GESUNDHEITS-SPECIAL
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Savoir vivre UND savoir faire
Der orthopädische Facharzt Dr. Harald Kuhn pendelt zwischen Frankreich und Deutschland. Im RZ-Interview beschreibt der Mediziner seinen länderübergreifenden Ansatz. VON PETRA HALL
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err Dr. Kuhn, Sie sind leitender Arzt für spezielle orthopädische Chirurgie und arbeiten an zwei norddeutschen Kliniken. Regelmäßig pendeln Sie zwischen Cloppenburg und Nizza und operieren mit französischen Kollegen. Wie kam es dazu? Es begann mit einer deutschen Patientin, die in ihrer Wahlheimat im Süden behandelt werden wollte. Zeitgleich kam ich als Ausbilder für einen Kurs in minimalinvasiver Chirurgie nach Nizza. Heute bieten uns Kliniken in Nizza, Cannes und Monaco die Möglichkeit, internationale Patienten mit hohem operativem Standard in ihrer Muttersprache zu behandeln. Es sind nicht finanzielle Interessen, die Sie an die Côte d’Azur ziehen. Was fasziniert Sie denn hier so sehr? Es sind die magischen Momente, menschlich, landschaftlich, kulturell. Meine Frau Roswitha, die Fachärztin für Orthopädie und Sportmedizin ist, träumte als Olympionikin von Nizzas internationalen Leichtathletikwettkämpfen. Bewegen und bewegt werden – das gelingt mit Kindern, Freunden und Kollegen hier sehr gut. Welche Unterschiede sehen Sie in der Arbeitsweise der beiden Länder? Savoir vivre und savoir faire kombinieren sich
hier bestens. Die geschätzte deutsche Verlässlichkeit findet in Frankreich ihre lebensfrohe und kreative Ergänzung. Sie haben den deutsch-französischen Verein für Orthopädie und Traumatologie mitgegründet. Was sind die Ziele? 2011 haben meine Frau Roswitha und ich den Verein AFACOT mitgegründet. Wir wollen medizinisches Wissen über die Sprachgrenze hinaus austauschen, sinnvolle Entwicklungen auf gemeinsamer Ebene fördern. Über 120 Kollegen stärken den nachbarschaftlichen Kontakt. Außerdem gestalten wir die Gesellschaft «Nice2Sports» seit ihrer Gründung mit. Mit mehreren befreundeten Ärzten und Wissenschaftlern, die in Südfrankreich aktiv sind, entsteht gerade eine Plattform, die Sportlern jeglichen Niveaus und aller Altersgruppen ermöglicht, ihren sportlichen Auftritt zu optimieren und ihr physisch-psychisches Kapital zu stabilisieren oder weiterzuentwickeln. Moderne medizinische Erkenntnisse aus Spitzensport und Randgebieten werden analysiert, verständlich aufbereitet und über verschiedene Medien einzelnen Sportlern oder Gruppen zur Verfügung gestellt. Welche Aktivitäten planen Sie sonst noch hier in Südfrankreich und in Monaco? Alles, was Freude macht. Wir pflegen verschiedenste freundschaftliche und professionelle
Kontakte. Der deutsche internationale Club von Monaco hat uns freundlich aufgenommen. Als Ärzteteam möchten wir mehrsprachig internationale Patienten ansprechen und ihnen eine Behandlung an der Riviera ermöglichen. Wie läuft das mit den Versicherungen, wenn sich jemand von einem «Gastchirurgen» in Frankreich operieren lassen möchte? Auch in Frankreich gibt es Ärzte, die mit entsprechender Zulassung, Secteur 2, privat behandeln dürfen. Das müssen nicht immer Chefärzte sein. Sie liquidieren mit einem Honorar , oder einem dépassement d honoraire, entsprechend den verschieden gestaffelten Sätzen in Deutschland. In Frankreich trägt jeder seinen prozentualen Beitrag zur staatlichen Einheits-Krankenkasse bei und kann sich darüber hinaus privat zusatzversichern. Internationale Patienten können zwischen Clinique (privat) oder Hôpital (meist öffentlich) wählen. Für die Krankenhäuser ist das Versicherungsverhältnis wichtig, alternativ muss die Kostenübernahme für sie gesichert sein. Was raten Sie deutschen Patienten? Deutsche Patienten sollten eine Versicherungskarte, gegebenenfalls einen EU-Auslandskran-
