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7 Fragen zum Aufhebungsvertrag

AUFHEBUNGSVERTRAG Wollen sich Arbeitgeber und Beschäftigte voneinander trennen, ist der Aufhebungsvertrag eine Möglichkeit. So können beide Parteien ihre Interessen individuell vereinbaren. Was einen Aufhebungsvertrag ausmacht, ob er sich für Beschäftigte lohnt und mit welchen Risiken er verbunden ist, klären wir hier.

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1. Was ist ein Aufhebungsvertrag und wann wird er meistens geschlossen?

Ein Aufhebungsvertrag regelt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin. Alternativ wird er auch als Auflösungsvertrag bezeichnet. Im Gegensatz zur Kündigung sind sich bei einem sogenannten Aufhebungsvertrag sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte*r darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Dementsprechend kommen dem oder der Beschäftigten keine gesetzlichen Kündigungsschutzrechte zugute. Vor allem aber muss auch keine Kündigungsfrist eingehalten werden. Der oder die Beschäftigte kann also sofort gehen. Nach dem rechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit können beide Seiten gemeinsam eine individuelle Vereinbarung treffen. Der Betriebsrat muss dabei nicht miteinbezogen werden. Dies bietet viel Freiraum und Flexibilität, birgt jedoch auch Gefahren für Beschäftigte.

2. Wie sind die formalen Voraussetzungen?

Ein Aufhebungsvertrag muss zwingend schriftlich erfolgen und von beiden Parteien unterzeichnet werden (§ 623 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Auf Arbeitgeberseite kann der Vertrag ggf. auch durch den oder die Geschäftsführer*in oder sonstige zur Vertretung berechtigte Personen (z.B. Personalabteilung) unterzeichnet werden. Dahingegen kann der Aufhebungsvertrag nicht via E-Mail oder Fax abgeschlossen werden. Auch eine mündliche Absprache ist rechtlich nicht wirksam. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass neben dem Enddatum des Arbeitsverhältnisses, im Aufhebungsvertrag weitere Punkte, insbesondere organisatorischer Natur, besprochen und geregelt werden wie z.B. Resturlaub, Überstunden, Noten im Arbeitszeugnis, bezahlte oder unbezahlte Freistellung und ggf. die Abfindungszahlung.

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags sollte gut überlegt sein.

3. Was ist der Unterschied zwischen einem Aufhebungsvertrag, einem Abwicklungsvertrag und einer Kündigung?

Das wichtigste Merkmal des Aufhebungsvertrages ist, dass er das Arbeitsverhältnis selbständig beendet. Eine Kündigung braucht es dafür gerade nicht mehr. Bei einem Abwicklungsvertrag hingegen, werden nur Einzelheiten im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt. Die Vertragsbeendigung tritt also primär schon aus anderen Gründen ein, beispielsweise einer vorliegenden Kündigung. Auf eine solche wird dann oftmals im Abwicklungsvertrag Bezug genommen. Arbeitgeber schaffen sich nämlich gerne eine Sicherheit und lassen sich von dem oder der Beschäftigten die Rechtswirksamkeit der Kündigung bestätigen, um auf diesem Weg nachträgliche Streitigkeiten zu vermeiden. Eine spätere gerichtliche Überprüfung der Wirksamkeit einer Kündigung wird unmöglich, daher ist hier Vorsicht geboten.

Zudem kann in dem Abwicklungsvertrag eine Abfindungszahlung vereinbart werden. Wird der oder die Beschäftigte ordentlich gekündigt, genießt er oder sie einen umfangreichen Kündigungsschutz (Vorliegen eines bestimmten Kündigungsgrundes sowie dessen Voraussetzungen; besonderer Kündigungsschutz für Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsräte etc.) und alle Voraussetzungen einer Kündigung müssen für deren Wirksamkeit vorliegen.

4. Ist bei einem Aufhebungsvertrag eine Abfindung zwingend? Wenn ja, in welcher Höhe?

Zwingend ist eine Abfindung nicht, jedoch wird sie regelmäßig in Aufhebungsverträgen geregelt. Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung besteht allerdings nicht. Auch die Höhe der Zahlung ist individuell zu vereinbaren und hängt nicht selten

AKTUELLE RECHTSPRECHUNG

• Ist ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen, ist er unwirksam.

