Riviera Zeit - Oktober/November/Dezember 2019

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Kultur Ballett, Musik, Theater: Highlights der neuen Saison

WirtSchaFt Monaco wirbt um ausländische Investoren

Fit & GeSund Wellness-Trends an der Côte d’Azur

Special KunSt Passion Investments – eine sinnvolle Geldanlage?

riviera mehr sehen, mehr entdecken, mehr wissen

Nr. 315 OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019 4,90 € D A S

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SCHREIBEN AUCH SIE HIER GESCHICHTE UND HINTERLASSEN IHRE SPUREN… Vergangenes wird gegenwärtig:

Die Bastide du Roy verbindet ihre eigene royale Geschichte mit jener von Künstlern, Modedesignern & Rockern Der perfekte Ort für Events und Hochzeiten an der Côte d’Azur

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INFO 3

EDITORIAL Von aila StöcKmann

Steckt ein universales Naturprinzip dahinter – oder ist es schlicht Zufall? In dieser Ausgabe der RivieraZeit wimmelt es von Autos. Gleich zweimal geht es sogar um Rennwagen aus Zeiten Emil Jellineks. Das war derjenige, der den ungewöhnlichen Namen seiner Tochter in Nizza nicht nur seinen Villen, sondern auch noch seinem Lieblingsauto verpasste (Seite 30). Das Spannende an den beiden unabhängig voneinander von deutschen Tüftlern «auf neu» getunten Oldtimern: Sie werden – zeitgemäß – elektrisch angetrieben, und ihre Wege hätten sich kürzlich beinahe ausgerechnet in Sophia-Antipolis gekreuzt (Seite 7, 12 & 82). Das Für und Wider von Elektrofahrzeugen lassen wir uns in dem Zusammenhang auch gleich noch erklären (Seite 50): von einem Fachmann in eben jenem Technologie-Park, der eine Flotte der Retro-Oldies hocherfreut auf dem Gelände seiner Firma nachladen ließ. Aber keine Angst: Wer Autos eher als Fortbewegungsmittel denn als Lifestyle-Objekt betrachtet, findet auch noch andere Themen im Heft. Die Natur bleibt ein

Dauerbrenner: Wir schicken Sie wandern, lernen die Eigenheiten von Camargue-Pferden kennen und begleiten Tierschützer bei ihrer Mission, Meeresschildkröten zu retten. Ihre Gesundheit ist uns Sonderseiten wert, und ein Special bieten wir Ihnen ebenfalls rund ums weite Thema Kunst. Zu letzterem habe ich unlängst übrigens meine eigenen Erfahrungen gemacht. Dem Dienst an diesem Magazin verpflichtet, hatte ich keine Zeit, meinen Besuch aus Deutschland mitten am Tag am Flughafen in Nizza abzuholen. Zum Glück gibt es Busse, und so wurde der Freund zum einstweiligen Besuch des Picasso-Museums nach Antibes geschickt. Als ich ihn und sein kleines Köfferchen abends endlich vor Ort auflas, war die Enttäuschung groß: Man hatte ihn des Gepäcks wegen nicht ins Haus gelassen. Möge Ihnen Kunst niemals verwehrt bleiben! Herzlich,

daS team

PETRA HALL

CAROLE HEBERT

FRANÇOISE MULLER

PATRICE SAINT-LEGER

BICH LECOURT

VINCENT ARTUS

DOMINIQUE FREULON

DANIEL NARO

aila Stöckmann (Chefredakteurin) hat das Ruder der RivieraZeit von Gründerin Petra Hall übernommen. Sie lässt die Leser nach mehr als 15 Jahren Côte d’Azur und ebenso langer Zeit in der Redaktion der RZ mit unverminderter Begeisterung teilhaben an ihren Erlebnissen und Begegnungen im Süden. Das Kind des Ruhrpotts könnte nicht mehr ohne – ohne die Sonne, die Natur und die Zeitschrift für alle, denen es genauso geht. petra hall (Gründerin) hat vor 27 Jahren die Riviera Côte d’Azur Zeitung aus der Taufe gehoben, die sich unter dem Namen RivieraZeit zu einem attraktiven Magazin gemausert hat. Ihr Ziel von Anfang an: Lesern Spannendes, Informatives und Kurioses vom Mittelmeer in hochwertiger journalistischer Qualität zu liefern. Die gebürtige Hamburgerin ist in der südfranzösischen und monegassischen Medienlandschaft eine Institution. Bich lecourt (Geschäftsführerin unseres Verlags Riviera Press) wurde in Antibes geboren. Seit der Promovierung nach ihrem Wirtschaftsstudium arbeitet sie in Sophia-Antipolis und kennt sich bestens in der Business-Szene des Technologieparks aus. Sie liebt Architektur und Innendesign und ist immer darauf aus, Neues in ihrer Heimatregion und auf ihren Reisen zu entdecken. carole hébert (Sekretärin) ist die gute Seele im Team. Neben Buchhaltung, Abo-Verwaltung und Leser-Anliegen hat die Nordfranzösin mit einem Faible für Zahlen immer im Visier, dass weder Druckerpapier noch Kaffeepulver ausgehen.

Vincent artus (Art Director) gestaltet, was Sie hier in den Händen halten. Der waschechte Nizzarder hat eine Vorliebe für klare Linien und das Spiel mit weißen Flächen. Das MultiTalent macht auch Fotos und Filme. Françoise muller (Anzeigen & PR) stammt aus der Senfstadt Dijon. Sie lebt und arbeitet aber bereits seit 1993 an der Côte d’Azur, wohin sie die Liebe verschlug. Seit 14 Jahren arbeitet die Powerfrau mit Begeisterung im Bereich Kommunikation & Marketing. Ihre Hobbys: Literatur und Sport. dominique Freulon (Vertrieb, PR & Events, Freelance), gebürtige Pariserin und seit 15 Jahren an der Côte d’Azur, arbeitet mit viel Energie und Dynamik in unserer VertriebsAbteilung. Sie liebt den Kontakt mit Menschen und unsere Magazine. Ihre Hobbys: Reisen in ferne Länder, Literatur. patrice Saint-léger (Anzeigen & PR) arbeitet seit mehr als zehn Jahren in der Kommunikationsbranche. Nach dem BWL-Studium und einem beruflichen Abstecher nach London hat der gebürtige Cannois seine Passion für Anzeigen entdeckt – ihre kreative Seite und die Wirkung, die sie haben können. In der Freizeit geht ihm neben der Familie nichts über Sport und die Natur. daniel naro (Anzeigen & PR) wäre in seiner nordfranzösischen Heimat bei Metz beinahe Profi-Fußballer geworden. Plan B wurde die Versicherungsbranche. 25Jahre später suchte er die Sonne und fand sie an der Côte d’Azur. Hier startete er in den Medien neu durch – jetzt im Team von Riviera Press, wo er die Professionalität und Kollegialität schätzt. OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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ausgabe 315

Monaco

MEHR SEHEN, MEHR ENTDECKEN, MEHR WISSEN

125 Jahre Villa Les Flots und ihre unglaubliche Geschichte

40 Das ist neu

Foto Titelseite DAS RUSSISCHE BALLETTENSEMBLE STANISLAVSKI FÜHRT BEIM «CANNES DANSE FESTIVAL» AM 5. DEZEMBER «GISELLE» AUF (SEITE 19) © Ballett Stanislavski Foto unten KÜNSTLER ALFONS ALT ÖFFNET FÜR DIE RZ SEIN ATELIER, SEITE 22 © Alfons Alt

Highlights im Süden, über die Sie Bescheid wissen sollten

6 Lifestyle Loryc und Bugatti zu Besuch an der Côte d’Azur

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Wirtschaft Kultur Die Höhepunkte der kommenden Saison

14 Tanz-Festival in Cannes, Valrose-Festival in Nizza

19 Special Kunst Der Altotypist: Atelierbesuch bei Alfons Alt in Marseille

22 Kunst als Geldanlage: Eine sinnvolle Alternative?

24 Galerie Catherine Issert: Eine Institution in Saint-Paul-de-Vence

26 Zwei Neusser in Nizza: Ausstellung in der Dominikaner-Galerie

27 Der Posterboy: Die Bilder von Eric Garence kennt jeder

28 Geschichte Sehnsuchtsort Nizza: Die deutschsprachgie Gemeinde im 19. Jahrhundert

30 Gräber mit Geschichten: In Cannes liegt nicht nur Klaus Mann begraben

32 Menschen 5-Sterne-Job: Saskia Bourniquel arbeit dort, wo andere urlauben

34 Umgezogen: Newtons Monaco-Büro steht jetzt in Berlin

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Monaco will verstärkt ausländische Unternehmen anziehen

45 Start-Up in Ligurien: Traumberuf Olivenbauer

48 Umwelt Der Markt für Elektroautos in Frankreich und Deutschland bewegt sich

50 Natur Im Kampf gegen das Aussterben: Hilfe für Schildkröten

52 In der Camargue kann eine uralte Pferderasse bleiben, was sie ist

54 Ausflug Wilde Alpen: Wandern im Maira-Tal

56 Gesund & fit Special rund ums Thema «Wohlbefinden» an der Côte d’Azur

64-73 Veranstaltungen Feste, Musik, Sport-Events und vieles andere mehr

74 Endspurt Impressum

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DAS IST NEU!

Museum für den Komiker LOUIS DE FUNÈS IN SAINTRAPHAËL Foto u.l.: louis de Funès (1971) © Ministère de la Culture – Médiathèque de l’architecture et du patrimoine, Dist.RMN-Grand Palais / Sam Lévin

Diesen Sommer wäre Louis de Funès 105 Jahre alt geworden. Ihm zu Ehren wurde in Saint-Raphaël aus diesem Anlass ein Museum eröffnet. Gut 35 Jahre nach seinem Tod ist Frankreichs lange Zeit beliebtester Filmkomiker bei seinen Fans noch so populär wie eh und je; davon zeugen allein die 1,3 Millionen Follower seiner Facebook-Seite. Mehr als 400 Dokumente umfasst das liebevoll und interaktiv gestaltete kleine Museum: Filmausschnitte, Briefe, Plakate, Fotos und Requisiten aus seinen bekanntesten Filmen – mit Erklärungstafeln in Französisch und Englisch. «Ich suchte nicht den Erfolg, ich wollte gut sein», steht dort. Die Karriere des Louis de Funès (1914-1983) lief schleppend an. Seine erste Hauptrolle erhielt er mit 43 – und besonders gut war er darin, Figuren zu spielen, die auf charmante Weise scheitern, wild grimassierend, autoritär und feige, Typ cholerischer Kleinbürger: ob als Gendarm von Saint-Tropez (wo es in der Gendarmerie von damals seit einigen Jahren ebenfalls ein Film-Museum gibt) oder als Fantomas, als Louis, das Schlitzohr, oder als Orchesterdirigent in «Die große Sause»… In mehr als 140 Filmen und zahlreichen Theaterstücken wirkte er mit, brachte ganz Frankreich über 30 Jahre lang zum Lachen, und wurde doch zeitlebens von Kritikern nicht für voll genommen. Seine Fans wissen es immer noch besser: Nach der Museumseröffnung bildeten sich wochenlang Schlangen bis vor die Tür. 

© Ville de Saint-Raphaël, Justine Delmotte

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DAS IST NEU!

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Top secret «Transformation of Luxury» steht über dem Eingang eines zylindrischen Glas-Beton-Gebäudes im Herzen des Technologie-Parks Sophia-Antipolis. Glaubt man den betont cool umherlaufenden Designern, muttersprachlich überwiegend deutsch, so sind drei Tage im gerade vergangenen September die einzigen, in denen Journalisten jemals Fuß in das frisch eröffnete MercedesDesignzentrum gesetzt haben werden. Denn hier entwickelt die Automarke mit dem Stern Modelle, die in fernerer Zukunft über die Straßen rollen sollen. Alles, was ein Team von rund 30 Designern hier künftig an Ideen fürs Äußere, das Innere und das digitale wie analoge Nutzer-Erlebnis eines Wagens ersinnt, ist top secret. Chef-Designer Gorden Wagener spricht von «Haute-Couture des Auto-Designs»: Luxus war immer Teil von Mercedes, schon zu Emil Jellineks Zeiten vor 117 Jahren (siehe auch Seite 30) – und daran wird sich auch und erst recht an der Côte d’Azur nichts ändern. Neu allerdings ist im fünften Design-Studio neben Sindelfingen, Peking und zweimal Kalifornien der ganzheitliche Ansatz: alle verschiedenen Design-Abteilungen arbeiten gemeinsam unter dem 50 Meter langen gewölbten Dach. Was genau sich dort abspielt, lesen Sie in der nächsten Ausgabe der RivieraZeit. Eine Vision haben die Designer übrigens extra zur Eröffnung ihres neuen Domizils umgesetzt: Aus dem Mercedes Simplex von einst (Seite 82) ist ein elektrisch betriebenes Pendant des 21. Jahrhunderts namens Vision Mercedes Simplex entstanden – als reines Showcar-Unikat allerdings (Foto, mit Gorden Wagener). 

WO MERCEDES SEINE ZUKUNFT GESTALTET

Monacos neuer Grundriss Deutlich zeichnet sich der Umriss von Monacos neu entstehendem Stadtviertel im Meer ab: Die 17 riesigen Stahlbetonklötze, die seine Begrenzung bilden, sind seit Mitte Juli fest mit dem Untergrund verankert (Foto). Ende August wurde der 18. und letzte auf dem Wasserweg aus Marseille angelieferte caisson am Eingang des künftigen kleinen Yachthafens fixiert. Genau ein Jahr hat es gedauert, alle Beton-Giganten à 10 000 Tonnen Gewicht, die den stützenden Gürtel des neuen Stücks Land bilden, an Ort und Stelle zu platzieren. Der 500 Meter lange Wall ragt sieben Meter aus dem Meer und 20 Meter in die Tiefe, wo er auf einem künstlich angelegten Felsplateau verankert wurde. Teils überirdische, teils unter der Wasseroberfläche liegende Wellenbrecher werden den sechs Hektar großen neuen Stadtteil vor der Kraft des Meeres schützen. Die Außenstruktur der Beton-

LANDERWEITERUNG: DER GÜRTEL SITZT

© L’Anse du Portier

klötze ist so angelegt, dass Algen, Pflanzen und Meerestiere sich dort gut einnisten können. Zwischen September und dem Ende dieses Jahres wird die Fläche zwischen neuem Gürtel und alter Küste aufgefüllt. Noch gut ein weiteres Jahr soll es dauern, bis die Fläche zur Bebauung freigegeben wird. 2025, so der Plan, ist das neue Viertel bezugsfertig.  OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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DAS IST NEU!

Freier Fall Fliegen nur mit dem eigenen Körper – wer hat davon nicht schon einmal geträumt? Bodyflying oder auch Indoor-Skydiving, in Frankreich Chute Libre Indoor genannt, ist nun auch im Süden möglich: Mitte September wurde im Raum Aix-Marseille das nach Lyon und Paris erste Chute-Libre-IndoorCenter der Région Sud durch den Veranstalter iFly eröffnet. Die Anlage der technisch neuesten Generation verfügt über einen vertikalen Windkanal in einem verglasten, 17 Meter hohen Zylinder mit Bodennetz. Durch diesen wird die Luft mit einer Geschwindigkeit von 180 bis über 250 km/h mit Hilfe von Turbinen von unten nach oben geschickt – was in etwa der Fallgeschwindigkeit eines menschlichen Körpers in Bauchlage entspricht. Die Luft zirkuliert dann in großen Tunneln außerhalb des Zylinders, um in Endlosschleife erneut durch den gläsernen Simulator zu jagen. 

DER TRAUM VOM FLIEGEN

PRODUKTE AUS NIZZA: LOKAL UND LECKER

Souvenir oder Weihnachtsgeschenk gesucht? Noch bis Ende Dezember hat der Pop-up-Store Maison de Nice in Nizzas Einkaufszentrum Nice Etoile geöffnet. Zwei ähnliche Läden gibt es bereits in der Altstadt. Verkauft werden lokale Produkte überwiegend kulinarischer Art: alles rund um die Olive, Honig, Marmelade, Schokolade … Geöffnet ist das 125 Quadratmeter große Maison de Nice täglich von 10 bis 19.30 Uhr, sonntags von 11 bis 19 Uhr. Es befindet sich im ersten Untergeschoss des Shoppingzentrums, das am Knotenpunkt zwischen Linie 1 und 2 der Tram liegt. 

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Geschenkideen



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DAS IST NEU!

VerkehrsRevolution in Nizza

Von petra hall

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Alles ohne Auto Immerhin, es ist ein Anfang: Alternativen zum Auto werden in Nizza und der umgebenden Metropolregion seit einigen Jahren verstärkt angeboten. Zu den mittlerweile drei (fast vollständig in Betrieb gegangenen) Tram-Linien in Nizza (Plan unten) soll sich noch eine vierte gesellen: Sie wird den Westen von Nizza mit Saint-Laurent-du-Var und Cagnessur-Mer verbinden. 212 Millionen Euro fließen in das 2021 beginnende Projekt; bis 2025, spätestens 2026 soll Linie 4 eine Strecke von 6,2 Kilometern und 15 Haltestellen bedienen. Wer sich noch umweltschonender fortbewegen will, dem sei derweil der neue Wanderweg GR (Grande Randonnée) «Lou Camin Nissart» ans Herz gelegt – ein Rundwanderweg vollständig auf Nizzarder Stadtgebiet. Der Hauptweg (rot im Plan oben) beträgt exakt Marathonlänge, also 42,195 Kilometer; mit Varianten (blau) werden daraus 60. Er führt durch Stadtparks und über die umgebenden Hügel und Berge und summiert sich auf fast 1000 Höhenmeter. Bürgermeister Estrosi hat den Weg Ende August auf dem Mont Boron im Osten der Stadt persönlich eingeweiht und symbolisch eine der weiß-roten Markierungen an einen Baum gepinselt. Im kommenden Sommer soll überdies eine 261 Kilometer lange Strecke für elektrobetriebene Mountainbikes in Nizza und seinem Hinterland eröffnet werden. In sieben Etappen wird der Parcours zwischen dem Skigebiet Auron und dem Meer durch insgesamt 16 Orte und über diverse Berge führen, darunter der Col de la Bonnette (Höhenmeter insgesamt: 7000). Jeder Etappenort soll über Lade- und Wasch-Stationen fürs Rad verfügen. Kostenpunkt: 844 650 Euro. 

DURCH NIZZA – PER TRAM, RAD UND ZU FUSS

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eränderung soll gut gegen Alzheimer sein. Aber so sahen es nicht alle Teilnehmer der öffentlichen Verkehrsmittel in Nizza. So mancher stand verloren an der üblichen Haltestelle, wo er seit Jahren in «seinen» Bus eingestiegen war. Die meisten Fahrpläne waren verschwunden. Wenn man Glück hatte, hing noch einer da. Der aber zeigte eine ganz andere Busnummer und auch veränderte Routen an. Was war passiert? Am 2. September wurde das Bussystem der Metropole, Nizza und Umgebung, völlig umgekrempelt – unter dem Motto: «Weg mit den Bussen, alle Wege führen zur Straßenbahn!» 77 Linien mit 3100 Bushaltestellen sind von der Restrukturierung betroffen. An Knotenpunkten stand das Personal der Lignes d’Azur den Fahrgästen immerhin mit Rat und Tat zur Seite. Auf der Promenade des Anglais, wo Busse bisher täglich etwa tausend Mal hin- und herfuhren, erfolgen nun nur noch 120 elektrische Fahrten. Eine Entlastung in Bezug auf die Luftverschmutzung, ohne Zweifel. Die verwaisten Spuren in der Innenstadt, rues Joffre, Pastorelli, Hôtel des Postes, Liberté und de la Buffa, werden zu Fahrradwegen und Gärten. Das neue Prinzip funktioniert so: 90 Prozent der Stadtbevölkerung und 75 Prozent der Umgebung werden von einer Tram oder von fünf Bussen, die alle zu einer oder mehreren Straßenbahn-Haltestellen der Linie 2 und 3 fahren, bedient. Diese Busse (Nummer 5 bis 9) verkehren ungefähr alle 15 Minuten zwischen fünf und ein Uhr nachts und nennen sich «à effet tram». Damit sollen auch die Bewohner des Hinterlands von Nizza und der benachbarten Gemeinden besser an das Verkehrsnetz angebunden werden. Damit mehr Menschen ihre Autos am Stadtrand lassen, entstehen neue Parkmöglichkeiten in Magnan, Bosquets und am Hafen (schon fertig). Insgesamt gibt es so 600 zusätzliche Plätze. Noch sind Lücken im System: So fährt die Straßenbahn noch nicht vom Flughafen bis zum Hafen, das wird voraussichtlich ab Januar 2020 der Fall sein. Auch beklagen sich vor allem ältere Menschen, dass sie nur noch unter Schwierigkeiten in die Innenstadt gelangen. Ja, wer mag schon Veränderungen! Aber letztendlich macht diese Revolution in Nizza durchaus Sinn, steht die Stadt doch fast täglich besonders zu den Stoßzeiten vor dem Verkehrs-Infarkt. Was Anfang September, rechtzeitig zur rentrée, die Stadt elektrisierte, wird schon bald Alltag sein. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. 


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luxusleben auf dem Wasser: im schwimmenden penthouse © RevHouse

Schwimmendes Penthouse Ein neuer Trend kommt an die Côte d’Azur Wer träumt nicht vom Wohnen, arbeiten und Feiern in der ersten reihe? ein schwimmendes Penthouse sorgt für Yachthafen-Feeling, Naturnähe und maximale Freiheit zugleich. Das innovative Lebenskonzept gelangt diesen Herbst auch an die Côte d’azur. s eignet sich als Feriendomizil, als Büro oder für KundenEvents, und sogar als schwimmendes Restaurant ist es denkbar: das Floating Penthouse «Rev House Sea II». Anfang September wurde es zunächst vor Nizza spektakulär vom Container-Schiff zu Wasser gelassen, ehe es eigenständig in den Alten Hafen von Saint-Raphaël schipperte, um dann bereits wieder abzulegen – gen Cannes, zum Auftritt als VIPLounge während des dortigen Yachting Festivals. Das schwimmende Penthouse ist 20 Meter lang, bietet 125 Quadratmeter Wohn- und 156 Quadratmeter Terrassenfläche. Zugelassen ist es für maximal 100 Personen (vor Anker), zwölf von ihnen finden Platz in sechs Schlafzimmern. Mehrere Wochen könnte das schwimmende Haus dank großer Frisch- und Abwassertanks und eigener Biokläranlage autark unterwegs sein. Jedes schwimmende Penthouse der deutschen Firma «Rev House», das die Werft verlässt, ist völlig individuell ausgestattet. Zahl der Schlafzimmer, Inneneinrichtung, ob mit Jacuzzi oder ohne, Sauna oder nicht: Über Details entscheidet der Kunde. «So ein schwimmendes Luxus-Appartement ist mobiles Wassergrundstück und Wertanlage in einem, zumal in Zeiten knappen und teuren Wohnraums», erklärt Philippe Urbin, der die Penthouses an der Côte d’Azur vermarktet und das frisch eingetroffene Quaderboot als

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Showroom und mietbare Event- und UrlaubsLocation nutzt. Urbin freut sich auf die neue Herausforderung neben seiner internationalen Berater-Tätigkeit. Dem Franzosen kommt zugute, dass er nach jahrelangem beruflichen Aufenthalt im Nachbarland zusätzlich zum Englischen auch fließend Deutsch spricht. Zudem hat er seine Frau Martina als Geschäftspartnerin mit an Bord: Die auf Miet-Objekte und Concierge-Services spezialisierte Rheinländerin kümmert sich die um die Vermietung des Penthouses. Was suchen Menschen, die sich für ein schwimmendes Domizil entscheiden? Laut Lars Voigt, 2011 Mitbegründer und heutiger alleiniger Geschäftsführer der Entwicklungsfirma Rev House in Berlin, ist es eine Frage der Mentalität: Seine Kunden sehnen sich nach Naturnähe und genießen die Freiheit, dort ankern zu können, wo es sie hinzieht. Das nun an der Côte d’Azur eingetroffene erste Penthouse «Rev House Sea II» ist ein Boot der neuesten Generation. Ausgeklügelte Technik, moderne Umweltstandards und höchste Funktionalität der schwimmenden Häuser made in Germany sind das Ergebnis langjährigen fortwährenden Tüftelns. Der Clou beim Kauf eines schwimmenden Penthouses sei – bei aller Originalität des Wohnobjekts – seine Klassifizierung als Sportboot: «So werden weder die Wohnungssteuer taxe d’habitation noch Grundsteuer taxe foncière fällig, ebenso wenig wie Notarkosten

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oder später Erbschaftssteuern», erklärt Urbin. Wer das Hausboot dann noch im Namen seiner Firma kauft, spare sich überdies die Mehrwertsteuern und damit knapp 20 Prozent des Bruttokaufpreises. Je nach Größe und Ausstattung ist ein «RevHouse»-Penthouse ab 497 000 Euro (Standardmodell) bzw. 870 000 Euro (20-MeterVersion) zu haben. «Ein vergleichbares Haus oder Appartement kostet im Zentrum von Saint-Raphaël oder Cannes ein Mehrfaches», unterstreicht Philippe Urbin. Die Lieferzeit für ein maßgeschneidertes Penthouse-Boot beträgt etwa zehn bis zwölf Monate. Geschwindigkeitsrekorde kann man mit dem eckigen Schiff – das Steuer befindet sich vorn auf der umlaufenden Terrasse – nicht brechen. Gemächlich mit 12 km/h schwimmt es von einem Hafen zum nächsten. Dafür beträgt sein Preis aber auch nur einen Bruchteil dessen einer vergleichbar großen Yacht und punktet entsprechend mit viel geringerem Treibstoffverbrauch. So spannend fand übrigens auch der Fernsehsender TF1 das «Rev-House»-Wohnkonzept, dass direkt Anfang September Dreharbeiten für die beliebte Serie «Les plus belles vacances» auf dem Penthouse in Saint-Raphaël stattfanden. Ausgestrahlt wird die Sendung im kommenden Sommer. In Cannes wiederum wird das Penthouse überwintern, dort Anfang Dezember an der Tourismus-Messe ILTM teilnehmen und ansonsten jederzeit für Events oder exklusive Ferien zur Verfügung stehen. 

philippe und martina urbin vermarkten das penthouse an der côte d’azur © D.R.

KONTAKT www.revhouse-sea.com www.revhouse-sea.com/partner verkauf: Bitlog Conseil, Tel. +33 (0)6 42 61 10 15 vermietung: riviera Home Life, Tel. +33 (0)6 37 48 64 03 (Jeweils deutsch-/englisch/französischsprachig)

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Optisch anno dazumal … aber unter der Haube zukunftsweisend: Elektro-Flitzer aus Mallorca zu Gast auf dem Festland ie bei einem Kind glänzen Charly Boschs Augen, wenn er seinen silberfarbenen Loryc einem Fremden erklärt. Und das passiert ständig, denn ein Fortkommen ohne Aufsehen zu erregen ist in dem lautlosen Flitzer unmöglich. Das kantige Gefährt sieht aus wie eine Rennwagen von 1920 – aber da hören die Ähnlichkeiten mit seinem historischen Vorbild auch schon auf. Unter der Haube sorgt eine kraftvolle Batterie für den Antrieb, die Karosserie besteht aus recycelbarem Aluminium und der Fußboden aus nachwachsendem Teakholz. Neben dem Spaß (und dem vor allem!) stand der Umweltgedanke ganz vorn. «Elektrisches Fahren treibt mich schon lange um», sagt der Tüftler aus dem Schwabenland bei einem Ladestopp auf dem Gelände der SAP Labs France in Sophia-Antipolis (siehe Seite 50), «auch wenn es nur eine Zwischenlösung sein mag, um die alte Technik des Verbrennungsmotors zu beerdigen.» Trotz oder sogar wegen des Elektroantriebs sei der Fahrspaß im Loryc gewaltig: «Um die Kurven zu fahren, das ist ein Feeling – das hat mit Autofahren nichts zu tun…», schwärmt er. Weder Lenkung noch Bremsen sind Servo-unterstützt, jede Bewegung des Fahrers bringt der Wagen direkt auf die Straße. Mit dem Äußeren seiner Flotte von inzwischen acht selbst gebauten Lorycs zitiert Charly

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AbgefAhren! Bugatti feiert 110. Geburtstag in Monaco Autos der gleichen Marke in Monaco, das ist eigentlich keine Meldung wert. Wenn es aber 23 luxuriöse Bugattis sind, ist das eine Besonderheit. Anlässlich des 110-jährigen Jubiläums lud die Marke Besitzer aus aller Welt zur «Grand Tour» ein. Von Mailand in Italien, der Geburtsstadt des Gründers Ettore Bugatti, fuhren sie bis zum Firmensitz in Mols-

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Bosch einen Wagen, der ab 1920 ebenfalls auf Mallorca gebaut wurde: den ursprünglichen Loryc. Mit Mallorcas einziger Automarke war es allerdings schnell wieder vorbei; fünf Jahre nach Firmengründung musste das Werk in Palma schließen. 2013 nun erwarb der auf die Insel ausgewanderte Deutsche die Markenrechte und legte los. Das Bauen der Wagen war das eine – die offizielle Zulassung im europäischen Straßenverkehr das andere. Aber Charly Bosch wäre nicht Charly Bosch, wenn er sich da nicht durchgebissen hätte. Heute veranstaltet er mit seinen Lorycs Ausfahrten in die Bergwelt Mallorcas: vor allem als Incentive-Trips für Firmenkunden. Dass er neulich mit drei Freunden und vier der Wagen Marke Eigenbau an die Côte d’Azur kam, war Jutta Kleinschmidts Idee. Die deutsche RallyeIkone hat einen Wohnsitz in Monaco – und wo, wenn nicht vor der Kulisse des elektrofreundli-

charly Bosch zeigt, wie’s geht: Kurvenfahren in den Bergen ist im loryc die reinste Freude © DR

chen Fürstentums, würde sich ein Loryc besonders gut machen? Hatte Charly Bosch bei Projektbeginn vor fünf Jahren noch damit geliebäugelt, ein Serienfahrzeug zu schaffen, hat er sich von der Idee mittlerweile verabschiedet: zu aufwendig, zu teuer. 1200 Arbeitsstunden fließen in einen Wagen, so gut wie alles ist Handarbeit. Insgesamt acht der schicken Retroflitzer hat der Deutsche mit seinem kleinen Team bislang gebaut. Und natürlich treibt den Erfinder längst ein neues Projekt um: Diesmal soll noch mehr Geschwindigkeit ins Spiel kommen, natürlich elektrisch. A suivre… AS 

die lorycs von heute gleichen ihrem Vorbild von 1920 fast bis aufs i-tüpfelchen — zumindest optisch © DR

heim, Elsass. Etappenziel am 2. September war die Place du Casino in Monaco. Wie Stephan Winkelmann, Präsident von Bugatti, der RZ vor Ort verriet, war es das erste Mal, dass so viele Bugattis der aktuellen Produktionsserien zusammenkommen. Die «Grand Tour» quer durch Frankreich sollte dazu beitragen, das Bild der Luxusmarke als französischer Autohersteller zu prägen. Denn der Bugatti werde, so Winkelmann, häufig nur für eines unter vielen italienischen Supercars gehalten. Dabei war der Firmensitz schon immer in Molsheim. Winkelmann möchte sich in Zukunft nicht nur auf den Bugatti als schnellstes Serienauto (mit einem kürzlich aufgestellten Rekord von über 490 Kilometern pro Stunde) stützen, sondern auch Komfort und Luxus in den Fokus rücken.

«Die Stärke der Franzosen, den Luxus auf die Spitze zu treiben, ist einzigartig und wir haben die Möglichkeit, unsere Marke als einzigen Hersteller von Luxusautos in Frankreich zu positionieren.» NR/SMH 



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Klassik, Hiphop, Ballett, Musicals, Theater ...

Kultur ohne Ende Die neue Saison 2019/20 der Festspielhäuser an der Côte d’Azur beginnt! Wir stellen Highlights der kommenden Spielzeit vor. Übrigens: Für Kultur-Junkies werden fast überall Saison-Karten angeboten.

das philharmonieorchester monte-carlo © J.C. Vinaj, OPMC

Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo Das weltweit zu Festivals geladene Orchester aus Monaco (OPMC) reserviert auch seinem Stammpublikum im Fürstentum wie gewohnt anspruchsvolle Konzerte. Zu einem der unbestrittenen Höhepunkte der gerade begonnenen Saison zählt das Gastspiel des Pianisten Ivo Pogorelich am 8. Dezember um 18 Uhr im Auditorium Rainier III. Seine Bühnenpräsenz, seine Technik und Virtuosität lassen niemanden kalt. Weihnachtlich wird es am 21. Dezember um 20.30 Uhr in der Kirche SaintCharles in Monaco: Unter dem finnischen Dirigenten Juhani Lamminmäki werden Werke finnischer Komponisten wie Sibelius zu Gehör gebracht, mit dabei ist auch ein Chor aus Helsinki. Das Konzert ist gratis, das Platzangebot allerdings begrenzt. «From Broadway to Hollywood» ist ein Abend betitelt, an dem drei Solisten in Begleitung des OPMC Stücke aus berühmten Musicals spielen – von Bernstein bis Gershwin (29. Dezember, 18 Uhr, Auditorium Rainier III). Unbedingt empfehlenswert sind die Konzerte im Ehrenhof des Fürstenpalastes – Klassik unter freiem Himmel: Wie jeden Sommer gibt es zwischen dem 16. Juli und 6. August 2020 insgesamt sechs Abende mit ganz unterschiedlichen Werken. www.opmc.mc

der Schweizer dirigent Kaspar Zehnder kommt im april zum Gastauftritt nach antibes © Isabelle Deville

Orchestre de Cannes Das Orchester Cannes blickt einer gewohnt konzertreichen Saison entgegen. Mission aller französischen Regionalorchester ist es, Gastspiele in allen Ecken der Gegend zu geben – und dies auch an untypischen Orten: etwa in Gefängnissen, Schulen, für Notleidende. Die Musiker aus Cannes unter der Leitung von Chef-Dirigent Benjamin Levy spielen zwar überwiegend an der heimischen Croisette, gehen aber regelmäßig auch auf Tour in der Région Sud. Zu Gast sind über die neue Saison verteilt wie gewohnt zahlreiche Solisten und Dirigenten – darunter der Schweizer Dirigent Kaspar Zehnder (Foto oben). Den offziellen Saison-Auftakt markiert das Konzert am Sonntag, 20. Oktober, um 16.30 Uhr im Théâtre Debussy (Palais des Festivals) in Cannes: Auf dem Programm steht Chopin, am Taktstock ist Hausherr Benjamin Levy und am Piano Francesco Piemontesi. Kaspar Zehnder dirigiert das Orchester Cannes bei einem Konzert im Rahmen der Reihe «Classic à Juan» (Palais des Congrès in Antibes) am 11. April 2020. Auf dem Programm stehen Werke u.a. von Mozart, Debussy und Mendelssohn-Bartholdy. Die RZ verlost regelmäßig Eintrittskarten zu Konzerten in Cannes – siehe Seite 78. www.orchestre-cannes.com OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

Opéra Nice Côte d’Azur Die Oper Nizza steht für drei verschiedene Arten gehobener Unterhaltung: klassische Musik, Ballett und Oper – mit eigenem Sinfonie-Orchester und Ballett-Ensemble. Die Tänzer geben ihre ersten sechs Aufführungen Ende Oktober (18. bis 27.). Auf dem Programm stehen jeweils die drei Stücke «Démons et merveilles», choreografiert von Julien Guerin, erstmalig zu Gast beim Ballet Nice Méditerranée, das Pas-de-deux «Le Rendez-vous» (Roland Petit, Musik von Joseph Kosma) und «Vespertine» des jungen Choreografen Liam Scarlett. Eine zweite Serie mit Ballett-Abenden ist zwischen dem 21. und 31. Dezember programmiert («En sol» und «Pas de Dieux»). An verschiedenen Locations innerhalb Nizzas treten die Sinfoniker der Stadt auf: mal in der Oper, mal in der Acropolis, mal im Konservatorium, aber auch regelmäßig im Musée Chagall und vor Weihnachten in der Dominikaner-Kirche. Die erste Opern-Aufführung der neuen Saison ist für Ende November angesetzt: Zwischen dem 22. und 28. November wird Umberto Giordanos 1896 uraufgeführtes Werk in vier Akten «Andrea Chénier» gegeben. Im Mittelpunkt des Werkes steht die tragische Figur des französischen Dichters André Chénier, der 1794 in Paris mit 31 Jahren auf der Guillotine endete. Mozarts «Così fan tutte» steht im Januar auf dem Plan. www.opera-nice.org



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Les Ballets de Monte-Carlo Gut vormerken sollte man sich Jahr für Jahr die Daten, an denen die Tänzer aus Monaco vor heimischem Publikum auftreten – denn die Termine sind rar: Meist ist das Ensemble weltweit auf Tournee. Die neue Saison hält die ersten Ballett-Abende im Fürstentum am 23., 24. und 25. Oktober bereit (jeweils 20 Uhr im Salle Garnier der Oper Monte-Carlo). Auf dem Programm: Vier Stücke zu Ehren des russischen Tänzers Vaslav Nijinsky, choreografiert von vier verschiedenen Meistern ihrer Zunft (Monaco-Chefchoreograf Maillot, Goecke, Verbruggen und Inger). Mit demselben Programm ist Monacos Ballett-Ensemble übrigens Anfang Juni 2020 zu Gast beim Festival «Movimentos» in Wolfsburg. Im Grimaldi Forum treten die Tänzer wie gewohnt zwischen den Jahren erneut auf. Zwischen dem 27. Dezember und 5. Januar steht die Uraufführung von «Coppéli-i.A.» an, der neuen Kreation von Jean-Christophe Maillot. www.balletsdemontecarlo.com

Oper Monte-Carlo Die Opern-Saison in Monte-Carlo beginnt wie gewohnt im November rund um den monegassischen Nationalfeiertag (19.11.), in diesem Jahr mit drei Aufführungen einer Neu-Inszenierung von «Lucia di Lammermoor» von Gaetano Donizetti aus dem Jahr 1835 (Grimaldi Forum, Salle des Princes). Die Oper handelt von zwei Liebenden aus den beiden verfeindeten Adelsfamilien Ashton und Ravenswood, die erst im Tode vereint werden. Donizettis Werk gilt als einer der Höhepunkte der Epoche des Belcanto und als Idealtypus der romantischen Sängeroper. www.opera.mc

die uraufführung von Jean-christophe maillots neuester Kreation «coppél-i.a» steht ende des Jahres bei den Ballets de monte-carlo auf dem programm © Alice Blangero

Grimaldi Forum

© Cirque Phénix

Wie auch die anderen Festspielhäuser der Côte d’Azur lädt das Grimaldi Forum hochkarätige, oft internationale Acts ein – Konzerte, Musicals, Tanz uvm. erwartet die Zuschauer in der Saison 2019/20. Die französische Sängerin und Songwriterin Jeanne Added ist am 12. Oktober um 20.30 Uhr zu Gast im Salle Prince Pierre. Für ihren Titel «Radiate» erhielt sie in diesem Jahr zwei Victoires de la Musique. Am 20. November gibt Michaël Gregorio ein Konzert zum 30. Geburtstag der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention (19.30 Uhr, Salle des Princes). Tagsüber sind auf dem Vorplatz des Grimaldi Forums Hüpfburgen und andere Kinderbelustigungen aufgebaut. Der chinesische Cirque Phénix (Foto oben) präsentiert am 7. und 8. Dezember seine bunte, mitreißende, akrobatische Show «Le Roi des Singes» (Salle des Princes). Zu Weihnachten (21. Dezember bis 5. Januar) ist zum zweiten Mal die interaktive Lego-Erfahrung für die ganze Familie «Brick live Monaco» zu Gast (Espace Ravel). Täglich (außer 25.12. und 1.1.) von 10 bis 18 Uhr. www.grimaldiforum.com OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

Sängerin Jeanne added tritt am 12. Oktober im Grimaldi Forum auf © Julien Mignot


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moderner und Klassischer tanz ist beim tanz-Festival in cannes angesagt © Gregory Batardon

Palais des Festivals Cannes Auch in Cannes reiht sich eine spektakuläre Aufführung an die nächste. Am 19. Oktober um 20.30 Uhr ist beispielsweise der libanesische Sänger Ara Malikian – der erste Musiker des Königlichen Orchesters Madrid, der aussieht wie ein Biker – mit seiner «Royal Garage World Tour» auf der Bühne des Grand Auditoriums im Palais des Festivals. Der Zirkus Eloize ist mit seiner neuen Show «Hotel» am 26. Oktober um 20.30 Uhr zu Gast (Théâtre Debussy). Für einen Abend voller Magie sorgt Illusionist Dani Lary am 31. Dezember und 1. Januar (Grand Auditorium). Tanz hat einen besonderen Stellenwert in Cannes. So findet vom 29. November bis 15. Dezember erneut das gigantische «Festival de Danse» statt mit Aufführungen im Palais des Festivals, in anderen Spielstätten in Cannes und erstmals auch an anderen Orten der Côte d’Azur (Seite 19). www.palaisdesfestivals.com www.festivaldedanse-cannes.com

Anthéa in Antibes Es wird eine «sechsy» Saison für das Theater in Antibes. Im sechsten Jahr seines Bestehens stehen 66 Produktionen an. «Anthéa bringt in der neuen Spielzeit 17 Eigen- und Koproduktionen auf die Bühne», sagt Intendant Daniel Benoin. Somit gehöre das Theater mittlerweile zu den wichtigsten Spielstätten in Frankreich. «Über unsere Theaterstücke wird sogar in Paris gesprochen», freut sich auch Antibes’ Bürgermeister Jean Leonetti. Unter den Gesichtern der neuen Spielzeit befinden sich viele französische Bühnen- und Filmstars wie Charles Berling, JoeyStarr, Béatrice Dalle oder Gaspard Proust. Neben Klassikern von Molière, Brecht oder Shakespeare sowie Boulevardstücken wird auch Ungewöhnliches gezeigt: Beim Abend «Le paradis sur scène» wird der weltweit bekannte Landschaftsarchitekt Jean Mus die Bühne in einen musikalischen Garten verwandeln. Auf dem Programm stehen ebenso wieder Tanzabende, Konzerte sowie Stücke für Kinder und Zirkus. Zu den Höhepunkten der kommenden Saison zählt sicherlich auch Peter Steins Inszenierung von «Der Menschenfeind». Die schlechte Nachricht: Diese umjubelte Inszenierung des deutschen Regisseurs ist genau wie zahlreiche andere Veranstaltungen schon längst ausverkauft. Bereits drei Wochen nach Beginn des Vorverkaufs zählte das Theater 13 000 Abonnenten. Die gute Nachricht: Die Theatercrew hat die Zahl der Aufführungen erhöht, und bei Redaktionsschluss waren noch einige Tausend Plätze im Vorverkauf verfügbar. So gab es zum Beispiel noch Karten für «Disgraced» oder «Così fan tutte» – zwei Regiearbeiten des Intendanten Daniel Benoin. Auch für «Romanesque: la folle aventure de la langue française» von Lorànt Deutsch existieren noch Restkarten. Das Gleiche gilt für Brechts «Leben des Galilei» oder «Elephant Man» und andere Stücke. Unbedingt sehenswert und zum Glück noch nicht ausverkauft sind «Raoul» von und mit James Thierrée, dem Enkel von Charlie Chaplin, oder die russische Zirkustruppe «Slava’s Snowshow». Zudem können Theaterfans auch jederzeit versuchen, über die Ticketbörse noch Plätze für eine Wunschvorstellung im Anthéa zu ergattern. www.anthea-antibes.fr OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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«der kleine prinz» für die ganze Familie: im november im theater Grasse © Jean-Luc Tourne

