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COAST PORTRAITS Reasearch and Strategies in Territorial Architecture
Universitätsprofessur für Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Prof. Jörg Schröder Institut für Entwerfen und Städtebau Leibniz Universität Hannover Herausgegeben von Jörg Schröder und Emanuele Sommavaria
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1. Introduction
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2. Patterns
014 016 021 026 031 034 039 044
2.1 Productive shore 1: Fishing 2.2 Productive shore 2: Salines 2.3 City shore 1: Beaches and promenades 3.4 City shore 2: Harbours 3.5 Rural shore 1: Manors and villas 2.6 Rural shore 2: Polder and new lands, glasshouses 2.7 Infrastructural shore 1: Fortifications, lighthouses 2.8 Infrastructural shore/ Off-shore 2: Energy
Inhalt
In halt
3 049 050 053 056 058 060 064 067 068 071 072 089 105 121 133 151 179 071
3. References 3.1 Waterfront Di Palermo 3.2 Puglia, Lecce 3.3 Metropole Randstad 3.4 Biennale Rotterdam 3.5 Colonie di Mare 3.6 PICITY 3.7 Costa Iberica 3.8 Barcelona 4. Portraits 4.1 Krim: Jalta - Aluschta 4.2 Carmaque 4.3 Rhein Maas Delta 4.4 Alabasterküste und Le Havre 4.5 Tunisia 4.6 Dänemark 4.7 Andalucia 5. Bibliographic references
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The theme of Dynamics of Periphery as creative spatial, structural, and strategic exploration of European margins, inner and outer peripheries, in the seminar Coast Portraits focuses on coastlines. They constitute an overlaying and hybrid of cultural shaping and natural forces, of resources and knowledge, in between water and land. As extended field, the coastlines comprehend in up to 50 km distance to the sea 50% of Europe‘s people. With a more precise glance, though, the coastlines are not only places of extreme density in activities, meanings, and architecture, but also terrains vagues, places of extreme remoteness, inner peripheries, diffuse cities, resorts, built infrastructures. They are targeted by amenity seeker, migrants, land pioneers, they comprehend high local social and cultural capital, and are spaces of complex traditions, new communities, and economic innovation. The interaction between land and sea, between habitat and nature, in the seminar is addressed by architectural and urbanistic interpretation and strategies, as bases and drivers of spatial shaping and development. For this, the seminar is organised in three steps: 1. patterns as sampling of theoretic-conceptual frameworks; 2. projects as reference matrix for urbanarchitectural strategies, between the scales building - place - territory; 3. portraits as synoptic reading and comparative description of selected coast areas, built on pattern analysis and scenario exploration. (JS)
Introduction
1. Introduction
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100 km Abb. 01 Nachtkarte von Europa und Verortung der Portraitausschnitte
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100 km Abb. 02 Übersichtskarte der Portraitausschnitte in Europa und im Mittelmeerraum
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Portraitübersicht
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Portraitübersicht
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2 km Abb. 03 Mappings zur Siedlungsstruktur der Portraitausschnitte: 1 Krim: Jalta - Aluschta 2 Carmaque 3 Rhein Maas Delta 4 Alabasterküste und Le Havre 5 Tunisia 6 Dänemark 7 Andalucia
Portraitübersicht
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1. Productive shore 1: Fishing harbours, docks, boats, market halls 2. Productive shore 2: Salines aquacultures, water cleaning
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3. City shore 1: Beaches and promenades Cannes/Nice beach, Venice beach, Rio beaches (Burle Marx) 4. City shore 2: Harbours Sizes, forms, transformations of waterfronts, relation to cities. 5. Rural shore 1: Manors and villas Mecklenburg, Liguria, Istria, Amalfi, Capri, Provence 6. Rural shore 2: Polder and new lands, glasshouses Netherlands, Lazio, Veneto, Andalusia, Isreal, Egypt, Japan 7. Infrastructural shore 1: Fortifications, lighthouses Puglia towers, Danubium channel, Gibraltar, La Rochelle, Siracusa, Helsinki-Suomenlinna, Copenhagen 8. Infrastructural shore/ Off-shore 2: Energy wind turbines, oil platforms, sea dams
Patterns
2. Patterns
With the term pattern is described a discernible coherent system based on the interrelationship of elements and parts. According to Christopher Alexander‘s theory (1979), an urban and territorial ‚pattern language‘ represent the way how different functions and elements of the settlement form are distributed and mixed together spatially. In this first part, the study will focus on the conceptual sampling of the elementary spaces on the coastline, with particular attention to the different scales (architecture-open spaces-urban contexts), typologies and development patterns. For this reason, the pattern research methodology can be synthesized in the following presentation steps: A. Intro: atmosphere B. Structure, shape, functional flows C. Range of variations D. Detail (zoom-in) E. Position logic (zoom-out) F. Transformations, history G. Meaning, cultural links H. Perspective, chances, callenges
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2.1 Productive Shore 1: Fishing Flora Hagedorn, Matti Hänsch, Lorenz Mohrhoff
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Bei der Auseinandersetzung mit der Wichtigkeit des Fischereibetriebes für die Gestaltung und das Wachstum bestimmter Küstenlinien wird deutlich, inwieweit die Geschichte und die Bedeutung des Fischens zurückreichen. Diente es vorherigen Generationen primär zur Selbstversorgung und dem lokalen Verkauf, so entstand im Lauf der Zeit eine Industrie, die mittlerweile primär überregionalen Einfluss hat und deren Produkte vermehrt allen an jedem Ort zugänglich gemacht werden, so dass sich aus der Selbstversorgung eine kommerzielle Verbreitung entwickelt hat. Diese Entwicklung führt unweigerlich dazu, dass sich die Hafenstädte und Fischereistandorte den neuen Gegebenheiten sowohl strukturell als auch ideell angepasst haben Unterstützt durch die fortlaufenden technsichen Errungenschaften und steigenden Möglichkeiten, veränderte sich auch die Menge des zu fangenden Fisches, so dass die Regionalität des Verkaufs sank. Einhergehend mit der zunehmenden Entwicklung der Möglichkeiten zum Fischfang, wuchs auch der Bedarf an weiteren Flächen in Hafennähe, um mit diesen neuen Mengen umgehen zu können. Infolgedessen entstanden auch größere Lagerungs- und Produktionsbetriebe, die sich Teile des Hafenareals aneigneten oder neue Hafenbecken entstehen ließen, um weitere Anlegemöglichkeiten für die stets wachsenden Fischerboote und -kutter zu schaffen.
Abb. 04 Größenverhältnis und Entwicklung der Fischereitechniken
Auch heuzutage befindet sich die Fischerei weiterhin im ständigen Wandel. Aufgrund der fortlaufenden technischen Schritte befindet sich der Mensch in der Lage, Fische in nunmehr extra dafür vorgesehenen Farmen zu züchten und sie dort direkt zu fangen. Des Weiteren erlauben immer größer werdende Schiffe und eine bessere technische Ausrüstung, Fischbestände noch gezielter und effizienter zu fangen.
PRoductive Shore 1 17
Abb. 05 Fischfabrik (source: creative commons)
Abb. 06 Fischfarm (source: creative commons)
All diese Umstände sind einer erhöhten und weiter zunehmenden Nachfrage geschuldet, die sich als Folge der allgemeinen Verfügbarkeit entwickelt hat. Hierbei spielen neben dem Welthandel und der sich steigernden Globalisierung vor allem der Anspruch an mehr Profit und eine größere Effizienz die prägensten Rollen. Besonders durch die damit einhergehende Überfischung der Meere und die bisher nicht komplett absehbaren Folgen auf die Ökosysteme, gefährdet der Mensch große Teile des Planeten. Durch die Verwendung massenorientierter Fangmethoden und wegen des Abfischens ganzer Bereiche der Ozeane werden die Existenzen kleinerer Fischer stark bedroht, die sich der Konkurrenz um die großen Fangschiffe nicht stellen können, so dass ganze Küstenbereiche für Kleinfischer unattraktiv werden und sie sich ihrer Lebensgrundlage beraubt sehen.
Aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre lässt sich aber auch beobachten, wie die Fischerei sich ein wenig von ihrer alten Struktur löst und der Mensch dank neuer Möglichkeiten Fische züchten und halten kann, wie es ihm beliebt. Die Fischerei wird somit zu einer Spalte, die sich auf bestimmte Flächen konzentriert und im Vergleich zu früheren Zeiten sich stärker von lokalen Faktoren ablöst. Allen voran wegen den modernen Möglichkeiten des Transportes und der Lagerung wandeln sich auch weitere an den Fischfang angekoppelte Bereiche, wie beispielsweise Markthallen. Waren diese primär dem Umschlag von Waren zugehörig, ergeben sich für moderne Hallen vermehrt Mischnutzungen und ein Angebot, das weit über den einfachen Verkauf von Fisch oder Fischprodukten hinausgeht.
2.2 Productive Shore 2: Salinen Felix Rutenbeck, Hojun Noh, Pierre Martin
shape | structure | functional flows
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Abb. 07 Überlagerung von Land- und Wasserraum
atmosphere Eine der ältesten Methoden zur Salzgewinnung ist das Austrocknen salzigen Meerwassers in sogenannten Salinen. Diese großflächigen von Menschen angelegten Salzwasserbecken befinden sich meist in Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung, da dies zum Herauslösen des Salzes notwendig ist. Heute sind viele der noch existierenden Salinen im Mittelmeerraum zu finden, aber auch in Südamerika und den USA sind einige, meist große industriell genutzte Anlagen zu finden. Dabei sind die meisten Salinen in den Landschaftsraum eingebettet und nicht selten von unbebauter Naturlandschaft umgeben. Anhand des Beispiels von Guérande wird nun die kontextuelle Verortung und schematische Funktion genauer erklärt. Später folgt daraus ein Vergleich mit zwei weiteren Beispielen.
In dem Beispiel Guérandes ist gut zu erkennen, dass die Saline sich von der wirklichen Küstenlinie aus in das Land hinein schneidet und so quasi den Wasserraum erweitert. Diese Form der Ausbreitung ist auch bei anderen Salinen zu finden. Die Saline selbst bildet ein großes Netzwerk aus kleinen Becken, in denen das Wasser in den Sommermonaten bei flachem Wasserstand stehen und so langsam austrocknen kann. Nach erfolgreicher Ablagerung des Fleurs de Sel können die Salzbauern nun das oben schwimmende Salz abschöpfen und da die Ränder der Becken befördern. Im Funktionsschnitt ist ablesbar, wie die Becken mit niedrigem Wasserstand von Kanälen zur Be- und Entwässerung umgeben sind. Interessant zu sehen ist auch, dass die Ränder der Salinenanlage entweder an Vegetationsräume grenzen, die eine Art Zwischenzone zu umgebenden Bebauungsstrukturen bilden oder durch große Naturlandschaften, wie beispielsweise ein Kiefernwald, vom Meer abgetrennt und somit geschützt werden. In der Übersicht ist zu erkennen, wie die Saline sich in dem Raum zwischen den Ausläufen von Guérande und auf der Südseite recht nah an den touristischen Orten Batz-sur-Mer mit Freizeithafen und Strand befindet. In der Saline selbst gibt es außerdem ein Museum über die Geschichte der Salzbauertradition, da die Saline an einigen Monaten im Jahr immer noch traditionell betrieben wird.
PRoductive Shore 2 Abb. 08 Funktionsschnitte von Salinen in Guérande, Frankreich
Abb. 09 Diagramm der Saline in Aigues Mortes, Frankreich
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range of variations Im Folgenden schauten wir weitere Beispiele an, die in ihren Ausführungen repräsentativ für unterschiedliche Formen der Salinen stehen. Dabei ist zuerst einmal zu unterscheiden, ob die Salinen noch in Benutzung sind oder nur teilweise bis gar nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden. Weitere Faktoren zur Abgrenzung verschiedener Salinentypen sind die Arten der Bewirtschaftung, ob traditionell durch Bauern oder industriell mit großen Maschinen. Davon ausgehend grenzen sie sich ab durch ihre Größe, Positionierung im Stadtgefüge, Qualitäten der Ränder und Relevanz für den Tourismus.
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Die Saline in Aigues Mortes ist eine große heute industriell genutzte Anlage 2, die im Süden kaum von Bebauungsstruktur umgeben ist sondern durch Dünen und Wälder zwischen Mittelmeer und den natürlichen Lagunen abgetrennt ist.
Abb. 10 Diagramm der Saline in Secovlije, Kroatien
Der vorgelagerte Ort Port Camargue ist ein beliebtes touristisches Ziel am Mittelmeer, von dem ausgehend auch Touren durch die Saline unternommen werden können. Die dritte Saline in Secovlje, Kroatien ist eine deutlich kleine Saline. Sie steht mit ihrem Schicksal für die vielen nicht mehr aktiv betrieben Salinen, deren Flächen teilweise schon wieder durch das Meer oder die Wiesen zurück erobert wurden. Ehemalige zum Meer hin abgrenzende Dämme sind nicht mehr vorhanden und so sind einige übrige Salinenbecken nur durch die Lage in der Bucht geschützt. An ein paar Monaten im Jahr werden diese allerdings noch traditionell betrieben und auch ein kleines Museum ist Zeugnis vergangener Zeiten. Auch hier ist wieder die Nähe zu nächsten Dorf Lucia interessant, welches einst von der Salzgewinnung profitierte.
perspective | chances & challenges
Wie wir an den Beispielen gesehen haben, werden Salinen heute unterschiedlich stark genutzt. Dies hängt unter anderem mit der Veränderung in der Nachfrage nach Salz zusammen, die in den letzten Jahrhunderten stark anstieg, um die Konservierung von Lebensmitteln zu gewährleisten. Durch die steigende Zahlen in der Salzgewinnung durch Bergwerke und den Rückgang von Konservierungszwecken, gilt die Salzherstellung im Laufe des 20. Jahrhunderts als überholt, weshalb viele Salinen schlossen. Erst in den letzten Jahren kommt es durch Subventionierung zur erneuten Nutzung einiger alter Salinenanlagen durch Kleinbauern.
Eine Herausforderung für den Umgang mit Salinen besteht in der Frage, ob und inwieweit das kulturelle Erbe der Kleinbauern erhalten werden soll und wie dies mit großindustriellen Anlagen in Konkurrenz zu setzen ist. Die teilweise traditionelle Nutzung wieder anzusiedeln ist ein Umgang mit Salinen, der vielerorts, wie auch in Guérande, bereits funktioniert. Auf der anderen Seite könnte ein Ansatz für brachliegende Salinen sein, sie durch natürliche Renaturierung dem von Menschen unbearbeiteten Zustand zurückzuführen, um beispielsweise Brutplätze für Vögel zu schaffen. Ein andere Möglichkeit bestehe in der Umnutzung für kulturelle, sportliche oder wissenschaftliche Einrichtungen. Auch für größere Projekte wie z.B. in Si-hueng, Südkorea können Salinen eine Rolle spielen. Dort wurde ein großes Areal trocken gelegt um Flächen für Wohnbebauung zu schaffen.
Abb. 11 Diagramm zur Geschichte und Transformation
PRoductive Shore 2
history | transformation
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Abb. 12 Diagramm zu Gemeinsamkeiten von Salinen
similarities | meaning | cultural links Beim Vergleich unterschiedlicher Salinen ergeben sich einige Gemeinsamkeiten. Alle drei Salinen tragen positiv auf die touristische Anziehung vor Ort und somit auch zur überregionalen Auswirkung bei. Damit einher geht, dass in jede dieser Salinen eine kulturelle Einrichtung, z.b. ein Museum oder ein Besucherzentrum zu finden ist. Schematisch haben die Salinen gemeinsam, dass sie durch natürliche Faktoren, wie Wälder, Dünen, Landzungen oder Buchten vor der Brandung des Meeres geschützt sind.
2.3 City Shore 1: Beaches and Promanades
Anhand von Cannes, Nizza, Rio de Janeiro und Venice Beach (Los Angeles) wird im Folgenden das Pattern „City shore“ analysiert und beschrieben. Die abgebildeten Aufnahmen aus der Vogelperspektive sollen einen ersten atmospherischen Eindruck der vier ausgewählten Strände bieten. Obwohl es sich bei jedem der Beispiele um Stadtküsten, die durch Strände und ausladene Promenaden die Kante zwischen Land und Wasser ausbilden, handelt, zeigen die Bilder, dass eine große Vielfalt innerhalb des Patterns herrschen kann. Welche Faktoren für die Vielfalt an Atmospheren und Raumeindrücken verantwortlich sind, wird Hauptaugenmerk des folgenden Kapitels sein. Die ausgewählten Strände sollen einen Horizont zum Thema city shore aufspannen und dienen nicht dazu eine lückenlose Aufgliederung der vielzähligen Möglichkeiten aufzuzeigen.
CITY Shore 1
Juliane A. Doniek, Sofia Hanina, Patrick Rahe
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Abb. 13 Strandformen von Los Angeles, Cannes, Nizza und Rio de Janeiro (v.o.), auf Grdl. von Google Earth
Structure, shape, functional flows Die systematische Annäherung an die vier Beispiele beginnt damit, dass die Struktur als auch die Form der Stadtküsten unter die Lupe genommen wird. Es werden Unterschiede in der tatsächlichen Form der Küstenlinie deutlich. Cannes und Nizza scheinen sich durch die gebogene Form der Küste als auch die Linearität, die über lange Abschnitte eine konstante Breite aufweist auf den ersten Blick zu ähneln. An die jeweiligen Enden des Bogens schließen dann andersartige aber dennoch städische Patterns wie Jachthäfen oder im Fall von Nizza ein Flughafen an. Die Küstenkante Los Angeles ist ebensfalls gebogen auch wenn weniger deutlich. Zu den zwei
voherigen Bespielen sind die signifikaten Unterschiede, dass die Küstenlinie durch einen Park durchbrochen ist und dass die Strände und Promenaden im Norden und Süden landschaftlich begrenzt werden. Im Süden erfolgt die Begrenzung durch die Halbinsel Palos Verdes, während die Strände im Norden in die Landschaft auslaufen. In Rio de Janeiro reihen sich die Strände und Promenaden um das ins Meer gestülpte Land. Dabei durchmischen sich große mit kleinen Abschnitten und bilden eine heterogene Perlenkette an Wasserlagen. Für sich weißt jeder Abschnitt eine leicht konkave Form auf.
Range of variations Für einen besseren Überblick über die Vielfalt an Stadtküstenformen haben wir die „National Geographic Traveler‘s top 10 beach cities“ untersucht. Unter Betrachtung von Küstenabschnitten wie beispielsweise Sydney (Australien), Venedig (Italien), Barcelona (Spanien) oder Tel Aviv (Israel) wurden folglich Kategorien zur Beschreibung der formalen und strukturellen Logiken gebildet. Die untersuchten Beispiele lassen sich in folgende Kategorien untergliedern: INSELSTRAND LÄNGSSTRAND STÜCKCHENSTRAND BUCHTLAGE
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Sydneys als auch die Hunululus beschrieben werden. Aus unseren vier zu untersuchenden Beispielen fällt Rio de Janeiro obwohl es im Gegensatz zu Sydney und Hunululu auch längere Abschnitte aufweist in die Kategorie das Stückchenstrandes. Der Längsstrand beschreibt demgegenüber einen kontinuierlich und überwiegend gerade verlaufenden Strand. In diese Kategorie fallen Tel Aviv und Barcelona. Zwar haben auch diese Küstenlinien Unterbrechungen diese sind jedoch nicht prägend. Als letzte Kategorie kann die Buchtlage genannt werden. Wie der Name schon verrät, liegen diese Stände und Promenaden in einer von starken Strömungen geschützen Bucht.
Der Inselstrand ist eine Küstenlage, die sich entlang einer schmalen Insel legt und sich oftmals dem Festland vorgelagert positioniert. Dazu gehören Miami Beach vor Miami gelegen als auch Lido, die Strandinsel in der Lagune von Vendig. Als Stückchenstrand kann hingegen die Küste
Zu dieser Katergorie zählen Cannes, Nizza, Los Angeles als auch Kapstadt.Einige City shores lassen sich eindeutig einer Kategorie zuordnen. Der überwiegende Teil vereint in sich jedoch Merkmale zwei oder sogar drei Kategorien. Die Zuordnung erfolgte in diesen Fällen indem die markanteste Eigenschaft der Kategorisierung dient.
Abb. 14 Inselstrand in Lido (Venedig), auf Grdl. von Google Earth
Abb. 16 Längsstrand in Barcelona, auf Grdl. von Google Earth
Abb. 15 Stückchenstrand in Sydney, auf Grdl. von Google Earth
Abb. 17 Buchtlage in Kapstadt, auf Grdl. von Google Earth
Bei einer detaillierteren Betrachtung der vier Beispiele wird vor allem deutlich, wie unterschiedlich stadtpolitisch mit öffentlichem Raum an der Küste umgegangen wird. In Cannes und Nizza dominieren die breiten und öffentlichen Promenaden. Der Strand ist hingegen überwiegend privatisiert und den Hotels zugeordnet. In Cannes taucht nur ein frei zugänglicher Strand auf (blau), während in Nizza sich private und öffentliche Strände abwechseln. Die Strände in Rio in diesem Fall Copacabana als auch der Venice Beach in Los Angeles sind hingegen öffentlich zugänglich. Die Gliederung erfolgt in diesen Beispielen nicht durch privatisierte Abschnitte sondern durch Wachposten (Posto) im Fall von Rio und vielfältige strandbegleitende Flächen im Fall von Venice Beach. Ergänzend wird aufgezeigt, wie die Funktionsgruppen Tourismus und Stadt verknüpft sind. So wird in Cannes der Tourismus durch eine viel befahrene Schnellstraße weitestgehend von der eigentlichen Stadt isoliert und gleichzeitig bezüglich der Küstennutzung übervorteilt, während
Nizzas Küste von einer gewissen Heterogenität ausgezeichnet wird. Immer wieder überlagern öffentliche Nutzungen den touristischen „ErsteReihe“-Streifen entlang der Stadt-Promenade. Rio de Janeiro stellt in diesem Punkt einen aussagekräftigen Spiegel des brasilianischen Gemüts dar, das für Offenheit und Gemeinschaftsgefühl bekannt ist. An der Küste von Copacabana exisitieren die städtische Öffentlichkeit und touristische Strukturen schlicht gleichberechtigt nebeneinander. Im Beispiel von Venice Beach taucht der Tourismus an einem Ende konzentriert entlang der Küste auf und nimmt dann liniear ab bis hauptsächlich die Stadt an die Wasserkante trifft. Des Weiteren kristallisieren sich zwei grundsätzliche Typologien bezüglich der Verbindung von Stadt und Wasser heraus. Eine ist schwellenlos wie bei Rio und Venice Beach und eine zeichnet sich durch einen vertikalem Höhenversatz entlang der Promenade aus. Dieser Fall tritt sowohl in Cannes als auch in Nizza auf.
Abb. 18 Struktur Cannes und Nizza
Abb. 20 Functional Flows Cannes und Nizza
Abb. 19 Struktur Rio de Janeiro und Venice Beach
Abb. 21 Functional Flows Rio de Janeiro und Venice Beach
CITY Shore 1
Detail (zoom-in)
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Position logic (zoom out) An dieser Stelle betrachten wir die Lage der Städte und ihre Beziehung zum Ozean. Es wird deutlich, dass Cannes und Nizza von ihrer bloßen Situierung im Mittelmeer profitieren, da so keine Berührungspunkte mit dem offenen Ozean bestehen. Zudem positionieren sich die beiden französischen Städte jeweils um eine Bucht, sodass die eigentliche Stadtküste zusätzlich geschützt und beruhigt ist. Für Rio de Janeiro und Venice Beach gelten diese Voraussetzungen nicht oder nur teilweise: Rio liegt an einer Lagune, wobei sich der hier relevante Küstenabschnitt der Stadt - der Stadtteil Copacabana - nur einer von vielen ist und sich in exponiertester Atlantiklage befindet.
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Abb. 22 Position Logic Venice Beach, auf Grdl. von Google Earth
Andere Stadtteile wie zum Beispiel Centro oder Flamengo liegen bereits innerhalb der Lagune, was ihre Position verhältnismäßig deutlich entschärft. Venice Beach ist einer der sieben Küstenabschnitte der Stadt Los Angeles, die sich allesamt nebeneinanderliegend um eine offene Bucht gruppieren. Diese Bucht hat direkten Antlantik-Anschluss. Abb. 23 Position Logic Rio de Janeiro, auf Grdl. von Google Earth
Abb. 24 Position Logic Cannes und Nizza, auf Grdl. von Google Earth
Perspective, chances & callenges
Über die Jahre haben sich die Küsten von Cannes, Nizza, Rio de Janeiro und Venice Beach stark verändert und wurden mitunter signifikanten Transformation unterzogen. Nizza stellt hier die älteste dieser vier Entwicklungen dar, nach deren Vorbild die Promande von Cannes errichtet wurde. Auf der historische Aufnahme von ca 1900 ist zu sehen, dass zu dieser Zeit der heute recht breite Strand-Streifen noch nicht existiert, während die Befestigung der Promenade bereits erfolgt war. Nizza betreffend zeigt die schwarz-weiße Fotografie den Zustand der Promenade um 1900, als die Stadt seinen Bürgern bereits eine punkvolle Seebrücke bot. Rio de Janeiro (Copacabana) ist indes die jüngste der vier City Shores. Die historische Abbildung zeigt die Situation der Bucht um 1900, etwa 50 Jahre, bevor der Stadtteil Copacabana grob seine heutige Gestalt erreichte und seine stadtkulturelle Blütezeit erlebte. Venice Beach entstand im Zuge der Entertainment-Welle der USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts und wurde 1905 gegründet.6 Die historische Abbildung verweist auf die Zeit der 1920er Jahre, als die Küste vor Los Angeles von Seebrücken und Boardwalks dominiert und dem Entertainment-Tourismus belebt wurde.
Die Auseinandersetzung mit dem Pattern „City Shore“ insbesondere mit den Stränden und Promenaden der Küstenregionen hat sowohl Chancen als auch Herausforderungen deutlich gemacht. Eine an das Meer anschließende Stadtkante mit Stränden und Promenaden ist ein hervorragender Naherholungsort für die Bewohner der Stadt. Gleichzeitig ziehen solche Küstenkanten auch Touristen aus aller Welt an, wodurch eine spannende Durchmischung entstehen kann. Der Stadtstrand ist gewissermaßen ein Paradoxon. Mit einer Stadt wird die rasche Geschwindigkeit, Arbeit und ein hoher Grad an Auslastung assoziert. Mit Stränden verbindet man hingegen Freizeit und Erholung. Genau diese Zusammenkunft an Gegensätzen ist identitätsbildend und kann eine Stadt besonders attraktiv machen. Wie das Beispiel Cannes zeigt, liegen die Schwierigkeiten jedoch in der zunehmenden Privatisierung der Stadtstrände. Diese verhindert die zuvor beschriebene Durchmischung und schafft eine Unausgewogenheit. Darüber hinaus lässt sie das hohe Preisniveau für Wohnraum noch weiter steigen. Ist der Strand jedoch nicht privatisiert, können die Punkte der Instandhaltung und Kriminalität zu Problemen führen. Das Thema City Shore ist ein zweischneidiges Schwert. Die Perspektive sollte sein rechtliche als auch räumliche Rahmen zu entwerfen, die die Potentiale stärken und die negativen Aspekte reduzieren.
Meaning & cultural links Bei einem inhaltlichen Vergleich der vier Strände fällt auf, dass diese sich nicht nur räumlich unterscheiden sondern auch unterschiedliche Bedeutungen haben. Während Venice Beach schon seit jeher den Schwerpunkt Sport setzt (Muscle beach), geht es in Nizza um historische Layer. Cannes legt hingegen einen kulturellen Schwerpunkt, während die Strände von Rio die Leichtigkeit und Lebensfreude der Bevölkerung widerspiegeln.
CITY Shore 1
Transformation & history
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2.4 City Shore 2: Habours
Wellenbrecher/ Kaimauer
Rica Arnold, Laura Bornickel, Helene Esau
Containerhafen ausg
elage
rt
revitalisierter Hafenteil
Hafenstadt
Historischer Hafen
Abb. 25 Typologie Hafen
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Das Thema des Hafens und alle damit zusammenhängenden Aspekte der Entwicklung einer Hafenstadt spielen schon seit Jahrhunderten eine enorme Rolle. Um sich diesem weit aufgefächerten Thema anzunähern, wird im Folgenden der Hafen generell beschrieben und analysiert. Anhand von drei Beispielen werden die gewonnen Ergebnisse näher erläutert. Die Hafenstädte Rotterdam, Marseille und Algeciras, wurden dafür aufgrund ihrer unterschiedlichen Lage, Funktionalität und Entwicklung ausgewählt. Mithilfe der Ergebnisse der vorangestellten Analyse wird eine Perspektive für die drei Häfen entwickelt, die letztendlich auch sinngemäß auf andere Häfen übertragen werden kann.
Beschreibung und Analyse Hafengebiete zeichnet oft eine eigene Atmosphäre aus, welche stark variieren kann. Die Beispiele reichen von reinen Industriearealen wie sie in Rotterdam zu finden sind bis zu hin zu touristisch geprägten Gebieten, die ebenso der Erholung dienen können, wofür Marseille ein Fallbeispiel darstellt. Durch diese unterschiedlichen Erscheinungsbilder wird es schwer, einen Hafen grundsätzlich zu pauschalisieren, allerdings finden sich in den meisten Hafenstädten und Regionen ähnliche Muster wieder. Die Formen von Häfen sind vielfältig und hängen von den geographischen Gegebenheiten, dem Ausbau des Hafens und der Nutzung ab. Außerdem werden die Hafentypen allgemein in Binnenhäfen, die nicht direkt am Meer, sondern an einem Fluss liegen, und Seehäfen, die an das offene Meer grenzen, unterschieden.
Der alte Hafen mit seinen entstandenen Brachflächen wird im nächsten Schritt revitalisiert und mit neuen Funktionen versehen. Dies kann auch die Umnutzung als Marina oder Kreuzfahrthafen bedeuten. Der moderne, ausgelagerte und meist für die Containerschiffahrt genutzte Hafen lässt auch die Infrastruktur an seiner neuen Lage wachsen, sodass sich neue funktionsabhängige Verdichtungspunkte in der Frequentierung um die sich immer weiter voneinander entfernenden Zentren Hafen und Stadt bilden.
CITY Shore 2
Der historische Hafen ist dicht am Altstadtkernen gelegen, was sich mit Fortschreiten der geschichtlichen Ereignisse immer mehr zum Problem herauskristallisierte. Durch die teilweise enormen Entwicklungen entstand vielerorts eine Platzknappheit, wodurch sich Häfen entweder an den Küsten entlang oder weiter Richtung Meer ausdehnten. Letzteres Beispiel entstpricht der Expansion eines Binnenhafens, der ursprünglich weit im Landesinneren liegt.
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Abb. 26 Hafenarten
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Abb. 27 Nutzungsaufteilung der Häfen von Rotterdam, Marseille und Algeciras, auf Grdl. von Google Earth
Abb. 28 Geschichtliche Entwicklung der Häfen von Rotterdam, Marseille und Algeciras, auf Grdl. von Google Earth
CITY Shore 2 Abb. 29 Zoom-In (Detail) Kaimauern und Wellenbrecher
31 Die beschriebene Entwicklung kann man auch am Rotterdamer Hafen nachvollziehen, der mittlerweile bezüglich Fläche und Warenumschlag der größte Hafen in Europa ist und dadurch einen sehr starken Ausbau aufweist. Er weitete sich in den letzten Jahren westlich vom Rotterdamer Stadtzentrum über den Kop van Zuid bis ans offene Meer so weit aus, dass bis 2030 ein neuer Hafenteil im Meer aufgeschüttet sein wird. Der Hafenumschlag Rotterdams ist mit 444 Mio. Tonnen vierfach so hoch wie jener der im Vergleich stehenden Häfen Marseille (78 Mio. Tonnen) und Algeciras (95 Mio. Tonnen). In Marseille lässt sich eine ähnliches Phänomen feststellen. Hier entwickelte sich der Industriehafen nördwestlich der Küste, sodass der ursprüngliche Hafen nun Tourismusattraktion ist und als Marina genutzt wird. Selbst die älteren Industrieareale des Hafens werden seit einigen Jahren saniert und weichen öffentlichen Plätzen und dem Ausbau umfunktionierter Gebäude. Die Entwicklung in Algeciras passierte in einem etwas kleineren Maßstab.
In diesem Fall liegen alle Hafenfunktionen weiterhin in kleiner Entfernung beieinander, sodass es nur eine geringe Abgrenzung vom alten zum neuen Hafen gibt. Dies erklärt unter anderem die vergleichsweise sehr geringe Touristenanzahl in dieser Stadt. Um die Schiffe vor dem offenen Meer zu schützen wird mit Wellenbrechern gearbeitet, die architektonisch verschieden ausgebildet sein können. In Rotterdam gibt es künstlich angelegte Steinmauern, welche dem Hafen weit vorgelagert sind und noch vor dem aufgeschütteten Land im Meer liegen. In Marseille dienen diese verbunden mit einer Kaimauer infrastrukturell als Hafeneinfahrt oder auch als Straße. Eine weitere Nutzung kann, wie in Algeciras, im temporäreren Anlegen von Schiffen bestehen, wo die Kaimauer als erste Annäherung zum Hafen fungiert. Insgesamt ist zu erkennen, dass Häfen allgemein oft gleichen Mustern folgen, sich aber durch ihre spezielle Lage, Größe und Funktion unweigerlich voneinander unterscheiden, sodass sie meist optimal und spezifisch an ihre Anforderungen angepasst sind.
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Abb. 30 Acht Chancen der Häfen
Perspektive Neben der baulichen Entwicklung von Häfen, spielt auch der sich wandelnde kulturelle Verlauf eine wichtige Rolle. Im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts waren Häfen vor allem ein Ort des Austausches und des Aufbruchs, weswegen sie oft als das „Tor zur Welt“ beschrieben wurden. Ein Beispiel ist hierfür das Kop van Zuid in Rotterdam, von dem Menschen aus ganz Europa aufbrachen, um in die USA zu immigrieren. Auch der Handelsplatz war von großer Bedeutung, da er früher ein mit der Stadt fest verbundener Teil des Hafens war und das geschäftige Bild dieser prägte.Da viele Häfen heute teilweise anders genutzt werden und nicht mehr nur dem Güteraustausch dienen, werden sie mehr und mehr zu öffentlichen Bereichen. Die zentral und am Wasser gelegenen Areale gewinnen durch die Neubelebung schnell an Beliebtheit. Die Ansiedlung anderer, neuer Funktionen nimmt dabei den Aspekt des lebendigen Hafens wieder auf.
Dieses Szenario scheint in Rotterdam partiell bereits umgesetzt, sodass am Kop van Zuid viele gemeinschaftliche Flächen entstanden sind, die von Touristen und Städtern gleichermaßen genutzt werden. Auch in Marseille wird diese Entwicklung in den nächsten Jahren das Bild der Stadt weiter verändern und so auch das Empfinden des Hafens. Die aus der Analyse entstandenen Perspektiven der einzelnen Häfen variieren, wie auch schon ihre vorangegangene Entwicklung, durch Faktoren wie Größe, Lage und Funktion. Abschließend lässt sich festhalten, dass das Potenzial von Häfen wächst und sie in Zukunft nicht an Bedeutung verlieren werden, sondern durch Überlagerung vieler Funktionen eine weitere, immer noch bedeutende, aber eventuell neue Rolle im Stadtbild und der Stadtentwicklung einnehmen werden.