kenschein der Krankenkasse bei sich haben, einschließlich Kontaktmöglichkeiten zur deutschen Privat- oder Krankenkasse. Werden Arztrechnung oder Medikamente zunächst vom Patienten beglichen, kann innerhalb von vier Wochen gegen Vorlage der Quittungen bei der deutschen Kasse die Übernahme beantragt werden. Die Kostenübernahme ist vor teuren Eingriffen vorher zu klären. Ebenso, ob das Krankenhaus in Frankreich direkt mit der deutschen Kasse abrechnet. Spezieller Service wird zunehmend groß geschrieben, vom Spezialisten-Team bis zur Krankenzimmer-Ausstattung bieten die Krankenhäuser auch in Frankreich verschiedene Optionen. Dr. med. Harald Kuhn ist Facharzt für Orthopädie, Chirurgie, Unfallchirurgie in Cloppenburg
BRENNPUNKT VERENGTER WIRBELKANAL: SO WICHTIG IST DIE ZWEITE MEINUNG Spezialisten-Rat schützt vor unnötigen Operationen dann ein gemeinsames Therapiekonzept. Besonders häufig holen Patienten mit einer Wirbelkanalverengung eine zweite Meinung ein. «Ihnen kann häufig mit minimal-invasiven Methoden geholfen werden, etwa wenn die Verengung nicht durch Knochenanlagerungen, sondern durch Weichteile wie Narbengewebe oder Bandscheibenvorfälle verengt ist», erklärt Orthopäde Dr. Reinhard Schneiderhan. «Obwohl das oft nicht notwendig wäre, empfehlen viele Ärzte in solchen Fällen dennoch weiterhin eine Versteifungsoperation.»
In der Praxisklinik Dr. Schneiderhan & Kollegen arbeiten Spezialisten aus den Fachgebieten Orthopädie, Schmerztherapie, Radiologie, Neurochirurgie und Neurologie sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin unter einem Dach eng zusammen. Für Patienten, die dort eine zweite Meinung einholen wollen, hat das unschätzbare Vorteile. Denn die gesamte Diagnostik, inklusive MRT oder CT kann bei Bedarf an einem einzigen Tag durchgeführt werden. Auf dieser Grundlage erstellt das interdisziplinäre Ärzteteam
VIDEO-KATHETER BLICKT IN DEN WIRBELKANAL
Meist sind Patienten betroffen, die bereits an den Bandscheiben operiert wurden und durch das entstehende Narbengewebe neue Schmerzen erleiden. Narbengewebe engt den Wirbelkanal ein und drückt auf die Nervenwurzeln. Dr. Schneiderhan: «Minimal-invasive Therapien sind dann eine gute Alternative zur Operation, zum Beispiel der Video-Katheter. Bei dieser Methode führen wir eine dünne Sonde über eine Kanüle
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durch die Haut und das Kreuzbein in den Wirbelkanal ein. Ihre Spitze können wir millimetergenau dort hinlenken, wo die Schmerzursache liegt. Dann können wir gezielt Medikamente injizieren, Narbengewebe und Verklebungen lösen und vorgewölbtes Bandscheibengewebe schrumpfen. So wird der Wirbelkanal wieder weiter.»
Besprechung im fachübergreifenden Ärzteteam
Die Patienten müssen dazu nur drei Tage in der Klinik bleiben. Sie sind meist nach etwa sechs Wochen schmerzfrei und können ihrer gewohnten beruflichen Tätigkeit schnell wieder in vollem Umfang nachgehen sowie Sport betreiben. Eine große Operation schränkt solche Aktivitäten sehr viel länger ein.
KONTAKT:
MVZ Praxisklinik Dr. Schneiderhan & Kollegen Eschenstr. 2 82024 München/Taufkirchen
Orthopaede Dr. med. Reinhard Schneiderhan
2015
Tel. +49 (0)89 / 61 45 10-0 info@orthopaede.com www.orthopaede.com
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n Bandscheibe und Wirbelsäule wird zu viel operiert. Deshalb hat das Münchner Wirbelsäulenzentrum MVZ Praxisklinik Dr. Schneiderhan & Kollegen eine Zweitmeinungs-Sprechstunde für Rückenpatienten eingerichtet. Hier erhalten Betroffene eine umfangreiche Diagnostik und eingehende Beratung, ob eine Operation nötig ist und welche Therapien am besten helfen. Patienten mit verengtem Wirbelkanal profitieren besonders davon, denn hier gibt es die meisten unnötigen Operationen.