachsen verarmten. Siebenbürgen wurde von rumänischen Zuwanderern aus dem Altreich36 überschwemmt, die vom Staat bevorzugt unterstützt wurden. Die Auswanderung der Sachsen nach Übersee dauerte an. Die sächsischen Abgeordneten im Parlament taten ihr Möglichstes, doch kamen sie gegen das Unverständnis und den Nationalismus der rumänischen Abgeordneten nicht auf, was die Politikverdrossenheit der Sachsen noch vergrößerte, die Wirtschaftskrise verschärfte und das Misstrauen in die politische Führung, von der sich ein Teil der Bevölkerung abwandte, förderte. Es bildeten sich politische Gruppierungen, wie die „Selbsthilfe“, als Bausparverein von Fritz 35 Gustav-Adolf-Verein: - Vereinigung zur Förderung der evangelischen Diaspora, 1832 in Leipzig gegründet, mit Zweigstellen in mehreren europäischen Staaten 36 Altreich: - siebenbürgische Bezeichnung für die Vereinigten Fürstentümer von Moldau und Walachei


Zwischen den Weltkriegen (nach dem Anschluss an Rumänien)

Fabritius37 in Hermannstadt gegründet. Sie war schon von nationalsozialistischem Gedankengut geprägt. 1935 kam es zu ihrer Spaltung: Die extrem rechten Radikalen unter W. Gust trennten sich als DVR (Deutsche Volkspartei Rumäniens) und in der Folge kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit der „Erneuerungsbewegung“38 , die bis 1938 andauerten, als die Führer beider Parteien abgesetzt wurden und aus Siebenbürgen verwiesen wurden. Anschließend wurde von der Volks­deutschen Mittelstelle39 Andreas Schmidt40, ein willfähriger Handlanger Berlins als Volksgruppenführer eingesetzt und durch ihn 1940 die NSDAP der Deutschen Volksgruppe in Rumänien gegründet. 1938 hatte das national­ sozialistische Reich den Anschluss Österreichs durchgeführt, dann die sudetendeutschen Gebiete und schließlich auch Böhmen und Mähren besetzt. Es folgte der deutsch-sowjetische Freundschaftsvertrag, der zum Polenfeldzug, damit zum Ausbruch des II. Weltkriegs führte. Rumänien verlor Bessarabien und die Nord­ bukowina an Russland, nach dem Wiener

37 F. Fabritius: - gründete 1822 die „Selbsthilfe“, eine Baufinanzierungsgesellschaft, die „den kapitalistisch-materialistischen Geist zugunsten des Gemeinschaftsgeistes zurückdrängen“ sollte. 38 Erneuerungsbewegung: - Anhänger einer Forderung nach „völkischer Erneuerung“ (F. Fabritius) 39 Volksdeutsche Mittelstelle: – 1936 gegründet, verwaltete die „für die Volksdeutschen bereitgestellten Gelder“, war später allein für alle Fragen des Auslandsdeutschtums zuständig 40 A.Schmidt: - 1912-1948, siebenbürgischer Politiker mit engen Kontakten zur NSDAP und SS

Schiedsspruch41 ganz Nordsiebenbürgen an Ungarn, und die Süddobrudscha an Bulgarien. Als Folge dieser neuen Gebietsaufteilung gehörten die Sachsen zum ersten Mal in ihrer Geschichte zwei nicht befreundeten Ländern an: Das Nösnerund Reenerland fielen an Ungarn. In Rumänien blieben noch 213.210 Siebenbürger Sachsen. Die neue Volksgruppenführung, von Berlin aus gesteuert, brach mit der siebenbürgisch-sächsischen Tradition, verlegte ihren Sitz von Hermannstadt nach Kronstadt, die gewählten Abgeordneten wurden politisch entmachtet, der Pfarrer Wilhelm Städel als gefügiger Bischof eingesetzt. Noch im selben Jahr wurde auf Druck aus dem Reich die Deutsche Volksgruppe in Rumänien zur Juristischen Person des öffentlichen Rechts erklärt, sie konnte Bestimmungen erlassen, die für die Angehörigen der Volksgruppe Gesetzeskraft hatten - sie bildete also einen Staat im Staat. Eine der Folgen dieses Gesetzes war die Trennung der deutschen Schulen von der Kirche und ihre Unterstellung unter das neu gegründete Schulamt der Volksgruppe. Eine andere Folge war die aktive Beteiligung der Sachsen am Weltkrieg als Mitglieder der Deutschen Wehrmacht. In mehreren Schüben wurden Militärdienstleistende aus der rumänischen Armee sowie Freiwillige in die Waffen-SS, in die Wehrmacht und 41 Wiener Schiedsspruch: - 30. August 1940, von Deutschland und Italien vermitteltes Abkommen zwischen Rumänien und Ungarn, führte zu einer Grenzrevision zu Gunsten Ungarns 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 41