Theater Grasse

Scène 55 in Mougins

Wie auch den anderen Häusern der Region ohne eigenes Ensemble gelingt es dem Direktor in Grasse, Jean Flores, Jahr für Jahr außergewöhnliche Gäste in sein – kürzlich umfassend renoviertes – Theater zu holen: Neben klassischen Schauspielen stehen Tanz, Zirkus, Musik und Humoristisches auf dem Spielplan. Zu den Höhepunkten 2019/20 zählen im Dezember die mehrtägige Clown-Reihe «Objectif Clown», aufgeführt im Zirkuszelt in La Roquette-sur-Siagne, und im April das «Week-end HipHop», das für bebende Bühnenbretter in Grasse sorgen wird. Im November (4. bis 12., nachmittags) wird für die ganze Familie «Der kleine Prinz» von der heimischen Kompagnie Cie 100°C Théâtre gezeigt; «Ma Mère l’Oye» – Tanz zu Musik von Maurice Ravel, gespielt vom Regionalorchester Cannes, gibt’s am 6. Dezember um 20 Uhr (Choreografie: Maryon Levy), und am 18. und 19. Januar die mitreißende Hip-Hop-inspirierte Tanzshow mit sieben Männern und einer Frau, «Danser Casa». www.theatredegrasse.com

Mit einem vielseitigen Programm startet das noch neue Festspielhaus Scène 55 in Mougins in eine neue Runde. Von Ballett und Tanz über Theater, Zirkus und Comedy bis zu musikalischer Unterhaltung wird alles geboten. Insgesamt stehen 32 verschiedene Aufführungen auf dem Plan. Zu den Highlights zählen die Abende mit dem Ballett-Ensemble von Angelin Preljocaj («Gravité», am 11. und 12. Oktober) und das akrobatische Programm «Somos» der Compagnie El Nucleo aus Kolumbien (17. Oktober). Für Theaterliebhaber stehen beispielsweise die Stücke «Adieu M. Haffmann» (31. Januar) und das Ein-Mann-Stück «Vous n’aurez pas ma haine» (19. November) auf dem Plan. scene55.fr

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Kulturzentrum

europA & berlin in nizzA ewohnt vielfältig präsentieren sich die Veranstaltungen des deutsch-französischen Kulturzentrums Nizza (CCFA) diesen Herbst: Fotos, Vortrag, Lesung und das schon traditionelle Weihnachtskonzert – alles dabei! 8. november: Vernissage der Ausstellung von Straßenfotograf Martin U. Waltz, der Bilder zum 30. Jahrestags des Mauerfalls zeigt. Der waschechte Berliner ist mit seiner Kamera zu den Orten gegangen, wo vor 30 Jahren Geschichte geschrieben wurde. Wie haben sich die Orte im Laufe der drei Jahrzehnte verändert? Leben ist dahin zurückgekehrt, wo es zu DDR-Zeiten stehen geblieben war. 12. november: Anlässlich des 90. Geburtstags von Jürgen Habermas referiert Prof. Dr. Arno Münster zum Thema: «Habermas: Europäer und Vordenker eines transnationalen Europas». Habermas erweist sich mit seinen politischen Schriften von 1990 bis heute als ein leidenschaftlicher Verfechter der europäischen Idee, einer europäischen Verfassung und einer Föderation postnationaler Staaten mit «geteilter Souveränität» und gleichzeitig als ein Gegner von jeglichem Nationalismus und Populismus. Arno Münster ist habilitierter Doktor der Sozialphilosophie der Universität Hannover, Doktor der romanischen Li-

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mikhail tatarnikov lädt auf das anwesen seines Vorfahren in nizza © DR

Valrose International Music Festival

Alte trAdition wiederbelebt as elegante, zum russischen Kulturerbe Nizzas zählende Château de Valrose ist diesen Herbst Schauplatz eines außergewöhnlichen Klassik-Festivals. Das «Valrose International Music Festival» will nicht nur an alte Traditionen in der außergewöhnlichen Location anknüpfen, sondern will darüber hinaus unter anderem zur Diskussion in Sachen Nachhaltigkeit, Bildung und Kultur anregen sowie soziale Projekte anstoßen. Für den künstlerischen Direktor und Chefdirigenten des dreitägigen Festivals, Mikhail Tatarnikov, ist das Château de Valrose auch mit ganz privaten Erinnerungen verknüpft: Der großzügige Bauherr und Philanthropist Pavel Grigorievich von Derviz ließ nicht nur 1870 dieses Schloss in der Côte-d’Azur-Metropole bauen sowie verschiedene Kirchen, Theater und Kinderkrankenhäuser – er war auch Tatarnikovs Ur-Ur-Urgroßvater. Tatarnikov selbst ist ein international renommierter Dirigent, der auf Bühnen wie der Scala in Mailand, der Oper Monte-Carlo, der Komischen Oper Berlin oder der Bayerischen Staatsoper gestanden hat, darunter mit Solisten wie Anna Netrebko, Yusif Eyvazov oder Gauthier und Renaud Capuçon. Das Festival in Nizza versammelt unter der Direktion von Elena Stravinsky vom 1. bis 3. November allabendlich um 19 Uhr international gefeierte Musiker auf der Bühne des Château de Valrose, darunter Opern-Stars des Moskauer Bolschoi-Theaters.  Tickets: valrosefestival.com

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Festival International de Danse

MArke CÔTE D’AZUR Auf der bühne as renommierte internationale TanzFestival Cannes zieht dieses Jahr noch größere Kreise: Spielstätten an der gesamten Côte d’Azur empfangen zwischen dem 29. November und 15. Dezember Ensembles aus aller Welt, die ihre besten Kreationen zeigen. 24 Compagnien bringen ein so vielfältiges wie originelles Programm auf die Bretter der Festspielhäuser zwischen Cannes, Antibes, Nizza, Grasse und sogar Draguignan. Die Erweiterung des längst weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Festivals kommt nicht von ungefähr: Das internationale Tanzfestival wird die erste Kulturveranstaltung unter dem noch neuen Markennamen «Côte d’Azur France» – der zurückgeht auf David Lisnard, Tourismuschef der Côte d’Azur und Bürgermeister von Cannes. Mit Veranstaltungen wie dem Tanz-Festival will die Region künftig speziell außerhalb der Saison mehr Kulturreisende anziehen. 15 der insgesamt 21 Tanz-Programme bleiben allerdings der Festivalstadt treu. Verwöhnt werden die Zuschauer unter anderem mit drei Weltpremieren, einer Europapremiere und einem eigens für das Festival in Cannes choreografierten Stück. Die ganze Bandbreite der Tanzkunst wird abgebil-

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teraturwissenschaft der Universität Freiburg und habilitierter Doktor der Philosophie der Sorbonne. Er lebt heute in Nizza. 22. november: Herbstzeit – Krimizeit: Der Journalist und Krimiautor Benjamin Cors liest aus seinem aktuellen Roman «Leuchtfeuer». 15. dezember: Das CCFA lädt mit Unterstützung der Deutschen Botschaft Paris zu seinem jährlichen Weihnachtskonzert. In diesem Jahr empfängt das Kulturzentrum das Duo Ramon Jaffé (Cello) und seine Tochter Serafina (Harfe). Alle Veranstaltungen finden im Kulturzentrum am Rande der Altstadt von Nizza statt, 20 Cité du Parc. Die jeweiligen Uhrzeiten und weitere Infos entnehmen Sie bitte der Website ccfa-nice.fr. Anmeldung (kostenfrei) für die Veranstaltungen unter info@ccfa-nice.fr

der Straßenfotograf martin u. Waltz bringt Berliner Geschichte mit nach nizza © Martin U. Waltz

det: Von klassischem Ballett bis zu Hip Hop ist alles dabei. Mit ihrem gefeierten Stück «Körper» etwa visualisiert die deutsche Choreografin Sasha Waltz die Hülle und das Innere des menschlichen Körpers, seine Schönheit und Hässlichkeit, seine Sterblichkeit und dem Traum vom perfekten Körper (Sonntag, 8. Dezember, 18 Uhr, Palais des Festivals in Cannes, ab 10 Euro). Am selben Vormittag wird der Tänzerin zu Ehren der deutsche Dokumentarfilm von 2014 «Sasha Waltz, un portrait» gezeigt (11 Uhr, Espace Miramar). Die teilnehmenden Häuser jenseits von Cannes sind: das Anthéa in Antibes, das Théâtre National in Nizza, das Forum Jacques Prévert in Carros, das Theater Grasse, die Scène 55 in Mougins und die Théâtres en Dracénie in Draguignan. www.festivaldedanse-cannes.com

mit ihrem Werk «Körper» kommt die deutsche choreografin Sasha Waltz nach cannes © Bernd Uhlig

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alfons alt schafft Werke wie diese in marseille, Kreuzungen aus Fotos und Gemälden © D.R.

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Der Altotypist ein atelierbesuch bei alfons alt in Marseille

einmal jährlich widmen wir uns in einem Special der Kunstszene im Süden. Seine aufwendige Prozedur, einzelstücke zu schaffen, Werke zwischen Fotografie und Gemälde, erklärt uns der zwischen Marseille und dem Schwabenland pendelnde Künstler alfons alt: altotypien nennt er seine Bilder hintergründig. Wetten, dass Sie illustrationen des zweiten Kreativen, den wir ihnen vorstellen, kennen? an der Côte d’azur kann man sich seinen Werken kaum entziehen: eric Garence, hier aufgewachsen, steckt hinter den farbenfrohen Postern mit stilisierten Motiven des Südens, die Wände und Produkte aller art zieren. außerdem sind wir zu Gast in zwei völlig unterschiedlichen Galerien und haben uns mit einem experten über die Kunst des Sammelns unterhalten.

22 Kunst als Geldanlage ... eine sinnvolle alternative?

24 Galerie Issert eine institution in Saint-Paul-de-vence

26 Bei den Dominikanern Zwei Neusser in Nizza

27 Der Posterboy Die Bilder von eric Garence kennt an der Côte d’azur jeder

28 Neues aus der Szene Marseille erwartet 2020 die Manifesta

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DER ALTOTYPIST Ein Atelierbesuch bei Alfons Alt in Marseille Nicht Fotograf, nicht Maler, Marseillais von ganzem Herzen – mit Heimweh nach dem Schwabenland: Der Künstler alfons alt ist ein Wandler zwischen den Welten. Mit seinen Bildwerken hat er ein neues Genre geschaffen, die altotypie. Von chriStine helFritZ

Einer aus diesen frühen Tagen der Friche ist Alfons Alt, ein lebhafter Endfünfziger mit rundem, vertraut wirkendem Gesicht. Überhaupt ist er in den vielen Jahren, die er nun schon im Süden lebt und arbeitet, seiner Art ganz offensichtlich treu geblieben. War es seine Ausbildung, die ihn damals nach Marseille geführt hat? «Ganz einfach – eine Frau», berichtet er verschmitzt, während er geschäftig in seinem weitläufigen Atelier hin und her eilt und an mehreren Werken gleichzeitig arbeitet. Über Mangel an Aufträgen kann er nicht klagen. «Dies hier muss morgen geliefert werden. Ich bin immer im Lieferstress», berichtet er. Allerdings versteht sich der Künstler nicht als Star.

Seine Preise für seine Werke sind moderat, bewegen sich ab 500 Euro aufwärts und stellen ein Entgelt für harte und langwierige Arbeit dar: Dies wird innerhalb der drei Stunden deutlich, während derer die Autorin dieses Textes ihn bei seinem Schaffensprozess begleiten darf. Die Entstehung der Werke verläuft in mehreren Stufen und generell über einen langen Zeitraum. Während hier gewässert wird, wird dort belichtet und auf dem großen Wärmetisch im Nebenraum pigmentiert. Am Anfang des Prozesses steht meist die Aufnahme einer Groß- oder Mittelformatkamera. Allein die Herstellung der Projektionsgrundlage im Format des späteren Bildes (in diesem Fall ein Positiv, kein Negativ) braucht rund einen Monat. Erst dann kann die Weiterverarbeitung beginnen. Parallel muss in wochenlanger Arbeit das Papier vorbereitet werden: Zunächst werden fünf Schichten von fotografischer Gelatine aufgetragen; sie ist es, die später mit Hilfe von Wasser die Aufnahme der Farbpigmente ermöglicht. Diese Beschichtung wird anschließend fotosensibilisiert durch das Auftragen einer Chemikalie. Die Belichtung des Papiers erfolgt 1:1 als Kontaktabzug in einem riesigen Belichtungsgerät – mit Hilfe von UV-Strahlen, die eine Schutzbrille erfordern. Wo sie auf die Gelatine treffen, wird diese zerstört und kann keine Pigmente

alfons alt © D.R.

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n der Friche la Belle de Mai, Marseilles angesagtem Künstler- und Kulturzentrum, geht es wie immer quirlig zu. Selbst an normalen Wochentagen wimmelt es von Leben zwischen den nackten, bunkerartigen Waschbetonmauern der ehemaligen Industriebrache. Hier haben sich seit den 1990erJahren über 400 Kunst- und Kulturschaffende aller Disziplinen angesiedelt, darunter viele bildende Künstler. Manche unter ihnen gehören längst zum Establishment und stellen feste Größen im Kunstleben der Region und darüber hinaus dar. OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

die Werke von alfons alt sind immer auch Zufallsprodukte © D.R.


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der Künstler in seinem atelier © D.R.

mehr aufnehmen. «Diesen Prozess nennt man auch Alteration, und das gefällt mir gut, denn da ist ‚Alt‘ drin», lacht Alfons Alt. Nach der ausgiebigen Wässerung des Bildes beginnt der eigentliche künstlerische Akt (neben dem Erstellen der Fotografie), die Pigmentierung des Bildes. Hier geht es zur Abwechslung vergleichsweise schnell, denn die an den unbelichteten Stellen verbleibende Gelatine muss noch feucht sein, um Farbe aufnehmen zu können. Beim Thema Pigmente kommt der Meister ins Schwärmen: «Das ist das Zentrum meiner Arbeit. Meine Arbeit ist Pigmente-Arbeit. Man braucht viel Erfahrung, diese Farben zusammenzubringen und solche Töne zu erhalten ... Die Fotografie ist für mich ein sehr einfaches Ding. Aber dies hier, da fängt die Magie an.» Vorsichtig trägt er die farbgebenden Stoffe auf das Bild auf und reibt sie in die Gelatine. Nicht alle sind natürlichen Ursprungs wie das Ocker aus Roussillon. Irgazin zum Beispiel, eine Familie künstlicher Farbstoffe, schätzt Alfons Alt sehr. Zum Teil sind die von ihm verwendeten Farben rar und exotisch: Thulit aus Norwegen mit seinem zarten Rosa, seit Jahrhunderten zur Darstellung von Hauttönen verwendet, oder der dunkle Shungit aus Ostfinnland und Russland. Alts Pigmente-Zulieferer, ein kleines, hochspezialisiertes Unternehmen im Allgäu, ist der einzige Lieferant weltweit für das echte, historische Purpur: «Das ist das teuerste Pigment auf der Welt – für die Herstellung von einem einzigen Gramm werden die Sexualorgane von etwa 10 000 Purpurschnecken benötigt!», erläutert er. Angeblich brauchen die Schnecken hierfür nicht ihr Leben zu lassen; trotzdem kostet ein Gramm immerhin 2524,88 Euro inklusive Mehrwert-

steuer. «Das ist ein esoterisches Pigment. Wer Purpur hat, hat eine Telefonlinie direkt zu Gott», begeistert sich Alt. «Deswegen ist das auch die Farbe der Päpste. Die haben es von den Römern, überliefert von den Griechen und den Persern.» Auch die Pigmentierung der Bilder kann chemische Prozesse auslösen, je nach verwendetem Material. «Manche Stoffe sind organisch, manche hydrophil, andere hydrophob. Die reagieren untereinander, und das ist dann immer so eine Wundertüte. Es wird jedes Mal etwas anders, und das ist genau das, was ich will. Ich will Einzelstücke herstellen.» Bis zur Wässerung der belichteten Bilder bewegt Alt sich auf dem Gebiet historischer Prozesse, so wie sie zu Beginn der Fotografie im 19. Jahrhundert angewendet wurden. Was dann kommt, ist freie Kunst: Der Farbauftrag, aber auch das Überzeichnen mit der Hand. «Ich versuche manchmal, alles hinterher wieder kaputt zu machen. Denn auch die Zerstörung ist eine Kunst.» Das am Ende des Prozesses entstandene Bild ist etwas ganz Eigenes – keine reine Fotografie mehr, aber auch kein gemaltes Bild. In Anlehnung an die alten Meister der Fotografie nennt Alfons Alt seine Werke «Altotypien»; auf seiner Visitenkarte findet sich die Berufsbezeichnung «Altotypist». «Im 19. Jahrhundert hat eigentlich jeder Fotograf ein ...typie an seinen Namen angehängt. Die Daguerrotypie ist nur das bekannteste Beispiel hierfür», erläutert er. Das Wissen über diese Verfahren erwarb er bei den Fotografen Jean-Pierre und Claudine Sudre im Luberon: «Da habe ich die Basis für alle Schwarz-Weiß-Arbeiten gelernt, für die historischen Prozesse.» In Barcelona bei Jordi Guillumet lernte er die Anwendung

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der Pigmente, bei Michel Bertrand das Verfahren der Résinotypie. Bleibt die Frage, welches Gewicht die Fotografie in Alts Schaffensprozess hat. «Ich mache nur sehr wenig Fotos. Ich schieße nicht, dieses Wort hasse ich, sondern ich nehme. Aber nur das, was man mir gibt. Ich bin ein Vermittler zwischen dem Apparat und dem Motiv.» Später fügt er hinzu: «Ich mache Fotos, um sie wieder zu vergessen.» In seinem Büro zu Hause befindet sich ein riesiges Archiv, Alts «Bilderbank». Auf diesen über lange Zeit gewachsenen Fundus greift er immer wieder zurück, manchmal erst Jahre später. Seine Motive, das sind Bäume, Pflanzen, Städte, Architektur. Und immer wieder Tiere. Anfang der neunziger Jahre wird ihm bewusst, wie viele Arten von Tieren im Begriff sind auszusterben. Der Entschluss reift, ein Tiermusterbuch herzustellen, ein Bestiarium: «Ich wollte mein Leben den Tieren widmen. Das Maß aller Dinge ist das Tier», sagt er in Anspielung auf den Satz des Protagoras. Vierzehn Jahre widmet er diesem Projekt. Mittlerweile hat er sich auch anderen Motiven zugewandt. Was auch immer er verbildlicht, er versucht dabei, das Symbol herauszuarbeiten. Das Ergebnis sind Bilder mit mystischer Ausstrahlung, erfüllt von einem tiefen Licht, fast wie aus ferner Vergangenheit oder Zukunft. Und immer wieder schwingt auch ein Quäntchen Humor mit. Bei aller Philosophie – die handwerklichen Schritte sind Alfons Alt wichtig. Seine allererste Ausbildung, noch vor aller Fotografie, war die eines Schreiners. Überhaupt kommt er aus einer Schreiner-Familie: Sein Vater und sein Bruder sind Schreiner, sein Groß- und Urgroßvater waren Schreiner, sein Ururgroßvater hat als Wagner Wagenräder aus Holz hergestellt. In Illertissen geboren, im Fugger-Städtchen Weißenhorn zur Schule gegangen, ist Oberschwaben die Heimat seiner Familie seit Generationen. Über dreihundert Jahre war die Gegend österreichisch; diese Wurzeln prägen ihn bis heute. Alt hält sich oft in seinem Schwabenland auf, gleichermaßen aktiv in Deutschland wie in Frankreich; und auch seine Kundschaft verteilt sich zu etwa fünfzig Prozent auf beide Länder. In beiden hat er schon viel an Sammler, Museen und Institutionen verkauft; für die Bayrische Regierung – Finanzamt und Vermessungsamt – hat er Kunst am Bau produziert. Und immer wieder ist er auf Ausstellungen präsent – diesseits und jenseits des Rheins. In Marseille, da packt ihn oft das Heimweh. «Ein Gefühl, das ich aber nicht verabscheue. Das ist sogar ein angenehmes Gefühl: Dann nehme ich ein Papier und mach was. So wie das hier, an dem ich gerade arbeite. Und dann bin ich wieder daheim.»  www.altotypist.com www.documentsdartistes.org/alt OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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KUNST ALS GELDANLAGE … eine sinnvolle Alternative? Von Julian menKe

Wie funktionieren Gemälde, Oldtimer, Weine oder Whisky – so genannte Passion Investments – als investitionsobjekte? Darüber sprachen wir mit Dr. Martin M. Blumenthal von der abteilung Kunst der versicherung allianz Deutschland aG. Blumenthal ist auf Kunstauktionen, Kunstmessen und kulturellen events unterwegs, um stets genau im Bilde zu sein, welchen Wert welche Objekte haben.

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Wie geeignet ist das Investieren in «liebhaberObjekte» als Geldanlage? Wie viel Sachkenntnis braucht man als Sammler?

Veranstaltungen gehen. Interessiere ich mich für Kunst, würde ich schauen, was für Galerien in meiner Nähe sind, welche Kunsthändler, welche Messen. Bei der «Art Düsseldorf» beispielsweise, einer der neuen und spannenden Messen im europäischen Raum, besteht die Möglichkeit, dass man sich bei ungefähr 70 verschiedenen Galerien nacheinander beim Messerundgang informiert. So eine Messe ist eine Art Marktspiegel, der zeigt, wie Preise sich entwickeln, was die Tendenzen sind. Auf diese Weise kann man ziemlich schnell eigenes Knowhow aufbauen.

Sachkenntnis ist, wie bei jedem Investment, unabdingbar. Wenn man sich dazu entschließt, in Kunst oder andere sogeSie versichern Menschen, die im nannte Passion Investments zu investieren, besitz äußerst wertvoller sollte dabei nie die rein monetäre Rendite kunstwerke sind. Wie kommen im Fokus stehen. Passion Investments bieIhre kunden daran? ten so viel mehr; wenn wir in diesem VokaDie meisten Sammlungen sind über viele bular bleiben wollen, dann zumindest auch Jahre akribisch, mit viel Leidenschaft und eine «ästhetische» oder eine «kulturelle RenDetailwissen aufgebaut worden. Andere dite». Sammlungen befinden sich seit GeneratioKunst als solche erzielte laut «Frank Knight nen in der Familie und werden heute beiReport» in den letzten zwölf Monaten eine spielsweise mit zeitgenössischer Kunst Rendite von ungefähr neun erweitert, verfeinert oder präProzent, innerhalb der letzten zisiert. zehn Jahre gar 158 Prozent. Die in der Literatur oft zitierten «ACH, DEN HAT Aber das gilt natürlich nicht «Dachbodenfunde» kenne ich durchgängig für jedes Kunstaus meiner fast 20-jährigen MEIN GALERIST MIR werk, genauso wie man nicht Berufserfahrung nicht. Die SiVOR JAHREN sagen kann, dass sich die tuation, dass Kunden etwas AUFGESCHWATZT.» Wertentwicklung von Immovor längerer Zeit gekauft und bilien in allen Lagen gleich eine vage Ahnung den Wert entwickelt. Unsere Empfehbetreffend haben, erleben wir lung ist: Investieren Sie Zeit hingegen recht häufig. und Leidenschaft, dann relativiert sich die Ich war beispielsweise einmal bei einem Frage nach dem finanziellen Investment. Sammler in Hamburg, der über eine eigentlich bescheidene Sammlung verfügte – Wie wird man zum Sammler? aber im Schlafzimmer hing ein großer GerDas passiert meistens ganz von alleine. Sie hard Richter über dem Bett. Als ich ihn sollten sich von Ihren Interessen leiten lasfragte, wie er denn an den gekommen sei, sen, sich informieren und sich austauentgegnete er nur lapidar: «Ach, den hat schen. Interessiere ich mich beispielsweise mein Galerist mir vor Jahren aufgefür alte Autos, würde ich auf Oldtimerschwatzt.»


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Wie kann man sich der Echtheit eines bildes sicher sein? Um die Authentizität eines Kunstwerkes festzustellen, bedarf es meiner Meinung nach eines Zweiklangs. Das ist zum einen die naturwissenschaftliche Untersuchung und zum anderen die kunsthistorische Bewertung. Und hier spielt die Provenienz eine sehr große Rolle. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Wir haben ungefähr einmal im Monat eine Anfrage über einen bisher unbekannten Vermittler, der beispielsweise einen Picasso in einem Schließfach versichern will. Meist sind dann weder aktueller Eigentümer noch die Geschichte oder Authentizität des Bildes auch nur ansatzweise plausibel zu rekonstruieren. Meist soll ein solches Werk durch die Versicherung der Allianz legitimiert und nobilitiert werden, sozusagen ein Gütesiegel per Versicherungsvertrag erhalten. Solche Anfragen lehnen wir ab; wichtig sind uns transparente und langlebige Kundenverbindungen. Unsere Kunden schützen wir übrigens nicht nur, indem wir – stellt sich ein versichertes Kunstwerk nachträglich als Fälschung heraus – die bisher gezahlte Prämie zurückerstatten, sondern auch mit Rechtskosten, die der Wahrung der Interessen unseres Versicherungsnehmers dienen, zum Beispiel bei fehlerhaftem Rechtstitel des Verkäufers an unseren Kunden.

Wie viel muss ein kunstwerk kosten, damit es tatsächlich als Geldanlage geeignet ist? Dafür gibt es keine Regel. Ich kenne viele wunderbare Arbeiten, die seinerzeit für relativ kleines Geld zu erwerben waren und heute eine sehr hohe prozentuale Rendite aufweisen. Man denke hier zum Beispiel an frühe Graphiken von Sigmar Polke. Vielleicht sollte man sich viel eher an folgende alte Binsenweisheit halten: Kaufe niemals ein zweitklassiges Werk eines erstklassigen Künstlers.

Ist der wirtschaftlich beste Zeitpunkt zum Abstoßen eines kunstwerks der Tod des künstlers? Das kann man sicherlich pauschal so nicht sagen. Wichtiger ist hier der aktuelle Markttrend des Künstlers, Zeit oder Ort, in denen er wirkte, oder seine stilistische Einordnung. Wenn man an die Frage strategisch herangehen will, könnte man fragen, welche Ausstellungen in Galerien, welche in Institutionen aktuell geplant sind, wie präsent er auf Auktionen ist und welche Sammler sich für ihn engagieren. Kennen Sie die drei «D» im Kunstmarkt, die den Zeitpunkt bezeichnen, wann Kunst in den Markt gegeben wird? Divorce, Debt, Death. Dabei bezieht sich hier der Tod auf den Tod des Sammlers, nicht des Künstlers. 

DREIFACH-kOMPETENZ

dreier-team: henning Schwarzkopf, dr. martin m. Blumenthal, christian Sellin © D.R.

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rst kürzlich hat ein Dreier-Team aus Dr. Martin M. Blumenthal als experte für Passion Investments, Christian Sellin, allianz-Spezialist für vorsorge und Finanzierungen, sowie dem einladenden rechtsanwalt Henning Schwarzkopf in antibes einen vortrag über den Kunstmarkt und das Sammeln von Kunst gehalten. Henning Schwarzkopf ist als rechtsanwalt in Frankreich (Gericht Grasse) und Deutschland (Hamburg) zugelassen. in seiner Kanzlei in antibes betreut er vorwiegend deutschsprachige Mandanten an der Côte d’azur, unter anderem Kunstsammler. ihre Problemstellungen sind vielseitig und häufig länderübergreifend. Typische Problemstellungen sind:

Der Klient hat das Kunstwerk eines alten Meisters gekauft, möchte es Jahre später bei einem auktionshaus versteigern, und dieses erhebt Zweifel an der echtheit des Bildes.

ein Sammler möchte den Leihvertrag über seine private Sammlung mit einem Museum kündigen. Die aquarelle seiner Dauerleihgabe weisen in Folge unsachgemäßer Hängung Stockflecken auf, und der Sammler will auf Schadensersatz klagen.

«von Nagel zu Nagel» versichert, und jetzt ist das Gemälde von Gerhard richter beim Kunsttransport beschädigt worden – welche ansprüche hat der Klient gegen wen? Henning Schwarzkopf berät bei der Geltendmachung von Herausgabeansprüchen von Kunstwerken, prüft und erarbeitet verträge (Galerievertrag, Leihvertrag, ausstellungsvertrag) und kennt sich aus mit erbrechtlichen erwägungen: Sollten Werke in eine Stiftung eingebracht, frühzeitig veräußert oder an Freunde und verwandte vermacht werden?

Die allianz-Generalagentur Christian Sellin mit Büros in Hamburg und Lübeck betreut internationale industriekunden und anspruchsvolles Privatklientel. Zusammen mit der abteilung Kunst der allianz werden Wertanalysen der Passion Investments erstellt, wird in Fragen der Sicherung, Konservierung sowie restaurierung beraten und so weltweit für den passenden versicherungsschutz gesorgt. im Schadenfall sorgt die versicherung für die abwicklung. 

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«KUNST IST MEIN LEBEN» Saint-Paul-de-vence gilt als Kunst-Ort schlechthin der Côte d’azur: ateliers und Galerien, wohin man blickt. 1975 wollte Catherine issert hier mit einer Sammlung internationaler, zeitgenössischer Kunst eine Lücke füllen. Längst ist die Galerie vom Dorfeingang nicht mehr wegzudenken. Von anniKa BremicKer

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atherine Issert ist in Nizza geboren, ging für ihr Studium nach Paris und kehrte schließlich doch wieder zurück an die Côte d’Azur – eine für sie ganz logische Entscheidung. Denn neben dem Wunsch, an den Ort, an dem sie aufgewachsen und bereits zahlreichen Künstlern begegnet war, zurückzukehren, war ihr klar geworden: Sie wollte hier etwas schaffen, was es zu der Zeit außerhalb von Paris nicht gab und was auch heute in Saint-Paul-de-Vence noch eine Besonderheit ist. «Mitte der 70erJahre gab es hier keine Galerie mit internationaler, zeitgenössischer Kunst. Ich wollte mit amerikanischen Galeristen und Künstlern arbeiten und spürte, dass es hier einen Platz für mich gab», erinnert sich die Galeristin. Und so eröffnete sie in Zusammenarbeit mit dem Künstler Claude Viallat ihre eigene Galerie. Was es brauchte, um sie zu dem Erfolgsmodell zu machen, das sie heute ist? «Zeit», ist sich Issert sicher. «Eine Galerie baut sich im Laufe der Jahre auf – wie eigentlich doch alle Dinge.» Je länger sie überlegt, desto mehr Aspekte fallen ihr dann noch ein. Für sie als Galeristin sei es wichtig, kultiviert zu sein, Studium oder Ausbildung nicht zu vergessen, denn alles, von der prähistorischen Kunst bis heute, folge einem roten Faden. Sich in der OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

halb nicht die Frage an erster Stelle, was gerade angesagt ist und den Besuchern gefallen könnte, sondern ihr eigener Geschmack. «Es handelt sich immer um Künstler, bei denen ich sofort eine Lust verspüre, sie zu präsentieren.»

Junge, aufstrebende Talente und langjährigen kontakte

Galeristin catherine issert © D.R.

Kunstgeschichte auszukennen, schade also nie. Eine Sache jedoch könne man nicht lernen: das Glück, den richtigen Blick zu haben. «Dieser Blick steht ganz am Anfang, und er kann sich weiter entwickeln, aber niemals komplett erlernt werden.» Wichtig sei auch ein guter Start: Nur interessante und hochwertige Ausstellungen sorgen bei Künstlern für ein Interesse, in der Galerie ausgestellt zu werden. Letztendlich ist es jedoch Catherine Issert, die ihre Künstler aussucht, nicht andersrum. Auf Messen, durch Empfehlungen oder manchmal auch einfach «wunderbare Zufälle» stößt Issert auf Künstler, deren Werke sie präsentieren möchte. Dabei geht es weniger um den Sammlergedanken, sondern den Wunsch, diese Kunst anderen Menschen zeigen zu können. Bei der Suche nach neuen Werken steht des-

Eine Mischung aus jungen, aufstrebenden Talenten und langjährigen Kontakten bildet die Gruppe von aktuell 25 mit der Galerie arbeitenden Künstlern. Dieses Aufeinandertreffen von Jung und Alt inszeniert Catherine Issert in ihrer «Hommage aux Mages» auf der bedeutenden Pariser Messe für zeitgenössische Kunst (FIAC), bei der ihre jüngsten Schützlinge auf die Arbeit der Älteren mit neuen Werken antworten. Neben der FIAC ist die Galerie Catherine Issert jährlich auf diversen anderen Messen vertreten – etwa bei der ArtGenève, der ArtMonteCarlo oder der Messe für Video- und zeitgenössische Kunst in Nizza, Camera Camera. Die langjährige Arbeit in Saint-Paul-de-Vence hat die Galeristen sensibilisiert für Veränderungen, sowohl in der Kunstszene allgemein, als auch im Dorf. Besonders das größer werdende Interesse an internationaler Kunst begeistert Issert: Mehr und mehr afrikanische und asiatische Kunst finde ihren Platz. Catherine Issert sei glücklich über jedes Publikum und jeden Kunstinteressierten, versichert sie. Der allzu kommerziellen Vermarktung von Kunst im Dorf jedoch steht sie kritisch gegenüber. Zum Glück gebe es aber noch andere Galerien wie ihre, bei denen die Kunst an erster Stelle steht. Ob man zwischen Arbeit und Freizeit bei ihr noch eine klare Linie ziehen kann? «Kaum», sagt Issert. «Ich habe meinen Freundeskreis im Bereich der Kunst, in meiner freien Zeit besuche ich Ausstellungen in Museen. Kunst ist praktisch mein ganzes Leben.» 


riviera Foto 1 :

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Für türda ugurel ist das malen ein erfüllender ausgleich zum Zeichnen von Bauplänen. er hält Stadtansichten oder landschaften im Foto fest und gibt sie leicht abstrahiert in seinen Gemälden wieder. © AS

Foto 2 : regina Bender hält nicht nur laufend in Skizzen Begegnungen aus ihrem alltag fest, aus denen immer wieder leuchtend bunte Gemälde entstehen. Sie ist auch als dozentin für Kunstkurse an der heimischen Volkshochschule tätig. © AS

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Ausstellung bei den Dominikanern

ZWEI NEUSSER IN NIZZA Von aila StöcKmann

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önche haben sich selten ausschließlich der Religion gewidmet. Weltliches, zumal Kunst in jeder Form, gehört seit Jahr-hunderten zum Leben im Kloster dazu. Die Dominikaner in Nizza betreiben gar eine eigene Galerie. Kostengünstig können Laien und Profis dort ihre Werke ausstellen – in bester Altstadtlage, einen Steinwurf ent-fernt vom Blumenmarkt. Der Eingang zur kleinen Galerie des Dominicains befindet sich links neben der Konvents-Kirche, direkt gegenüber der Oper an der Rue Saint-François-dePaule. Im August zeigten zwei Künstler aus dem nordrhein-westfälischen Neuss hier ihre Gemälde. Bewusst kontrastreich haben sie ihr Programm gehalten: Sie, Regina Bender, im Hauptberuf Bankkauffrau, hatte eigens für das Abenteuer Nizza bunte, expressionistische Werke gemalt, Stillleben und Episoden aus ihrem Leben, vielfach mit französischen Kommentaren mitten im Bild – ein bisschen wie Nizzas Vorzeigekünstler Ben. Er, Türda Ugurel, deutsch-türkischer Architekt mit Zweitwohnsitz in der Côte-d’Azur-Metropole und Initiator der Ausstellung, hat ausschließlich mediterrane Stadtansichten und Landschaften festgehalten. Dem gebürtigen Istanbuler ist das Mittelmeer Lebenselixier. Besonders stechen in seinen geometrischen, leicht abstrakten Bildern Yachten im Hafen von Monaco und

Straßenzüge der Altstädte von Nizza, Menton oder Saorge hervor. Während eines seiner regelmäßigen NizzaAufenthalte mit seiner Frau Susanne sei er in die Dominikaner-Galerie spaziert und habe gefragt, was man tun müsse, um dort auszustellen. Die schlichte Antwort von Frère Didier lautete: «Man muss sich bewerben.» Einmal im Monat tritt ein Gremium zusammen und sichtet die eingereichten Mappen. Wer die Mönche mit seinen Bildern begeistern kann, erhält einen Zuschlag – wie Türda Ugurel, der schmunzelnd die E-Mail mit der prompten Zusage von Bruder Didier hervorzieht. Der Zeitpunkt der Expo freilich kann in weiter Zukunft liegen. Mehr als zwei Jahre konnte sich Türda Ugurel auf die zweiwöchige Ausstellung an der Côte d’Azur vorbereiten. Als erstes griff er zum Telefonhörer, um seine Nachbarin als Mitstreiterin zu gewinnen für die beeindruckende Aufgabe, eine ganze Galerie zu bespielen. Beide würden je um die 20 Bilder zeigen können und für die Hängung, PR und Betreuung der kleinen Galerie ganz allein verantwortlich sein. Regina Bender sei sofort Feuer und Flamme gewesen, erinnert sie sich: «Als Bankkauffrau verdiene ich meinen Lebensunterhalt, aber die

Kunst ist mein Leben.» Wie Türda Ugurel malt und zeichnet sie in ihrer Freizeit und teilt überdies dessen Leidenschaft für Frankreich und die Sprache. Während bei ihm der Unterricht zu Schulzeiten in Istanbul überwiegend auf Französisch gehalten wurde, hatte sie Französisch als Leistungskurs, lud später zu Konversationskursen in ihren Garten und urlaubt seit 20 Jahren in der Bretagne. So lag die größte Vorfreude beider in der Aussicht, sich in Nizza mit den Besuchern der Galerie auszutauschen – auf Französisch und über ihr Faible, die Kunst. 

GALERIE DES DOMINICAINS 9 rue Saint-François-de-Paule in Nizza (gegenüber der Oper). Bruder Didier vernay nimmt Bewerbungen potentieller aussteller entgegen: didier.vernay@free.fr Tel. +33 (0)4 92 17 41 00

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DER POSTERBOY Die Bilder von Eric Garence kennt an der Côte d’Azur jeder Von c. mcclatchie & S. müller-hanSen

und der Sorbonne, gefolgt von einem Management-Master an der Skema Business School wiederum in Sophia-Antipolis. Eric erzählt, dass er während seiner Zeit in der Hauptstadt damit begann, Bilder am Computer zu bearbeiten und seine Nachbarschaft rund um den Eiffelturm zu zeichnen – Motiv eines seiner ersten Poster. Das war 2016. «Meine Kunden, größtenteils meine Freunde, mochten wirklich, was ich da machte», erinnert er sich. Er begann, seine Designs auf Facebook, Pinterest und Instagram zu teilen. Als es an der Zeit war, nach Südfrankreich zurückzukehren, ging Eric davon aus, er würde Arbeit im Digitalsektor finden. Ein einziger Telefonanruf jedoch machte aus seiner Passion eine Überraschungskarriere. «Eine Agentur hatte meine Arbeiten in den sozialen Netzwerken entdeckt und bat mich, ein Design für die Côte d’Azur zu entwickeln.» Daraus ergab sich eine dauerhafte Zusammenarbeit, Eric wurde Markenbotschafter für die Côte d’Azur, seine Designs finden sich heute auf über 140 Produkten von Marken wie Galeries Lafayette und der Parfümerie Fragonard. So sehr er sich auch durch frühe Pioniere des Stils wie etwa Roger Broders, Savignac und Cassandre inspirieren lässt: Der wahre Grund dafür, dass er sich seine Nische mit dem Posterdesign geschaffen hat, ist ein anderer. «Meine Mutter sammelt Fotos von alten Fassadenreklamen, und solange ich mich erinnern kann, hat sie alte Werbung an Hauswänden fotografiert», erklärt er. «Es war recht leicht für mich, diesen alten Stil mit einem modernen Ansatz neu zu interpretieren.» Heute warten an jeder Ecke von Nizza Inspi-

rationen auf ihn. Von den ikonischen blauen Stühlen entlang der Promenade des Anglais bis zu unbekannteren Attraktionen wie den Weinbergen von Bellet. Aber auch Kunden aus Saint-Tropez, der Schweiz und darüber hinaus beauftragten ihn. «Zwei von drei Werken sind Aufträge, das dritte entspringt meiner Leidenschaft», sagt er. Aber egal, ob Auftrag oder Passion, «hinter jedem einzelnen Poster steckt viel Arbeit», fährt er fort. «Das Kunstwerk ist das Ende eines Prozesses. Zuvor studiere ich die Orte und filtere Details heraus.» Sorgsam wählt er eine Handvoll unverwechselbarer Symbole aus. «Das Design ist nicht wirklich interessant, eine Geschichte über einen Ort zu erzählen ist es aber», sagt er. Eric schafft es, in seinen Kunstwerken Moderne und Vintage in Einklang zu bringen. Und seine Bekanntheit wächst. Ein unerwarteter Anruf Ende letzten Jahres von Garrett Camp, Mitgründer von Uber, brachte Eric einen Auftrag für zwei Illustrationen für ein neues Geschäftsfeld des Kanadiers ein, aero.com. Ein weiterer Besitzer seiner Kunst ist Emmanuel Macron. «Der Präsident und Brigitte Macron lieben meine Kunstwerke», schwärmt er. «Tatsächlich haben sie zwei Originale: Eines im Elysée-Palast und ein anderes im Fort de Brégançon.» Das breite Grinsen auf Erics Gesicht verrät, dass der 39-Jährige noch immer nicht glauben kann, wohin ihn die letzten vier Jahre geführt haben. «Am Anfang habe ich das nur für mich gemacht. Und auch heute mache ich noch Dinge für mich allein», verrät er. «Aber heute verkaufe ich meine Kunst auch, das ist schon ein bisschen anders.» 

eric Garence (auf der leiter) mit einem seiner Werke © D.R.