2.5 Rural Shore 1: Manors and Villas Flora Hagedorn, Matti Hänsch, Lorenz Mohrhoff
Abb. 32 Herrenhaus / Landgut
Von Villen und Landgütern Der Begriff Villa kommt aus dem Lateinischen und bezeichnete ein Landhaus beziehungsweise ein Landgut. In der Renaissance gewann die Villa an repräsentativem Charakter: Sie war der Landsitz der herrschenden Schichten. Im 19. Jahrhundert weitete sich die Bezeichnung auf Solitärbauten des Großbürgertums aus. Diese Häuser standen oft am Stadtrand oder in Villenvierteln. Heute bezeichnet man auch große Einfamilienhäuser als Villen. Diese Begriffsverschiebung konzediert eine Art epochale Transformation.
Rural Shore 1
Abb. 31 Schloss / Anwesen
33 Abb. 33 Historische Villa
Abb. 34 Moderne Villa
Die moderne Villa: Malibu Beach
Die historische Villa: Cannes
Malibu ist eine Stadt an der Küste des Pazifiks bei Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien. Sie ist vor allem bekannt für ihre Sandstrände und als Heimat von Filmstars. Am Pacific Coast Highway, der die Stadt durchquert, reihen sich direkt am Strand die Villen so dicht, dass die Zugänge zum Strand gesucht werden müssen und der Strand gewissermaßen privatisiert wird. In diesem Exempel wird der Naturraum Meer zu einem Luxusund Erholungsgut für die VillenbewohnerInnen erhoben.
Cannes liegt an der Côte d’Azur, der französischen Riviera, die Ausläufer der Seealpen und das Esterel-Gebirge schaffen Steilküste in Abwechslung mit Sandstränden. Vom Mittelalter bis ins frühe 19. Jahrhundert war Cannes ein Fischerdorf. In den 1830er Jahren kamen hauptsächlich französische Adelige und Aristokraten in die Region und bauten Villen als Ferienresidenzen. Die Villenviertel entwickelten sich um die Altstadt herum und entlang der Küste.
Abb. 35 Schlösser/ Anwesen und Herrenhäuser/ Landgüter in Mecklenburg-Vorpommern
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Abb. 36 Schlösser/ Anwesen und Herrenhäuser/ Landgüter in der Provence
Schlösser/ Anwesen Herrenhäuser/ Landgüter
Die Provence ist eine Landschaft im Südosten Frankreichs, sie erstreckt sich nördlich von der Rhone über die provenzalischen Voralpen bis zum Mittelmeer. Der südliche am Meer gelegene Teil weist eine höhere Bevölkerungdichte auf, ins Hinterland zersiedeln sich die Strukturen. Hier stoßen wir auf Landgüter, die vom warmen MittelmeerKlima profitieren und insbesondere Weinanbau betreiben - das typische Weingut. Dabei bildet das Herrenhaus, dessen Stil je nach Bauzeit und Reichtum variiert, den Mittelpunkt eines Gutes, eines landwirtschaftlichen Betriebes, komplettiert von Ställen, Scheunen, Unterkünften für Bedienstete und Ländereien.
Schlösser und Anwesen: MecklenburgVorpommern Mecklenburg-Vorpommern ist ein Bundesland im Nordosten Deutschlands im Zentrum des südlichen Ostseeraumes, das neben einigen größeren Zentren und den Einwirkungen der Metropolregionen sehr ländlich ist und das „[...] vor allem durch historisch gewachsene Gutsdörfer und ihre umgebenden Kulturlandschaften“3 geprägt ist. Das Herrenhaus und das Schloss unterscheiden sich funktional: Ein Schloss dient lediglich repräsentativen Zwecken und gehört nicht zu einem Gutsbetrieb, konnte diese aber verwalten. Der Gutsbetrieb war allen voran ein landwirtschaftlicher Betrieb.
Rural Shore 1
Herrenhäuser und Landgüter: Provence
Resümee und Perspektiven 35
Abb. 37 Villenstreifen in Mailbu, auf Grdl. von Google Earth
Abb. 38 Villenstreifen in Cannes, auf Grdl. von Google Earth
Abb. 39 Anwesen (Spyker) in Mecklenburg-Vorpommern, auf Grdl. von Google Earth
So lassen sich Villen, Herrenhäuser und Schlösser in Maßstab und Dimension voneinander differenzieren: Nach Größe, Lage und nach Funktionen. Als Solitäre, ohne dazugehöriges Ensemble, stehen die Villen. Sie befinden sich meistens in und am Rande von Städten. Die Stadtentwicklung in unseren Beispielen wurde durch den Villenbau in besonderem Maße geprägt. Herrenhäuser und Schlösser befinden sich meistens in einem Verbund mit weiteren Bauten, abseits der Stadt. Da die historische Funktion der Herrenhäuser als Zentrum einer Gutsherrschaft nicht mehr vorhanden ist, und auch die Schlösser ohne ihre Adelsfamilien leerstehen, sind neue Konzepte für die Nutzung notwendig, um die Bauten vor dem Verfall zu schützen. Auch historische Villen werden zum Teil für öffentliche Nutzungen freigegeben. Hier können touristische Konzepte, gewerbliche oder öffentliche Nutzungen, medizinisch-wissenschaftliche Nutzungen, die vom milden Kilma am Meer profitieren, oder ein weiterhin landwirtschaftliches Konzept zum Erhalt der historischen Bauten beitragen.
2.6 Rural Shore 2: Polders Rene Klinner, Manja Jacobsen, Janine Pommerenke
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Polder sind eingedeichte Gebiete, die teilweise oder dauerhaft unter der Wasserhöhe der angrenzenden Flüsse oder Meere liegen. Vor allem an der Nordseeküste, den Niederlanden, Belgien und Japan sind Polder in großer Zahl zu finden. Diese wurden angelegt um in Küstengebieten Land zu gewinnen. Ziel dieser Ausarbeitung ist es das Thema Polder zu erläutern und die Funktionen und räumlichen Strukturen an Raumbeispielen näher zu erläutern. Diese Raumbeispiele sind Dithmarschen, die Niederlande und Japan. Aufbau und Funktion Man kann zwei Kategorien von Poldern unterscheiden. Diese sind Flusspolder und Küstenpolder. Flusspolder sind dazu angelegt um im Falle von Hochwasser geflutet zu werden, sodass der Flusslauf entlastet wird und die angrenzenden Städte geschützt werden. Dazu gibt es Schleusen, die nach Bedarf geöffnet und geschlossen werden können. Küstenpolder bestehen aus Deichen, die ein Gebiet vor Überschwemmungen und Sturmfluten schützen. Da diese Gebiete unter dem Wasserniveau der angrenzenden Gewässer liegen muss das Wasser aus den Flächen entfernt werden. Dies geschieht mit Hilfe von Entwässerungs-
gräben, die oftmals ein lineares Raster bilden. Dieses Lineare Raster durchzieht das gesamte Gebiet. Das Wasser wird mit Pumpen in die angrenzenden Gewässer geleitet. Heutzutage sind es moderne elektrische Pumpen. Früher wurde das Wasser mit Windmühlen in die Gewässer gepumpt. Diese Windmühlen standen zueinander in regelmäßigen Abständen. Noch heute kann man in den Niederlanden diese Pumpen begutachten. Neben den Funktionen als Schutz vor Sturmfluten und Hochwasser sowie der Entwässerung der Fläche werden Polder unterschiedlich genutzt. Teilweise sind sie Naturschutzgebiete, da sie für Amphibien und Vögel einen besonderen Lebensraum darstellen. Hinzu kommt, dass Polder mit größeren Wasserflächen zum Wassersport benutzt werden. Polder die trockener sind, werden landwirtschaftlich genutzt und bewohnt.
Rural Shore 2
Abb. 40 Luftbild Dithmarschen (Google Earth)
Raumbeispiel Dithmarschen Küstenpolder werden an der deutschen Nordseeküste in Schleswig-Holstein auch „Koog“ genannt. Der hier eingedeichte Bereich wird als „Marschenland“ bezeichnet. Diese sind durch weitere Deiche abgetrennt, die die alte Küstenlinie darstellen. Im Landkreis Dithmarschen konnte durch diese Art der Landgewinnung und die anschließende landwirtschaftliche Nutzung das größte zusammenhängende Kohlanbaugebiet innerhalb Europas entstehen. Zwar haben hier in Dithmarschen die Köge in erster Linie die Funktion der Siedlungsfläche und der landwirtschaftlichen Nutzung, jedoch gibt es ebenso welche mit anderen Funktionen. Der Speicherkoog in Nordermeldorf gehört zu den „Besonderen“. Er ist der jüngste Koog und wurde aufgrund einer schweren Sturmflut 1979 eingedeicht. Dieser Polder dient dem Naturschutz und wird von den Menschen als Naherholungsgebiet genutzt. Mit seiner Größe von 5000 ha bietet er viel Raum für unterschiedliche Nutzungen. Das 360 ha große Staubecken wird vorrangig von Wassersportlern und dient zusätzlich als Auffangkörper für Wassermassen aus dem Umland. Zudem hat die Bundeswehr ein Gebiet zwecks Truppenübungen
für sich beansprucht. Neben diesen Nutzungen sind auch ein Yachthafen, einige Badestrände, ein Modellflugplatz sowie ausgewiesene Rückzugsgebiete für Tiere und Pflanzen vorhanden. Als Ausgleich für den Verlust von Salzwiesen durch die Eindeichung, wurden die Naturschutzgebiete „Kronenloch“ und „Wöhrdener“ Loch geschaffen. Diese sind nach den ehemaligen Gezeitenströmen benannt, die durch die Eindeichung verloren gegangen sind.
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Abb. 41 Luftbild Polder in Niederlande (Google Earth)
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Raumbeispiel Niederlande
Raumbeispiel Japan
Rund um Den Haag, einer der westlichsten Städte Hollands und somit am dichtesten zum Meer ausgerichtet, sind ebenfalls solche Strukturen wie in Dithmarschen vorzufinden. Die Deichlinien lassen sich anhand der Siedlungsstrukturen sehr gut nachvollziehen. Diese waren ebenfalls die vorherigen Küstenlinien und der Deich bildete den Schutz der Besiedlung. Zudem sind in der Nähe von Den Haag ebenfalls rundherum eingedeichte Gebiete. Diese sind übrig gebliebene Strukturen, die an frühere Städte erinnern. Mit zusätzlichen Gräben werden die eingedeichten Gebiete entwässert und konnten somit für Siedlung und Landwirtschaft genutzt werden. Insbesondere die Niederlande hat sich diese Art und Weise der Landgewinnung zu Nutze gemacht. Schließlich besteht dieses Land knapp zu einem Drittel aus aus dem Meer gewonnenen Flächen. Hier kann die Polderfunktion sogar als Existenzgrundlage gesehen werden.
Die Landgewinnung in Japan unterscheidet sich von der europäischen Art und Weise insofern, dass der Damm den Deich ersetzt. Ein Beispiel ist dafür der See Haschiro im Norden Japans. Der Damm zur Abgrenzung ist 7 km lang. Der See liegt 4 m unter dem Meeresspiegel und bildet den tiefsten Punkt des Landes. Er hat eine Fläche von 48,3 km². Durch die Trockenlegung der umliegenden Gebiete, sind 600 ha für künstliche Landwirtschaft geschaffen worden. Diese wird seit 2008 betrieben, wobei die Trockenlegung schon 1957 begonnen hat. Das 600 ha Feuchtgebiet ist das größte und dynamischste in Japan. Dort wird unter anderem Reisanbau, Angeln oder auch Fischerei betrieben. Zudem gibt es dort Schneckenfarmen vorhanden sowie die Produktion von Seegras.
Etwa ¼ der Fläche der Niederlande liegt unter dem Meeresspiegel, dazu sind 59% der Flächen hochwassergefährdet. Darunter zählen vor allem Industrie- als auch Landwirtschaftsflächen. Im Zuge des Klimawandels wird der Meeresspiegel steigen, was viele Teile der Niederlande überfluten wird. wDie Niederländer reagieren auf die Problematik mit Innovation im großen Stil. Das zeigt u.a. das Projekt „Floating City Ijneer“. Dabei besteht der Prototyp aus Pontons, die mit schimmenden Wegelementen verbunden sind. Der bekannte Wasserarchitekt Koen Oldthuis baute ebenso die erste schwimmende Siedlung in Ijburg bei Amsterdam. Weniger innovativ, aber ebenso nützliche Entscheidungen seitens der Politik oder genauer Jan Peter Balkenende. Dem künstlich gewonnenen Land soll mehr Raum gegeben werden, indem die Küstenlinie der Niederlande vorverlegt wird und teilweise Polder gewollt geflutet werden innerhalbder Retentionsflächen. Außerdem sollen die Stumflutwehre ausgebaut und mehr Überflutungsflächen für den Rhein und die Maas bis 2050 geschaffen werden (Kölnische Rundschau 2008). Zukunftsvision Japan Die Hälfte der Bevölkerung Japans lebt in den stark industrialisierten Küstenregionen. Dort wo sich ebenso die „Polder-Bay´s“ befinden, die zur landwirtschaftlichen Nutzung dienen. Wenn der Anstieg des Meeresspiegeles 1m betragen wird, werden 90% dieser Gebiete den Fluten zum Opfer fallen. Die Japaner begegnen der Problematik in Form von übergeordneten Ideen der Klimawandelbekämpfung. Jährlich werden ca. 7,6 Milliarden Euro für Maßnahmen wie den Ausbau erneuerbaren Energien der Geothermie und Wasserkraft oder der Treibhausgasreduktion investiert (Der Tagesspiegel 2008)
Abb. 42 Luftbild Polder in Japan (Google Earth)
Rural Shore 2
Zuknftsvision Niederlande
39 Fazit Polder sind in den dargestellten Raumbeispielen prägende Raumstrukturen. Sie bilden wiederkehrende Netze von Entwässerungsgräben und Dämmen. Man kann in den Niederlanden und in Deutschland noch heute die „step by step“ Entstehung der Polder erkennen, die die fortschreitende Landgewinnung zeigen. In Japan wird der Deich durch den Damm ersetzt und die Polder sind weniger linear. Im Zuge des Klimawandels und dem daraus resultierenden Anstieg es Meeresspiegels bekommen sowohl die Niederlande als auch Japan große Probleme, da ein weiter Teil ihrer Fläche unter dem aktuellen Meeresspiegel liegt. Daher bauen die Niederlande schwimmende Städte während Japan betreibt aktiven Klimaschutz. Diese Maßnahmen lassen vermuten, das das System der Polder, mit Sicht auf die Herausforderungen der Zukunft, kein zeitgemäßes System der Landgewinnung und des Hochwasserschutzes mehr sind, weswegen aktiv nach Alternativen geforscht wird.
Abb. 43 Leuttürme (source: creative commons)
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2.7 Infrastructural shore 1: Fortifications, lighthouses
Infrastructural Shore 1
Felix Többen, Sina Wagner, Nina Weiland
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Abb. 44 Standorte von Leuchttürmen: Küste, Insel und Off-Shore
Abb. 45 Vernetzung der Leuchttürme an der Nordseeküste Deutschlands
Als Leuchtturm wird ein Turm bezeichnet, der eine Befeuerung trägt. Leuchttürme sind insbesondere nachts weithin sichtbare Schifffahrtszeichen und dienen der Positionsbestimmung, der Warnung vor Untiefen oder der Fahrwassermarkierung. Die Bauweise von Leuchttürmen ist sehr verschieden. In der vorindustriellen Zeit waren Leuchttürme zum größten Teil gemauert. In alten Turmkonstruktionen gab es Wohn- und Arbeitsräume mit weiteren Nebenräumen für die Angestellten des Leuchtturms.Die alten Arbeitsräume werden heute anderweitig genutzt, da es den Beruf des Leuchtturmwärters nicht mehr gibt. Seit dem Aufkommen des Metallbaus, wurden Leuchttürme hauptsächlich aus Gusseisen und gewalztem Stahl gebaut, da diese leichte Konstruktionen, aber trotzdem windbeständig sind. Zu Beginn wurde Stahlfachwerk eingesetzt, dann
rohr- und mastartige Konstruktionen. Heute sind die meisten Leuchttürme aus Stahlbeton oder aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Leuchttürme unterscheiden sich in Form und Materialität. Ihre Standorte variieren je nach Beschaffenheit des Küstenabschnitts. Somit gibt es Off-Shore Standorte, Inselstandorte oder Küstenstandorte. Leuchttürme sind einzelne, punktuelle Interventionen, die die Küstenlinie nachzeichnen. So ergibt sich ein zusammenhängendes Netz, das entlang der Küste aufgespannt wird, sodass die gesamte Küstenregion beleuchtet wird. Die Abbildung 29 zeigt dies beispielhaft an der Nordseeküste Deutschlands. Hier sind die Leuchtradien der Türme eingezeichnet. Die Reichweite der Leuchtfeuer reicht je nach Sichtbedingungen 50- 200 Seemeilen.
Abb. 46 Befestigungsanlagen (source: creative commons)
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Abb. 48 Insel Suomenlinna vor Helsinki
Eine Befestigung ist ein Bauwerk, das zum Schutz eines Ortes oder einer Landschaft gegen die Zerstörung durch Menschen, Tiere oder Naturgewalten errichtet ist. Sie stellt einer kommenden Bedrohung ein Hindernis entgegen. Verwendet werden für Befestigungen Gräben, Zäune und Mauern. Die natürliche schon vorhandene Umgebung wird dabei immer berücksichtigt und wird fester Bestandteil einer jeweiligen Befestigung. Neben Gräben, Zäunen und Mauern werden auch Deiche, Uferbefestigungen und Hangbefestigungen verwendet. Deiche sollen das bewirtschaftete und bewohnte Land vor drohendem Wasser (Sturmflut, Hochwasser) schützen. Uferbefestigungen hingegen sollen Weg- und Unterspülungen der Böschung verhindern. Hangbefestigungen verhindern das Abrutschen von Böschungen, die wiederum Steinschlag und Murgang verursachen können. Spezielle Hangbefestigungen sind Lawinen- und Wildbachverbauungen. Eine solche Befestigungsanlage verfügt zumeist über ein oder mehrere Wachtürme, von denen man einen weiten Blick in die Umgebung hat. Dieser dient zur Überwachung eines bestimmten Areals. Ein Wachturm besteht aus Stahl, Holz, Mauerwerk oder Beton. Je nach Material werden sie als Stahlfachwerk-, Hohlzfachwerk, Betontürme oder als gemauerte Ausführung gebaut. Wachtürme wur-
den früher in der Regel von Wachposten besetzt. Ihre Aufgaben waren entweder die Überwachung von Waldgebieten wegen Brandgefahr oder sie wurden zur Bewachung eines Objekts oder eines Gebietsstreifens eingesetzt. Das rechtzeitige Erkennen und Melden derartiger Gefahren war zur Verhinderung eines Feuers besonders wichtig. Ein Wachturm ist in der Regel zwanzig bis fünfzig Meter hoch.In früherer Zeit waren viele Wachtürme Teil eines Kommunikationssystems. Um dies gewährleisten zu können, wurden dazu die Türme in Sichtabstand errichtet. So konnten durch Rauchund Feuerzeichen schnell Botschaften über große Distanzen übermittelt werden. Wachtürme sind Teil eines großflächigen Schutzsystems, das linienförmig ein bestimmtes Areal eingrenzt. Diese Syteme können unterschiedlich aufgebaut sein. Einzelne Türme können nebeneinander aufgereiht sein, aber auch mit einer verbindenden Mauer ergänzt werden. Für einen zusätzlichen Schutz ist in manchen Anlagen ein (oder mehrere) Graben vorgelagert. Mittels dieser Systeme wird ein Netz aufgespannt, wodurch das ganze Areal abgegrenzt und geschützt wird. Dies kann sich ähnlich wie bei Leuchttürmen entlang des Küstenstreifens ziehen, oder wie beim Beispiel Suomenlinna eine kleine Inselgruppe überspannen.
Infrastructural Shore 1
Abb. 47 Übersicht Anordnung Befestigungsanlagen
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Leuchttürme und Befestigungsanlagen unterscheiden sich in ihrer Grundfunktion zwischen Schutz vor Angriffen und der Funktion des Sichtens und Leitens. Beide befinden sich jedoch in der Küstenzone und können somit auch als trennendes Element zwischen Land und Wasser betrachtet werden. Interessant ist hierbei die vertikale Ausbildung, die im Gegensatz zu der langgestreckten, horizontalen Form des Küstenstreifens steht. Mittels des Leuchtfeuers (und im Falle der Befestigungsanlagen auch mittels der verbindenden Mauern) werden die Distanzen zwischen den vertikalen Objekten überbrückt.
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Abb. 49 Funktion Leuchtturm
Dabei sind sie immer zum Meer und allen aus dieser Richtung angreifenden Gewalten ausgerichtet. Die Hauptfunktion des Sichtens und Leitens im oberen Teil ist damals wie heute in beiden Typologien noch immer erhalten. Die Funktionen im mittleren Teil haben sich jedoch gewandelt. Damals wohnten Leuchtturmwärter und Wachmänner in den Türmen, sodass dieser Bereich zu Wohnzwecken ausgebaut war. Heute sind diese Positionen nicht mehr besetzt, sodass die Räume vor allem zu touristischen Zwecken umgebaut wurden
Licht erreichbare Reichweite durch die FresnelLinse, die von Augustin Jean Fresnel Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde. Sie besteht aus handpolierten Glasprismen, die in einem Rahmen aus Metall, meist Messing, kombiniert werden. Durch ihre viel höhere Lichtintensität im Vergleich zu früheren Lichtsystemen, revolutionierten sie die Leuchtturmtechnologie. Je nach Gebrauch variieren die Linsen in Größe und Struktur. Die Reichweite der Leuchtfeuer variiert je nach Design und äußeren Umständen. Mithilfe der Fresnel- Objektive ist die höchste erreichbare Reichweite für Leuchtfeuer möglich, wodurch sie heute für die Navigation und Sicherheit entlang der Küsten unentbehrlich sind.
Infrastructural Shore 1
In der antiken römischen Geschichte wurden Wachtürme gebaut, um das Land vor Feinden zu schützen, die über das Meer kamen. Diese Befestigungsanlagen befanden sich an den Küstenlinien und waren mit einem Leuchtfeuer in der Turmspitze ausgestattet, mit dem Rauch oder Lichtsignale gesendet werden konnten. Diese Signale wurden nicht nur benutzt, um vor Feinden zu warnen, sondern auch um freundliche Schiffe entlang der Küste zu leiten. Es ist nicht bekannt, wie sich Leuchttürme entwickelt haben, aber die ersten Gebäude wie der Turm von Pharos (Alexandria) reichen bis in die Antike zurück. Alle Türme, egal ob Wachturm oder Leuchtfeuer, sind mit einem Lichtsignal in der Spitze ausgestattet. Moderne Leuchttürme besitzen die höchste mit
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Abb. 50 Vergleich Leuchtturm damals und heute
8. Infrastructural shore/ Off-shore 2: Energy wind turbines, oil platforms, sea dams Ana Julia Kleba, Beatrice Rezzani
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Offshore wind power refers to the construction of wind farms in bodies of water to generate electricity from wind. Unlike the typical usage of the term „offshore“ in the marine industry, offshore wind power includes inshore water areas such as lakes, fjords and sheltered coastal areas, utilizing traditional fixed-bottom wind turbine technologies, as well as deeper-water areas utilizing floating wind turbines Which are the advantages of this technology? Offshore wind speeds tend to be faster than on land . Small increases in wind speed yield large increases in energy production: a turbine in a 15mph wind can generate twice as much energy as a turbine in a 12-mph wind. Faster wind speeds offshore mean much more energy can be generated. Many coastal areas have very high energy needs. More of the half of the population on the earth lives in coastal areas , with concentrations in major coastal cities. Building offshore wind farms in these areas can help to meet those energy needs from nearby sources.Moreover they create jobs; and they do not emit environmental pollutants or greenhouse gases . Otherwise Offshore wind farms can be expensive and difficult to build and maintain. In particular, is very hard to build robust and secure wind farms in water deeper than around 60 m). Wave action, and even very high winds, particularly during heavy storms or hurricanes, can damage wind turbines. The production and installation of power cables under the seafloor to trans-
mit electricity back to land can be very expensive. Effects of offshore wind farms on marine animals and birds are not fully understood, on the other way offshore wind farms built within view of the coastline up to 20 km offshore, depending on viewing conditions may be unpopular among residents, and may affect tourism and property values. Offshore wind power can help to reduce energy imports, reduce air pollution and greenhouse gases (by displacing fossil-fuel power generation), meet renewable electricity standards, and create jobs and local business opportunities. 114 wind turbines were fully grid connected, totalling 511 MW in 4 wind farms. 182 turbines were erected in four wind farms in the first half of the year. Some have been gridconnected, some have not. The average size of wind turbines installed in the first half of 2016 is 4.8MW, or 15% larger than over the same period last year. Seven projects, worth, reached Final Investment Decision in the first half of 2016. This will finance 3.7 GW of new capacity, a doubling from the first half of 2015. Fosen Vind DA builds Europe‘s largest land-based wind power plant in central Norway. About 11 billion kroner will be invested in six wind farms totaling 1000 MW. Construction work started in April 2016 and all the parks will be completed by 2020. Over the years, we see that there is increasing interest in wind energy. However, governments concentrate only on the functionality of wind power
systems. Therefore, these systems became bigger in size and more expensive. At the same time citizens show little interest in wind energy because of the remote localisation of wind farms and the reputation to be unsuitable for habitation and recreation. In recent years little progress is made to address this issue in order to create cheaper, eye catching and more efficient wind energy systems. The philosophy behind this project is that architecture should not only focus on designing buildings, but also focus on combining sustainable energy and habitability, to create a sustainable way of living in the future. This is excatly what this project aims to achieve: to let people experience the benefits of the wind energy in a sustainable living environment by combining habitability (architecture) and a new wind energy system (technology) The ‘ammophila’ designed by murtada alkaabi is a wind farm that can also be used for habitation. the volume consists of demountable panels, making it possible to use the building for different purposes, while a moving façade creates a continuous curtain affect throughout the day. the project is based on combining processes for generating sustainable energy with viable options for living – envisioning a future where the two are seamlessly integrated. the concept differentiates itself from other wind power design as it has the potential to serve as an architectural landmark as well, using the one structure to serve multiple purposes. The Land Art Generator Initiative exhibition in Glasgow is a clear example of how art and green
power can be two elements perfectly joint together. Also the landscape is a great protagonist of this combination. On display at LAGI Glasgow there were a series of designs for a proposed renewable energy project targeted for the banks of two intersecting canals in the city in the Port Dundas area. The creations were developed collaboratively by agencies in Scotland as well as from other countries, demonstrating something of a global partnership in support of renewable energy projects—with a certain aesthetic flair, of course. The LAGI Glasgow exhibition demonstrates three distinct and unique designs that employ renewable energy generation without sacrificing eye appeal. Each more fantastic than the one before, the installations pay homage to the site’s natural surroundings, while incorporating some of the latest evolutions of clean energy technology, such as bladeless (or “vortex” style) wind turbines. Air, water, and light are all treated as sources of potentially endless value, within clean energy projects designed and executed by multidisciplinary teams from multiple continents. Some of these creations are sparkling, flowreshing: Watergaw’ is a hydropower installation comprised of water-callers and wind-callers, representations of natural features at the exhibition site; Wind Forest The artificial forest will transform 100 Acre Hill into a wind energy farm, sporting 100 4 kW single bladeless wind turbines, in three distinct groves, each painted in a slightly different shade pulled from the palette of the surrounding landscape.
Infrastructural Shore/ Off-Shore 2
Abb. 51 Fosen Vind, Norway, Statkraft Company
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Over the years, we see that there is increasing interest in wind energy. However, governments concentrate only on the functionality of wind power systems. Therefore, these systems became bigger in size and more expensive. At the same time citizens show little interest in wind energy because of the remote localisation of wind farms and the reputation to be unsuitable for habitation and recreation. In recent years little progress is made to address this issue in order to create cheaper, eye catching and more efficient wind energy systems. The philosophy behind this project is that architecture should not only focus on designing buildings, but also focus on combining sustainable energy and habitability, to create a sustainable way of living in the future. This is excatly what this project aims to achieve: to let people experience the benefits of the wind energy in a sustainable living environment by combining habitability (architecture) and a new wind energy system (technology) The ‘ammophila’ designed by murtada alkaabi is a wind farm that can also be used for habitation. the volume consists of demountable panels, making it possible to use the building for different purposes, while a moving façade creates a continuous curtain affect throughout the day. the project is based on combining processes for generating sustainable energy with viable options for living – envisioning a future where the two are seamlessly integrated. the concept differentiates itself from other wind power design as it has the potential to serve as an architectural landmark as well, using the one structure to serve multiple purposes.
The Land Art Generator Initiative exhibition in Glasgow is a clear example of how art and green power can be two elements perfectly joint together. Also the landscape is a great protagonist of this combination. On display at LAGI Glasgow there were a series of designs for a proposed renewable energy project targeted for the banks of two intersecting canals in the city in the Port Dundas area. The creations were developed collaboratively by agencies in Scotland as well as from other countries, demonstrating something of a global partnership in support of renewable energy projects—with a certain aesthetic flair, of course. The LAGI Glasgow exhibition demonstrates three distinct and unique designs that employ renewable energy generation without sacrificing eye appeal. Each more fantastic than the one before, the installations pay homage to the site’s natural surroundings, while incorporating some of the latest evolutions of clean energy technology, such as bladeless (or “vortex” style) wind turbines. Air, water, and light are all treated as sources of potentially endless value, within clean energy projects designed and executed by multidisciplinary teams from multiple continents. Some of these creations are sparkling, flowreshing: Watergaw’ is a hydropower installation comprised of water-callers and wind-callers, representations of natural features at the exhibition site; Wind Forest The artificial forest will transform 100 Acre Hill into a wind energy farm, sporting 100 4 kW single bladeless wind turbines, in three distinct groves, each painted in a slightly different shade pulled from the palette of the surrounding landscape.
Infrastructural Shore/ Off-Shore 2
Abb. 52 Murtada Alkaabi, Architekt/ Designer bei To Create: Ammophila - habitable wind farms.
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The first kind of technology that we choose to analazyed is the tidal wave power. In order to create amd generate hydroelectricity the sciencist of the our century started to use the power and positive aspects of the water movement. Nowdays there are two main way to generate this kaind of energy, both of them are equally useful and productive even if the barrier technology is more dangerous for the oceanic fauna and ecosystem. The turbine has a four quadrant operation, which means it has four main, active, operating modes: forward turbining; reverse turbining; forward pumping; and reverse pumping. The turbine can also be used in ‘sluice mode’ at very low heads to adjust lagoon levels. As with all conventional hydropower plants, utilises the head difference between the upstream and downstream (inlet and tailwater) water levels to generate power. The higher the head, the greater the potential energy. Bulb turbines are commonly used in conventional run-ofriver hydro projects which experience a low head
range and varying flow conditions. Swansea Bay Tidal Lagoon will be the world’s first tidal lagoon power plant. A tidal lagoon is a ‘U’ shaped breakwater, built out from the coast which has a bank of hydro turbines in it. Water fills up and empties the man-made lagoon as the tides rise and fall. We generate electricity on both the incoming and outgoing tides, four times a day, every day. Due to the incredible tides on the West Coast of Britain, by keeping the turbine gates shut for just three hours, there is already a 14ft height difference in water between the inside and the outside of the lagoon. Power is then generated as the water rushes through 200ft long draft tubes, rotating the 23ft diameter hydro turbines. The project was awarded a Development Consent Order in 2015 and is primed for construction. It will comprise 16 hydro turbines, a six mile breakwater wall, generating electricity for 155,000 homes for the next 120 years.
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Reference
3. Reference
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The second part of the study will focus on the indeep research and description of one reference project per group. The work will be organized into a critic review of the bibliographic materials (web, journals, books) related to the project, explaining its methodological steps (context, concept, programs, visions).
3.1 Waterfront di Palermo Felix Rutenbeck, Hojun Noh, Pierre Martin
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Die sizilianische Haupt- und Küstenstadt Palermo ist seit ihrem Gründungstag im 8. Jahrhundert vor Christus geprägt von wechselnden Machtverhältnissen und unterschiedlichen stadtplanerischen Grundsätzen. Seitdem die Vorherrschaft der süditalienischen Mafia Ende des 20. Jahrhunderts unterbunden wurde, hat die Stadtverwaltung ein großes Interesse daran die Stadt zu restrukturieren und ein neues Gesamtbild von Palermo zu erzeugen. Daraufhin begann 1993 Maurizio Carta, Professor für Urbanistik an der Università degli studi di Palermo, mit seinen Mitarbeitern im Auftrag des damaligen (und wieder heutigen) Bürgermeisters Leoluca Orlando mit der umfangreichen Analyse, Aufstellung von Konzepten und Strukturierungsmethoden, sowie seit 2011 der detaillierten Planung.