Ob das der Fall ist, ist anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation zu entscheiden. Allein der

Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines

Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme abhängig macht, reicht dafür nicht aus, entschied das Bundesarbeitsgericht. (BAG 24.2.2022 – 6 AZR 333/21)

• Wurde ein Beschäftigter zu einem Aufhebungsvertrag widerrechtlich genötigt, kann der Vertrag anfechtbar sein. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber ansonsten mit einer fristlosen Kündigung droht, die einer gerichtlichen Überprüfung – wegen Fehlens eines wichtigen Grundes – nicht standhalten würde. Das entschied das

Landesarbeitsgericht Berlin-

Brandenburg. (LAG Berlin-Brandenburg 25.1.2022 – 7 Sa 1394/21)

von der Situation und dem Verhandlungsgeschick des oder der Beschäftigten ab. Als Orientierung kann die gesetzliche Regelung für betriebsbedingte Kündigungen herangezogen werden (§ 1a Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz – KSchG), sofern die dortigen Voraussetzungen gegeben sind. Darin wird festgelegt, dass die Höhe ein halbes Montagsgehalt für jedes im Betrieb gearbeitete Jahr beträgt. Manchmal sind Arbeitgeber sogar bereit, eine höhere Abfindung zu zahlen. Das liegt nicht etwa an deren Freundlichkeit, sondern vielmehr daran, dass sie mithilfe des Aufhebungsvertrags den gesetzlichen Kündigungsschutz umgehen können und sich nicht mit lästigen Kündigungsschutzprozessen im Anschluss herumschlagen müssen, die zumeist ohnehin mit einem Vergleich inklusive Abfindungszahlung enden.

5. Kann ein Aufhebungsvertrag angefochten werden und wenn ja, unter welchen Umständen (z.B. Drohung)?

Wie jeder andere Vertrag kann auch ein Aufhebungsvertrag bei widerrechtlicher Drohung angefochten werden (§ 123 BGB). Das kann vor allem der Fall sein, wenn der Arbeitgeber dem oder der Beschäftigten mit einer Kündigung droht und ihn oder sie so zur Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags nötigt. Widerrechtlich ist eine solche Drohung nur dann, wenn der Arbeitgeber sich darüber bewusst ist bzw. hätte sein können, dass die Kündigung einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten würde. In der Praxis bringt dieser Fall jedoch vor allem Schwierigkeiten für den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin mit sich. Das liegt daran, dass dem Arbeitgeber eine widerrechtliche Drohung nur schwer im Nachhinein nachzuweisen ist. Ein gerichtliches Vorgehen ist deshalb oftmals wenig aussichtsreich. Ein Widerruf des Aufhebungsvertrags hingegen ist nicht möglich.

6. Was sollten Beschäftigte immer bedenken, was sind die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrags?

Der wohl größte Vorteil eines Aufhebungsvertrags liegt für Beschäftigte darin, dass sie sich sofort, also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, von der Arbeitsstelle lösen können. Das kann z.B. interessant sein, wenn man direkt bei einer neuen Arbeitsstelle beginnen möchte. Ein klarer Nachteil ist die Gefahr der Sperrzeit für das Arbeitslosengeld. Wird die Auflösung des Arbeitsvertrags eigenständig herbeigeführt, besteht in der Regel für drei Monate kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dies gilt nicht, wenn der oder die Beschäftigte einen wichtigen Grund zur Auflösung hatte. Solche Gründe können sein: Erkrankung, die die Berufsfähigkeit wegfallen lässt, oder Versetzung des Ehepartners.

Insgesamt gibt es nur wenige Fälle, in denen die Vorteile eines Aufhebungsvertrags für Beschäftigte überwiegen. Zwar erhält man dadurch einerseits zeitliche Flexibilität und kann schnell den Job wechseln. Andererseits besteht die erhebliche Gefahr der Sperrzeit des Arbeitslosengeldes sowie die Umgehung jedweden Kündigungsschutzes. Daher sollte der Abschluss eines Aufhebungsvertrags gut und mit vorheriger gewerkschaftlicher Beratung überlegt sein.

7. Wie unterscheiden sich die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei einem Aufhebungsvertrag und einer Kündigung?

Der Betriebsrat muss bei einem Aufhebungsvertrag nicht miteinbezogen werden und besitzt auch keine Beteiligungsrechte. Neben den fehlenden gesetzlichen Kündigungsschutzrechten ist der oder die Beschäftigte auch hier wieder schutzlos – ein großer Unterschied zur Kündigung. Hier muss der Betriebsrat nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor der Kündigung angehört werden. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, hat das für die betroffenen Beschäftigten in einem Kündigungsschutzprozess Vorteile. So ist ein Weiterbeschäftigungsanspruch möglich. v Bund-Verlag

Bei Unklarheiten zum Aufhebungsvertrag hilft Ihnen der DGB Rechtsschutz weiter.

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