Nachkriegszeit und kommunistische Herrschaft

in die Organisation Todt42 eingegliedert, erhielten die deutsche Staatsbürgerschaft und wurden nach kurzer Ausbildung in den Kämpfen in Rußland und auf dem Balkan eingesetzt. Es waren etwa 70.000, von denen 9.000 gefallen sind. Als die immer mehr zurückweichende Frontlinie den Pruth43 überschritten hatte und Kämpfe auf rumänischem Terri­ torium stattfanden, machte Rumänien am 23.August 1944 eine Kehrtwendung: Marschall Antonescu44 wurde von König Michael45 verhaftet und es wurde ein Waffenstillstand mit der Sowjetmacht geschlossen. Nach der Bombardierung Bukarests durch die deutsche Luftwaffe, erklärte Rumänien den Achsenmächten den Krieg, und zusammen mit der Roten Armee kämpften rumänische Divisionen gegen ihre früheren Verbündeten. Nach dem 23.8.1944 wurde auf Befehl des kommandierenden Generals in Sieben­ bürgen, General Arthur Phleps, die deutsche Bevölkerung des Nösnerlandes nach Österreich und Ostdeutschland evakuiert. In großen Trecks wanderte dieser Teil der Sachsen ins Reich. Die deutsche Bevölkerung im rumänischen Südsiebenbürgen 42 Organisation Todt: – militärisch organisierte Baueinheit im nationalsozialistischen Deutschland, errichtete im Zweiten Weltkrieg den Atlantikwall, war am Bau und Einsatz der V-Waffen beteiligt 43 Pruth: - Grenzfluss zwischen Rumänien und der Sowjetunion 44 Ion Antonescu: - 1882-1946, rumänischer Politiker, seit 1940 Ministerpräsident, übte als „Führer“ eine diktatorische Herrschaft aus, führte sein Land an die Seite der Achsenmächte 45 Michael: - (geb. 1921) bis 1947 König von Rumänien Seite 42 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

wartete die politische Entwicklung ab. Mit der Roten Armee kamen die Requirierungen, Abgaben von Radio, Möbel, Kleidung usw.

7. Nachkriegszeit und kommunistische Herrschaft Anfang Januar 1945 wurden die Deutschen aus Rumänien zum Wiederaufbau in die Sowjetunion deportiert. Alle Frauen zwischen 18 und 30, die Männer zwischen 17 und 45 Jahren, insgesamt etwa 26.000, davon 6o% Frauen, kamen in die Arbeitslager des Donezbeckens46, wo sie, nur notdürftig ernährt und untergebracht, in Kohlenbergwerken und Eisenhütten arbeiten mussten. 15% der Verschleppten kamen ums Leben. Wenige kehrten nach 5 Jahren in die Heimat zurück, die meisten wurden in die DDR repatriiert, von wo sie sich in die westlichen Besatzungszonen durchschlugen. 1948 lebten in Siebenbürgen noch 100.000 Sachsen. 30.000 waren gefallen oder vermisst, und 60.000 lebten in Westeuropa. Rumänien wies die nun klein gewordene deutsche Minderheit nicht aus, behielt sie als Arbeitskraft im Land. Hier hatte die Rumänische Arbeiter­partei unter Führung der Kommunisten die Macht übernommen und führte tiefgreifende Umgestaltungen durch. Die ehemaligen Mitglieder der Deutschen Volksgruppe wurden als „Hitleristen“47 und Kriegsverbrecher außer Recht und Gesetz gestellt (Kollektivschuld), von den Wahlen ausge46 Donezbecken: - Gebiet in der Ukraine 47 Hitleristen: - rumänische Bezeichnung für Nazis