Abb. 5316Der Hafen und die Altstadt als identitätsstiftendes Zent-17 rum, sowie Ausgang der ‚Gateway-Ausrichtung‘
Vision – ‚Die Waterfront als komme, da diese der Knotenpunkt einer komplexen territorialer Schalter der kr Transportstruktur bilde. Zum anderen erfordere im Hauptziel des gesamten Pr Falle der süditalienischen Küstenstadt ein Großteil Wiederbelebung der Interaktion z der Bevölkerungszuwachs urbanen Strukturen eine Regeneration und starken aus der Provinz in und dem Mittelmeer, sowie eine Eingliederung in den gesamt-städtischen Kontext. den 50er bis 70er JahresRegeneration des letztenmüsse Jahrhunderts städtischen Identität mit der Ge Die sozio-ökonomische zwei - alle Teile der Stadt sollen die DN Hauptebenen beinhalten: Reflexion und Aktion, zu zahlreichen Sozialsiedlungen mit dem Meer als identitätsstifte wobei die Reflexion die Planung, außerhalb Regulation der des historischen Zentrums in sich und Finanzierung beinhalte, während die Aktion Kernstadt führte. Der Wiederaufbau wurde in miteinander interagieren13, wie e Instandhaltung und Erneuerung des historischen verdeutlicht wird. Zentrums, also Gebäudetransformationen, umfasse. ZeitenBeide derPunkte Wohnungsnot und Unsicherheit in der Die Stadträume der ‚Waterfront‘ b sind Bestandteil der interaktiven und strukturschwache Gebiete außerh ‚PPE 2.0‘, die der von Maurizio Stadtkooperativen durch die Planung Gewaltherrschaft Mafia stark und sollen so über die Küstenl Carta als städtischer Verantwortlicher des gesamten Verbindung zur Stadt schaffen, ‚Waterfront-Projektes‘ geleitetTeile wird8. Da Aktionen gehemmt, sodass große desdie historischen Gleichgewicht mit allgegenw zu detailliert und kleinteilig für die Gesamtplanung Stadtgefüges noch im entstehen schlechten Zustand entstehe14. Der Hafen und die Alt der Großstadt werden, Pilotprojekte, die oder wie in Abbildung 4 gezeigt, d Entwurfskonzepte prüfen und als Vorbild aufzeigen nicht sollen. mehrEsvorhanden sind. Bindeglied ausbilden. Eine große Sc entstehe dabei laut Carta ein „clusteringVerknüpfung der Stadt über die Kü Blick“9 auf die gesamte Stadt mit ihrer Unterteilung in viele Epochen, Nutzungen und sozialen Ebenen. Ambiguität und Komplexität der B Im Detail falle auf, dass sich die genannten Stadt und direkter Küstenlinie sein Projekt | Planungsgrundlage – ‚Urban unterschiedlichen Identitäten Palermos und seiner sei neben der vielfältigen Historie Küste in weitere Systeme auffächern: Planung von so großer Bedeutung Challenges. Toolskomplexe for planning the urban Sie bestünden aus Verkehrswegen, Gebäude und ‚Gateway City’ Siziliens, bzw. sog öffentlichen Raum. Die Küste gliedere sich zudem dem Rest des Landes und Europas evolution‘ 10 in „liquide Strukturen“ , die ein Geflecht von Orten, Kontext sowie Funktionen zwischen Wasser und Land, bzw. Laut einer Veröffentlichung Hafen und urbanen Raum ausbilden11. Der Hafen Gesellschaft für Städtebau durch P Maurizio Carta verweist bei dem (siehe Abb. 5) wird dabei von der Planungsgruppe in einer der am Projekt beteiligten drei Bereiche aufgeteilt: Den liquiden Hafen, der mit Barbara Lino seien dynamische S Palermo ist mit etwa 670.000 Einwohnern Stadtentwicklungsprojekt der ‚Waterfront seinem Freizeit- und Kulturcharakter in das urbane jene, die kreativ sind und die Fäh Geflecht eingebunden ist; den durchlässigen Hafen Economy‘ und eine Verbindun Siziliens größte und Italiens fünftgrößte Stadt Palermos’ auf sein 2009 veröffentlichtes Werk mit Kreuzschifffahrt- und Fähranlegern, die für einen globalen ‚Hub-cities‘ zu generiere regen Austausch zwischen Hafen Stadt sorgen; zur ‚Waterfront‘ in Palermo mit der kom und aufgrund seiner Lage an der Nordküste „Governare l’evoluzione“, dasund Methoden Reprogrammierung, der so und den rigiden (abgeschotteten) Hafen, der eine der größten Mittelmeerinsel eine bedeutende Planung einer ‚urbanen nennt. Regenerierung und der neuen gewerbliche Aktivität mit Evolution’ größtmöglicher EffizienzEinige Abb. 16 der Hafen und die Altstadt als identitätsstiftendes Zent12 garantieren solle . Ausrichtung‘ nach Europa erreiche Ausgang der ‚Gateway-Ausrichtung‘ Hafenstadt und rum, diesowie Pforte zum Rest dieser Methoden, bzw. Herangehensweisen ‚urbane Evolution‘ sorgen. Abb. 17 der Hafen undSiziliens die Altstadt als integrierendes Bindeglied zwischen allen Teilen der Stadt
Italiens, bzw. Europas. Die 2.800 Jahre alte Stadt strebte unter der Vorherrschaft der Araber und Normannen zu dieser wichtigen Rolle auf. Durch die diversen Macht- und Kulturwechsel hat Palermo eine konfliktreiche und kulturelle vielfältige Geschichte, die sich im Stadtbild durch verschiedenen Architekturtypen und städtebauliche Heterogenität widerspiegelt. Zudem wurde die Mittelmeerstadt im zweiten Weltkrieg stark beschädigt, was mit einem
zur effektiven Planung werden im folgenden Abschnitt genannt, um die Schritte von Professor Carta und seinen Mitarbeitern in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung von Palermo besser aufzeigen und hinterfragen zu können. Der Grundgedanke seines Stadtentwicklungsansatzes folgt einer Aussage des französischen Soziologen und Philosophen Henri Lefebvre: „the right to the city as the resolve to ‚change ourselves by changing our metropolis’. Für den Professoren
Vision – ‚Die Waterfront als wirksamer
der Universität Palermo bedeutet dies, dass die territorialer Schalter der kreativen Stadt‘ Hauptziel des gesamten Projekteseine ist neue die gesellschaftlichen Veränderungen Wiederbelebung der Interaktion zwischen der Stadt gemeinschaftlich organisierte Stadtplanung und dem Mittelmeer, sowie eine Neudefinition der städtischen IdentitätRaumgestaltung mit der Geschichte erfordern. Palermos und öffentliche - alle Teile der Stadt sollen die DNA der ‚Waterfront’ „The values of the community become key mit dem Meer als identitätsstiftenden Faktor und des historischen Zentrums in sich tragen und somit planning elements“, zu deutsch: Die Werte der miteinander interagieren13, wie es in Abbildung 3 Gemeinschaft werden zu Schlüsselpunkten des verdeutlicht wird. Die Stadträume der ‚Waterfront‘ städtischen Entwerfens. Dies beinhalten bedeutet, ebenfalls dass die strukturschwache Gebiete außerhalb des Zentrums Gesellschaft mit ihren Werten, sowie materiellen und sollen so über die Küstenlinie eine erneute Verbindung zur Stadt schaffen, sodass einmit neues und immateriellen Erfordernissen stark der Gleichgewicht mit allgegenwärtiger Dynamik Planung der ‚urbanen Evolution‘ verknüpft sein 14 entstehe . Der Hafen und die Altstadt sollen dabei, wie inUm Abbildung 4 gezeigt, und das das integriedende müsse. diesen Grundsatz Ziel einer Bindeglied ausbilden. Eine große Schwierigkeit bei der effizienteren, ausgeglicheneren und faireren Verknüpfung der Stadt über die Küstenlinie werde die Ambiguität Komplexität der Beziehung Zukunft derund Stadt bestmöglich in der zwischen Planung Stadt und direkter Küstenlinie sein. Der Küstenraum umsetzen zu vielfältigen können, sei einedervielschichtige sei neben der Historie Stadt für die Planung von so großer Bedeutung, er Palermo als Analyse erforderlich: Maurizio daCarta beginnt ‚Gateway City’ Siziliens, bzw. sogar Süditaliens mit diese mit einer Einordnung der Stadt in ihrem dem Rest des Landes und Europas verbinden solle. regionalen, nationalen, sowie internationalen Laut einer Veröffentlichung der italienischen Kontext. Diese gäbe im Zusammenhang mit Gesellschaft für Städtebau durch Professor Carta und einer der am Projekt beteiligten Mitarbeiterinnen einer hierarchischen Einordnung Aufschluss Barbara Lino seien dynamische Städte der Zukunft über Ambitionen“ der Stadt. jene,die die „Identität kreativ sind und und die Fähigkeit haben ‚New Economy‘ und eine Verbindung zwischen den Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen 15 globalen ‚Hub-cities‘ zu generieren . Dies solle die Stadttypen -entwicklungsbeispielen trage ‚Waterfront‘ inund Palermo mit der komplexen städtischen Reprogrammierung, der Konzept sozio-ökonomischen ebenfalls dazu bei das der Planung Regenerierung und der neuen offen ‚GatewayzuAusrichtung‘ optimieren. Innerhalb der Stadt müssefürman nach Europa erreichen und somit die ‚urbanedie Evolution‘ sorgen. und sozialen Werte der zudem immateriellen Bürger ermitteln, um eine öffentliche Gestaltung zu erzielen, die für Integration aller in die Stadtgemeinschaft und eine daraus resultierende Durchmischung, sowie Sicherheit sorgt.
Im Detail falle auf, dass sich die genannten unterschiedlichen Identitäten Palermos und seiner Küste in weitere komplexe Systeme auffächern: Sie bestünden aus Verkehrswegen, Gebäude und öffentlichen Raum. Die Küste gliedere sich zudem in „liquide Strukturen“, die ein Geflecht von Orten, sowie Funktionen zwischen Wasser und Land, bzw. Hafen und urbanen Raum ausbilden.
Waterfront Di Palermo
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Projekt
Abb. 54 Der Hafen und die Altstadt als integrierendes Bindeglied zwischen allen Teilen der Stadt
Die Analyse und Beobachtung der ‚Waterfront’ einem etwa fünf Kilometer langen Küstenstreifen von alten historischen Orten im Norden bis hin zum Industriehafen und der Mündung des Flusses „Oreto“ - zeige multiple Identitäten auf 7. Zum einen falle stark auf, dass es zu Problemen am Übergang von maritimen zu terrestren Infrastrukturen komme, da diese der Knotenpunkt einer komplexen Transportstruktur bilde. Zum anderen erfordere im Falle der süditalienischen Küstenstadt ein Großteil der urbanen Strukturen eine Regeneration und Eingliederung in den gesamt-städtischen Kontext. Die sozio-ökonomische Regeneration müsse zwei Hauptebenen beinhalten: Reflexion und Aktion, wobei die Reflexion die Planung, Regulation und Finanzierung beinhalte, während die Aktion Instandhaltung und Erneuerung des historischen Zentrums, also Gebäudetransformationen, umfasse. Beide Punkte sind Bestandteil der interaktiven und kooperativen Planung ‚PPE 2.0‘, die von Maurizio Carta als städtischer Verantwortlicher des gesamten ‚WaterfrontProjektes‘ geleitet wird. Da die Aktionen zu detailliert und kleinteilig für die Gesamtplanung der Großstadt werden, entstehen Pilotprojekte, die Entwurfskonzepte prüfen und als Vorbild aufzeigen sollen. Es entstehe dabei laut Carta ein „clustering-Blick“ auf die gesamte Stadt mit ihrer Unterteilung in viele Epochen, Nutzungen und sozialen Ebenen.
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punkt einer komplexen anderen erfordere im üstenstadt ein Großteil ne Regeneration und mt-städtischen Kontext. eneration müsse zwei Reflexion und Aktion, Planung, Regulation , während die Aktion rung des historischen sformationen, umfasse. il der interaktiven und 2.0‘, die von Maurizio ortlicher des gesamten wird8. Da die Aktionen für die Gesamtplanung ehen Pilotprojekte, die d als Vorbild aufzeigen t Carta ein „clusteringmit ihrer Unterteilung in d sozialen Ebenen. sich die genannten n Palermos und seiner e Systeme auffächern: swegen, Gebäude und e gliedere sich zudem ein Geflecht von Orten, Wasser und Land, bzw. ausbilden11. Der Hafen der Planungsgruppe in liquiden Hafen, der mit harakter in das urbane en durchlässigen Hafen ranlegern, die für einen afen und Stadt sorgen; teten) Hafen, der eine rößtmöglicher Effizienz
Analyse – ‚Palermo, die liquide Stadt’
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Der Hafen wird dabei von der Planungsgruppe in drei Bereiche aufgeteilt: Den liquiden Hafen, der mit seinem Freizeit- und Kulturcharakter in das urbane Geflecht eingebunden ist; den durchlässigen Hafen mit Kreuzschifffahrt- und Fähranlegern, die für einen regen Austausch zwischen Hafen und Stadt sorgen; und den rigiden (abgeschotteten) Hafen, der eine gewerbliche Aktivität mit größtmöglicher Effizienz garantieren solle.
Vision – ‚Die Waterfront als wirksamer territorialer Schalter der kreativen Stadt‘
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Hauptziel des gesamten Projektes ist die Wiederbelebung der Interaktion zwischen der Stadt und dem Mittelmeer, sowie eine Neudefinition der städtischen Identität mit der Geschichte Palermos - alle Teile der Stadt sollen die DNA der ‚Waterfront’ mit dem Meer als identitätsstiftenden Faktor und des historischen Zentrums in sich tragen und somit miteinander interagieren. Die Stadträume der ‚Waterfront‘ beinhalten ebenfalls strukturschwache Gebiete außerhalb des Zentrums und sollen so über die Küstenlinie eine erneute Verbindung zur Stadt schaffen, sodass ein neues Gleichgewicht mit allgegenwärtiger Dynamik entstehe. Der Hafen und die Altstadt sollen dabei, wie in Abbildung 4 gezeigt, das integriedende Bindeglied ausbilden. Eine große Schwierigkeit bei der Verknüpfung der Stadt über die Küstenlinie werde die Ambiguität und Komplexität der Beziehung zwischen Stadt und direkter Küstenlinie sein. Der Küstenraum sei neben der vielfältigen Historie der Stadt für die Planung von so großer Bedeutung, da er Palermo als ‚Gateway City’ Siziliens, bzw. sogar Süditaliens mit dem Rest des Landes und Europas verbinden solle.
Laut einer Veröffentlichung der italienischen Gesellschaft für Städtebau durch Professor Carta und einer der am Projekt beteiligten Mitarbeiterinnen Barbara Lino seien dynamische Städte der Zukunft jene, die kreativ sind und die Fähigkeit haben ‚New Economy‘ und eine Verbindung zwischen den globalen ‚Hubcities‘ zu generieren. Dies solle die ‚Waterfront‘ in Palermo mit der komplexen städtischen Reprogrammierung, der sozio-ökonomischen Regenerierung und der neuen offen ‚GatewayAusrichtung‘ nach Europa erreichen und somit für die ‚urbane Evolution‘ sorgen. Ermöglicht werden soll dieses Ziel durch die genaue Identifizierung der neu zu planenden Zonen und internationale „Exellenzwettbewerbsausschreibungen“: Die Ideen und Kreativität junger Talente aus der ganzen Welt sollen in die Planung der ‚Waterfront’ mit einfließen und so für zukünftige Dynamik und globale Ausrichtung der Stadt Palermo sorgen. Der Masterplan bildet dafür die Grundlage und zeigt die einzelnen im Detail zu planenden Bereiche auf.
Abb. 55 Palermos Waterfront als ‚territorialer Schalter der kreativen Stadt‘
3.2 PUglia, Lecce
In unserer Analyse betrachten wir Lecce, eine Stadt in der Region Salento. Durch die exponierte Lage der Salento-Region im Absatz des italienischen Stiefels, steht sie in engem Kontext zur Mittelmeerküste. Lediglich 50 Kilometer trennen die Ost- von der Westküste an dieser Stelle. Das Gebiet wird und wurde größtenteils landwirtschaftlich genutzt, sodass heute noch circa 69% der Region von Agrarflächen bedeckt sind. Aufgrund der Nähe zu Griechenland ist das Gebiet von byzantinischen Einflüssen geprägt. Um die heutigen Strukturen und damit einhergehende Konflikte und Probleme verstehen zu können, ist es wichtig, den geschichtlichen Kontext der Region Salento näher zu beleuchten. In sehr komprimierter Art und Weise lassen sich grob drei Zeitabschnitte feststellen, die sich prägend auf die Siedlungsstrukturen ausgewirkt haben. Bis zum 19. Jahrhundert war die Region, wie ganz Italien, nach Kriegen und Eroberungen durch Großgrundbesitz in weitläufige Parzellen eingeteilt. Ihre spezifischen Zentren entwickelten sich ausgehend von den großzügigen Wohnsitzen, den Masserien, und bildeten verdichtete Siedlungspunkte. Diese waren im zweiten Zeitabschnitt im 20. Jahrhundert wiederum von Stadtflucht betroffen. Das Leben auf dem Land versprach durch mehr Freiraum in vielfältiger Hinsicht mehr Qualität. Daraufhin wurde im 21. Jahrhundert ein Konzept der Revitalisierung erarbeitet, welches die verlassenen Stadtkerne betrachtet, welche unter Kriminalität und materiellem Verfall litten.
Dieses Konzept bildet den dritten Zeitabschnitt. Somit liegt heutzutage eine sehr fragmentierte Struktur zugrunde, die sowohl Lücken in den Zentren, als auch in der Vernetzung der einzelnen Siedlungen auf dem Land untereinander aufweist. Zu dieser Problematik zeigt sich außerdem die autonome Entwicklung der Ferienhäuser entlang der Küste, welche sich völlig unabhängig bildeten, als ein zusätzlich erschwerendes Element einer zusammenhängenden und funktionierenden Städte- und Regionalplanung. Für die Gesamtregion Salento existiert ein übergeordnetes Konzept, welches vorsieht mithilfe von sogenannten Patches verschiedene Layer zu vereinen und gleichzeitig zu überlagern. Den unterschiedlichen Sub-Regionen dabei ihre eigene Marke zu verleihen, mit der sie überregional werben können, ist hierbei von zentraler Bedeutung. Mithilfe des „brandings“ wird die lokale Identität gestärkt und die Qualitäten eines jeden Gebiets werden bestmöglich herausgearbeitet. Somit wird auch das Thema der abgekoppelten Ferienanlagen entlang der Küstenlinie besser in die bestehenden Siedlungsstrukturen integriert. Kontrastierung ist eines mehrerer Werkzeuge, derer sich für eine engere Verknüpfung der Sub-Regionen untereinander bedient wird. Eine weitere zentrale Rolle nimmt außerdem die Infrastruktur ein. Das Konzept wird ebenso auf einen größeren Maßstab übertragen, sodass auch im Bereich der Städte auf eine stärkere Verknüpfung mit der Küste gesetzt wird.
Puglia, Lecce
Rica Arnold, Laura Bornickel, Helene Esau
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Zero Land Consumption
thematische Landschaft- Patches
Instrumente für urbanen Metabolismus
€
Univer_city
The Walls of Lecce
The Islands for Living
€ €€
The Rural City
The Marine Park
56 Lecce Protocol
Lecce Brand
Re-Cycle
Temporary Reuse
Eco-District
Sine Putimo
Nachhaltige Sanierung bestehender Architektur
neue Bebauung in lokaler Architektur wird gefördert
historische Gebäude sollen saniert werden, um die lokale Architektur zu erhalten
Brach liegende Flächen sollen temporär gemeinschaftlich genutzt werden
Nachbarschaften engagieren sich für die Umwelt
„Yes we can“ Aktualisieren des Masterplans alle 2 Jahre
Abb. 56 Diagramm zum Konzept für Lecce, die Konzeptpatches und die Instrumente zur Konzeptumsetzung
_The Walls of Lecce: befasst sich mit dem Innstadtkern und den dort existierenden historischen Gebäuden um ein funktionales Kultur-TourismusShopping-System zu etablieren _Univer-city: der Universitätscampus soll sich in die Stadt integrieren und nicht nur als Ausbildungsstätte gesehen werden _The Islands of Living: diese liegen im Außenbereich von Lecce und sollen nachhaltig verbessert werden, um so eine Entwicklung vom kleinen Maßstab in den Großen zu erreichen _The rural City: die Landwirtschaft wird substituiert, sodass die „ursprüngliche“ Landschaft erhalten werden kann und die Bauern ihre Grundstücke zur Errichtung von neuen Wohnsiedlungen nicht verkaufen müssen, dieses knüpft an ein Gesetz aus dem 19. Jahrhundert an, als jeder Bau einer Villa mit dem Erhalt des umschließenden Gartens verbunden war _The Marine Park: der Küstenstreifen östlich von Lecce soll weiterentwickelt werden, dazu gehört die Verbindung zu Lecce, die Verdichtung von den schon bebauten Küstenteilen, und dadurch die Erhaltung der noch nicht bebauten Abschnitte Diese Einteilung der Stadt in „Thematische Landschaften“ soll eine maximale Beschäftigung mit den regionalen Gegebenheiten erreichen und so die positiven Aspekte herausheben und vertiefen. Ein weiter wichtiger Punkt des Entwicklungskonzeptes ist die „Zero Land Consumpution“, die
durch die Umsetzung der vorgestellten Patches erreicht wird. Hierbei geht es darum, schon bebaute Landschaften zu sanieren und verdichten, anstatt noch nicht bebaute Gebiete zu zerstören. So wird der Suburbanisierung entgegen gewirkt und die innerstätischen Bereiche werden gestärkt. Um diese Intentionen umsetzen zu können, bedarf es bestimmten Instrumenten. Diese beschäftigen sich mit der Sanierung historischer Gebäude, Subventionierung von lokaler Architektur und der Umnutzung brachliegender Flächen. Vision Der Masterplan für Lecce konzentriert sich also nicht nur auf den Maßstab der Stadt, sondern vielmehr auf das Gebiet zwischen Lecce und der östlichen Küstenlinie, reflektiert aber auch das ganze Gebiet Salento. Die Strategie spiegelt Vielfältigkeit und Diversität wieder, da jedes „patch“ autark funktioniert und seine eigene Identität hat. Auch die grundsätzliche Entwicklung ausgehend vom kleinen Maßstab der Patches bis hin zum Gesamtkonzept zeigt eine intensive Beschäftigung mit dem Gebiet, welche positive Entwicklungen verspricht. Die gesamte Region hat diverses Potential, welches mit dem richtigen Umgang mit der Landschaft in den nächsten Jahren und der stetigen geplanten Weiterentwicklung des Masterplans zum gewünschten Ziel führen wird. Dabei ist es wichtig, die Verbindung zur Küsten zu stärken, da diese wichtig für die gesamte Region ist. Ziel ist dabei eine Entwicklung, die nicht vom wirtschaftlichen Wachstum abhängt und auf lokalem Kontext beruht.
Puglia, Lecce
Für Lecce ist ein Konzept entwickelt worden, welches sich in drei wichtige Kategorien aufteilt, um der vielschichtigen Landschaft in der Salento Region gerecht zu werden. Die schon genannten Patches spielen auch in der Stadt von Lecce eine große Rolle, spezifische „brandings“ wurden herausgearbeitet:
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3.3 Metropolregion Randstad Rene Klinner, Manja Jacobsen, Janine Pommerenke
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Ballungsräume sind in den westlichen Industrieländern mittlerweile keine Seltenheit mehr. In Deutschland ist es das Ruhrgebiet mit den interagierenden Städten wie Köln, Düsseldorf, Essen, Duisburg u.v.m. .In den Niederlanden gibt es die Region Randstadt, die ebenfalls als Ballungsraum vieler zusammenhängender Städte funktioniert. Dieses liegt im Westen der Niederlande. In dieser Arbeit werden im Folgenden die Zusammenhänge der wichtigsten Städte sowie ihr Umland aufgezeigt, dessen Probleme sowie Zukunftsperspektiven dargestellt. Gesamte Region Das Gebiet Randstadt ist ein provinzübergreifender Ballungsraum in den Niederlanden. Es umfasst die Provinzen Nordholland, Utrecht, Südholland und Flevoland. Insgesamt wohnen 8 Mio. Menschen in der Region und bilden somit 40% der holländischen Gesamtbevölkerung. Neben den ineinanderfließenden Städten gibt es das Groene Hart, das als Pufferzone und Naherholungsort dient. In diesem Gebiet ist zudem ein Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das Bruttoregionalprodukt der Region beträgt 216,3 Milliarden Euro und stellt Randstadt auf den 5. Platz als eine der umsatzstärksten Regionen europaweit. Dies liegt überwiegend an den wirtschaftlich starken und bedeutenden Städten innerhalb dieser Region. Neben Amsterdam als Hauptstadt, sind Utrecht, Rotterdam und Den Haag die Motoren des Ballungsgebietes. Zwar sind die unterschiedlichen Stadträume noch abgegrenzt zu erkennen, jedoch
sind in dieser Region das polzentrische Bilder der Ballungsräume zu erkennen. Die Räume zwischen den Städten sind fragmentiert und die Distanzen zu den einzelnen Städten sehr gering. Zwischen Rotterdam und Den Haag liegen 26 km. Der Ballungsraum Randstadt ist innerhalb der Niederland sowie international gut vernetzt. Probleme Obwohl die Region eine der wirtschaftsstärksten in Europa ist gibt es zahlreiche Probleme. Ein Problem stellt der Stau dar. Der OECD hält die Stauproblematik in der Region für gravierend und sie ist mit keinem anderen Ballungszentrum vergleichbar. Einer der Gründe für die Stauproblematik ist die schlecht ausgebaute niederländische Bahn die NS. Ein weiteres Problem stellen die hohen Immobilienpreise dar. Durchschnittlich zahlt man in der Region Randstadt 145.000 – 245.000 Euro für eine Eigentumswohnung. Im Rest der Niederlande sind es durchschnittlich 133.000 Euro. Trotz dieser hohen Immobilienpreise liegt die Bevölkerungsdichte in der Region bei 1224 Personen/km². Im Ruhrgebiet liegt die Bevölkerungsdichte bei 1140 Personen/km². In bestimmten Teilen von Randstadt , z.B. im Bereich von Rotterdam, liegt die Bevölkerungsdichte zwischen 2.500 und 6.000 Personen/km². Zum Vergleich, die Bevölkerungsdichte vom Berlin lag 2014 bei 3891 Personen/km². Es wird geschätzt, dass in den nächsten Jahren die Bevölkerung in der Region Randstadt noch weiter steigen wird. Dies wird vor allem in den Randgebieten geschehen, wo es zu Konflikten mit den Naturschutzgebieten kommen wird. In den Bereichen um Randstadt liegen sehr viele Natura 2000 Gebiete, welche die höchste Schutzkategorie in Europa darstellen. Neben diesen ganzen Problemen gibt es, trotz des Reichtums in der Region, eine hohe Arbeitslosenquote, Altersarmut und die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist in Amsterdam und Rotterdam zwei bis drei mal so hoch wie im Rest des Landes.
Delta Metropolis Sowohl „Delta“ als auch „Metropolis“ haben mehrere Definitionen. Im Zusammenhang mit Randstad beschreibt der Titel zum einen den Ring der Größstädte Amsterdam, Rotterdam, Utrecht und Den Haag sowie deren Mitte das „Grüne Herz“. Zum anderen sind die „Delta Works“ ge-
Abb. 57 Randstadt 2040 (http://deltametropool.nl/v1/pages/ archief/lezingen/lezingen_009.php)
Metropolregion Randstad
Randstad 2040 Das niederländische Entwicklungskonzept auf regionaler Ebene ist vergleichbar mit dem Instrument des Regionalentwicklungsplanes in Deutschland. „Randstad 2040“ wurde vom „Ministerie van Volkshuisvesting, Ruimtelijke Ordening en Milieubeheer“ in Auftrag gegeben. Die Entwicklung eines sinnvollen Konzeptes wurde mithilfe der Planungs- bzw. Beratungsbüros BVR, Feddes/Olthof und One Architecture sowie umfassender Bürgerbeteiligung bewältigt. Die Konzeptplanung wurde in einem strategischen Begleitdokument „Samenvatting Structuurvisie“ aufgeschlüsselt, sodass die Leitbilder, der Ablauf, die Planungsschwerpunkte und die Planungsprinzipien ausführlich dargelegt wurden. Das Dokument dient ebenso als Festlegung, was gezielt gefördert werden muss, um folgende Ziele zu erreichen: Zum einen soll die Küstenregion eine bessere Vernetzung erhalten, um eine bessere Erreichbarkeit zu schaffen. Zum anderen soll die Binnenlandschaft, vor allem zwischen Den Haag, Utrecht, Amsterdam und Rotterdam ebenso eine bessere Vernetzung bekommen, die sich jedoch in die Landschaft einfügen soll. Das „Grüne Herz“ soll dabei so wenig Beeinträchtigung wie möglich erfahren. Zuletzt sollen die Wohn-Arbeiterviertel gezielt verändert werden, insofern dass die Gewerbegebiete mehr Urbanität bekommen müssen und eine bessere Anbindung zu Städten benötigen. Außerdem soll mithilfe des Ausbaus des Bestandes eine neue Lebendigkeit geschaffen werden. Die Ziele stehen dabei unter folgenden Prinzipien: Raum vergrößern, Raum schaffen und Raum verdichten.
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Abb. 58 Delta Metropolis (http://deltametropool.nl/v1/pages/ archief/lezingen/lezingen_009.php)
meint, die eine rationelle Organisation der Urbanität und Industrialisierung im westlichen Teil der Niederlande. Han Meyer traf in seinem Werk „Complexitity Theories of Cities Have Come Of Age“ diesbezüglich wichtige Aussagen über mögliche Auswirkungen des Klimwandels und des steigenden Meeresspiegels. Er ist Professor für „Urban Composition in the Facult of Architecture and Built Environment“ an der Technologie-Universität Delft. Er präsentierte zum Thema „Delta Metropolis“ neue Konzepte, die zeigten wie Umweltschutz flexibler auf die Veränderungen des Klimawandels reagieren können.
3.4 Biennale ROtterdam Juliane A. Doniek, Sofia Hanina, Patrick Rahe
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Context Wie der Titel schon vermuten lässt, beschäftigte sich die IBAR - international architecture biennale Rotterdam mit dem Thema Wasser. 2005 war die Debatte um den Klimawandel allgegenwärtig. Fast täglich berichteten die Nachrichten von ansteigenden Wasserspiegeln, Naturkatastrophen wie dem Tsunami in Südost Asien und brechenden Flussufern. Die IBAR - international architecture biennale Rotterdam findet alle zwei Jahre statt und ist eine Forschungsbiennale. In Arbeitsgruppen wird themenbezogen auf die jeweiligen Inhalte der Ausstellung hingeforscht. Jene Forschung wird seitens der Stadt finanziell und inhaltlich unterstützt. Ausgehend von dem niederländischen Standpunkt („Wasser stellte für das Land schon immer eine Herausforderung dar, welche seit jeher zum Vorteil gewendet wurde“) ordnet sich die Biennale im zweiten Schritt in einen internationalen Kontext ein. „(...)always with a focus on the future of the city(...)“ Der Standpunkt der Biennale ist, dass Architektur und Stadtplanung von großer sozialer Bedeutung sind. 2050 werden 80 Prozent der Menschen in der Stadt leben. Demnach ist es unumgänglich die Stadt nachhaltig zu denken. Dabei ist gutes Design entscheidend. 2001 ist die IABR ins Leben gerufen worden. Somit war „The flood“ die zweite Ausstellung seiner Art. Die Ausstellungder IABR präsentierte schließlich Forschungsprojekte, die in die Themenbereichen „Water Cities“, „Mare Nostrum“, „Polders“, „Three Bays“, „Flow“ und „City Program“ gegliedert wurden und auf Basis
analytischer Erkenntnisse Vorschläge zur Aufwertung von Küstenraum, zur Umnutzung von Wasserflächen, zum energetisch-klugen Umgang mit Wasser in Zusammenhang mit einer wertigen Gestaltung etc. gaben oder historisch-präzise typisch niederländische (sowie auch internationale) wasser-inherente Raumsysteme vorstellten. Darüber hinaus gab es im Rahmen der Biennale zahlreiche Konferenzen und Debatten. Anhand von ausgewählten Beispielen werden nachfolgend die einzelnen Themenbereiche vorgestellt. Die Geschichte der „Water Cities“ Die Einleitung in das Thema „Water Cities“ geschah innerhalb der IABR durch einen Abriss über die Geschichte der Wasserlagen in der ganzen Welt. In den Niederlanden ist fast jede Lage am Wasser künstlich angelegt. Die Landgewinnung auf dem Wasser hat lange Tradition. Schon im 10. Jahrhundert begannen erste Siedlungen auf Deichen zu entstehen. Über die Zeit gewannen die Water Cities immer mehr an Bedeutung und wurden international umgesetzt. Leitthemen waren dabei beginnend mit dem Handel, militärische und später erholungstechnische Absichten. Im 20. Jahrhundert weiteten sich immer mehr Städte auf das Wasser aus und ehemahlige Utopien wurden Wirklichkeit. New Dutch Water Cities Das Kapitel „New Dutch Water Cities“ zeigt neue innovative Ideen Lebensraum auf dem Wasser zu schaffen. Die Projekte befinden sich allesamt in den Niederlanden und zeigen neue Wege der Langewinnung auf. The Waal Elbows ist ein Projekt, dass sich auf dem Fluss Waal nahe Rotterdam befindet. Dieser mündet im Westen in den Rhein. Die Idee bestand darin aus einem wasserspeichernden Polymer, wie es ihn auch in der Windel gibt eine SpongeLandschaft zu schaffen. Funktionieren soll das Projekt durch ein Dualsponge-System bestehend aus einem structural and einem soft System. Das
Mare Nostrum In diesem Kapitel werden drei internationale Projekte, die sich mit bestehenden Strukturen am und im Wasser auseinandersetzen, vorgestellt. Das Projekt „Fluvium nostrum“ befindet sich in Samara, einer Stadt im Nadelöhr der Wolga. Die Stadt liegt auf beiden Seiten des Flusses. Während sich die Kernstadt östlich befindet, ist das Westufer überwiegend informel mit Dachas besiedelt. Die Dachas sind aus günstigen Materialien gebaut und decken die notwendigsten Flächenbedürfnisse ab. Das Konzept des Projektes bestand darin die Typologie der informellen Dachas herauszuarbeiten. Dies geschah über Zeichnungen und Modelle. „6000 miles“ befindet sich an der Küste Schottlands. Das fragile Gebilde leidet unter dem fortschreitenden Niedergang der ansässigen Indust-
rie. Der Steg ist scheinbar alternativlos sich selbst überlassen. Der Entwurf schlägt vor das verlassene Pier umzunutzen indem es geteilt (Abb.67) und zu Inseln transformiert wird. Die verschieden Teile (Inseln) des Piers sollen dann unterschiedlich mit Wohnen, Arbeiten, Ateliers etc. programmiert sein. Durch die Kleinteiligkeit und gleichzeitige Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten kann das einst verlassene Küstengebiet wieder zum Leben erweckt werden. Das Projekt Mare Meum liegt an der belgischen Küste zwischen Schlede-Delta und Calais. Der „belgischer Atlantikwall“ ist eine lineare Stadt entlang des Atlantik, die das Hinterland von der Küste trennt. In diesem Konzept wurde einerseits die Verbindung von (Hinter-)Land und Ozean und andererseits der Schutz der Küste vor den Gewalten des Wassers und der Gezeiten angestrebt. Schollen des Küstenstreifens (Abb.68) sollten auf das Wasser wandern, wodurch ausgeprägte Spots enstanden und entsprechend geführte Connections sichtbar wurden. Polders Die Austellung zeigte bezüglich Poldern auf, dass diese im geschichtlichen Kontext periodisch stark variierten. Man könnte sagen, dass es so etwas wie Polder-Epochen gibt. An dieser Stelle sollen zwei stark unterschiedliche Polder-Typologien vorgestellt werden: Das Harlemmermeer ist ein Polder mit Anschluss an den Ozean. Indem Wasser eingeleitet wurde, konnte ein neues Netzwerk aufgebaut werden. Dieses Polder ist ein Beispiel für das „Bauen auf der grünen Wiese“. Es ist vollständig am Reißbrett entstanden, ohne entscheidende Beeinflussung durch den gegebenen Kontext. Der Prins Alexander Polder ist hingegen um eine Bucht herum geplant worden und verfügte über 26 Brücken. Durch Wasserzuleitungen konnte mit geringem baulichem Aufwand im Kontext geplant werden. Die angepasste Struktur spiegelt die Linien des „Bestands“ wieder.
