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LILLY PALMER

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EÍMEAR NOONE

EÍMEAR NOONE

Sie ist eine der erfolgreichsten Techno ­DJs der Welt – und darüber hinaus: Sie unterlegte ihre Tracks schon mit Weltraum­-Sounds. Auch live stellt sie eine fast übersinnliche Verbindung zum Publikum her.

Musik verschafft ihr die Freiheit, ihre Gefühle auszudrücken und eine Verbindung mit ihrem Publikum herzustellen. Und weil die Gefühle echt sind und die Verbindung tatsächlich spürbar ist, hat es Lilly Palmer in die Liga der erfolgreichsten Techno­DJs der Welt geschafft, mit Auftritten auf der Mainstage von Festivals wie dem Tomorrowland in Belgien im Juli 2023 und 1,5 Millionen Instagram-Followern. Aufgewachsen in Franken, lebt sie heute in Noordwijk an der niederländischen Nordseeküste. Sie betreibt ihr eigenes Label namens „Spannung Records“, wo auch ihr Track „The Violator“ erschien.

The Red Bulletin: Dein Genre nennt sich Peaktime Techno, also Musik für jene Momente, in denen die Stimmung auf dem Höhepunkt ist. Dazu baust du oft eigene Vocals ein. Wie hast du diesen sehr eigenen Sound entwickelt?

Lilly Palmer: Zunächst mal passt er genau zu mir und zu meinen Auftritten: Ich spiele oft Zwei­Stunden­Sets, habe also nicht viel Zeit rumzuprobieren. Die Tracks müssen sitzen. Und allein wegen des Wiedererkennungswerts meiner Stücke ist es mir wichtig, immer wieder meine Vocals einzubauen. Auf dem Weg zu meinem heutigen Sound spielte mein eigener Geschmack eine Rolle – und auch die Reaktionen in den Clubs. Zuerst habe ich melodischen Deep House gespielt, fühlte mich dann aber zu richtig gutem, hartem Techno hingezogen. Darauf bekam ich auch das beste Feedback. Also begann ich dann, die Musik selbst zu produzieren.

Du legst seit 2015 professionell auf, heute zählst du zu den erfolgreichsten DJs, spielst mehr als 15 Gigs im Monat. Wie gehst du mit Stress um?

Das Runterkommen ist am schwierigsten für uns Künstler – deswegen trinke ich bei Gigs fast keinen Alkohol. Für meine innere Balance muss ich alles, was ich erlebe, teilen können – mit meinem Partner, meiner Familie oder Freunden. Eine große physische und mentale Herausforderung ist, an einem Tag zwei oder drei Gigs in verschiedenen Städten zu spielen, was logistisch nur möglich ist, wenn wir mit dem Privatjet fliegen. Die kleinste Verspätung gefährdet dabei den ganzen Ablauf. Wir machen das nur, wenn es wirklich etwas Besonderes ist und ich danach auch genug Zeit habe, um mich zu regenerieren.

Hast du ein Rezept gegen Jetlag?

Ich nutze bestimmte Workouts, Meditationstechniken und Musik. Früher habe ich mit Theta­-Wellen gearbeitet, um besser ein- und durchschlafen zu können. Das sind Wellen in einem Frequenzbereich, wie sie unser Gehirn in der Tiefschlafphase produziert.

Was macht dich als Künstlerin neben der Musik noch aus?

Am wichtigsten ist mir Authentizität. Besonders in der Deep­-House-­Szene sind alle eher cool und seriös, ich habe Spaß an der Musik und zeige das auch. Ich lache viel und feuere die Leute an, die vor mir tanzen. Die Menschen, die zu einem Rave kommen, sind ja nicht nur wegen der Musik da, sondern wegen eines bestimmten Gefühls. Als DJ kommuniziere ich mit ihnen auch über meine Mimik und meine Körpersprache, was meine Auftritte sehr lebendig macht.

Du scheinst auch sehr offen für neue Einfüsse zu sein. Zuletzt hast du im Rahmen einer Kooperation mit der Europäischen Weltraumagentur, der ESA, Sounds aus dem All in Tracks eingebaut. Wie kam das zustande?

Am Mailänder Flughafen habe ich einen Mann kennengelernt, der wie ich in Noordwijk lebt und bei der ESA arbeitet. So kam es, dass ich in deren sogenanntem „Hertzraum“ ein Set spielen und live streamen durfte, umgeben von stacheligen Styroporstrukturen, die Sound absorbieren, um die Bedingungen im Weltraum zu simulieren. Dort werden normalerweise Satellitenantennen auf ihre Übertragungsfähigkeit im All getestet. Außerdem durften wir die Soundbibliothek der ESA nutzen, Ergebnis war der Track „You Are My Guide“.

Wie erklärst du einer Person, die noch nie auf einem Rave war, die Faszination von Techno?

Meine Mama zum Beispiel, die mit Techno ursprünglich gar nichts am Hut hatte, war mittlerweile bei ein paar meiner Gigs dabei. Sie hat mir bestätigt, dass die Musik fast jeden und jede in ihren Bann ziehen kann. Wenn du dich darauf einlässt, versetzt sie dich in eine fast meditative Trance. Wenn Menschen in einer Gruppe gemeinsam tanzen, hat das etwas sehr Instinktives, fast Archaisches. Es geht um Zugehörigkeit und auch darum, Ängste und Sorgen loszulassen. Man kann dann gar nicht anders, als sich gut zu fühlen.

Instagram: @lilly_palmerdj

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