Nachkriegszeit und kommunistische Herrschaft

schlossen. Der gesamte Boden­besitz, die Bauernhöfe der Sachsen mit dem gesamten Inventar wurden konfisziert und an die rumänische Bevölkerung verteilt, in den Höfen wurden aus den Gebirgen zugewanderte Rumänen angesiedelt. Gegen den Willen der Boden besitzenden rumänischen Bauern wurde die Kollektivierung48 der Landwirtschaft zwangsweise durchgeführt. Die Währungsreform nahm den Banken ihre Selbständigkeit, vernichtete die Reserven der Unternehmen und die Sparguthaben der Bürger: Die ganze Bevölkerung war gleichermaßen verarmt. 1948 wurden die Privatbetriebe, Werkstätten, Geschäfte, Banken, Transportmittel verstaatlicht. Die Kirche hatte nach dem 23. August 1944 stillschweigend wieder die Aufsicht über ihre ehemaligen Schulen übernommen, allerdings nur bis 1948, als die Unterrichtsreform alle Minderheitenschulen auflöste, sie zum Teil als Sektionen an den Staatsschulen weiterführte. Es gab keine deutschen Gymnasien mehr. Auch die Lehrer wurden vor Entnazifizierungskommissionen gestellt. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren 75 % der Sachsen landwirtschaftlich tätig, nach 1948 waren es nur noch 22 %. 57 % waren Arbeiter geworden. 1949 wurde das Deutsche Antifaschistische Komitee ins Leben gerufen und die Tageszeitung „Neuer Weg“ in Bukarest gegründet. Zu den Wahlen 1950 wurden die Sachsen wieder zugelassen, das Hermannstädter Landestheater als deutsche Abteilung des Bukarester Staatstheaters 48 Kollektivierung: - Gründung von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften

gegründet, die Zeitschriften „Neue Literatur“ und „Forschungen zur Volksund Landeskunde“ konnten erscheinen. Auch die deutschen Gymnasien konnten als Sektionen an den Staatsschulen wieder ihre Lehrtätigkeit aufnehmen, so dass wieder in der Muttersprache unterrichtet werden konnte, aber im Sinne der kommunistischen Ideologie. Nach 1950 begann die Familienzusammenführung von 1.000 Sachsen in die Bundesrepublik, 3.000 Sachsen kehrten aus Deutschland zu ihren Familien nach Siebenbürgen zurück. Auch die Höfe der Bauern wurden 1956 an ihre Eigentümer zurückgegeben, die rumänischen „Kolonisten“ aus diesen Häusern abgezogen. Nach dem Ungarnaufstand49 kam es zu einschüchternden Repressalien, zu einer Reihe von Verhaftungen und Schau­prozessen, Zwangsevakuierungen, Schulverweisen, Exmatrikulierungen von Studenten wegen „ungesunder sozialer Herkunft“. Die ehemaligen politischen Vertreter der Sachsen, obwohl Antifaschisten (Roth, Brandsch u.a.) wurden verhaftet, starben im Gefängnis oder kamen in Arbeitslager an den Donaukanal. Unter dem Staatsführer Ceausescu50 bekam die Minderheitenpolitik anfänglich einen liberaleren Kurs. 1968 wurde der „Rat der Werktätigen deutscher Natio49 Ungarnaufstand: – Volksaufstand gegen die Kommunisten 1956, wurde blutig niedergeschlagen 50 Nicolae Ceausescu: – 1918-1989, rumänischer Politiker, als Präsident selbstherrlicher „Führer“, der über den Sicherheitsdienst seine diktato60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 43