Biennale Rotterdam
softe System nimmt saisonales Wasser auf und gibt es wieder ab. Wenn der Wasserspiegel steigt, wird der Softsponge durch eine Zugabe verhärtet und neues Land wird geschaffen. Daraufhin wird ein neues Band an Softsponge an der Peripherie angelegt. Die Projektidee von Catamaran City liegt nahe der Halbinsel Goeree wieder unweit von Rotterdam entfernt. Die Insel ist aufgrund von regelmäßiger Überflutung ungeeignet für Besiedlung. Die Niederlande hat normalerweise einen schwarz-weiß Ansatz zum Thema Wasser Mangement - ist das Land sicher so kann es besiedelt werden und wenn es keinen sicheren Boden zur Verfügung stellt, dürfen sich dort auch keine Menschen aufhalten oder gar leben. Das Offshore Projekt liegt jedoch in einer Grauzone. In dieser Grauzone schlägt das Projekt ein neues Gebiet für temporären, öffentlichen Raum vor. Dabei steht das organisch geformte Promenadenelement (Abb.63) im Mittelpunkt und kann flexibel angeeignet werden. New Dutch Water Cities ist eine Sammlung an nicht realisierten Projekten.
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Three Bays Die Austellung „Three Bays“ widmet sich Amsterdam, Tokio und Venedig. Dort sind in der Vergangenheit geologisch sehr ähniche Buchten entstanden. Im 16 Jahrhundert enstanden durch Landgewinnung diese drei florierenden Städte. Drei Gastkuratoren analysierten die Enstehungsgeschichte und Kolonisation dieser drei Buchten. Die Ausstellung offenbart eine starke historische Verwandschaft. Wobei Amsterdam sich inhaltlich zwischen den anderen zwei Städten und ihren Buchten befindet. Es offenbart sich, dass die Errichtung von Poldern kein exklusives Recht der Niederlande ist sondern ganz im Gegenteil weltweit stattgefunden hat. Flow
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Ein weiteres Austellungsthema lief unter dem Titel „Flow“. In diesem Austellungsteil wurde anhand von neun Beiträgen aufgezeigt, dass Wasser nicht immer ein Gegner in der Frage um Gewinnung von Lebensraum sein muss. Die neun Projekte waren inhaltlich als auch größenmaßig sehr unterschiedlich. Was sie verbindet ist, dass sie nicht versuchen gegen das Wasser zu kämpfen, sondern es in einer unkonventionellen Art und Weise zu nutzen.
3.5 Colonie Di Mare Flora Hagedorn, Matti Hänsch, Lorenz Mohrhoff
Zu Zeiten des Faschismus in Italien wuchsen an den Küsten zahlreiche Feriensiedlungen aus dem Boden. Sie hatten die verschiedensten Schwerpunkte, dienten jedoch allem voran Mussolinis Regime zur Propaganda und folgten einer allgemeinen nationalen Strategie. Weite Küstenteile Italiens wurden bleibend unter dem Ziel einer Urbanisierung geprägt und stehen auch heute noch unter ihrem Einfluss. Geschichte der italienischen Feriensiedlung Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigten sich an den Küsten Italiens erste Entwicklungen des Tourismus. Ärzte und Philantrophen waren sich zunehmend einig über den heilsamen und therapeutischen Nutzen des Meeres. So entstanden zunächst vornehmlich für den Adel und das Bürgertum erste Seebäder an den Küsten. Eines der größten und bekanntesten Bäder dieser Zeit war Viareggio in der Toskana. Neben zahlreichen therapeutischen Einrichtungen entstanden vor allem Hotels, Piers und Vergnügungsetablissments. Weite Parkanlagen, große Alleen und eine horizontale, der Küste folgende Ausrichtung prägten das Gebiet. Bis heute bildet der Ort eines der wichtigsten touristischen Zentren in der Region. Ebenfalls recht früh im 19. Jahrhundert wurde die See zunehemend für die Arbeiterklasse erschlossen. Es entstanden erste Kolonien, die das Ziel hatten ärmere Teile der Bevölkerung Therapien zu unterziehen um Volkskrankheiten wie Tuberkulo-
Kolonien während des italienischen Faschismus Mit dem Einzug des Faschismus in Italien gelangen auch die Kolonien in das Blickfeld der Politik. 1920 und 1922 wurden in Mailand erste Konferenzen abgehalten mit dem Ziel die Einrichtungen zu regulieren und zentral zu verwalten. Ziel war eine Instrumentalisierung der Kolonien zur Porpaganda des neuen Regimes. Es wurden Regulationen festgelegt, die neben dem Ziel der Neustrukturierung ebenso die propagandistischen Elemente in
den Alltag der Kolonien zu integrieren versuchte. Zu diesen Regulationen gehörte es, dass die Kinder während ihres Aufenthaltes von mindestens 3-5 Wochen, vollständig von der Außenwelt isoliert werden sollten. Es sollten zudem geordnete Tagesabläufe eingehalten werden, in deren Mittelpunkt die Therapie in Form von Gymnastik oder Sonnenbaden, aber auch propagandistische Aktivitäten, wie das Flaggehissen oder Marschieren, als zentrale Tätigkeiten vorgeschrieben wurden. Außerdem sollten Mädchen und Jungen innerhalb der Einrichtung getrennt voneinander leben. Auch die einzelnen Funktionen innerhalb der Kolonien sollten getrennt voneinander sein. So sollte folglich jede Kolonie in zwei Teile getrennt werden und jeder Funktion sollte ein eigener Gebäudeteil zustehen. Insgesamt sollten die Kolonien isoliert liegen und gut bewacht sein. Eventuelle Besuche von außerhalb durften nur familiär sein und nur innerhalb einer Kolonie stattfinden. Durch die totale Isolation der Kinder sollten Alltag und Normalität ausgeblendet und Drill gefördert werden. Zudem sollten intern eine hierarchische soziale Struktur entstehen und unter den Kindern ein starkes Gefühl von Gleichheit und Zusammenhalt. Oberste Instanzen in den Kolonien waren Ärzte, Lehrer und Geistliche. Die Kinder wurden, ähnlich dem Militär, in Kader (Gruppen) aufgeteilt. Jedes Kader hatte einen Leiter und mehrere Kader waren einem Wächterlehrer zugeteilt. Die Individualität jedes Kindes wurde missachtet. Individuelle Lehrmethoden oder eine individuelle psychische Versorgung eines Kindes waren unerwünscht. Lediglich medizinisch wurde jedes Kind regelmäßig einzeln untersucht und Therapien entsprechend individuell angepasst. 1926 wurde unter der faschistischen Regierung die Jugendorganisation Operazione Nazionale Balilla (ONB) gegründet.Auch diese prägte daraufhin die innere Organisation der Kolonien. Kinder wurden nun im Alter von 8 bis 14 Jahren in die Balilla Gruppe und mit 15 bis 18 Jahren in die Avanguardisti Gruppe eingeteilt.
Colonie Di Mare
se oder Unterernährung entgegen zu wirken. Die Initiativen hierzu gingen vor allem von der Kirche und privaten Stiftungen aus. Zunächst wurden vor allem bereitsbestehende Strukturen umgenutzt jedoch folgten zunehemend auch eigens erbaute Kolonien. So entstand 1822 in Viareggio, durch das Krankenhaus Lucca, die erste neu erbaute Kolonie speziell für Straßenkinder. Die meisten Kolonien entstanden in der Toskana, der Emilia sowie der Romanga. Wenig später folgten außerdem viele Einrichtungen in den Alpen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es so in ganz Italien verteilt bereits um die 50 Kolonien für Kinder. 1918 wurde von Seiten der Regierung eine generelle Inspektion aller Kolonien ins Leben gerufen, um einen Überblick über die Entwicklung zu gewinnen. Der damalige Hauptverantwortliche Gallo Cabrini notierte in seinem Bericht „Le colonie scolastiche in Italia nell‘anno 1918“ verschiedene Untertypen von Kolonien. So gab es neben einfachen Ferien- oder Sommercamps auch Freiluftschulen, Zentren präventiver Medizin oder Sonnentherapie Resorts. Zudem wurden Unterschiede im Personal festgestellt. Allgemein war das Personal stets sehr religiös geprägt, was sich mit zunehmend südlicher Lage der Kolonien verstärkte. Generell wurde zudem die zunehmende Attraktivität der Kolonien festgestellt. So wurden im Jahr 1902 noch 2 500 Kinder in Kolonien untergebracht, 1922 waren es bereits 100 000.
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Kolonien als nationales Strategiemittel des Faschismus Mit dem Aufstieg des Faschismus in Italien erlebten auch die Kolonien eine Blütezeit. Sie stellten für das Regime unter Mussolini ein perfektes Mittel dar vor allem die unteren Schichten der Gesellschaft unter sich zu einen und zu ideologiesieren. Einher mit Mussolinis „Marcia su Roma“ (Marsch nach Rom) 1922 ging ein regelrechter Marsch an das Meer. Verteilt über die gesamte Küste Italiens ließ er Kolonien nach seinem Vorbild errichten. Verschiedenste Typologien entstanden, die alle eine moderne Erschienung und eine Funktionen trennende, punktuell verdichtetende Struktur gemeinsam hatten. Doch nicht nur die Siedlungen, sondern auch die Küste selbst wurde zahlreichen Maßnahmen unterzogen. Sumpfige Gebiete wurden nutzbar für die Landwirtschaft gemacht, Straßen und Schienen wurden gebaut und neue Städte gegründet. Das „Vaterland“ sollte unter Mussolini wirtschaftlich, sozial und kultuell reformiert werden und im Zentrum aller Interventionen stand die Küste als wichtigstes territoriales Element Italiens. Mostra Nazionale delle Colonie Estive e dell‘Assistenza all‘ Infanzia Im Jahr 1937 wurde in Rom die „Mostra Nazionale delle Colonie Estive e dell‘Assistenza all‘ Infanzia“ (Nationale Ausstellung der Sommerkolonien und der Assistenz für die Jugend) eröffnet. Das Austellungsareal wurde auf dem historischen Grund des Circus Maximus errichtet und diente dazu der Bevölkerung den Erfolg der Feriensiedlungen zu präsentieren, sprich der Propaganda. Die gebaute Struktur auf dem Gelände nahm die lineare Natur des prominenten Grundstückes auf. Ein lang gezogener Marschplatz bildete das Kernstück und den Mittelpunkt des Geländes. An ihm aufgereiht befanden sich 11 Pavillions. Hauptsächlich hatten diese das Ziel Aktivitäten aus den Kolonien zu repräsentieren. Zu dem Programm gehörten viele Choreographien. Unter anderem beinhaltete das
Abb. 59 Typ Monoblock Schema
Abb. 60 Typ Village Schema
Abb. 61 Typ Tower Schema
Abb. 62 Strukturschema
Typologien Zwischen 1922 und 1945 entstanden die meisten Feriensiedlungen in Italien. Vor allem in der Toskana sowie Emilia und Romanga wurden viele Kolonien in kürzester Zeit errichtet. Dabei entstand eine Vielzahl von Typen, die alle einem Grundkonzept folgten. Im Mittelpunkt der Architektur steht immer die Zentralität eines kompakten Hauptvolumens. Die innere Struktur folgt meistens einer Zweiteilung mit einem Zentrum. Zudem sind oft einzelne Funktionen in der Architektur ablesbar. Die Hauptvolumen des Komplexes folgen meist einer Achse. Die beliebteste Struktur stellte der sog. Monoblock dar. Die meisten Funktionen waren in einem großen horizontal ausgerichteten Block organisiert. Der horizontale Körper des Blocks stand meist parallel zur Küstenlinie ausgerichtet. Somit war der Weite des Meeres ein Gegenstück gesetzt. An der Küste selbst wurde eine Linearität erzeugt, wie es in der faschistischen Architektur häufig zu finden war. Oft befanden sich hier weitläufige Marsch- und Flaggenplätze. Zudem wurde die Isolation des Geländes untermalt, da das Gebäude hauptsächlich hin zur See und weg vom Umland stand. Zur See hinaus waren oft zusätzlich Stege und Piers angelegt, die orthogonal zum Gebäude hinaus auf die See zeigten. Auch diese Ausrichtung betonte die Achsialität des Areals. Trotz der Monumentalität und Härte, die viele Kolonien in ihrer Grundstruktur aufwiesen, war auch stets ein freundliches Erscheinungsbild im Sinne der Planer. So waren viele Kolonien sehr farbig ausgestaltet oder erinnerten in ihren Volumen an Schiffe oder andere maritime Elemente.
Erfahrungsberichte zeigen, dass dieses Anliegen auch bei den Kindern auf Akzeptanz traf. Und die Grundlegende Wahrnehmung von Zeitzeugen konstant sehr positiv ausfällt. Resümee Nicht nur die Wahrnehmung der Architektur, auch die des sozialen Umfelds und des Lebens in den Kolonien fällt bei vielen Zeitzeugen im Nachhinein sehr positiv aus. Die Aufenthalte in den Ferienlagern stellten eine außergewöhnliche Erfahrung dar und waren eine Seltenheit in den Leben der Kinder, die oft aus armen Verhältnissen kamen. Die Kosten für die Familien waren verschwindend gering, sodass jedes Kind die Möglichkeit auf Ferien am Meer hatte. Auch Kinder italienischer Familien im Ausland hatten Möglichkeiten die Kolonien zu besuchen und somit die Chance eine Verbindung zu ihrer Heimat zu gewinnen. Das Regime schuf somit optimale Bedingungen eine zufriedene, regierungstreue Unterschicht zu halten. Der Drill und die Anonymität des Einzelnen wurde von den Familien folglich unkritisch gesehen. Die Feriensiedlungen sind in Italien auch bis heute eine große Tradition geblieben. Nach dem Niedergang des Faschismus blieben viele Kolonien in Betrieb. Innere soziale Strukturen haben sich selbstverständlich zum Besseren gewandelt. Heute sind jedoch die meisten Anlagen von damals außer Betrieb oder umgenutzt. So sind viele Kolonien heute zu großen Hotelanlagen geworden und stellten teilweise auch Keimzelle für heute weiträumige touristische Gebiete dar. Der Großteil der Kolonien bleibt jedoch unberührt und stellt ein Relikt an eine andere Zeit dar. Eine Zeit in der ein politisches System ein Territorium mit Strukturen erschloss, die sich den landschaftlichen Gegebenheiten sehr gegensätzlich verhielten und sich so nun in neuen Zeiten schwer damit tun eine neue Nutzung zu finden.
Colonie Di Mare
Gelände sogar einen Pavillon in dem Kinder über den Ausstellungszeitraum lebten, wie in einem Ferienlager. Der Tagesablauf wurde wie in den Kolonien nachgespielt und das Raumprogramm des Pavillons sollte den Stereotypen aller anderen Kolonien darstellen. An jenes Raumprogramm hatten sich alle Architekten in der Planung einer Kolonie penibel zu halten.
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3.6 PICITY Flora Hagedorn, Matti Hänsch, Lorenz Mohrhoff
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Das Buch „PICITY - Ponente Intelligent Coast City“ beschäftigt sich mit einem Abschnitt des Arco Latino entlang der ligurischen Mittelmeerküste. Hierfür werden unterschiedliche Aspekte eines 25 Kilometer langen Küstenabschnittes zwischen Genua und Imperia untersucht. Der Abschnitt umschließt unter anderem die Stadt Savona. An ihm arbeiteten Jacopo Avenoso, Tomaso Boano, Paola De Lucia, Sara Favargiotti, Sara Grignani, Cinzia Loiacono, Mathilde Marengo, Riccardo Miselli, Beatrice Moretti, Gianluca Motto, Chiara Olivastri, Alessandro Parodi, Fabrizio Polimone und Emanuele Sommariva mit. Die Arbeiten wurden von Franz Pratti, Mose Ricci und Gianluca Peluppo betreut. Die Gleiderung des Buches sieht vier Hauptteile vor. Der erste Bereich gibt einen Überblick, über die Gesamtverortung des Buches und die verschiedenen Projektareale sowie ihre spezifischen Anforderungen und Herausforderungen. Im zweiten Abschnitt werden weiterführende Analysen zu den Zusammenhängen der Gesamtregion der PICITY vorgestellt und zeigen Verbindungen innerhalb des Systemes auf. Außerdem werden weiterführende Informationen zur Nutzung und Aufteilung der Küstenlinie gegeben. Tiefergreifende Analysen und Aufstellung über die funktionellen Ebenen der einzelnen Orte an der Küste und ihren Aufbau folgen im dritten Teil des Buches. Darüberhinaus werden auch Einsichten in die verschiedenen Siedlungsstruktren und Verkehrbeziehungen aufgezeigt.
Der vierte und letzte Bereich des Buches zeigt neun unterschiedliche Szenarien; wobei jedes dieser neun Szenarien von einem unterschiedlichen Autor ausformuliert wurde. Es ergibt sich somit am Ende eine Zusammen- und Aufstellung über verschiedene Entwurfsansätze entlang eines zusammenwachsenden Systemes von eigenständigen Orten, die sich aufgrund ihrer Nähe in ihren Funktionen und Strukturen gegenseitig bedingen und dabei konstant beeinflussen. Die nebenstehenden Grafiken sind aus dem dritten Teil des Buches und stehen beispielhaft für die verschiedenen Apsekte und Ebenen, die in diesem Teil analysiert und für die auch Verbesserungsansätze formuliert werden. Der Teil ist so aufgebaut, dass stets zuerst eine Aufstellung des zubetrachtenden Aspektes gezeigt wird und in einem weiteren Diagramm innerhalb des Status Quos neue systematische Eingriffe dargestellt und ausprobiert werden. Sowohl die Wichtigkeit mannigfaltiger Transportmöglichkeiten und der damit verbundene Anschluss an ein bisher bestehendes System. Anhand dieser verdeutlicht sich der Anspruch, Transportwege zu schaffen, die eine hohe Durchlässigkeit untereinander erlauben und ein Netz aufspannen sollten, das möglichst eng und komprimiert ist. Weitere Analyseansätze sind die Betrachtung der Freizeitmöglichkeiten, die sich entlang der Küste ergeben (vgl. Abb. 6). Ein breit aufgestellte Freizeitangebot ist vor allem auch aufgrund unterschiedlicher topographischer und struktureller Situationen in der Region zu ermöglichen. Eine andere Ebene, die im Laufe der Analyse Betrachtung findet, ist die Ausformulierung des Grünraumes in der direkten Küstennähe. Mithilfe der Bestimmung der genauen Positionierung einzelner Grünsetzungen kann in diesem Diagramm eine sowohl qualitative als auch quantitave Aussage über die Abfolge von Grünräumen und ihrer Charakteristika getroffen werden.
Diese unterschiedlichen Szenarien passen sich auch jeweils in den Gesamtkontext der Region ein und nehmen hier ebenfalls ihre Position ein, anhand derer sie ihre eigene Identität in diesem Umfeld finden und schaffen können. Vor allem die Gesamteinbindung der Projekte zeigt, welche Analyseschritte und -arbeiten vorausge-
gangen sind, so dass sie in der Lage sind, sich nahezu selbstverständlich und eingewachsen in der Region zu positionieren. In diesem Zusammenhag zeigt sich die Küstenregion am Ende als ein zusammenhängendes System, deren Schwächen und Potenziale durch die Interventionen aufgegriffen und verstanden wurden. Ein neu entstandenes Gesamtsystem bildet das Buch als eine Möglichkeit ab, wenn strukturelle Eingriffe aufeinander reagieren und miteinander in Verbindung stehen. Das Buch dient letztlich als Beispiel dafür, welche Bedeutung einer guten Analyse zuteil kommen muss, um aus ihr heraus zukunftsträchtige und belastbare Interventionen zu entwickeln, die auf die spezifischen lokalen Begebenheiten reagieren und sich mit ihnen arrangieren. Hierfür ist das komplette Projekt, welches „PICITY - Potente Intelligent Coast City“ darstellt, eine Orientierung, die dabei hilft nicht zu vergessen, dass sich Orte vor allem im Zusammenhang miteinander verstehen und entwickeln. Gerade eine Region, wie die ligurische Küste, bedarf aufgrund ihrer topographischen Besonderheiten und der Nähe zwischen den einzelnen Siedlungsstrukturen einer Betrachtung als Gesamtsystem, in dem jedem Ort eine eigene Rolle zuteil wird. So ist es unabdingbar zu verstehen, dass Regionen immer näher zusammenwachsen und stärker miteinander verworben werden. Besonders dank gesteigerter Mobilität und wachsender Möglichkeiten der ortsunabhängigen Lebensgestaltungen sind primär Regionen als Bereiche zu verstehen, in denen sich zusammen und abhängig voneinander entwickelt wird. In einer solchen Küstenregion ist der Tourismus als einer der prägendsten Faktoren auch stets präsent und profitiert ebenfalls von der Nähe und der gesteigerten Mobilität zwischen den Orten, die nur zusammen in der Lage sind, allen Ansprüchen und Anforderungen gerecht zu werden.
PICITY
Diese Analyse- und Entwurfsdiagramme geben sowohl in ihrer darstellerischen Qualität als auch in ihrem Informationsgehalt einen guten Eindruck über den Aufbau der ligurischen Küstenorte um die Stadt Savona herum. Außerdem lassen sich anhand ihrer schon erste Eindrücke und Aussagen über die Region gewinnen, die den Leser für die weiteren Projekte und Vorstellungen in dem Buch sensibilisieren. Ihm wird somit ein leichtes Handwerkszeug gereicht, das es ihm erlaubt, die Ansätze der späteren Arbeiten besser einzuordnen und zu verstehen. Besonders die systematischen Zooms und Schnitte erklären die Herauforderungen, denen sich in der Küstenabschitt gegenübersieht und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um strukturelle Verbesserungen hervorzurufen. Die Gesamtübersicht zum Ende des Buches zeigt noch einmal eine Einwebung aller erarbeiteten Szenarien in den Gesamtkontext der Region der PICITY. Jedes der Projekte sicht sich anderen Herausforderungen in dem jeweiligen Ort gegenüber und jedes Projekt wählt einen anderen Schwerpunkt und eine andere Hauptthematik, mit der es sich den Gegenbenheit annimmt und sie beeinflusst. Ein Aspekt, der für viele der Arbeiten aber dennoch wichtig und zielführend war, ist die Umnutzung und Reaktivierung von bisher brach liegenden und ungenutzten Industrieflächen, die im Laufe der Zeit ihre eigentlichen Funktionen eingebüßt haben. Oftmals agieren die geplanten Strukturen aber auch als Katalysatoren, die neue Begegnungsflächen und -orte ausbilden. Anhand dieser Strukturen erfahren die Küstenorte besonders in unmittelbarer Küstennähe neue Impulse und Ideen.
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68
Abb. 63 Verortung Costa Iberica
3.7 Costa Iberica
Spanien gilt als das Urlaubs - und Touristenziel in ganz Europa. Aufgrunddessen zählt die Tourismusbranche zu einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren im Land und damit als Existenzgundlage. Als Hauptanziehungspunkt gelten das gute Wetter über das ganze Jahr und der Atlantik. Durch teilweise preiswerte Angebote und günstige Hotelpreise gab es einen regelrechten „Hotel Boom“, der an der Costa Iberica und im Detail an der Costa Brava zu einer der dichtesten Zonen Europas geführt hat. Basierend darauf hat sich die Region zu einem Standort entwickelt, wo der Massentourismus vorherrschend ist. Dieser rapide Anstieg des Tourismus in Spanien wird an dem Beispiel von Benidorm deutlich. Dort ist der Tourismus in den letzten Jahren in die Höhe gegangen und sorgte für ein Hochhausmeer. An der Stelle befinden sich nun 40 Hochhäuser die mehr als 25 Geschosse aufweisen, was für eine hohe Touristenzahl auf möglichst kleinem Raum sorgt. Eine Vielzahl der Gebäude sind für die Touristen Richtung Strand ausgerichtet und sorgen so für eine hohe Rückseitendichte innerhalb der Stadt. Trotz der städtischen Optik und Wirkung nach aussen handelt es sich aufgrund der homogenen Strukturen nicht um einen urbanen Raum/ Urbanität. Bei der hohen Abhängigkeit von dem Tourismussektor besteht die Gefahr, dass die auf Massentourismus ausgelegten Städte und Gebäude im Winter und bei niedrigen Buchungszahlen zu Geisterstädten werden können.
Das holländische Architekturbüro MVRDV hat aufgrund der Entwicklung des Tourismus in Spanien und speziell in Benidorm, ein Szenario entwickelt, das die dortige Architektur und den damit eingehenden Massentourismus kritisiert. Das Konzept greift die Architektur auf und ergänzt die bestehenden Elemente ebenfalls mit Hochhäusern. Durch diese hinzugefügten Gebäude, die ein Kreuz als Form haben, bringt das Architekurbüro seine kritische Haltung gegenüber dem Massentourismus und der Architektur zum Ausdruck. Das durch die Kirche geprägte Symbol, steht in diesem Kontext für ein Symbol von Leid, Schmerz und Tod. In der Interpretation und der Übertragung auf den Massentourismus in Benidorm, bedeutet das, dass der Baugrund leichtfertig verschenkt wird und bei einer weiteren Überwucherung der Stadt mit Hochhäusern, die Flächen an Wert verlieren und „aussterben“. Durch die Kreuzform wird in der Höhe das Gebäude punktuell wieder breiter, was noch mehr Raum für Tourismus auf den Platz, wie ein gradlinig verlaufendes Hochhaus, bedeutet. Dadurch bekommt die kritische Haltung eine ironische Wertung auf der einen Seite, auf der anderen Seite ein Konzept noch sparsamer zu bauen. MVRDV skizziert das Szenario so weit, dass irgendwann die Hochhäuser ins Meer ausweichen und dort aus Wasser und Meer eine Siedlung vor der Küste entstehen zu lassen. Darüberhinaus bekommen die Kreuze eine zweite horizontale Ebene, um eine noch höhere Dichte zu bekommen. Letztendlich ist die Küstenlinie überwuchert von Hochhäusern.
Costa Iberica
Felix Többen, Sina Wagner, Nina Weiland
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3.8 Barcelona Ana Julia Kleba, Beatrice Rezzani
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Abb. 64 Cover von Gausa, Manuel u.a.: Multi Ramblas. BCN 6T.
Abb. 65 Cover von Gausa, Manuel: BCN GOA
Multiramblas, 6T Barcelona is a research produced by a “Intelligent Coast” for DHUB – Design Hub of Barcelona, Institute of Culture of City of Barcelona. The research aims to re-think, first, the role of Las Ramblas in Barcelona as “trademark” of space and of urban tourism in the city. The analysis of Las Ramblas as a great public space, a paradigm of Mediterranean travel, the crossroads of streams, events – and of interests – locals and globals and focal point between the central city and the sea, enabling, the same time, to create a reading of second level with the new role of public space in the contemporary city, as a system on “network” of relations and articulation.
BCN GOA presents 20 readings (19 +1) for 2 cities and urban areas of their respective twentieth-century extensions, Eixample Cerda in the case of Barcelona and Foce in the case of Genoa. Rational urban fabrics, the results of industrial development at the end of the nineteenth century, conceived for the efficiency that guarantees their reticular geometry and that today open to new interpretations associated with more variable, integrated (and infiltrated) geometries in their own textures. The research takes as a starting point the reformulation of the concepts of mobility and connectivity in the contemporary city and its connection with a new ecological sensitivity to the recovery of public space and the integration of landscape and green in the city.
the sea, on the other the mountains. Therefore, it takes the sea as the main element of contemplation and as the starting point. In the urban plan, the perpendicular streets make its connection with the city. To connect these streets, and the different parts and city functions, the horizontal and diagonal streets. connect the coast with the residential, commercial and productive fabric of the city lines. Recently, many scholars and urban planners have been interrogated on this subject. Particularly, the Spanish architect and urbanist Marcel Gausa, teacher at the University of Barcelona, asked himself and to his team of Master students, what could be a possible future which allow the city to expand and grow over time. This investigation has far-reaching roots, begins in the alleys and in the systematic analysis of the physiology of the city. A city that is based on a constant, orthogonal form, made of insulates that do not change either in shape or size and are the semantic matrix of the city‘s urban soil. Gausa proposes a functional equation: redefining the viability + reconsidering the public space + introducing the green factor + social interaction. Nerveless, what about green spaces? BCA has two large parks, green basins that cover a peripheral role: re-naturalization passes through linear parks and blocks in parks (gardens strewn along existing paths) creating a discontinuous green. This intervention is also applicable in the Genoese context even if in a different way: in : Genoa courts and blocks have different shapes and sizes, which makes these indoor gardens more accessible: they should become the core of a new reformulation of urban green. The public relational space that arises from the reinterpretation of the pavement: a fabric that induces pause and reflection, more enjoyment than quick movement,
Barcelona
A compact system, a mosaic fixed to a city composed of layers, layers and multiple layers that promote a new dynamic city structure, a new lively kaleidoscope city. The orthogonal mesh made of Manzanas (insulated) is crossed by connecting strings: beyond the Ramblas we recognize a system of strings, connecting ropes that connect sea, coast and mountains. Thus, the urban mesh follows Gausa the new metropolitan urban planning program as BCN and GOA. The district, whose size doesn’t exceed that of 3 Barcelona’s manzanas- acts as a hinge between two genuinely different genres and has been subjected to readings and experiments by the Genoese University (also enclosed in this text). Another point of discussion is the reclamation that must also go through urban recycling: the dense city doesn’t require a massive destruction and rebuilding, but only re-elaborations that look outside of the isolation, along the edges and in the streets, creating a new way of viability system. Also channelling successfully tying some buildings to the external road system in order to strengthen and increase the quality and identity of the context. These synthesize the 6 factors of excellence of the innovative metropolis, the 6 T’s. The Author also presents a study called “Cities of the Dream”, analysing the elements that have made a city attractive to tourism, comparing the major tourist cities with their most important attractive elements. The author bets on this street, as well as other streets perpendicular to the sea, as important elements structuring the city. Providing horizontal and diagonal connections between the streets, it creates a network of flows that connect important characteristics: commercial, institutions, leisure, productivity and knowledge. Analysing the city conformation, it is observed that Barcelona is situated between two limiting elements: on one side
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PORTRAITS
4. Portraits
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The third part of the study will focus on the exploration of territorial characteristics and spatial potentials of a 50 x 10km focus area as a significant portion of European coastlines. The group of students should unfold the different territorial layers according to the followings issues: A. Context - topographical outline - spatial context in larger scales - spatial pattern overview - socio-economic background and trends B. Mapping - settlements, infrastructures, landscape - spatial and functional relations - evaluation of potentials C. Scenario - XL: explorative scenario for portrait area - S: zoom scenarios
33
Portrait –- Krim: Context Jalta - Aluschta
4. Portraits
4.1 Krim: Jalta - Aluschta
3185
14
47
29
2
Abb. 87 Verortung Portrait
Juliane A. Doniek, Sofia Hanina, Patrick Rahe
1645
16
01
50
90
74
49
31
A. Context Topographical Outline
42 52
Abb. 66 Verortung Portrait
87
38 2
2
2 km
Die Krim-Region zwischen und um die Städte Jalta und Aluschta ist von naturräumlich einzigartigen Bedingungen geprägt. So befindet sich der Küstenstreifen im grünsten Gebiet der Halbinsel und beinhaltet gleichzeitig ein Gebirgsplateau, das den höchsten Punkt der Krim markiert. Das Gelände steigt seitens des schwarzen Meeres steil zum Plateau hin an, während es sich landeinwärts seicht zu einer Steppenlandschaft entwickelt. Die Höhen sind in feet angegeben somit liegt der höchste Gipfel des Krimgebirges auf 1545 m und trägt den Namen Roman Kosch.
Topographical Outline
3185
24 77
3185
42
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16
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Die Krim-Region zwischen und um die Städte Jalta und Aluschta ist von naturräumlich einzigartigen Bedingungen geprägt. So befindet sich der Küstenstreifen im grünsten Gebiet der Halbinsel und beinhaltet gleichzeitig ein Gebirgsplateau, das den höchsten Punkt der Krim markiert. Das Gelände steigt seitens des schwarzen Meeres steil zum Plateau hin an, während es sich landeinwärts seicht zu einer Steppenlandschaft entwickelt. Die Höhen sind in feet angegeben somit liegt der höchste Gipfel des Krimgebirges auf 1545 m und trägt den Namen Roman Kosch.
Krim: Jalta Aluschta Abb. 67 Schwarzmeerraum
75 Spatial context in lager scales
Patterns
Der ausgewählte Ausschnitt liegt auf der Halbinsel Krim, welche sich wiederum zentral im Schwarzen Meer befindet. Da viel Länder wie die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ukraine und Russland an das Schwarze Meer grenzen, ist es ein wichtiges Gewässer im Bezug auf Handelswege als auch Legung von Pipelines. Vor der Küste der Krim befinden sich zudem Gas- und Ölaufkommen, welche die Halbinsel zu einem begehrten Gebiet machen. Seit der Annexion der Krim durch Russland ist die Zugehörigkeit der Insel unklar. Während Russland die Krim seit 2014 als Teil Russland sieht, erkennt Ukraine als auch der Westen die Eingliederung nicht an. Neben dem Küstenstreifen, den diese Arbeit unter die Lupe nehmen wird, befinden sich entlang der Schwarzmeerküste zahlreiche interessante Orte (Abb.89). Mal sind diese außergewöhlich landschaftlich geprägt, wie Sinop in der Türkei und mal liegen Städte in besonderen geographischen Situationen wie Istanbul oder Kertsch.
Untersucht man den Küstenabschnitt von 50 x 15km nach den anfangs beschriebenen Typologien bzw. Patterns, wird man feststellen, dass vor allem der Typ „Beach Resorts“ unverhältnismäßig oft anzutreffen ist, da sich entlang der Küste im Schnitt im Raster von 5km ein Sanatorium oder Feriencamp findet. Des Weiteren finden sich im vorderen Hinterland viele Herrenhäuser und historische Villen, die ebenfalls eine Typologie darstellen. Besonders nennenswert, wenn auch das einzige Beispiel seiner Pattern-Gruppe „Fortifications“ ist das Schwalbennest bei Jalta, ein europaweit bekanntes Küstenschloss, das 40m oberhalb des Wasserspiegels thront.
76
Abb. 68 Diagramme zur Bevölkerung und Demographie der Urkaine
Socio-Economic Background Die Ukraine gehörte ehemals zu den führenden Volkswirtschaften der Sowjetunion. Nach dem politischen Umbruch Anfang der 1990er Jahre und den ersten sogenannten „marktwirtschaftlichen Reformen“ verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage dramatisch. Erst seit dem Ende der 1990er Jahre wurde das wirtschaftliche Potential der Ukraine wieder besser genutzt. 2008 traf die Wirtschafts- und Finanzkrise die Ukraine besonders stark. Seit Mitte 2015 hat sich die Wirtschaft wieder etwas stabilisiert und in den nächsten Jahren ist ein leichtes Wirtschaftswachtum zu erwarten. Die beschriebene wirtschaftliche Talfahrt spiegelt auch die Bevölkerungsentwicklung im Land wider. Die Bevölkerungsstruktur der Ukraine zeigt den Einbruch der Geburtsraten mit dem Knick zwischen 10 und 20 Jahren. Aber auch die Stabilisierung der Wirtschaft ist den den letzten an
zwei Altersgruppen abzulesen. Im Vergleich dazu läuft die Bevolkerungspyramide Deutschlands seit 1990 konisch zu. Wie die Zeitleiste zeigt, war die Geschichte der Krim sehr ereignisreich. Bevor die Krim 1878 vom Russischen Reich erobert wurde, gehörte sie über 5 Jahrhunderte dem Tatarischen Staat an. 1944 deportierte Stalin Tataren auf die Krim. 10 Jahre später schenkte Chrustschow die Krim der Ukraine. Damals war dies ein rein symbolischer Akt und hatte keine politschen Konsequenzen, da die Ukraine genauso wie Russland zur Sowjetunion gehörte. Erst 1991 nach dem Fall der UdSSR folgen die Konsequenzen der Schenkung, indem die Krim Teil der unabhängigen Ukraine wurde. Ein Jahr später wird die Halbinsel zu einer autonomen Republik. 2014 folgt das bereits angesprochene Referendum, welches zu der Annexion durch Russland führt.
