The Red Bulletin April 2018 - AT

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he red bulletin: In „Molly’s Game“ spielen Sie eine ehemalige Skirennläuferin, die nach einer schweren Verletzung ins Pokergeschäft einsteigt und sich in einer männerdominierten Welt durchboxt. Mussten Sie ähnliche Techniken auch in Hollywood anwenden? jessica chastain: Nein. Denn ich habe meine Persönlichkeit nie aufgegeben. Gott sei Dank nicht. War es schwer, trotz dieser Prinzipientreue Karriere zu machen? Vielleicht habe ich deshalb so lange gebraucht, um Erfolg zu haben. Ich bin immer für meine Rechte eingetreten. Ich habe Jobs abgelehnt, bei denen die Bezahlung den Anforderungen nicht entsprochen hätte – insbesondere im Vergleich mit Kollegen. Und ich habe es immer wieder abgelehnt, mit bestimmten Leuten zu arbeiten. Ihr Erfolgsrezept war also: Sie wussten sehr früh genau, was Sie wollten? Sagen wir es lieber so: Du bekommst das zurück, was du der Welt gibst. Wie meinen Sie das? Wenn du eine Sache positiv angehst, lohnt es sich am Ende auch für dich. Im Umgang mit Kollegen gilt für mich: „Ich werde mich für dich reinhängen, du wirst dich für mich reinhängen.“ Nur bei der Gestaltung meiner Rollen bleibe ich ­kompromisslos und sage immer, was ich denke. Das sieht man auch, wenn man meine Twitter-Posts liest. Sie haben 690.000 Follower. Was ­passiert, wenn Sie auf Twitter ­offen Ihre Meinung sagen? In den sozialen Medien werde ich immer wieder attackiert, zum Beispiel, wenn ich für Frauenrechte eintrete. Die meisten Kommentare kommen von konservativen Männern. Die schreiben Sachen wie: „Frauen in arabischen Ländern haben es viel schwerer.“ Dabei wusste ich gar nicht, dass sich amerikanische Konservative so sehr für diese Frauen interessieren. ­Anscheinend wollen mich diese Männer mit ihren Kommentaren warnen. Nach dem Motto: „Pass ja auf, was du sagst.“ Wie reagieren Sie auf Drohungen im Netz? Gar nicht. Oder nur, wenn ich das Gefühl habe, dass es um einen wichtigen Punkt geht. Wenn die Antworten verbal gewalttätig oder beleidigend sind, blocke ich sie einfach. 66

Sie sagten, Sie treten für gleiche Bezahlung ein. Wie wichtig ist Geld für Sie? Mal ehrlich, wir Schauspieler sind für unseren Job überbezahlt. Mir geht es aber ums Prinzip. Wenn ich in einem Restaurant oder einem Kleidergeschäft arbeite und mein männlicher Kollege zehn Dollar

pro Stunde verdient, ich aber nur drei, dann ist das lächerlich – und zwar in jeder Branche. Die Frage ist: Warum erfährt ein Geschlecht mehr Wertschätzung? Gibt es Dinge, in denen Frauen ­Männern überlegen sind? THE RED BULLETIN


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