Marmot LIFE Nr3 | part Roman Rohrmoser

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Das Schönste zum Schluss Bevor wir Ende August unseren Rückflug gen Europa antreten, wollten wir unbedingt noch einen weiteren Fleck auf unserer nun gar nicht mehr so weißen Skigebietskarte tilgen: Ski Arpa. Dieser nördlichste aller roten Punkte auf der Chile-Seite von snowforecast.com ist schon aufgrund der Eckdaten etwas Besonderes. Liftanlagen? Fehlanzeige. Stattdessen bringen zwei umfunktionierte Pistenraupen die Skifahrer auf die umliegenden Gipfel. Catskiing nennt sowas der Amerikaner. „Erfunden“ hat Ski Arpa Anton Sponar aus Österreich, genannt Toni. Allein der Lebensgeschichte des heute 78-Jährigen zu lauschen, ist ein Grund, Arpa zu besuchen. Nach dem Krieg ausgewandert nach Kanada, dort den Skilehrerschein gemacht. Dann von der Aspen Ski Company zur Hilfe beim Aufbau der dortigen Skischule verpflichtet. Ein Österreicher mit Skilehrerschein war in Übersee heiß begehrt. Dass dieser Schein „nur“ aus Übersee stammte? Egal, er wurde ja nie gefragt. In den Siebzigern erste Engagements in Portillo. Und Kontakte zu argentinischen Geschäftsleuten. Ein Kawasaki-Importeur aus Buenos Aires

beauftragt Sponar, einen Platz für ein Skigebiet à la Portillo zu suchen. Einen Winter lang streunt Sponar durch die Anden, erklimmt potentielle Skiberge und bekommt auch noch Geld dafür. Das Projekt zerschlägt sich. Doch wenig später entwickelt Sponar mit einem anderen Investor Penitentes und die Aspen Ski Company zitiert ihn nach Las Lenas, damals noch ein namenloser Platz in der Ödnis. Ob man hier ein Skigebiet bauen könne? Nach drei Tagen vor Ort fällt Sponar sein Urteil. Tolles Gelände, aber viel zu windanfällig, um ein Skigebiet rentabel zu betreiben. Erst Jahre später wagt ein brasilianischer Investor, in Las Lenas Hotels und Lifte zu bauen. Nach Jahrzehnten der Skilehrerei in Aspen – wo er noch heute wohnt und bevorzugt spanischsprechende Touristen coacht –, nimmt Sponar sein Erspartes und kauft zwei Täler bei Los Andes. Die Straße dorthin baut er zusammen mit einem lokalen Raupenfahrer selbst. Am Talschluss errichtet er zwei bunkerartige Gebäude, über die jedwede Lawine einfach drüberpfeift und die den Schneestürmen trotzen, die binnen einer Woche mehrere Meter Schnee abladen.

Ist es nun der perfekte Schnee, der Reiz des Unbekannten, die gewaltigen Gegensätze zwischen den einzelnen Skigebieten, der enorme Trainingseffekt durch die groSSe Höhe oder Begegnungen mit Persönlichkeiten wie Anton Sponar oder Portillo-Besitzer Henry Purcell, die das Skifahren in den Anden zu etwas ganz besonderem machen? Nun, wahrscheinlich von allem etwas. Eines ist aber in jedem Fall klar: Die Suche nach dem „Endless winter“ und dem nächsten Schwung im unberührten Tiefschnee endet nie.

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