Krim: Jalta Aluschta Abb. 69 Grafiken zur Wirtschaft der Ukraine und zur Geschichte der Halbinsel Krim
Abb. 70 Grafiken zum Tourismus und zur Wirtschaftlage der Halbinsel Krim
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Die Bevölkerungsstruktur nach Nationalitäten macht deutlich, dass der Anteil an Russen seit der Sowjetzeit dominiert, während die Krimtataren zusammen mit den Ukrainern gerade mal 25-35% der Gesamtbevölkerung ausmachen. Die Karte oberhalb der Zeitleiste zeigt hingegen wirtschaftliche als auch versorgungstechnische Abhängigkeiten der Krim von der Ukraine als auch Russland (Stand 2014).Diese werden sich im Verlauf der nächsten Jahre voraussichtlich grundlegend verändern.
78
Die Wirtschaftssektoren der Ukraine waren im Jahr 2014 an erster Stelle durch den Tourismus und an den beiden folgenden Stellen durch den öffentlich Sektor als auch durch die Industrie geprägt. Der Industriesektor setzte sich hingegen hauptsächlich aus der Chemie-, Lebensmittel und Energieindustrie zusammen. Wie die Gafik zur Krims Wirtschaftslage 2013 zu 2014 zeigt, hat sich die Situation in nahe zu allen Bereichen verschlechtert. Da die politische Zugehörigkeit seit 2014 unklar ist, ist auch die Datenlage zur wirtschaftlichen Situation schlecht.
Abb. 71 Sozioökonomischer Hintergrund zum Küstenstreifen
Abhängig von den politischen Entscheidungen wird sich auf der Halbinsel in den nächsten Jahren noch Vieles verändern. Ob diese Veränderungen für die dortige Bevölkerung positive oder negative Konsequenzen haben werden, ist nur schwer abzusehen. Wie die touristischen Attraktionen der Krim zeigen, ist die Halbinsel reich an Unterkünften jeder Preisklasse als auch Denkmälern historischer sowie naturräumlicher Art. Einkommensquellen im gewählten Küstenstreifen sind vor allem Tourismus und Landwirtschaft. Touristische Aktivitäten erstrecken sich derweil entlang der Küstenlinie in erster Reihe, während sich die Landwirtschaft zwischen Bebauung und Grünraum frisst. Der Tourismus differenziert sich im Detail in zwei Arten: einerseits der gängige Sommertourismus, der sich entlang der vielen Strände erstreckt, andererseits eine Art Sozial- und Gesundheitstourismus, der sich in Form der Sanatorien und Ferienlager manifestiert.
Krim: Jalta Aluschta 79
B. Mapping Infrastructure Die verkehrliche Erschließung der Region konzentriert sich grundsätzlich entlang der Küste, wo die einzige Autobahn der südlichen Krim die verteilende Funktion übernimmt. Abzweigend finden sich in den Zentren Jalta und Aluschta lokal bedeutsame Verkehrswege, die weiterführunend an Nebenstraßen verteilen. Ausgehend von den jeweiligen Knotenpunkten bieten sich vielerlei Fußwege, die Küste und unmittelbares Hinterland verbinden und Möglichkeiten für Wandern und „Natursport“ darstellen.Infrastrukturelle Einrichtungen wie z.B. Krankenhäuser werden in den Zentren Jalta und Aluschta sowie in Hurzuf und Partenit. Abb. 72 Mapping zur Infrastruktur
2 km
80
Settlements Die dominanten Siedlungsstrukturen sind Jalta und Aluschta, die beiden Zentren der Region, die sowohl die bevölkerungsreichsten, -dichtesten und ältesten Stadteinheiten darstellen. Siedlungen wie Partenit und Hurzuf fungieren als Vermittler zwischen dichter Stadt (Jalta, Aluschta) und den übrigen, eher zersiedelten Gebieten entlang der Küste. Alle Siedlungsstrukturen befinden sich derweil südlich des Gebirgplateaus direkt entlang der Krimküste. 2 km Abb. 73 Mapping zu Siedlungsstrukturen
Krim: Jalta Aluschta 81
Landscape Prägendes Landschaftselement in der Region ist einerseits das angesprochenen Gebirsplateau, andererseits die großflächig anzutreffende Bewaldung. Des Weiteren stürzen in regelmäßigen Abständen Flussläufe vom Gebirgsplateau gen Küste, an deren Mündungen sich wiederholt die angesprochenen Siedlungen auftun. Landwirtschaftliche Flächen entwickeln sich jeweils um die Siedlungen herum und „fressen“ sich in die Bewaldung hinein.
Abb. 74 Mapping zum Naturraum
2 km
Abb. 75 Erweiterung des Flughafens Simferopol
82 Evaluation of potentials
Abb. 76 Turismus und Gesundheit Abb. 77 Küstengrün
Als besondere Potentiale des Küstenstreifens müssen in erster Linie die naturräumlichen Qualitäten genannt werden. Durch die Gebirgskette im Südosten der Halbinsel konnte zwischen Meer und der ansteigenden Topographie ein fruchtbarer und vielseitiger Naturraum entstehen. Zudem begünstigt das Krimgebirge das milde Klima der Region. Entlang der Küste entstanden bereits im 6. Jahrhundert die ersten Städte. Heute reihen sich Städte unterschiedlicher Größen dem Küstenstreifen folgend auf. Diese bilden Hotspots für den Tourismus. Senatorien und Ferienanlagen aller Art bieten innerstädtisch als auch in der Peripherie ein vielseitiges Erholungsangebot. An dritte Stelle sollte genannt werden, dass der Küstenstreifen, obwohl er hauptsächlich linear entlang der Küste erschlossen wird, gut an den 2015 ausgebauten Flughafen in Simferopol angeschlossen ist.
Auf Grundlage der kontextuellen Analyse und des Mappings entstanden drei explorative Szenarien, die Aussagen über die Zukunft des Küstenstreifens treffen sollten. Jene Szenarien bauen auf jeweils einer von drei potentiellen politischen Entwicklungen auf. Die Szenarien werden sowohl großräumig als auch detailliert in jeweils einem Zoom abgebildet.
Krim: Jalta Aluschta
C. Scenarios
83 Status quo Wie bereits erwähnt, befindet sich die Krim in einer unsicheren politischen Lage. Auf der einen Seite sieht Russland die Eingliederung der Krim durch das Referendum im Jahr 2014 als rechtskräftig an, während die Ukraine und der Westen diesen Status nicht anerkennt. Auf diesem Hintergrund werden die folgenden Szenarien aufbauen. Die Ausgangslage des gewählten Küstenausschnittes sieht wie folgt aus: Obwohl die politische Lage unklar ist, trägt der Tourismussektor noch immer die Küstenregion. Die Städte Jalta und Aluschta bilden dabei die zwei wichtigen Hotspots. Entlang der Küste ergibt sich eine bauliche Dichte, während sich die Landwirtschaft und das Waldgebiet hoch in die Berge ausbreiten. Jalta verfügt zudem über einen Hafen, der die Erreichbarkeit der Stadt über das Wasser ermöglicht. Abb. 78 Aktuelle Lage des Küstenstreifens
2 km
84
Krim: Jalta Aluschta 85 Abb. 80 Perspektive zur Kulturinsel
Szenario „Kulturinsel Krim“ Das erste Szenario geht davon aus, dass sich die Lage entspannt und die Zugehörigkeit der Krim entgültig geklärt wird. Sobald die Krim in eine stabile politischen Situation zurückkehrt, wird der touristische Ansturm zunehmen. Zu den momentan überwiegend russischen Touristen werden Urlauber aus aller Welt hinzukommen. Um den touristischen Sektor zu stärken, werden in diesem Szenario konzentrierte Tourismuscluster, die die Küstenregiion mit den Qualitäten der Berge verbinden soll, vorgeschlagen. Durch die hohe Dichte der Cluster als auch eine strategisch und räumlich spannende Positionierung bleiben die natürlichen Landschaftsresourcen fast unangerührt. Verbindungen über Seilbahnen machen die Region bis ins Hinterland erlebbar. Abb. 79 Szenario XL Kulturinsel Krim
Abb. 81 Szenario Zoom Kulturinsel Krim
86
Abb. 83 Perspektive zum Szenario Reiche Wirtschaft
Krim: Jalta Aluschta
Szenario „Reiche Wirtschaft“
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Das zweite Szenario geht davon aus, dass die Krim unabhängig wird und ihre Gas- und Ölressourcen vor der Küste zu nutzen beginnt. Auf Höhe der Bohrinsel entstehen in dem Zuge neue Indutriestandorte mit unterschiedlichen Ausrichtungen. In der Planung der Industriestandorte wird von Beginn an auf innovative Ideen gesetzt, die es möglich machen die Baustrukturen bei Bedarf umzunutzen, zu erweitern oder rückzubauen. Die neuen Industriestandorte kurbeln die Wirtschaft an wodurch die bestehenden Städte zu wachsen beginnen. Räumlich gesehen bildet die längs, entlang der Küste verlaufende Autobahn weiterhin die Genze zwischen Bebauung und Naturraum. Darüber hinaus werden Pipelines, die über das Krimgebirge die ganze Halbinsel versorgen, gelegt. Mit wachsendem Reichtum orientiert sich die Wirtschaft in innovative Branchen.Somit erlangt die Halbinsel trotz ihrer Größe eine bedeutende Position auf dem Weltmarkt. Abb. 82 Szenario XLReiche Wirtschaft
Abb. 84 Szenario Zoom Reiche Wirtschaft
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Krim: Jalta Aluschta
Abb. 86 Perspektive zum Szenario Ressourcennutzung
Szenario „Ressourcennutzung“ Das dritte Szenario geht zunächst von der negativen Situation aus, dass sich die derzeitige Lage verschärft. Da keine Einigung im Bezug auf die Zugehörigkeit abzusehen ist, wird die Krim zum Schauplatz eines Stellvertreterkrieges. Dieser hat zur Folge, dass die Insel seitens der Ukraine als auch seitens Russlands ausgebeutet und zerstört wird. Ein Großteil der Bevölkerung verlässt die Krim. Diejenigen, die auf der Krim bleiben, beginnen ihren Unterhalt durch die Rückbesinnung auf die landschaftlichen Ressorcen zu sichern. Es ensteht ein Versorgungsnetzwerk entlang der Flüsse, die das Meer mit dem Gebirge verbindet. Wie der Zoom (Abb.144) zeigt, entstehen vier Siedlungsstandorte, die im Versorgungskreislauf ihre Position einnehmen. Abhängig von der Topographie und der jeweiligen inhaltlichen Orientierung ergibt sich die bauliche Ausformung.Demnach orientieren sich die am Meer liegenden Strukturen am Wasser und sind dem Fischfang zugeordnet. Die Abb. 85 Szenario XL Ressourcennutzung
durch den Krieg zerstörten Städte werden in Teilen rückgebaut und dienen nun hauptsächlich als Plattform für den Austausch. Entlang der Flüsse befinde sich in diesem Szenario der Topographie folgend, horizontal orientierte Gebäude, die der Landwirtschaft dienen. Auf dem Gebirgsplateau liegt die vierte und letzte Siedlungsform, die der Viehhaltung zugeordnet ist.
Abb. 87 Szenario Zoom Ressourcennutzung
89
90
4. Portraits
4.2 Carmague
A. Context Unser Küstenstreifen mit den Ausmaßen von 50km x 15km liegt am Mittelmeer im Süden von Frankreich im Département Bouches-du-Rhône westlich von der bekannten Côte d‘Azur. Im Osten grenzt grenzt die behandelte Wasserkante mit lediglich 15km Entfernung an die 800.000 Einwohnerstadt Marseille und im Westen an das Naturschutzgebiet der Camargue, welches teilweise auch in unserem Ausschnitt gelegen ist. Marseille stellt eine gute Anbindung sowohl mit dem Zug, per Flugzeug als auch mit dem Schiff in den Mittelmeerraum dar. Der Europort von Marseille erstreckt sich bis in unser ausgewähltes Gebiet. Neben dem Pattern des Hafens prägen das Gebiet vor allem die im Westen liegenden Salinen. Im Kontrast zu den Ausläufern des Naturschutzgebiets steht das direkt angrenzende, zentral gelegene Industriegebiet mit Ölraffinerien. Somit weist unser Planungsgebiet eine hohe Diversität mit sehr heterogenen Strukturen auf, was sich deutlich in der folgenden Layeranalyse äußert. 2 km Abb. 88 Luftbild des gewählten Küstenausschnitts, auf Grdl. von Google Earth
Carmague
Rica Arnold, Laura Bornickel, Helene Esau
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Abb. 89 Patterns im Analysegebiet, auf Grdl. von Google Earth
Das Gebiet
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Die Region Provence-Alpes-Côte d‘Azur ist zum großen Teil bekannt durch die Touristenstandort der Côte d‘Azur mit Orten wie Cannes oder Nizza. Unser Gebiet erstreckt sich zwischen dieser und der Camargue, zwei interantional bekannten Regionen. Die Bevölkerung dieses zusammengefassten Gebiets steigt stetig an, sodass sich dieses auch städtebaulich weiterentwickeln muss. In Frankreich ist es die drittökonomischte Region des Landes. Außerdem leben 90% der Bevölkerung in den vier größten Städten in der ProvenceAlpes-Côte d‘Azur. Unser 50x15km Ausschnitt liegt also so, dass verschiedene Einflussfaktoren auf die Umgebung einwirken. Dabei ist eine deutliche Konzentration wichtiger Patterns wie Strände, Häfen, Leuchttürme und Salinen an der ausgewählten Küste vorhanden. Dabei kann man das Gebiet grob in
Naturschutz gebiet
Industrie
vier schematische Themengebiete unterteilen, die sich in einen touristischen Sektor und einen wirtschaftlichen Sektor unterscheiden. Im Westen fängt das Naturschutzgebiet der Camargue an, das touristisch geprägt ist. In Zwischenbereichen davon liegen Salinen, die in der umgebenden Natur auffallen. Durch die Rhône Mündung getrennt liegt im mittleren Teil unseres Ausschnitts der durch Industrie geprägt Teil. Hier sind große Hafenanlagen für Containerschifffahrt vorhanden und die Landschaft ist geprägt von Ölraffinerien. Im östlicheren Teil unseres Ausschnitts liegen Bergketten, Buchten und entlang der Küste weitläufige Ortschaften, die zum Teil dem Tourismus dienen. Oberhalb der Bergkette, am See Étang de Berre hat sich ebenfalls Industrie angesiedelt, ganz im Osten liegt der internationale Flughafen von Marseille.
Flughafen
Hafen Industrie
Salinen Tourismus
Berge Industrie Erholung
Buchten
Abb. 90 Schematische Themengebiete
Carmague 93
Abb. 91 Grafische Darstellung mit Informationen zum Analysegebiet
94
Abb. 92 Zooms: Industrieareal, Sport- und Industriehafen, Stromverteiler, Schienennetze und Autobahnkreuz
B. Mapping
Durch die Anbindung an Marseille als regionales Zentrum ergibt sich im Osten ein dichtes Verkehrsnetz aus Autobahnen, Bahnlinien und dem Flughafen von Marseille. Die Bahnlinie, die sich an der Küste entlang erstreckt, war früher die einzige Verbindung der Ortschaften in der Region untereinander. Die bis zu 200 Meter hohen Erhebungen sowie unwegsameres Gelände Richtung Norden schränken die Möglichkeiten eines infrastrukturellen Ausbaus an dieser Stelle erheblich ein, weswegen die Anbindung durch den Zug auch heute noch eine große Bedeutung hat. Im zentral gelegenen Industriegebiet verlaufen vergleichsweise viele Schienen, um die Beförderung der Waren über Land zu garantieren, die mit dem Schiff im Hafen von Fos-sur-Mer ankommen. Daher ist das Schiffsverkehrsnetz hier sehr ausgeprägt, beschränkt sich aber vor allem auf wirtschaftlich genutzte Verbindungen nach Spanien, Nordafrika und Italien. Neben dem bereits erwähnten Industriehafen sind auch kleine Sportboothäfen vorhanden, die den Tourismus in der Region vertreten und oft in historischen Industriehäfen entstanden sind. Die Häfen um und in Fos-sur-Mer gehören zu dem Europort Marseille, einer der größten Häfen Europas, welcher sich vom Westen von Marseille ausstreckt. Im gewerblich genutzten Teil unseres Gebiets sind außerdem einige Windkraftanlagen vorhanden. Weitere erneuerbare Energie, wie die Solarenergie wird nicht genutzt, obwohl die Region in Südfrankreich eine hohe Anzahl an Sonnenstunden im Jahr zu verzeichnen hat. Insgesamt ist in Bezug auf das Infrastrukturnetz ein klares Gefälle von Ost nach West zu verzeichnen, welches die Mobilität im Osten stark bevorteilt. Abb. 93 Mapping zur Infrastruktur
2 km
Carmague
Infrastruktur
95
96
Abb. 94 Zooms: Salinen, Landwirtschaft, Bracksee, Steppe, Kalkabbaugebiet und Küste
Die Topographie des Küstenausschnitts ist ebenso vielfältig wie die Nutzung und Aneignung in diesem Gebiet. Es gibt ein natürliches Gefälle, wobei die Höhenmeter von Westen nach Osten ansteigen. Im Westen liegen die Salinen, welche das Landschaftsbild dort besonders prägen. Sie sind umgeben von Grünflächen und Mooren, die allesamt wenige Meter über dem Meeresspiegel liegen. Eine Besonderheit im gewählten Abschnitt stellt ein Backwassersee namens Étang de Berre dar. Er hat eine offene Verbindung zum Mittelmeer und in Richtung Süden, hin zur Gemeinde Fos-Sur-Mer eine natürliche, sich in bis zu 120m Höhe ausdrückende Grenze zum Festland. Die sich verändernde und sehr heterogene Küstenlinie zeigt ebenfalls die Höhenunterschiede (s. Abb. 29). Ist sie im Westen als nicht unterbrochener Sandstrand definiert, befinden sich im Osten Steilküsten mit kleinen Buchten, welche die Linie der Küste als sehr kleinteilig erscheinen lassen. Von dieser Küste steigt das Terrain zum Landesinneren stark an, sodass der höchste Punkt der Hügelkette bei ca. 250m liegt. Diese Berglandschaft ist relativ karg und nur einzeln begrünt. Dies gilt für den Großteil des Küstengebiets, das in den Subtropen liegt, für die Hartlaub- und Trockenwälder typisch sind. Auch diese Analyse zeigt eine Gegensätzlichkeit von Westen und Osten, welche vor allem durch Höhenunterschiede und wechselnde Vegetation gekennzeichnet ist. Abb. 95 Mapping zum Naturraum
2 km
Carmague
Naturraum
97
98
Abb. 96 Zooms: mehrgeschossige, aufgelöste Blockrandstruktur, Industrietanks, ein- bis zweigeschossige Einfamilienhäuser. historischer Altstadtkern, zersiedelte Struktur
Wie die Infrastrukturanalyse bereits vermuten ließ, konzentrieren sich die Siedlungspunkte vorwiegend entlang der Verkehrsachsen. Es gibt zwei größere Städte, Martigues und Marignane, mit bis zu 46.000 Einwohner, die einen verdichteten Kern mit historischen Wurzeln besitzen. Ein geschichtlich höheres Alter weisen zudem den See Étang de Berre flankierende Ortschaften im nördlicheren Teil des Küstenabschnitts auf. Um die verhältnismäßig stark bewohnten Orts- und Stadtkerne gibt es einige zersiedelte Flächen. Besonders auffallend zeigt sich die weit verbreitete ein- bis zweigeschossige Bauweise, die sich in Einfamilienhäusern mit dazugehörigen Gärten ausdrückt. Selbst in großformatigen Stadtstrukturen, unabhängig von ihrer formalen Erscheinung, das heißt unbeeinflusst davon, ob sie gerasterte oder gewachsen vorliegen, sind zum größten Teil Wohngebäude dieser Art zu finden. Den restlichen, geringeren Teil stellen aufgelöste Blockrandstrukturen in „L-“ und „U-Formen“ mit bis zu sechs Geschossen. Diese treten gruppiert oder auch als Punktintervention auf. Abschließend lässt sich auch hier festhalten, dass sich ebenso wie in den vorherigen Analysen ein deutlicher Unterschied von West zu Ost zeigt, was sowohl heute als auch zur Gründungszeit einiger Ortschaften durch Nutzung und natürliche Gegebenheiten bedingt ist. Auch die Nähe zu Marseille spielt für die Verdichtung in der Osthälfte eine wesentliche Rolle. Abb. 97 Mapping zu Siedlungsstrukturen
2 km
Carmague
Siedlung
99
100
Abb. 98 Wirtschaftsszenario
Abb. 99 Tourismusszenario
C. Scenarios Wirtschaftsszenario
Tourismusszenario
Das erste Szenario befasst sich mit der Wirtschaftslage im Mittelmeerraum. Ausgehend von neuen Handelsverbindungen in die USA und nach Asien erhöht sich der Import von vorgefertigten Teilen, sodass größere Häfen, Lagerungshallen, räumliche Möglichkeiten für Weiterverarbeitung und Forschungseinrichtungen nötig werden. Durch den Zusammenschluss von den Ländern rund um das Mittelmeer besitzt das ausgewählte Gebiet eine hervorragende Lage, um in der weiter entwickelnden vernetzten Welt eine größere Rolle zu spielen. Um dem erhöhten Aufkommen an Gewerbe gerecht zu werden, muss zudem neuer Wohnraum für die Beschäftigten des Sektors geschaffen werden.
Das zweite Szenario befasst sich mit dem wachsenden Tourismus in der Region als Erweiterung der Côte d’Azur. Grundlage hierfür sind die ansteigenden Konflikte und Anschläge in östlichen Tourismusregionen, wie der Türkei oder Ägypten, sodass sich Reisende immer mehr an westliche Mittelmeerländer wie Spanien, Italien und Frankreich orientieren. Daraus resultiert ein ansteigender Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten und Aktivitäten, der durch neue Tourismusangebote in unserer Region aufgefangen werden kann. So werden die schon bestehenden Tourismusstrandorte der Côte d‘Azur und die Camargue miteinander verbunden.
Aus den beiden einzelnen Szenarien mit unterschiedlichen Anforderungen entsteht eine zusammengefasste Idee, welche eine potenzielle Koexistenz der autonomen Entwicklungen in unserem Küstenabschnitt zeigt und damit eine Flexibilität für beide Logikpfade in der Zukunft darstellt. Das erste Zoom-In veranschaulicht die zum Teil bestehende Verbindung von Marseille zu Montpellier und Arles mit ergänzenden Interventionen im Ausschnitt von 50 x 15 km. Die im Landesinneren liegende, infrastrukturelle Verbindung zwischen Marseille und Montpellier wird durch den Küstenstreifen, der verschiedene punktuelle Verdichtungen ausbildet und so den Zusammenhang der Küste stärken soll, erweitert.
Eine besondere Verdichtung liegt dabei rund um den industriell geprägten Teil unseres Gebiets vor, wie es im zweiten Zoom-In verdeutlicht wird. Hier sollen Forschung, Industrie, Bildung, Tourismus und Wohnen zusammen kommen und so einen neuen Schwerpunkt zwischen den beiden größeren Städten ausbilden. Im kleineren Maßstab der neuen Stadt heißt das, die vorgefundene industrielle Fläche zu verdichten und so das Prinzip des „Zero Land Consumption“ aus Lecce anzuwenden. Thematische Landschaftspatches, die im Masterplan von Lecce ebenfalls verwendet werden, gliedern das Gebiet und garantieren eine abwechslungsreiche, funktionierende Stadt mit unterschiedlichen Aufenthalts- und Wohnqualitäten.
Carmague
Zoom-Ins
101
Abb. 100 Derzeitige Entwicklung und eigene Verdichtung entlang der Küstenlinie
Die Stadtstruktur wird auf unterster Ebene durch Kanäle eingeteilt, die den Bezug zum Wasser herstellen. Die angegliederten Nutzungspatches ,bestehend aus Forschungs- und Bildungseinrichtungen (Kindergärten, Schulen, etc.), Einzelhandel, Dienstleistugen und Kulturorten, überlagern sich mit ihren Funktionen. Das Wohnen darüber fungiert als verbindende Ebene dieser Nutzungen. Am Beispiel einer neuen Universität, welche durch eine Zusammenarbeit von Marseille, Montpellier und Arles die Städte vereint, wird sowohl die Nachhaltigkeit als auch Stärkung der Region deutlich. Mithilfe von Umnutzung der brach gelegenen Industriefläche wird der notwendige Platz für Bildung und gleichzeitig ein Ort der Begegnung inmitten des neuen Stadtgebietes geschaffen. Um die umfunktionierten und neuen Gebäude im Sommer natürlich vor der Hitze zu schützen und eine ortsspezifische Atmosphäre zu schaffen, bildet ein grüner Teppich aus Pflanzen auf den Dächern den Abschluss unserer vertikal geschichteten Vorstellung einer neuen Siedlung.
102
Univer_city
The Islands for Living
The Marine Park
Abb. 102 Piktogramme zu drei eingearbeiteten Ausführungsinstrumenten für die neue Stadtstruktur 2 km
Abb. 101 Thematische Landschaftspatches
Carmague 103 Abb. 103 Athmosphäre alter Hafen; neues Wohngebiet
Abb. 104 Zoom-In: neue Stadtstruktur
Vision
104 Abb. 105 Überlagerung der Patches in neuer Stadtstruktur
Abb. 106 Kooperative: Universitätscampus
Insgesamt wird durch die Analyse und das Szenario die sehr hohe Diversität innerhalb unseres Gebiets deutlich. Die damit verbundenen Chancen und Risiken und welche Möglichkeiten und Entwicklungen sich daraus ergeben, haben wir in einem neuen ortsspezifischen Stadtmodell festgehalten. Dadurch, dass ein Konzentrationspunkt an Wohnen und Arbeiten an Stelle eines momentan nicht genutzen, verfallenen Raums entsteht, wird der derzeitige Trend einer Zersiedlung umgekehrt. Alte Industriehallen schenken der neuen Stadt eine eigene Atmosphäre mit geschichtlichem Bezug, die Stichkanäle bieten Aufenhaltsqualität am Wasser und eine gleichzeitige Verbindung zum Mittelmeer. Die angedachte Nutzerdurchmischung von Familien mit Kindern über Singles und Studierende bis hin zu Arbeitstätigen und Senioren ist ebenso vielfältig wie das Gesicht der Stadt selbst.
Carmague 105 Abb. 107 Umnutzung brachliegender Industriebauten
Abb. 108 Von Stichkanälen durchzogenes Wohngebiet
106
4. Portraits
4.3 Rhein Maas Delta
Rhein Maas Delta
Rene Klinner, Manja Jacobsen, Janine Pommerenke
107
Abb. 109 Luftbild Rhein-Maas-Delta, auf Grdl. von Google Earth
A. Context Topographical outline Die Topographie des Untersuchungsgebietes hat keine extremen Höhensprünge. Ungefähr 20% der Niederlande liegt max. einen Meter über den Meeresspiegel. Die Niederlande verzeichnen ein relativ gleichmäßig flaches Relief, mit Ausnahme der Deiche und Dämme sowie Teile der Küsten. Diese wurden zum Schutz des gewonnenen Landes erbaut und sind teilweise auf einer Höhe von 200 m über den Meeresspiegel.
Amsterdam
Rotterdam
108
Duisburg (DE)
Antwerpen
Mertert (LUX)
Abb. 110 Schifffahrtswege und Häfen
Spatial pattern overview
Im großräumlichen Maßstab gehört die Niederlande zu den bevölkerungsreichsten Länder Europas. Mit dem größten Seehafen Europas und dem internationalen Flughafen in Amsterdam ist die Niederlande ein bedeutender internationaler Handelsschwerpunkt. Derzeit werden 461,2 Mio. t im Hafen Rotterdams verschifft. Neben diesem Aspekt ist zudem der Ballungsraum Randstadt auf nationaler, aber auch auf internationaler Ebene von Bedeutung. Das Bruttoregionalprodukt dieser Region beträgt 216,3 Milliarden Euro und stellt Randstadt auf den 5. Platz als eine der umsatzstärksten Regionen europaweit. Hierbei ist Rotterdam der meisten beeinflussende Faktor für unser Untersuchungsgebiet.
In Bezug auf die Patterns des Rhein-Maas Deltas sind vor allem die Polder zu verzeichnen. Die Niederlande einen großen Teil ihrer Fläche durch diese Art der Landgewinnung geschaffen. Zudem gibt es einige Gewächshäuser, die neben der landwirtschaftlichen Nutzung hier von Bedeutung sind. Tourismus ein großer Wirtschaftszweig der Niederlande. Hierzu sind viele Bungalowparks, Campingplätze sowie Ferienresorts verzeichnet. Leuchttürme und Windkraftanlagen sind jeweils auf den Dammanlagen zwischen den Landzungen des Deltas verortet. Diese Dammanlagen schützen und regulieren die Wasserzu- und abfuhr im Rhein-Maas Delta. Da in dieser Region sich die Landflächen zwischen einem Meter unter oder über dem Meeresspiegel befinden, sind die Dammanlagen existentiell von Bedeutung. Insbesondere sticht der Hafen Rotterdams hervor, wobei auch kleiner Hafenanlagen entlang der Deltaregion zu finden sind. Hinsichtlich der Infrastruktur, sind zwar Straßen und Bahnlinien verzeichnet, jedoch findet der Hauptverkehr entlang der Dammanlangen statt. Lediglich im Hafen Rotterdams sind Eisenbahnlinien verortet, der restliche Teil unseres Untersuchungsgebietes ist über Straßen zu erreichen.
Socio-economic background and trends Aufgrund der oben genannten Faktoren ist es wahrscheinlich, dass die Niederlande im wirtschaftlichen Sektor weiterhin stetig wachsen wird. Mit dem Seehafen in Rotterdam hat es in Europa eine Monopolstellung eingenommen, welche noch ausgebaut werden kann. Ein weiterer Wirtschaftszweig ist in den Niederlanden der Tourismus. Es gibt ganze Bungalowparks, die sich vor allem in unserem Untersuchungsgebiet befindet. In Hinblick auf die derzeitige politische Lage, ist es wahrscheinlich, dass dieser Zweig an Zunahme gewinnt. Zudem wird immer noch sehr viel Landwirtschaft betrieben. Die Gewächshausindustrie spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in Bezug auf wirtschaftliche Entwicklung Delta. Die Landnutzung in unserem Gebiet ist hauptsächlich von diesen beiden Nutzungen geprägt. Durch die Erdgasvorkommen vor der niederländischen Küste, konnten im Laufe der Jahre immer mehr Gewächshäuser betrieben werden. Hinsichtlich der Nachfrage, haben sich ganze Landschaften entwickelt.
Rhein Maas Delta
Spatial Context in larger scales
109
Legende: Straßem Schienen Fähren
B. Mapping
Infrastruktur
110
Die Hauptverbindungen zwischen den drei Landzungen verlaufen über Meeresdämme. Diese sind von Süden nach Norden der Oosterscheldekering, der Brouwersdam, der Haringvlietdam und der Maeslantkering. Diese Dämme wurden nach großen Sturmfluten errichtet, um das gesamte Deltagebiet zu schützen. Das Wegenetz im Untersuchungsgebiet ist geprägt von annähernd rechtwinklingen Verbindungen, die durch die dominierende landwirtschaftliche Nutzung in dem Gebiet entstanden sind. Neben den Wegen und Straßen gibt es ein Netz aus Wassergräben, die durch die Eindeichung entstanden sind und als Entwässerungsgräben für das Gebiet dienen. Da das Gebiet durch Wasser geprägt ist gibt es zahlreiche Fährverbindungen, die die Landzungen und die kleineren Inseln, die nicht über Brücken erreichbar sind, verbinden. Allerdings ist der Hauptschiffsverkehr im Norden des Hafens Rotterdams. Im Hafen Rotterdam sind auch die einigen Bahnschienen, die für den Warentransport genutzt werden. Darüber hinaus gibt es in dem Bereich keine Schienen, was zeigt, wie schlecht das Bahnnetz in den Niederlanden ausgebaut ist. 2 km Abb. 111 Mapping zur Infrastruktur
Legende: Siedlungsflächen Gewerbe Gewächshäuser Camping/Bongalouw sonstige Bebauung
Bebauung Das Untersuchungsgebiet ist geprägt durch kleinere Ortschaften, mit einer Einwohnerzahl unter 10.000 Einwohner. Einzige Ausnahmen bilden Brielle. Brielle ist mindestens 500 Jahre alt und geprägt von vaubansche Bastionen. Dominiert ist das gesamte Gebiet von Campingplätzen und Bungalowparks. In dem Gebiet liegen 120 Campingplätze. Auffällig ist, dass die Zahl der Campingplätze in Richtung Norden abnimmt, wohingegen die Einwohnerzahl der Orte zunimmt. Vermutlich liegt dies an der Nähe zum Hafen Rotterdam und zu den Städten Rotterdam und Den Haag. Der Hafen in Rotterdam prägt den nördlichen Teil des Gebietes. Wie bereits beschrieben, ist der Hafen von Rotterdam der größte in Europa. Südlich der Hafenanlagen gibt es ein größeres Gebiet, in dem es vermehrt Gewächshäuser gibt, diese sind typisch für die Niederlande. Name Stadt Einw. Brielle: 16.653 Rockanje: 6.560 Ouddorp: 6.047 Stellendam: 3.470 Renesse: 1.583 Brouwershaven: 1.426 Nieuw-Haamstede: 357 Abb. 112 Mapping zur Siedlungsstruktur
2 km
Rhein Maas Delta
111
Legende: Wald Landwirtschaft
trockenes Naturland
feuchtes Naturland
112
Landnutzung Das Gebiet ist geprägt von landwirtschaftlicher Nutzung. Diese Nutzung nimmt in Richtung Meer ab. Dort ist die Landnutzung geprägt von Waldflächen, Feuchtbiotope, trockenes Grasland und Buschland. Vor allem auf der nördlichen Landzunge ist die Spitze von trockenem Busch- und Grasland geprägt. Auffällig ist, dass so gut wie alle Flächen, die nicht Bebaut sind oder landwirtschaftlich genutzt werden, FFH- Gebiete sind. FFH-Gebiete sind Flora-Fauna-Habitatrichtlinien Gebiete. Diese gehören mit den Vogelschutzgebieten zu Natura 2000 Gebieten. Die Natura 2000 Schutzgebiete sind die höchste Schutzgebietskategorie zum Schutz von wildlebenden Tieren und Pflanzen in Europa und haben immer Vorrang vor nationalem Recht. 2 km Abb. 113 Mapping zum Naturraum
Abb. 114 Brielle (source: creative commons) Abb. 115 Hafen Rotterdam (source: creative commons)
Potential Der Rhein-Maas Delta besitzt eine Menge Potential für eine gute Entwicklung. Insbesondere die Nähe zu Rotterdam sowie die Verbindung zu Belgien, Deutschland und Luxemburg durch das Rhein-Maas Delta eignet sich sehr gut zum erweiterten Ausbau internationaler Handelsbeziehungen. Die derzeitige Siedlungsstruktur unseres Untersuchungsgebietes zeigt kleiner Städte und viele Campingplätze und Bungalowparks. Jedoch ist noch ein Großteil durch landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Mit dem Erdgasvorkommen vor der Küste sowie der traditionellen Umwandlung der Polder in landwirtschaftlich nutzbare Flächen, können die Niederländer nicht nur importierte Ware verschiffen, sondern eigens produzierte Ware selbst vermarkten und in Bezug auf Lebensmittelversorgung Exportschlager werden. Generell ist der Region eine positive Entwicklung im Hinblick auf wirtschaftliche Aspekte vorauszusagen, jedoch werden hinsichtlich des Klimawandels großer Herausforderungen anstehen. Aufgrund der topographischen Gegebenheiten erfasst der aus dem Klimawandel folgenden Anstieg des Meeresspiegels in vollem Umfang. Hierzu sind jedoch schon erst Projekte wie die schwimmenden Städte von Architekt Koen Olthuis. Kritisch zu hinterfragen ist jedoch, inwiefern diese Projekte innerhalb der möglichen Zeit umsetzbar sind.