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015 war Eric Garence Chef eines Startups für digitales Marketing in Paris, und er verdiente sein tägliches Brot damit, Apps für Unternehmen wie die französische Bahn oder eine Großbank zu entwickeln. Heute, im Jahr 2019, ist er zurück daheim an der Côte d’Azur, wo er seinen Besprechungsraum gegen ein Kreativstudio in Cagnes-surMer eingetauscht hat. Seine Illustrationen können Menschen entlang der ganzen Riviera bewundern. Und in Paris schmücken sie sogar die Mauern des Elysée-Palastes. Seine erfrischenden Neu-Interpretationen alter Reiseplakate – die schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts Besucherinnen und Besucher an die Côte d’Azur locken sollen – haben ihm eine ganze Reihe neuer Kunden beschert. Lokale Tourismusverbände sind ganz scharf darauf, mit seinen leuchtenden Neo-Retro-Designs die nächste Generation Reisende in ihre Städte zu locken. Kunst war für Eric Garence «immer eine Leidenschaft», er betrachtete sie nie als seinen Karriereweg – und hat nie eine formale Ausbildung genossen. Stattdessen studierte er Jura an der Université Nice Sophia-Antipolis OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

der illustrator arbeitet für viele bekannte marken © Côte d’Azur France


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Biennale

«Manifesta 13» kommt nach Marseille

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m kommenden Jahr wird vom 7. Juni bis 1. November die Manifesta, eine europäische Wander-Biennale für zeitgenössische Kunst, nach Marseille und damit erstmalig nach Frankreich kommen. Seit 1996 alle zwei Jahre stattfindend, hat sie sich unter der Führung von Gründungsdirektorin Hedwig Fijen zu einem der drei wichtigsten Großkunstevents in Europa entwickelt. Sie fand zuletzt in Palermo statt und wird 2022 in Pristina (Kosovo) ausgetragen werden. Die Manifesta versteht sich als Plattform für einen Dialog zwischen Kunst und Gesellschaft mit dem Ziel der Auslösung positiver sozialer Veränderungen am jeweiligen Standort sowie in Europa. Unter dem diesmaligen Motto «traits d’union.s» (Bindestriche) sollen in zahlreichen Veranstaltungen und Performances neue Formen eines gesellschaftlichen Mit-

planStadt chandiGarh

Le Corbusiers Meisterwerk

© Jacques Dworczak

papierschnipselregen: das Bild entstand vor zwei Jahren auf einer manifesta-perfomance in palermo, dem letzten austragungsort vor marseille © Kathrin Luz

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er Geist von Le Corbusier ist nie weit entfernt von der Cote d’Azur, aber vielleicht war die Planstadt «Chandigarh» in Indien das größte Werk des schweizerisch-französischen Architekten und Möbeldesigners. Die Traumstadt des ersten indischen Premierministers Jawaharlal Nehru, die kurz nach der Unabhängigkeit in Auftrag gegeben wurde, war ein äußerst erfolgreiches Projekt, bei dem Ideologie und Architektur zusammenarbeiteten, um ein urbanes Wahrzeichen zu schaffen. Die wunderbare Architektur der Stadt zählt zum Weltkulturerbe , und die Innenräume wurden mit dem gleichen Eifer gestaltet. Damals noch als Massenware produziert, sind die Möbel und Einrichtungen von damals heute sehr begehrt. Jacques Dworczak hat kürzlich den Katalog «Raisonné du Mobilier: Jeanneret Chandigarh» erstellt, und da die Möbel eine eigene Kultanhängerschaft entwickelt haben, ist er sehr gefragt. Wenn Sie durch den Katalog blättern möchten, können Sie das bis zum 9. November in der Galerie Casamanara in Monaco (Le Roccabella, 24 Avenue Princesse Grace) tun. 

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einanders (symbolisiert durch den Bindestrich) ausgelotet werden. Die Stadt Marseille mit ihrer besonderen Prägung durch mehrere Generationen von Migranten soll in dieser Frage nicht nur als Austragungsort, sondern auch als Inspirationsquelle und Modell dienen. Einer bereits in Palermo erfolgreich praktizierten Innovation folgend wurde im Vorfeld eine umfassende urbane Studie über Marseille und seine Metropolregion durchgeführt: Der niederländische Architekt und Stadtplaner Winy Maas erarbeitete mit seinem Architekturbüro MVRDV und dem von ihm geleiteten Thinktank The Why Factory eine 1200 Seiten umfassende Analyse der Stadt auf der Basis von Interviews und erhobenen Raumdaten. Sie soll als Grundlage für künstlerische Interventionen im Rahmen der Manifesta 13 sowie für die künftige Weiterentwicklung der Stadt durch ihre Bürger dienen. Einzelheiten zum Veranstaltungsprogramm werden Mitte Oktober auf Pressekonferenzen in Paris und Marseille bekannt gegeben. Das Begleitprogramm Les Parallèles du Sud soll weit in die Region ausstrahlen. Die Stadt Marseille erwartet ab kommenden Sommer mindestens 300 000 Besucher und wird eigens zu diesem Zweck das MAC, Musée de l’Art Contemporain, renovieren.  www.manifesta13.org

laVOir mOuGinS

regionale Kunst

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ünstler der Region zeigen in diesem Herbst erneut ihre Werke im ehemaligen Waschhaus (lavoir) der Altstadt von Mougins. Auf Einladung der Ambassade Internationale des Arts (AIDA) bespielen sie den für seine regelmäßigen Ausstellungen bekannten Raum am Ortseingang vom 3. bis 20. Oktober, geöffnet täglich von 10.30 bis 20 Uhr. Malerei und Skulptur wird in allen Facetten vertreten sein – von naiven über abstrakte bis zu digital erstellten Werken. Der Eintritt ist frei.  OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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GESCHICHTE

Johann Georg Sulzer ist der ideale Türöffner gemäß dem Konzept des Tourismushistorikers Marc Boyer. Der Schweizer Sulzer, der in seinem «Journal d’un voyage fait en 1775 et 1776 dans les pays méridionaux» die Vorzüge des Umlandes von Nizza beschreibt, ist das Pendant zu Tobias Smollett für die englischsprachige Gemeinde. Bis heute ehrt ihn die Rue Sulzer, neuerdings auch das gleichnamige Parkhaus am Rande der Altstadt.

Gekrönte Häupter zogen Großbürgertum nach sich

ein parkhaus trägt heute den namen des Schweizers Johann Georg Sulzer, der 1775/76 in der Gegend unterwegs war © AS

Sehnsuchtsort Nizza Die deutschsprachige Gemeinde im 19. Jahrhundert Von VerOnique thuin-chaudrOn Übersetzung: JörG lanGer

in der Literatur zur Geschichte der Stadt Nizza im 19. Jahrhundert findet man Werke über die englisch- und russischsprachige Gemeinde, aber kein einziges über die deutschsprachige – zweifellos wegen der politischen auseinandersetzungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Dabei hörte man in den Straßen neben Französisch, italienisch, englisch und russisch durchaus auch Deutsch.

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ie deutschsprechende Gemeinde von einst hat eine komplexe Gestalt, denn sie umfasst Angehörige verschiedener Nationalitäten: die der deutschen Länder, danach die des deutschen Reichs nach 1871, weiter die der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie, schließlich die der deutschsprachigen Schweizer und die Elsässer, die 1871 die Staatsangehörigkeit gewechselt hatten. Man kann noch Deutsche aus dem russischen Reich dazu zählen wie die Familie Falz-Fein, Eigner des Palais de Marbre. Die Lage wird noch unübersichtlicher durch die Frauen, deren deutsche Herkunft durch Heirat überdeckt wird – wie zum Beispiel die der Alexandra Feodorovna, verheiratet mit Zar Nikolaus dem Ersten. Sie hält sich zweimal Mitte des 19. Jahrhunderts in Nizza auf. Andere Familien sind noch internationaler geprägt – wie OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

die Branicki, Eigner der Villa L’Olivetto in Cimiez. Sie haben einen französischen, russischen, österreichischen und einen polnischen Zweig. Die Deutschsprachigen im 19. Jahrhundert gehören zusätzlich verschiedenen Religionsgemeinschaften an. Die evangelische ist bedeutend. Sie folgt Luthers Spuren, der in der Kirche Saint-Martin-Saint-Augustin im Jahre 1510 eine Messe gelesen haben soll. Die Katholiken müssen ebenfalls erwähnt werden, allen voran der bayrische König Ludwig I., dessen Totenmesse in der Kathedrale Sainte Réparate in der Altstadt mit großem Pomp zelebriert wurde. Schließlich sind da die Deutschsprachigen jüdischen Glaubens – wie die Familie Aged in der gehobenen Hotellerie. Alle Bedingungen für eine weitere Entwicklung der deutschsprachigen Gemeinde sind vereint.

Ein zweiter Eckstein für die Entwicklung der Stadt Nizza und Umgebung als Erholungsziel ist der Verweil gekrönter Häupter, die die Aristokratie und das Großbürgertum nach sich ziehen. König Ludwig I. von Bayern bleibt Nizza von 1862 bis 1868 treu. Er stirbt in seinem Wohnsitz auf der Promenade des Anglais, der Villa Lions. Der König von Württemberg besucht Nizza regelmäßig zwischen 1858 und 1888. Seine letzte Residenz ist das Hotel Splendid auf dem Boulevard Victor Hugo. Der heutige Park Alsace-Lorraine trug früher seinen Namen. Einige Monarchen erwerben auch Grundbesitz, etwa Ernst II., Prinz von SachsenCoburg-Gotha, mit dem mittlerweile abgerissenen Château de Fabron. Der gute Ruf Nizzas wird weiter durch zahlreiche Künstler verstärkt. Unter anderen kann die berühmte deutsche Sängerin Sophie Crüwell genannt werden, die mit ihrem Mann das ebenfalls nicht mehr existente Palais Vigier am Fuß des Mont Boron im venezianischen Stil errichten ließ. Auch Schriftsteller privilegieren oft Nizza. Der häufige Aufenthalt von Nietzsche ist sehr bekannt, der von Anna Claud-Saar weniger. Die Werke einiger Maler verewigen die Schönheit der Landschaft. Diejenigen des Deutschen Manuel Wielandt (1863-1922) werden auf Postkarten reproduziert. Mit dem Beginn des Industriezeitalters mischen sich die Eliten der Aristokratie und des Großbürgertums. Der Österreicher Emil Jellinek, Sportler und Unternehmer, Importeur von Daimler und Rennfahrer für Daimler in Nizza, steht am Ursprung der Marke Mercedes. Er investiert auch im Immobilien- und Hotellerie-Sektor.

Unterschiedliche Motivationen Die Motivationen für einen Aufenthalt in Nizza variieren. Entscheidend sind die Vorteile des jeweiligen Umfelds. Einzelne Winterurlauber suchen die Natur aus ästhetischen oder wissenschaftlichen Gründen, so der Botaniker Joseph Fürst zu Salm-Dyck in seiner Villa auf dem Mont Boron. Andere erhoffen sich in dem außergewöhnlichen Klima Heilung – wie der österreichische Geiger Heinrich Wilhelm Ernst, der die letzten sieben Jahre seines Lebens in Nizza verbringt. Wieder andere suchen aus politischen Gründen Zuflucht, etwa der preußische Diplomat Harry von Arnim, der sich mit Bismarck überwarf. Dagegen folgt ein großer Teil der Touristen einem Modetrend und sucht


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ders als im sonstigen Frankreich» empfangen werden. Das Bild einer Stadt, die fern von nationalistischen Tendenzen ein kosmopolitisches und internationales Flair pflegt, begünstigt die rasche Wiederkehr der Deutschen. Laut dem Autor der «Voyage au pays des roubles via Munich et Berlin» sagen die Einwohner von Nizza von sich, dass sie weder Franzosen noch Italiener sind, sondern Nizzarder. Andererseits schlagen sich die gespannten Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland in der lokalen Presse nieder. Die Verhaftung von Spionen ist häufig. 1886 wird ein Fritz Killian für den Versand von Geschosshülsen, versteckt in Blumensträußen und mit Bestimmungsort Berlin, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Frank Pilatte gründet eine lokale Zelle der «Ligue des patriotes» von Paul Déroulède, einem nationalistischen Volkstribun, der 1914 in Nizza verstirbt. Und ein gewisser Exibard leitet die Außenstelle der antideutschen «Ligue de protection nationale». die patisserie auer existiert noch heute © AS

die Zerstreuung. Das nahe gelegene Monaco hilft dabei. Die deutschsprachige Gemeinde wächst dank der Fortschritte im Schienenverkehr. Laut dem damaligen Journalisten Gil Blis haben die Deutschsprachigen bereits im Zweiten (französischen) Kaiserreich zahlenmäßig die Engländer überholt: «In diesen (…) Tagen gab es auf der Promenade des Anglais fast so viel Sonne wie Deutsche. Sie haben besser als seinerzeit Jeanne d’Arc die Engländer verscheucht. Sie besetzen alle sechs Reihen der Stühle, Monokel auf der Nase, die Füße in Stiefeln, betrachten sie die fliegenden Zeitungsverkäufer und die eleganten Damen. Die Wienerinnen tragen auf ihren weißen Haaren alle Wagenrad-Hüte.» 1884 verbindet der erste Schnellzug Berlin mit Genua in 33 Stunden, über den Sankt Gotthard. Zum Ende des Jahrhunderts verkürzen sich die Reisezeiten, insbesondere dank der Compagnie Internationale des Wagons Lits (WienNizza-Express, der Zug der Großherzöge, Riviera-Express). Allerdings hätten negative Zeitumstände den Zustrom bremsen können. Als Frankreich Preußen 1870 den Krieg erklärt, erfolgen Ausweisungsbescheide. Nachdem Napoleon III. die Kapitulation unterzeichnet, demonstriert die Bevölkerung gegen «die Preußen». F. Brun, aus Metz stammend, rekrutiert ein Freischärlercorps. Das Journal «Lou cris dou troubaire, poésies provençales contre les Allemands», erschienen 1871 in Nizza, ist Zeugnis der deutschfeindlichen Tendenzen. Aber der Krieg hat hier anscheinend nicht so negative Auswirkungen wie anderswo.

Reiseführer und Riviera Tageblatt Um ihren Aufenthalt angenehmer zu gestalten, haben die deutschsprachigen Wintergäste ein Reisebüro zur Verfügung, weiterhin Reiseführer (den «Baedeker»), eine Zeitung (das «Riviera Tageblatt») und spezialisierte Dienstleistungen ... Und es kommen zahlreiche dienstbare Geister nach Nizza, um den Reichen das Leben zu erleichtern. Sie sind oft bettelarm, und so etabliert sich in der Rue de France ein Wohltätigkeitsverein. Die Deutschsprachigen stellen in Nizza vor Kriegsausbruch 1914 die zweitgrößte Ausländer-Gemeinde nach den Italienern. Sie betreiben auch Läden jeder Art. Im Lebensmittelhandel spezialisieren sich die Schweizer oft auf Feinkost und Confiserie – zum Beispiel Auer, noch heute gegenüber der Oper. Im Schmuckwarenbereich ist ein gewisser Lautner zu erwähnen, der einen Regisseur unter seinen Nachkommen hat. Es gibt auch Spezialisten für deutsche Literatur, etwa in der Rue Maccarani 2. Dr. Hembo, 33

kosmopolitisches und internationales Flair In der «Gazette hebdomadaire de médecine et de chirurgie» kann man 1871 lesen, dass die Deutschen in Nizza wie auch in Menton «an-

emil Jellinek, fotografiert von Baron henri rothschild © Daimler AG

GESCHICHTE

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Avenue de la Gare, verkauft Postkarten und organisiert 1898 eine internationale Ausstellung.

«boche-Gesindel» Die Deutschsprachigen sind als Ärzte und in Pflegeberufen in einem Umfang vertreten, dass ein Journalist der Action Française 1915 von einem «Boche-Gesindel von Ärzten, Masseusen, Fußpflegern und Heilkräuterhändlern» spricht. Einer dieser Ärzte, Dr. Lippert, war immerhin Namensgeber einer Straße im Libération-Viertel (heute Rue Vincent Fossat) und hat der Stadt Nizza einen Betrag von 50 000 Franken vermacht. Sind Zahnärzte oft Amerikaner, so sind Friseure Deutsche. Lehrer jeder Art bieten Unterricht an, für Sprachen, Musik, Zeichnen. Die Presse quillt über von Kleinanzeigen mit Stellengesuchen, oft für Frauen. Die in Nizza besonders aktive Hotellerie bietet zahlreiche Arbeitsplätze. Die Deutschsprachigen werden als Konkurrenz zum lokalen Arbeitsangebot gesehen. Ein Journalist des «Petit Niçois» schreibt 1886: «Jede Saison erleben wir eine Invasion von deutschen Hotelangestellten, die die besten Stellen besetzen.» Noch im Jahr 1913 nennen sich die Hotels stolz Grand Hôtel du Rhin, Hôtel Austria, Hôtel Bavaria. Unter den großen Hotelfamilien spielen die Schweizer eine herausragende Rolle. Man kann die Hugs und das Hôtel Suisse zitieren, weiter die Krafts und das Grand Hôtel de Nice. Der Deutsche J.H.T. Steinbrück, in England ausgebildet und mit englischer Frau, ist Besitzer des Hôtel d’Angleterre. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs leitet der Deutsche H. Morlock gleichzeitig die Hotels Terminus, Hôtel de Berne und Hôtel de Suède et Cosmopolitain. Meyer, an der Spitze des Palace Hôtels, ist der Großvater des späteren Bürgermeisters von Nizza, Jean Médecin. Es wurden immerhin 19 Hotels während des Ersten Weltkriegs als Feindeigentum unter Sequester gestellt.

kein eigener Friedhof, aber Gräber Bis zum Ausbruch des Kriegs hat die deutschsprachige Gemeinde zum Leben der Stadt Nizza beigetragen und ein Erbe hinterlassen, das es wieder zu entdecken gilt. Zwar gibt es keinen eigenständigen Friedhof wie für die Engländer und Russen, aber bemerkenswerte Grabstätten. Für die Erbauung der evangelischen Kirche ab 1865, in der damaligen Rue d’Augsbourg (jetzt Rue Melchior de Voguë), hat der Staat einen Zuschuss von 10 000 Franken gewährt. Die Präsenz eines deutschen Pastors, der vom Staat besoldet wird, steht allerdings in Widerspruch zum Gesetz. Die Deutschsprachigen haben auch das Stadtbild bereichert, wie das bedeutende Werk des österreichischen Architekten Adam Dettloff beweist. Zahleiche Gebäude, Hotels und Villen wurden von deutschsprechenden Eignern errichtet, Zeichen ihrer starken Verbundenheit mit Nizza.  OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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GESCHICHTE

das Grab von prosper mérimée © SMH

Gräber mit Geschichten

Von Sören müller-hanSen

Auf dem Friedhof «Le Grand Jas» in Cannes ruhen Berühmtheiten wie Klaus Mann oder Prosper Mérimée

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och über der Stadt Cannes liegen sie begraben, die Reichen und Schönen, die Berühmten und Unvergessenen. Während unten, in der Stadt, das Leben tobt und sich die Menschen ihrem Alltag hingeben, ist auf dem Friedhof «Le Grand Jas» alles ruhig. Hier oben erzählen die Gräber die bewegte Geschichte einer Stadt, die Menschen aus aller Welt in ihren Bann gezogen hat. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Cannes noch ein kleines Dorf am Mittelmeer, weit entfernt von seinem heutigem Bekanntheitsgrad. Gerade einmal 300 Einwohner lebten dort. Nur durch Zufall gewann es an Bedeutung: 1834 war der ehemalige britische Lordkanzler, Lord Brougham, unterwegs nach Italien, um dort auf die Heilung seiner an Tuberkulose erkrankten Tochter zu hoffen. Doch in der Region Nizza tobte damals eine Choleraepidemie und ihm wurde die Durchreise verweigert. Gezwungenermaßen musste Brougham in Cannes ausharren – und verliebte sich in die Gegend. Er kaufte ein Grundstück und ließ sich nieder. Ihm folgten etliche Aristokraten aus dem Vereinigten Königreich, und aus dem beschaulichen Cannes entwickelte sich ein mondäner Badeort. Mit der Zahl der Einwohner stieg auch die Zahl der Toten, und der Platz auf dem OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

alten Friedhof wurde knapp. Mit der Eröffnung des neun Hektar großen Friedhofs «Le Grand Jas» im Jahre 1866 begann die Geschichte eines der schönsten Friedhöfe Frankreichs. Heute, über 150 Jahre später, liegen hier über 10 000 Menschen begraben, darunter berühmte Persönlichkeiten und wichtige Figuren der lokalen Geschichte. Wer über den Friedhof schweift, bekommt ein Gespür für die Historie der Stadt. Viele der Gräber sind denkmalgeschützt. Vor kurzem erklärte Pierre Dartout, Präfekt der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, das Grab des berühmten Schriftstellers und Historikers Prosper Mérimée (1803-1870) zu einem historischen Denkmal. «Das Grab dient der Erinnerung an Prosper Mérimée, der durch sein literarisches Werk und seine Bedeutung für die Bewahrung historischer Monumente eine bedeutende Rolle im künstlerischen und kulturellen Leben des 19. Jahrhunderts spielte», begründete Dartout diese Entscheidung. Mérimées Grab zählt nicht zu den auffälligsten, aber sicherlich zu den bedeutendsten hier. Er, der zu seinen Lebzeiten unzählige Monumente vor der Zerstörung gerettet hat, bekommt nun, nach seinem Tod, auch ein Denkmal für alle Ewigkeit. Auf dem Friedhof lebt die Geschichte weiter. Einer, der sich auf «Le Grand Jas» auskennt

wie kein anderer, ist Frédéric Vincent. Der pensionierte Jurist und gebürtige Cannois hat unzählige Spaziergänge über den Friedhof unternommen und etliche Bücher gewälzt, um die Geschichte des Friedhofs zu verstehen. Ehrenamtlich führt der immer gut gelaunte Mann mit weißer Kappe, Sonnenbrille und Dreitagebart interessierte Touristen über den Friedhof und lässt sie an seinem geballten Wissen teilhaben. Wenn sein Blick über die monumentalen Grabsteine hinweg in die Ferne schweift, dann sieht auch das riesige Kreuzfahrtschiff unten im Hafen für ihn nur wie ein Spielzeug aus. Als das Nebelhorn des Schiffes laut über den Friedhof dröhnt, scheint er es gar nicht wahrzunehmen. Seine Leidenschaft ist nicht das geschäftige Treiben der Stadt, sondern die Historie. «Als der Friedhof 1866 gegründet wurde», erzählt er, «wurde auch für die britischen Gestorbenen ein Teil des Friedhofs eingerichtet. Denn damals spielte es im katholischen Frankreich durchaus eine Rolle, dass sie nicht direkt neben den protestantischen Briten beerdigt wurden.» Hier, auf dem hinteren Teil des Friedhofs, fallen vor allem die reich mit Ornamenten verzierten keltischen Kreuze ins Auge. «Die Schlangen repräsentieren die Re-

FRIEDHOFSBESUCH Cimetière Le Grand Jas 205, avenue de Grasse, Cannes Geöffnet von 9 bis mindestens 17.30 Uhr, von der altstadt zu Fuß etwa 20 Minuten bergauf, die Buslinie 2 fährt vom Hauptbahnhof los, eine Fahrt kostet 1,50 euro.


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DIE CANNES GREETERS

Klaus manns letzte ruhestätte © SMH

naissance, und die vielen Verflechtungen stehen für die Ewigkeit», erklärt Frédéric. Diese Symbole überraschen. Wer erwartet beim Besuch eines südfranzösischen Friedhofs schon altenglische Inschriften auf den Grabsteinen: «In the blefsed hope of Everlasting Life.» Ewiges Leben, ewige Erinnerung, das haben sich viele der hier Begrabenen gewünscht. Manch einer hat sich ein Denkmal gesetzt, sei es mit kunstvollen Skulpturen oder riesigen Grabsteinen. So ragt auch eineinhalb Jahrhunderte nach Lord Broughams Tod im Jahre 1868 noch ein riesiges marmornes Kreuz über seinem Grab auf und dominiert diesen, den Bergen zugewandten Teil des Friedhofs.

Ein kleiner Junge mit großer Geschichte Frédéric liebt aber auch die kleinen Details und Geschichten, die sich überall verstecken. Immer wieder deutet er verschmitzt lächelnd auf besondere Ornamente oder winzige Verzierungen. Am Grab haitianischer Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für Frankreich fielen, hängen filigrane Muschelketten, in ein anderes Grab ist ein wunderschönes Boot im Bau eingemeißelt. Besonders amüsiert ihn das Grab des 1985 verstorbenen Filmproduzenten Jean Mineur. Ein kleiner Junge mit Hut und einer Sense in der Hand ist darauf abgebildet, darunter steht BALZAC 00 01. «Mineur bedeutet ‚Minderjähriger‘ auf Französisch, und dieses Zeichentrickmännchen war sein Markenzeichen», erklärt Frédéric. «BALZAC 00 01 war damals die Telefonnummer seiner Firma und erlangte in Frankreich Berühmtheit, weil sie in jedem Werbefilm von ihm auftauchte.» Die Telefonnummer mit Buchstaben war zu Mineurs Lebzeiten eine Besonderheit in Paris. Es sind auch diese kleinen Details, für die sich ein Besuch des Friedhofs lohnt. Dominiert wird «Le Grand Jas», was auf Deutsch «Der große Schaf-Unterstand» bedeutet, von Marmor und Granit, zwischen Hecken und Bäumen finden sich auch einige

Frédéric vincent ist ein Cannes Greeter. er und seine Kolleginnen führen Touristen ehrenamtlich und völlig kostenlos durch ihre Stadt und zeigen ihnen ihr ganz eigenes Cannes. Das können kuriose Orte wie ein Friedhof sein, aber auch ganz klassische wie die altstadt. Das Tourismusbüro stellt den Kontakt zwischen Greeter und Besuchern her. auf der internetseite kann jeder ganz einfach interesse anmelden, seine präferierte Sprache angeben und mögliche Daten auswählen – und schon kann es losgehen. www.cannesgreeters.fr

Blumen aus Plastik. Ein Teil des Friedhofs jedoch, wo die Gräber kleiner, neuer und weniger pompös erscheinen, bietet ein anderes Bild. In unzähligen Töpfen blühen und wachsen die Pflanzen und verbreiten farbenfroh eine lebendige Stimmung. «Eine alte Dame mit weißen Haaren musste vor einigen Jahren ihr eigenes Kind hier beerdigen», erzählt Frédéric. «Seitdem kommt sie jeden Tag hierher, pflanzt, gießt und jätet Unkraut.»

«le Grand Jas» hält auch für Deutsche eine Überraschung parat Ein Grab möchte Frédéric auf seiner Tour auf gar keinen Fall auslassen. «Das ist eine Überraschung», meint er und kann sich dabei nur schwer zurückhalten, die Überraschung auch gleich auszuplaudern. «Das ist eines der meistbesuchten Gräber des Friedhofs», sagt er und deutet auf ein mit glitzernden Steinen übersätes Grab. Hier liegt Klaus Mann begraben, bedeutender deutscher Schriftsteller und Sohn des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann. Er starb 1949 in Cannes an einer Überdosis Schmerzmittel. «Es kommen viele Menschen her, um ihn und seine Verdienste zu würdigen», erzählt Frédéric. «Gerade für Schwule und Lesben ist er ein großes Vorbild.» 1926 schrieb er «Der fromme Tanz», ein Buch über die Homosexualität in Deutschland, und brach damit ein Tabu der damaligen Zeit. Von den Nationalsozialsten wurde sein Buch später verboten, und Klaus Mann musste ins Exil gehen. «Unvergessen» steht auf Deutsch auf einer Steinplatte auf seinem Grab. Neben Klaus Mann sind auf dem Friedhof viele andere berühmte Künstlerinnen und Künstler begraben. Lily Pons etwa, die große französisch-amerikanische Sängerin, die wie Mann von 1906 bis 1949 lebte und nach der sogar eine Stadt in den Vereinigten Staaten

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benannt ist. Oder Martine Carol, eine berühmte Schauspielerin des 20. Jahrhunderts. Und natürlich Charles Fabergé, der russische Juwelier, der vor allem mit seinen luxuriösen goldenen Fabergé-Eiern zur Berühmtheit wurde. All diese Personen haben die Geschichte von Cannes geprägt, haben der Stadt zu ihrem hohen Status verholfen. So auch André Capron, langjähriger Bürgermeister der Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er ist gemeinsam mit seiner Frau Adela auf der Südseite des Friedhofs begraben. «Wegen der schönen Aussicht», habe man den Leuten erzählt, so Frédéric. Und tatsächlich ist der Blick auf die Küste und das Meer wunderschön. «Stimmt aber gar nicht», schiebt der Cannois schnell hinterher und freut sich, wieder etwas von seinem Wissen weitergeben zu können. «Der eigentliche Grund ist, dass hier gleich daneben der jüdische Teil des Friedhofs liegt.» Dort liegt der erste Ehemann von Adela de Weisweiller begraben, in dessen Nähe auch sie ihre letzte Ruhestätte finden wollte. Sie selbst entstammt der deutschen Familie Rothschild. «Das behielt der Bürgermeister aber für sich, die Deutschen waren damals wegen der deutsch-französischen Kriege nicht gerne gesehen. Stattdessen behauptete er, sie sei Österreicherin.» Frédéric weiß auch, dass es sogar einmal ein deutsches Viertel in Cannes gab. Doch nach dem Krieg wurden die Menschen dort enteignet, so sollten einige Reparationszahlungen beglichen werden. Hier, auf dem Friedhof, gibt es zum Glück keinen Krieg. Alle ruhen sie in Frieden nebeneinander, Franzosen, Russen, Engländer, Deutsche und Amerikaner. Hoch über Cannes liegen sie begraben, die Reichen und Schönen, die Berühmten und Unvergessen. Während unten, in der Stadt, die Menschen durch ihr Leben eilen und die Geschichte weiterschreiben, scheint hier oben die Zeit stehen geblieben zu sein. 

das Kreuz auf lord Broughams Grab dominiert einen teil des Friedhofs © SMH

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denschaft für Traum-Hotels entbrannt ist. Die punkt würde, hatte sich fast ebenso lange abFamilie machte meist Urlaub im Ferienhaus gezeichnet wie ihre Sehnsucht nach der der Großeltern in Spanien. Hotels waren der Traum-Welt der Luxus-Hotellerie. Französisch kleinen Saskia eher fremd. Einmal allerdings, war ihre erste Fremdsprache, und statt des am Vortag ihres 13. Geburtstags, durften Vater, einfachen Abiturs hat sie den Doppel-AbMutter und die beiden Töchter wegen eines schluss «Abi-Bac» gemacht. Als sie, kurz vor den großen Waldbrandes nicht ins spanische FamiAbi-Prüfungen, bereits in der Hotelfachschule liendomizil. Weil alle anderen ÜbernachtungsBaden-Baden angemeldet war, erfuhr sie eher möglichkeiten der Gegend zufällig von der angeblich besten Ecole Hoteausgebucht waren, blieb nur lière in Frankreich, der Ecole Vatel, die einen Baein Zimmer in einem schicken chelor und einen Master in internationalem Hotel. Hotel-Management anbot. «Ich hatte Panik geschoben, «In Frankreich haben Jobs in der Hotellerie schließlich stand ich vor einem einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschwichtigen Geburtstag, erzählt land», so die 32-Jährige. Würden beispielsweise die hellblonde Frau. «Nun aber Kellner in ihrer Heimat eher mit einem Blick waren wir in der Präsidentenvon oben betrachtet, gelte der Job im Hexagon Suite dieses Hotels gelandet. Mit goldenen als ehrenwerter Beruf, der gelernt sein will. Wasserhähnen und allem, was man sich erObwohl die Idee vor allem die Eltern abträumen kann. Ich fühlte mich wie im Märschreckte, fuhren sie ihre Tochter zum chen.» concours, dem Aufnahmetest, nach Nîmes. Der Erinnerung an die Luxus-Nacht sollte sie Alles spielte sich auf Französisch ab, sie war nicht mehr loslassen, vielleicht auch wegen die einzige Ausländerin im Saal. Doch prompt des unbedachten Kommentars ihrer Mutter: erhielt sie eine Zusage. Im September 2006 be«Schau dir das gut an, so schnell wirst du so gann die 5-jährige Ausbildung, die neben viel etwas nicht wieder erleben!» Theorie immer wieder lange Praxis-Passagen Mittlerweile arbeitet Saskia Bourniquel, damals umfasste und der Deutschen Einblicke in noch Graf, seit acht Jahren dort, wo andere Ursämtliche Aufgaben in einem Hotel brachte: laub machen – die letzten fünf Jahre davon im von der Küche und dem Servieren übers HouMas de Pierre im Hinterland der Côte d’Azur. Als sekeeping bis zur Buchhaltung und dem Perwir sie im Hochsommer im riesigen, grünen sonalwesen. Hotelgarten treffen, genießt sie gerade eine «Nach meinem ersten Jahr in Nîmes waren eher ruhige Zeit: Das Haus ist voll, das Team ein schon nur noch die Hälfte der Studenten an Traum; der Betrieb läuft. Ihr eigentlicher Job Bord. Entweder man hat eine Passion für den spielt sich im Winterhalbjahr ab, dann, wenn Beruf oder man lässt ganz schnell die Finger sie dafür Sorge trägt, dass die Zimmer auch in davon», sagt Saskia Bourniquel. Ihr selbst war der nächsten Saison ausgebucht bald klar, dass ihr die Eventsind. Während das Mas de Pierre Schiene am meisten lag: das Verfür einige Monate schließt, ist sie kaufen von Zimmern und «IN FRANKREICH für die Gruppe mit insgesamt Organisieren von VeranstaltunHABEN JOBS IN sieben Hotels international ungen. Und auch wenn’s nach Kliterwegs, um Kontakte zu Reiseschee klingt: Ihre deutsche DER HOTELLERIE veranstaltern und Agenturen zu Gründlichkeit mit To-Do-Listen EINEN GANZ knüpfen. und Co. habe ihr beim VerwirkliANDEREN Gerade noch hat die Deutsche chen ihres Traums sehr geholfen. STELLENWERT ihren Kollegen beim Einchecken Ein Praktikum brachte Saskia im geholfen, als sich an der RezepALS IN dritten Jahr zum ersten Mal an tion eine Schlange zu bilden die Côte d’Azur, nach Cannes, und DEUTSCHLAND» drohte. «Das mag ich so an meiim letzten Master-Jahr vernem Job!» sagt sie. «Diese Vielbrachte sie sechs Monate im seitigkeit und den Kontakt mit Grand Hôtel auf Cap Ferrat, Abteiden Gästen … morgens aufzuwalung Marketing und Verkauf. Im chen und nicht zu wissen, was passiert – aber, April 2011, direkt nach Studienabschluss, erhielt dass was passiert.» sie dort einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Annähernd ihr halbes Leben hat Saskia unterNach einer weiteren Kurz-Station in Saint-Trodessen in Frankreich verbracht. Als Familienpez («nicht meine Welt») kam sie 2014 ins Mas mensch, dessen gesamte Verwandtschaft sich de Pierre nach Saint-Paul-de-Vence. Hier kann nördlich der Alpen aufhält, hat sie zwar manchsie sich frei entfalten; die Entwicklung jedes mal Heimweh – fühlt sich an der Côte d’Azur Mitarbeiters werde groß geschrieben. Das aber dennoch längst wie zu Hause. Die Natur, Haus der Kette Relais & Château – nicht zu ihre neu gewonnene Liebe zum Wandern, eigroß und nicht zu klein, mit hervorragendem nige enge Freunde und natürlich der Job maRestaurant und bald um ein riesiges Spa-Zenchen es ihr leicht. Sogar einen Franzosen trum erweitert – entspricht genau ihrer Vorsgeheiratet hat die am Bodensee aufgewachtellung von Hotel. Und die internationalen Gässene junge Frau. Offen spricht sie darüber, dass te, oft aus dem deutschsprachigen Raum, verdie Beziehung leider nicht gehalten habe: «Wir schaffen ihr regelmäßig ein Gefühl von Heimat. hatten zuletzt nicht mehr dieselben Projekte Eines Tages, daran glaubt sie fest, wird sie fürs Leben.» selbst so ein familiäres, kleines Luxus-Hotel Dass Frankreich einmal Saskias Lebensmittelführen. 

5-Sterne-Job Saskia Bourniquel arbeitet dort, wo andere Urlaub machen – in einem Luxus-Hotel an der Côte d’Azur Von aila StöcKmann

Was so einfach klingt, war ein hartes Stück arbeit: Unbändiger Wille hat die junge Deutsche ans vorläufige Ziel ihrer Träume geführt.

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chon als kleines Mädchen hatte sie ihren Eltern verkündet, sie wolle später dort leben, wo es Meer und Palmen gibt. Und mit 13 dann war Saskia Bourniquel klar, dass sie ihr Geld mal im Hotelwesen verdienen möchte. Heute, mit gerade 32 Jahren, fehlt eigentlich nur noch der allerletzte Schritt auf der Karriereleiter: selbst ein Hotel zu führen. Ganz genau erinnert sich die Verkaufsleiterin des Fünf-Sterne-Hauses «Mas de Pierre» am Rande von Saint-Paul-de-Vence, wann ihre LeiOkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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Bettina tietjen in Südfrankreich © D.R.

Camping an der Côte Tina Tietjens Aufklärungsbuch bewahrt vor Pannen und Peinlichkeiten Wenn Sie bei ihrem nächsten Campingurlaub in Südfrankreich eine ihnen bekannt vorkommende Dame einen Wohnwagen umrunden sehen, müssen sie nicht gleich die Brille wechseln. Denn diese Dame könnte tatsächlich die Fernsehmoderatorin Bettina Tietjen sein. Von rOlF liFFerS

und obendrein auch noch lehrreich. Und das nicht nur, weil hemdsärmelige Tipps fürs Sexualverhalten beim Campieren drin vorkommen, sondern auch praktische Hinweise zum Beispiel auf den hintersinnigen Wert von Außentoiletten. Und sehr privat ist das neue Paperback auch wieder: So lüftet die stets gut gelaunte Talkmeisterin («Tietjen und Bommes») das lange Zeit gehütete Privatgeheimnis, welche schicksalhafte Begegnung sie immer wieder ins mediterrane Dörfchen Bormes-les-Mimosas verschlägt. Ein Kapitel, das wir uns daher etwas genauer ansehen. Es fängt schon heiter an: «Heute habe ich Mario Adorf gesehen», wie im Reisetagebuch steht: «von hinten». Und «natürlich nicht auf dem Campingplatz», sondern in Saint-Tropez. «Ob uns wohl morgen Brigitte Bardot über den Weg läuft?» und «Lebt die überhaupt noch?» fragt sich die 59-jährige Erfolgsautorin in jugendlichem Übermut. Dabei weiß TT ganz genau, dass BB mit ihren inzwischen 84 Jahren nach wie vor in der Schickimicki-Hochburg residiert, und zwar politisch aktiver, als einem lieb sein kann. Denn Jahr um Jahr verbringt Tina ihren Urlaub in der Ecke. Echt ans Herz gewachsen ist der Journalistin allerdings weniger die Touristenminipole als das erwähnte 8000-Seelen-Dörfchen Bormes im Var, zwischen Saint-Tropez und Hyères-les-Palmiers. Denn für sie und ihren Mann Udo, der in dem Campingbuch meist als «der Ingenieur» daherkommt, hat das Fleckchen «eine ganz persönliche Bedeutung, weil wir uns dort kennengelernt haben – es war Liebe auf den ersten Blick».

Côte d’Azur-Camping im Oktober Camping im Oktober an der Côte d’Azur, «ein Träumchen!», schwärmt die Wahlhanseatin. «Das Meer ist fast wärmer als im Sommer, aber die Strände sind leer.» Auf Korsika, in Griechenland und am Atlantik sei im Herbst «schon Totentanz» gewesen. Irgendwann habe es auch «tschüss Malle» geheißen. Und in der Tat: «Es ist einfach unbeschreiblich, wie wunderschön es an der Côte d’Azur ist, wenn der Sommer noch zu erahnen, der Herbst aber schon zu riechen und zu spüren ist.» Die Luft sei noch warm, das Meer auch – «Nachsaison vom Feinsten». Schnell war allerdings auch klar, «dass das Mittelmeer zu dieser Jahreszeit ein Rentnerparadies ist». Ihre Kinder Theo und Pia habe das aber nie genervt, denn «rund um die Fußball- und Tennisplätze» hätten sich «stets genügend Jugendliche herumgetrieben». «Einmal fiel uns ein Ehepaar auf, das direkt neben

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dem Sanitärgebäude campte», erinnert sich die Frohnatur. «Beide drahtig und sonnengegerbt.» Sagenhaft, was die dabei hatten: Vorzelt fürs geräumige Wohnmobil, Mopeds, Kajak, Außenküche, Dusch- und Klozelt. Klozelt? Der Groschen fiel erst später. Auf einem Zettel neben der Rezeption entdeckte «der Ingenieur» eine Warnung vor mafiösen Wohnmobil-Dieben verbunden mit dem Hinweis: «Sie stehen am sichersten, wo viele Menschen vorbeikommen.» Da fackelt «der Ingenieur» nicht lange, greift zur Selbsthilfe und rüstet das Reisemobil zu einem geräderten «Fort Knox» auf, das in diesem Zustand «bedenkenlos auch mitten in der Bronx» hätte geparkt werden können.

