Servus in Stadt & Land 01/23 DE

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Die Macht des Mondes

Zwischen Mythos und Wissenschaft: Wie er unser Leben und die Natur leise lenkt
Die Reste vom Fest Wie das Kraut zum Strudel wird Dietmars schnelle Schlitten In den Allgäuer Hörnerdörfern EINFACH • GUT • LEBEN

SERVUS IM JÄNNER

Nach altem Muster

Handarbeiten mit Faden und Nadel galten im Mittelalter noch als vornehme Tätigkeit – für Frauen und Männer. Nähen, Sticken und

Stricken erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit –besonders in den ruhigen Tagen rund um den Jahreswechsel.

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Handwerk

Linke Seite: Das Nähen von Faschingskostümen aus bunten Dirndlstoffen ist eine liebgewonnene Tradition.

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Fotos: Julia Rotter, Michaela Gabler mit Maschine. Der Wiener Schlosser August Rast entwickelte im 19. Jahrhundert die erste Nähmaschine aus dem Wiener Hause Rast & Gasser. Nähmaschinen ermöglichten, Kleidung preiswert und individuell selbst herzustellen.
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* unter Verwendung der Werke von Walther Müller, C. F. Schmidt, K. Gunther, Otto Wilhelm Thomé

NATURWISSEN

Die Macht des Mondes

Der magisch schöne Himmelskörper dirigiert nicht nur den Rhythmus der Gezeiten, er lenkt auch still und sanft die Natur und damit unser Leben. Eine Betrachtung zwischen Mythos und Wissenschaft.

Wenn man in einer klaren Winternacht nach oben blickt und der Mond hell am Himmel hängt, umringt von Sternen, die wie Diamanten glitzern, dann wird einem bewusst: Genau dieses Bild, diese wundersame Magie haben unsere Vorfahren schon vor tausenden von Jahren erleben dürfen. Auch die vielen Generationen, die nach uns kommen, wird der Mond verlässlich durch die Dunkelheit begleiten – mal als volles, freundliches Gesicht, mal nur als Sichel, die an eine Himmelsschaukel erinnert. Es mögen sich vielleicht die Landschaften, Pfade, Häuser und Bäume mit der Zeit verändern. Der Mond und sein silbernes Licht aber bleiben. Und das hat nicht nur für Romantiker, Schriftsteller und Künstler seit jeher eine enorme Anziehungskraft.

Luna, wie der Mond in der römischen Mythologie genannt wurde – die meisten Kulturen verehren den leuchtenden Fixpunkt am Nachthimmel als weibliche Gottheit –, ist für unser aller Leben wichtig. Obwohl er unvorstellbar weite 384.400 Kilometer über unseren Köpfen um die Erde wandert, ist er uns von allen Himmelskörpern am nächsten. Er bewegt dank der Wirkung seiner Gravitationskräfte die Wassermassen der Ozeane und sorgt an den Küsten dafür, dass sich alle sechs Stunden Ebbe und Flut abwechseln; und die Meereslebewesen haben diesen Rhythmus wie ihren Herzschlag verinnerlicht.

Auch an Land war der Mond immer ein wichtiger Impulsgeber – nicht nur weil man in ihm die Ursache für schlaflose Nächte (dazu später mehr) oder nadelnde Christbäume sieht. Manche Urvölker fürchteten sich regelrecht vor dem Mond. Verfinstert er sich, so zerbricht eine Ordnung, glaubten sie. Nach dem ausgelöschten Gestirn könnten demnach auch die Leben der Menschen ausgelöscht werden. Eine Angst, die Christoph Kolumbus im Februar 1504 in einer scheinbar aussichtslosen Situation für seine Zwecke zu nutzen wusste. Er drohte mit dem Wissen um eine bevorstehende Mondfinsternis Stammeshäuptlingen auf einer karibischen Insel, um Nahrung für sich und seine Mannschaft zu verhandeln.

FESTE UND FEIERTAGE

Doch der Mond hat nicht nur das Potenzial, uns aufzuwühlen – die Beständigkeit, mit der er uns seit 4,5 Milliarden Jahren begleitet, beruhigt auch. „Wir treffen uns beim nächsten Vollmond“ – so benutzten unsere Vorfahren, die noch nomadisch lebten, den Erdtrabanten als verlässliche Vereinbarung für die nächsten Zusammenkünfte. Bis heute sind in vielen Religionen Fastenzeiten und Festtage nach dem Lauf des Mondes ausgerichtet. Unser Osterfest etwa ist vom Mond bestimmt und somit ein beweglicher Feiertag. Die Auferstehung Christi feiern wir immer am ersten Sonntag nach

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Text: Waltraud Hable Illustrationen: Andreas Posselt*

REZEPTE

Was vom Feste übrig bleibt

Wenn zu den Festtagen nicht alles verputzt wird, stellt sich die Frage: Was tun mit den guten Überbleibseln? Fünf Ideen, wie man aus Plätzchen, Braten- und Gemüseresten Feines machen kann.

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Text: Uschi Korda Rezepte: Alexander Rieder Fotos: Ingo Eisenhut

TRUTHAHNSALAT mit Zitrusfrüchten

Erfrischende Verlängerung. Tante Inge und Onkel Erich mussten fürs Festessen in letzter Sekunde absagen, als der große Vogel schon längst im Rohr war? Kein Problem, in den nächsten Tagen freuen sich alle über einen delikaten Salat, bei dem das zarte Fleisch von Zitrusfrüchten und Bittersalaten begleitet wird.