Rhein Maas Delta
Abb. 116 Küste Niederlande (source: creative commons)
113
Legende: Industrie Gewerbe Camping/Bongalouw
sonstige Bebauung
Schienen
114
C. Scenarios
Hafen Szenario Der Hafen in Rotterdam ist der größte Hafen Europas und der neunt größte Hafen weltweit. Er hatte im Jahr 2016 einen Güterumschlag von 461,2 Millionen Tonnen.
Um die größere Zahl an Schiffen und Gütern abfertigen zu können muss der Hafen Rotterdam sich vergrößern. Die ursprüngliche Hafenanlage besitzt eine zu enge Einfahrt für die größeren Schiffe. Daher werden die Landzungen nach und nach zu Hafenanlagen umgebaut. Das bestehende Land wird genutzt und Fahrrinnen ausgebaggert und die Hafenstruktur ausgebildet. So kann der Güterumschlag von 461,2 Millionen Tonnen mehr als verdreifacht werden. Rotterdam wird damit zum größten Hafen der Welt. Durch die Umnutzung der Landzungen zu Hafenanlagen müssen die anderen Nutzungen weichen. Der Wegfall der FFH-Gebiete, der Lebensgrundlage vieler Menschen und der Tourismusgebiete stürzt auf großen Protest. Allerdings gewinnen die wirtschaftlichen Interessen. Es werden Ausgleichsmaßnahmen im Bereich der deutschen Nordsee geplant. Dazu werden Inseln aufgeschüttet, die den vertriebenen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum bieten. Die Menschen werden in andere Teile der Niederlande umgesiedelt und die Tourismusgebiete fallen weg. Abb. 117 Scenariokarte Hafen
2 km
Rhein Maas Delta
Die Vereinigten Staaten von Amerika kapseln sich aufgrund der Gesetze und Verordnungen von Donald Trump ab und schränken ihren Export und Import stark ein. Die Länder des afrikanischen Kontinents und die Schwellenländer Südamerikas und die asiatischen Länder werden die primären Handelspartner Europas. In diesen Ländern wächst die Wirtschaft. Europa konzentriert seinen Export und Import auf dem Hafen Rotterdam, aufgrund der Lage und die immer größer werdende Bedeutung der Metropolregion Randstadt. Um große Schiffe auch bei Ebbe abfertigen zu können, wird die Nordsee ausgebaggert.
115
Legende: Siedlungsflächen Gewerbe Gewächshäuser Camping/Bongalouw
sonstige Bebauung
116 Szenario Landgewinnung Der Tourismus in den Niederlanden hat stark zugenommen. Aufgrund der politischen Lage in den ehemals „beliebten“ Urlaubsländern, hat der Großteil Europas umgeschwenkt. Die Türkei ist nicht länger an den EU-Beitrittsverhandlungen beteiligt und die Kriegssituation in Nordafrika hat sich ebenfalls weiter zugespitzt. Da Spanien, Italien und Frankreich durch den zunehmenden Tourismus überlaufen sind, sind die Niederlande eines der beliebtesten Reisedestinationen der Europäer geworden. Zudem hat sich Randstadt von einem umsatzstarken Ballungsraum zu einer Metropolregion, die internationales Ansehen genießt, entwickelt. Immer mehr Menschen ziehen in die Regionen rund um Rotterdam und dem Rhein-Maas Delta, was Städtewachstum und Zersiedelung zur Folge hat. Anstatt einem Haus mit Garten, sind Wohnblöcke der derzeitig einzige Weg die Masse an Menschen in die eigenen vier Wände zu bringen.
Abb. 118 Scenariokarte Landgewinnung
2 km
Rhein Maas Delta
Die Zunahme der Menschen hat negative Auswirkungen auf die Wohnverhältnisse der Niederländer. Da aber auch hier die Landzungen des Rhein-Maas Deltas schon zersiedelt und mit Treibhausstädten übersäht sind, muss etwas getan werden, um den Bedarf der Menschen in Bezug auf Tourismus, Wohnen und Versorgung zu decken. Das Szenario „Landgewinnung“ stellt eine mögliche Variante dieser Bedarfsdeckung dar. Durch Landgewinnung in Form von Poldern hat sich die Niederlande schon seit 1300 seine Flächen angeeignet. Dieses über die Jahrhunderte weitergegebene Wissen wurde genutzt und optimiert, um das Land in Richtung Atlantik zu erweitern. Damit der Handels- und Schiffverkehr noch reibungslos funktionieren kann, wurde auf die Landgewinnung innerhalb des Deltas verzichtet. Zudem wird durch diesen Verzicht die Funktionalität des Fließgewässers weiterhin gewährleistet. In der Kartendarstellung ist die Zersiedlung des „alten Landes“ gut zu erkennen. Erhöhter Ausbau der Infrastruktur und die Zunahme der Siedlung sind entlang der Hauptverkehrsachsen in Erweiterung an die Dammverbindungen zu verzeichnen. Das „neue“ Land hingegen ist noch in der initialen Phase, wo durch traditionelle Landgewinnung die Polderstrukturen zu erkennen sind. Erste Siedlungen zur wohnungs- und touristischen Nutzung sind vorhanden. Der Traum vom Eigenheim ist aufgrund hier der geringen Siedlungsdichte Realität. In dem Szenario ist die Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung des neuen Landes noch in vollem Gange, jedoch wir es sich nach Jahren intensiver Nutzung ähnlich wie das alte Land entwickeln.
117
Szenario Überflutung
118
Legende: Siedlungsflächen Gewerbe Gewächshäuser Camping/Bongalouw
sonstige Bebauung
Das Szenario „Überflutung“ spiegelt die möglichen Folgen des Meeresspiegelanstieges wieder. Dabei gibt es verschiedene Ansichten wie hoch der Meeresspiegel, in wie vielen Jahren, steigen wird. Faktoren wie das menschliche Verhalten, insbesondere in Bezug auf die Treibhausgasemissionen, können schnell die Berechnungen der Experten kippen. Das Szenario im Rhein-Maas Delta wurde in drei verschiedene Phasen aufgeteilt, um die Dynamik des Prozesses des Landverlustes besser zeigen zu können. Zu den Phasen „2030“, „2060“ und „2090“ sind zusätzlich Lösungsmöglichkeiten ersichtlich, die sich auf das Modell der schwimmenden Stadt bzw. schwimmenden Siedlung in Ijburg bei Amsterdam beziehen. Die übertriebenen und vereinfachten Berechnungen der Meeresspiegelanstiege der Phasen beruhen auf Zahlen des IPCC-Berichtes (Intergovernmental Panel on Climate Change) des emissionsreichsten Szenarios „RCP 8.5“ (Repräsentativer Konzentrationspfad). Dabei wird davon ausgegangen, dass keinerlei Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden und die Industrie- und Wirtschaftsbranche so weiter agiert wie bisher. Somit wird mit dem Meeresspiegelanstieg von etwa 40cm bis 2100 gerechnet, regional bis über 1m Übertragen auf die eigenen Phasen wurde festgelegt, dass bei „2030“ ein 20cm Anstieg, „2060“ ein 40cm Anstieg und bei „2090“ein 60cm Anstieg des Meeresspiegels eintritt. Die neue sowie die ehemalige Küstenlinie wurde auf Grundlage der topografischen Karte der Niederlande für die jeweiligen Phasen graphisch dargestellt. Die neue Siedlungsstruktur als Reaktion auf den Meeresspiegelanstieg zeigt sich je Phase anders und soll im Folgenden beschrieben werden.
Wir schreiben das Jahr 2030. In Anbetracht an den Klimawandel und dessen Folgen, zählen die Niederlanden zu den am stärksten betroffenen Regionen. Aufgrund der topografischen Gegebenheiten hat sich die Nation den Herausforderungen für ihr Land gestellt und ein Konzept entwickelt, um weiterhin die Bedürfnisse der Bewohner zu decken. Obwohl die Phase sehr früh angelegt ist und so in bereits 13 Jahren in abgeschwächter Form Realität werden könnte, zeigt sie die stärksten Veränderungen in der Topografie des Projektgebietes im Rhein-Maas Delta auf. Die Niederlande sind zu fast einem Drittel direkt auf dem Meeresspiegel bzw. viele Teile des Landes unter dem Meeresspiegel gelegen. Große Teile des Landes sind künstlich dem Meer abgerungen worden, was zu Zeiten des Meeresspiegelanstiegs ernsthafte Probleme entfaltet. Die Idee dem Problem entgegen zu wirken, indem schwimmende Städte entwickelt werden, wie nachdem ersten Versuch der schwimmenden Siedlung nach Koen Olthuis, wurde aufgegriffen und zeigt sich in der Phase noch in der Anfängen. Erste schwimmende Siedlungen als auch neu gelegte Straßen entlang des wenig übrig gebliebenen Festlandes entstehen. Nur der Hafen südlich Rotterdams, auf der Karte westlich, bleibt unverändert. Abb. 119 Scenariokarte Überflutung 2030
2 km
Rhein Maas Delta
Phase 2030 - Ausgangssituation
119
120
Phase 2060 - Ausgangssituation Das Festland verliert erneut einige Quadratmeter, aber längst nicht mehr so viel wie in der Phase 2030. Der Gedanke der schwimmenden Stadt wird ausgeweitet in eine große, gut vernetzte Wasserstadtregion. Erstmals werden schwimmende Felder entwickelt, die unmittelbar mit dem Festland verbunden sind. Die Landwirtschaft geht neue Wege und entwickelt dazu schwimmende Gewächshäuser und Fischzuchtanlagen, die relativ nah beieinanderliegen. Die größten landwirtschaftlich genutzten Flächen befinden sich in der Nähe des gut erhaltenen Hafens. Die Transportwege bleiben so kurz und der Export geht schneller voran. Die Felder, Gewächshäuser und Fischzuchtanlagen verfügen über so große Stege, dass Schiffe problemlos anlegen können. Außerdem sind Silos am Festland direkt an den bewirtschafteten Feldern aufgestellt, um die Ernte schnell und problemlos lagern zu können. 2 km Abb. 120 Scenariokarte Überflutung 2060
In der letzten Phase liegt der Schwerpunkt in der Ausprägung der schwimmenden Stadtregion. Neben der stärkeren Vernetzung mittels Wasserstraßen, entsteht ein Wasserstadtkern. Darüber hinaus entwickeln sich vor allem in der Hafenregion Dienstleistungszentren, die vielen Bewohnern und Bewohnerinnen einen sicheren Arbeitsplatz geben. Das Festland beherbergt nach wie vor ebenso Siedlungen, rückt aber deutlich in den Hintergrund. Somit wird sichtbar, dass es die Region geschafft hat mit dem Anstieg des Meeresspiegels zu leben.
Fazit Alle drei Szenarien zeigen Wege der Zukunft auf, die in ähnlicher Weise auftreten können. Dieses Szenario ist stärker ausgearbeitet, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Niederlande in diese Richtung gehen, am größten ist. Das Szenario ist nur als Ansatz zu betrachten, da viele Frage ungeklärt bleiben. Die offene Gestaltung bzw. Platzierung der schwimmenden Region gibt beispielsweise die Frage auf, wie sie gegen Sturmfluten gesichert werden soll. Doch genau solche Fragestellungen zu provozieren, war Sinn dieser Arbeit.
Abb. 121 Scenariokarte Überflutung 2090
2 km
Rhein Maas Delta
Phase 2090 - Ausgangssituation
121
122
4. Portraits
4.4 Alabasterküste und Le Havre
Alabasterküste und le havre
Felix Rutenbeck, Hojun Noh, Pierre Martin
123 Abb. 122 Luftbild mit Küstenausschnitt, auf Grdl. von Google Earth
A. Context Die nordfranzösische Hafenstadt Le Havre liegt am nördlichen Ufer der Seine-Mündung, welche der Stadt im Mittelalter ihre Bedeutung verliehen hat. Le Havre wurde zu einem strategischen Handels- und Militärstützpunkt für Paris. Im 17. bis 18. Jahrhundert entwickelte sich der Hafen zu Frankreichs größtem Standort für den Überseehandel. Die Rolle als Tor Nordfrankreichs zur Welt hält die Stadt in der Normandie immer noch inne. Le Havre beherbergt Frankreichs zweitgrößten Hafen. Jedoch liegt der Europort mit seinen neuen Containerterminals in der Statistik der meisten umgeschlagenen Container vor dem Hafen von Marseille. Die Region erhofft sich durch den Containerumschlag ein Loslösen des schwächelnden Erdölumschlags und der dazu gehörigen Raffinerie, die mit sonstigen fossilen Energieerzeugungen der wirtschaftliche Fokus der Gegend um die Seine-Mündung ist.
+
+
124
Le Havre 179.751 46,95 km2 3.828 Einw. / km2
Seine-Maritime 1.244.611 6.277,57 km2 198 Einw. / km2
Normandie 3.278.145 29.907 km2 109 Einw. / km2
+5 +1 7.5 ,7 00 5 %
Einwohner Fläche Dichte
+1 +1 3.3 ,0 09 1 %
= 1.000 = 1.000.000
2014 Einwohner Fläche Dichte
Seine-Maritime 1.257.920 6.277 km2 200 Einw. / km2
21 4
8.
8
82
-8 68 Le Havre 172.807 46,95 km2 3.680 Einw. / km2
3.
-6 .9 ,8 44 6 % -3
te
t p. um a. sr a
hs W ac
Ei
nw
oh
ne
rs
al
do
2007
Normandie 3.335.645 29.907 km2 111 Einw. / km2
Abb. 123 Demographische Entwicklung im nationalen Vergleich
# 3_Stadtentwicklung
Frankreich 61.795.230 543.941 km2 113Einw. / km2
B. Mapping
Alabasterküste und le havre
+
68
27
9. 0
+2 .2 +3 32. ,6 54 % 6
125
Frankreich 64.027.784 543.941 km2 117 Einw. / km2
In unserem Portrait befassen wir uns mit einem Ausschnitt von 15x50 km, der neben dem regionalen Zentrum Le Havre noch einen Teil der Alabasterküste beinhaltet. Die Hafenstadt ist mit ihren über 170.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt in dem Ausschnitt. Durch die charakteristische Kreidefelsenstrukturund vorsprünge ist Etrétat mit seinen etwa 2.000 Einwohnern die wahrscheinlich zweit bekanntesten Ortschaft in dem Gebiet. Um Le Havre befinden sich noch einige Kleinstädte mit bis zu 25.000 Einwohnern. Die meisten anderen Orte des Ausschnittes sind kleiner, lediglich Fécamp im Norden ist mit etwas über 20.000 Einwohnern größer und bedeutender. Die Alabasterküste ist geprägt von seiner steilen Kreideküste, die an vielen Stellen 80m bis 100m abfällt. Le Havres Hafen an der SeineMündung ist der einzige Teil des Ausschnittes, der größtenteils nur knapp über dem Meeresniveau liegt. Oberhalb der Kreidefelsen erstreckt sich ein Hochplateau, das nur durch einzelne Flussläufe und deren kleine Täler durchschnitten wird.
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2
km
2 km
Abb. 125 Siedlungsstruktur
2 km
115°
Abb. 124 Siedlungsgröße und -Dichte
2. 00
2.
-
- mapping -
Stadtstruktur Siedlungsstruktur 126
Alabasterküste und le havre 127
Abb. 126 Verkehrsinfrastruktur und Industrieflächen
2 km
Abb. 127 Landschaftsstruktur und Waldflächen
2 km
Abb. 128 Schwächung der Meeresströmung durch Wasserkraftwerke
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Abb. 129 Nutzung des starken Seewinds für Off-Shore Windkraftanlagen
Alabasterküste und le havre Abb. 1130 Trichterförmiger Aufbau der neuen Struktur: kleine Anlagen an Land, große Windparks im Meer
129 C. Scenarios
Scenario 1: Energie und Küstenschutz Rund ein Drittel der französischen Rohölerzeugnisse und damit verbundenen Energieträger gelangen über Le Havre nach Frankreich. Um weiterhin eine große Rolle in Frankreichs Energiesystem spielen zu können, denken wir eine regenerative Erneuerung dieses Zweiges entlang der Küstenlinie an: Wind-, sowie Wasserkraftwerke erzeugen die Energie der Zukunft. Zudem schützen die Wellenkraftwerke, sowie künstliche Sandbänke die Errosion der Kreideküste. So erhält unser erstes Szenario auch die landschaftliche Besonderheit der Alabasterküste. Es entstehen durch die Anordnung aller Anlage neue Achsen entlang der Küste. Das System ist außerdem, wie ein Trichter aufgebaut, der an Land in Leuchttürmen und weiteren Einrichtungen zusammenläuft.
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Alabasterküste und le havre
Abb. 132 Schaffung eines touristischen Gegenpols zum französichen Mittelmeer
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Scenario 2: Tourismus
Abb. 131 Neue touristische Großstrukturen entlang der Küstenlinie
Im Sommer halten sich die meisten Touristen Frankreichs entlang der Mittelmeerküste auf, sodass dort eine starke Konzentration von Städten und touristischen Strukturen entstanden ist. Dem setzt unser zweites Szenario einen Gegenpol am Ärmelkanal. Die neuen Strukturen schaffen entlang der Küstenstraße Beziehungen zwischen Küste und Hinterland. Beide Potentialräume können so durch neue Freizeitformen, wie Green Tourismus erschlossen werden. Zudem gilt die Branche als Entwicklungsmotor zukünftiger Arbeitsplätze, die in der Gegend in großer Zahl benötigt werden.
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Abb. 133 Darstellung der Verbindung zwischen Paris und Le Havre entlang der Seine mit einer Entfernung von ca. 175 km
Alabasterküste und le havre
Abb. 134 Lageplan eines neuen Stadtmodells
Abb. 135 ‚Avenue Océane‘ definiert neuen urbanen Raum entlang der Längsachse der Siedlung
Abb. 136 Landschaft und Gebäudestrukturen greifen ineinander
Scenario 3: Stadtentwicklung Die Ile-de-France ist mit über 12 Mio. Einwohnern die Heimat von fast jedem fünften Franzosen. Die Bevölkerungsdichte ist biszu fünf mal höher als in Le Havre und um ein vielfaches höher als in unserem Ausschnitt. Um den starken Zuwachs nach Paris standhalten zu können, schafft das dritte Szenario neue Wohnräume entlang der Alabasterküste. In der zukünftigen digitalen Welt ist die Möglichkeit gegeben von zu Hause aus zu arbeiten und nur ein oder zwei Tage in der Woche den Arbeitsplatz aufsuchen zu müssen. Die Nähe zu Paris ermöglicht den schnellen Ortswechsel bei bedarf und eine für alle Bewöhner zugängliche Büroinfrastruktur bietet die Möglichkeit der professionellen Arbeit vom Ärmelkanal aus. Die Siedlungen sind an der Küstenstraße angeordnet und stärken somit auch vor Ort die Beziehungen zwischen den bestehenden Ortschaften. Zudem
orientieren sie sich in ihrer Form und Architektur an Auguste Perrets Wiederaufbauplan von Le Havre von 1949. Eine Längsachse bildet mit einer ‚Avenue Oceane‘ den urbanen Teil der neuen Strukturen, von dem aus ein Marktplatz, Geschäfte, die Büros und ein weiterer Platz am Meer abgehen. Im Gegensatz dazu stehen die halbprivaten Höfe und Öffnungen der Gebäudestruktur zur Landschaft hin. Diese ermöglichen jedem Gebäude eine städtische und eine landschftliche Fassade, die die Attraktivität dieser Wohnform fern des Arbeitsplatzes schafft. Zudem schaffen vier Hochpunkte an den Enden der Längsachse. sowie Erhöhungen der querstehenden Gebäude städtebauliche Strukturen, die sich ebenfalls an Perrets Stadtbild orientieren. Somit wird ein Archetyp, der charakteristisch für die Region und ihre Geschichte ist, fortgeführt.
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4. Portraits
4.5 Tunisia
Tunisia
Flora Hagedorn, Matti Hänsch, Lorenz Mohrhoff
135 Abb. 137 Athmosphärische Darstellung Portrait Tunisia
A. Context Im Rahmen der Betrachtung der unterschiedlichen Küstenabschnitte haben wir uns mit dem Bereich um den Golf von Hammamet auseinandergesetzt und die unterschiedlichen Abläufe und Strukturen betrachtet. Die Region um die Stadt Hammamet in dem Gouvernement Nabeul liegt 65 Kilometer von der tunesischen Hauptstadt Tunis entfernt und somit im nordöstlichen Teil Tunesien. Weitere größere Städte sind Sousse im Süden in 60 Kilometern Entfernung und Enfidha mit dem dortigen Flughafen in 35 Kilometern Entfernung. Das Gouvernement Nabeul umfasst dazu noch weitere Städte, wie Nabeul, Kelibia, Qurba und dazu die Halbinsel Kap Bon, die sich nordöstlich des Golfes befindet. Das Gouvernement hat insgesamt etwa 790.000 Einwohner. Hammamet ist die größte Stadt in dieser Region mit 95.000 Einwohner. Die Hauptstadt Nabeul hat hingegen 60.000 Einwohner.
Die Halbinsel Kap Bon ragt in das Mittelmeer und hat an ihrer Spitze einen Abstand von 150 Kilometern zur nächst größeren italienischen Mittelmeerinsel Sizilien. Außerdem liegen sowohl Sardinien im Norden als auch Malta im Südosten etwa 300 Kilometer entfernt. In der weiteren Betrachtung des Mittelmeerraumes nimmt die Region durch die Halbinsel eine Stelle ein, an der sich der Verlauf der nordafrikanischen Küste verändert und sich erst weiter im Süden fortsetzt.
Die Region zeichnet sich in topographischer Hinsicht dadurch aus, dass folgend an die Küstenlinie sich ein hügeliges Hinterland ausbildet, das bis zu einer Höhe von 500 Metern anwächst und somit einen Rücken für die Küstenstädte bildet und den Bereich abschließt. Das flache Land vor dem Hinterland und die teilweise vorhandenen Täler erlauben eine Siedlungsstruktur, die sich stark an der Topographie orientiert und eine Infrastruktur, die die vorgesehenen Richtungen verfolgt. Somit
M 1:10 000
136 Abb. 138 Pattern Übersicht
Hotels Sporthafen
Salzseen Castell hist. Zentrum Neubaugebiet
Flughafen
Villen Landwirtschaft
ungenutzte Küste vs. Villen
Aquakultur
M 1:10 000
Fischerhafen
M 1:10 000
Abb. 139 Pattern Verortung
M 1:10 000
Abb. 140 Functional Flows
als vermehrt Europäer und Amerikaner die Region für sich entdeckten und sich dort Ferienquartiere errichteten. Aus den damaligen Villen in direkter Küstennähe haben sich im Laufe der Jahrzehnte Hotelanlagen entwickelt, die von der Weitläufigkeit und Großzügigkeit der damaligen Strukturen profitierten. Diese vorhandenen Flächen in Kombination mit der Topographie und ihren natürlichen Voraussetzungen wie dem flachabfallenden Strand unterstützten den Aus- und Neubau der Anlagen. Weitere wichtige wirtschaftliche Aspekte in der Region sind in erster Linie die Agrarindustrie sowie die Töpferindustrie, die Nabeul zur zweitgrößten Töpferstadt Tunesiens macht. Es wird auch als Zentrum der Töpfer- und Keramikkunst in Tunesien bezeichnet. Agrarwirtschaftlich sind vor allem Zitrusfrüchte ein wichtiger Faktor sowie Tomaten, Erdbeeren, andere verschiedene Gemüsesorten, Oliven, Blumen und auch Wein, die in der Region angebaut werden. Besonders aus ökonomischer Sicht hat man am Golf von Hammamet den Arabischen Frühling zu spüren bekommen. In der Zeit politischen Unsicherheiten und Umwälzungen brach der Andrang europäischer Touristen um bis zu 75 % ein. Nachdem er begann sich in der Zeit danach wieder zu steigern, führten vor allem unterschiedliche Anschläge in Tunesien im Jahr 2015 dazu, dass es wieder einen Rückgang gab. Allerdings ist der Andrang momentan wieder im Begriff, sich zu stabilisieren und nimmt wieder zu. Mittlerweile finden auch vermehrt Russen und Algerier den Weg in die Touristenhochburg. Allerdings bleibt die Europäische Union als wichtigster Handelspartner bestehen.
Tunisia
bilden sich die Orte an der Küste sehr stark an der Küstenlinie heraus und die Autobahn und Nationalstraßen folgen ebenfalls, wenn auch nicht direkt an der Küsten befindlich, der natürlichen Begrenzung. Begünstigt wird die Nutzung des Meeres als Erholungsmöglichkeit an dieser Stelle durch den flachabfallenden Strand, der eine gute Grundlage für den Badetourismus bietet. Die Orten werden durch die große, dominierende Nationalstraße in unterschiedliche Ebenen aufgeteilt, die alle verschiedene Funktionen und Strukturen aufweisen. Während sich an der Seite zur Küste eher Anlagen befinden, die sich primär mit dem Tourismus beschäftigen und eher für Besucher gedacht sind, ist der Bereich überhalb der Straße nicht so monofunktionell geprägt, sondern bietet sowohl touristische Anlangen als auch Wohnquartier für die dort ansässigen Tunesier. Hammamet und die angrenzenden Städte Nabeul, Qurba sowie Hammamet Yasemine bilden in Tunesien eine der am stärksten von Touristen besuchten Regionen. So kam es in den letzten Jahren zu der Entwicklung, dass Hammamet und die gesamte Region sich zu einem der größten Badeorte Tunesiens entwickelt haben. Die Städte und ihre Struktur weisen unterschiedliche zeitliche und thematische Schwerpunkte auf. Während gerade die älteren Städte wie Hammamet oder Nabeul gewachsene Strukturen mit alten Festungsanlagen (Kasbah) und erhaltenen damaligen Altstädten (Medina) aufweisen, findet man vor allem in dem Abschnitt um Hammamet Yasemine, oder auch anders genannt Hammamet Sud, Hotelkomplexe und auf den Tourismus ausgerichtete Strukturen vor. Es gibt alleine in Hammamet Yasemine mehr als 40 Hotels, die eine Kapazität von mehr als 19.000 Betten bieten. Sie gilt als Retortensiedlung, die in erster Linie durch touristische Strukturen und Aktivitäten wie einen Yachthafen oder andere Freizeiteinrichtungen geprägt ist. Die Entwicklung des Tourismus in dieser Region fand seinen größten Anstieg in den 1920er Jahren,
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Legende Ortschaft Hotelanlagen
Grünräume / Brachflächen
Villen Randbesiedlung Industrie
Abb. 141 Zoom-Ins: Stadtkern von Nabeul, Hotelanlagen in Hammamet, Neubaugebiet in Mrezka, Zersiedelung im Hinterland, rechteckige Strukturen in Bouficha und der Flughafen bei Enfidha
Abb. 142 Mapping zur Siedlungsstruktur
2 km
Tunisia
B. Mapping Siedlungen Fünfundsechzig Prozent der tunesichen Bevölkerung lebe n in Städten, in das Hinterland folgt eine Zersiedelung. Viele der Städte verteilen sich entlang der Küste, so auch in unserem Abschnitt. Die Städte weisen meist eine sehr dichte Struktur auf, wobei die Strukturen in der Medina am kleinteiligsten sind und sich in Neubaugebieten aufweiten. Auch die vorgefundenen Hotelanlagen sind sehr großmaßstäbig. Nach den Einwohnerzahlen ist Hammamet mit etwa 95.000 Einwohnern die größte Stadt im Gebiet und Zentrum des Tourismus. Darauf folgt Nabeul, Zentrum für Töpferei und Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements mit 60.000 Bewohnern. Béni Khiar nördlich von Nabuel gelegen bewohnen 35.000 Menschen. Südlich zwischen Hammamet und Sousse, der drittgrößten Stadt Tunesiens (170.000 Einwohner), liegen einige Kleinstädte, wie Bouficha mit 8.000 Einwohnern, Enfidha mit einer Bevölkerung von etwa 10.000 Einwohnern und Hergla am südlichen Ende des Golfes von Hammamet mit 6.500 Einwohnern. Bouficha erinnert an eine Planstadt, hier wurde in der Protektoratszeit die Textilindustrie ausgebaut. Bei Enfidha liegt einer der größten Flughäfen Tunesiens und zwischen Hergla und Enfidha befidnen sich einige Salzseen. Hammamet ist eine Bandstadt, die sich an der Küstenstraße entlangzieht. Die Liniarität ist auch topografisch bedingt, durch den Djebel Hammamet, einen Berg, der sich Richtung Küste drängt und zwischen Nabeul und Hammamet liegt. Den Kern von Hammamet bildet die historische Medina, die an der Spitze einer Halbinsel liegt. Um die Medina ist die Stadt zuerst radial und kreuzförmig gewachsen, genauso Nabeul. In Nabeul liegt die Altstadt allerdings nicht direkt am Meer, sondern etwas geschützer im Land. Hier führt heute eine Stadtpromenade zum Strand, während es in Hammamet eine Strandprommenade gibt.
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Legende Autobahn A1 (Tunis - Sousse - Sfax) Nationalstraßen
Land- / Hauptstraßen
Hauptstraßen Straßen
Sandstraßen, Feldwege
Fußgängerwege Bahnlinien 140
Schiffsverkehr
Sammeltaxi Stationen
Industriehafen (Beni Khiar)
Sporthafen (Hammamet)
Kanäle Flüsse Hochspannungsleitungen & Umspannwerke Mülldeponien Krankenhäuser Bildung Bushaltestellen Bahnhöfe
Versorgung Durch Tunesien über Sizilien verläuft eine der größten Gaspipelines aus Algerien. Auch Tunesien erlangt hier einen Großteil seines Gases. Die Wasserversorgung birgt zu 80% der Mjerda, ein Fluss im Nordwesten des Landes, auch zahlreiche Stauseen in den Bergen tragen zur Wasserversorgung bei. In den größeren Städten gibt es medizinische Versorgung und Krankenhäuser, die medizinische Versorgung ist allerdings teuer. Schulen und Universitäten gibt es auch in den großen Städten.
Nabeul entstand im fünften Jahrhundert v. Chr. als griechische Hafenstadt Neapolis, später von den Römern geprägt, findet man heute sich kreuzende Hauptverkehrsachsen und eine komplexe Siedlungsstruktur. Die Stadtstrukturen von Hammamet und Nabeul waren die ersten Infrastrukturen im Gebiet. In der Zeit des französischen Protektorats/ Kolonialzeit von 1881 bis 1956 begann der Ausbau von Infrastruktur und Industrien. Eine Bahnstrecke wurde von Nord nach Süd gebaut, mit einem Eisenbahnnetz von 2.145 Kilometern und 200 Bahnhöfen entlang der Küste. In den 1920er Jahren begann der Bau der Küstenstraße Route National 1, die die Städte entlang der Küste verband. Mit dem Wachstum des Toursimus in den 1970er und 1980er Jahren wurde 1986 die erste Autobahn erbaut. Insgesamt hat Tunesien ein Straßennetz von etwa 19.000 Kilometern, davon sind 257 Kilome-ter Autobahn. Darunter gibt es 12.500 Kilometer befestigte Straße, 6.500 Kilometer sind jedoch unbefestigt, vor allem im Hinterland. In den 2000er Jahren gab es ein Florieren im Bauwesen, so wurden Neubaugebieten errichtet, die auch neue Infrastrukturen mitsichbrachten. Durch Neubaugebiete, wie Mrezka wachsen Nabeul und Hammamet allmälich zusammen. 2009 wurde der Flughafen bei Enfidha errichtet. Der Personenverkehr funktioniert mit Bussen und Sammeltaxis, Auto-Louage genannt. Des Weiteren gibt es zwei Häfen: einen Sporthafen in Hammamet und einen Industriehafen in Béni Khiar, ein Tiefseehafen ist in Enfidha geplant. Abb. 143 Mapping zur Infrastruktur
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Verkehr und Transport
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Abb. 144 Luftbilder zu Landschaftstypen, auf Grdl. von Google Earth
Tunisia 143 Landschaft Die Gebirgszüge der Dorsale, ein Ausläufer des Tell-Atlasgebirges, bilden die Halbinsel Cap Bon mit fruchtbaren Ebenen und einigen Bergen. Östlich der Dorsale, entlang der Mittelmeerküste zwischen Hammamet und Sfax liegt der Sahel. Ein Küstenstreifen der durch Regen bringende Ostwinde sehr fruchtbar ist. Die nicht kultivierten Flächen sind oft von Macchie besiedelt, einem mediterranen Laub- und Buschwald. In Tunesien stoßen mediterranes und arides Klima aufeinander. Die Niederschläge nehmen von Nord nach Süd ab. Unser Gebiet liegt im winterfeuchten-sommertrockenen Norden. Die Lage am Mittelmeer bringt zusätzlich ein milders und ausgeglicheneres Klima. In den sich südlich anschließenden Steppen und Halbwüsten findet man auch Landschaften, die von Salzseen und Oasen geprägte sind. Abb. 145 Mapping zum Naturraum
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C. Scenarios
Globale Szenarien Um sich regionalen Szenarien zu nähern, ist es zunächst wichtig einige globale Szenarien auszuleuchten. Diese Szenarien stellen jeweils eine Vision des Landes im globalen Kontext dar. Wichtig ist hierbei auch die kontinentale Kohärenz. Hauptsächlich beschreiben die Szenarien politische, wirtschaftliche und kulturelle Einflüsse. Diese werden in ihren Folgen direkte Einflüsse auf die regionalen Entwicklungen mit sich führen. 144 Afrikanischer Weg Der junge Staat findet einen wirtschaftlich, politisch und kulturell von westlichen oder östlichen Modellen unabhängigen Weg. Ethnische Identitäten werden gewahrt und die Wirtschaft bleibt stark informell und auf den regionalen Maßstab bezogen. Industrieller Aufschwung Eine Entwicklung nach dem Vorbild asiatischer Modelle hin zu einem starken ökonomischen Aufschwung. Die Regierung entwickelt sich Autoritär und es entsteht ein weltoffenes weitreichendes Wirtschaftssystem. Ökonomischer Kolonialismus Es bildet sich in dem Staat ein Widerstand gegen zunehmende Verwestlichung und Ökonomisierung. Die junge Demokratie entwickelt sich sicher und konstant, führt jedoch auch in vielen Bevölkerungsgruppen zu Misstrauen. Es kommt zu Instabilitäten, die wiederum die aufstrebende Wirtschaft gefährden.