Nach dem kniffeln drei Runden nackt um den bus Irgendwann standen die Tietjens auch mal weiter östlich, in Agay. «Sehr romantisch», wie Tina schildert. «Das fanden wohl auch Freiburger, aus deren Nachbarmobil allabendlich sehr deutlich vernehmliches Gestöhne» nach außen drang, «während wir Kniffel spielten.» Was die da machen, wollte Klein-Theo wissen. «Vielleicht Yogaübungen», mutmaßte ein Mitspieler, als plötzlich die im Geschlechterkampf offenbar unterlegene «Frau verschwitzt die Türe öffnete», ohne die komische Heiterkeit der herausplatzenden Würfelspieler nachvollziehen zu können. Und noch verdutzter schaute sie, als der «trockene Ingenieur» ihr «Sind wir Ihnen vielleicht zu laut?» zurief. Wie übrigens immer verlor TT auch an jenem Abend eine Runde nach der anderen. Am Ende drohte sie in ihrem Frust, «wenn ich heute noch einen Kniffel schaffe, laufe ich nackt dreimal um den Bus herum». Und so kam es. Solche, die angesichts derlei unvorhersehbarer Ereignisse nun doch noch Camper werden möchten, möge der folgende Tina-Tietjen-Tipp vor Peinlichkeiten bewahren: «Sollten sie noch in dem Alter sein, in dem man ständig Sex haben muss, suchen Sie sich, wenn möglich, ein abgelegenes Plätzchen. Wenn Sie keins finden, tun Sie’s wenigstens bei geschlossenen Fenstern. Oder richten Sie sich darauf ein, dass Sie von allen benachbarten Campern neugierig angegafft werden, wenn Sie morgens Ihr Brötchen knabbern.» Doch nur keine Angst! Die moralische Entrüstung, die Sie aus den Blicken herauszulesen glauben, ist in Wirklichkeit der nackte Neid. Glaubt zumindest Frau Tietjen. 

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ach dem unverkrampft-ja-fast-heiteren Buch über die Demenz ihres verstorbenen Vaters («Unter Tränen gelacht») hat die gebürtige Wuppertalerin mit der Unbeschwertheit eines Schwebebahnfluges einen zweiten Bestseller («Tietjen auf Tour», Piper) gelandet. In der Roadstory erklärt die ansteckend positive Powerfrau, «warum mich Camping glücklich macht». Selbst für Campingverächter sind ihre urigen Anekdoten amüsant zu lesen OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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Burnout in SaintTropez Zum 75. Geburtstag: Erinnerungen an Helmut Bergers bewegtes Leben

in Saint-Tropez hat der internationale Leinwandstar Helmut Berger nach eigenen angaben plötzlich bemerkt, dass er nach zahlreichen exzessen körperlich und seelisch am ende war. Die folgende Suchttherapie in seiner österreichischen Heimat schlug nicht recht an. Jetzt spielt er Theater. Von rOlF liFFerS

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m Salzburger Landesgericht schwebt ein Zivilprozess mit einem Streitwert von über 100 000 Euro. Kläger ist Berger, der in der mündlichen Verhandlung vom Rollstuhl aus aussagte, Beklagter der Regisseur Andreas Horvath. Berger wirft ihm vor, für ein Filmporträt sehr persönliche Aufnahmen gemacht und ohne seine Zustimmung in die Dokumentation eingebaut zu haben, darunter bewegte Bilder von einer Privatfeier mit Joan Collins in Saint-Tropez.

Obwohl Berger zu den Dreharbeiten zweimal sein schriftliches Einverständnis erklärt hatte, verlangt er Schadensersatz. Ein psychiatrisches Gutachten soll nun klären, ob er während der Dreharbeiten 2013 und 2014 geschäftsfähig war. Während der Befragung zu seiner Gesundheit war die Öffentlichkeit von dem Verfahren ausgeschlossen. Nach jahrelangen Skandalen, Alkohol- und Drogenexzessen gilt der weltberühmte Schauspieler als «kaputt». Den Anfang vom Ende seiner glanzvollen Karriere schildert der gebürtige Österreicher in einem Fernsehbericht über einen längeren Auftenthalt in der Abgeschiedenheit des niedersächsischen Dörfchens Nordsehl, der kürzlich von 3Sat ausgestrahlt wurde: Er erinnere sich noch wie heute «an die Zeit, ich der ich zu trinken anfing...». Und nach kurzem Nachsinnen fügt er hinzu: «Es war in Saint-Tropez, als ich bemerkte, dass ich so eine Art Burnout hatte.» Wegen dieses Erschöpfungszustandes und – wie er betonte – nicht etwa aus wirtschaftlichen Gründen sei er dann von seinem Hauptwohnsitz Rom aus zu seiner Mutter nach Salzburg gezogen, um sich dort behandeln zu lassen.

Tod des liebhabers Hintergrund der persönlichen Talfahrt sei 1976 der Tod seines Förderers und Liebhabers Luchino Visconti gewesen. «Zwölf Jahre lang war ich der Mann an seiner Seite.» Und plötzlich sei alles anders gewesen. Von der Familie des italienischen Starregisseurs sei er wie ein Bastard behandelt worden. «Man ignorierte mich.» Bei der Planung der Trauerfeierlichkeiten habe man ihm nicht das geringste Mitspracherecht eingeräumt. Nach der Beisetzung der Urne sei er vom Familienkreis ausgegrenzt und isoliert worden. Viscontis Testament, in dem Berger als Erbe eingesetzt gewesen sein soll, blieb verschwunden, «was eigenartig ist» (Berger). Heute müsse er daher von seiner Rente leben. Durch den Tod seines genialen Intimfreundes («Nach ihm war ich nie wieder in einen anderen verliebt»), der in dem Kinoerfolg «Gewalt und Leidenschaft» ihre Beziehung verfilmt hatte, sei er in ein schwarzes Loch gefallen. Er trank gegen den Schmerz an. Am ersten Todestag Viscontis dann unternahm er einen Suizidversuch.

Falsche Freunde

helmut Berger erholt sich in niedersachsen © ZDF/Valesca Peters

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Nach dem Knacks von Saint-Tropez sucht er in Salzburg einen Psychiater auf. «Der sagte mir, Ursache für einen solchen Zusammenbruch seien oft Gefühle, die man nicht wahr haben will. Man müsse sie aber auflösen, weil sie sonst im Körper stecken blieben.» Leider sei in Österreich alles nur noch schlimmer geworden: Falsche Freunde, die sich in seinem Ruhm sonnten, hät-


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mit Filmemacherin Valesca peters im Berliner helmut-newton-museum © ZDF/Kobalt Documentary

ten ihn immer wieder zum Trinken verführt. «Schließlich wurde es still um mich», bemerkte Berger. Vorläufiger Tiefpunkt war 2013 sein Auftritt als Bewohner des Dschungelcamps. Und es bringt den Filmschauspieler, der in großen internationalen Produktionen neben Liz Taylor, Henry Fonda, Burt Lancaster, Kirk Douglas und anderen Hollywoodgrößen vor der Kamera stand und für seine künstlerischen Leistungen vielfach ausgezeichnet wurde, bis heute in Harnisch, dass er auf dieses Kapitel immer wieder angesprochen werde. «Das Dschungelcamp verfolgt mich regelrecht. Als wenn ich nichts anderes gemacht hätte in meinem Leben.» 1980 heuerte ihn Claude Chabrol für Fantômas an. Danach wurde er zu größeren Produktionen kaum noch hinzugezogen. Die italienische Filmindustrie hatte massiv an Marktanteilen verloren. Hinzu kam, dass die jugendliche Anmut des Mimen, der einst als schönster Mann der Welt gegolten hatte, durch sein Lotterleben arg ramponiert war. An seine großen Erfolge wie in «Ludwig II.» kann Berger kaum mehr anknüpfen. Gelegentliche Ausnahmen bilden Rollen zum Beispiel als fanatischer Standartenführer Ritter im Kriegsfilm «Codename: Emerald» (1985), im italienischen Mehrteiler «Die Verlobten» (1989) sowie im letzten Teil von Francis Ford Coppolas Trilogie «Der Pate» (1990). 1993 spielt er in dem von der Kritik hochgelobten Filmdrama «Ludwig 1881» erneut die Rolle des Königs.

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«Ich war der einzige nackte Mann in NewDokumentarfilm «Helmut Berger, Actor» von tons Werk.» Allerdings war der Pinup-Boy auf Horvath beim Filmfestival in Venedig Prediesem Gebiet nicht ganz ungeübt. Oft hatte miere. Eine Szene darin, in der das enfant er für Modezeitungen gemodelt und als ersterrible vor laufender Kamera onaniert, hat ter Mann überhaupt die Titelseite der Vogue für ihn weitreichende Konsequenzen: Wess trennt sich von dem bekennenden bisexuelgeziert. Und am Rande der Dreharbeiten zu len Exzentriker, und Bergers Ehefrau Fran«Der Tollwütige» hatte er sich 1977 an der cesca Guidato erstattet gegen ihren Mann Seite von Marisa Mell nackt für den italieniStrafanzeige wegen Bigamie, weil er Wess schen Playboy ablichten lassen. (wenn auch inoffiziell) geheiIn der warmherzigen Atmoratet hatte, ohne von ihr gesphäre der norddeutschen Faschieden zu sein. Weil sie den milie fühlt sich Berger zuKinohelden vor neuen Abstürnächst sichtlich wohl. Er öffnet «IM ALTER HABEN zen bewahren will, lädt ihn sich und erzählt von alten ZeiERINNERUNGEN eine alte Verehrerin, Bettina ten. Zwar zerbricht das NordDEN STELLENWERT Vorndamme, in ihr Reethaus sehler Dorfidyll am Ende doch, WIE IN DER nach Nordsehl ein und wunals der Suchtkranke rückfällig JUGEND DIE dert sich nicht schlecht, dass und damit wortbrüchig und er tatsächlich erscheint. Dort schließlich aggressiv wird. TRÄUME.» versucht sie, den prominenImmerhin erhält Berger 2018 HElMUT bERGER ten Gast so gut es geht vom ein Engagement an der Freien Alkohol fernzuhalten. Sie Volksbühne in Berlin. Noch einnimmt ihn in ihre Familie auf mal «all lights on me», wie er und gibt der Diva für eine Zeit Halt und zufrieden kommentiert. Mit 73 gibt er sein Orientierung. Bergers scheinbare Genesung Theaterdebut. In Albert Serras Stück «Liverläuft parallel zu einem Fernsehporträt berté» verkörpert er an der Seite von Ingrid («Helmut Berger, meine Mutter und ich»). Caven einen dekadenten Baron zur Zeit LudRegie führt die Filmemacherin Valesca Pewigs XIV. ters, Vorndammes Tochter.

büste zum 75. Geburtstag Alltag mit berger Die begleitet den launischen Protagonisten durch den Alltag. Bei der Fußpflege ist sie ebenso mit der Kamera dabei wie bei der Psychotherapie. Bei einem gemeinsamen Besuch der Fotoausstellung in der Berliner Helmut-Newton-Stiftung (Helmut Newtons «Sumo», größte Buchproduktion des 20. Jahrhunderts, ist soeben in einer von seiner Frau June aktualisierten Fassung neu erschienen) schwelgt Berger in Erinnerungen. Auf den Fotos von den legendären Poolpartys des Simca-Erben Jean Pigozzi in Antibes (RZ berichtete) sieht er viele alte Bekannte des Jetsets wieder. Und stolz bemerkt er:

An seinem 75. Geburtstag im Mai dieses Jahres wird zu Bergers Ehren vor dem Léhartheater in seiner Heimatstadt Bad Ischl eine Büste enthüllt. Er selbst tingelt von einer Talkshow zu nächsten und plaudert aus dem Nähkästchen über seine ständig wechselnden Amouren – mit Marisa Berenson, mit Rudolf Nurejew, Britt Ekland, Ursula Andress, Nathalie Delon, Elizabeth Taylor, Marisa Mell, Anita Pallenberg, Jerry Hall, Bianca und Mick Jagger. «Im Alter», sagt Berger im Fernsehportrait versonnen, «haben die Erinnerungen denselben Stellenwert wie in der Jugend die Träume.» 

2014 noch mal heiter 2014 kann man Berger noch mal heiter erleben. In Saint-Tropez zeigt er sich mit seinem 36 Jahre jüngeren Freund Florian Wess. Im selben Jahr präsentiert er bei den Filmfestspielen von Cannes die Filmbiografie Saint-Laurent, in der er unter der Regie von Bertrand Bonello als alternder Yves SaintLaurent zu sehen ist. Im September 2015 feiert der eingangs erwähnte abendfüllende

Berger wird trotz dorfidylls rückfällig © ZDF/Valesca Peters

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Umgezogen

Von rOlF liFFerS

Newtons Monaco-Büro steht jetzt in Berlin

rekonstruiertes Büro im helmut-newton-museum in Berlin © Foto Stefan Müller, courtesy Helmut Newton Foundation

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nunmehr «eine demokratischere», sprich: «stärer weltberühmte Starfotograf Helmut kere» Verbreitung als die Erstveröffentlichung vor Newton, der 2003 mit 83 Jahren nach zwei Jahrzehnten. einem Autounfall starb, ist mit seinem Die Erstauflage von Sumo war 1999 in einer limiWohnzimmer wieder zu Hause in seiner Berliner tierten Auflage von 10 000 signierten und numHeimat. Sein monegassisches Büro jedenfalls merierten Exemplaren herausgekommen, die wurde in der Dauerausstellung des nach ihm beschon bald nach der Veröffentlichung vergriffen nannten Museums rekonstruiert. Seine Witwe, waren. Als «Sensation auf dem Buchmarkt» ist die aus Australien stammende und in Montedie auch drucktechnisch revoluCarlo lebende June Brunell alias tionäre Publikation heute in zahlAlice Springs, hat es wie viele anreichen bedeutenden Sammdere Objekte aus dem persönli«KEIN WUNDER, lungen wie dem Museum of Mochen Besitz des Künstlers der Newton-Stiftung für die Abteilung dern Art in New York zu finden. Das DASS SICH Sumo-Exemplar Nummer eins, «private property» überlassen – daNEWTONS handsigniert von über 100 der in runter Newtons Kameras, AccesSCHWÄCHE FÜRS dem Buch abgebildeten Promisoires, mit denen er seine Modelle MEDITERRANE nenten, brach den Rekord als ausgestattet hat, Teile seiner Biteuerstes Buch des vorigen Jahrbliothek sowie der legendäre GeAUCH IN SEINEN hunderts: Bei einer Auktion in Berländewagen ihres Mannes, eine ‘GESICHTERN DES lin am 6. April 2000 kam es für Sonderanfertigung für den AutoSÜDENS’ 620 000 D-Mark unter den Hamnarren («Newtonmobil»). WIDERSPIEGELTE» mer. Eine andere Reliquie, die bis zum Auf 480 Seiten enthält die "Hom10. November in dem Berliner Fomage an den einflussreichsten tografie-Museum vorgestellt wird, und kontroversesten Fotografen ist die in diesem Jahr erschienene der letzten 100 Jahre» (Taschen) die berühmten Neuauflage des Sumo-Buchs aus dem Taschen Verlag, das vor 20 Jahren mit den monumenta«Big Nudes», viele Modebilder von Newton aus len Außenmaßen von 70 mal 50 Zentimetern und Vogue, Elle, Stern und Vanity Fair sowie Porträts einem Gewicht von 35,4 Kilo auf den Markt gevon Filmstars und Künstlern wie Liz Taylor und kommen war. Die Jubiläumsauflage ist in einer Jodie Foster, Salvador Dalí und Andy Warhol. Größe von 28 mal 39 bescheidener und entspreErstmals wird bei dieser Gelegenheit in Berlin chend leichter ausgefallen. Damit wäre für Newauch die private Fotosammlung von Helmut und ton «ein Traum in Erfüllung gegangen», meint der June Newton öffentlich gezeigt, die sich nach Verlag. Denn das neue XL-Format ermögliche Angaben von Museumschef Matthias Harder seit OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

kurzem «als Depositum» in seinem Haus befindet. In «June’s Room» hängen parallel zu den Bildern aus Sumo und «Three Boys from Pasadena» über 50 «wertvolle Vintage Prints der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts in der Originalrahmung», darunter Porträts von August Sander, Brassaï und Irving Penn sowie Aktaufnahmen von Man Ray, Robert Mapplethorpe und Henri Cartier-Bresson und anderen. In den siebziger Jahren war die Côte d’Azur dem Fotografengespann Newton immer mehr zur Heimat geworden. 1964 hatten sie ein Haus in Ramatuelle im Departement Var erworben. Mit dem Bilderbuch «Us and them» (ebenfalls Taschen) hatten die beiden dem kleinen Ort bei Saint-Tropez eine sehr persönliche Liebeserklärung gemacht und zugleich ein lichtbildnerisches Denkmal gesetzt. 1981 waren die Newtons aus steuerlichen Gründen nach Monaco gezogen. Kein Wunder, dass sich Newtons Schwäche fürs Mediterrane auch in seinen «Gesichtern des Südens» widerspiegelte. So knipst er sexy «Winnie» im Negresco, sehr hinter(n)gründig das Ozeanografische Museum in Monte-Carlo, in Saint-Tropez eine Dame, die ein Defilé von Männerpos auskostet, sowie dortselbst Charlotte Rampling. Nur sehr gelegentlich erscheint auch mal ein männliches Individuum: der junge Karl Lagerfeld, der alte Gianni Versace, der ebenfalls nackte Helmut Berger und David Bowie in Monaco. Mit solchen und ähnlichen Motiven war 2017 auch das neue Fotografie-Museum von Nizza eröffnet worden. www.helmutnewton.com 

Benedikt taschen (l.) und helmut newton 1999 mit SumoOriginal-Buch © Alice Springs


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Das passiert nur im Märchen! Oder? 125 Jahre Villa Les Flots und ihre unglaubliche Geschichte eine architektonische rarität feierte Geburtstag: im Juli luden Karl und Nina vanis zum 125-jährigen Jubiläum ihrer Villa Les Flots ein. Sie hatten das historische Juwel der Belle Epoque von Maria Mehl-Mülhens geerbt, der Teilhaberin des Duftwasserkonzerns 4711. Wie das kam, lesen Sie hier. Von petra hall

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maria mehl-mülhens mit ihrem mann rudi mehl (r.) und Karl Vanis © D.R.

Mit Nina und Karl vanis feierten Staatssekretär Jacques Boisson als vertreter des Fürsten; Stéphane valerie, Präsident des Nationalrates; Monacos Bürgermeister Georges Marsan; Prinzessin Fadila von Ägypten; die CoPräsidenten des deutschen Clubs Beatrix Freifrau von Dellingshausen und Patrick Wetzel; Dr. Günter Paul, Präsident der MehlMülhens-Stiftung; regierungs- und Clubmitglieder sowie langjährige Freunde.

xperten bezeichnen die während der Regierungszeit von Fürst Albert I. 1894 errichtete Villa Les Flots in Monaco als eines der elegantesten und authentischsten Belle-Epoque-Gebäude der gesamten Riviera. Es wird vermutet, dass Charles Garnier der Architekt dieses Schmuckstücks war, da es seinem Stil entsprach und er in dieser Zeit zwischen Bordighera und Cannes tätig war. Der Name «Die Fluten» könnte daher rühren, dass Monaco damals weitgehend unbebaut und das Meer somit nicht weit erschien. Die Villa mit ihren türkisen Stilelementen steht als Elément bâti remarquable unter monegassischem Denkmalschutz. Nach einem regen Besitzerwechsel erwarben die Mitinhaberin des Kölner Konzerns 4711, Maria Mehl-Mülhens, und ihr Mann Rudi Mehl im Jahr 1962 die Immobilie. Etwa zur gleichen Zeit arbeitete Karl H. Vanis, erfolgreicher Hotelier und Gründer sowie jahrzehntelanger Präsident des Deutschen Clubs von Monaco, als Assistent des Generaldirektors vom Hôtel de Paris. Das Ehepaar Mehl-Mülhens verbrachte 15 Winter lang jeweils sechs Wochen in diesem renommierten Haus. Ihr Schloss und Gestüt Röttgen bei Köln mit seinen 120 Renn- und Zuchtpferden, Trainingsbahnen, Wald, See und Land von 220 Hektar war größer als Monaco (knapp 203 Hektar). Heute untersteht der Besitz der Mehl-Mülhens-Stiftung der Leitung von Dr. Günter Paul. Die Deutschen waren also damals VIPGäste im Hotel, wie man heute sagen würde. So nahm es nicht wunder, dass der Generaldirektor Karl Vanis bat, sich besonders um sie zu kümmern. Der gebürtige Essener sprach ihre Sprache, verstand ihre Mentalität. Das illustre Paar lud Vanis und seine Frau Nina öfter ein, und diese revanchierten sich in ihrem Apartment. So kamen sie sich langsam näher, ein Vertrauensverhältnis baute sich auf. Bei einem der gemeinsamen Abendessen sagte der peruanische Generalkonsul Rudi Mehl beiläufig zu Nina: «Übrigens gefällt es uns hier so gut, dass wir ganz spontan ein Haus in Monaco gekauft haben.» Es war die Villa Les Flots. Aber seine Frau Maria, die als eine der bestangezogenen Frauen auf den Rennplätzen Europas galt, wollte dort nicht wohnen, die Pferdenärrin bevorzugte den Komfort des Hôtel de Paris. Eines Tages kam Karl Vanis an dem Haus vorbei und bemerkte Probleme am Dach. Fortan bekam er von den Eigentümern den Auftrag, die Bauarbeiten zu überwachen. 1970 meinte Mehl: «Die Villa muss bewohnt sein, wollt ihr nicht da einziehen?» Vanis war vorsichtig: «Wie hoch soll denn die Miete sein? Und wie lange würde der Mietvertrag laufen?» Die Antwort verblüffte den Hotelier, doch er sollte später eine noch größere Überraschung erleben: «Ihr bekommt die Villa für einen OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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symbolischen neuen Franc pro Jahr und könnt erst einmal fünf Jahre bleiben.» Nina und Karl Vanis zogen also in dieses wunderschöne 11-Zimmer-Domizil mit prächtigen Fassadendekorationen, die Pilaster, Medaillons, hängende Schlüsselbögen, kurvenförmige Giebel, Stuckleisten und Muschelbalkone kombinieren. 1973 wird Rudi Mehl Präsident des Deutschen Clubs von Monaco, den Vanis unter der Schirmherrschaft von Fürst Rainier und Fürstin Grazia Patrizia gegründet hatte. 1980 verstirbt Mehl im Krankenhaus von Monaco. Seine Witwe, die allein nicht mehr ins Fürstentum reisen mochte, bestätigt den Mietvertrag auf weitere Zeit. Als Vanis Generaldirektor des Hôtel de Paris wird, schickt sie ihm eine Riesenflasche 4711 mit einem sehr persönlichen Brief. Fünf Jahre später folgt sie ihrem Mann. Der Kontakt zu ihrer Familie ist jedoch nie abgebrochen. Eines Morgens nimmt Nina Vanis einen Brief vom Postboten entgegen. Sie öffnet ihn und glaubt ihren Augen nicht: Maria Mehl-Mülhens hatte ihnen die Villa Les Flots vererbt! «In der ersten Nacht haben wir vor Freude keine Minute geschlafen», erinnert sich Karl Vanis. «In der zweiten auch nicht, denn wie sollten wir die Erbschaftssteuer bezahlen?!» Aber sie schafften es und sind heute Besitzer einer Villa, die nicht nur zu den raren architektonischen Schätzen der Riviera gehört, sondern auch von immensem Wert ist. Sie hegten und pflegten dieses förmlich vom Himmel gefallene Geschenk und investierten in Lift, Klimaanlage, Zentralheizung und viele andere notwendige Arbeiten. Vor allem aber kommt ihnen das Verdienst zu, ein historisches Juwel für die nachfolgenden Generationen bewahrt zu haben. Dazu sagt Karl Vanis: «Maria Mehl-Mülhens hat uns und unserer Familie ein herrliches Zuhause vermacht, deswegen haben wir auch nie daran gedacht, es zu verkaufen.» Lang möge die Villa Les Flots leben, diese herrliche Zeugin einer vergangenen Epoche! Das Jubelfest ihr zu Ehren wird jedenfalls unvergesslich bleiben. 

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«DIE RIvIERA IST EIN PARADIES AUF ERDEN...»

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as sagte der belgische König Leopold ii. 1907 in einer rede auf SaintJean-Cap-Ferat. entsprechend zahlreich waren damals adlige und reiche Unternehmer, die sich an diesem himmlischen Küstenstreifen ein Domizil errichten ließen – eines phantasiereicher als das andere. Denn im 19. Jahrhundert existierten keine Bauvorschriften, und so konnten Hausbesitzer aus aller Welt ihrer Phantasie freien Lauf lassen. als der Historiker Didier Gayraut 1974 von Paris an die Côte d’azur zog, war er ebenfalls von der Schönheit der Gegend fasziniert. er begann, Bücher zu schreiben und antike Fotos zu sammeln. Dank seines 40 Jahre alten archivs verfasste er – nach jahrelangen akribischen recherchen – auch den umfangreichen, wundervollen Band «Belles Demeures en Riviera» (editions Gilletta, 65 euro) über die schönsten anwesen zwischen Cannes und Bordighera wie die Villa Les Flots. 60 Prozent der damaligen villen gibt es heute nicht mehr oder sind umgebaut worden. Daher trägt Gayrauts Werk dazu bei, dass die ursprüngliche architektur der Belle Epoque an der riviera nicht in vergessenheit gerät. 


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Soiree mit Wow-Effekt

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hochwertigen Tombolapreise. Das große Los der Lotterie war wieder eine von Jochen Radermacher gespendete Traumreise für zwei Personen im Luxusresort Constance Prince auf Mauritius. Der Erlös wird für wohltätige Zwecke zur Verfügung gestellt. Eine herzliche Begrüßungsrede von Hotel-Generaldirektor Ivan Artolli, ein Vier-Gänge-Menü des Chefkochs Franck Cerutti mit erlesenen Weinen, das von Gründungsmitglied Heribert Diehl entworfene und realisierte Eau de Parfum für jeden Gast, Überraschungsmomente des Magiers Tanguy, musikalische Begleitung der White Cats und des DJs Willy waren die Tüpfelchen auf dem i. Ein Fünf-Sterne-Event, das unvergesslich bleiben wird. Der deutsche internationale Club von Monaco gehört zu den traditionsreichsten Vereinen des Fürstentums und genießt hier einen hervorragenden Ruf. Seine Geschichte wurde von drei Präsidenten geprägt: Generalkonsul Rudi Mehl (1973-1979), Honorarkonsulin Christine Esswein (1979-1994) und Karl H. Vanis. Seit 2018 teilen sich Beatrix Freifrau von Dellingshausen und Patrick Wetzel die Präsidentschaft. Bei Gründung – damals lebten nur 300 Deutsche im Fürstentum – hatten Fürst Rainier und Fürstin Grazia Patrizia die Schirmherrschaft übernommen. Der Verein mit seinen humanitären und kulturellen Aktivitäten ist längst zu einer festen Institution geworden und zählt heute mehr als 200 Mitglieder aus 28 Ländern. Insgesamt drei Millionen Euro flossen bisher für diese Belange. Dazu passt ein Zitat von Honorarpräsident Vanis: «Es ist wichtig, ein guter Mensch zu sein und nicht nur zu reden, sondern auch etwas zu tun.» 

Die Charity-Gala des Deutschen Clubs von Monaco im Hôtel de Paris Von petra hall Foto oben der historische Salle empire im hôtel de paris © D.R.

Foto rechts das präsidium des cai: angela Kleiber, co-präsidentin Beatrix von dellingshausen, Sabine holz-Strautmann (vorne v.l.) und Werner peyer, copräsident patrick Wetzel, norbert Orth (hinten v.l.) © D.R.

achte so mancher Gast im vergangenen Jahr, die wunderschöne Sommergala im Yacht Club von Monaco sei nicht zu toppen, mag er sich geirrt haben. Die traditionelle Wohltätigkeits-Soiree des Deutschen Clubs von Monaco (CAI), die dieses Mal am 20. Juli im frisch renovierten Hôtel de Paris stattfand, übertraf tatsächlich alle Erwartungen. Allein schon der in neuem Glanz erstrahlende Salle Empire sorgte für einen allgemeinen Wow-Effekt – ein unter Denkmalschutz stehendes, historisches Juwel, wo seit jeher legendäre Feste mit Berühmtheiten aus aller Welt gefeiert werden. Der Champagner-Cocktail auf der Terrasse mit Blick auf das Spielcasino tat sein Übriges. Das Hôtel de Paris ist außerdem Sitz des 1973 gegründeten Clubs unter der Ehrenpräsidentschaft von Fürst Albert. Den Abend charakterisierten unübertreffbare Eleganz und märchenhafte Atmosphäre. Ehrengast war Staatssekretär Jacques Boisson, der Fürst Albert bei dieser Gelegenheit vertrat. Herzlichen Beifall erhielten der großzügige Sponsor Alain Morgues vom Golfresort Terre Blanche sowie Honorarpräsident Karl Vanis für dessen tatkräftige Hilfe bei der Beschaffung der 25

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Technologische Führungsrolle

neue ÄrA bei der CMb

it der Ankunft von Francesco Grosoli als Generaldirektor der Compagnie Monégasque de Banque im vergangenen Mai hat eine neue Ära begonnen: So wurde im Juli die App CMB Mobile eingeführt. Damit übernimmt die Bank eine echte technologische Führungsrolle. Denn sie ist eines der ersten Finanzhäuser am Platz, dessen App sich an den Bedürfnissen der immer mobiler werdenden Kunden orientiert. Ziel dieser Innovation ist es, vor allem Unternehmern und der jüngeren Generation in Monaco rund um die Uhr, auf Reisen, während Meetings und Terminen, den Zugang zu ihren Finanzdaten zu ermöglichen. Die mobile Verbindung zwischen Monaco, eines der bestvernetzten Länder weltweit, mit dem Rest der Erde ist ein entscheidender Schritt in die Zukunft. Die bisherigen Reaktionen sind denn auch entsprechend positiv. Dazu sagt Stephan Sieder, Direktor für Verwaltung und Entwicklung der CMB: «CMB Mobile ist das Ergebnis einer langfristigen Reflexion. Wir wollten unseren Kunden eine leistungsstarke und zuverlässige App bieten, die es ihnen ermöglicht, stets mit ihrem privaten Bankberater in Kontakt zu bleiben. Das ist uns jetzt gelungen und somit gehören wir zu den Pionieren des hiesigen Bankenplatzes.» Derzeit haben nur Nutzer von Frankreich und dem Fürstentum Monaco aus Zugang zu der Applikation. Andere Länder folgen in Kürze. Die Funktionalitäten der CMB Mobile-App:  Konsultation von Kassen- und Depotkonten  Durchführung von Überweisungen in Euro oder anderen Währungen  Kommunikation mit Ihrem privaten Bankberater über Secure Messaging www.cmb.mc 

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die crew der malizia ii ist ende august wohlbehalten in new York eingetroffen. V.l.: Skipper Boris herrmann, pierre casiraghi, Gretas Vater Svante thunberg mit seiner tochter und Filmemacher nathan Grossman © Riccardo Pinto, Team Malizia

Greta Thunberg

Mit MonACos MAliziA nACh new York ie schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg ist Ende August nach zwei Wochen auf See in New York eingetroffen. Sie hatte mit dem Oldenburger Segelprofi Boris Herrmann, Prinzessin Carolines Sohn Pierre Casiraghi und der von beiden regelmäßig gemeinsam gesegelten monegassischen Rennyacht «Malizia II» den Atlantik überquert. Die Crew habe mit schwierigen Wetter-Bedingungen zu kämpfen gehabt, darunter Tiefdruckgebiete, Kaltfronten, Windstärken von bis zu 30 Knoten und raue See im Golfstrom. Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit auf der 3711 Seemeilen langen Strecke betrug 20,7 km/h. Pierre Casiraghi sagte nach der Ankunft: «Ich bewundere Greta Thunbergs Mut und Überzeugung; ihr Verhalten an Bord der Malizia II war

beispielhaft trotz der extremen Lebensbedingungen.» Auch der deutsche Skipper Boris Herrmann war nach der Ankunft in New York voll der Bewunderung für Gretas Haltung an Bord und im Leben: «Wir sind stolz, Greta emissionsfrei und sicher über den Atlantik gebracht zu haben. Ihre Mission, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, entspricht genau der Malizia Ocean Challenge, in deren Rahmen wir mit Wissenschaftlern arbeiten und versuchen, junge Leute aufzuklären. Die Stimmung an Bord war die ganze Zeit über sehr gut, und keiner war wirklich seekrank.» Unterstützt wurde die Reise unter anderem von der Stiftung des monegassischen Fürsten, der Fondation Prince Albert II. 

Sheba-Benefizgala

für hilfsbedürftige Kinder zu sammeln. Das Sheba Medical Center ist das größte medizinische Zentrum in Israel und dem gesamten Nahen Osten, das jährlich über 1,5 Millionen Patienten behandelt – unabhängig von Nationalität oder Religion. 

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700 000 euro für den guten zweCk ei der Gala «3D – Drink, Dance & Donate» zugunsten des Sheba Medical Centers («Krankenhaus des Friedens») kamen in Monaco Ende Juli 700 000 Euro an Spendengeldern zusammen. Businessmagnaten, Kunst-Tycoone und VIPs aus aller Welt hatten sich zur «Nacht der guten Herzen» im Hotel Hermitage zusammengefunden. Ziel der Veranstaltung, die auch dieses Jahr wieder unter der Schirmherrschaft von Fürst Albert II. stand, ist es, Spenden

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Gastgeber prof. Kreiss (2.v.l.) mit v.l.: dorit assaraf, Victoria Bonya und marc assaraf © Costi Moiceanu, www.cm-photography.fr


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Wirtschaftszentrum im Herzen Europas «Monaco ist mehr als nur ein Urlaubsziel. Es ist eine sehr dynamische internationale Wirtschaftsplattform.»

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Justin Highman, seit vier Jahren an der Spitze von Monaco invest, im rZ-Gespräch über seine Mission, das Fürstentum als Business-Standort bekannter zu machen und verstärkt ausländische investoren anzuziehen. WEITER AUF SEITE 46 

Von marina carValhO & Sören müller-hanSen

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elche Aufgaben haben das Monaco Economic board (MEb) und insbesondere Ihre Abteilung Monaco Invest?

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Das MEB fördert die wirtschaftlichen Aktivitäten des Fürstentums und hilft, sie weiterzuentwickeln. Es besteht aus zwei Abteilungen: der Handelskammer von Monaco, die monegassische Unternehmen auf lokaler und internationaler Ebene unterstützt, und der Monaco Invest, die sich auf ausländische Direktinvestitionen konzentriert. Unsere Aufgabe ist es, alle Schritte der Unternehmen zu analysieren, zu unterstützen und zu erleichtern, die einen möglichen Standort in Monaco prüfen wollen – alles in Justin highman © D.R. enger Zusammenarbeit mit der Regierung des Fürstentums und insbesondere dem Welcome Office.

Muss das Fürstentum denn seine Stärken im Ausland vermarkten? Natürlich! Das Fürstentum muss darüber informieren. Die meisten Menschen, die wir treffen, kennen und sehen Monaco als reines Urlaubsziel. Monaco ist viel mehr als das. Zudem stehen wir, wie alle anderen auch, in Konkurrenz mit anderen hochkompetitiven Märkten. Alle Wirtschaftszentren investieren und erneuern immer mehr, um sich vom Rest abzuheben, ausländische Investoren anzulocken und die größten Talente zu halten. Monaco ist da keine Ausnahme.

Welche vorzüge bietet das Fürstentum ausländischen Investoren abgesehen von diesem attraktiven Wirtschaftsgefüge? Unsere große Stärke ist unser nachhaltiges Modell, das schon seit Jahrhunderten erfolgreich ist. Wir profitieren von einer beispiellosen politischen Stabilität und können uns rühmen, ein schuldenfreier Staat mit Finanzreserven zu sein, die vier Geschäftsjahren entsprechen, zwei davon sogar in Form liquider Mittel. So sind wir auch für schwierige Zeiten gewappnet. Jedes Jahr investieren wir 30 Prozent des Haushalts, geschätzte 1,2 Milliarden Euro, in unsere Infrastruktur. Hinzu kommt unsere Weltoffenheit: Unter unseren 38 000 Einwohnern finden sich Menschen aus 140 Nationen. Das gibt jedem Unternehmer, der sich hier niederlassen möchte, die Sicherheit, dass er mehrsprachige Talente und eine internationale Perspektive finden kann. Unser anderer Pluspunkt ist der Flughafen Nizza Côte d’Azur mit 110 Direktverbindungen, darunter ab diesem Sommer auch China, und 14 Millionen Passagieren jährlich. Als zweitgrößtes europäisches Drehkreuz für Geschäftsluftfahrt bringt der Flughafen viele potenzielle Kunden mit sich. Und die Tatsache, dass Monaco im vergangenen Jahr 12,5 Prozent der Anteile erworben hat, könnte zu weiteren Flugverbindungen führen und neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen.

können Sie uns erklären, wie die monegassische Wirtschaft aufgebaut ist?

Wie arbeitet Monaco Invest, um seine Geschäftsmöglichkeiten zu verbessern? Gibt es Geschäftsbereiche oder länder, die im Fürstentum bevorzugt werden?

Monaco ist eine sehr dynamische Drehscheibe internationaler Wirtschaft. 2017 lag das Bruttoinlandsprodukt, BIP, bei 5,68 Milliarden Euro. Umgerechnet ergibt das ein BIP von 67 786 Euro pro Kopf, eines der höchsten der Welt. Das Fürstentum verzeichnete in den letzten fünf Jahren eine durchschnittliche Wachstumsrate von mehr als vier Prozent und bietet auf gerade einmal zwei Quadratkilometern mehr als 56 000 Menschen Arbeit im privaten Sektor. Am überraschendsten ist jedoch die Vielfalt der monegassischen Wirtschaftsaktivitäten. Natürlich sind der Tourismus – zwei Drittel Urlauber und ein Drittel Geschäftsreisende – und der Finanzsektor zwei wichtige Sektoren; sie machen jeweils etwa 17 Prozent des BIP aus. Andere wirtschaftliche Säulen aber sorgen für Vielfalt, ich denke da etwa an Immobilien und den Bausektor, an Dienstleistungen, internationalen Handel, den Gesundheitssektor und die Informations- und Kommunikationsbranche. Diese Vielfalt garantiert eine stabile Wirtschaft in Monaco.

Bei Monaco Invest verfolgen wir die Strategie, relevante Ziele mit Sektoren zu verbinden, die wir für angemessen für das Fürstentum halten. Länder wie Großbritannien, aber auch die Schweiz, Italien, Belgien und Deutschland stehen beispielsweise im Fokus. Mit diesen nahegelegenen Ländern pflegen wir schon länger erfolgreiche Geschäftsbeziehungen. Dort werden wir auch in Zukunft aktiv sein. Wir führen etwa Seminare, maßgeschneiderte Konferenzen und Geschäftstreffen gemeinsam mit dem diplomatischen Korps und dem Ministerium für Ausländische Angelegenheiten und Zusammenarbeit durch. Bei gezielteren Projekten treten andere Partner in Aktion, etwa Monaco For Finance im Finanzsektor, Cluster Yachting oder MonacoTech für Digitales. Sie zeigen, dass Monaco ein Land der Unternehmer ist, in dem man ein Geschäft aufbauen, ein Forschungszentrum oder eine Vertretung gründen kann, um seine Beziehungen zu Europa, dem Nahen Osten und Afrika zu pflegen. Seit dem Amtsantritt unseres

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neuen Generaldirektors Guillaume Rose im März versuchen wir verstärkt, unsere wirtschaftlichen Aktivitäten noch enger mit kulturellen Angeboten wie dem Ballett von Monte-Carlo, der Oper und der Philharmonie zu verbinden. Eine Zusammenarbeit mit dem Centre Scientifique de Monaco prüfen wir. Und warum sollten wir nicht auch gemeinsame Reisen mit dem Fußballklub AS Monaco zu Auslandseinsätzen in Betracht ziehen, um vom Image der Fußballer zu profitieren zum Kontakteknüpfen? Wir wollen alle öffentlichen oder halböffentlichen Einrichtungen Monacos bündeln, um ihren internationalen Einfluss zu vergrößern.

Wo hat Monaco noch Nachholbedarf? Die Digitalisierung ist ein neues Thema, bei dem es noch einige rechtliche Dinge zu klären gilt, etwa wie wir Mittel für Investitionen in junge Startups bereitstellen können. Aber die Regierung arbeitet mit Nachdruck an diesen Themen – und die Gründung von MonacoTech vor zwei Jahren war ein guter Anfang. Außerdem hat die Regierung mit Fréderic Genta, interministerieller Beauftragter für den digitalen Wandel, im vergangenen Jahr die Digitalstrategie «Extended Monaco» ins Leben gerufen, die Maßnahmen im e-Government, der elektronischen Identifizierung und dem digitalisierten Gesundheitswesen vorsieht. Mit der Weltpremiere von 5G im ganzen Land und der Weiterentwicklung der Blockchain ändern sich die Dinge in Monaco schnell. Das ist der Vorteil eines kleinen Landes. Ein weiteres mögliches Hindernis sind Immobilien. Egal, ob Wohn- oder Geschäftshäuser, die Preise sind enorm hoch. Aber wir haben Lösungen. Ein Dutzend Geschäftszentren bieten Unternehmen Alternativen, um auf dem monegassischen Markt Fuß zu fassen, ohne dass die Immobilienkosten explodieren.

Hat Monaco Invest schon neue Pläne für die kommenden Monate? Da denke ich etwa an Australien, wo wir vor einigen Wochen mit dem Ballett von MonteCarlo waren, oder an München und Wien mit der Oper. Da konnten wir großes Potenzial für zukünftige Kooperationen sehen. Australien möchte sich mehr von Asien, vor allem von China, lösen. Warum sollten wir dort also nicht zukünftige Aktionen planen? 2020 findet ab Oktober sechs Monate lang die Expo in Dubai statt. Dort werden wir einen großartigen Pavillon haben. Schließlich hoffen wir, im November nächsten Jahres auf der China International Import Exposition in Shanghai vertreten zu sein. Aber das ist noch nicht ganz sicher. All das sind Maßnahmen, die uns, so hoffe ich, unserem Ziel ein wenig näher bringen werden: Monaco als Wirtschaftszentrum im Herzen Europas zu verankern. 