Siebenbürgen heute

nalität“ gegründet, deutsche Zeitungen („Karpatenrundschau“ und „Hermannstädter Zeitung“) erschienen, vier deutsche Gymnasien wurden selbständig, Rundfunk und Fernsehen sendeten auch in deutscher Sprache, sächsische Chöre, Blaskapellen, Tanzgruppen, die deutschen Abteilungen der Volkshochschulen nahmen ihre Tätigkeit auf. 1967 nahmen Rumänien und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen auf, und die Familienzusammenführung wurde beschleunigt. Doch in den 70-er Jahren änderte sich dieser Kurs. Rumänien wollte seinen eigenen Weg zum Kommunismus gehen. Die deutschen Ortsnamen durften nicht mehr benutzt werden. Die zunehmend nationalistischer werdende Politik der Rumänischen Kommunistischen Partei wollte die im Lande lebenden nationalen Minderheiten zu rumänisieren. Das gesamte private und kirchliche Kulturgut wurde zum Staatseigentum erklärt, Veräußerungen von Boden untersagt, Auswanderer mussten ihr Eigentum dem Staat überlassen, die Reisefreiheit wurde sehr beschränkt. Vom Kindergarten bis zum Staatsexamen musste im Sinne der kommunistischen Ideologie unterrichtet und erzogen werden. Die Staatssicherheit (Securitate) überwachte alles, unterdrückte jede Eigeninitiative. Literarische Zirkel wurden verboten - nur die deutschen Sektionen der Volkshochschulen blieben bestehen, wurden zu einer wichtigen Kultureinrichtung der Sachsen. Die deutschen Sendungen im TV wurden eingestellt (den Vorwand bot die Energiekrise). rische Herrschaft uneingeschränkt ausweitete und Rumänien in den wirtschaftlichen Ruin trieb Seite 44 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

Das Gesetz der Systematisierung der Dörfer sollte dazu führen, 8000 kleine Ortschaften aufzulösen und die Dorfbevölkerung in „agrotechnische“ Zentren umzusiedeln. Es folgte eine rapide Verschlechterung der Lebensbedingungen. Die Assimilationspolitik der kommunistischen Partei verstärkte bei den Siebenbürger Sachsen den Wunsch zur Ausreise in die Bundes­republik. Auf Grund der Absprache von Bundeskanzler Schmidt mit Staatsführer Ceausescu wurden für jeden Umsiedler 5000 DM (in die Privatschatulle Ceausescus) gezahlt - der Betrag wurde später erhöht.

8. Siebenbürgen heute Die Revolution, die zum Sturz Ceauescus und seiner Hinrichtung zu Weihnachten 1989 führte, löste eine riesige Auswanderungswelle aus. Es waren die seit Jahren auf die Ausreiseerlaubnis Wartenden, aber auch viele, die durch die unsichere Situation der Minderheiten und die Zweifel an einer dauerhaften gesellschaftlichen Verbesserung das Land verließen. In Siebenbürgen leben heute51 noch etwa 20.000 evangelische Sachsen, aber auch diese sind durchschnittlich über 60 Jahre alt. Sie sind gleichberechtigt mit dem Staatsvolk, haben sich im Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien zusammengeschlossen, haben einen Abgeordneten im Bukarester Parlament und werden von Österreich und von der Bundesrepublik unterstützt. Die deutschsprachigen Schulen 51 Stand 1999


Quellen und Bildnachweise

werden zum großen Teil von rumänischen Schülern besucht und auch die Kirche ist eine Diasporakirche52 geworden, in der 37 Pfarrer 262 Kirchengemeinden versorgen, wobei neben Seelsorge, Altenpflege und Armenfürsorge die Sicherstellung der Archive die Hauptaufgaben sind. Gustav Servatius (1922-2009) Quellen: • Lexikon der Siebenbürger Sachsen, Wort und Welt Verlag, Innsbruck 1993 • K.Gündisch, Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen, in: Studienbuchreihe der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat, Band 8, Langen Müller, 1998 • K.Gündisch, 850 Jahre Siebenbürger Sachsen, Client Concept Verlag, München 1991

