Magazin sechs + sechzig 1/2017

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16  inviva – Mitten im Leben

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Alter Hut findet neue Liebhaberin Wohltätigkeitsläden in der Region haben bisweilen flotte Klamotten im Angebot

Ludmilla Redinger, Verena Michele und Olena Potyekhina machen im Kleiderladen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in der ­Trebnitzer Straße Lust aufs modische Wagnis – und das nicht nur zu Fasching.

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it der Garderobe ist das so eine Sache. Manche Teile, die im Kleiderschrank hängen, kann man schon nach einem Jahr nicht mehr sehen. An andere Kleidungsstücke hingegen hat man sein Herz verloren, hält sie jahrelang in Ehren, trägt sie nur zu besonderen Anlässen – und es kommt Wehmut auf, wenn man sich von ihnen trennen muss. In beiden Fällen jedoch stellt sich die Frage: Wohin mit gut erhaltenen, aber nicht mehr getragenen Klamotten? Eine sinnvolle Möglichkeit ist, sie an Wohltätigkeitsläden zu spenden – und davon gibt es in der Region mehr, als man vielleicht vermuten würde. Allein der Paritätische Wohlfahrtsverband betreibt in Nürnberg drei Kleiderläden. Schon 1985 wurde der erste eröffnet – und zwar bewusst in sozialen Brennpunktvierteln (aktuell in Langwasser, Schweinau und der Nordstadt). Was hier verkauft wird, wurde vorher gespendet und geht für wenig Geld über den Ladentisch. Ein T-Shirt etwa kostet in der Regel zwischen 50 Cent und drei Euro. Gespendet werden kann jederzeit zu den Öffnungszeiten. »Wir nehmen erstmal alles an«, sagt Petra Gemeinholzer, Pressesprecherin des »Paritätischen« in Nürnberg. In die Läden kommen jedoch nur Sachen, die noch gut in Schuss sind; was sich nicht mehr verkaufen lässt, geht in den Altkleiderkreislauf des Roten Kreu-

zes. Und das aus gutem Grund: »Armut führt oft zu Ausgrenzung«, weiß Gemeinholzer. »Da spielt auch die Qualität der Kleidung eine Rolle – an der Stelle wollen wir entgegenwirken.« Traum vom eigenen Geschäft wird Realität Die Läden tragen sich selbst. Die Einnahmen decken die Personalund die laufenden Kosten. Wie viele Wohltätigkeits-Shops werden die Kleiderläden von einer hauptamtlichen Kraft sowie einem Team aus Ehrenamtlichen betrieben. Beim »Paritätischen« kommen außerdem geringfügig Beschäftigte, Ein-Euro-Jobber und Menschen, die ihre Sozialstunden ableisten, hinzu. Mit einer ganz ähnlichen Personalausstattung arbeitet auch der Second-Hand-Laden »franken fair« in Fürth. Im Februar 2013 haben ihn Anette Hagen und Heike Krämer gegründet, und zwar als eine Art Ableger ihres Vereins »Weihnachtskürbis«. Seit sieben Jahren unterstützen die Schwestern bedürftige Kinder in Mittelfranken. »Als der Verein bekannter wurde, boten uns immer mehr Menschen einfach so Sachspenden an«, erzählt Anette Hagen. »Bald waren es zu viele, um sie weiterzugeben. Also haben wir den Laden aufgemacht.« Immerhin ist die 55-Jährige eine gelernte Einzelhändlerin – und träumte schon als Jugendliche von einem eigenen Geschäft.


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