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RECHT IN FRANKREICH

«WOHNSITZPRINZIP»

Die europäische Erbrechtsreform EXKLUSIV FÜR DIE RIVIERAZEIT SCHREIBT RECHTSANWÄLTIN MICHAELA SCHREYER

© Isabelle Schmitt

eit die europäische Erbrechtsreform am 17. August 2015 in Kraft getreten ist, gilt das Wohnsitzprinzip für grenzüberschreitende Erbfälle. Es ist somit einheitlich die Rechtsordnung des letzten gewöhnlichen Wohnsitzes für den gesamten Nachlass zuständig: Bei Wohnsitzverlegung ändert sich entsprechend auch das zur Anwendung kommende Recht. Testamentarisch kann allerdings festgehalten werden, dass das Recht der Staatsbürgerschaft gelten soll. Dahingehend sei bemerkt, dass für vor der Reform erstellte Testamente ein Zusatz unterzeichnet werden muss, um formwirksam die Rechtswahl auszuüben. Sofern keinerlei Rechtswahl getroffen wurde und sich der letzte gewöhnliche Wohnsitz in Frankreich befindet, kommt das französische Erbrecht für den gesamten Nachlass zur Anwendung. Es ist daher wichtig, das französische Erbrecht zu überschauen, um in voller Kenntnis zu entscheiden, ob eine Rechtswahl zugunsten der Rechtsordnung der Staatsbürgerschaft getroffen und entsprechend ein Testament erstellt werden sollte. Im französischen Erbrecht haben Abkömmlinge und ansonsten der Ehegatte Anspruch auf einen Pflichtteil. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Nachlasses, sofern nur ein Kind existiert, zwei Drittel, wenn zwei Kinder existieren und drei Viertel ab drei Kindern, über den Rest kann testamentarisch

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Was Sie wissen müssen, wenn Sie Ihren Wohnsitz nach Frankreich verlegen verfügt werden. Der Pflichtteil ist damit weit höher als etwa im deutschen Recht (Pflichtteil = ½ des gesetzlichen Erbteils x 1/Anzahl der Abkömmlinge). Der Pflichtteil des Ehegatten beträgt in Frankreich ein Viertel des Nachlasses, wenn weder Kinder noch Enkel vorhanden sind. Im Gegensatz zu

Güterstandes erfolgen. Existieren Kinder aus der Ehe, so kann der überlebende Ehegatte zwischen dem Nießbrauch des gesamten Vermögens und einem Viertel des Eigentums wählen, ansonsten fällt ihm ein Viertel des Eigentums als Pflichtteil zu. Sofern keine Kinder, aber noch Eltern existieren, erhält der Ehegatte die Hälfte des Nachlasses und die andere Hälfte geht an die Eltern (jeweils ¼), wenn nur noch ein Elternteil existiert, erhält der Ehegatte ¾, ansonsten fällt ihm der gesamte Nachlass zu. Zusammenfassende tabelle der rechte des ehegatten (ohne testament):

der Verstorbene hinterlässt

erbe des ehegatten

erbe der anderen hinterbliebenen

gemeinsame Kinder oder Enkel

¼ Eigentum oder Nießbrauch des gesamten Nachlasses

Kinder: ¾ oder bloßes Eigentum des gesamten Nachlasses, Eltern, Großeltern und Geschwister erben nicht

Kinder aus anderer Beziehung

¼ des gesamten Nachlasses

-0-

Vater und Mutter

½ des gesamten Nachlasses

Eltern: ¼ jeder Elternteil, andere Erben: 0

Vater oder Mutter

¾ des gesamten Nachlasses

¼ für das Elternteil

Großeltern, Geschwister

100 % des gesamten Nachlasses

-0-

Deutschland handelt es sich bei dem Pflichtteil jedoch nicht um einen Anspruch auf Geldzahlung, sondern die Pflichterben werden Mitglieder der Erbengemeinschaft, was oft zu jahrelangen Streitigkeiten führt. Sofern kein Testament erstellt wurde und der Erblasser Kinder hinterlässt, aber keinen Ehegatten, so erben diese zu gleichen Teilen. War der Erblasser kinderlos und unverheiratet, so erben die Eltern und Geschwister beziehungsweise deren Abkommen. Hinterlässt der Erblasser einen Ehegatten, so muss im Vorfeld eine Auseinandersetzung des

Der eingetragene Partner wird, im Gegensatz zum deutschen Erbrecht, nicht zur gesetzlichen Erbfolge berufen und erbt somit nur, wenn ein dahingehendes Testament existiert. In Frankreich ist einzig der Notar – und nicht wie in Deutschland das Nachlassgericht – für die Abwicklung zuständig. Es muss ein Erbschein (acte de notoriété) erstellt werden und für die Übertragung von unbeweglichem Eigentum eine Übertragungsurkunde mit Grundbuchumtrag (attestation immobilière). Sofern Vermögen im europäischen Ausland existiert,

wird durch den Notar ein europäisches Nachlasszeugnis erstellt, womit die Erbenstellung europaweit belegt werden kann. 

Maître Michaela Schreyer 6, avenue Cyrille Besset Le Virginia II 06800 Cagnes-sur-Mer Tel. +33 (0)4 92 02 33 41 +33 (0)4 93 22 90 35 info@mcsavocats.com www.mcsavocats.com OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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nicola asplanato bei der Oliven-ernte: echte handarbeit © Nicola Asplanato

Start-up in ligurien

«Wir brauchen eine Mühle!» Was so einfach klingt, war ein hartes Stück arbeit: Unbändiger Wille hat anna und Nicola asplanato ans vorläufige Ziel ihrer Träume geführt. Von SuSanne altWeGer-minet

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ir brauchen eine Mühle! Diese Erkenntnis kam 2018 schlagartig, als das Paar seine Oliven zum Pressen in eine fremde Ölmühle schleppte und dort auf eigene Kunden stieß. Was sollen die bloß von uns denken, fragten sich Nicola Asplanato und seine Frau. Und so nahm alles seinen Lauf. Nicola ist ein naturverbundener junger Mann, quirlig, voller Ideen und Tatendrang. Seine Eltern betreiben in Lecchiore bei Imperia einen Agriturismo, und natürlich haben sie etliche Olivenbäume für den Hausgebrauch. Für den Sohn ein willkommenes Sprungbrett. Systematisch erwarb er teils vernachlässigte Haine und rekultivierte sie eigenhändig. Jetzt ist er Herr über 3000 Bäume mit Taggiasca-Oliven. Aus seiner neuen, hochmodernen Ölmühle weist er auf die umliegenden Hügel, wo seine Bäume bis zu 600 Meter über dem Meeresspiegel wachsen. «Die Küstenberge schützen vor kalten Winden, das nahe Meer spendet Feuchtigkeit und Wärme», erklärt er. «In dieser Höhe reifen die Oliven langsam und werden OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

spät geerntet. Dadurch entsteht das milde Aroma.» Was hat ihn ermutigt, sich mich seiner deutschen Frau Anna so zu professionalisieren? «Qualität! Ich bin überzeugt, dass handwerkliche Qualität sich durchsetzt», meint der junge Mann selbstbewusst. Und wie diese entsteht, erfahre ich sogleich bei einer Zeitreise durch das «Olivenjahr». Im Oktober werden die Netze zum Sammeln ausgelegt. Später erfolgt äußerst sorgfältig die Ernte; bereits abgefallene Oliven werden per Hand ausgesondert. Früher, bis zu ihrer Babypause, war Anna dafür zuständig. Bei wachsenden Flächen war das allein nicht mehr machbar und Nicola stellte zwei Helfer ein, denn die Ernte in den teils steilen Bergen ist harte Handarbeit. Unterstützend eingesetzte Geräte werden ausschließlich elektrisch betrieben, damit die Früchte keinen Benzingeruch annehmen. Noch am Tag der Ernte wird kalt gepresst. Zentrifugen trennen das Öl von Wasser und Verunreinigungen. Ein messbares Qualitätsmerkmal ist der Säuregehalt; bei Nicola liegt er bei niedrigen 0,2, selten bei 0,3

Prozent. «Solche Werte sind nur mit handwerklicher Produktion erreichbar», betont er. Nach der EU-Verordnung darf Ölivenöl schon als extra vergine bezeichnet werden, wenn es 0,8 Prozent nicht überschreitet. Auch das übrige Jahr ist reichlich mit Arbeit angefüllt. Im Januar und Februar müssen die Bäume beschnitten werden. Im Mai und Juni werden Gras und Unkraut zwischen den Stämmen entfernt. Im Sommer dürfen die Früchte in Ruhe reifen. «Das klingt nach ‚Bio‘», bemerke ich. «Ja, wir arbeiten wirklich streng biologisch, aber sind nicht zertifiziert, denn auch das kostet viel Geld. Wir werden jedoch kaum darum herum kommen, weil vor allem deutsche Kunden dem Siegel eher vertrauen.» Das bisherige Investment war schon ziemlich happig. Denn Nicola kennt keine Kompromisse. Die erste eingesetzte Ölpresse bezeichnete er als Schrott, die jetzige als traumhaft. Und um wirklich nur die besten eigenen Oliven zu verarbeiten, werden sie bei ihm zweimal sortiert. All das kostet! Sponsoring gab es von seinen Eltern. Auf den staatlichen Zuschuss verzichtete er. «Zu viel Bürokratie.» Und dann hätte er sich zehn Jahre an die Geräte binden müssen, was einer weiteren Expansion entgegengestanden hätte. Ohne Ehrgeiz und Eigeninitiative wäre das alles nicht möglich gewesen. Nicola Asplanato wird von seiner Frau Anna perfekt unterstützt. Die Bürokauffrau aus Bremen ist für die «ästhetische Abteilung» zuständig. «Als erstes wusste ich, wie die Etiketten aussehen sollten», meint sie lachend. «Wir haben zunächst von Hand geklebt. Mit den Maschinen sitzen sie nun perfekt.» Der kleine Verkaufsraum ist ansprechend und einladend. Die Flaschen stehen in Reih und Glied in den gängigen Größen. Ergänzt um wunderbares Pesto, Olivenpaste und kleine knackige Oliven in salamoia. 0,75 Liter Olivenöl kosten 14,50 Euro. Die Vermarktung ist gut angelaufen. Die beiden besuchen mit ihrem Stand die beliebten Märkte der Umgebung und beliefern auch die Gastronomie. Nicht selten kommen qualitätsbewusste Kunden nach der Marktverkostung und packen eine Menge Flaschen ins Auto. Wer ausschließlich Liter-Preise vergleicht, zählt nicht dazu. Das Schneeballsystem funktioniert. Und ein guter Freund in Berlin sorgt für den Vertrieb in Deutschland. Die Werbung im Internet krönt ein professioneller kleiner Film. Anna denkt schon weiter und experimentiert mit einer befreundeten Kosmetikerin für eine Kosmetiklinie. Kann man als Olivenbauern leben? «Wir werden nicht reich, aber es reicht, und das Leben, das wir führen, macht uns glücklich», ist die entwaffnende Antwort. «Außerdem», ergänzt Nicola, «sind wir noch sehr jung, und ich bin immer voller Ideen.» Die neueste ist ein Naturlehrpfad, um entspannt zwischen seinen Oliven zu verweilen und die gute Luft und die herrliche Hügellandschaft zu genießen. 


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AGECO Cannes

Moderne finAnzplAnung AuCh Auf deutsCh

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inanz- und Steuerangelegenheiten kosten Zeit und Nerven. Hilfreich ist es da – insbesondere für Unternehmer – einen guten Berater zur Seite zu haben. Seit Neuestem gibt es in der renommierten Steuerberatungsund Wirtschaftsprüfungsgesellschaft AGECO in Cannes nun auch zwei Ansprechpartner für deutschsprachige Kunden in der Region. Einer von ihnen ist Agenturdirektor Yannick Musso, der dank seiner österreichischen Mutter zweisprachig aufgewachsen ist. Der 33-jährige Finanzexperte spricht mit Herzblut und Leidenschaft von der trockenen Finanzwelt. Er liebt den Umgang mit Zahlen, aber noch mehr den direkten Kontakt mit den Kunden. «Wichtig ist, dass der Berater zu den Bedürfnissen des Mandanten passt und auf sie eingeht», sagt Musso. «Egal ob bei der Buchführung für ein Restaurant, eine Hotelkette oder der Erstellung eines Wirtschaftsplans bei der Unternehmensgründung – wir können helfen. Wir beraten auch bei der Auswahl der richtigen Unternehmensform, denn bereits hier können immense Steuervorteile geschaffen werden», beschreibt Yannick Musso einige der Angebote von AGECO Cannes.

Yannick musso (l.) und Gilles perez

Das Unternehmen wurde vor zwölf Jahren von Expert-Comptable Gilles Perez gegründet und verfügt über 22 Mitarbeiter sowie ein Netzwerk von Anwälten, Notaren und anderen Experten. «AGECO Cannes ist schwerpunktmäßig auf Unternehmen mit fünf bis 50 Mitarbeitern spezialisiert, berät aber auch Freiberufler oder kleinere Unternehmen», so Yannick Musso. Ein Kerngeschäft ist die Buchhaltung von der kontinuierlichen Betreuung über die Steuererklärung bis zum Jahresabschluss. Zudem gibt es eine breite Palette an Dienstleistungen: unter anderem Betriebsprüfung, Franchise sowie Begleitung im Steuer-, Sozial- und Rechtswesen. «Wir können auch die Finanzplanung übernehmen und optimieren. So bieten wir ein Frühwarnsystem, sollte ein Unternehmen finanziell in die Schieflage geraten», erklärt Musso. Für eine optimale Arbeit ist AGECO Cannes umfänglich digitalisiert. Den Mandanten steht eine Online-Plattform mit Namen «Box» zur Verfügung,

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mit der sämtliche Unterlagen digital erfasst werden können. Es gibt kein zeitraubendes Hin- und Hersenden von Belegen mehr. Dies alles erspart viel Zeit und Kosten. «Und Kunden können jederzeit und von überall bequem auf alle relevanten Daten ihrer Finanzbuchhaltung zugreifen», erklärt Musso. «Das Programm ist zum Beispiel in der Lage Belege zu verbuchen, Rechnungen auszuweisen und Bilanzen zu erstellen.» Doch Gilles Perez, Yannick Musso und ihren Mitarbeitern ist auch im digitalen Zeitalter der direkte Kontakt zu den Kunden wichtig. «Unsere Klienten bekommen natürlich unsere Handynummern, und wir sind jederzeit ansprechbar», sagt Musso. Gilles Perez ist dafür bekannt, auch die kompliziertesten Dinge aus der Steuer- und Finanzwelt einfach auf den Punkt zu bringen. Die Videos des Firmenchefs mit ihren klaren und deutlichen Tipps zu Steuern und Unternehmensführung sind auf der Internetseite von AGECO Cannes übrigens kostenlos abrufbar. 

AGECO CANNES Cabinet d’expertise-Comptable Le Durango - 116 Boulevard Carnot 06110 Le Cannet Tel. 04 93 45 98 98 - Fax 04 93 45 73 23 yannick@ageco-ec.fr www.ageco-ec.fr

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FRANZÖSISCHE BESODERHEITEN – PLUS VALUE, SOZIALABGABEN UND BESTEUERUNG EINER SCI

Wir «müssen» mal wieder u.a. über das Thema Spekulationssteuer (plus value) und die Sozialabgaben berichten. Seit unseren letzten beiden Artikeln (Ausgabe März/April und Juli/August/September) hat sich etwas getan – nun dieses Mal endlich vollständig positiv: Mit Entscheidung des Conseil d’Etat (dem sog. Staatsrat) Nr. 422780 in der Rechtssache «Dreyer» sind für die Jahre 2016, 2017 und 2018 gezahlte Sozialabgaben ebenfalls zu erstatten. Ein Einspruchsverfahren ist daher in jedem Fall empfehlenswert. (Achtung: Verjährungsfristen beachten!) Die eigentliche Steuer von 19 Prozent bleibt aber weiterhin geschuldet, wenn nicht die Haltefrist von 22 Jahren abgelaufen ist oder es sich um den Hauptwohnsitz handelt. Die Steuer und die Haltefrist gelten im Übrigen prinzipiell auch, wenn die Immobilie mit einer SCI gekauft wurde. Hierbei ist jedoch notwendig, dass es sich um eine sog. transparente SCI handelt. Bei dieser gehen die Steuerpflichten direkt auf die Gesellschafter über. ACHTUNG: Vermietet die SCI die Immobilie an Dritte wiederkehrend möbliert (z.B. jedes Jahr im August an Feriengäste), unterliegt die SCI den Steuerpflichten von Kapital- bzw. Handelsgesellschaften (sog. SCI soumise à l’impôt sur les sociétés). In diesem Fall entfällt die Haltefrist, und die Steuer von 33,3 Prozent (wenn der Gewinn über 38 120 Euro beträgt – darunter: 15 Prozent) ist auf die durch Abschreibung zu errechnende Wertdifferenz zu zahlen. Eine Bilanzbuchhaltung ist hierfür zwingend und mit entsprechendem Aufwand und Kosten verbunden. Entgegen der degressiven «Abschreibung» bei der 22-jährigen Haltefrist (von 6 Prozent zu Beginn und 100 Prozent am Ende) ist die zu bilanzierende Abschreibung ausschließlich linear (durchschnittlich zwischen 2 und 5 Prozent) bei einer Abschreibungsdauer von bis zu 50 Jahren. Die Mieteinkünfte werden darüber hinaus zweimal besteuert: direkt über die Unternehmenssteuer und bei Ausschüttungen an die Gesellschafter nochmals durch die Einkommensteuer. Eine transparente SCI muss aber auch ohne Einkünfte jedes Jahr rechtzeitig eine Steuererklärung einreichen, um die sog. 3-Prozent-Steuer auf den Verkehrswert der Immobilie zu vermeiden. Wer also plant, eine Immobilie mit einer SCI zu kaufen, sollte im Vorfeld genau prüfen, aus welchem Grund dies sinnvoll erscheint und wie die Zukunftsplanung aussieht. Beim «Privatkauf» ist das natürlich nicht anders … Der Verfasser, Rechtsanwalt Stefan Kesting (Hamburg/Cannes/Berlin), informiert in der «RivieraZeit» regelmäßig über Besonderheiten im französischen Recht. Er ist spezialisiert auf französisches Wirtschafts-, Immobilien-, Erb und Steuerrecht sowie gerichtlich ermächtigter Übersetzer der französischen Sprache.

kESTING & Partner – Der Ansprechpartner für französisches Recht in deutscher Sprache Telefon Hamburg +49 (0)40/3 86 86 58 86

Telefon Berlin +49 (0)30/6 11 01 86 69

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elektromobilität

Wir brauchen den Wandel – schnell Der Markt für Elektroautos in Frankreich und Deutschland kommt in Bewegung

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation der Elektromobilität in Deutschland und Frankreich ein?

Hanno Klausmeier, Geschäftsführer der SAP Labs France mit Sitz in Sophia-antipolis, ist experte in Sachen elektromobilität. im interview erklärt er, warum er seine Mitarbeiter elektrisch rollen lässt und wann das e-auto sich durchsetzen wird. Von alexandra Seidel-lauer, ahK FranKreich

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Ich beschäftige mich seit 2014 intensiv mit dem Thema. Die SAP Labs France haben mittlerweile über 60 Prozent reine Elektroautos, sogenannte BEV, also Battery Electric Vehicles, in der Firmenautoflotte mit 280 Wagen. In Deutschland und in Frankreich haben die Elektroautos mittlerweile einen Marktanteil von knapp zwei Prozent an den Neuzulassungen. Dazu haben insbesondere die folgenden Faktoren mit beigetragen: neue attraktive Modelle mit deutlich größerer Reichweite wie zum Beispiel das Tesla Model 3, Jaguar I-Pace, Hyundai Kona EV, Kia Niro EV oder der Kia Soul EV; die Incentives, die es inzwischen zugunsten der Elektroautos gibt wie die Eco-Boni; keine TVTS-Steuer in Frankreich bei Firmenautos; drohende Fahrverbote für Verbrenner in großen Städten und Vergünstigungen wie steuerliche Sonderbehandlung der Batterien in Frankreich und sonstige Benefits wie freies Parken in einigen Städten etc. Es bleibt aber noch einiges zu tun, bis sich das Elektroauto deutlich größere Marktanteile an den Neuwagen erstreitet. Deutlich größere Marktanteile heißt fünf bis sieben Prozent – das entspräche dem jetzigen Marktanteil in den Niederlanden. Ich gehe aber davon aus, dass wir nicht mehr sehr weit vom «Turning point» weg sind. Dieser Punkt wird nach unserer Einschätzung so in etwa im Jahre 2022 erreicht sein. Dann werden die Batteriekosten noch einmal nach unten gehen, weitere Hersteller werden noch mehr Modelle auf den Markt werfen, und die Normativität bezüglich der Verbrenner wird sich noch einmal verschärfen. Die Märkte in Deutschland und Frankreich schätze ich in etwa gleich ein, wobei in letzter Zeit mehr Bewegung auf dem deutschen Markt herrscht. Das war vor zwei Jahren noch etwas anders, da hatte Frankreich leicht die Nase vorn. Das hat möglicherweise auch etwas mit dem massiven Umschalten von VW zu tun. Dort wird mittlerweile – im Gegensatz zu Mercedes und BMW – nun doch

ein großer teil der Sap-Firmenwagenflotte in Sophia-antipolis r

massiv auf Elektromobilität gesetzt. Quintessenz ist: Der Markt in Deutschland und Frankreich ist in Bewegung gekommen.

Was muss geschehen, damit der verbrennungsmotor abgelöst wird? Oder bleibt das Elektroauto nur eine Alternative für kurzstrecken? Der Hauptpunkt bleibt der Preis. Sollte es gelingen, die Stückkosten pro E-Auto in etwa dem der Verbrenner anzugleichen, so wird es zu einem Zusammenbrechen des Verbrenner-Marktes kommen. Wenn wir uns den TCO, Total Cost of Ownership, ansehen, so sind wir mit den Benefits vom Staat heute schon sehr nahe am TCO eines Verbrenners – und das gilt gleichermaßen für Deutschland und Frankreich. Als Beispiel können wir einen Hyundai Kona oder einen Kia Niro nehmen, die es als Verbrenner, aber auch als E-Auto gibt, und wir stellen fest: Wenn man sich die Gesamtkosten über den gesamten Lebenszyklus des Autos ansieht, so haben wir jetzt schon eine de-facto-Parität hergestellt. Es hängt letztendlich von der gesamten Kilometerlaufleistung ab: Je mehr gefahren wird, desto besser liegt, von den Kosten her gesehen, das E-Auto. Neben dem Preis sollten wir auch noch über die Ladeinfrastruktur sprechen. Hier ist noch nicht alles optimal. Insbesondere in Frankreich gibt es Nachholbedarf. Was meinen wir damit? Ich denke insbesondere an Ultraschnelllader, also Ladestationen, die deutlich über 50 KW Gleichstrom (DC) liefern. Davon gibt es nach wie vor nicht genug, obwohl die neue Generation an bereits auf dem Markt befindlichen E-Autos heute schon bis zu 190 KW abnehmen kann – konkret das Tesla Model 3. Auf diese Weise kann die Ladezeit enorm verkürzt


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beispielsweise völlig unsinnig, nach wie vor am Dieselsteuerprivileg festzuhalten, das in Deutschland wie in Frankreich gilt. In Frankreich macht der Verkehr fast 30 Prozent der CO2-Klimabelastung aus mit dem Löwenanteil Individualverkehr. Ansonsten bräuchte es keine weiteren Maßnahmen. Es sollte nur darauf geachtet werden, dass die externen Effekte der Verbrennertechnologie konsequent beachtet und bepreist werden. Sollte das eines Tages passieren – eine konsequente CO2-Steuer wäre ein Schritt in die richtige Richtung –, so könnte man auch die Subventionen für E-Autos zurückfahren. Ein starker politischer Wille ist allerdings nur teilweise bei einigen wenigen Politikern zu erkennen.

rollt elektrisch © D.R.

werden, das heißt E-Autos, die auf der Autobahn deutlich über 400 Kilometer Reichweite haben, können auf diese Weise in 20 bis 30 Minuten wieder aufgeladen werden. Stichwort Langstreckentauglichkeit: Hier gibt es eine ganz klare Antwort – ja, das EAuto ist schon jetzt absolut langstreckentauglich. Ich bin selber schon etwa 100 000 Kilometer im E-Auto gefahren, auch lange Strecken und nicht nur im Tesla, und kann

Wie könnten Deutschland und Frankreich im bereich der Elektromobilität stärker zusammenarbeiten? Nachdem man in Deutschland sowie in Frankreich die Batterietechnologie verschlafen hat, redet man nun vom Airbus der Batsagen, dass der «Zeitverlust» gegenüber terie. Das sind sicherlich Ansätze, die man einem Verbrenner nicht signifikant ist und eher positiv sehen sollte, da eine permaauch noch weiter zurückgehen wird durch nente Abhängigkeit gegenüber den USA, mehr Reichweite bei den E-Autos und noch Japan, China oder Korea sicherlich diskusschnellere Ladestationen. sionswürdig ist. Man sollte aber auch feststellen, dass viele dieser Batteriehersteller Die EU-kommission sieht in (Tesla/Panasonic, CATL etc.) schon dabei ihrer Roadmap 2050 vor, keine sind, sich in Europa mit eigenen Fabriken zu Fahrzeuge mehr mit verbrenengagieren. Eine gemeinsame Initiative zur nungsmotoren in den Städten Installation von Ultraschnellladern wäre alzuzulassen. Halten Sie das für lerdings auch einen Gedanken wert. Ich realistisch? weise darauf hin, dass sowohl Fastned als Also, wenn hier das Jahr 2025 stünde, hätte auch Ionity Fördermittel seitens der EU beich gesagt, das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber kommen, was ich positiv sehe. Eine 2050 ist nun wirklich überhaupt nicht amdeutsch-französische Initiabitioniert. Um den Klimawandel tive, die so etwas beschleuzu stoppen, die NOx-Werte nigt, wäre sicherlich zu deutlich zu senken, den Fein«HIER GIBT ES EINE begrüßen. staub in den Griff zu bekomGANZ KLARE men und auch die LärmANTWORT – JA, DAS belastung nach unten zu brinWelche Rolle spielt E-AUTO IST SCHON gen, brauchen wir einfach eine SAP im bereich Elekhöhere Geschwindigkeit beim tromobilität? JETZT ABSOLUT Wandel zur Elektromobilität. Die SAP hat letztes Jahr beLANGSTRECKENWir sollten uns hier Norwegen schlossen, ab dem Jahre TAUGLICH.» als Beispiel nehmen. Dort dür2025 klimaneutral zu sein. fen ab dem Jahre 2025 keine Da die SAP eine große AnVerbrenner mehr verkauft werzahl von Firmenautos least den. Das wäre ein Ziel, bei dem man sich und auch besitzt, allein in Deutschland wirklich anstrengen müsste. Das Jahr 2050 17 000, ist es offensichtlich, dass die SAP wird sehr einfach zu erreichen sein, da dann E-Autos fördert. Die SAP gibt gesonderte die Marktkräfte das E-Auto sowieso zum Boni an seine Mitarbeiter, damit ein E-Auto Sieger erklären werden, ohne viel Zutun seigünstiger ist als ein Verbrenner. tens der Politik. Des Weiteren baut die SAP konsequent Ladestationen an fast allen Standorten auf. AlWelche staatliche Förderung lein die SAP Labs France haben mittlerweile wäre notwendig? mehr als 50 Ladepunkte installiert. Auch LaDa sind zwei Punkte zu nennen: der Ausbau depunkte bei den Mitarbeitern, sogenannte der Ladeinfrastruktur und das konsequente Wallboxen, werden gefördert. Darüber hiBelasten der Verbrennungstechnologie mit naus ent-wickelt die SAP Systeme zum Laseinen inhärenten Kosten. Ich denke hier an destationsmanagement, die auch in die die hohe Klimabelastung und die negativen «normale» SAP-Welt integriert sind oder sein Auswirkungen von NOx und Feinstaub. Es ist werden.  OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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im neuen rehabilitationsbecken in monaco werden die Schildkröten auf ein leben in Freiheit vorbereitet © M. Dagnino - Institut océanographique

Gemeinsam gegen das Aussterben Am Cap d’Antibes und in Monaco wird mit vereinten Kräften bedrohten Schildkröten geholfen Von anniKa BremicKer

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ichtbar geschwächt treibt die Schildkröte an der Wasseroberfläche eines Aquariums. Erst vor kurzem wurde ihr eine Plastiktüte aus dem Magen entfernt. Unklar ist, ob sich noch mehr potentiell tödlicher Abfall in ihrem Verdauungstrakt versteckt. Mit ihrem Schicksal ist sie nicht alleine: Bei sämtlichen Schildkröten, die seit seiner Gründung im Jahr 2017 im Rehabilitationszentrum Marineland am Cap d’Antibes behandelt wurden, wurde im Körper Plastikmüll entdeckt. Institutionen wie das Reha-Zentrum Marineland und das Ozeanografische Museum Monaco kämpfen zusammen gegen das Aussterben der Tiere. OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

«Würde es ihr in Freiheit nicht besser gehen?» will ein kleiner Junge wissen, während seine Augen im Musée Océanographique im Fürstentum einer langsam hinter der Glasscheibe hin und her schwimmenden Schildkröte folgen. Er und die anderen kleinen Besucher sind sich bewusst, dass das hier keine Dauerlösung, kein Zoo ist. Seit seiner Eröffnung im April dieses Jahres ermöglicht der 550 Quadratmeter große Schildkrötenbereich im Museum auf dem Altstadtfelsen ein komplettes Eintauchen in die Welt der Schildkröten. Ausgestattet ist er mit fünf kleinen Becken zur Erstversorgung, einem 160 Kubikmeter großen Rehabilitations-

becken, einer nur durch eine Glasscheibe vom Publikum getrennten «Küche» und vielen Bildern, Texten, kleinen Stationen und Hinweisen. Hier erfahren Besucher alles über die Reptilien. Dass es sie schon vor fast 240 Millionen Jahren und damit vor den Dinosauriern gab. Dass Schildkröten eifrige Reisende sind, jährlich tausende an Kilometern zurücklegen und fürs Eierlegen zu ihrem Geburtsstrand zurückkehren. Dass es an der Côte d’Azur drei Arten von ihnen gibt – die Lederschildkröte, die grüne Meeresschildkröte und die Unechte Karettschildkröte. Aber auch, dass die Tiere von Geburt an in jeder Etappe ihres Lebens zahlreichen Gefahren ausgesetzt sind – und dass nicht wenige davon menschengemacht sind. Da sind zum einen das Hinauskrabbeln der Neugeborenen alleine über den Sand bis zum Meer und das Entkommen vor gierigen Vögeln. Und zum anderen eben überfüllte Strände, die Klimaerwärmung, die ihr Sexualverhalten durcheinander bringt, die Kollision mit Schiffen, die chemische Verschmutzung des Wassers, all der Plastikmüll, die Fischerei und Wilderei. Ein in der Schildkröten-Küche ausgehängtes «Restaurantmenü» zeigt an: Aktuell ist im Museum auch eine temporäre Ausstellung mit gigantischen Schildkröten-Skeletten und


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eine unechte Karettschildkröte zieht ihre Bahnen im reha-Becken © M. Dagnino - Institut océanographique

wieder in die Natur zu entlassen. Bisher stimmungsvollen Lichtershows zu sehen. konnten alle Tiere geheilt werden. Dennoch Unterhaltung und Informationen ergänzen stoßen die mitarbeitenden Tierärzte aus Maeinander. rineland trotz ihrer langjährigen Erfahrung im Langfristig soll der Schwerpunkt im neuen Reha-Zentrum am Cap d’Antibes immer Schildkrötenbereich aber auf der Behandwieder an ihre Grenzen, wie Sidonie Catteau, lung kranker Tiere liegen, die später wieder Verantwortliche der Stiftung, erklärt: «Die ausgesetzt werden – so wie die beiden akSchwierigkeit ist, dass wir auf Fälle stoßen, tuell im Reha-Becken umher paddelnden die wir aus dem Tierpark nicht kennen – zum Schildkröten, die die vorbeigehenden BesuBeispiel, wenn ein Tier ankommt, das einen cher am meisten faszinieren. Sie stammen Zusammenstoß mit einem Boot hatte. Dann aus Marineland. 2011 wurden sie dort gebosteht man da und sagt sich: Oh Mann, ich ren, sollen bald jedoch in die Freiheit entlasweiß genau, wie dieses Tier sen werden. In Monaco werfunktioniert… Aber bis die den sie darauf vorbereitet. AbDiagnosen in solchen Fällen gesehen von diesen beiden stehen, kann es dauern.» Gästen ist das frisch eröffnete «OHNE FRAGE SIND Unabhängig von der Art ihrer Zentrum bisher noch ohne PaES DIE ANBLICKE Verletzung brauchen die Tiere tienten und Erfahrung. DER ENORMEN zur Heilung einfach ihre Zeit; Ganz anders sieht es im RehaPLASTIKFUNDE IN so auch die vor kurzem neu bilitationscenter am Cap d’AnDEN KÖRPERN DER eingetroffene Schildkröte, die tibes aus. Neun Schildkröten sich noch in der ersten Station wurden hier seit seiner GrünSCHILDKRÖTEN, DIE befindet: einem der drei Einzeldung vor zwei Jahren aufgeIMMER WIEDER AM becken, in denen die Tiere benommen und aufgepäppelt. MEISTEN obachtet und aufgepäppelt Aufgabe des zur MarinelandSCHOCKIEREN.» werden, bis sie dann im gröStiftung gehörenden Proßeren Becken mit lebenden gramms ist schon seit 2012 Krabben gefüttert werden, ihr die Beobachtung aller SchildSchwimmverhalten betrachtet kröten in den Departements wird und sie schon wieder weitgehend Alpes-Maritimes und Var. Dies ermöglicht selbstständig leben. einen Überblick über die Population der RepBei der neuen Patientin stieß man nach tilien, ihre Entwicklung und die zurückgelegzahlreichen Untersuchungen auf eine Lunten Strecken. Außerdem untersuchen die genentzündung; Ursache unklar. Doch wähMitarbeiter tote Schildkröten. Bei allen der rend ihrer antibiotischen Behandlung und durchgeführten Autopsien entdeckten sie in der direkten Zufuhr von Essen in ihren Magen den Kadavern Müll – nicht zwingend als To– denn die normale Nahrungsaufnahme verdesursache, dennoch ein schockierendes Erweigerte sie – fielen zusätzlich die ungegebnis. wöhnlichen Ausscheidungen auf. Eine 2017 war man dank der gesammelten ErfahDarmspiegelung klärte auf: Eine Plastiktüte rungen und Daten startklar für die nächste verstopfte den Darm. Etappe: die Eröffnung des Rehabilitations«Hat sie heute den gesamten Müll ausgeCenters, ein Ort zur Pflege verletzter Schildschieden? Wir wissen es nicht. Der Verkröten, mit dem Ziel, sie anschließend fit

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dauungstrakt einer solchen Schildkröte ist etwa drei Meter lang. Wir haben die ersten 90 Zentimeter untersucht», sagt Sidonie Catteau. Langsam fängt sie nun an, von alleine zu essen, doch bis zur völligen Genesung ist es noch ein weiter Weg. Ohne Frage sind es die Anblicke der enormen Plastikfunde in den Körpern der Schildkröten, die immer wieder am meisten schockieren. Die Stiftungs-Chefin kramt mehrere Gläser mit Funden hervor: Zigarettenstummel, Strohhalme, Tüten – und sogar eine Zahnbürste haben sie in den Körpern von Schildkröten entdeckt. Das Verschlucken der Abfälle muss nicht unbedingt zum Tode führen, hat es bisher jedoch in zwei Fällen. Bei einem Tier hatte eine im Körper aus Müll geformte Kugel den Magen verstopft, bei einem anderen eine Scherbe tödliche innere Verletzungen verursacht. Andere Patienten werden nach Bootzusammenstößen ins Zentrum nach Antibes gebracht oder wenn sie Angelhaken im Kopf stecken haben. Beides, so Sidonie Catteau, seien unglückliche Unfälle, nach denen die Fischer oder Bootsfahrer sich meist direkt melden. Heftige Zusammenstöße mit Booten sind besonders gefährlich für Schildkröten: Anders als landläufig angenommen, können diese nämlich nicht besonders lange unter Wasser leben, ohne zu atmen, und die Lungen befinden sich direkt unter dem Panzer, der bei Zusammenstößen oft zerstört wird. Die seit vielen Jahren mit Schildkröten beschäftigte Stiftungs-Leiterin schüttelt den Kopf beim Präsentieren der Müllfunde: «Man hört es immer wieder: Ja, Plastik ist nicht gut. Doch so ein Bekenntnis ist nicht konkret genug. Ich würde mir wünschen, dass alle Menschen mal bei einer Schildkröten-Autopsie dabei sein könnten, um sich des Ausmaßes dieses globalen Problems bewusst zu werden.» 

Schockierende Funde verstecken sich in den Körpern der aufgelesenen Schildkröten © D.R.

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Mythos wilde, weiße Pferde Die Camargue ist eine vom Mistral gepeitschte, im Winter eisig kalte und im Sommer sehr heiße Landschaft. Nur hier kann eine uralte Pferderasse bleiben, was sie ist. Von Gudrun manGOld

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ie Camargue ist das unwirtliche und seit jeher immer nur sehr dünn besiedelte Schwemmland der Rhône, die sich vor Arles teilt. Die sumpfige Landschaft zwischen und neben ihren beiden weit ausgebreiteten Armen ist eines der größten Fluss-Deltas Europas. Und es ist das Stammland der Camargue-Pferde. Dass es wilde Pferde seien, wird hartnäckig behauptet. Auch in allerneuesten Reiseführern. Aber – Camargue-Pferde ohne Besitzer und ohne Zaun, das gibt es seit Generationen nicht mehr. Wahr ist, dass einige Züchter die extensive Haltung in sogenannten Manades mit großem Engagement verteidigen. Das heißt, die Herden werden weitgehend sich selbst überlassen. Das ganze Jahr über sind die Pferde draußen – ohne Stall und ohne Unterstand. Die Stuten bekommen ihre Fohlen ohne menschliche Kontrolle. Diese Manades sind so weitläufig, dass es durchaus passieren kann, dass man kilometerweit kein einziges Pferd zu Gesicht bekommt. Und so flach ist es hier, dass man das Meer – obwohl ganz nah – fast nirgends sieht, außer man steht direkt davor. Von den wenigen Straßen aus zeigt sich nach beiden Seiten das gleiche Bild: immense Reisfelder, durchzogen von schnurgeraden Entwässerungskanälen, an deren Ufern vereinzelt große, weiße Reiher nach Beute spähen. Selten führt ein schmaler Schotterweg rechtwinklig von der Straße ab, mal nach rechts, mal nach links. Es sind die Zufahrtswege zu den einsam liegenden, Mas genannten Gehöften. Eines davon ist der Mas de la Chassange, der 350 Hektar große Besitz der Brüder Jalabert. Der Hof liegt etliche Kilometer entfernt von Arles, gehört aber trotzdem zu dessen MarOkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

helles Fell, dunkle haut: diese merkmale sind typisch für camargue-pferde © Nicolas Bertrand

kung. Das geht noch auf die Römer zurück. Einen Großteil der Camargue haben sie «Arelate» zugeschlagen – somit ist Arles flächenmäßig bis heute die größte Gemeinde Frankreichs.

Touristen stiegen auf alles, was weiß war Insbesondere für ihre Zucht von CamarguePferden sind die Jalaberts hier eine hoch angesehene Familie. Marc Jalabert, einer der beiden Senior-Chefs, erzählt, die Generation seines Großvaters habe damit angefangen, die Pferde der Camargue gezielt zu züchten. «Den Umgang mit den Tieren damals muss man sich aber als extrem schwierig vorstellen», sagt er. Die Herden hätten viel freier gelebt als heute. Diese scheuen Pferde zu dressieren, sei «eine große Herausforderung» gewesen. Wenn man sie eingefangen habe, sei dies eventuell das erste Mal gewesen, dass sie überhaupt mit Menschen Kontakt hatten. Das hat sich radikal geändert. Mit dem Aufkommen des Tourismus haben sich deshalb bereits 1964 etliche Züchter zusammengetan und die Association des Eleveurs de Chevaux de Race Camargue (AECRC) gegründet. Die von überall her angereisten Urlaubsgäste seien damals auf alles gestiegen, was weiß gewesen sei, scherzt man landläufig. Gerissene Geschäftemacher seien mit beliebigen Schimmeln, egal woher, schnell vor Ort gewesen. Hauptziel des neuen Zuchtverbands war und ist es deshalb, die Rasse der echten kleinen, weißen Camargue-Pferde zu schützen. Dazu gehört, dass sie nur als solche gelten sollten, wenn sie im Rhône-Delta und den angrenzenden Gebieten geboren werden. Und zwar nur, wenn sie in Manades gehalten werden. Solche Weiden sollen jeweils mindestens 20 Hektar groß sein, um den Tieren möglichst

ungehinderten Auslauf zu bieten. Marc Jalabert gehört zum Vorstand des Zuchtverbands AECRC. Der Gutsherr spricht vom terroir dieser Pferde wie bei einem Wein. «Man muss nicht nur die Rasse schützen, um sie zu erhalten, sondern eben auch ihre angestammte Landschaft.» Die Population der CamarguePferde sei nicht mehr groß – etwa eintausend reproduktionsfähige Stuten gebe es noch, drei Viertel davon im Rhône-Delta.

Ausdauernd, genügsam, widerstandsfähig Mit einem Stockmaß zwischen 1,35 und 1,50 Metern sind Camargue-Pferde relativ klein. Obwohl ihre Erscheinung eher robust ist, bewegen sie sich erstaunlich elegant. Ihr Fell ist weiß, ihre Haut aber dunkel, wie die Nüstern zeigen. Man sieht nicht nur Tiere mit strahlend weißer Mähne, sie kann auch creme- oder sogar flachsfarben sein. Die Fohlen kommen alle dunkel zur Welt, meistens bräunlich, ganz selten schwarz. Bis sie weiß sind, dauert es bei manchen drei, vier Jahre, es können aber auch sieben oder acht sein. Am signifikantesten für diese Rasse sind jedoch die enorme Ausdauer, die Genügsamkeit und die Widerstandsfähigkeit. Mit den extremen Bedingungen in der Camargue kommen diese Pferde nicht nur gut zurecht. Sie sind sogar so perfekt an den rauen Landstrich angepasst, dass sie ihn brauchen, um ihre Rassemerkmale zu erhalten. Ungehindert fegt, ja peitscht der Mistral, dieser starke Wind aus nordwestlicher Richtung, einen Großteil des Jahres das Tal der Rhône herunter und über das Delta hinweg. Oft mit Sturmstärke. Dadurch sinken die Temperaturen im Winter bisweilen auf minus 15 Grad. Die Pferde nehmen’s gelassen und kehren dem Eiswind ihre Kruppe zu – wenn es sein muss, tagelang. Ihr Fell ist jetzt ein dichter Plüsch.