Bildnachweise • • • • • • • • •

Bakker-Barth: Seite 25 Heinrich: Seite 24 Wartusch: Seite 25 Tobias: Seite 24 Orend: Seite 18 Depner: Seite 18 Schuller: Seite 15 Plajer: Seite 19 Servatius: Seiten 6, 7, 4, 8, 9, 29

52 Diaspora- eine konfessionelle Minderheit 60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 45


Bildverzeichnis

Mitglieder der HOG Großscheuern bei der Festveranstaltung in Wiesbaden (2000) 6 Siebenbürgische Tanzgruppen aus Hessen (2000) 7 Landesvorsitzende Ingwelde JuchumKlamer und Landtagspräsident Norbert Kartmann 8 Der erweiterte Landesvorstand bei der Klausurtagung 2009 8 Tanzgruppe Offenbach bei der Brauchtumsveranstaltung im Hessenpark 9 Tanzgruppe Offenbach bei der Brauchtumsveranstaltung im Hessenpark (2000) 9 Imre István Landesvorsitzender (1989-2002)

10

Wilhem Folberth Landesvorsitzender(2002-2009)

11

Der aktuelle Landesvorstand

14

Aktueller Vorstand der Kreisgruppe Bad Homburg 15 Kreisgruppenvorstand (2009)

17

Tanzgruppe Mittelhessen

18

Aktueller Vorstand Mittelhessen

18

Kinderausflug (Lochmühle 2007)

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Kreisgruppenmitglieder vor der Kuppel des Reichstages 19 Beim Baumstriezelbacken Seite 46 - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

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Kinderfasching mit Eltern

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Kulturelle Veranstaltung mit den Rüsselsheimer Musikanten 20 Traubenball 2009

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Beim Grillfest 2009

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Blaskapelle Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim 22 Blaskapelle Siebenbürger Musikanten Rüsselsheim 22 Siebenbürgische Trachten

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Kindertanzgruppe Pfungstadt beim Waldfest in Neu-Isenburg (2010) 23 Karin Scheiner beim Verzieren der Lebkuchen

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Während der Führung durch den Frankfurter Dom

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Siebenbürger Seniorinnen 2004

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Weihnachtsbasar 2009: Ursula Tobias (rechts, Maria Herkenhoff (links) 25 Kuchentheke der Siebenbürger Frauengruppe (2009)

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Mitglieder des Landesvorstandes beim Besuch des Hessischen Landtags (2010) 29


SIEBENBÜRGENLIED

Siebenbürgenlied Siebenbürgen, Land des Segens, Land der Fülle und der Kraft, mit dem Gürtel der Karpaten um das grüne Kleid der Saaten, Land voll Gold und Rebensaft.

Siebenbürgen, Meeresboden einer längst verfloss’nen Flut; nun ein Meer von Ährenwogen, dessen Ufer, waldumzogen, an der Brust des Himmels ruht.

Siebenbürgen, süße Heimat, unser teures Vaterland! Sei gegrüßt in deiner Schöne, und um alle deine Söhne schlinge sich der Eintracht Band.

LEOPOLD MAXIMILIAN MOLTKE (1818-1894)

60 Jahre Landesgruppe Hessen - Seite 47


Tanzgruppe Pfungstadt beim Waldfest in Neu-Isenburg (2010)

Impressum:

Auflage: 1000 Stück

Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., Landesgruppe Hessen,

Bearbeitung: Ramona Linz, Jürgen Schiel

Der Vorstand Geschäftsstelle: Friedrichstraße 43 63263 Neu-Isenburg Telefon: 06102 / 2 53 62 http://siebenbuerger-hessen.de Email: hessen@siebenbuerger.de LG.Hessen@t-online.de

Layout und Satz: IHS-Infodesign.fr

Festschrift - 60 Jahre Siebenbürger in Hessen

Ihr Partner wenn es gutes Informationsdesign sein soll: tel.: +33.(0)9.65.19.64.04 http://ihs-infodesign.fr


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