Griaß di` Allgäu Sommer 2015

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Kräuter | Allgäu tut gut Im Kräutergarten des Bergbauernmuseums in Diepolz gibt es regelmäßig Führungen.

Foto: Jörg Schollenbruch

Renate Berchtenbreiter mit Wurzeln der Blutwurz und einem angesetzten Schnaps, der entzündungshemmende Wirkung besitzt.

Text & Fotos Elke Wiartalla

K

önigskerze gegen Schwermut, Knoblauch gegen Geister, Brennnessel zur Blutreinigung und Huflattich gegen Husten: Viele Kräuter, Blumen, Sträucher und Bäume gedeihen im Allgäu bestens und wirken wohltuend auf Körper, Geist und Seele. Viele Menschen gehen jedoch an den Arzneien am Wegesrand ahnungslos vorbei, erkennen die Arnika weder am Aussehen noch in der Wirkung und wissen nichts davon, dass die Katzenminze schon im Mittelalter allerlei Ungeziefer vertrieben hat. Auch der ungewöhnliche Reichtum an wichtigen Heil- und Auf baustoffen des Löwenzahns, der im Frühjahr die Wiesen in ein sattes Gelb taucht, ist unbekannt. Dabei verbessert er den Stoffwechsel, reinigt das Blut, lindert Gicht und Rheuma und beeinflusst positiv Magen, Darm, Leber und Galle. Renate Berchtenbreiter aus Fischen ist von klein auf mit der Wirkung der Heilpfl anzen vertraut. In der Nachkriegszeit sei man sehr erfi nderisch gewesen, um der Familie bei Unwohlsein mit dem Reichtum der Natur zu helfen, erzählt sie. Ihre Eltern seien Stadtmenschen aus Stettin gewesen, die es durch die Kriegswirren nach Ostfriesland verschlagen hatte, wo die kleine Renate aufwuchs. Das Kräuterwissen der Nordseebewohner habe bereits den Vater so fasziniert, dass er sich zu einer Umschulung zum Heilpraktiker entschloss. Das nötige Grundwissen und vor allem die Neugier auf all das, was die Natur so freigiebig zur Verfügung stellt, um es den Menschen gut gehen zu lassen, war demnach im Elternhaus angelegt. Seit fast 45 Jahren lebt Renate Berchtenbreiter mit ihrer Familie in Fischen und zog dort ihre vier Mädchen groß. Kräuter waren im Hause Berchtenbreiter stets griff bereit. Bei den Kindern wurde eine Halsentzündung nicht mit schweren Grippemedikamenten, sondern mit Salbeigurgeln behandelt. „Nicht immer zur Freude der Mädels“, sagt sie und lacht. Denn Salbei sei geschmacklich doch sehr gewöhnungsbedürftig. Ihre bislang einzige Kur im Leben, die sie damals nach Bad Grönenbach führte, machte sie zu einer begeisterten Kneippianerin. Da lag es nahe, im örtlichen Kneipp-Verein aktiv zu werden. Im Vereinsmagazin las sie schließlich von einer Fortbildung in Bad Lauterberg. „Genau das Richtige für mich“, dachte die Fischingerin und machte sich auf den Weg in den Harz. Drei Wochen lang erfuhr

sie dort sehr viel Interessantes über uraltes Wissen zu Heilkräutern und deren Wirkung. Im Jahre 2000 richtete die Gemeinde Fischen im neu gestalteten Kurpark einen Kräutergarten ein. Renate Berchtenbreiter war von Anfang dabei, hegte und pflegte gemeinsam mit sieben Mitstreiterinnen von Akelei bis Zinnkraut all die Kräuter, die im Allgäu heimisch sind oder zumindest prächtig gedeihen. Einige Enttäuschungen mussten die Kräuterfrauen freilich hinnehmen: „Bergarnika mag das Klima und den Boden im Tal nicht. Der ist uns eingegangen.“ Stattdessen fühlt sich der Büschelarnika inzwischen im Kräutergarten pudelwohl. In all den Jahren habe sie

Renate Berchtenbreiters Empfehlung BAKTERIENKILLER-GEWÜRZÖL 1 Liter Oliven- oder Sonnenblumenöl Kräuter: je 1 Esslöffel Ysop, Basilikum, Bohnenkraut, Lavendelblüten, Rosmarin, Lorbeerblätter, Oregano Früchte: je 1 Esslöffel Kümmel, Fenchel (zerstoßen), Koriander, Pimentkörner (nicht zerstoßen, sonst zu scharf), Chili, Kurkuma Drei Wochen lang ansetzen, jeden Tag umrühren. Regt Verdauungssäfte an, bleibt lange haltbar und ist überall verwendbar – bei Salat, Gemüse etc.

FRISCHE INGWERSCHEIBEN Pro Tasse drei dünne Scheiben mit kochendem Wasser übergießen. Fünf bis acht Minuten ziehen lassen. Vor und während einer Mahlzeit trinken – das löst Verspannungen in Magen und Darm.

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