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Doch auch der Sommer in der Camargue ist extrem. Es regnet so gut wie nicht, die Ebene wird heiß, 35 Grad im Schatten sind keine Seltenheit. Vor der Mittagssonne suchen die Pferde Schutz im Schatten von Pinien. Gerne kühlen sie sich zwischendurch im Wasser ab. Mitten in der Camargue liegt der Etang de Vaccarès, ein zwölf Kilometer langer und etwa halb so breiter, flacher See. Er ist mit unzähligen kleineren Teichen verbunden, die salzig oder brackig sind. Und auch wo keine Weiher sind, steht das Wasser oft mehrere Zentimeter hoch. Sansouires nennt man diese Feuchtgebiete. Berühmt ist die Camargue auch für die größte Flamingo-Kolonie des westlichen Mittelmeers. Neben den Vögeln machen die CamarguePferde keine schlechte Figur. Ihre breiten Hufe erlauben es, dass sie sich auf dem nassen Gelände gut bewegen können – gefährliche Stellen erkennen und meiden sie. Als Futter bleibt auf den kargen, sandigen oder sumpfigen Böden manchmal fast nur noch der Queller. Diese Pflanze braucht salziges Terrain und wächst hier reichlich, hat jedoch einen so extrem niedrigen Nährwert, dass die Pferde bis zu zwei Dritteln des Tages fressen müssen, um davon satt zu werden. Zum Schlaraffenland hingegen verwandelt sich die Camargue im Frühjahr. Überall dringt junges Schilfrohr aus dem wässrigen Grund. Die frischen Sprossen sind sehr proteinreich. Nach dem harten Winter können sich die Pferde damit wieder stärken. Mit geschlossenen Nüstern kommen sie sogar an Pflänzchen unter Wasser.

Paradies auch für blutsauger Bei zunehmenden Temperaturen in dem feucht-warmen Landstrich schlüpfen Heerscharen von blutrünstigen Mücken, ab dem frühen Sommer kommen Bremsen hinzu. Dafür ist die Camargue berüchtigt. Fluchtartig

verlassen unvorbereitete Touristen die Region. Die Pferde wehren sich mit schnellen Bewegungen, schlagen ihren Schwanz hin und her, schütteln ihre Mähne oder rennen viel, um die Attacken der lästigen Blutsauger etwas zu mindern. Dennoch müssen sie viele Stiche und Bisse aushalten. Was Marc Jalabert die Camargue-Pferde ganz persönlich bedeuten? «Es war nicht der Reis, der mich hier hielt», sagt er sofort und erzählt, dass er zum 30. Geburtstag seines Zuchthengstes «Lou Tau» eine große Feier in der hofeigenen Arena ausgerichtet habe, «sogar der Pfarrer ist dagewesen». Dass solche Tiere nicht getötet werden, wenn sie zu alt für die Zucht oder die Arbeit mit den Stierherden werden, steht für Jalabert außer Frage. Eines Morgens habe Lou Tau eben tot auf der Weide gelegen. Der Camargue-Rasse wird der sens du bétail zugesprochen, eine besondere Sensibilität für den Umgang mit den Stieren. Zudem werden die Pferde dafür geschätzt, dass sie gern arbeiten – je anspruchsvoller die Aufgabe, desto mehr Spaß haben sie. Wenn man hingegen etwas Sinnloses von ihnen verlangt, etwa stupide im Kreis herumzulaufen, merke man ihnen ihre Traurigkeit wegen Unterforderung direkt an. Die Sorge um die Camargue und ihre Pferde bewog 1997 eine weitere kleine Gruppe von Liebhabern dieser Rasse, das Maison du cheval Camargue, das Haus des CamarguePferdes, zu gründen. Es ist im Mas de la Cure untergebracht. Frei von ökonomischen Zwängen, was einen wesentlichen Unterschied zu den Züchtern des AECRC ausmacht, setzt sich diese Organisation ebenfalls für den Erhalt der Rasse ein. George Vlassis, der Direktor, kritisiert die europäische Politik harsch, nach deren Beschlüssen es neuerdings erlaubt sei, überall Camargue-Pferde zu züchten. Nach Meinung vieler Einheimischer ist das ein kompletter Unsinn. Und auch Vlassis verweist auf zahlreiche Versuche, die gezeigt hätten, dass diese Pferde ihre wesentlichen Merkmale sofort verlören, sobald sie anderen, «besseren» Bedingungen ausgesetzt würden – «sie werden schnell größer, brauchen mehr Futter und können sich dieses nicht mehr in ausreichender Menge selbst beschaffen», so Vlassis.

Camargue-Pferde gehören in die Camargue Er wendet sich auch an die Adresse von Pferde-Liebhabern, die von weit her kommen, um sich mit einem Camargue-Pferd einen Traum zu kaufen: Man müsse wissen, dass man diesen Traum dadurch zerstöre! Touristen, die durch die Camargue reiten wollen, empfiehlt der engagierte Provenzale solche Betriebe, die sich dem Parc de Camargue angeschlossen haben. Die Mitglieder hätten sich verpflichtet, maximal zwei tägliche Ausritte zu unternehmen und insgesamt schonend mit den Tieren umzugehen. Das Mas de la Cure selbst bietet Reit-Therapien für Behinderte an. Selbst wenn ein Camargue-Pferd etwas ner-

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außerhalb der camargue verlören die tiere ihre typischen merkmale © Nicolas Bertrand

vös sei – mit einer behinderten Person auf dem Rücken, sagt Vlassis, werde es zum Lamm. Über die Herkunft der Camargue-Pferde wird viel spekuliert. Sicher ist, dass sie schon weitaus länger als zweitausend Jahre in der Camargue zu Hause sind, denn bereits die Römer, nicht zuletzt Caesar, waren begeistert von ihnen. George Vlassis geht davon aus, dass die Camargue-Rasse direkt auf prähistorische Wildpferde zurückgeht. 

INFO Übernachten anderthalb Kilometer außerhalb von SaintesMaries befindet sich der hübsche Mas de Colverts – genau richtig für Leute, die ganz bequem Wasservögel aus nächster Nähe beobachten wollen. angenehm eingerichtete räume zu fairen Preisen. Wer lieber die vorzüge eines Hotels mit Schwimmbad genießen will, wird im einsam im Naturreservat gelegenen 3-Sterne-Haus Cacharel auf seine Kosten kommen. auch hier sind Flamingos und verschiedene reiherarten tägliche Zaungäste. Direkt am Strand liegt der 4-Sterne-Campingplatz Le Clos du Rhône. Essen Hier kocht die Chefin! alexandra Middione ist Mitglied im Conservatoire des cuisines de Camargue – auf den Teller kommt das, was die Fischer in ihren Netzen haben, und das würzige Fleisch der schwarzen Camargue-Stiere: restaurant A Fleur de Sel – Chez Alexandra in Les-Saintes-Maries-de-la-Mer. im Le Fournelet trifft man viele einheimische, was immer ein gutes Zeichen ist. Die berühmte Bouillabaisse ist hier das wichtigste Gericht. ebenfalls in Saintes-Maries. Lektüre Wer gerne zu Fuß unterwegs ist, findet in ralf Nestmeyers «Provence-Wanderführer» auch zwei Touren durch die Camargue – wie immer gibt der verlässliche autor fundierte infos.

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Weite Weiden und lichte Wälder prägen das landschaftsbild im maira-tal © AS

Wilde Alpen Fast unberührte Natur fasziniert im Maira-Tal Von aila StöcKmann

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assionierte Wanderer müssen nach Jahren an der Côte d’Azur gelegentlich etwas weitere Kreise ziehen, um Neuland zu entdecken – aber zum Glück ist die Fülle an prächtiger Natur landeinwärts ja schier unerschöpflich. Wer gerne läuft und dabei Ursprünglichkeit fernab ausgetretener Pfade sucht, dem sei das Maira-Tal im Piemont ans Herz gelegt! Dreieinhalb Autostunden von Nizza entfernt, zählt es zu den wilden Alpentälern der Provinz Cuneo. Im Talschluss bei Chiappera (1660 Meter über dem Meer) ist für motorisierte Gefährte Endstation; auf dem Weg dorthin führen rechts und links vom Flüsschen Maira Stichstraßen hi-

nauf in eine faszinierend unberührte Bergwelt. Geografisch gehört das Valle Maira zu den Cottischen Alpen im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Italien. Sie schließen sich nördlich an die Seealpen und deren östliche Nachbarn, die Ligurischen Alpen, an. Höchster Gipfel ist der auf der italienischen Seite liegende 3841 Meter hohe Monte Viso (Monviso). Touristen verirren sich, bislang zumindest, nur in bescheidenen Mengen hierher. Aber wer die «raue, unverfälschte Natur», wie Iris Kürschner im Rother Wanderführer schreibt, einmal entdeckt hat, wird sie wohl kaum wieder vergessen. Skilifte, Bergrestaurants, Wanderkolonnen – Fehlanzeige! Selbst Einheimische zählt man im Maira-Tal in vielen Dörfern und Weilern an einer Hand ab. Die Landflucht, die in den 1950er-Jahren in der Folge der Industrialisierung einsetzte und ganze Gemeinden entvölkerte, traf das Maira-Tal am härtesten. Viele wanderten ab ins 100 Kilometer entfernten Turin, wo speziell Autofabrikant Fiat mit Arbeitsplätzen lockte. Erst seit den 1990er-Jahren siedeln sich zaghaft neue Einwohner an – und setzen auf sanften Tourismus. Auch das auf 1223 Metern liegende Vernetti, heute zu Marmora eingemeindet, war so ein leer gezogener, Jahrhunderte alte Weiler. Dort

den rocca provenzale (links, einem Zuckerhut gleich) bei chiappera kann man in viereinhalb Stunden umrunden © OM

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machte man aus der Not eine Tugend und baute die hübschen Natursteinhäuser rund um den Dorfbrunnen um in ein Hoteldorf: als Pension Ceaglio heute ein mit Herz geführter Familienbetrieb. Peter Vogt, Schweizer Freund des Hauses, hat durch seine Kommunikationsarbeit federführend mit dazu beigetragen, dass nicht nur die Pension eine überwiegend deutschsprachige Klientel hat, sondern Nordländer diesen Teil der Südalpen als Wander- und Mountainbike-Paradies überhaupt für sich entdeckt haben. Selbst Italiener lassen sich bislang kaum zum Urlauben in der Gegend blicken, maximal Einheimische aus der Umgebung zum Tagesausflug. Auch Vogt schwärmt von der besonderen Faszination, die von der Natur im Maira-Tal ausgeht: «Eine Kulturlandschaft, die immer weniger bewirtschaftet wurde, in der sich Äcker in Weidelandschaft, Weiden in Buschland und schließlich in Wald zurück verwandelten. Sie lässt keinen Wanderer unberührt.» Erkunden lässt sich das Valle Maira auf zweierlei Weise: in einer rund zweiwöchigen Wandertour auf uralten Transport- und Handelspfaden rund ums gesamte Tal (auf Wunsch mit Gepäcktransport) oder mit fester Basis und Tagesausflügen. Versprochen seien von Kehre zu Kehre, wenn nicht von Schritt zu Schritt, neue landschaftliche Höhepunkte! 

INFO Die Wandersaison dauert im Maira-Tal von ende april bis anfang November. auch Mountainbiker finden in dieser Zeit dort ihr Paradies. immer beliebter werden zudem Skitouren, auch Schneeschuh-Wanderungen, die am besten zwischen Februar und Mitte april möglich sind. im «rother Wanderführer – Piemont Süd» werden in deutscher Sprache zahlreiche Touren beschrieben, die sich an trainierte Wanderer wenden. aber auch ungeübte Naturliebhaber finden lohnende varianten. einen Stopp auf der Hin- oder rückfahrt ist das Örtchen Dronero mit seiner Teufelsbrücke am Taleingang wert.

idyllisch wohnen im hoteldorf ceaglio © AS


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Geschichten, die das Leben schreibt Von hannelOre SalinGer

Bloß keine Fisematenten! iebe Leserinnen, liebe Leser! Ei der Daus! Wenn Sie die folgenden Wörter und Wortwendungen noch immer benutzen, dann sind Sie alt. Potzblitz, Zapperlot, Donnerlittchen, Trantüte, Zuckerschnute, Dämlack, Dreikäsehoch! Oder schwingen Sie gar noch das Tanzbein? Laust Sie der Affe? Kennen Sie noch einen vermaledeiten Knilch, einen saumseligen Dödel, den lieben Scholli oder den ebenso lieben Herrn Gesangsverein? Anglizistische Begriffe haben die deutsche Sprache erobert. Die schöne alte Augenweide ist heute ein echter Eyecatcher, die langweiligen Milchbubis von einst nennt man jetzt uncoole Kids und die Klapsmühle wird heutzutage in Fachkreisen gerne als Gaga-House bezeichnet. Das lustige Flittchen von früher ist jetzt eine Bitch und was einst knorke oder famos war, reicht heute von cool bis megageil. Geschwafelt wird auch immer weniger, dafür umso mehr gechattet und gepostet. Der Lieblingsspruch meiner Oma lautete:

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«Frolleinchen, mach mir bloß keine Fisematenten!» Frolleinchen war ich, und der Ausdruck Fisematenten kommt aus dem Französischen. Ursprünglich lautete er «Visitez ma tente!». Anfang des 19. Jahrhunderts waren große Teile Deutschlands von Frankreich besetzt. Die jungen Soldaten aber wollten nicht nur das Land, sondern auch die hübschen Mädchen erobern und luden sie, durchaus mit Hintergedanken, zum Besuch ihres Zeltes ein. «Visitez ma tente, belle Mademoiselle!» Und manch einer hatte Erfolg! Die Mädels, die beim Besuch der gegnerischen Zelte erwischt wurden, beteuerten dessen Harmlosigkeit. Wieso tente? Der junge Soldat hätte «Visitez ma tante» gesagt. Und deren Mütter fragten sich argwöhnisch, was wohl die Tanten bei der Besetzung eines Landes zu suchen hatten. Waren sie gar an der Belagerung beteiligt oder lag es doch nur am ausgeprägten französischen Familiensinn? Einige der besorgten Mütter aber sahen ihre Befürchtungen nach spätestens neun Monaten als bestätigt.

Doch auch die Soldaten erhielten häufig eine Einladung zum Zeltbesuch. Diese kam vom vorgesetzten Offizier, war völlig unromantisch und endete meist mit einer Standpauke, die sich gewaschen hatte. Apropos neun Monate. Da war auch Bärbel, die ihren Vater im ersten Weltkrieg verloren hatte und seitdem mit Hilfe ihrer Mutter einen Bauernhof im Bergischen Land alleine bewirtschaftete. Sie begegnete Michel, nicht etwa im Zelt, sondern völlig unspektakulär. Michel wollte nur frische Milch kaufen. Drei Monate später beging er Fahnenflucht und versteckte sich bis zum Abzug seiner Truppe auf Bärbels Hof. Die beiden heirateten und bekamen eine Tochter. Michels Integration in dem kleinen Ort erwies sich anfangs als schwierig, doch dann, dank seiner freundlich-stillen, offenen Art, völlig problemlos. Er und Bärbel führten fast 50 Jahre lang eine glückliche Ehe. Susanne, ihre Urenkelin, hat die deutsch-französische Familientradition übrigens fortgesetzt. Sie heiratete einen Franzosen und lebt heute glücklich und zufrieden in Nizza. 

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Von null auf hundert

Von SuSanne altWeGer-minet

vor 17 Jahren war an diesem wunderbaren Ort in den Hügeln zwischen Diano Marina und imperia nur Brachland. vision und Zielstrebigkeit der Familie Merano verwandelten es in ein Paradies: Poggio dei Gorleri, Weingut mit elegantem agriturismo.

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ei einem Cappuccino unter luftigen weißen Sonnendächern genießen wir die überwältigende Aussicht übers Meer, während uns Marketing-Chefin Federica Marvaldi lebhaft und in fließendem Deutsch die noch junge Geschichte der Azienda erzählt. Es begann 2003 nahezu bei null – mit zwei Hektar Weinbergen, die inzwischen auf 15 ausgeweitet wurden. Gekeltert werden nur die eigenen Trauben aus naturnahem und nachhaltigem Anbau. Der Schwerpunkt liegt mit etwa 80 Prozent bei den autochtonen Trauben Vermentino und Pigato aus Diano Marina, Albenga und Andora. Die roten Trauben Granaccia und Dolcetto da Ormeasco wachsen um Pieve di Teco. Produziert werden etwa 130 000 Flaschen Wein pro Jahr. Verantwortlich dafür zeichnet in der Familie Davide. Gelernter Winzer ist er nicht, aber ein leidenschaftlicher. Inspiriert wird er von seinem Vater Giampiero (Foto oben). Und bei den Kreationen unterstützt ihn der berühmte Önologe Beppe Caviola aus dem Piemont. So entstanden junge und innovative Weine in unterschiedlicher, aber stets hoher Qualität, die sich konsequent an ligurischen Traditionen orientieren. Ein guter Einstieg ist der «Vermentino blu.dimare», ein frischer trockener Wein, der jung und bei etwa 12 Grad getrunken werden sollte. In der mittleren Kategorie sind als Vermentino der «Vigna Sorì» und als Pigato der «Cycnus» angesiedelt, gute Begleiter für OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

schmackhaftes Essen. Der «Flagship»-Wein ist «Albium», ein Pigato, der nach zwölf Monaten im Stahlfass und einem weiteren Jahr Reife in der Flasche nur in kleiner Auflage von 2500 Flaschen verkauft wird. In allen Kategorien gab es hohe Auszeichnungen des führenden italienischen Weinführers Vini d’Italia von Gambero Rosso. Der Albium sahnte gleich richtig ab: dreimal drei Gambero-Rosso-Gläser, 2015 Platz 92 der besten Weine der Welt im International Winereport und 2016 mit 90 Punkten an zwanzigster Stelle bei Decanter World Wine Awards. Der Stolz ist der sympathischen Signora Federica anzusehen, als sie uns über diese Erfolge berichtet. Mittlerweile hat sich Familienoberhaupt Giampiero Merano zu uns gesellt, der die Fakten mit Temperament und Leidenschaft lebendig werden lässt. Auf dem Weg zum Weinkeller bereitet er uns auf eine vermutlich oft erlebte Enttäuschung vor: «Romantik dürfen Sie hier nicht erwarten.» Dafür kommen wir in eine chromblitzende, computergesteuerte cantina. Ein wenig wirkt der Keller wie ein riesiges Labor. Die Weine reifen sechs bis zwölf Monate lang überwiegend in Stahlbehältern. Auch Holzfässer fehlen nicht. Sie geben dem roten Granacchia den BarriqueGeschmack. Im Detail klärt der Patron uns über die Reben, Böden und Klimaverhältnisse auf, die sich selbst in dem relativ kleinen An-

baugebiet erheblich unterscheiden – zum Beispiel in Bezug auf Lehm-, Eisen- oder Kalkgehalt und die Fähigkeit der Böden, Wasser zurückzuhalten, also jene Faktoren, die sich auf die Qualität des Weins auswirken. Und natürlich die Nachhaltigkeit: Bei jedem Schritt stünden Natur und Umwelt im Vordergrund. Chemikalien würden im Weinberg und in der cantina weitestgehend vermieden. Das fasziniert mich ebenso wie die sofort ins Auge springende Gestaltung von Namen und Etiketten. Allesamt sind sie Giampieros Ideen entsprungen. Der Name «Cycnus» für den Pigato geht zum Beispiel auf die griechische Mytholgie zurück, als Jupiter sich in einen Schwan verwandelte, um die schöne Leda zu verführen. Der Name für den ganz leichten Vermentino «blu.dimare» spiegelt ebenso die Landschaft wie der «Sori», in ligurischem Dialekt das Wort für Sonne. Die Farben finden sich dann auf den Etiketten wieder. «Albium» geht auf den römischen Ursprung von Albenga zurück, das mit seinem Hinterland die beste Anbauregion für Pigato ist. Er braucht einen guten Lehmboden und Meeresnähe. Der Rosato «Boccadirosa» ist nach einem berühmten Lied benannt, das wohl in Italien jeder kennt, und das er melodiös anstimmt. Dem «Rebosso» verlieh er den Namen eines scharfen Windes, der nur zwischen Capo Mele und Ventimiglia weht. Surfer schätzen ihn, weil bei diesem Wetter Wind und Wellen gegenläufig sind. So vergeht der Vormittag wie im Flug, und wir gönnen uns zum krönenden Abschluss eine Weinverkostung. Die Hausherrin serviert kleine Köstlichkeiten und wir beginnen mit dem leichtesten einfachen «blu.dimare» und enden mit dem vollmundigen roten Shalok, der es mit Spitzenweinen aus berühmteren Regionen aufnehmen kann. Er überzeugt durch Aromatik und komplexe Eleganz. Die Degustation bestätigt, dass die herrlichen Weine ihre Eigentümlichkeiten harmonisch im Namen, im Etikett und im Inhalt vereinen. 


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Zoom auf Bandol Während sich andere Küstenorte im Winter vom Tourismus erholen, feiert das Hafenstädtchen zwischen Toulon und Marseille jedes Jahr ein mehr als ausgelassenes Weinfest auf der von Palmen gesäumten Uferpromenade. Von Gudrun manGOld

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ie Asterix-Hefte fangen immer mit einer Landkarte Galliens an, auf der sich eine Lupe an ein kleines Dorf ranzoomt. Nur hier sei alles ganz anders als im restlichen Gallien, heißt es. Schieben wir die Lupe doch einfach ans Mittelmeer. Mit Ausnahme der größeren Städte wirken die Küstenorte vor allem im Var im Winter menschenleer. Die Sandstrände sind verlassen. Ganz selten sieht man in der Ferne mal einen Segler vorbeiziehen. Fast alle Strand-Restaurants sind geschlossen, Snack- und Eisbuden mit Brettern zugenagelt oder ganz abgebaut – kein Zweifel, hier wartet um diese Jahreszeit niemand groß auf Gäste. Doch halt, was ist das? In Bandol, diesem seit alters her für seinen hervorragenden Wein berühmten Hafennest zwischen Toulon und Marseille, steppt ganz eindeutig der Bär! Auf einem nur sehr schmalen Streifen zwischen dem Mittelmeer und den steil ansteigenden Bergen des Massif-de-la-SainteBaume drängen sich die Häuser des schmucken Städtchens an die Rundung einer großen Bucht. Vor lauter Masten sieht man fast den Hafen nicht! Bandol mit seinen nur gut achttausend Einwohnern hat einen der größten Yachthäfen Frankreichs. Angesteuert wurde er bereits von Griechen und Römern, die hier – in welchem Zustand auch immer – schon eifrig Wein verschifft haben, was zahlreiche antike Amphoren am Meeresgrund ausweisen. Entlang der Uferpromenade reihen sich dicht an dicht unzählige Boutiquen, Bistros und Bars – überall tummelt sich auch bei nur wenigen Grad über Null ein munteres, kauflustiges und einkehrfreudiges Völkchen. Das sei normal für Bandol, sagt eine Einwohnerin, es sei hier immer so voll, besonders die Städter aus Marseille und aus Toulon würden am Wochen-

ende gerne hierher kommen. Mit den gut getakteten Regionalzug-Verbindungen in beide Richtungen muss man ja auch bei ausgedehnteren Weinproben keine Sorgen haben. Warum also nicht zu allem Überfluss auch noch ein Weinfest mitten im Winter? In diesem Jahr feiert man es bereits zum 39. Mal. Dazu muss man wissen, dass Bandols sonnenverwöhnte Terrassen hoch über dem Meer auch ein traditionell berühmtes Weinbaugebiet sind. Die Bewohner des Örtchens waren nicht wie die meisten früheren Küstenbewohner überwiegend Fischer, sondern seit alters her auch kundige Winzer. Jeden ersten Sonntag im Dezember ist deshalb im Hafen von Bandol noch mehr los als sonst. In Reih’ und Glied schlagen die vornehmen Domaines und Châteaux der AOC Bandol direkt am Kai ihre Zelte auf und laden zum Budenzauber der besonderen Art. Jedes Weingut lässt sich ein anderes, möglichst ausgelassenes Thema einfallen, dem entsprechend man sein Zelt dekoriert und auch selbst in dazu passende, originelle Kostüme schlüpft. Alle haben sie ihre Barrique-Fässer aus den Kellern geholt und in den alten Hafen gerollt. Nicht etwa trinkbarer, verkäuflicher Wein befindet sich darin, sondern der neue, grade abgefüllte Jahrgang, der – völlig im Gegensatz etwa zum Beaujolais Primeur – eigentlich noch gänzlich ungenießbar ist. Trotzdem zieht man in den einzelnen Zelten mit langen Pipetten tief blauroten Saft aus den Fässern und lässt ihn den neugierigen Besuchern ins Glas. Es wird mit gespannten Mienen geschlürft, gekaut, ausgespuckt – und es wird prophezeit. Denn das ist Sinn und Zweck dieses Festes: Weinkenner sollen voraussagen, welcher Wein wie werden wird, und vor allem, welcher Wein besonders lange lagerfähig sein wird, denn das ist typisch für einen

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guten Bandol. Der Wein aus Bandol ist etwas ganz besonderes – die Rosé- und die Rotweine unterscheiden sich signifikant von allen anderen der Côte d’Azur und der Provence. Zwischen Rhônetal und italienischer Grenze hört man von den Winzern gern, man mische den Cuvées auch etwas Mourvèdre bei. Nur zu einem kleinen Prozentsatz, damit der Wein Struktur bekomme. Ganz anders in Bandol. Hier setzt man ganz und gar auf diese aus Spanien stammende, charaktervolle und als schwierig geltende Rebsorte. Die Beeren der Traube sind klein, fast schwarz und schmecken ziemlich bitter. Mindestens 50 Prozent Mourvèdre müssen die Rotweine aus Bandol enthalten, die Rosé immerhin 20 Prozent, was für ganz Frankreich völlig außergewöhnlich ist. Gelesen wird ausschließlich von Hand, was allein schon eine Qualitätsgarantie ist. Die Rotweine müssen mindestens achtzehn Monate im Eichenfass reifen. Heraus kommen Tropfen von ungeheurer Schwere, prallvoll mit Tanninen, Temperament und Charakter. Draußen auf dem Boulevard rollt ein Wagen mit einer Wahrsagerin durch das Fest – sie schaut tief in ihre Glaskugel. Viele Gaukler sind unterwegs, eine bedrohlich lange Heuschrecke stelzt herum, eine Akrobatin turnt in einem Reifengestell, schräge Töne der Jahrmarkt-Musikanten machen Stimmung, auch wenn der Himmel grau ist. Die Besucher des Festes fangen mitten am Nachmittag an zu tanzen und ziehen mit ihrem persönlichen Glas weiter von Zelt zu Zelt. 

FÊTE DU MILLÉSIME IN BANDOL

Sonntag, 1. Dezember bequeme anreise mit den regionalzügen die in den Hafen gerollten Fässer des neuen Jahrgangs werden morgens um 10 geöffnet und um 16.30 Uhr wieder verschlossen für 5 euro kauft man sich an einem der Stände ein Weinglas und kann es sich dann rundum gratis so oft füllen lassen, wie man will

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Gärtner am Tresen Besuch beim renommierten Bartender emanuele Balestra: Wir haben den Meister der Botanik bei einer rasanten Tour durch die Bar Galerie Fouquet im Hotel Le Majestic in Cannes begleitet.

© Fabrice Rambert

inter dem Hotel liegt Emanuele Balestras geheimes Reich, sein kleiner, von Insekten bevölkerter Garten. An diesem Ort beginnt alles, ohne diesen Garten könnte keiner seiner berühmten, von Botanik geprägten Cocktails entstehen. Erfüllt von einer verborgenen Leidenschaft für den einzigartigen Duft jeder einzelnen Pflanze, scheint ihn die brennende

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Sommersonne nicht zu stören. Drinnen, in seinem botanischen Atelier, ist es jedoch angenehm kühl. Aufgeregt zieht er Becher und Flaschen mit hausgemachten Pflanzenessenzen aus dem Regal. Dabei spricht er in einer schwindelerregenden Mischung aus Englisch, Französisch und Italienisch. «Das musst du probieren», sagt er und holt eine dunkelbraune Flüssigkeit aus dem kleinen Kühlschrank. «Getrocknete Spargel-Bitterstoffe – schmeckt

Königlich schlemmen Das Restaurant «La Table du Royal» er auch im Winter nicht auf ein Dîner in wunderschöner Atmosphäre verzichten möchte, kann «La Table du Royal» besuchen. In den Räumen des Hotels Royal-Riviera am Rande von Saint-Jean-Cap-Ferrat bekommen die Gäste alles geboten, was ein vorzüg-

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etwas nach Süßholz.» Was macht er aus einer so verblüffenden Zutat? «Caipirinha d’asparigi», antwortet er auf Italienisch. «Buonissima!» Dann deutet er auf unzählige Behältnisse über ihm, gefüllt mit getrockneten Blumen und Kräutern. Rundum ist jeder Zentimeter mit sorgfältig gepflückten und getrockneten Pflanzen vollgestellt. Dieser kleine, makellose, beinahe sterile Raum der Hotelküche wirkt, als hätte ihn jemand aus dem Labor eines Wissenschaftlers und einer historischen Apotheke zusammengewürfelt. Wer die Regale voller Bechergläser und Apothekenfläschchen mit zahlreichen Aufgüssen, Suden und Honig betrachtet, der fragt sich, ob Emanuele nicht eher Botaniker als Barmann ist. Doch dieser Eindruck verfliegt schnell wieder, hat man erst einmal einen Fuß in die Bar gesetzt. In der prächtigen, dekadenten Bar Fouquet ist er in seinem Element. Die lange Bar ist gesäumt von zer-

brechlichen Kristallgefäßen, in denen Emanuele seine getrockneten Blumen und Pflanzen aufbewahrt, und einem riesigen Regal voller Flaschen mit unbeschrifteten Flüssigkeiten für seine innovativen Cocktails. Seine Lieblingskreationen hinter dem Tresen sind abgewandelte Klassiker, die er gerne Gästen empfiehlt, die immer das gleiche Getränk bestellen. Ein Highlight ist der «Hibiscus Old Fashioned», in dem er das Angosturabitter gegen seine aus Morellokirsche und Fenchelblüte gewonnenen Bitterstoffe tauscht und statt Mineralwasser Hibiskusblütenwasser verwendet; oder der «Majestic Manhattan» aus einem gealterten Cognac, italienischem Weißwermut und Ahornsirup. Seine Neugier und seine Vorstellungskraft scheinen unerschöpflich. Ein Besuch in seiner Bar, ohne Zweifel, verzaubert die Geschmacksnerven mit nie erlebten Aromen. Emanuele ist ein einzigartiger Barmann. NR/SMH

liches französisches Abendessen ausmacht. Der junge Chefkoch Anthony Cadei (Foto), der seine Laufbahn unter dem berühmten Drei-SterneKoch Eric Fréchon begann, paart Jugendlichkeit und Frische mit traditioneller französischer Küche und kreiert so moderne Geschmackserlebnisse. 

Geöffnet ist das Restaurant jeden Abend von 19.30 bis 22 uhr, reservierungen werden unter +33 (0)4 93 76 31 00 entgegengenommen


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Golf Club

18-Loch-Anlage | Pratice - Academy | Pro-Shop- Bar-Restaurant

Lieu dit “Claux-Amic” - 06130 GRASSE Tel. : 04 93 60 55 44 - Fax : 04 93 60 55 19 - E-mail : info@claux-amic.com www.claux-amic.com

Gerhard heißt Sie in seiner neuen Weinbar bei selektiven Weinen aus aller Welt herzlich willkommen. Genießen Sie die entspannte Atmosphäre und den Meerblick sowie köstliche Tapas aus unserer internationalen Küche.

GERHARD'S CAVE

Geöffnet täglich von 17 - 01 Uhr - 42, quai Jean Charles Rey 98000 Monaco - 00377/99907191 - gerhard@monaco.mc

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Golfplatz-Check: GOlF DE SERvANES

Olivenbäume, so weit das Auge reicht …

UNSER GOLFKOLUMNIST RAIMUND THEOBALD

Jahrgang 1956, seit 1992 leidenschaftlicher Golfer, Frankreichliebhaber in jeglicher Form: Menschen, essen, Wein, Kultur, Provence, Côte d’azur.

ein Tag auf dem westlichsten Golfplatz der Région Sud. Dass uns etwas Besonderes erwartet, erahnen wir schon, als wir bei Salon-de-Provence auf die autobahn a54 richtung arles fahren.

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or Ort begrüßt uns an einem herrlichen Sonnentag das Städtchen Mouriès, vor dessen Toren der «Golf de Servanes» liegt. Hier kommen auf jeden Einwohner, grob geschätzt, zwei Dutzend Olivenbäume. Das Dorf und der traumhafte Platz befinden sich in der wildromantischen Landschaft der Alpillen, einem kleinen Gebirgsmassiv südlich von Avignon – nur zehn Minuten vom Touristen-Highlight der Carrières de Lumières bei Les Baux-de-Provence. Der Platz ist mit seinen 30 Jahren zwar noch recht jung, wirkt jedoch durch die knorrigen Kiefern, schlanken Zypressen sowie die 4000 Olivenbäume, die diese wunderschöne Anlage zieren, viel älter. Man hat eher das Gefühl, er sei in die Kalksteinfelsen gemeißelt und seit Jahrhunderten ein Teil dieser Gegend. Hier, in einem der größten Anbaugebiete für Oliven, dreht sich alles um diese Frucht. Sogar das Clublogo ist mit einem Olivenzweig gestaltet. Die weißen Kalkfelsen und der tiefblaue provenzalische

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Himmel lassen die Fairways und die Vegetation noch grüner erscheinen, als sie es ohnehin schon sind. Da macht der erste Blick von der Terrasse des Clubhauses richtig Laune auf die Runde! Und schon stehen wir auf dem Abschlag der ersten Bahn, ein kurzes Par 4 mit 250 Metern von Gelb, sollte beim Start kein Problem sein. Ist es auch nicht! Doch das nächste Loch, ein Par 3 mit 127 Metern, verlangt schon einen sehr präzisen Schlag ins Grün, will man nicht über Par spielen. Golfen macht hier besonders viel Freude – einerseits wegen der beschriebenen Landschaft und anderseits wegen der sportlichen Herausforderung des Platzes. Außer Loch 17 (mit 250 Metern) sind alle Par-4-Löcher über 320 Meter lang. Die Bahnen sind aber eher breit und erlauben dem Anfänger leichte Streuungen und dem Könner richtig weite Schläge mit der Chance auf gute Ergebnisse. An vier Bahnen sind Wasser-

hindernisse im Spiel, so zum Beispiel Loch 6, ein Par 3 mit einem herrlichen HalbinselGrün. Bunker gibt es auf diesem Platz nur wenige. Die meisten Löcher bieten vom Tee eine gute Sicht auf die Fahne, das macht das Spiel entspannter. Longhitter werden jedoch verleitet, richtig draufzuschlagen – und so verirrt sich mancher Ball unter den Olivenbäumen. Daher sollten die letzten Löcher im stärker bewaldeten Bereich etwas defensiver gespielt werden, um nach dem letzten Putt die Erfrischung auf der schönen Clubhaus-Terrasse gut gelaunt genießen zu können. Ein Besuch des Club-Restaurants La Bergerie lohnt sich in jedem Fall, egal wie man gespielt hat. Hier verwöhnt Jean-Michel Alzard seine Gäste mit provenzalischen Spezialitäten. Wir sind uns einig: ein toller Platz, der auch von älteren und nicht durchtrainierten Golfern mit einem Elektro-Trolley entspannt oder fußläufig bewältigt werden kann! 

GOLF DE SERVANES 13890 Mouriès Anmeldung: +33 (0)4 90 47 59 95 Restaurant: +33 (0)4 90 47 61 58 servanes@opengolfclub.com GPS: 43°42‘20“ – E04°51‘39“ www.golfservanes.com

Der Platz 118 Loch – Par 72 Längen von den verschiedenen abschlägen: 6161 m weiß Slope 138 5721 m gelb Slope 130 5201 m blau Slope 134 4811 m rot Slope 130 Drivingrange, Putting- und Chipping Grüns Chariot 5€, voiturette 40€ Clubhaus mit gepflegten sanitären anlagen, restaurant mit schöner Terrasse, Proshop. Greenfee für 18 Loch je nach Saison zwischen 50 und 82€. Der Platz ist ganzjährig geöffnet.


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Wer ist Klassenbester? Vermessungsregeln im Segelyachtsport Text & Foto von Gerhard StandOp Teil 1: Bauregeln Der Begriff «Segelregatta» wurde wahrscheinlich erstmals 1775 aktenkundig, als einige Gentlemen im Londoner Stadtteil Battersea mit ihren Segelbooten eine Ruderregatta auf der Themse begleiteten. Im gleichen Jahr gründete sich dort die Cumberland Fleet, aus der später der Royal Thames Yacht Club hervorging. Noch im 18. Jahrhundert initiierte der Yachtklub erste Regelungen, zunächst, um damit Liegegebühren für die Yachten festzulegen, später, damit konkurrierendes Segeln unterschiedlicher Boote einigermaßen gerecht möglich wurde. Auch heute ist die Frage aktuell, wie man eine Chancengleichheit zwischen konkurrierenden Segelyachten erzielen kann, denn die Zahl der Wettfahrten und Teilnehmer vor allem mit klassischen Segelbooten steigt stetig, auch an der Riviera. Zunächst werden dazu zwei große Gruppen von Regulierungen unterschieden, die Bauregeln und die Verrechnungsregeln. Innerhalb der Bauregeln gibt es sogenannte Einheitsklassen und Konstruktionsklassen. Wenn Boote innerhalb dieser Klassen segeln, ist es einfach: Die Platzierung folgt der gesegelten Zeit. Der Schnellste ist Sieger, der Langsamste Letzter. In den Einheitsklassen oder One-Design-Klassen sind Entwurf, Materialien, Maße, Gewichte und Details genau festgelegt, sodass gleiche Boote auch von unterschiedlichen Werften oder in Serie gebaut werden können. Bekannte Einheitsklassen sind: New York 30, 40 und 50 von Nathanael Herreshoff (1904 bis 1916) Drachenboot von Johan Anker (1929) Optimist-Jolle von Clark Mills (1947) Laser-Jolle von Bruce Kirby (1970) Dann gibt es die Konstruktionsklassen, die durch eine Kommission von Fachleuten und Interessengruppen festgelegt werden. Hier steht ein Rennwert auf der einen Seite des Gleichheitszeichens, auf der anderen Seite eine mathematische Formel mit unterschiedlichen Parametern, Variablen und Faktoren. Der Bootsbauer hat dadurch viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten als bei den Einheitsklassen, indem er bestimmten Kriterien mehr oder weniger Gewicht verleiht. Wenn er beispielsweise ein Leichtwind-Boot entwirft, kann er vielleicht die Segelfläche vergrößern und muss im Gegenzug die Länge der Wasserlinie verringern. So ergeben sich innerhalb einer Klasse durchaus recht unterschiedliche Boote. Der Grenzwert einer Klasse ist eingehalten, wenn der Rennwert nicht überschritten wird. Meist gibt es mehrere Renn-

werte, also Größenklassen, von ein und derselben Formel. Einige Beispiele dieser Klassen sind: Sonderklasse (ab 1900): In Deutschland entwickelte und erste Konstruktionsklasse überhaupt, die international eingeführt, anerkannt und in vielen Ländern gebaut wurde. Square metre rule (ab 1908): In Schweden entwickelt und ebenso populär in Finnland und Deutschland. Bekannte Boote sind zum Beispiel die Schären- und Seefahrtkreuzer. international rule oder metre rule [mR] (ab 1907): Erste europäische Regelung. Bekannt sind beispielweise die 12mR-Yachten, mit denen der America’s Cup in zehn Kampagnen zwischen 1958 und 1987 ausgetragen wurde. universal rule (ab 1903): Durch N. Herreshoff in den USA entwickelt und für den America’s Cup 1914 bis 1937 verbindlich. Auch die berühmte J-Class ist nach dieser Regel gebaut. Viele Einheits- und Konstruktionsklassen kann man gut an ihren Segelzeichen erkennen, die jedoch, ebenso wie die Segelnummern, weder verpflichtend, noch einheitlich sind und zuweilen auch ganz weggelassen werden. Die Sonderklasse hat ein ‘S’ im Segel, die Universal Rule verwendet ebenfalls Buchstaben, zum Beispiel das ‘J’ plus Nummer für die J-Class. Die International Rule zeigt die Größenklasse mit Unterstrich oder einen Buchstaben, also etwa die 12mR-Boote die ‚12‘, die 15mR-Boote ein ‘D’, die 19mR-Boote ein ‘C’. Die Square-

Metre-Rule verwendet die Ratingzahl mit Unterstrich: Ein 30er-Schärenkreuzer führt die 30 im Segel. Hinzu kommen die individuellen Nummern zur Unterscheidung innerhalb einer Klasse, gegebenenfalls noch eine Länderkennung als (weiterer) Buchstabe. Yachten einer bestimmten Einheits- oder Konstruktionsklasse können in einer geschlossenen Gruppe gegeneinander antreten und einen Klassensieger ermitteln. Kommt aber keine ausreichend große Gruppe zustande und wollen Boote unterschiedlicher Art gegeneinander segeln, greift die zweite Gruppe der Regulierungen, die sogenannten Ausgleichsklassen. Lesen Sie dazu im nächsten Heft den zweiten Teil über die Verrechnungsregeln. 

Weitere Informationen unter www.standop.net/voiles

Foto Wenn viele unterschiedliche Boote gegeneinander segeln, sind ausgleichsklassen notwendig

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SPECIAL GESUND & FIT

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SPECIAL GESUND & FIT

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Sich selbst zuliebe Gesundheit geht uns alle an! in unseren Sonderseiten werfen wir einen Blick auf Neuheiten an der Côte d’azur rund ums Thema «Wohlbefinden». Zwei im Süden aktive Deutsche bringen uns ihre Domänen näher: das Fasten und die Naturheilkunde. Bewundernswert ist die arbeit von vier Frauen in einer Palliativ-Station in Nizza. Und haben Sie schon mal von Face Yoga gehört? Wenn nicht: auf Seite 72 erfahren Sie mehr.

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inhalt Fastenkur an der Côte vom Glück des verzichtens berichtet Gesa Kaehlbrandt

66 Nur für Männer Zwei junge Frauen aus Nizza kreieren Pflegeproduktlinie

69 Heilpraxis Nizza «Der Körper will, dass er gesund ist»

70 Face Yoga Straffen und Glätten der Haut auf natürliche Weise

71 Station des Lächelns Besuch einer Palliativ-abteilung

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VOM GLÜCK DES VERZICHTENS Warum eine Deutsche künftig im Hinterland der Côte d’Azur Fastenkuren anbietet Von aila StöcKmann

Tagelang nichts als Gemüsebrühe, Tee, Fruchtsaft und Wasser – das soll gesund sein? Und wie ist das überhaupt durchzuhalten?