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Hinein in die Kiste. Damit Karotten monatelang frisch bleiben, bedeckt man sie ungewaschen und blätterlos mit Sand und stellt sie in den Keller.

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GUTES IM JANUAR

Frisch aus dem Sandkasten

Umsichtig eingelagert, bleiben Karotten über die kalte Jahreszeit knackig. Herzhaften Gerichten verleihen sie eine süß-erdige Note. In der Gemüseküche sorgen sie für Abwechslung und Vitamine.

Man kann es sich nur schwer vorstellen, weil sie heute so omnipräsent sind, aber orange Karotten gibt es weniger lang, als man denken würde. Die Niederländer waren es, die die ersten orangen Sorten zu Ehren ihres Königshauses Oranien­Nassau züchteten. Das war im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert, und wir wissen das so genau, weil damals die orangen Wurzeln – dicke kurze und dünne lange – plötzlich auf den Stillleben flämischer Maler auftauchten.

Davor war alles, was Karotte hieß, in Weiß­, Gelb ­ und Rotvioletttönen gehalten. Eine Farbsymphonie, die sich aus dem Erbgut verschiedener Wildkarotten ergab, deren Heimat einerseits in Mitteleuropa und am Mittelmeer lag, zum anderen in Zentralasien.

BELIEBT UND VIELSEITIG

In ihrem orangen Gewand und nach vielfältigen Züchtungsanstrengungen, die möglichst unverzweigte Wurzeln und noch süßlicheren Geschmack zum Ziel hatten, hat sich die Karotte längst zum beliebtesten Gemüse nach der Tomate aufgeschwungen. Arme­Leute­Essen? Das war einmal. Viehfutter? Sicher, aber mensch lichen Essern schmeckt sie nicht minder.

Karotte

Daucus carota

Familie: Doldenblütler (Apiaceae)

Im Garten: Karottensorten für die späte Ernte und Winterlagerung sät man von Mitte Mai bis Juni. Sie brauchen zwischen 15 und 20 Wochen bis zur Ernte und dürfen nur alle 4 Jahre im selben Beet angebaut werden; am besten auf sandig­lehmigen, tiefgründigen, gut mit Kompost versorgten Böden und in Reihen von ca. 45 cm Abstand. Auch in kühleren, regenreicheren Regionen gedeihen sie gut.

Für die Gesundheit: Wenn man Karotten kocht oder in etwas Fett zubereitet, wird ihr hoher Gehalt an Betacarotin freigesetzt, den der Körper dann in Vitamin A umwandelt. Das stärkt die Sehkraft, sorgt für ein intaktes Immunsystem, soll vor freien Radikalen schützen und die Hautalterung verzögern.

Sie ist ja auch kulinarisch ganz besonders wandlungsfähig: roh zum Knabbern, geraspelt und mariniert als Salat, fein püriert als bekömmliches Mus, frisch gepresst als Saft. Karotten lassen sich als Chips

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HAUSBESUCH

Kunst über Kitzbühel

Mit seinen Winterlandschaften wurde er weltbekannt. Alfons Walde war aber nicht nur Maler, sondern auch Architekt. Am Hahnenkamm baute er sich ein Berghaus, das seine Enkel in Ehren halten.

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Text
Fotos:
&
Yvonne Oswald

Alles aus einer Hand. Nicht nur das Haus, auch alle Möbel hat Alfons Walde entworfen. Links: Heute wohnen hier seine Enkelkinder, die Geschwister Michael und Verena.

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Gegerbte Schmuckstücke

Wäschekorb, Blumentopf oder Flaschenhalter: Aus naturbelassenem Leder lassen sich mit Geschick und Geduld die schönsten Dinge fürs Zuhause machen.

Text: Alice Fernau Fotos: Michaela Gabler

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UMSCHLUNGENE LICHTER

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Wenn Stumpenkerzen oder Teelichthalter um eine dekorative Komponente erweitert werden sollen, sind Lederstreifen und ­bänder das ideale Zubehör. Einfach nach Lust und Laune herumwickeln, verknoten, festnähen oder vernieten.

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Der Pferdeversteher Dreitagebart, Schnauzer, wacher Blick, am Hut ein „Glöckle“: Das ist Michl Metzler. Rechts: die Noriker-Stute Moni unter Dampf.

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HANDWERK

Michl und die starken Rösser

Ein Noriker-Pferd wie Moni kann das Doppelte seines Körpergewichts ziehen – das perfekte Arbeitstier, um zum Holzholen auszurücken, wie das Bauer Michael Metzler schon seit bald fünfzig Jahren macht.

Text: Tristan Berger Fotos: Sebastian Gabriel

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AUSFLUG INS ALLGÄU

Sinfonie in Weiß

Ein wildromantischer Wasserfall. Ehrliches Essen. Verzaubernde Klänge. Dazu ein Menschenschlag, den die Bergluft ein Leben lang frisch hält. Willkommen in den Hörnerdörfern Fischen und Ofterschwang.

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Text: Tristan Berger Fotos: Sebastian Gabriel

Sanfte Welle. Wie gemalt präsentiert sich das winterliche Fischen mit seiner markanten, fast 900 Jahre alten Kirche St. Verena. Dahinter die sanften Erhebungen der Hörnerkette, am Himmel der abnehmende Mond

Servus 115 Zusatzfoto: Interfoto
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