Erosion Die Demokratie scheitert und der Staat verfällt der Anarchie. Wirtschaftlich und politisch entsteht Chaos und die Machthaber fallen. Politisch und kulturell kommt es innerhalb der Gesellschaft zu tiefen Spaltungen. Die allgemeine Lage führt dazu, dass ausländische Investitionen ausfallen und die nationale Wirtschaft zusammenbricht. Auf den Spuren des Westens Die Demokratie hat sich erfolgreich gefestigt. Das Land öffnet sich der Welt und spielt eine zunehmend wichtigere Rolle im Weltmarkt. Wohlstand breitet sich aus und die wachsende Mittelschicht gibt sich liberal und bindet sich an globale Identitäten. Besondere Bedeutung für die folgenden regionalen Szenarien haben die Szenarien, die einen wirtschaftlichen Aufschwung und eine zunehmend wichtige globale Rolle für Tunesien mit sich bringen. Sie gehen grundlegend von einer stabilen Gesellschaft sowie von einem Wachstum aus, was sich auch auf die territoriale Entwicklung auswirkt.
Die Bedeutung des Tourismus für die Region um den Golf von Hammamet ist ein Aspekt, der die Küstenlinie sowohl in ihrer Architektur und Struktur, als auch in ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung prägt. Es scheint nicht möglich, die Region zu betrachten, ohne dabei zu bemerken, welche Flächen und Strukturen der touristische Sektor dort einnimmt. Im Laufe des letzten Jahrhunderts und besonders der letzten Jahrzehnte hat sich die Gestaltung der Küstenlinie und ihre Offenheit stark verändert. Mittlerweile sind Strände privatisiert und fast gänzlich abgeschlossen für weite Teile der Bevölkerung. Der Tourismus scheint gerade in solchen Regionen eine Art Zweiklassengesellschaft zu produzieren, die ihre Entsprechung an den Strandflächen findet. In seiner momentanen Form nimmt der touristische Sektor aufgrund der ausgedehnten Flächen und dem Platzanspruch, der mit ihm in Verbindung stehenden Hotelkomplexen und deren Freizeitanlagen einen beachtlichen Teil der zur Verfügung stehenden Bereiche an der Küste ein. Er ist an diesen Stellen die wohl prägendste und raumgebendste Komponente. Wegen dieses Abschneidens des Hinterlandes von der direkten Zugänglichkeit zu den nutzbaren Strandbereichen, war der Anspruch an das Szenario einen Weg zu finden, der es erlaubt, den Küstenabschnitt erneut zugänglich zu machen und den dort wohnenden Menschen einen direkten Bezug zum Meer zurückzugeben. Damit dieser Anspruch gewahrt bleibt, war eine Neuplatzierung der bestehenden Anlangen nötig. Außerdem war es unabdingbar die vorhandenen Strukturen zu erweitern und an bestimmten Stellen zu erneuern. Des Weiteren war es wichtig, nachhaltige Strukturen entstehen zu lassen, die so beschaffen sind, dass sie in ihrer funktionellen Ausrichtung letztlich flexibel sind und einen Rahmen bilden, anhand dessen eine Erweiterung und Umgestaltung stets möglich bleibt. Abb. 146 Position Gateways
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Gateways - Floating Tourism
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Ein weiterer Faktor, der in erster Linie dem Aspekt der Nachhaltigkeit zuzuschreiben ist, war die Nutzung erneuerbarer Energie und der Einbezug natürlicher Ressourcen wie der Sonne und des Meeres. Aufgrund dieser Möglichkeiten und der Notwendigkeit der Versorgung der neuen Strukturen wurden neue Energieformen und Energiegewinnungsmaßnahmen, wie die Installation eines Sonnenwärmekraftwerkes, das sowohl mithilfe der Sonne Energie produzieren kann, als auch auf dem Wege der Wasserverdampfung zur Entsalzung genutzt werden könnte, zu einer zentralen Idee. Die Hotels und ihre dazugehörigen Strukturen werden auf das Meer hinaus gespült und bilden dort ein neues Netzwerk aus, das somit Flächen an Land den Bewohnern zurückgibt. Es entstehen Stege und Seitenwege, an die touristische Bereiche angedockt werden können. 146
Der Tourismus entfernt sich vom Land. Auf diese Weise erfährt er auch einen Wandel in seinem Anspruch an sich selbst, nunmehr wird der Besucher eher zum Betrachter der Küste als zum Besetzer. Das Verhältnis von Mensch und Natur beginnt sich zu wandeln. Der Mensch wird zum Teil der Natur, indem er sich ihr bewusst annähert und sich bewusst auf das Wasser hinausbewegt. Er wechselt von nun an seinen Stand- und Blickpunkt. Der Gedanke des „am Meer Seins“ wird umgekehrt und viel mehr ist man „auf dem Meer“. Diese physische Veränderung im Verhältnis führt dazu, dass sich bewusster mit der Umgebung auseinandergesetzt wird, der Reiz des Bootfahrens und Beobachtens wird aufgenommen und verstärkt. Während der Mensch in seiner Freizeit und iåm Urlaub das Boot oftmals als Vergnügungsobjekt nutzt, ist er nun in der ständigen Situation auf der anderen Seite der Küste zu stehen. Die Möglichkeit der Küstenbetrachtung ist normalerweise nur gegeben, wenn man sich auf das Wasser hinausbegibt. Durch die Verschiebung der Strukturen wird diese Betrachtung zu einem Abb. 147 Überregionale Überrsicht
kehrsachsen werden die Stege als Fortsetzungen dieser begriffen und führen auf das Meer hinaus. So ergibt sich aus Tunis eine direkte Linie aufs Meer und auch das Hinterland wird Mithilfe der Stege auf einem neuen Weg erschlossen und erhält eine weitere Anbindung an Tunis und zur Küstenlinie. Die Stege fungieren nicht nur als reine strukturgebenden Formen, sondern sind so beschaffen, dass sie Zugverbindungen darstellen, die es erlauben, mittels großer Geschwindigkeiten Waren, Informationen und Menschen über lange Distanzen schnell zu verbinden. Somit ergibt sich eine höhere Dichte in sowohl sozialer als auch struktureller Hinsicht, die dazu führt, dass das Hinterland näher an die Städte heranrückt. Mithilfe der Stege ist es außerdem möglich, dass die neu produzierte Energie, die in den Sonnenwärmekraftwerken erzeugt wird, schnell in weite Teile des Landes transportiert werden kann. Zusätzlich bietet die lineare Struktur eine Orientierung für weitere Siedlungsgründung im Hinterland, die sich die bestehenden Freiflächen aneignen können. Die Besonderheit des Sonnenwärmekraftwerkes liegt in seiner Funktion. Mithilfe der Bündelung der Sonnenstrahlen wird im Inneren des zentralgelegenen Kessels Wasser zum Verdampfen gebracht, so dass der aufsteigende Wasserdampf eine Turbine betreibt, die durch stetige Drehung Strom erzeugt. Das verdampfte Wasser könnte nach dem Durchlaufen der Turbinen kondensiert und weiterführend genutzt werden, um es beispielsweise als Trinkwasser zur Verfügung zu stellen.
Abb. 148 Struktur Gateways
Abb. 149 Sonnenkraftwerk
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dauernden Zustand, der seinen Reiz durch die Dauerhaftigkeit und die Sicherheit der gebauten Strukturen verstärkt. Während die Betrachtung sonst im Laufe einer Fahrt nur einen temporären Charakter hat, ändert sich auch dieser Aspekt und ermöglicht auf diese Weise eine genauere Auseinandersetzung sowie Reflexion über das geformte Land. Im Gegensatz steht das raue Meer, mit seiner Unbeständigkeit, seiner eigenen Form, seinem eigenen Willen. Die Unformbarkeit des Wasser steht somit im direkten Kontrast zu den Reglementierungen des Festlandes. Die neugeschaffenen Stege und Abzweigungen erlauben es in ihrer Ausformulierung, dass dort ein Wandel möglich ist und die ankommenden Inseln in ihrer Abfolge nicht festgelegt sind. Die Monofunktionalität, wie sie momentan teilweise in den Stadtstrukturen Hammamet Yasemines, Nabeuls und Hammamets auftritt, würde so minimiert werden und eine Weiterentwicklung wäre stets im Gange. Es ist möglich, dass eine solche Andockung als Freifläche ausgebildet wird, sich als Hotelkomplex darstellt, Freizeitmöglichkeiten beherbergt oder andere Aufenthalts- und Unterbringungsflächen beinhaltet. Anhand des geschaffenen Rahmens sind den Funktionen keine Grenzen gesetzt und sie agieren im steten Zusammenspiel miteinander. Anknüpfend an bisherige Verbindungen und Ver-
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Abb. 150 Meeresströmungen im Mittelmeer
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Abb. 151 Szenario in der Region
plastic city Abb. 152 Produktionskette Plastic City
p im ort m
tru zen
p ex or t Abb. 153 Scenario Zoom
Ein weitreichendes Problem des Mittelmeers macht sich auch gerade an Tunesiens Küste bemerkbar. Das Meer ist im hohen Ausmaß mit Plastikmüll verunreinigt. Dieses Umweltproblem lässt sich an vielen Küsten des Mittelmeerraums ablesen. Doch gerade Tunesiens zentrale Lage und die Meeresverengung vor der Küste tragen dazu bei, dass Tunesiens Küste besonders betroffen ist. Besonders um das Analysegebiet sind viele Strände von Plastikmüll überschwemmt. Diese Beobachtung aus dem Küstenraum sowie die Überlegung eines Szenarios in dem Tunesien durch einen eigenen innovativen Wirtschaftszweig Aufschwung erlangt, bildet die Grundlage für das Konzept der Plastic City. Zunächst geht das Szenario von einer externen Investition in Form eines Tiefseehafens in Enfidha aus. Dieser macht die Region zu einem attraktiven Industriestandort und befindet sich tatsächlich bereits in der Planung. Jedoch birgt er auch viele Risiken wie zum Beispiel für den Tourismus oder die Umwelt. Um dieser Entwicklung präventiv gegenzusteuern , braucht es einen lokalen, attraktiven Wirtschaftszweig, der Großindustrie mit dem lokalen Markt verknüpft; die Plastic City. Auf dem Meer, in der Meeresenge zwischen der Halbinsel Cap Bon und Süditalien, werden mobile Auffangstationen für Plastikmüll installiert. Diese funktionieren ähnlich einem Netz, jedoch ohne das Ökosystem Mittelmeer negativ zu beeinträchtigen. Durch kilometerlange Fangarme werden Plastikteile in den oberen Schichten des Wassers eingesammelt und in einer zentralen Einheit gesammelt. Von hier gelangen der gesammelte Plastikmüll über Pipelines in den Hafen von Enfidha. Der Rohstoff wird gesammelt und kann neu eingeschmolzen werden. Es entsteht recyltes Plastik zur Weiterverwertung. An diesem Punkt setzt die lokale, kleinmaßstäbliche Wirtschaft ein. In einem Raum zwischen
dem Hafen von Enfidah und der Stadt Hammamet entsteht ein Gebiet in dem ortsansässige Kleinunternehmer den günstig zu erwerbenden Rohstoff Plastik in verschiedene Produkte wandeln können. Es entsteht der Wirtschaftsraum Plastic City. Strukturiert durch zwei Hauptachsen wird der Hafen und die Stadt Hammamet zunächst räumlich verbunden. Durch lang gestreckte, sich riegelförmig auflösende Strukturen wird der Raum gerahmt und bildet Entfaltungsraum für die Kleinunternehmer. In der Stadt Hammamet binden die Achsen vereint an die aus dem Ort führende Hauptstraße an. In diesem Teil der Stadt sind vor allem viele große Hotelanlagen ansässig. Eine Entwicklung des Tourismus in der Region ist in diesem Szenario in zwei Richtungen zu denken. Die erste Möglichkeit wäre ein blühender Tourismus. Somit würde die Plastic City an einen aktiven, lebendigen Stadtraum anschließen. Als Folge wäre eine Symbiose denkbar. Denn die Plastic City könnte von dem Tourismus profitieren. Potenzielle Kunden wären direkt vor Ort und die Struktur der Plastic City könnte wie eine Einkaufsstraße in der Medina (Altstadt) funktionieren. Nach vorne zu den Hauptstraßen lägen Verkaufsstände während sich im Hintergrund, jedoch in direkter Nachbarschaft das Handwerk abspielen würde. Jedoch wäre es auch möglich, dass sich der Tourismus, dem aktuellen Trend folgend, zurück entwickelt. Der Stadtteil von Hammamet stünde dementsprechend leer oder würde mehr und mehr dem Leerstand verfallen. In diesem Fall wäre eine funktionelle Ausweitung der Plastic City in die Hotelstrukturen möglich. Hotelanlagen könnten recycelt werden und als Produktionsstätten umfunktioniert werden. In beiden Versionen käme es so oder so durch die Plastic City zu einer Verschmelzung des neuen Industriestandortes der Region und der städtischen Region um Hammamet und Nabuel.
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Plastic City
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Abb. 154 Collage zur Metropolregion
MetropolRegion Tunis - New Hammamet - Nabeul - Enfidha
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Aus der Analyse hervorgehend ist ein Zusammenwachsen von Hammamet und Nabeul festzustellen. Auch Tunis vergrößert sich fortschreitend mit Vororten zu einer Metropolregion. Mit dem geplanten Tiefseehafen und der Verwaltungsstadt bei Enfidha entsteht ein drittes, mehr industriell geprägtes Zentrum an der Küste.1 Die Küstenregion wurde (infra-)strukturell weit entwickelt, während das Hinterland vernachlässigt wurde. Indessen sich der Hauptteil der wirtschaftlichen Aktivität auf die Metropol- und Wachstumszone um Tunis und die Küstenregionen konzentriert, gibt es kaum Wachstum im Hinterland. So erreicht die Arbeitslosenrate im Hinterland durchschnittlich 23 Prozent, während sie in Tunis 15 Prozent und im Küstengürtel nur 10 Prozent beträgt. Gravierende Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung und im Lebensstandard der Bevölkerung zwischen den tunesischen Regionen gelten als Hauptursache der Revolution von 2010/11. Zentralisierte Entscheidungsgewalt in Tunis, zentrale Planungslogik und mangelnde Koordination in den Regionen und die ungenügende Infrastruktur sind die Hauptursachen der unausgewogenen Entwicklungen.Die aus der Revolution hervorgegangene und fortschreitende Demokratisierung
des Landes ist eine Grundlage für das Szenario der Regionalentwicklung. In der im September 2014 veröffentlichten nationalen Strategie für Wirtschaftsentwicklung und Investitionsförderung bilde das Thema der ausgeglichenen regionalen Entwicklung einen wichtigen Schwerpunkt. Im Sinne einer Dezentralisierung und Neuordnung der regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften sollen diesen Kompetenzen für eine selbstbestimmte, partizipative Entwicklung zugesprochen werden. Der Anteil der Stadtbevölkerung wächst durch die sozioökonomischen Unterschiede zwischen den Regionen, die Küste wird mehr und mehr urbanisiert. Daher sollte der Besiedlung des Küstenraums, mit der einhergehenden Zerstörung oder Veränderung seines Naturraums, eine Grenze gesetzt werden. Beispielsweise durch die Verdichtung und den Zusammenschluss bestehender Zentren. So wird auch dem informellen Wachstum der Städte entgegengewirkt. Dabei sollte die Mitentwicklung des Hinterlandes eine große Rolle spielen, um das Hinterland als Antrieb und Stärkung der urbanen Zentren zu induzieren und selber zu stärken. Gleichzeitig soll auch der unkontrollierten Zersiedlung im Hinterland durch eine strukturelle Aufwertung entgegengewirkt werden. Der Schutz natürlicher Ressourcen ist hierbei ebenso wichtig, wie die Bewahrung des
Soliman 30.000
Manzil Bu Zalafah 0 18.500 B Beni Khalled 23.000
Grom l Grombalia 70.000 70.0 0
Qurba 48.300
D Dje Dj Djebel Oust 4 4.000
Mo M o ne Moghrane
Nabeul Nabe 60.000 60
Za Zaghouan 16 16.000 Hammam 00 0 9.000
Béni Khiar 35.600
Hammamet Ham 95.000 95
Zriba
8.700 8 Salloum
Nadour 7.500
10.000
d Bou Ali Sidi 10.000
Abb. 155 Analysekarten zur Metropolregion: Infrastruktur, Landwirtschaft, Siedlungsstrukturen, Ballungsräume in Verbindung mit dem Loop, Landwirtschaftszentren, Ausswirkungen auf die Insel und Zoom-In
Küstenraums. Lebensgrundlagen wie Gewässer, Äcker und Wälder seien durch Übernutzung und den fortschreitenden Klimawandel akut gefährdet.4 Diese Ressourcen sind langfristig zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften. In der Region zwischen Tunis, Hammamet und Enfidha gibt es einige landwirtschaftliche Zentren mit Wasserquellen und anderen natürliche Ressourcen. Durch die angrenzende Lage an die Ballungszentren und an die tiefer im Inland gelegenen, durch ihre Abgeschiedenheit noch mehr benachteiligten Regionen im Westen, bildet unsere zu entwickelnde Region das Interface zwischen der Küstenregion und dem Inland. Es dient als Entwicklungsmotor, als Verbindung und Übergangszone beider. Da das Energieversorgungssystem wirtschaftlich ineffizient ist und der Energiebedarf stetig steigt, ist Tunesien zunehmend abhängig vom Import von Öl und Gas. Zugleich bietet die geographische Lage ein großes Poten-
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Hammam-Lif 43.000
Mornag Mor M nag 38.500
zial für erneuerbare Energien, insbesondere für Solarenergie. Die Region und die überregionalen Verknüpfungen sollen gestärkt werden. Ziel des Vorhabens ist es, die für die effektive und partizipative Entwicklung notwendige institutionellen Voraussetzungen in Tunesien zu verbessern. Die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren und so die Lebensbedingunen zu verbessern. Hierzu muss zuerst in die mangelnde Infrastruktur investiert werden. Welche Form der Infrastruktur? Neben kleineren Projekten zum schrittweisen Ausbau von Straßen oder Bildungseinrichtungen, sowie der Förderung von Landwirtschaft und Industrie und der Verbesserung des Gesundheitswesens, gibt es eine übergeordnete Schlaufenstruktur. Der Loop ist die direkte und nachhaltige Verbindung nach Tunis, Hammamet und Enfidha. An diese Schlaufe knüpfen sich andere Projekte räumlich an. Im Szenario werden in der Region Solarenergiestandpunkte entwickelt, die auch als Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten dienen. Die Energieversorgung der Region erfolgt durch einen Energiekreislauf im Loop und mit den daran gekoppleten Karftwerken. In Zaghouan und Grombalia wird die Landwirtschaft weiter gestärkt und der Wirtschaftszweig Ökotourismus aktiviert. Die Tourimusbranche könnte sich mit dem Toursimus in der Küstenregion verknüpfen. Hierbei wird die Schlaufe auch zum Güter- und Personentransport, und als Freiraum zur Erkundung der Landschaft genutzt. Der Loop ist zunächst figurativ zu interpretieren. Ambitionierten Entwicklungsprojekten fehlen teilweise die notwendigen Finanzierungen. Regionale Akteure verfügen kaum über die erforderlichen organisatorischen und technischen Kompetenzen und über ausreichend Erfahrung, um die neuen Pläne sachgerecht umzusetzen. Gleichzeitig fehle das Wissen, um lokale Öffentlichkeiten, zivilgesellschaftliche Gruppen oder die lokale Wirtschaft in die Entwicklungsprozesse einzubinden.
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4. Portraits
4.6 Dänemark
Dänemark
Felix Többen, Sina Wagner, Nina Weiland
153 Abb. 156 Verkehrsnetz Dänemark, Verortung vom Portraitbereich
A. Context Das Land Dänemark befindet sich im nördlichen Teil Europas und gehört zu der skandinavischen Ländergruppe. Dänemark ist lediglich mit der Ländergrenze zu Deutschland ans Europäische Festland angeschlossen. Im Vergleich zu den anderen Ländern Europas hat Dänemark eine verhältnismäßig kleine Landfläche. Es hat in dem Kernland, ohne Grönland betrachtet, eine Fläche von 14.921 Quadratkilometern mit einer Einwohnerzahl von 5.707.000. Darüberhinaus wird das Land von der Nordsee und der Ostsee eingefasst und bietet dadurch viele attraktive Küstengebiete und Strandbereiche. Im nächsten Schritt wurde in das Land gezoomt, um die wichtigsten Verkehrswege zu zeigen. Dabei zeigt sich hauptsächlich eine von Norden nach Süden verlaufende Straße, die Europastraße. Dazu kommen einige wichtige Schiffsverbindungen zu den umliegenden Ländern, im Westen Eng-
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Abb. 157 Verkehrsanbindung im skandinavischem Raum
Abb. 158 Bruttoinlandsprodukt europäischer Länder
Abb. 159 Landflächen und Einwohnerzahlen europäischer Länder
land und Island, im Osten sind es eher viele kleine Verbindungen. In dem gewählten Ausschnitt ist es der Hafen in Hirtshals, der mit einigen Verbindungen heraussticht. Vertiefend dazu ist nochmal eine Stufe näher reingezoomt worden. Dabei ist jetzt der gewählte Ausschnitt mehr in den Fokus gerückt. Damit eingeschlossen ist die Stadt Hirtshals mit den dazu gehörenden infrastrukturellen Verbindungen, besonders die Autobahn und die Schiffsverbindungen kommen heraus. Die Schiffsverbindungen sind bezogen auf den Güter - und Warentransport und den Personenverkehr. Wie bereits erwähnt ist Dänemark von der Einwohnerzahl und Fläche ein kleines europäisches Land. Betrachtet man die Einwohnerzahl im Vergleich mit anderen Ländern, ist Dänemark fast das kleinste Land. Allerdings hat es das Land in den letzten Jahren zu einem gewissen Wohlstand geschafft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist seit 1960 stetig auf 295,2 Milliarden USD gewachsen. Im Ländervergleich ist Dänemark grundsätzlich immer noch weit zurück, steht in Relation mit der Einwohnerzahl jedoch sehr gut dar, was letztendlich Wohlstand suggeriert und für eine stabile Wirtschaft steht. Die Karte zeigt das Land bzw. die Umrisse Dänemarks mit den größten Regionen und Städten. Anhand der Zahlen lässt sich das dünn besiedelte Land gut beschreiben. Bemerkenswert ist, das circa die Hälfte der Bevölkerung Dänemarks (2.679.343) in den Städten Kopenhagen (1.280.371), Odense (198.972) und Aarhus
(1.200.000) wohnen. Die restliche Bevölkerung (3.027.908) verteilt sich auf die verbliebene Fläche des Landes, was für eine sehr kleinteilige und verteilte Siedlungsstruktur steht. Das BIP ist in Dänemark in Relation mit der Einwohnerzahl sehr hoch, aufgrunddessen lohnt es sich eine detailliertere Übersicht der Wirtschaft zu betrachten. Das Land ist grundsätzlich von Ackerflächen und Landwirtschaft geprägt. Dazu kommt die Fischerei, der Schiffsbau, der Tourismus, erneuerbare Energien, bevorzugt die Windenergie und die Nahrungsmittelproduktion. Dabei ist auffallend, dass neben der wasserabhängigen Wirtschaftsektoren (Fischerei, Schiffsbau, Fischverdelung) auch der Tourismus, die Nahrumgsmittelproduktion und die Windkraft, gerade durch Off-shore Windparks, häufig in die Küstenregionen ausgewichen sind. Bezogen auf den gewählten Ausschnitt im Norden Dänemarks ist vor allem der Tourismus und die Fischerei von Bedeutung. Im Detailausschnitt wird die zentrale Bedeutung des Hafens in Hirtshals nochmal deutlich, hinzufügend ist zu sagen, dass dieser Hafen der einzige in dem Abschnitt ist. Als zweiter wichtiger Sektor ist der Tourismus eine wichtige Komponente, indem sich der Tourismus entlang der Küste ballt und nur punktuell im Landesinneren vorkommt. Im Landesinneren befinden sich neben der Landwirtschaft und den Ackerflächen ergänzend einige kulturelle Einrichtung für Kunst und Bildung.
Dänemark
Abb. 160 BIP Verlauf Dänemark in US-Dollar
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Abb. 161 Einwohnerverteilung in Dänemark
EINWOHNER DÄNEMARK: 5.707.251 KOPENHAGEN: 1.280.371 AARHUS: 1.200.000 ODENSE: 198.972 KLEINSTÄDTE: 1.038.895 ANDERE REGIONEN: 1.889.013
Dänemark Abb. 162 Übersichtskarte Wirtschaft und Handel Dänemarks
Abb. 163 Wirtschaftssektoren im Projektgebiet und deren Gewichtung
157
Legende: Autobahn Bundesstraßen Nebenstraßen
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B. Mapping
Infrastruktur In dem Layer ‚Infrastruktur‘ kann eine Hierarchie von drei Stufen herausgestellt werden. Die erste größere Ebene ist die Autobahn, die von Südosten in das Gebiet gelangt und in Richtung Hirtshals verläuft. Die hier mittlere Stufe sind die Bundesstraßen, bei denen insbesondere die Europastraße durch ihren Verlauf vom Süden Europas bis in den Norden, hervorzuheben ist. Die letzte Ebene sind kleineren Landstraßen, die vor allem in Küstennähe durch ein auffallendes Raster eine strukturierende Wirkung haben. 2 km Abb. 164 Mapping zur Infrastruktur
Legende: Waldgebiete Grünland Ackerfläche landwirtschaftliche Nutzfläche
Dänemark
159
Grünräume Der Ausschnitt hat einige kleine Grünräume mit Waldgebieten und zwei größere, einmal an der südlichen Grenze und einmal im Norden. Dazwischen befindet sich als flächenmäßig größtes Element Ackerflächen und die landwirtschaftliche Nutzung. Zwischen Hirtshals und Lønstrup befindet sich die größte zusammenhängende Fläche, die auch noch weit ins Landesinnere reicht. Das Grünland nimmt nur einen unwesentlichen Teil der Landfläche ein.
Abb. 165 Mapping zum Grünraum
2 km
Legende:
Wohnbebauung, städtische Strukturen
Industriefläche
Parks und Freizeitflächen
160
Siedlungen In dem Ausschnitt wird die Siedlungsstruktur aus dem restlichen Land deutlich. Dies bedeutet, dass ein Großteil des Bereiches frei von Siedlungsstrukturen ist und sich nur einzelne, kleine Städte mit die Zeit entwickelt haben. Dazu gehören Hirtshals, Hjørring, Løkken und Lønstrup, wobei sich lediglich Hjørring nicht in unmittelbarer Küstennähe befindet.
2 km Abb. 166 Mapping zur Siedlungsstruktur
Dänemark Abb. 167 Exemplarische Karte und Schnitt zur Steilküste
161
Abb. 168 Topographische Karte
Die topographischen Gegebenheiten in Dänemark zeichnen sich eher durch gleichmäßiges flaches Land aus. Dennoch gibt es lokale und punktuelle Unterschiede und Erhöhungen, insbesondere in dem vorgestellten Küstengebiet. Charakteristisch ist dort ein zunächst flacher, schmaler Strand, der dann auf die Steilküste trifft. Diese kann bis zu 70m hoch gehen und verläuft dann in der Regel flach weiter ins Landesinnere. Eine weitere Erhöhung befindet sich südlich von Hirtshals mit 68m. Im Schnitt ist der Aspekt der Steilküste nochmal verdeutlicht. Dort hat die Steilküste die Endhöhe von 70m erreicht. Die Steilküste ist jedoch auch das große Problem in Dänemark, weil durch das Meer und die Wellen jedes Jahr ein signifikanter Teil der Küste beschädigen und „abbrechen“.
Abb. 169 Verortung Leuchttürme
Abb. 172 Verortung Strandhäuser
Abb. 170 Verortung Bunker
Abb. 173 Verortung Ferienhäuser
Abb. 171 Verortung Häfen
Abb. 174 Verortung Fischerei
162
Abb. 175 Abfolge der Küstenabschnitte, auf Grdl. von Google Earth
Dänemark
Die vorher analysierten Patterns wurden im nächsten Schritt auf Dänemark übertragen und die wichtigsten visualisiert. Die nebenstehenden Patterns schaffen einen zunächst detaillierten Überblick zur dessen Verortung und Verteilungsstruktur. In dem Ausschnitt sind zwei Leuchttürme zu lokalisieren, ein großer Hafen im Norden, der gleichzeitig die Fischverarbeitung beinhaltet. Besondere Strukturen oder Pattern bilden an der Küste noch die historischen Bunkeranlagen und die weißen Strandhäuser zwischen Løkken und Lønstrup. Aus diesen punktuellen Interventionen ergibt sich aus der Überlagerung ein Netz entlang der Küste. Daraus ergeben sich auf der einen Seite geballte Räume, zum Beispiel an der Küste und im südlichen Teil des Gebietes. Auf der anderen Seite entstehen Räume, in denen lediglich punktuelle Pattern vorkommen, zum Beispiel im nördlichen Teil des Gebietes. Abgesehen von den Pattern haben sich durch eine nähere Betrachtung unterschiedliche Küstenstrukturen ergeben. Der erste Küstentypus ist geprägt durch eine nahezu unberührte „Natur“. Dazu gehören offene Landschaften und die für Dänemark charakteristische Steilküste. Der nächste Typus beinhaltet einen breiteren Strand, der dann schon touristisch attraktiv ist. Hinzu kommen einige infrastrukturelle Verbindungen, um zur Küste zu gelangen. Der folgende Küstentyp weist je nach Abschnitt einige zusätzliche Elemente auf. Zum einen beinhaltet er die Bebauung am Strand und in der Nähe, zum Beispiel die Bunker und die weißen Strandhäuser, die das Strandbild prägen. Darüberhinaus kommen zum anderen vereinzelte Wellenbrecher zum Einsatz, die den Strand dort strukturieren. Die letzte Küstenliniea ist geprägt durch städtische Strukturen im direkten Umfeld zum Strand und zur Küste, wozu auch der Hafen und seine Strukturen ebenfalls gehören.
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Abb. 176 Abschnittsübersicht Gebietsuntersuchung
Wie bereits erwähnt befindet sich unser Abschnitt im Nordwesten Dänemarks an der Nordseeküste. Um einen detaillierteren Einblick in den Ausschnitt zu bekommen, wurde rein schematisch der Ausschnitt in fünf gleich große Abschnitte eingeteilt. So konnte der jeweilige Abschnitt unter den Gesichtspunkten Infrastruktur, Küstenlinine, Siedlungsstrukturen und Grünräume untersucht werden.
In dem ersten von uns untersuchten Abschnitt befindet sich der Freizeitpark Fårup Sommerland. Es ist einer der größten Vergnügungsparks Dänemarks. Der Besucherrekord lag 2010 bei 607.000 Besuchern und wurde von einer amerikanischen Fachzeitschrift zum drittbesten Vergnügungspark für Kinder ausgezeichnet. Den Park gibt es seit 1989 und ist auch heute noch ein Besuchermagnet. Außerdem befindet sich ein großer Landwirtschaftsfaktor in diesem Gebiet, die Hune und die Brinken Plantage. Die Europastraße 55 durchkreuzt dieses Gebiet von Norden nach Süden und bietet über mehrere Schnellstraßen eine Verbindung vom nördlichen Helsingborg (Schweden) bis
Abb. 178 Abschnitt II: Altes Kloster Borglum, Strandhäuschen bei
Freizeitpark Fårup Sommerland
Løkken
zum südlichen Punkt Kalamata (Griechenland) über Flensburg. In dem ersten Abschnitt unseres Gebietes gibt es ebenfalls eine Vielzahl von kleineren Wegen und Wegenetzen in Küstennähe. Als Orte sind zu nennen Ingstrup, Saltum, Ejeersted, Ostrup, Alstrup, Manna und Tise. Ingstrup ist ein kleiner Ort und gehört zur Jammerbucht Municipality. Mit nur ca. 1.000 Einwohnern lebt der Ort Ingstrup hauptsächlich vom Tourismus. Der Ort liegt sieben Kilometer südlich von Løkken und fünf Kilometer von Saltum entfernt. Saltum Strand heißt eine beliebte Gegend an der Jammerbucht, die sich durch einen schönen Strand, Dünengehölze und Wäldern, sowie einer Vielzahl an Ferienhäusern auszeichnet. Ein beliebter touristischer Besuchsort ist eine Galerie in einer alten Molkerei. Dort werden Gemälde, Skulpturen und Krüge ausgestellt. An der Hauptstraße Saltums liegen weitere Galerien und Geschäfte für Antiquitäten, Schmuck und Glaskunst. Saltum liegt in einer Hügellandschaft, die bis zu 100 Meter Höhe betragen und umfasst ca. 1.000 Einwohner.
In dem von uns zweiten gewählten Gebiet befinden sich die Orte Vrensted, Nørre Lyngby, Sonder Rjuberg, Løkken und Borglum. Als historisch wertvolles Merkzeichen des Gebietes ist das alte Kloster Borglum zu nennen. Das Borglum Kloster wurde in den Jahren 1035 - 1220 von Mönchen erbaut und danach jahrelang als Mönchkloster genutzt. Im laufe der Zeit wurde das Kloster für die Öffentlichkeit zugänglich und ist heute primär ein Gutshof, der für einige Ausstellungen verwendet wird. Als nächstes Merkzeichen sind die Bunkeranlagen von Løkken vor allem von historischer Bedeutung. Die vorhandenen Bunkeranlagen sind Teil des „Atlantikwall“, der von Frankreich bis Norwegen verläuft, wobei sich in dem Gebiet ca. 600 Bunker befinden. Neben der unästhetischen Wirkung, sind die Überreste durch Betonstücke und hervorstehende Stahlrohre eine Gefahr. Die Bunkeranlagen wechseln sich ab mit den kleinen Strandhäusern in Løkken, die sehr prägend für das Strandbild in diesem Abschnitt sind. Sie sind in langen Reihen am Strand aufgestellt. Løkken gilt durch die weißen Strandhäuser auch als „weiße Stadt“.