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asten stößt im Körper heilsame Prozesse an, sagt die Wissenschaft. Es wirkt verjüngend und regenerierend. Entzündungen werden gehemmt, Blutdruck und Blutzucker sinken. Darm und Immunsystem werden auf Vordermann gebracht, das Fettgewebe wird weniger, von Fasten-Euphorie ist die Rede, und – erfreulicher Nebeneffekt – natürlich purzeln auch ein paar Kilos. Der Verzicht auf feste Nahrung, so hat es ein Verfechter des Heilfastens formuliert, sei der stärkste Appell an die natürlichen Selbstheilungskräfte des Menschen, physisch wie psychisch. Klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Gesa Kaehlbrandt, die seit vielen Jahren in Nizza zu Hause ist, hat den frappierenden Effekt des freiwilligen Verzichts am eigenen Leib erlebt: «Fasten heilt so viel auf einmal; es hat eine so große Wirkung in so kurzer Zeit!»

«Du tust dir selbst was Gutes» Eine schwierige Lebensphase brachte die gebürtige Münchnerin ganz zufällig auf das Konzept. «Ich wollte mich reinigen und neu aufstellen.» Mit einer Freundin meldete sie sich bei einem einwöchigen Fastenkurs in der Bretagne an und kam als neuer Mensch zurück, berichtet sie: «Fasten ist ‘detox’. Du tust dir selbst was Gutes, lässt den ganzen ‘Schmodder’ raus, darfst dich mal nur mit dir selbst befassen ...» Die diplomierte Heilpraktikerin, die in Nizza eine Praxis betreibt und auf Homöopathie und Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) spezialisiert ist, hatte Feuer gefangen. Immer bemüht, den Dingen auf den Grund zu gehen, ließ sie sich in Deutschland zur ärztlich geprüften Fastenleiterin ausbilden. OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

GESA KAEHLBRANDT bietet im Hinterland von Menton ab april 2020 einwöchige Fastenkurse für internationale Klientel an. www.villasana.fr

Expertin werden In ihrem früheren Leben arbeitete Gesa Kaehlbrandt, Uni-Abschluss in Germanistik und Romanistik, als Deutsch-Lehrerin in Paris und als Französisch-Lehrerin in Berlin. «Ich stand schon immer gerne vor Gruppen, um den Menschen etwas zu vermitteln», sagt die heute 50-Jährige. Der Zufall hatte sie dann zum Moderieren gebracht, bei einem TV-Sender in Berlin und bei Veranstaltungen auf der Bühne. Es ging um alle möglichen Themen, immer wieder neue, vom aktuellsten Handy über die Elektrifizierung von Bahnstrecken bis hin zu medizinischen Inhalten. Was ihr fehlte, war der Tiefgang: «Ich wollte in einem dieser Themen, über die ich sprach, Expertin sein.» So kam sie zur aufwändigen Ausbildung zur Heilpraktikerin: «Du wirst Spezialist für Alternativ-Medizin, aber musst die schulmedizinischen Grundlagen beherrschen.» Ein Konzept, das es in Frankreich übrigens in der Form nicht gibt: «In Deutschland darf ich Diagnosen stellen, in Frankreich bleibe ich im Bereich bienêtre.» Dennoch entschloss sich die Deutsche, nach Abschluss der Ausbildung und Spezialisierung ihrem Herzenswunsch zu folgen und an die Côte d’Azur zu ziehen. Die Sonne des Südens und die Natur lockten. Es folgten spannende Jahre, beruflich wie privat. Aber erst jetzt, mit ihrem brandneuen Angebot für einwöchige Fastenkuren im Hinterland von Menton, hat sie vollends ihr berufliches Zuhause gefunden: «Ich beherrsche mein Gebiet, das Fasten, von A bis Z, ich kann wieder Gruppen anleiten – und gebe den Teilnehmern eine Methodik an die Hand, um zu Hause später regelmäßig eigenständig zu fasten.» Ihre lang-

jährige therapeutische Erfahrung als Heilpraktikerin ergänzt ihr Knowhow als Fastenleiterin ideal.

Fasten für Gesunde – im Gegensatz zu Heilfasten Unterschieden werden muss, so erklärt die temperamentvolle Münchnerin, zwischen einem Fastenkurs, wie sie ihn leite, und dem Heilfasten: Das in der Regel bis zu 21 Tage dauernde Heilfasten richtet sich an (chronisch) Kranke und wird in Kliniken unter ärztlicher Anleitung angeboten. Aussichtslos scheinende Fälle können durch den Verzicht auf feste Nahrung zum Besseren geführt oder gar geheilt werden; Dr. Otto Buchinger war Pionier der Methode (siehe Info-Kasten). «Ich wende mich mit meinem Programm an Gesunde», erklärt Gesa Kaehlbrandt. «Kleine Kinkerlitzchen» stünden einer Teilnahme natürlich nicht entgegen. Sie folgt der Lehre von Dr. Hellmut Lützner, der die Grundlagen des «Fastens für Gesunde» auf der Basis von Buchingers Heilfasten entwickelte (siehe InfoKasten auf Seite 67).

«LEBENSORDNUNG» NACH BUCHINGER Der Begründer des Heilfastens, Dr. Otto Buchinger (1878-1966), ausgebildeter arzt, erkrankte 1917 in Folge einer nicht ausgeheilten Mandelentzündung an schwerem, chronischem rheuma. Weil er keinen anderen ausweg sah, unterzog er sich 1919 auf anraten eines Freundes einer Fastenkur. «Diese Kur von 19 Tagen rettete mir wahrhaftig existenz und Leben. ich war schwach, mager, aber ich konnte wieder alle Gelenke bewegen», schreibt Otto Buchinger in seinen Lebenserinnerungen. 1920 gründete er seine erste eigene Heilfastenklinik, die später nach Bad Pyrmont umzog, und eröffnete 1953 mit seiner Tochter und deren Mann eine Klinik in Überlingen am Bodensee. Bis 1973 kamen zwei weitere Häuser hinzu; alle werden heute in vierter Generation geführt. Otto Buchinger begründete die Wirksamkeit des Heilfastens damit, dass der Organismus gereinigt und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Zum Fasten zählte für Buchinger nicht nur der verzicht auf feste Nahrung, sondern gleichzeitig die Bildung des Geistes («geistige Nahrung») und das Sorgetragen für eine «innere Hygiene». in seinem Werk «Die Hygiene des inneren Menschen» von 1947 empfiehlt er: arbeiten lesen wandern Kunst betrachten Musik hören ein ehrenamt ausüben Meditation


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Fasten-High nach zwei, drei Tagen

FASTEN FÜR GESUNDE Kurzzeitfasten: 5 bis 10 Tage Leitlinien nach Hellmut Lützner:  Fasten bedeutet: verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel  Fasten braucht: viel Schlaf, reichlich Bewegung und ruhe im Wechsel  vorbereitung: einstimmung und entlastungstage  Fastenstart: Darm entleeren, in der regel mit Glaubersalz  Fastengetränke: Wasser, Kräutertees, Gemüsebrühe, Säfte, etwas Honig  Fastenhilfen: Leberwickel, einläufe, Heilerde, Meditation, Kneippen, Bürsten  Neustart: achtsamer Kostaufbau und gesund leben Quelle: «Therapeutisches Fasten» von Andrea Ciro Chiappa

Nichts als Tee, Wasser, Gemüsebrühe Damit der Mensch gestärkt und glücklich aus einer freiwilligen Woche ohne feste Nahrung geht, sollte – zumindest für «Ersttäter», so die Deutsche – das Gesamtpaket stimmen. Wer einmal die Fasten-Erfahrung in der Gruppe erlebt habe, könne später auf eigene Faust zu Hause Verzicht üben, sei es mit mehrtägigen Kuren zweimal pro Jahr oder dem neuen Trend des Intervallfastens folgend (siehe Info-Kasten rechts). Die Basis einer Fastenkur ist das Einstellen des Essens: Gekaut wird erstmal nicht mehr. Stattdessen gibt’s Getränke: Natürlich weder Kaffee, noch süße Limo oder Alkohol – sondern Tee, Wasser, Gemüsebrühe und ein wenig Fruchtsaft, zwei bis drei Liter pro Tag. 250 bis maximal 500 Kilokalorien werden so aufgenommen. Hungergefühle oder schlechte Laune ob des Darbens kämen bei ihren Teilnehmern nicht auf, verspricht die diplomierte Fastenleiterin. Der anpassungsfähige Körper «knackt» selbst Genuss-Esser oder Süßes-Junkies, indem der Stoffwechsel umschaltet und sich bei den Fettreserven bedient. Und grundsätzlich gelte: «Die Natur kommt besser mit Verzicht als mit Übermaß zurecht.» Um die gewünschte Wirkung zu entfalten und nicht gar schädlich zu wirken, muss vor Fastenbeginn der Darm entleert werden, was üblicherweise mit Glaubersalz geschieht. Im Verlauf eines einwöchigen Kurses werden noch mehrmalige Einläufe zur neuerlichen Darmreinigung empfohlen. «Sonst spürt man nicht die tolle Fastenerfahrung, die sich auf allen Ebenen bemerkbar macht», so Gesa Kaehlbrandt.

Speziell das sogenannte Fasten-High, das sich üblicherweise nach zwei, drei Tagen einstellt, macht Lust auf den Verzicht: «Vom Gehirn wird dann vermehrt das Glückshormon Serotonin ausgeschüttet. Es bewirkt einen Zustand innerer Harmonisierung. Fastende fühlen sich dadurch verbundener mit sich und der Welt, sind gelassener und offener für neue Wahrnehmungen. Einen sehr ähnlichen Effekt lösen bestimmte Psychopharmaka aus. Stärker zu sein als der Hunger hebt außerdem das Selbstwertgefühl», so der Hirnforscher Gerald Hüther. Damit das Fasten rundum zum Vergnügen wird, empfiehlt Fastenleiterin Gesa Kaehlbrandt ein entsprechendes Begleitprogramm: Bewegung und Entspannung gehören unbedingt zu einer Fastenwoche. Die Deutsche bietet in der einstigen Villa des bekannten österreichischen Malers Ernst Fuchs in Castillon morgens Meditation, Chi Gong und ausgiebiges Wandern an der Küste, Nordic Walking oder «Wald-Baden» an. Denn so unglaublich es klingen mag: Der Körper ist trotz – oder wegen – des Nahrungsentzugs voller Energie. Der Nachmittag ist Wohlfühlzeit nach dem eigenen Gusto vorbehalten: Der eine mag ein Schläfchen, andere lesen ein Buch, betätigen sich kreativ oder hören Musik, manch einer bucht sich eine Entspannungs-Massage, eine Beauty-Behandlung, geht in die Sauna oder an den Pool. Eingeleitet wird der Nachmittag

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grundsätzlich mit einem wohltuenden Leberwickel, der die Leber bei ihrer Entgiftungsarbeit unterstützt. Abends wird dann in der Gruppe gemeinsam die tägliche Ration Gemüsebrühe geschlürft und das individuelle Erleben des Tages besprochen. Vorträge zum physiologischen Fasteneffekt, zu Vollwerternährung und zum Kostaufbau wie auch Ateliers etwa zu Achtsamkeit oder Yoga stehen abends auf dem Programm. Höhepunkt der Fastenwoche in der Gruppe sei ohne Frage das gemeinsame Fastenbrechen am Ende der Woche, vormittags, möglichst auf einem Gipfel sitzend: «Da merkt ein jeder, wie gut doch ein Apfel schmecken kann!» Es empfiehlt sich, sachte in eine Fastenwoche zu starten und sie ebenso ausklingen zu lassen. Deshalb verschicke Gesa Kaehlbrandt rechtzeitig vor Beginn des Abenteuers E-Mails, in denen sie genau erklärt, wie ihre Gäste die Entlastungstage vorab durchzuführen haben, damit der Start in die Woche optimal gelingt. In ihren Kursen mit fünf bis 15 Teilnehmern wünscht sie, dass alle «offline» sind, merkt die Fastenleiterin noch an – zumindest an 23 Stunden des Tages, denn das gehöre für sie zu einem ganzheitlichen Reinigungsprojekt unbedingt dazu. Grundsätzlich eigne sich das Fasten für jeden gesunden Menschen ab 18 Jahre; Heranwachsende, Schwangere und Stillende sollten darauf verzichten. Und für «Ersttäter» empfiehlt die Expertin: «Nehmen Sie sich Urlaub!». 

INTERMITTIERENDES FASTEN

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ntervallfasten oder Kurzzeitfasten meint den Wechsel zwischen normaler Nahrungsaufnahme und Fasten in einem bestimmten rhythmus. Die jüngst zum leicht zu befolgenden Trend gewordene 16:8-Methode (16 Stunden fasten, in den übrigen acht Stunden normal essen) tue auch ihr Gutes, heißt es, oder etwa ein Fastentag pro Woche: Durch das regelmäßige Fasten wird der Fettstoffwechsel positiv beeinflusst. Bekommt der Körper nicht auf Dauer zu wenig, sondern vorübergehend gar keine Nahrung, schaltet er auf Fettverbrennung um. Das führt zu einer Gewichtsabnahme, ohne dass man eine strenge Diät einhalten muss. intervallfasten hat auch vielerlei andere gesundheitliche vorteile. viele Studien basieren zurzeit allerdings noch auf Tierversuchen. Die ergebnisse können nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen werden, geben aber

Hinweise auf die Wirkweise der Methode. alternierendes Fasten soll beispielsweise lebensverlängernd wirken – aufgrund eines entgiftungsprozesses im Körper. Varianten des intermittierenden Fastens: Die Fast Diet (5:2) nach Michael Mosley Die 2-Day-Diet nach Michelle Harvie alternate-Day Fasting (every Other Day Diet) nach Krista varady 50:50-Diät (alternate-Day Diet) nach James B. Johnson 10in2-ernährungskonzept nach Bernhard Ludwig Dinner Cancelling Warrior Diet nach Ori Hofmekler 16:8-Diät / 8-Stunden-Diät bzw. Leangains nach M. Berkhan Das Morgenfasten nach edward Hooker Dewey 

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Endlich schmerzfrei bei Bandscheiben- und Wirbelsäulenleiden

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Interdisziplinäres Vorgehen ermöglicht individuell abgestimmte Behandlung mit optimalen Erfolgsaussichten

Rückenschmerzen gelten als Volkskrankheit Nummer eins, die Patienten jeden Alters treffen kann. „Akute Schmerzen, die bis in die Beine ausstrahlen, oder Beschwerden, die länger als drei Tage andauern, gehören schnellstmöglich in ärztliche Behandlung“, erklärt Dr. med. Reinhard Schneiderhan, Wirbelsäulenspezialist und Orthopäde in München. Viele Verfahren wie beispielsweise Katheter-, Laser- und Hitzesondentechnik hat er maßgeblich weiterentwickelt. Zahlreiche Kollegen weltweit haben bereits seine sanften Methoden übernommen.

Dr. med. R. Schneiderhan, Orthopäde und Wirbelsäulenspezialist, Leiter der Praxisklinik Dr. Schneiderhan und Kollegen in München-Taufkirchen

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eit über 25 Jahren bietet das fachübergreifende Team aus Spezialisten in seiner internationalen Praxisklinik ein breites Behandlungsspektrum an, welches von ambulanter und stationärer Rückenschmerztherapie über minimalinvasive und operative Methoden an der Wirbelsäule, Einsatz von Bandscheibenprothesen, Transplantation von gezüchteten Bandscheibenzellen bis hin zu minimalinvasiven Operationen reicht. Zudem zählt das hoch spezialisierte Ärzteteam mit über 45 000 minimal invasiven und operativen Eingriffen europaweit mit zu den Erfahrensten.”

wir auch schwer zugängliche Stellen“, erläutert der Wirbelsäulenspezialist. „Gerade deshalb wird der Bandscheibenlaser auch an der Halswirbelsäule eingesetzt. Die Laserenergie schrumpft Gewebe, verschweißt kleine Einrisse, unterbricht Schmerzfasern und stoppt durch Wärmeeffekt die Weiterleitung der Schmerzsignale an das Gehirn.“

Durch den hochelastischen Katheter gelangt die Medikamentenlösung genau an die schmerzende Stelle

Laserenergie wirkt vierfach auf die betroffene Bandscheibe

Mikrolasertherapie mit Vierfacheffekt

Hitzesonde schaltet Schmerzfasern an Wirbelgelenken aus

Individuelle Diagnose für eine gezielte Behandlung

Mit einem besonderen Diagnosekonzept stellt das Team um Dr. Schneiderhan die Ursachen der Schmerzen genau fest. In interdisziplinärer Zusammenarbeit setzen Fachärzte aus Orthopädie, Neurochirurgie, Neurologie, Radiologie, Anästhesie und Allgemeinmedizin die Ergebnisse anschließend zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen.

Moderne Therapien lindern Beschwerden auf schonende Weise

Leider operieren Ärzte meist viel zu früh und oft unnötig. Dabei existieren heutzutage vielfältige Verfahren, die Rückenschmerzen lindern und gleichzeitig umgebendes Gewebe schonen. Wenn es sich anbietet, kommen zunächst konservative Therapien zum Einsatz. So umfasst zum Beispiel die Physiotherapie eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten. Statt offener Operationen wendet Dr. Schneiderhan meist minimalinvasive Therapien an. Sie dauern in der Regel nur 40 bis 60 Minuten, ermöglichen kurze stationäre Aufenthalte sowie eine schnelle Rehabilitation. „Mit Ausnahme der Bandscheibenzüchtung bieten wir alle Methoden auch für Kassenpatienten auf Krankenschein an, wenn ein stationärer Aufenthalt medizinisch begründet ist“, erklärt der Experte.

Wirbelsäulenkatheter bei Bandscheibenvorfällen oder bei Schmerzen nach einer Wirbelsäulenoperation

In einer leichten Schlafnarkose führt der Wirbelsäulenspezialist eine Spezialkanüle ein und setzt eine kleine Sonde exakt an die betroffene Nervenwurzel. AnschlieOkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

ßend spritzt er mehrmals eine individuell abgestimmte Medikamentenmischung an die schmerzende Stelle. „Darin enthaltene Schmerzmittel stellen gereizte Nerven ruhig und Enzyme lösen rückenmarksnahe Vernarbungen. Zudem lässt konzentrierte Kochsalzlösung Gewebe schrumpfen, das den Nerv bedrängt“, verdeutlicht Dr. Schneiderhan.

Bandscheibenprobleme behandelt Rückenexperte Dr. Schneiderhan mit dem modernen Mikrolaser. „Über eine nur 0,2 Millimeter dünne Mikronadel erreichen

Bei Wirbelgelenkschmerzen kommt die minimalinvasive Hitzesondentherapie zum Einsatz. Unter örtlicher Betäubung führt Dr.


Schneiderhan eine nur 0,4 Millimeter dünne Sonde zielgenau an das betroffene Wirbelgelenk. Auf 80 Grad Celsius erhitzt, unterbricht die Sondenspitze so die Leitfähigkeit der Schmerzfasern.

Die Behandlung mit der Hitzesonde unterbricht die Schmerzweiterleitung am Wirbelgelenk

Mit körpereigenen Zellen Bandscheiben reparieren

„Mit der Bandscheibenzelltransplantation steht uns eine effektive Methode zur Verfügung, um Patienten mit einem Bandscheibenvorfall oder Bandscheibenverschleiß zu behandeln“, erklärt der Wirbelsäulenspezialist. Dank der Züchtung können Experten ursprüngliche Höhe und Funktionalität der Bandscheibe mit körpereigenen Zellen wieder herstellen. Vorteil: Bei der Zelltransplantation handelt es sich um ein biologisches Verfahren, das die natürlichen Eigenschaften der Bandscheibe erhält.

Neugezüchtete Zellen füllen die beschädigte Bandscheibe wieder auf. Bildnachweis: Firma Ormed

IntraSPINE® stabilisiert die Wirbelsäule dynamisch

Die Versteifungs-OP der Wirbelsäule mit Stäben und Schrauben zählt bislang zu den häufigsten Operationen. Jährlich wird dieser Eingriff bei über 65.000 Patienten durchgeführt. Das Problem: Die angrenzenden Wirbelsäulensegmente sind dadurch einer spürbaren Mehrbelastung ausgesetzt. Anschluss-Eingriffe sind na-

hezu vorprogrammiert. Darüber hinaus ist nach der Operation mit deutlichen Einschränkungen der Belastbarkeit und Beweglichkeit der Wirbelsäule zu rechnen. Dabei gibt es mittlerweile eine deutlich bessere Alternative: das neue minimal-invasive IntraSPINE®-Verfahren. Das betroffene Wirbelsegment wird bei diesem Eingriff dynamisch stabilisiert, wodurch nicht nur die Belastbarkeit, sondern auch die Beweglichkeit erhalten bleiben. Zudem sind keine anschließenden Eingriffe mehr nötig. Neurochirurg Dr. Zainalabdin Anwar Hadi ist einer der ersten Ärzte in Deutschland, der Patienten mit dem neuartigen IntraSPINE®-Verfahren behandelt. „Durch einen zwei bis drei Zentimeter kleinen Schnitt gelangen wir an die zu behandelnde Stelle“, erklärt Dr. Hadi den Eingriff. „Unter Mikroskop-Sicht setzen wir den Hightech-Puffer interlaminär ein – das heißt, zwischen dem oberen und unteren Bogen des betroffenen Segments. Der Puffer aus speziell gefertigtem Silikon und Kunststoff vergrößert den Abstand zwischen den Bögen, wodurch die vorher gequetschte Nervenstruktur wieder ausreichend Platz hat.“ Der Eingriff dauert nur 30 bis 45 Minuten und ist besonders für Patienten mit Spinalkanaloder Foramenstenose (Verengung des Nervenaustrittslochs), Bandscheibenoder Wirbelgelenkverschleiß oder nach einer erfolglosen Bandscheibenoperation geeignet.

Vesselplastie und Vertebroplastie reparieren Wirbel

Zwei minimalinvasive Methoden helfen, durch Osteoporose geschädigte Wirbel wieder aufzubauen. Bei der Vertebroplastie führt Dr. Schneiderhan eine dünne Nadel in den Wirbelkörper und spritzt flüssigen Knochenzement ein. Innerhalb weniger Stunden härtet der Zement aus und stabilisiert den Wirbel. Besteht bereits eine Deformation, schafft die sogeDas ballonartige Netz nannte Vesselplastie bleibt als Implantat im Abhilfe. Hier erfolgt vor beschädigten Wirbeldem Einspritzen des körper. Bildnachweis: AV-Spine Knochenzements das Lilited Aufrichten des Wirbelkörpers mithilfe eines Ballons, welcher anschließend mit Knochenzement aufgefüllt wird. Klinikkontakt Dr. Schneiderhan GmbH Eschenstr. 2 D-82024 München / Taufkirchen Deutschland Tel: +49 (0)89 / 6145100 Fax:+49 (0)89 / 614510-12 Weitere Informationen unter www.orthopaede.com

STADT NIZZA

bESSERE INTEGRATION FÜR MENSCHEN MIT AlZHEIMER Die Stadt Nizza will sich stärker für die Inklusion von Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer einsetzen. Bürgermeister Christian Estrosi hat zu diesem Zweck im September zwei Partnerschaftsabkommen mit France Alzheimer und dem Espace National de réflexion éthique et maladies neurodégénératives unterzeichnet. Ziel ist es, betroffene Menschen besser zu betreuen und in die Gesellschaft zu integrieren, etwa durch die Sensibilisierung der Mitarbeiter in Geschäften. Als Pilotprojekt startete die Stadt Nizza bereits 2010 das preisgekrönte Programm CALMAN®, das es Menschen mit Alzheimer erleichtern soll, an Kultur, Kunst und Arbeitsleben in der Metropolregion Nizza teilzuhaben. Seit der Einführung haben bereits 5000 Menschen davon profitiert. Im Rahmen des ersten Treffens des Alzheimer-Kollektivs «Aufbau einer inklusiven Gesellschaft» am 9. September sagte Estrosi: «Es ist heute dringend erforderlich, dass unsere Region einen neuen Schritt vollzieht, nämlich die Anpassung unserer Städte, damit Menschen mit kognitiven Behinderungen uneingeschränkt am Zusammenleben teilhaben können.» Jeder einzelne solle überlegen, wie er selbst zu diesem Ziel beitragen könne. 

KRANKENHAUS MONACO

ExZEllENTES ZEUGNIS Dem Centre Hospitalier Princesse Grasse (CHPG) in Monaco ist einmal mehr sein exzellentes Qualitäts-Niveau bescheinigt worden. Das Krankenhaus darf sich zum wiederholten Mal nach 2015 und 2017 mit der Bestnote A des frankreichweit alle zwei Jahre von der Haute Autorité de Santé vergebenen Zertifikats V2014 schmücken. 2021 steht dem CHPG der nächste Kontrollbesuch ins Haus. 

NUR FÜR MÄNNER

ZWEI SCHWESTERN AUS NIZZA ENTWICkElN PFlEGEPRODUkT-lINIE Die eine ist kreativ, impulsiv und voller Energie, die andere zurückhaltender, ruhiger, nachdenklicher. Sowohl Karine als auch Stéphanie Coccellato sind leidenschaftliche Perfektionistinnen. Gemeinsam gründeten sie vor einem Jahr Archiman, eine in Frankreich hergestellte Herren-Hautpflegemarke mit frechem Image. Lange Zeit hatten sie Urban Decay in Europa aufgebaut – bis L’Oréal die amerikanische Marke aufkaufte. Die Schwestern beschlossen, sich selbstständig zu machen. Karine bezeichnet diesen Entschluss heute als «Barfußmarathon auf von der Sonne erhitztem Schotter». Doch es scheint sich auszuzahlen. Der Markt für Männerpflegeprodukte wächst, und es gibt bislang kaum Marken, die sich ausschließlich an den Mann richten. Bei der Produktentwicklung liegen den Schwestern zwei Aspekte besonders am Herzen: Die Côte d’Azur soll sich in jedem Produkt wiederfinden und alles soll nachhaltig sein. Für ihre derzeit fünf Produkte der Archiman-SkinCare-Reihe erhielten Karine und Stéphanie bereits zwei renommierte Preise, den Pure Beauty Global Award und den CosmeticMag Oscar. Bald sollen ein natürliches Deodorant und eine Reihe von Bartpflegeprodukten das Sortiment erweitern. 

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SPECIAL GESUND & FIT men. Ich greife ein, wenn er nicht mehr allein zurechtkommt; wenn Schmerzmittel nicht mehr funktionieren. Wobei mein Idealpatient präventiv meinen Rat sucht, um seine Gesundheit zu erhalten.» Angelika Lankris Angebot ist breit gefächert: Von Blockadenlösung, Narbenbehandlung, kinesiologischen Muskeltests bis hin zu Phythotherapie, kurativer Unterstützung von Stresssituationen oder Darmsanierung. Ihr Spezialgebiet Bioresonanz setzt sie als Diagnose- und Therapietool ein, um das energetische und physische Gleichwicht eines Menschen wiederherzustellen. «Der Unterschied zwischen einem Arzt und einem Heilpraktiker ist unter anderem, dass wir Zeit für den Patienten haben, eine Erstkonsultation mit ausführlichem Anamnese-Gespräch kann bei mir bis zu drei Stunden dauern. Da wird dann erst einmal versucht‚ die Ursache der Beschwerden herauszufinden: Warum schmerzen die Gelenke? Warum kommt der Hexenschuss immer wieder? Ich arbeite nicht im 10-Minuten-Takt. Manch einem hilft auch schon das Gespräch, denn die Psyche spielt natürlich auch mit.» anGeliKa lanKri © DR

Die Münchnerin Angelika Lankri arbeitet als Heilpraktikerin in Nizza Von petra hall

«DER A KÖRPER WILL, DASS ER GESUND IST»

ngelika Lankri, Heilpraktikerin» steht an dem Schild in der Rue Scaliero mitten in Nizzas südöstlich gelegenem Stadtviertel Le Port. Das klingt deutsch! Richtig: Angelika Lankri ist eine waschechte Münchnerin und hat sich 2018 als diplomierte Heilpraktikerin hier im Süden niedergelassen. Ganz schön mutig! Das findet die 53-Jährige nicht. Sie ist von ihrem Können überzeugt und hat in ihrem Leben schon so manches geschafft, denn ihr Motto heißt: «Arbeit schändet nicht! Auf jedem Gebiet lernt man etwas dazu.» Von einer Ausbildung zur Heilpraktikerin war sie bereits als junge Frau angezogen, schon immer glaubte sie an die Selbstheilungskräfte des Körpers und weniger an die Pharmazeutik. «Wir sollten uns viel mehr auf das Wissen unserer Vorfahren besinnen», sagt sie. «Der Körper will, dass er gesund ist. Wenn das nicht der Fall ist, reagiert er mit verschiedenen Sympto-

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AUS EINEM JAHR WURDEN 26 Mit 22 kam Angelika als Au-pair-Mädchen nach Nizza, um Französisch zu lernen. Anschließend sollte es noch nach Spanien und Italien gehen. Aber es kam ganz anders. In einem Lokal begegnete ihr Stephan. Der gebürtige Nizzarder sah zwar blendend aus, aber sie war eher zurückhaltend. Doch er gab nicht auf. Und als er eines Abends das Stuhlbein ergriff, sie zu sich hinüberzog, sie küsste und sagte, dass sie die Frau seines Lebens sei, war es um sie geschehen. Vier Monate später machte er ihr einen Heiratsantrag, aber sie gab ihm zunächst einmal einen Korb. Zu groß erschienen ihr die kulturellen Unterschiede. 1989 kehrte sie nach Deutschland zurück, auf dem Motorrad – mit ihm. 1990 beschloss er, ein Jahr in München zu bleiben, dann würde er nach Nizza zurückkehren – mit ihr oder ohne sie. Als Gastronom fand er eine Stelle in einem französischen Restaurant und lernte gleichzeitig Deutsch. Aus einem Jahr wurden 26. Als gelernte kaufmännische Angestellte arbeitete Angelika in einem großen amerikanischen Konzern und begann im Alter von 40 Jahren die Ausbildung zur Heilpraktikerin. Doch der Gedanke, ihrem Mann die vielen Jahre in seiner Heimat zurückzugeben, die er ihr in Deutschland geschenkt hatte, ließ sie nicht los. Alles hinter sich zu lassen und in Nizza wieder neu anzufangen, wurde durch die Entscheidung zu einer einjährigen Weltreise eingeleitet. Anfang 2017 fuhr dann der Möbelwagen mit dem eingelagerten Hausstand nach Saint-Jean-CapFerrat zu der Mietwohnung, die sie dank eines Freundes dort gefunden hatten. Stephan, der von einem eigenen Lokal träumt, fand eine Stelle in einem Restaurant und Angelika die Räumlichkeiten für ihre Praxis. Wenn sie von ihrem Mann spricht, leuchten ihre Augen. Die große Liebe hat gehalten – trotz aller kulturellen Unterschiede. Und die Liebe zu ihrem Beruf auch. 


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JÜNGER DURCH GESICHTSYOGA Straffen und Glätten der Haut auf natürliche Weise Von eVa lu

© Fotini Efstathiou, socialfoxcreative

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ass wir würdevoll und natürlich altern wollen, ist mehr als nur eine Modeerscheinung. Für Geist, Körper und Seele bedeutet es einen Wandel unserer Lebensweise. Menschen auf der ganzen Welt suchen nach Möglichkeiten, ihre Jugendlichkeit zu erhalten, ihr Gesicht zu verjüngen oder in Würde zu altern, ohne sich unter das Messer zu legen oder Gift unter die Haut zu spritzen. Eine Möglichkeit ist: Gesichtsyoga. Es bietet eine langfristige Verjüngung und Pflege für alle, die den Alterungsprozess des Körpers annehmen und auf natürliche Weise damit arbeiten möchten.

Was ist Gesichtsyoga? Der Name sagt es schon: Gesichtsyoga umfasst eine Reihe von Atemübungen, die die Gesichtsmuskulatur trainieren und durch abwechselndes Anspannen und Entspannen formen. Die Übungen sorgen für Geschmeidigkeit und eine gesunde Hautfarbe, wenn sich das Gesicht sonst aufgrund des natürlichen Verlusts an Knochendichte, Fettablagerungen und Muskelabbau verändert. Gesichtsyoga hilft, um ein symmetrisches Gesicht zu formen und ein ausdrucksstarkes Minenspiel zu zeigen. Praktisch: Jeder kann die Übungen machen, überall, egal wann – und es dauert auch nur wenige Minuten am Tag. So können Körper und Geist auf unterhaltsame Weise entspannen, und zugleich bringt jede Figur ein neues Bewusstsein und frischen Sauerstoff in die Zellen. Beharrlichkeit ist der Schlüssel zu dauerhaften Ergebnissen.

Betrachten wir das Gesicht als Karte. Ein gealtertes Gesicht erzählt uns, was der Besitzer in seinem Leben alles erlebt hat. Es ist wie ein offenes Buch, eine Sammlung der gewohnten Emotionen und Ausdrücke, die sich in das Gesicht einbrennen: ungleichmäßige Hautfarbe, Hohlheit, Trockenheit, Schwellungen, Falten, Rötungen, Flecken und Ausschläge. Dem geübten Auge verraten diese äußeren Zeichen viel über die innere mentale, physische und emotionale Geschichte. In der Praxis betrachte ich die Gesichtszüge, um für jeden Kunden die richtige Behandlung zu finden. Ich analysiere die Lebenskraft der Menschen, die Chinesen bezeichnen sie als «Shen», indem ich ihre Gesichtsfarbe, das Bewusstsein und die Klarheit in ihren Augen und ihre Seele beobachte.

Das «Altern» neu definieren Wer Gesichtsyoga macht, nimmt sich selbst besser wahr und kann so würdevoll altern. Die einfachen Übungen stärken die Muskulatur, ermöglichen starke Gesichtsausdrücke und glätten die Haut. Die angeregte Durchblutung der Haut erzeugt einen natürlichen Teint, entgiftet die Lymphknoten, baut Schwellungen ab und sorgt für eine erhöhte Produktion der hautpflegenden Proteine Kollagen und Elastin. Gesichtsyoga regt an und lässt die eigene Seele im Gesicht erstrahlen. Die Muskeln werden angeregt und entspannt, um gewohnte Bewegungen und Ausdrücke wieder einzuüben, genau wie bei Kraftübungen für den Körper. Da Gesichtsyoga eine ganzheitliche Behandlung von Geist, Körper und Seele umfasst, kann es auch bei der Bewältigung eines Traumas oder zurückgehaltenen Emotionen helfen. Kleine Änderungen können Anwender der Methode schon nach den ersten Übungen fühlen, etwa eine Entspannung der Nasenlippenfurche und der Stirn und eine Streckung von Hals und Kiefer. Wer jeden Tag einige Minuten lang die Übungen macht, kann die langfristigen Vorzüge von Gesichtsyoga erfahren und seine ge-

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samte Mimik formen. Nach einer Behandlung mit Botox können die Übungen nach fünf bis sechs Wochen problemlos gemacht werden, wenn sich die Wirkstoffe in den Muskeln eingelagert haben. Einige nutzen Gesichtsyoga auch, um nach Gesichtsverletzungen, Schlaganfällen oder Botoxschäden ihre Mimik wieder beweglich zu machen. Zudem kann es dabei helfen, Entzündungen und Lähmungen nach Operationen einzudämmen. Denn eine angeregte Durchblutung hilft beim Muskelaufbau. Während einer Schwangerschaft oder bei bekannten Vorerkrankungen sei zu Vorsicht geraten: Bitte fragen Sie Ihren Arzt, bevor Sie eine Behandlung beginnen. Wie bei jedem Trainingsprogramm empfiehlt es sich, gemeinsam mit einem Trainer für Gesichtsyoga eine Trainingsroutine zu entwickeln und langsam zu erweitern. 

ÜBUNGEN, UM NACKEN UND KINN ZU STRAFFEN Beginnen Sie sitzend oder stehend, mit beiden Füßen auf dem Boden. Schließen Sie ihre augen. atmen Sie langsam durch die Nase ein. Zählen Sie bis fünf, während sich Brust und Bauch mit Luft füllen. atmen Sie dann langsam aus und zählen wieder bis fünf. Das wiederholen Sie fünf Mal. Dann öffnen Sie ihre augen. 1) Dehnung des Platysmas (gegen Nackenschmerzen oder -verletzungen): Ziehen Sie mit ihren Handflächen vorsichtig Haut unter ihrem Schlüsselbein zusammen, eine Hand über der anderen. Legen Sie ihr Kinn auf ihre Brust. Dann heben Sie es langsam und richten ihren Blick gen Himmel. Herausforderung: Legen Sie ihre Zunge dabei auf ihren Gaumen. verspannen oder überdehnen Sie dabei nicht ihren Hals. Halten Sie diese Position fünf atemzüge lang und atmen Sie durch die Nase. So können Sie Hals und Kinn verlängern und straffen! 2) Großes «O»: Lassen Sie wie beim Gähnen ihren Kiefer fallen. Mit ihren Fingerkuppen fahren Sie dabei sachte über ihren Kiefer und Nacken. vergessen Sie nicht zu atmen! Halten Sie die Position drei atemzüge lang. Lassen Sie ihren Nacken dabei entspannt. Herausforderung: richten Sie ihren Blick nach oben. Perfekt, um einen festen Kiefer zu entspannen. Führen Sie diese Übungen ein bis zwei Mal pro Tag aus und entspannen Sie dabei Stirn und Schultern.

EVA LU ist ausgebildete und lizenzierte Spezialistin für Traditionelle Chinesische Medizin aus Kalifornien, heute mit Sitz in vallauris. Zertifiziert für Gesichtsyoga und Bildendes Facelifting.

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DIE STATION DES LÄCHELNS Besuch der Palliativ-Abteilung im Krankenhaus Archet in Nizza Von petra hall

Ohne den gemeinnützigen verein Pallia Aide gäbe es wohl diese einrichtung in Nizza so nicht. Und ohne den selbstlosen einsatz von vier bewundernswerten Frauen und 40 ebenso bewundernswerten Mitarbeiterinnen würde diese 2006 gegründete assoziation wahrscheinlich nicht existieren. Blick hinter die Kulissen einer Krankenstation, von der jeder hofft, sie niemals betreten zu müssen.

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mit herz und Seele leid lindern: die verantwortliche Ärztin Flora tremellat (vorne l.), die präsidentin von pallia aide und psychologin audrey roman (vorne r.); Gouvernante Françoise cathagne (hinten l.) und projektleiterin nathalie Vilanova © D.R.

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ugegeben, ganz wohl war mir nicht bei dem Gedanken, die Palliativ-Station* im Krankenhaus Archet zu besuchen. Ich stellte mir entsetzliche Bilder von leidenden Patienten in einem düsteren Ambiente vor. Ziemlich beklommen beschritt ich den Flur: lichtdurchflutet, pastellfarben, freundlich dekoriert, keine Schmerzensschreie. Zwölf Einzelzimmer stehen hier Menschen zur Verfügung, denen geholfen wird, in Würde zu sterben oder aber ihr Leben so lange wie möglich erträglich zu machen. Die palliative Abteilung ist aber nicht unbedingt die letzte Station. Vier lächelnde und ganz offensichtlich kompetente Frauen empfangen mich: Die Präsidentin von Pallia Aide und Psychologin Audrey Roman, die verantwortliche Ärztin Flora Tremellat, die Gouvernante Françoise Cathagne und Projektleiterin Nathalie Vilanova. Die Stimmung ist heiter, es wird viel gelacht. Könnte man sonst vielleicht so viel tägliches Leid gar nicht ertragen? 2006 gab es in Nizza nur eine auf unheilbar Kranke spezialisierte Abteilung für Palliativmedizin mit sechs Betten. Heute sind es dank Pallia Aide zwölf im Krankenhaus Archet. Unabhängig von dem Verein gibt es in Antibes sechs, in Monaco vier Betten. Schockierend wenig angesichts der langen Wartelisten! Ohne die Gründung des Vereins hätte die engagierte Gruppe keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung gehabt. Und die ist bitter nötig. Viele Angehörige bitten nach dem Tod ihrer Lieben um Geld für die Assoziation – anstatt Blumen. Ohne Spenden wäre der so wichtige, in normalen Krankenstationen nicht mögliche Service für Betroffene und deren Angehörige nicht machbar.


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Die Mission der engagierten Frauen heißt: alle Seiten der unheilbaren Krankheit zu mildern, in familiärer, herzlicher Umgebung. Soweit möglich, sollen die Patienten zumindest zeitweise ihre Schmerzen und Sorgen in den Hintergrund drängen; dazu tragen ein schön angelegter Garten, kulturelle und gastronomische Abwechslung und eine therapeutische Entspannungs-Badewanne bei. Der Garten wird von einem kunstvollen Mosaik geschmückt, an dem ein Patient viele Monate gearbeitet hatte. Selbst als er nach Hause entlassen worden war, kam er immer wieder. Das Personal ist überzeugt: «Das hat sein Leben verlängert.» Verantwortlich für ein vielfältiges Programm und einzigartig in Frankreich ist eine Gouvernante, deren Stelle 2012 geschaffen wurde. Finanziert wird sie alljährlich durch einen großzügigen Spender, dessen Vater hier bis zu seinem Tod gepflegt worden war. Sieben Jahr schon arbeitet Françoise Cathagne auf diesem Posten. Sie trägt keinen weißen Arztkittel und betreut Patienten wie Angehörige mit enormem persönlichen Einsatz: «Meine Aufgabe ist es, den Menschen ein wenig Licht in ihren Alltag zu bringen, ich bin die Mama

*PALLIATIVMEDIZIN ist nach der Weltgesundheitsorganisation und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin «die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer weit fortgeschrittenen erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung zu der Zeit, in der die erkrankung nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht und die Beherrschung von Schmerzen, anderer Beschwerden, psychologischer, sozialer und spiritueller Probleme höchste Priorität besitzt.» (de.wikipedia.org/wiki/Palliativmedizin )

*PALLIATIVPFLEGE beschreibt das pflegerische Fachwissen, die Maßnahmen und aufgaben, die innerhalb des ganzheitlichen Konzeptes der Palliative Care von Gesundheits- und Krankenpflegern oder Brückenschwestern erbracht werden und der verbesserung der Lebensqualität von Pflegebedürftigen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen oder terminalen erkrankungen und deren angehörigen dienen. Schwerpunkt dieses Konzeptes ist die «vorbeugung und Linderung von Leiden durch frühzeitiges erkennen, einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen belastenden Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller art».

