The Red Bulletin Juli 2018 - AT

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Kjeld Nuis

DER SCHNELLSTE ZWEIBEINER DER WELT

sain Bolt krönte sich 2009 in Berlin zum damals schnellsten Menschen der Welt: Bei seinem 100-mWeltrekord lief er 44,72 km/h. Am 28. März 2018 kam Kjeld Nuis auf mehr als das doppelte Tempo. Zugegeben, er lief auf Eis und im Windschatten. Dafür ging er aber auch ein weit höheres Risiko ein – unter anderem weil die Bahn nahe der schwedischen Küstenstadt Luleå aus gefrorenem Meerwasser bestand. „Natureis ist nicht flach und spiegelglatt, es hat Risse und Beulen“, sagt der 28-jährige Eisschnelllauf-Olympiasieger. „Und wenn deine Kufe bei 90 km/h stecken bleibt, reißt es dir den Fuß ab.“ Für seinen Rekordversuch ließ Nuis eigens Schlittschuhe mit speziellen, weniger gebogenen Kufen anfertigen. Kaum zu glauben, dass Nuis erst drei Tage vor dem Rekordversuch zum ersten Mal in diese für ihn ungewohnten Schuhe schlüpf schlüpfte. „Was hätte ich tun sollen? Ich war während der Tests bei den Olympischen Spielen. Wir arbeiteten eben via FaceTime an den Kufen.“ Keine Zeit blieb auch fürs Training mit dem Seat des schwedischen Tourenwagen-Profis Mikaela ÅhlinKottulinsky. Das machte es vor Ort nicht leichter: „Als der Seat beschleunigte, drehten die Räder durch. Als Driftkönigin kam Mikaela damit klar, aber

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„BLEIBEN DEINE KUFEN BEI 90 KM/H STECKEN, REISST ES DIR DEN FUSS AB.“

JARNO SCHURGERS/RED BULL CONTENT POOL

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es war schwer für mich, mitzubeschleunigen. Wir mussten später auch die Strecke verlängern, weil das Auto nicht das gewünschte Tempo erreichte. Und der Schild wurde mit Steinen beschwert, um nicht abzuheben.“ Am Ende übertraf er seine Erwartungen dennoch. „Beim ersten Blick auf die Strecke dachte ich: Wenn wir 50 km/h erreichen, bin ich zufrieden. Bis 30 km/h war es leicht. 50 waren ein hartes Stück Arbeit. Aber ab 70 saugte mich der Wind an den Schild ran, meine Beine zogen einfach mit.“ Und am Ende musste Nuis bremsen – bei fast 100 km/h auf Schlittschuhen. „Ich fuhr seitlich aus dem Windschatten. Das fühlte sich an, wie auf der Autobahn den Kopf aus dem Fenster zu stecken.“ Nun ist Nuis nicht nur der schnellste Eisschnellläufer aller Zeiten, sondern auch das schnellste Lebewesen auf zwei Beinen – selbst der Strauß bekommt nur 70 km/h hin. Trotzdem ist noch mehr drin, glaubt er: „Auf einer längeren Bahn könnte ich die 100 km/h knacken.“ Und von da ist es nicht mehr weit zum Gepar Geparden (104 km/h) … Was bedeutet ihm der Speed-Rekord im Vergleich zum doppelten Olympia-Gold in Pyeongchang? „Als Kind träumte ich davon, Olympiasieger zu werden. Doch in vier Jahren gibt es einen neuen Champion. Und das hier wird mir niemand wegnehmen!“ Sieh dir Nuis’ „Quest for Speed“ auf redbull.tv an.

TOM GUISE

93 km/h: Das ist um 48 km/h flotter als Usain Bolt und um 23 km/h schneller als der Vogel Strauß. Jetzt peilt der niederländische Eisschnellläufer 104 km/h an, also Geparden-Speed.

Risse, Beulen, Unebenheiten: Die Eisbahn auf dem Meer bei Luleå war gefährlich.

THE RED BULLETIN


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