Dänemark
Abb. 177 Abschnitt I: Ferienhäuser an der Küste bei Ingstrup,
165
Abb. 179 Abschnitt III: Steilküste bei Lønstrup, Wellenbrecher aus
Abb. 180 Abschnitt IV: Luftbild Lønstrup, Ferienhäuser in Lønstrup
Gesteinen, Leuchtturm und Wanderdüne Rubjerg Knude Fyr
166
Das dritte von uns untersuchte Gebiet umfasst die Orte Nørre Rubjerg, Hundelev, Rakkeby, Hjørring und Lønstrup. Die Infrastruktur ist vorallem durch die Europastraße 35 und 55 geprägt und gut ausgebaut. Die wichtigsten Wirtschaftssektoren sind der Tourismus und die Landwirtschaft. Lønstrup, „die kleine Stadt am Meer“, ist die zentrale Stadt in dem Gebiet. Der Ortskern von Lønstrup entstammt, wie häufiger zu finden an der dänischen Küste, einem alten Fischerdorf. Das prägende Element des Strandes sind Wellenbrecher, die die Wucht der auf die Steilküste aufprallenden Wellen vermindern sollen, um deren Abtragung zu regulieren. Sie sorgen gleichzeitig für kleine Badelagunen. Der alte Leuchtturm Rubjerg Kunde ist mit 90 m der Hochpunkt auf einer Steilküste, die von Løkken nach Lønstrup verläuft. Der 23m hohe Leuchtturm ist das Wahrzeichen von Lønstrup und wurde 1899 errichtet. Durch den stetigen Küstenabrieb durch das Meer, ist der Leuchtturm voraussichtlich in 15 - 20 Jahren nicht mehr vorhanden.
In dem vierten von uns untersuchten Gebiet liegen die Orte Vidstrup, Sønder Tornby / Tornby, Horne, Bjergby, Hojene und Hjørring wird geschnitten. Im Landesinneren ist das Gebiet stark geprägt von der Landwirtschaft und Ackerfläche. Durch dieses Gebiet führt ebenfalls die Europastraße 55, die sich in kleinere Straßen abzweigt bis am Strand nur nach ein faseriges Straßennetz vorhanden ist. Der Ort Tørnby ist durch unverwechselbare Natur und einen langen, breiten Strand geprägt. Darüber hinaus bietet der Ferienort mehr Sonnenstunden im Vergleich zu dem restlichen Land. Die Stadt Hjørring ist mit die größte Stadt in dem gewählten Ausschnitt und auch in dem vierten Abschnitt stellt die Stadt einen wichtigen Punkt dar. Hjørring hat mit dem ‚Metropol‘ das beste Einkaufszentrum Dänemarks 2013 zu bieten, das zum shoppen, flanieren und Essen einlädt. Dazu kommen zahlreiche kulturelle Angebote, zum Beispiel Museen, Theater, Kunstausstellungen und Plastiken.
Abb. 182 Problematik der abbrechenden Steilküste
Hirtshals, Hafen Hirtshals
Der fünfte Abschnitt befindet sich im Norden Dänemarks und beinhaltet die größte Stadt des Ausschnittes mit Hirtshals. Die Stadt hat circa 14.000 Einwohner und ist vor allem durch den Hafen und die Erwerbszweige Fischerei, Fischveredelung und Transport ein wichtiger Standort. Der Hafen gehört zu den größten Häfen Dänemarks mit einer Kaillänge von 4,5 km und einer Fläche von 1.100.000 Quadratmetern, wovon 310.000 vermietet sind. Der Jahresumsatz von 2015 unterstreicht diesen Stellenwert mit 73,8 Millionen Dänischen Kronen. Der Güterumschlag lag bei 1,8 Millionen Tonnen. So schafft der Hafen letztendlich 2.700 Arbeitsplätze. Abgesehen von dem Hafen hat Hirtshals noch das historische Bunkermuseum zu bieten, was als Zentrum der Region angesehen wird. Das Bunkermuseum gehört zu dem größten ausgegrabenen Verteidigungsanlagen der deutschen Wehrmacht. Es ist heute öffentlich zugänglich und kann besichtigt werden. Die Infrastruktur ist dementsprechend ausgebaut, wobei die Europastraße hier endet und als Fähre weiterläuft.
Die Nordseeküste Dänemarks hat mit mehreren Problematiken zu kämpfen. Die bis zu 50 Meter hohe Steilküste wird mit jeder neuen Flut untergraben, wodurch Gesteinsbrocken aus der Wand herausgebrochen werden. Aufgrund der Erosion bröckeln auch die darüber liegenden Gesteinsschichten weiter ab und stürzen auf den Strand. Jährlich werden so mehrere Zentimeter vom Festland abgetragen. Eine Folge dieser Problematik ist unter anderem, dass sich der Abhang der Bebauung immer weiter nähert. Einige Häuser sind bereits komplett abgestürzt und deren Reste liegen über den Strand verstreut. So auch die Reste des ‚Atlantikwalls‘. Die großen Bunker die teilweise in der Gesteinswand hängen, brechen heraus und fallen auf den Strand. Ein beeindruckendes Schauspiel das geboten wird, das aber sehr gefährlich für die Strandbesucher ist. Oftmals sind aus diesem Grund ganze Küstenabschnitte gesperrt. Das ist gerade für den Tourismus ein Ärgernis. Die Ruinen sind kein schöner Anblick und die Bunker erinnern oft an die dunkle NS- Zeit, was im Gegensatz zu Erholung und Spaß steht. Dies sind vor allem Gründe für den Rückgang des Tourismus in dieser Küstenregion. Einhergend mit dem schnell voran schreitendem Landverlust, eine verheerende Ausgangssituation.
Dänemark
Abb. 181 Abschnitt V: Alter Bunker in Hirtshals, Campingplatz
167
Abb. 183 Küstenlinie 1920
168 Abb. 184 Küstenlinie heute
Abb. 185 Küstenlinie in 15 Jahren
Abb. 186 Übersicht zur Veränderung der Küstenlinie
Dänemark
Abb. 187 Verortung der Kirche bei Løstrup
Die Nordseeküste Dänemarks hat mit mehreren Problematiken zu kämpfen. Die bis zu 50 Meter hohe Steilküste wird mit jeder neuen Flut untergraben, wodurch Gesteinsbrocken aus der Wand herausgebrochen werden. Aufgrund der Erosion bröckeln auch die darüber liegenden Gesteinsschichten weiter ab und stürzen auf den Strand. Jährlich werden so mehrere Zentimeter vom Festland abgetragen. Eine Folge dieser Problematik ist unter anderem, dass sich der Abhang der Bebauung immer weiter nähert. Einige Häuser sind bereits komplett abgestürzt und deren Reste liegen über den Strand verstreut. So auch die Reste des ‚Atlantikwalls‘. Die großen Bunker die teilweise in der Gesteinswand hängen, brechen heraus und fallen auf den Strand. Ein beeindruckendes Schauspiel das geboten wird, das aber sehr gefährlich für die Strandbesucher ist. Oftmals sind aus diesem Grund ganze Küstenabschnitte gesperrt. Das ist gerade für den Tourismus ein Ärgernis. Die Ruinen sind kein schöner Anblick und die Bunker erinnern oft an die dunkle NS- Zeit, was im Gegensatz zu Erholung und Spaß steht. Dies sind vor allem Gründe für den Rückgang des Tourismus in dieser Küstenregion. Einhergend mit
dem schnell voran schreitendem Landverlust, eine verheerende Ausgangssituation. Ein Beispiel für das Ausmaß des Landverlusts ist die Mårup Kirke, die Kirche in der Nähe von Lønstrup. Im 13. Jahrhundert erbaut, befand sich die Kirche noch einige Kilometer im Landesinneren. Seither haben die Gezeiten stetig an der Steilküste genagt, sodass das Bauwerk heute nicht mehr als gerade zehn Meter von der Klippe entfernt ist. Große Teile des dazugehörigen Friedhofsareals sind bereits abgestürzt. Immer wieder finden Ranger die Gebeine der Gräber an dem Strandabschnitt. Sie werden eingesammelt und in einem eigens für sie angelegten Grab erneut bestattet. Eine Bürgerinitiative kämpfte lange für den Erhalt der Kirche, musste sich jedoch der Gewalt der Natur beugen. Nun wurde damit begonnen, die Kirche abzutragen und andernorts wieder aufzubauen. Die Karten zeigen die schnelle Veränderung der Abbruchkante und machen das Ausmaß der Abtragungen deutlich. In nicht mal einhundert Jahren wurden mehrere hundert Meter Land abgetragen. Ein Fortschritt, der unbedingt aufgehalten werden muss.
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Abb. 188 Schematische Schnittanalyse der Steilküste in Bezug auf den Tourismus
C. Scenarios
Der Landverlust und der damit einhergehende Rückgang des Tourismus sind die Ausgangssituation für die im folgenden Abschnitt entwickelten Szenarien, die auch auf die bereits begonnenen Maßnahmen der Dänischen Regierung aufbauen und diese verstärken. Die Steilküste ist das sich ändernde Element, das alle ökonomischen und ökologischen Faktoren in dem Projektgebiet beeinflusst. Mithilfe der Szenarien werden Lösungsansätze entwickelt, die sich auf diese Problematik beziehen und diese verändern und stärken, sodass die beeinflussten Sektoren wie Wirtschaft, Tourismus und Land gestärkt werden. Betrachtet man die Steilküste in Hinblick auf den Tourismus,
Dänemark 171
Abb. 189 Schematische Schnittanalyse der Steilküste in Bezug auf die Natur
lassen sich einige positive Merkmale finden. Das Meer und der Strand sind mit ausschlaggebend für einen Urlaub in der Küstenregion. Die Gezeiten von Ebbe und Flut sind ein spannendes Naturschauspiel und das Baden am Meer eine der Hauptattraktionen. Das oberhalb der Steilküste liegende Plateau lässt sich gut überblicken und bietet einen weiten Ausblick über die Landschaft und das Wasser. Die Steilküste ist jedoch der Schwachpunkt. Aufgrund der großen Höhe ist der Strand nur schwer zu erreichen und für manche Besucher daher unzugänglich. Der bereits erwähnte Abbruch der Steilwand ist zudem sehr gefährlich. Zunächst erscheint der Strand als positives Merkmal für diese Region, jedoch ist er sehr schmal, sodass nur wenig Platz für die Besucher vorhanden ist. Im Schema wird deutlich, dass die
von der Steilküste ausgehenden Problematiken überbrückt werden müssen, um für den Tourismus wieder einen Mehrwert schaffen zu können. Dies funktioniert mit den Szenarien 1, 2, 3. Wird die Steilküste im Hinblick auf die Natur und den Küstenschutz analysiert, wird deutlich, dass hier einige Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen, um den Landverlust aufzuhalten, bzw. einzudämmen. Das Meer ist das angreifende Element. Die Kräfte des Wassers tragen die Steilwand immer weiter ab, sodass das Land rapide verkleinert wird. Dadurch geht nicht nur Landfläche Dänemarks verloren, auch werden wichtige Naturräume wie Naturschutzgebiete und Dünenfelder zerstört. Lebensraum von Tieren und Pflanzen geht hier unwiederbringlich verloren.
172
Abb. 190 Schematische Schnittanalyse der Steilküste Szenario 1
Abb. 191 Veränderung der Küstenlinie aufgrund der Stege in Varianten
Dänemark 173
Abb. 192 Stege: Grundriss und Schnitt
Im ersten Szenario werden entlang der Küste Stege implementiert. Die Stege führen von den Siedlungen hinab aufs Meer hinaus. Dies erleichtert zum einen die Erschließung der Strandabschnitte und bietet zum anderen über den schmalen Strand hinaus Fläche zum aufhalten, liegen und sonnen. Kleine Privatboote können hier anlegen, um die touristische Nutzung der Meeres zu erweitern, da es im gesamten Projektgebiet lediglich nur einen Hafen gibt. Die Stege sind mit einer Schutzmauer unterfüttert, sodass das Meer hier weniger Angriffsfläche bietet. Abbildung 165 zeigt mögliche Ausführungen dieser Stege. In Variante A werden Klammern um die einzelnen Siedlungen gebildet (schwarz). Die Wellen (blau) können nur in Teilbereichen angreifen, wodurch
die Steilküste nur in Teilbereichen zurückgedrängt wird. In Variante B wird ein langer Steg entlang des gesamten Küstenabschnitts geführt. Somit kann die die Küstenlinie hier über die gesamte Länge gestärkt werden. In Variante C werden kleine Winkel implementiert, die Küstenlinie wird punktuell gestärkt, jedoch kann das Wasser noch in vielen Teilbereichen angreifen. Die Stärkung der gesamten Küstenlinie (Variante B) zeigt deutlich, welchen Einfluss dies auf die Erhaltung des Landes hat. Dies zeigt sich auch in der Bewertung des Küstenstreifens. Aufgrund der gestärkten Küstenlinie wird die Problematik der abstürzenden Steilwand aufgehoben (bzw. verlangsamt). Dies führt zu einer Erholung und Stärkung der angrenzenden Sektoren.
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Abb. 193 Schematische Schnittanalyse der Steilküste Szenario 2
Abb. 194 Veränderung der Küstenlinie aufgrund des Hafens
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Abb. 195 Hafen: Grundriss und Schnitt
Im zweiten Szenario wird ein Hafen implementiert. Dieser wird an bestehende Siedlungsstrukturen angeknüpft und kann so in die Infrastruktur im Landesinneren eingebettet werden. Geografisch befindet sich der neue Hafen südlicher im Projektgebiet, um ein Pendant zum Hafen in Hirtshals bieten zu können. Die punktuelle Intervention trägt zur gebietsabhängigen Stärkung der Steilküste bei. Die Auswirkungen sind in diesem Szenario deshalb an die Lage des Hafens gebunden und können nicht auf den gesamten Küs-
tenabschnitt projiziert werden (Abb. 168). Der neue Hafen kann wirtschaflich und touristisch genutzt werden. Neben einem wirtschaftlichen Aufschwung werden mittels des Hafens neue infrastrukturelle Verbindungen zwischen Land und Wasser geschaffen, die mit Verbindungen über Wasser und Land hinaus ergänzt werden können. Somit wird der neue Hafen zu einem wichtigen Bindeglied, das als Basis für die Entwicklung des gesamten Areals dienen kann.
176 Abb. 196 Schematische Schnittanalyse der Steilküste Szenario 3
Abb. 197 Veränderung der Küstenlinie aufgrund der Hotels
Dänemark 177
Abb. 198 Hotels: Grundriss und Schnitt
Im dritten Szenario werden punktuell Hotels an der Steilküste platziert.Die neuen Hotels werden in die bestehenden Siedlungen integriert und erweitern das touristische Angebot. Die Strukturen verändern sich und eine neue, aber gestärkte Siedlungsstruktur kann entstehen, die ein weitreichendes infrastrukturelles Netz aufspannen kann. Die Fundamente der Hotels werden als ‚Schutzkappen‘ ausgebildet, sodass die Steilküste in diesem Bereich nicht abgegraben werden kann. Die Entwicklung der Steilküste unter diesem Szenario zeigt die punktuelle Intervention, die im Ganzen nicht zu einem generellen Schutz der gesamten Küstenlinie beitragen kann, aber in wirtschaftlichen und touristischen Sektoren wichtige Ankerpunkte sind.
178
Abb. 199 Schematische Schnittanalyse der Steilküste: Ausgangssituation
Dänemark 179
Abb. 200 Schematische Schnittanalyse der Steilküste: Resultat nach Szenarien
Es wird deutlich, dass die Szenarien alleine nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führen würden. Kombiniert man sie jedoch und entwickelt aus ihnen ein dichtes Netz entlang des Küstenstreifens, kann dieser nachhaltig positiv beeinflusst werden. Mithilfe der drei Szenarien kann die Hauptproblematik der sich verändernden Steilküste angegangen werden. In der Ausgangssituation wird deutlich, dass wenn die Küstenli-
nie gestärkt wird, Möglichkeiten zur Entwicklung entstehen. Die drei Szenarien bieten hierfür die Grundlage. Zusammengeschlossen als Einheit können Problematiken abgewendet werden und bieten ein Schutzschild gegen angreifende Kräfte. An diesem Dreh- und Angelpunkt treffen in der Vision alle positiven Merkmale zusammen und können bis ins Landesinnere, bzw. auch nach Übersee verbreitet werden.
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4. Portraits
4.7 Andalucia
Andalucia
Ana Julia Kleba, Beatrice Rezzani
181 A. Context
In the last years Spain has been forced to live within its means and state spending has been slashed to control the soaring budget deficit. Like many European countries, Spain has found that it can no longer afford to pay the high social security benefits that its citizens have become accustomed to in the last few decades and this continues to be one of the most pressing concerns of the current government – together with revamping the antiquated labour laws which stifle small business incentive. About economy, in this proper area, the motor that drives Andalucia’s excellence: tourism. The service sector dedicated to tourism is responsible for a high percentage of job creation and also accounts for a substantial part of the GDP of Andalucia. Whether it is sun and beach tourism, like the tourism dedicated to golf or rural tourism, this has made this economic sector the principal
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Abb. 201 Main cities and rivers
Abb. 202 Settlements
source of income for more and more families.The Bay of Cadiz used to be a shipbuilding centre, but since the 1990s economic activity has shifted to support services for the oil and gas industry. Situated on the bay are the Spanish-U.S. air and naval base at Rota, from which a pipeline carries oil to other U.S. bases in central Spain as well as to the nearby naval station at San Fernando. Oil is also carried to the arsenals, or dockyards, of La Carraca, just northeast of San Fernando, to San Carlos in Cádiz, and to Matagorda in Puerto Real. In this map we also highlied the main rivers: one fo them like Rio Guadalquivir and others are the most populose and can be also sailing by the boats from the ocean. Other ones, as for istance rio Iro or Rio Tinto are not so big but areimportant resources for fishing and torurism items.
Spanish city. In recent years, the city‘s population has steadily declined; it is the only municipality of the Bay of Cádiz (the comarca composed of Cádiz, Chiclana, El Puerto de Santa María, Puerto Real, and San Fernando), whose population has diminished. . mong the causes of this loss of population is the peculiar geography of Cádiz; the city lies on a narrow spit of land hemmed in by the sea. Consequently, there is a pronounced shortage of land to be developed.[citation needed] The city has very little vacant land, and a high proportion of its housing stock is relatively low in density.[citation needed. The older quarters of Cádiz are full of buildings that, because of their age and historical significance, are not eligible for urban renewa The population has traditionally been concentrated in the large rural towns from which agricultural labourers commute daily to work on the surrounding estates, or cortijos, but in modern times the population has been concentrated more in the provincial capitals. From the Baetic Cordillera eastward, small villages predominate wherever water is available. On the coast is possible to notice a seasonal increased of the population on the summer months, from June to August, when the number of tourists is higher because of the weather.
The population is concentrated in the provincial capitals and along the coasts, so the level of urbanization is high. According to a 2016 census estimate, the population of the city of Cádiz was 118.919 (the second most populated of the province after Jerez de la Frontera with 212.830 inhabitants), and that of its metropolitan area was 629,054. Cádiz is the seventeenth-largest
Abb. 204 Topography
The Iberian Peninsula is separated from the rest of Europe by the Pyrenees, a mountain chain older than the Alps, with several three-thousanders, in former times hard to surmount. The area along Iberia‘s northern Atlantic coast, with the regions of Galicia, and the northern parts of Asturias, Cantabria and the Basque Country is known as Green Spain, because of its wet and temperate oceanic climate that fosters the growth of pastures and forests.The center of the Iberian Peninsula is dominated by a vast high plateau, the Meseta Central, with elevations from 600 to 760 m, which slopes gently to the west. In the center of the Meseta, running diagonal towers the Sistema Central, a system of mountain ranges, most prominent the Serra de Estrla, the Sierra de Guadarrama and the Sierra de Gredos. Highest mountain on the peninsula is Mount Mulhacén with 3,478 m, located in the Andalusian Sierra Nevada. Major rivers are the Guadalquivir, the Tejo/Tagus river, the Douro and the Ebro river The Bay of Cádiz is 7 miles (11 km) long and up to 5 miles (8 km) wide, indenting the coast of Cádiz province, in southwestern Spain. It receives the Guadalete River and is partially protected by the narrow Isle of León, on which the major port of Cádiz is located. Other ports along
Legende: 290 m üNN 190 m üNN 110 m üNN 50 m üNN 30 m üNN 20 m üNN 0 m üNN
the bay include Rota to the north, El Puerto de Santa María to the northeast, Puerto Real to the east, and San Fernando to the south. The harbours along the bay thrive as commercial centres serving the rich agricultural hinterland; transoceanic vessels call mainly at Cádiz. Salt, obtained by evaporation of seawater, is used to prepare fish caught offshore for export. As the map shows, the topography is very flat on the coast region, around the natural parks and cities, as it moves into the land, there are some mountains, where the main Rivers are born.
Andalucia
Abb. 203 Roads and national parks
183
HARBOURS- NAVAL ROITS- FISHING PROTECTED AREAS
184
CATEGORIZED LOCAL PATTERNS
Abb. 205 Main harbours and naval routes Cadiz
Abb. 206 Cadiz map of local patterns
The existence of port activity in the Bay of Cadiz dates back to 1104 A.C., . Since then the concept of the port and maritime traffic has greatly evolved, but the essence is still the same: a maritime fishing bay that was born and has grown rocked by the to-ing and fro-ing of the sea. El Puerto de la Bahía de Cádiz is a complex formed of 5 ports: Cádiz dock, Cabezuela-Puerto Real dock, the dock of Zona Franca (Cádiz) and the harbour’s dock of Santa María. Its privileged location, with a permanent connection with Tánger and the Canary Islands, turn it into one of the most referenced docks in Spain. Cadiz, Puerto Real and El Puerto de Santa María are the three municipal districts in which the four commercial docks and two fishing ports that rely on the Port Authority are located, and which are complemented by repair centres and naval construction, off-shore and aeronautics, as well as water sport complexes. Because of its geographical position, between the two great flows of European-African and AmericanMediterranean sea traffic, the Port of the Bay of Cadiz has situated itself as the Southern Port of Europe. Connected to land by road and rail access, and only 40 kilometres from Jerez Airport, the port infrastructures of the Bay of Cadiz offer the best
conditions as regards connectivity. Nowdays the area around Cadiz is the heart of the sherry country, and the famous sherry towns of Jerez and Sanlucar de Barrameda are within easy reach for those who wish to sample this typically Spanish aperitif. There are numerous options for cruising yachts seeking a sheltered berth along this coast, in the Rio Guadalete up to the modern, purpose-built yacht harbours of Puerto Sherry and Chipiona and the commercial harbours of Barbate and Algeciras.
Legende: Harbours
Main Roads
Boat Routes MAIN ROADS
NATIONAL PARKS/ PROTECTED AREAS
AIRPORT
Airport
BOAT ROUTES
COAST LINE SALINES Abb. 207 Mapping zur Infrastruktur
2 km
Andalucia
COAST LINE
HARBOURS
B. Mapping
185
COAST LINE
HARBOURS
Legende:
Coast Line
National Parks / Protected Areas
MAIN ROADS
NATIONAL PARKS/ PROTECTED AREAS
BOAT ROUTES
186
AIRPORT
Salines
COAST LINE SALINES 2 km Abb. 208 Mapping zu Naturräumen
Main Cities
Tourism Settlements
Informal Agriculture Settlements MAIN CITIES TOURISM SETTLEMENTS
SALINES
2 km
187
COAST LINE
INFORMAL AGRICOUTURE SETTLEMENTS
Abb. 209 Mapping zu Siedlungsstrukturen
Andalucia
NATIONAL PARKS/ PROTECTED AREAS
Industrial Areas
COAST LINE
INDUSTRIAL AREAS
Legende:
EXISTING WIND OM SHORE FARMS
ANCIENT ENERGY MILLS IN THE BAY
PUERTO DE SANTA MARIA
LA RABIA 13 generators MONTAMARTA 3 generators
CHORREADORS ALTOS 11 generators LO OLIVILLO 16 generators LOS ISLETES 16 generators
PUERTO REAL
CADIZ
BOLANOS 12 generators DONA BENITA CUELLAR 16 generators ALIJAR 16 generators JEREZ 22 generators
LA CASTILLANA 21 generators CORTIJO DE GUERRA 1 15 generators CORTIJO DE GUERRA 2 17 generators
ATLANTIC OCEAN
SAN FERNANDO
LAS VEGAS 10 generators LA RABIA 13 generators LA VICTORIA 12 generators
SANCTI PETRI
TEJONERO 21 generators
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Abb. 210 Ancient energy mills
Abb. 211 Existing wind farms in cadiz province
Tidal mills were the main industrial activity in the Bay of Cadiz for centuries. They were the last step in the production of salt and flour made by grinding grains. They were installed along the shallow channels, called ¿caños¿, around the Bay, where the frictional and geometrical effects are very strong. The authors have analyzed the propagation of the semidiurnal tidal waves along the Caño de Sancti Petri and the available tidal power in the area. The ancient tidal mills were located where the available tidal potential energy is highest, which ensured productivity for grinding salt and wheat in ancient times. Some considerations about the possibility of installing tidal power plants in the Bay of Cadiz now are given, which show that it could be a real and renewal alternative source of energy for the area. It is an accepted view that the Romans contribution to technology was largely in the field of practical application104. One of the best illustrations of this, certainly most relevant to this study, is their demonstrable exploitation and application of water-power. Although the above analysis has been supported by numerous references of Roman water-mills a brief overview would not be inappropriate. We have a steadily increasing corpus of Roman water-mills from archaeological sites in many Roman provin-
ces providing evidence that their diffusion around the Mediterranean and into Northern Europe had probably occurred by the first century AD. By theway what is important is the existence of a tidal power strong enough to allowed a cinetical work using only the change of the level of the water in the lagoon. Accoding to recent studies is also possible to create a tidal movement between the area of sancti petri, Zaporito and La Carraca. Spain has become a wind-energy powerhouse. With 9,000 megawatts of installed capacity, Spain ranked second in the world in 2005 in total installed capacity, behind Germany (16,000 megawatts) and ahead of the United States (6,500 megawatts). Furthermore, Spanish companies, both turbine manufacturers and wind-farm operators, are among the leaders in the global windpower market. Some examples are Gamesa Eólica (world‘s second largest turbine manufacturer), Iberdrola (world‘s largest wind-farm owner and operator) and Acciona Energía (world‘s largest wind-farm builder and developer). What‘s more, from the dense industrial base already present in Spain, many companies have sprung up to develop technologies befitting the needs of the wind industry, in fields such as composites, steel, electrical components, and wind-data loggers. With
CURRENTS GENERATE HUGE SAND MOVEMNET AND CHANGE THE COSTAL ASPECTS ALONG THE YEARS
SEDIMENT MOVEMENT
FUTURE ENERGY
HUELVA 84 GENERATOR TURBINS
LAND COSTA DE LA LUZ 124 GENERATOR TURBINS
BAY OF CADIZ
LA CARRACA SANDY MUD MOVEMENT COADIZ I E IV 34 GENERATOR TURBINS
ZAPORITO
MUD MOVEMENT
SAND
BANCO DE TRAFALGAR 82GENERATOR TURBINS
FUTURE OFFSHORE WIND FARMS
FIN SEDIMENTS TRANSPORT PATHS DURING THE TIDAL CURRENTS GENERATE HUGE SAND MOVEMNET AND CHANGE THE COSTAL ASPECTS ALONG THE YEARS
Abb. 212 Future energy potencials along the bay
Abb. 213 Map of the sediment movement in the bay
30 percent annual growth in the sector, and a clear commitment from the Spanish government to encourage private investment, technological advances, and grid development, Spain is poised to continue this trend toward powering its economic and technological growth with the strong winds that sweep over the country‘s mountains and plains. Wind energy in Spain has now entered a dynamic phase where the serious challenges that arise when wind energy becomes one of the main energy supply technologies need to be met. Current policy direction signals how an intermittent power source can be integrated into the electricity market in significant quantities. Predictability is the key to address intermittency at large penetration levels. A new Electricity Act established a „Special Regime“ for renewables, including wind, with guaranteed access to the grid and a premium payment for generated power. A new study shows as an hydrodynamic model was applied to Ca´diz Bay to study the influence of sediment load on tidal dynamics. The sediment load eVect is represented parametrically as a dependence of the drag coeffiient on the relative settling velocity (the ratio of the settling velocity of suspended particles to the bottom friction velocity) and the relative friction velocity. The aim
is to shows that the latter is responsible for small local changes of the amplitude and phase of tidal elevation and the maximum depth-averaged tidal velocity, the result counting in favour of the conventional approach whereby the influence of sediment load on tidal dynamics. As has been shown from a comparison of the model predictions with and without allowance for the sediment load eVect, it is responsible for small local changes of the amplitude and phase of tidal elevation and the maximum depth-averaged tidal velocity for the M2 constituent in Ca´diz Bay. This bay is not exceptional in that the changes reflecting the influence of sediment load on tidal dynamics are less pronounced there than somewhere else. Therefore it is plausible that similar small changes of tidal characteristics have to be typical of other bays and estuaries. When the model predictions for tidal elevation are compared with the tide-gauge and bottom pressure data obtained in the framework of this programme, it has been found that their correspondence is reasonable but not as good as that reported in other shallow water tidal modelling investigations. There are certain reasons for this. . For instance, almost perfect agreement between the predicted tidal elevations and the available measurement data in Ca´diz Bay.
Andalucia
SANTI PETRI
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190
Abb. 214 Scenario I: three locations for tidal energy
C. Scenarios
The first scenario we focused on concerns primarily the three areas related to previously made zooms. The first, known as an area one located to the north of the region comprising the coastline of Rota, with its port and the city of Chipiona. In this area there are interesting elements of high landscape value such as the coral reef or the various naturalistic entities that are protected by recent laws. In addition, not only reserves for corals but also for fish are present in that area. Just as a protected area is the bahia of cadice whose landscape and environmental importance, rich in flora, fauna and history, is a unique ambience. Lastly, zoom is on the southern part, with the conil of
the Frontera tourist region, where the landscape value is not well felt, but paid off by the very high number of bathers and foreigners coming from all over the world. Especially the theme of the three environments and always the connection between: water, energy, tourism. This is declined differently depending on the peculiarity of the territory, the environment, the coastal features, the tourist trends and its inhabitants. In general, the project plans to exploit the latest technologies for the production of hydroelectric power in order to support econimically and energetically the solutions and innovations made throughout the territory by these projects.
Andalucia 191 Abb. 215 Vision of Scenario I in the area of Cadiz
Abb. 216 Plan for scenario I in the area of Cadiz
192 Abb. 217 Vision of Scenario I in the area of Guadalquivir Estuario
Abb. 218 Plan for scenario I in the area of Guadalquivir Estuario
Andalucia 193 Abb. 219 Vision of Scenario I in the area of Conil de la Frontera
Abb. 220 Plan for scenario I in the area of Conil de la Frontera
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Abb. 221 Vision of scenario II in the city of Cadiz
Andalucia
Abb. 222 Vision of scenario II in the city of Cadiz: Tram Line
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Abb. 223 Map of Tram Line for Scenario II
As noted in the maps, the coastal and touristic towns of the Bay of Cadiz do not have a road system that connects them along the coastline, they can count with only small, unconnected roads along the towns. The Highway is far from the main cities and also from the sea.This situation makes the connection between the tourist spots and commercial areas difficult, and calls for a more qualified transport infrastructure for the area. The second scenario is a train line connecting the main cities of the Province of Cadiz, and seeks to accompany the waterfront. With this kind of transport, we can connect the main economic points: ports, airports and industrial poles, as well as the main tourist attractions: beaches, ancient monuments, salines and marshes. When an infrastructure of this size is installed, it is necessary to also think of the greater movement of people by the localities, more pollution and greater demand for energy. This demand can be met by the generation of tidal energy, proposed in the
first scenario.Also, in order to be able to insert a large infrastructure along the waterfront, it is necessary to think about the requalification of the beaches and the coast lines, with the installation of a linear park along the coast, protecting the vegetation and the natural parks. In the map below, the main connection points of the train line are highlighted: Rota and its airport and port, Port of Santa Maria, Cadiz and its port, next to the old city, which is an important tourist point, and Conil de La Frontera , A city of small size, but that receives enough tourists. To be able to built this whole train line, it is necessary to divide the construction in a few parts. First, with improving the green areas along the coast and preparing the roads for the future train track. For the train line, the installation has to begin on connecting the bigger cities and its other means of transports, for example ports and airports. And then, later, get also a local public transport for the cities. In the end, it will be possible to have the whole coast connected and preserved.
5 YEARS
LINE 1
10 YEARS
LINE 1
LINE 2
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20 YEARS
LINE 1 LINE 3 LINE 2
Abb. 224 Map for Scenario II: Evolution of the Tram Line
The first part of the tram line connects the city of Rota, where the airport is located, with the city Chiclana de La Frontera and Conil de La Frontera, on the south. Passing through the main cities or the entrance to the main cities. The second part, planned for 10 years, enters the city of Cadiz and connects the most important places of the region, the national parks, and the harbours, going till Chiclana de La Frontera. In Cadiz, in additional to connecting the city to other locations, it is possible to have a public transport that goeas around
the city, serving also for the local inhabitants. The same happens in Chiclana de La Frontera, where the tram crosses the city from south to north, from the coast to the city center. In the last part, it will be possible to cross the marshes and enter with the tram in all the cities. This way, in the end, we obtain a connection that goes from north to south in a bigger scale and in a faster velocity, and another route inside the cities, with a slower velocity and serving as public transport for them.
5 YEARS
5 YEARS
TOT: 45 KM
TOT: 65 KM
20 YEARS
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TOT: 90 KM
Abb. 225 Map for Scenario II: Evolution of the Linear Park
The idea of the linear park is to start on the areas between the main cities and in the borders of the natural parks, totaling 45 kilometers. In 10 years, it will be possible to advance into the urbanized area, making some interventions on the settlement that are too close to the waterfront, and preparing the cities with the tram stops and connections to the beaches and touristic areas, after this step, the linear park covers already 65 kilometers fo the coastline.. In the end, it will provide a clean waterfront and a proper infrastruc-
Andalucia
10 YEARS
ture to receive the tram line, protecting the national parks from the urbanization and pollution, but at the same time providing an infrastructure that will help with the tourism and the economic activities.
5 bibliographic references Urban Design and territorial planning
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Bibliographic references
Coastlines and related topics
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Institut für Entwerfen und Städtebau, Leibniz Universität Hannover Abteilung Regionales Bauen und Siedlungsplanung Prof. Dipl.-Ing. Univ. Jörg Schröder
Studierende Arnold, Rica Doniek, Juliane A. Esau, Helene Hagedorn, Flora Hanina, Sofia Hänsch, Matti Jacobsen, Manja Kleba, Ana Julia Klinner, Rene Bornickel, Laura Martin, Pierre Mohrhoff, Lorenz Noh, Hojun Pommerenke, Janine Rahe, Patrick Rezzani, Beatrice Rutenbeck, Felix Többen, Felix Wagner, Sina Weiland, Nina
Participants
Arch. Maddalena Ferretti Ph.D. Dipl.-Ing. Univ. Sarah Hartmann Arch. Emanuele Sommariva Ph.D.
201
IMPRESSUM COAST PORTRAITS RESEARCH AND STRATEGIES IN TERRITORIAL ARCHITECTURE
Herausgegeben von Jörg Schröder und Emanuele Sommavaria
ISBN 978-3-946296-19-5
impressum
Regionales Bauen und Siedlungsplanung,
202
Leibniz Universität Hannover Herrenhäuser Str. 8 D-30419 Hannover www.staedtebau.uni-hannover.de
Layout und Gestaltung: Emanuele Sommavaria Pia Nicola Kampkötter
Cover image by Ana Julia Kleba and Beatrice Rezzani
© Abteilung für Regionales Bauen und Siedlungsplanung, Hannover 2018 Das Copyright für Texte und Abbildungen liegt bei den Autoren / Fotografen / Inhabern der Bildrechte Alle Rechte vorbehalten