Der Garten der Palliativ-Station wurde von einem Landschaftsgärtner entworfen © D.R.

der Station», sagt die gelernte Arztsekretärin. Sie lässt sich viel einfallen, um die Leiden ihrer Schutzbefohlenen zu mindern: Jeden Mittwoch gibt es einen café gourmand, freitags dann für alle einen Aperitif mit selbstgebackenem Gebäck, «damit es wie zu Hause duftet». Françoise veranstaltet kleine Feste, feiert Weihnachten und Sylvester mit ihnen und ihren Familien und geht auch, soweit möglich, mit Patienten einkaufen. Sie holt Musiker und Künstler ins Haus und hat sogar zwei Hochzeiten hier gefeiert. Und sie nimmt die Kranken ohne Berührungsängste in den Arm, um Trost zu spenden. Feste Besuchszeiten sind hier fremd, auch kleine Kinder dürfen mitkommen. Françoise verhehlt nicht, dass ihre Arbeit psychologisch schwer ist, spricht aber von Berufung. Dennoch wird sie nächstes Jahr in Rente gehen. Ein großer Verlust für die Abteilung. Flora fügt hinzu: «Als ich erstmals hier hospitiert habe, war ich fasziniert: Hier nimmt man sich viel Zeit für den Patienten, hört ihm zu, respektiert seine Persönlichkeit. Und ich wusste auf Anhieb: Das ist es, warum ich Ärztin werden will.» Ihre Herzenswärme, ihr Wissen und ihr Engagement geben die vier Frauen auch an Pflegerinnen in anderen Stationen,

Krankenhäusern und Altersheimen weiter. Bei der Trauerbegleitung der Hinterbliebenen kommen sie ebenfalls zum Einsatz. Etwa 330 Patienten pro Jahr zählt die palliative Abteilung im Archet, durchschnittlich bleibt jeder von ihnen etwa 13 Tage. Manche wollen nicht mehr ins normale Krankenhaus oder nach Hause zurück. Es sind nicht nur betagte Menschen, die hier Hilfe suchen. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre, die Einrichtung steht für jeden offen, der im französischen Gesundheitssystem ist – gleich welcher Nationalität und Religion. Es mag makaber klingen, aber wer hier sterben darf, hat Glück. Und die unzähligen anderen? 

SPENDEN Mit schon 10 euro pro Jahr kann man Mitglied von Pallia Aide werden. Spenden können bis zu 66 Prozent von der Steuer abgesetzt werden. www.pallia-aide.org pallia-aide-projets@orange.fr

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Frankreich Veranstaltungen BIS 31. DEZEMBER SAINTE-MAxIME «le marché du Patio Fleuri» Jeden Montagmorgen bietet dieser Markt Lebensmittel und handgefertigte Produkte. www.sainte-maxime.com 9. – 13. OKTOBER FRÉJUS «Roc d’Azur» 36. Auflage des international renommierten MountainbikeEvents. www.rocazur.com 9. – 13. OKTOBER TOUlON «Rade Side. Festivale de musiques acutelles» Festival zeitgenössischer Musik an verschiedenen Orten in der Stadt. www.radeside.com 11. – 18. OKTOBER NIZZA «Un festival c’est trop court!» Die besten jungen europäischen Kreativen präsentieren ihre Kurzfilme. An verschiedenen Orten in Nizza. www.nicefilmfestival.com 12. + 13. OKTOBER SAINTE-MAxIME «9ème Sainte-Maxime Free Flight World Masters» Zum neunten Mal in Folge bieten die französische Luftwaffe und ihr Kunstflugteam eine spektakuläre Show am Himmel. free-flight.sainte-maxime.com 12. + 13. OKTOBER TOUlON «Tattoo in Toulon 2019» Das Festival rund um Tattoos, Punk- und Rockmusik geht in die dritte Runde. Palais Neptune, Eintritt 10 Euro. www.toulontourisme.com 18. – 20. OKTOBER lA CIOTAT «Il Etait une Fois 1720» Eine Zeitreise zurück in das Jahr 1720 bietet das historische Festival von La Ciotat mit traditioneller Handwerkskunst und Kostümen aus dem 18. Jahrhundert. www.festival1720.eu 19. OKTOBER TOUlON «Fête de la marche nordique» Nordic Walking-Wanderung auf OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

den 584 Meter hohen Mont Faron. 8 Uhr. www.toulomarchenordi.canalblog.c om 20. OKTOBER CANNES «Piano Series I: CHOPIN» Das Regionalorchester bittet zum Saison-Auftakt; am Piano: Francesco Piemontesi. 16.30 Uhr, Palais des Festivals et des Congrés, Théâtre Debussy. www.orchestre-cannes.com 22. OKTOBER lA CROIx-vAlMER Wanderung Entdecken Sie die Schönheit des Küstenwanderwegs bei einer geführten Tour (gratis), 3km. Wichtig: Wanderschuhe, Wasser und Kopfbedeckung. 9-12 Uhr, Treffpunkt Eingang des Conservatoire, Plage de Gigaro. Anmeldung beim Touristen-Office: 04 94 55 12 12. www.lacroixvalmertourisme.com 23. – 26. OKTOBER JUAN-lES-PINS «Festival Jammin’ Juan» 27 Bands und an die hundert Musiker laden Sie ein zu vier Tagen Jazz. Palais des Congrès. jammin.jazzajuan.com 31. OKTOBER ÈZE Halloween Kostenloses Programm von 9 bis 12 Uhr. Mit Festsaalschmücken, Kinderspektakel und einen Umzug durch die Gassen der Stadt. www.eze-tourisme.com 1. – 30. NOVEMBER NIZZA Festival «C’est pas Classique» Die 14. Ausgabe des Festivals im Palais Acropolis verspricht ein Programm klassischer Musik auf besondere Art und Weise. cpasclassique.departement06.fr

3. NOVEMBER NIZZA 12. Marathon Nice-Cannes Beginn auf der Promenade des Anglais, Ankunft auf dem roten Teppich in Cannes. Verschiedene Strecken: Marathon, 20 km, Staffeln à 2, 4, 5 oder 6 Läufer. Erwartet werden 13 000 Teilnehmer. www.marathonicecannes06.com 17. NOVEMBER CANNES «Piano Series II: RACHMANINOv» Das Orchester Cannes spielt Rachmaninov und Brahms; am Piano: Lise de la Salle. 16.30 Uhr, Palais des Festivals et des Congrés, Théâtre Debussy. www.orchestre-cannes.com 28. NOVEMBER – 7. DEZEMBER NIZZA «manca Festival» Das Festival bietet zum vierten Mal ein buntes Repertoire moderner Musik an verschiedenen Orten der Stadt. www.cirm-manca.org 29. NOVEMBER – 15. DEZEMBER CANNES «Festival de Dance» 21 Kulturhäuser in Cannes und dem gesamten Departement präsentieren gemeinsam ein hochkarätiges internationales Tanz-Programm (siehe S. 19). www.festivaldedanse-cannes.com 29. NOVEMBER – 23. FEBRUAR NIZZA «Nice, baie des lumières» Eine Lichtinstallation aus über 550 chinesischen Laternen bringt den Parc Phoenix zum Leuchten, sobald die Dunkelheit hereinbricht. Außerhalb der Ferienzeit montags und dienstags geschlossen, Eintritt 17 Euro (12 Euro). www.baiedeslumieres.com

2. + 3. NOVEMBER ISOlA «Fête des Châtaignes» Die Bewohner des Dorfes Isola laden ein zum traditionellen Kastanienfest. Ball am Abend des 2.11. www.isola2000.com

6. DEZEMBER GRIMAUD «Fête de la lumière» Mit einer Fackelwanderung und Feuershow, heißer Schokolade, Glühwein und gerösteten Kastanien wird die Weihnachtszeit eingeläutet. Ab 18 Uhr auf der Place Vieille, kostenloser Eintritt. www.grimaud-provence.com

2. + 3. NOVEMBER ANTIbES «Salon du Sucre et du Chocolat» Süße und schokoladige Verführungen stellen die Konditoren zur Schau und messen sich im Wettbewerb. Espaces du Fort Carré. www.antibesjuanlespins.com

6. DEZEMBER GRASSE «Ma Mère l’Oye» Das Orchester Canne spielt Musik von Maurice Ravel, begleitet von Tanz und Lichtinstallationen. 20 Uhr, Théâtre de Grasse. www.orchestre-cannes.com

20. DEZEMBER CANNES «bRAHMS + bEETHOvEN» Klassische und Romantische Musik spielt das Orchester Cannes. 20.30 Uhr, Théâtre Croisette, Hôtel JW Marriott. www.orchestre-cannes.com 3. JANUAR CANNES «Concert du Nouvel An» Mit Ballmusik läutet das Orchester Cannes das Jahr 2020 ein. 20.30 Uhr, Palais des Festivals et des Congrés, Théâtre Debussy. www.orchestre-cannes.com

Ausstellungen BIS 3. NOVEMBER lE CANNET «De l’impressionnisme à bonnard et Picasso» Das Bonnard-Museum zeigt Werke aus einer der renommiertesten Privatsammlungen der Welt, der Nahmad Collection: große Künstler und verschiedene Epochen des späten 19. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. www.museebonnard.fr BIS 4. NOVEMBER vAllAURIS «biennale internationale de céramique contemporaine» Das nationale Picasso-Museum zeigt zeitgenössische Keramiken. Geöffnet von 10 bis 12.15 und von 14 bis 17 Uhr, dienstags geschlossen. www.musees-nationaux-alpesmaritimes.fr/picasso BIS 10. NOVEMBER NIZZA «Hippolyte Hentgen – le bikini invisible» Lina Hentgen und Gaëlle Hippolyte zeigen ihre Kunst auf Leinwänden, in Filmen, an Skulpturen und Installationen. MAMAC, Galérie contemporaine. www.mamac-nice.org BIS 17. NOVEMBER SAINT-PAUl-DE-vENCE «Joan Miró. Au-delà de la peinture.» Eine Hommage an Joan Miró mit mehr als 200 seiner Werke, darunter eine Sammlung unveröffentlichter Gouachen. Fondation Maeght. www.fondation-maeght.com


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Monaco Veranstaltungen 18. OKTOBER «Récital Nikolaï lugansky» Der russische Pianist spielt unter anderem Werke von Chopin und Rachmaninov. 20.30 Uhr. Auditorium Rainier III. www.opmc.mc 18. – 28. OKTOBER Oktoberfest Mitten in Monaco sorgen Bier und bayrische Trachten für Oktoberfeststimmung. Café de Paris. +377 98 06 76 23 18. OKTOBER – 19. NOVEMBER «Foire Attractions de Monaco» Großer Jahrmarkt mit etlichen Fahrgeschäften. Am Hafen. www.foire-attractions-monaco.com 23. OKTOBER basketball EuroCup Das Basketball-Team AS Monaco Roca Team tritt im europäischen Wettbewerb gegen Ratiopharm Ulm an. 18.45 Uhr, Salle Gaston Médecin. www.asmonaco.basketball 23. – 27. OKTOBER E-Rallye Monte-Carlo Viertägige Rallye, bei der ausschließlich Elektro- oder Wasserstoffautos zugelassen sind. Die Strecke führt unter anderem durch Valence im Departement Drôme. Startpunkt: Champs de Mars. www.acm.mc 25. OKTOBER broken back Der junge Künstler gehört zu den aufstrebenden Stars der Pop-, Rock- und Elektroszene. Espace Léo Ferré, 20.30 Uhr. www.espaceleoferre.mc 26. – 27. OKTOBER «salon du vintage» Hommage an Karl Lagerfeld. Dazu Designermöbel, Dekoration, Mode und Street Food. Chapiteau de l’espace Fontvieille, 10 bis 19 Uhr, Eintritt 7 Euro. www.salonduvintage.com 3. NOVEMBER «Miracles» Unter der Leitung von Kazuki Yamada singt der Chor des Symphonieorchesters von Birmingham Mendelssohn. 18 Uhr. Auditorium Rainier III. www.opmc.mc

6. + 7. NOVEMBER «Monaco International Clubbing Show» Messe rund ums Nachtleben und internationales DJ-Festival, unter anderem mit David Guetta. Grimaldi Forum. www.mics.mc 6. + 7. NOVEMBER «Festival for the Earth» Das Festival will auf künstlerische Weise für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserer Umwelt eintreten. Musée océanographique de Monaco, 10 bis 18 Uhr. www.festivalfortheearth.com 10. NOVEMBER Jenifer Die schillernde und publikumsnahe Sängerin macht mit ihrer Tour «Une Nouvelle Page 2» in Monaco halt. Espace Léo Ferré, 18 Uhr. www.espaceleoferre.mc 16. – 24. November «No Finish line» Acht Tage Laufen für den guten Zweck: 24/7 sollen möglichst viele Kilometer auf dem 1,4-Kilometer-Parcours zusammenkommen. www.childrenandfuture.com 16. NOVEMBER – 1. DEZEMBER «Monte Carlo Jazz Festival» Jazzmusik aller Couleur erklingt in Monaco. Opéra Garnier de Monte-Carlo. www.montecarlosbm.com 19. NOVEMBER Nationalfeiertag Der Nationalfeiertag wird mit einem großen Feuerwerk zelebriert. Port de Monaco, nach Einbruch der Dunkelheit 24. – 26. NOVEMBER «Chefs World Summit» Gipfeltreffen der Meisterköche (siehe auch Seite 61). Grimaldi Forum. www.chefsworldsummit.com 6. DEZEMBER – 5. JANUAR «village de Noël» Der große Weihnachtsmarkt sorgt für Adventsstimmung – auch nach Heiligabend. Port Hercule. www.mairie.mc 8. DEZEMBER «Récital Ivo Pogorelich» Der Pianist spielt in Begleitung des OPMC unter anderem Werke von Chopin und Beethoven. 18 Uhr, Auditorium Rainier III. www.opmc.mc

13. – 15. DEZEMBER «Grande braderie des Commerçants de Monaco» Im Schlussverkauf locken Boutiquen mit Rabatten. Espace Fontvieille 29. DEZEMBER «Gala de fin d’année» Das Jahresabschlusskonzert des Philharmonie-Orchesters widmet sich Musicals von Broadway und Hollywood. 18 Uhr. Auditorium Rainier III. www.opmc.mc 16. – 26. JANUAR «le Festival International du Cirque de Monte-Carlo» Das Zirkusfestival bringt zum 44. Mal die besten Artisten und lustigsten Clowns für eine einzigartige Show zusammen. Chapiteau de Fontvieille. www.montecarlofestival.mc

Ausstellungen BIS 1. JANUAR «l’Odyssée des tortues maritines» Im Ozeanografischen Museum können Besucher das Leben der Schildkröten in den großen Weltmeeren nachverfolgen (siehe Seite 52). Täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. www.musee.oceano.org

Italien Veranstaltungen Letzter Sonntag im Oktober und November PIEvE DI TECO «Mercatino dell’antiquariato» Einer der wichtigsten Antikmärkte Liguriens mit etwa 150 Ausstellern und unzähligen Objekten jeglicher Art. www.comune.pievediteco.im.it 11. – 13. Oktober lEvANTO «Sapori verticali» Die Küste von La Spezia wird zum Schlaraffenland: Drei Tage lang geht es um die ligurische Esskultur mit ihren köstlichen Spezialitäten. www.visitlevanto.it www.comune.levanto.sp.it 19. – 20. Oktober FINAlE lIGURE «Castagnata» Kastanienfest auf der Piazza di

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Spagna mit der Folklore-Kapelle «Rumpe e Streppa». www.turismo.comunefinaleligure.it 27. Oktober FINAlE lIGURE «RunRivieraRun Half Marathon» Achte Ausgabe des internationalen Halbmarathons von Finale Ligure (Varigotti – Loc. Malpasso) nach Loano (Marina di Loano). www.runrivierarun.com 31. Oktober CERvO «visita guidata» Kostenlose Stadtführung. Treffpunkt 16 Uhr am Fuße des Ortes, Via Aurelia; Bushaltestelle. infocervo@cervo.com 2. November SANREMO «Cenerentola» Aufführung des Balletts von Mailand. 20.30 Uhr im Teatro Ariston, Corso Giacomo Matteotti 212. www.aristonsanremo.com 8. – 10. November IMPERIA «OliOliva» Großes Fest rund um das Olivenöl aus den Tälern von Imperia, Verkostungen typischer Rezepte und lokaler Spezialitäten. In der Altstadt. www.sagritaly.com 10. November AlbENGA «Festa Di San Martino» Volksfest zu Ehren des Heiligen Martin. Verkostung typischer Produkte und Weine, geröstete Kastanien, Polenta und vieles mehr. Ab 9 Uhr in der Altstadt. www.scoprialbenga.it 16. November GENUA «Mitteleuropa in musica» Konzert: Concerto n. 2 in la maggiore für Klavier und Orchester Werken von Franz Liszt sowie Sinfonia n. 5 in do diesis minore von Gustav Mahler. 20.30 Uhr,Teatro Carlo Felice. www.carlofelicegenova.it 8. Dezember SANREMO 3. Sanremo Marathon 2019 42, 195 Kilometer entlang der ligurischen Küste. www.sanremomarathon.it 21. Dezember SANREMO «We will rock you» Show, 21.15 Uhr im Teatro Ariston; Corso Giacomo Matteotti 212. www.aristonsanremo.com OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019


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WEIHNACHTEN

weihnAChtsMÄrkte

die termine einer großen auswahl an Weihnachtsmärkten und festlichen Veranstaltungen in der region veröffentlichen wir ende november auf unserer Website www.riviera-press.fr/zeit!

Feuerspektakel

weihnAChten in VAlbonne

Geschenk-Ideen

erster VintAge-sAlon in MonACo

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die reisen des Odysseus werden am Sonntag, 22. dezember, ab 17.30 uhr in einer spektakulären licht- und Feuershow in den Gassen der altstadt von Valbonne nachgespielt © Cie Karnavire

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albonne feiert 500-jähriges Jubiläum, und zum Abschluss des Festjahres wird zu Weihnachten noch einmal großes Geschütz aufgefahren. Feuer und Kunst vereinen sich an den letzten Tagen vor Heiligabend zu einem großen Spektakel. Vom 16. bis zum 18. Dezember feiert der Stadtteil Garbejaïre zudem 50 Jahre SophiaAntipolis. Auf der Place Méjane wird Programm für Kinder und Familien geboten, abends führen Les Mineurs Feuerkunst im Steampunk-Style vor. Ab dem 19. Dezember gehen die Shows dann in der Altstadt von Valbonne weiter, vom 21. bis zum 24. stellen Handwerker täglich von 10 bis 18 Uhr ihre Schmiede-, Glasbläserund Töpferkünste beim traditionellen Weihnachtsmarkt zur Schau. Weitere Informationen zu den Weihnachtsfestivitäten finden Sie auf der Seite der Stadt Valbonne: www.ville-valbonne.fr SMH 

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hopping im Nostalgie-Modus: SecondHand-DesignerKlamotten und -Möbel aus den 60ern, Deko-Objekte, Retro-Accessoires, Schallplatten und sogar Autos und Motorräder bringen die rund 150 aus ganz Europa kommenden Aussteller Ende Oktober mit nach Monaco. Im Espace Fontvieille (Zirkuszelt) wird am 26. und 27. der erste «Salon du Vintage» ausgerichtet. Kleines Extra: eine Ausstellung in Hommage an Karl Lagerfeld. Diverse Foodtrucks sorgen fürs leibliche Wohl. 

Geöffnet ist der Salon jeweils von 10 bis 19 Uhr, der Eintritt beträgt 7 Euro. salonduvintage.com


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Licht und Schatten Generalkonsul Dr. Dr. rolf Friedrich Krause nimmt seinen abschied aus der Provence; das deutsche Generalkonsulat in Marseille wird seit august von seiner Nachfolgerin Clarissa Duvigneau geführt. Von chriStine helFritZ

it einem Augenzwinkern und einer Runde Bier aus besten fränkischen Privatbrauereien verabschiedete sich Rolf Friedrich Krause am 11. Juli in Marseille, zurückblickend auf die besonders anstrengenden Seiten seiner hiesigen Aufgabe, habe sie doch eine permanente Qualitätskontrolle der südfranzösischen Küche und ihrer Weine erfordert... Dabei waren die vier Jahre des Generalkonsuls – zuständig für die gesamte Provence – durchaus geprägt von emotionalen Ereignissen: Gleich zu Beginn wurde er mit den Nachwirkungen des Germanwings-Absturzes in den französischen Seealpen vom März 2015 konfrontiert. Sein Aufenthalt in Marseille überschnitt sich mit der Periode IS-motivierter Attentate in Frankreich, von den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris über den LKW-Anschlag auf der Promenade des Anglais in Nizza 2016 bis hin zur Messerattacke auf zwei Studentinnen am Marseiller Bahnhof Saint-Charles 2017 und die Geiselnahme in Carcassonne 2018. Auch der schwere Unfall eines deutschen Touristenbusses bei Nizza 2015 und die Überschwemmung des deutschen Jugendlagers an der Ardèche im letzten Sommer zählen zu den traurigen Höhepunkten dieser Amtszeit. Opfer und Angehörige wurden vor Ort intensiv betreut durch Mitarbeiter des Konsulates. Diesen dramatischen Ereignissen stehen jedoch zahlreiche positive Momente gegenüber: «Solche Schocksituationen haben auch eine Spiegelseite – nämlich die große Empathie, die wir von Seiten der französischen Bevölkerung in solchen Fällen erfahren durften», erinnert sich Krause. Auf eine Konferenz zu Mittelmeer-Themen gemeinsam mit dem Centre Franco-Allemand de Provence in Aix sowie auf mehrere Projekte für Jugendliche der Region blickt er gerne zurück: ein hochkarätig besetztes Seminar über sicherheitspolitische Fragen für den deutschen Abiturjahrgang am Centre International de Valbonne (CIV) im Jahr 2018, jährlich stattfindende Veranstaltungen für Schüler rund um Umweltthemen und insbesondere das Anstoßen eines Pilotprojektes für französische Jugendliche mit Deutschintensivkurs und Vermittlung eines Berufspraktikums in Deutschland. Finanziert durch die Präfektur und das Konsulat, wird dieses Projekt im kommenden Jahr bereits die dreifache Menge an Kandidaten aufnehmen. Die Doppel-Promotion des gebürtigen Kielers sowohl in Geographie als auch in den Islamwissenschaften legt es nahe: Auf die Frage, ob er sich eher Inhalte-getrieben sieht, präzisiert er, dass ihn die Arbeit an Sachfragen und

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Sach-Entscheidungen im Auswärtigen Dienst grundsätzlich mehr interessiere als Service-Funktionen wie etwa Protokoll oder Büroleitung. Sein vielseitiger Lebenslauf führte den Leutnant der Reserve bereits ans Generalkonsulat nach Djidda, nach New York an die Ständige Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen, an die deutsche Botschaft Belgrad während des KosovoKrieges, an die Andrassy-Universität in Budapest und als Generalkonsul nach Kaliningrad. Vor dem Umzug des Auswärtigen Amtes in Bonn mit Nahost- und Sicherheitsfragen betraut, war er später in Berlin in leitender Funktion im Afrika-Referat sowie als Referatsleiter im Bundespräsidialamt unter Johannes Rau und Horst Köhler tätig. Zu Frankreich habe er vor seinem Amtsantritt in Marseille keine konkreten Beziehungen gehabt, außer dass er das Land schon durch zahlreiche Reisen kannte. «Leider ergibt sich für einen Generalkonsul viel zu selten der Kontakt zur Bevölkerung», beklagt er. «Hier erweist sich der Umgang mit den Honorarkonsuln vor Ort als sehr hilfreich – dies sind meist Franzosen, die in der Gesellschaft verankert sind und die einen als Konsul mit in die Gesellschaft hinein nehmen.» Dankbar sieht er auf vier schöne und interessante Jahre zurück. In Berlin wird Rolf Friedrich Krause nun in seiner letzten Mission vor der Pensionierung für die Kultur-, Bildungsund Medienbeziehungen zu Nordafrika, dem Nahen und Mittleren Osten verantwortlich sein – womit sich für ihn ein Bogen schließt. Danach hat die Pendelei von und nach München – wo seine Ehefrau Gertrud Kalb-Krause Wirtschaftssprachen an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften lehrt – ein Ende. Von hier werden sie dann gemeinsam zu zahlreichen Reisen aufbrechen. Neue deutsche Generalkonsulin mit Sitz in Marseille ist seit August Clarissa Duvigneau, die nach Stationen in Warschau, Washington und Dublin zuletzt als Beraterin im Nato-Stab in Brüssel tätig gewesen ist. 

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Gewinnspiel WIR vERlOSEN DREIMAl JE ZWEI TICkETS FÜR DAS kONZERT DES ORCHESTERS CANNES AM FREITAG, 20. DEZEMbER, UM 20.30 UHR IM THÉâTRE CROISETTE. AUF DEM PROGRAMM STEHEN WERkE vON bRAHMS UND bEETHOvEN, AM TAkTSTOCk IST HAUSHERR bENJAMIN lEvY.

Um an der verlosung teilzunehmen, gehen Sie bitte auf die Homepage der rivieraZeit

riviera-press.fr/zeit und klicken unter NeWS auf die rubrik GeWiNNSPieLe. Dort erfahren Sie alles Weitere. Teilnahmeschluss ist der 10. Dezember. Viel Glück! 

FRANZÖSISCH FÜR FORTGESCHRITTENE

vICTOR HUGO AUS DEM EIS Französisch lernen wie im Fluge? «Microlearning» heißt das bewährte Konzept, auf das «Frantastique» in Partnerschaft mit der RivieraZeit setzt: 15 Minuten pro Tag genügen, damit Kursteilnehmer schnell langfristige Erfolge erzielen, verspricht das Pariser Unternehmen. Die per E-Mail versandten Lektionen passen sich dem Niveau jedes einzelnen an – und werden dank ihrer humorvollen, interaktiven und praxisbezogenen Aufbereitung nie langweilig. Mit Hilfe von Victor Hugo, aus dem Eis aufgetaut von einer Bande Außerirdischer und ins Hexagon des 21. Jahrhunderts verfrachtet, entdecken «Frantastique»-Lerner gemeinsam mit den Fremden Frankreich und die französische Sprache auf witzigunterhaltsame Weise. Multimedialer Content tut sein Übriges: Originelle Videos, Musik, Comics erzählen die Rahmengeschichte, der Kursteilnehmer beantwortet Fragen dazu und füllt Lückentexte aus. Typische Redewendungen spielen eine große Rolle, ebenso kulturelle Besonderheiten, aber auch zahlreichen Persönlichkeiten begegnet man im Laufe eines Kurses. Tools wie Konjugier-Hilfen ergänzen das individuell auf jeden Teilnehmer zugeschnittene Programm. Pro Werktag erhalten Nutzer eine E-Mail mit Aufgaben, die in zehn Minuten erledigt sind. Nach Abschicken des ausgefüllten Antwortbogens flattert nur wenige Sekunden später eine Antwort mit Korrekturen und Erklärungen ins Postfach. Tägliches Schman-

Victor hugo, die außerirdischen und weitere charaktere, denen Kursteilnehmer bei «Frantastique» begegnen © D.R.

kerl: ein café gourmand mit ExtraInfos zu einer französischsprachigen Persönlichkeit. Vor Beginn und nach Abschluss eines Kurses wird der Leistungsstand jedes Teilnehmers nach den europaweit gängigen Niveau-Stufen (von A1 wie Anfänger bis C2 wie Experte) festgestellt und zertifiziert. Für völlige Anfänger eignet sich «Frantastique» übrigens nicht: Um sinnvoll mitarbeiten zu können, werden zumindest Grundkenntnisse erwartet. Auch wegen seiner business-orientierten Ausrichtung wendet sich das Programm an Schüler nicht unter 15 Jahre und an Erwachsene. Eine Version richtet sich überdies an französische Muttersprachler. Der Preis für den Online-Sprachkurs richtet sich nach Verpflichtungsdauer und Service-Umfang; er liegt zwischen 21 und 89 Euro pro Monat. Frankophone Kulturreferenzen Entdecken Sie täglich eine neue Folge der Abenteuer von Victor Hugo, der das frankophone Universum mithilfe seines intergalaktischen Teams erforscht. Und

jeden Tag eine kulturelle Referenz: Ausschnitte aus Filmen, Liedern, Zitaten oder anderen Quellen. am computer, Smartphone oder tablet Die Lektionen können Sie per EMail (auf Ihrem Computer, Smartphone oder Tablet) oder über eine kostenlose App erhalten (iOS / Android). langfristige lernerfolge Um langfristige Lernerfolge zu erzielen, berücksichtigt der Kurs, dass manche Inhalte wieder vergessen werden und wiederholt werden müssen. Das Programm optimiert den individuellen Abfrage-Rhythmus jedes Lerners. In Partnerschaft mit der RivieraZeit bietet «Frantastique» RZ-Lesern eine 1-monatige GratisTestphase an – mit Einschätzung des individuellen Sprachniveaus!  Et voilà – trauen Sie sich: riviera-press.fr/zeit/frantastique

PS: Wenn Sie über die Homepage der RZ zu Frantastique gehen, verdienen wir ein wenig mit. Danke!

IMMOBILIENMARKT DER ALPES-MARITIMES bERGAUF, bERGAb

Bergauf, bergab für den Neubaumarkt, konstante Entwicklung bei den Wiederverkäufen im Departement Alpes-Maritimes. So lässt sich die Immobilienlage im ersten Halbjahr 2019 zusammenfassen. neubau Nach dem glänzenden Jahr 2018 war der Fall 2019 statistisch wahrscheinlich. Allerdings nicht in der Stärke: Das Angebot im Neubaumarkt fiel um satte 48 Prozent, von 2831 Wohneinheiten im ersten Halbjahr 2018 auf 1462 im ersten Halbjahr 2019. Die Zahl der abgeschlossenen Kaufverträge sank weniger stark, sie fiel um OkTObER / NOvEMbER / DEZEMbER 2019

15 Prozent, von 2534 auf 2146. Die Durchschnittspreise zogen leicht an, auf 5800 Euro für einen Quadratmeter. Diese Preise sind für jüngere Ersterwerber schwer finanzierbar, selbst bei den historisch günstigen Zinssätzen. altbau Letztere kaufen im marché existant: Altbauten und kürzlich erstellte Neubauten im Wiederverkauf. Die Transaktionen steigen seit 2015 konstant und besonders stark im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr: 7520 zu 6756 Wohneinheiten. Ein sehr befriedigendes Ergebnis für die

Immobilienwirtschaft insgesamt. Der Durchschnittspreis liegt leicht über 4000 Euro pro Quadratmeter. Bauwirtschaft Nicht zufrieden sind Bauwirtschaft und potentielle Erwerber im Neubaumarkt. Das Angebot ist unzureichend. Bauland ist knapp, zumindest im Küstenstreifen. Dazu treten administrative Hindernisse, lange Genehmigungszeiten und eine beängstigend ansteigende Zahl von Einsprüchen gegen genehmigte Baubewilligungen. Zurzeit gibt es davon rund 2000. Und die im Frühjahr anstehenden Gemeindewahlen haben traditionell

einen Bremseffekt – wegen einer möglichen Änderung der Genehmigungspolitik des neu gewählten Gemeinderats. Schutt Last but not least: die Umwelt. Konkret: Wohin mit dem Bauschutt bei einem Abriss vor dem Neubau? Keiner will ihn haben. Villeneuve-Loubet hat vor zehn Jahren seine glacière geschlossen. Jetzt wird der Schutt in die Nachbardepartements «exportiert». Nicht gerade umweltfreundlich. Ein Neubau bleibt ein Hürdenlauf mit vielen Hindernissen.  J.L.


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TRAGISCHER TOD EINES bÜRGERMEISTERS Der 76-jährige Bürgermeister der hinter Toulon gelegenen Gemeinde Signes (Departement Var) ist Anfang August auf tragische Weise zu Tode gekommen. Offenbar bei dem Versuch, zwei Männer daran zu hindern, illegal Schutt in seiner Gemeinde zu entsorgen, wurde er angefahren und verstarb noch vor Ort. Der langjährige Amtschef war mit Kollegen auf einer Tour durch sein Gemeindegebiet, um nach Stellen für eine neue Mülltrennungsanlage Ausschau zu halten, als sie zwei Mitarbeiter einer Baufirma des Departements Bouches-duRhône dabei ertappten, illegal Bauschutt abzuladen. Der 76-Jährige soll die beiden angewiesen haben, auf das Eintreffen der Polizei zu warten, die er kontaktiert hatte. Dennoch seien die Männer losgefahren – wobei sie den Bürgermeister schwer verletzten, der sich ihnen in den Weg gestellt hatte. Er verstarb noch vor Ort.  bRITISCHER MIllIARDäR kAUFT OGC NIZZA Erstligist OGC Nice hat einen neuen Besitzer: Das vom britischen Milliardär Jim Ratcliffe geführte ChemieUnternehmen Ineos investierte nach Medienberichten 100 Millionen Euro in den Club. «Mit einem vernünftigen Investment wollen wir es ermöglichen, dass sich Nizza regelmäßig für europäische Wettbewerben qualifiziert», erklärte Ratcliffe. Mit der Übernahme weitet der Unternehmer, der laut Sunday Times die Liste der reichsten Briten im Jahr 2018 mit einem geschätzten Vermögen von 24,5 Milliarden Euro anführte, sein Engagement im Sport weiter aus. Erst Anfang Mai hatte Ineos den britischen RadRennstall Sky um Tour-Sieger Egan Bernal und Chris Froome übernommen. Zuvor war er bereits in den Segelsport eingestiegen.  EUROPäISCHER bADGE FÜR MAUTSTATIONEN Das Unternehmen Bip&Go bringt einen neuen europäischen Badge auf den Markt, mit dem Autofahrer in Frankreich, Spanien, Portugal und Italien die Mautstationen in ExpressSpuren passieren können. Das neue Gadget erleichtert ebenfalls den Zahlvorgang in zahlreichen Parkhäusern und auf Fähren in den vier Ländern. Ein Versand des an der Windschutzscheibe zu befestigenden Geräts ist in den teilnehmenden Ländern möglich, aber auch in den Beneluxstaaten und Deutschland. Der Badge kostet 14 Euro plus Versand und bietet drei verschiedene Abonnements, je nach Bedarf. 

SHARING-WIRTSCHAFT:

AUTO-TAUSCH OuiCar ist der führende Autoverleiher zwischen Privatpersonen in Frankreich. Mit bereits zwei Millionen Nutzern und 30 000 Autos sei genug Fläche abgedeckt, um an fast jeder Straßenecke ein Auto zur Verfügung stellen zu können, heißt es. Das Start-Up rühmt sich, im Schnitt 30 Prozent günstiger zu sein als herkömmliche Autoverleihe; sogar bis zu 50 Prozent in der Hochsaison. Das Mieten eines fahrbaren Untersatzes funktioniert ganz einfach per Internet oder über die Smartphone-App. 

schäften des Einkaufszentrums zu bewerben.  NIZZA

WIll AUFATMEN Die Hauptstadt der Côte d’Azur installiert die erste Biogastankstelle für Erdgasfahrzeuge des Departements Alpes-Maritimes. Die Anlage soll dem akuten Problem der Luftverschmutzung entgegenwirken und wird sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen zugänglich sein. Das Label «Bio» steht hier nicht etwa für ökologische Landwirtschaft, sondern für den

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Prozess, bei dem organische Abfälle durch Gärung in Methan umgewandelt und verarbeitet werden. Mit dieser Methode werden 80 Prozent weniger Treibhausgase erzeugt im Vergleich zu herkömmlichen Treibstoffen. Es können jedoch auch negative Auswirkungen auf die Umwelt entstehen, falls die genutzte Biomasse beispielweise nicht aus lokalen Überresten landwirtschaftlicher Produktion oder dergleichen stammt, sondern stattdessen von extra angelegten Plantagen von «Energiepflanzen». 

DIE bESTEN SCHUlEN DER

AlPES-MARITIMES L’Etudiant hat wie jedes Jahr ein Ranking der besten Lycées Frankreichs (vergleichbar der Oberstufe eines Gymnasiums) veröffentlicht. Um ein differenziertes Bild zu erhalten, wurden neben der Erfolgsquote beim Abitur auch weitere Faktoren miteinbezogen – wie die Gesamtnoten der Schüler und die Fähigkeit der Schule, den Schülern zu Fortschritten zu verhelfen. Im Departement AlpesMaritimes rangieren die Privatschulen Fénelon in Grasse und MontSaint-Jean in Antibes ganz vorn, gefolgt von zwei weiteren Privatschulen: dem Lycée Stanislas in Cannes und Saint-Joseph in Nizza. Auf dem fünften Platz liegt als beste öffentliche Schule das Lycée International de Valbonne.  DOCTOlIb

Kürzlich ist es dem französischen Start-Up DoctoLib gelungen, durch eine neue Finanzierungsrunde zum exklusiven Klub der «Einhörner» aufzusteigen. Das sind junge digitale Unternehmen, deren Wert auf über eine Milliarde Dollar geschätzt wird. Das Geschäftsmodell von DoctoLib beruht auf der Online-Vermittlung von Arztterminen. Das Unternehmen ist derzeit auf dem französischen und deutschen Markt präsent – mit 75.000 Ärzten, die die Plattform nutzen, und glücklichen Patienten, die in keiner Warteschleife feststecken und überdies aus einer Palette an Terminen frei wählen können. DoctoLib plant in den kommenden Jahren in weitere Länder zu expandieren. 

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AUSLANDSDEUTSCHE DES JAHRES Rumäniendeutsche Journalistin siegt as Ergebnis des von der Internationalen Medienhilfe (IMH) veranstalteten Wettbewerbs «Auslandsdeutsche des Jahres» steht fest. Gewonnen hat die Zeitungsmacherin und Theaterautorin Elise Wilk aus der rumänischen Region Siebenbürgen, die rund 40 Prozent aller Stimmen bekam. Unter den drei

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Finalistinnen befanden sich zudem die Gründerin und langjährige Chefredakteurin der RivieraZeit, Petra Hall, sowie die Chefredakteurin und Verlegerin der deutschsprachigen Inselzeitung «Ibiza-Kurier» (RZ berichtete). Ausschlaggebend bei diesem internationalen deutschsprachigen Wettbewerb war das Engagement der Teilnehmerinnen für die eigene Kultur und für die Medien in der eigenen Muttersprache.

UNSERE WEbSITE RIvIERA-PRESS.FR Wir veröffentlichen täglich aktuelle News aus dem Süden auf unserer Website. Hier einige der meistgelesenen Artikel in diesem Sommer:

Gefährliches Pflanzenbakterium in Antibes und Menton nachgewiesen

Triathlon-WM in Nizza

Rauchfrei andocken: 30 Millionen Euro für saubere Häfen

RZ unterwegs

Erster Sieg für Monegassen: Leclerc gewinnt Formel-1-Rennen

Frühe Hitzewelle gefährdet Olivenernte in den Alpes-Maritimes

 AlS DAS AUTOMObIl noch weit entfernt davon war, Massentransportmittel zu werden, rollte das Gefährt im linken Bild gelegentlich über die Straßen Europas: Dieser Original-Mercedes-Simplex aus dem Jahr 1902 gehörte damals einem preußischen Adligen. Heute ist er wieder im Besitz der Autofirma mit Stern und rollt, werbewirksam und blank poliert wie einst, bis zu 100 km/h schnell. RZ-Chefredakteurin Aila Stöckmann nahm am Rande eines Design-Workshops in Sophia-Antipols (siehe Seite 7) ehrfürchtig Platz auf dem motorisierten

Kutschbock. Tatsächlich steuern durfte sie den modernen Nachbau eines hundert Jahre alten Rennwagens (Bild rechts): Der deutsche Tüftler und Erfinder Charly Bosch hat den Elektro-Flitzer dem mallorquinischen Loryc nachempfunden, der Anfang des 20. Jahrhunderts auf der Insel gebaut wurde. Beim Ladestopp wiederum in Sophia-Antipolis kam es zur Begegnung (Seite 12). Wer mehr Angst hatte – der gebürtige Schwabe um seinen Rennwagen oder die Journalistin vor dem Verzehr von Fliegen bei der Fahrt – ist nicht überliefert.

FOlGEN SIE UNS AUCH AUF FACEbOOk: WWW.FACEbOOk.COM /RCZEITUNG/

ZUHAUSE GESUCHT

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Herausgeber SEBASTIEN FRAISSE s.fraisse@riviera-press.fr Geschäftsführende Direktorin BICH LECOURT b.lecourt@riviera-press.fr Chefredakteurin AILA STÖCKMANN a.stoeckmann@riviera-press.fr Chefreporter ROLF LIFFERS Mitarbeiter Susanne Altweger-Minet, Peter Bausch, Annika Bremicker, Christine Helfritz, Annika Joeres, Dr. Jörg Langer, Gudrun Mangold, Julian Mench, Sören Müller-Hansen, Nicole Ruskell, Hannelore Salinger, Ira Söhnge, Gerhard Standop, Raimund Theobald, Alfred Thum Art Director VINCENT ARTUS vincent.artus@wanadoo.fr Marketing FRANÇOISE MULLER Anzeigen & PR Tel: +33 (0)4 97 00 11 29 f.muller@riviera-press.fr PATRICE SAINT-LEGER Anzeigen & PR Tel: +33 (0)4 97 00 11 22 p.saintleger@riviera-press.fr DOMINIQUE FREULON Vertrieb, PR & Events-Manager Tel: +33 (0)4 97 00 11 22 d.freulon@riviera-press.fr Sekretariat CAROLE HEBERT contact@riviera-press.fr

riviera

Zauberwort «Anna Seghers» m wen geht es? Das hatten wir unsere Leser in der Ausgabe Nr. 314 am Rande eines Berichts über den unvergleichlichen ReiseVERführer «Durch den Süden Frankreichs» von Manfred Hammes gefragt. Die Rede war natürlich von Anna Seghers, der Verfasserin unter anderem des in Marseille angesiedelten Romans «Transit». Da uns zahlreiche richtige Lösungen erreichten, musste das Los über die Sieger unseres kleinen Gewinnspiels entscheiden. Je ein Exemplar des kiloschweren Werkes mit unendlich viel Schmökerstoff für lange Herbstabende geht an:

Gründerin PETRA HALL p.hall@riviera-press.fr

Unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos werden nicht zurückgeschickt. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Verlag ist nicht für die inhaltliche Richtigkeit der Anzeigen verantwortlich. © 2015-2019 – by Riviera Press s.a.r.l.

Glückliche Gewinner

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Manfred Wenzel, Nizza Dr. Julia Wilkening, Hermannsburg Sylvia Würth, Ettlingen Irmi Albers, Bremen Susanna Riethbaum, Kelkheim herzlichen Glückwunsch!

Lilli-Fee ist eine bezaubernde Mischung aus Fox- und ParsonTerrier, acht Jahre alt. Sie ist zutraulich, freundlich, wachsam und eine ganz besonders Hübsche. Sie zieht nicht an der Leine, fährt gerne Auto, macht nichts kaputt und kommt mit anderen Hunden gut aus. LilliFee wurde ärztlich untersucht, ist gesund und würde sich nun gerne noch für lange Zeit über ein glückliches neues Leben freuen. Wer hilft ihr dabei? tel. + 33 (0)6 43 06 19 60, +49 (0)172-45 55 033 www.joshi2.de

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