
5 minute read
7 Fragen zur Wahl . Seite
Betriebsratswahlen 2022
WAHL Zwischen dem 1. März und 1. Mai 2022 stehen Betriebsratswahlen an. Viele Regeln haben sich geändert. Der Wahlvorstand muss sich gut auskennen, sonst wird die Wahl anfechtbar.
Advertisement
1. Wer organisiert die Betriebsratswahl?
Die Betriebsratswahlen führt ein extra Wahlvorstand durch, der aus drei Beschäftigten besteht und meist vom Betriebsrat bestimmt wird. Andernfalls kann er durch den Gesamt oder Konzernbetriebsrat oder das Arbeitsgericht eingesetzt werden. Besteht kein Betriebsrat, wird der Wahlvorstand in einer Betriebsversammlung durch die Mehrheit der Arbeitnehmer*innen gewählt.
Der Wahlvorstand sorgt dafür, dass die Betriebsratswahl ordnungsgemäß abläuft. Er stellt eine Wählerliste mit allen Wahlberechtigten zusammen. Die Wahl startet mit Bekanntgabe des Wahlausschreibens, das alle Termine und Fristen enthält. Der Wahlvorstand nimmt Vorschläge für Kandidat*innen entgegen und prüft, ob sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Selbstverständlich darf auch jemand aus dem Wahlvorstand kandidieren (in der Praxis sehr häufig der Fall).
Der Wahlvorstand organisiert auch die Stimmabgabe (per Brief oder Urnenwahl) und die Stimmauszählung und gibt das Ergebnis bekannt. Er beruft dann auch die erste Sitzung des Betriebsrats ein (konstituierende Sitzung).
WICHTIG
Dokumentation ist ganz wichtig!
Der Wahlvorstand muss darauf achten, dass er sämtliche seiner Beschlüsse und alle Unterlagen als Wahlakten sorgfältig aufbewahrt und später dem gewählten Betriebsrat übergibt (§ 19 Wahlordnung – WO). Dieser ist verpflichtet, die Unterlagen aufzubewahren. Sie können vor allem für spätere Anfechtungs oder sonstige Gerichtsverfahren von Bedeutung sein.
Online-Wahlen sind noch nicht zulässig.
2. Wie viele Mitglieder hat ein Betriebsrat?
Die Größe des Betriebsrats richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten sowie der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer*innen. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat eine Staffelung (§ 9 BetrVG) festgelegt, wonach für kleine Betriebe bis 20 Beschäftigte nur eine Person vorgesehen ist, während in Unternehmen bis 9.000 Mitarbeiter*innen insgesamt 35 Mitglieder in den Betriebsrat gewählt werden.
Das sogenannte Minderheitengeschlecht muss zwingend im Betriebsrat vertreten sein – mindestens im Verhältnis zum Anteil an der Gesamtbelegschaft.
3. Wer darf wählen?
Wer 16 Jahre ist, darf mitwählen. Neben den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer*innen wählen auch Leiharbeitskräfte, wenn sie eine gewisse Zeit im Betrieb sind, außerdem Beschäftigte in Eltern oder Altersteilzeit sowie freie Mitarbeiter*innen, wenn sie fest in den Betrieb eingegliedert sind. Nicht mitwählen dürfen Vorstände, Geschäftsführer, Leitende Angestellte, wobei als solcher nur gilt, wer berechtigt ist, Personal selbständig einzustellen und zu entlassen.
4. Wer kann gewählt werden?
Wählbar sind alle Arbeitnehmer*innen über 18 Jahre, die dem Betrieb seit mindestens sechs Monaten angehören. Das nennt man passives Wahlrecht, das anders als das sogenannte aktive Wahlrecht nicht auf 16 Jahre herabgesetzt wurde. Wählbar sind auch Teilzeitkräfte und Beschäftigte, denen gekündigt wurde, solange nicht rechtskräftig geklärt ist, ob die Kündigung gerechtfertigt war.
5. Welche Wahlmethoden gibt es?
Man unterscheidet das vereinfachte und das normale Wahlverfahren. Das vereinfachte Wahlverfahren soll durch weniger Formalien und kürzere Fristen vor allem kleineren Betrieben den Ablauf der Betriebsratswahlen erleichtern. Seit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes gilt das vereinfachte Verfahren für Betriebe bis 100 Beschäftigte zwingend, ab 101 bis 200 Mitarbeiter*innen können Arbeitgeber und Wahlvorstand sich auf diese Verfahrensart verständigen. Für das vereinfachte Verfahren gilt immer nur eine Personenwahl.
Das normale Verfahren, das eher für größere Betriebe (ab 201 Beschäftigte zwingend) gilt, sieht hingegen eine sogenannte Listenwahl vor. Dazu schließen sich mehrere Kandidat*innen zu einer Liste zusammen. Die Wahlberechtigten können dann keine Einzelpersonen, sondern nur eine Liste wählen.
6. Wie sieht der Kündigungsschutz für Betriebsrat, Wahlvorstand und Initiatoren aus?
Mitglieder des Betriebsrats und des Wahlvorstands sowie Wahlbewerber*innen genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Im Prinzip sind nur außerordentliche Kündigungen bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, sofern der Betriebsrat zustimmt (§ 15 KSchG). Der Sonderkündigungsschutz wurde für Betriebe erweitert, die bisher keinen Betriebsrat haben. Beschäftigte, die sich engagieren und neu einen Betriebsrat gründen wollen, genießen Kündigungsschutz, wenn sie erste Vorbereitungshandlungen für die Betriebsratsgründung starten und zugleich öffentlich beglaubigen, dass sie einen Betriebsrat gründen wollen. Bislang begann der Kündigungsschutz erst mit der Einladung zur Wahlversammlung.
7. Was ist, wenn die Wahlen behindert werden?
Betriebsratswahlen müssen ungestört ablaufen. Kandidat*innen, die sich für ein Amt im Betriebsrat bewerben, dürfen Wahlkampf betreiben. Sie dürfen Werbeplakate aushängen und Flyer verteilen, solange der Arbeitsablauf nicht gestört wird. Immer wieder versuchen Arbeitgeber oder andere Personen, den Ablauf von Betriebsratswahlen massiv zu behindern. Beispiele für solche Behinderungsmaßnahmen gibt es zahlreiche: • Kandidat*innen werden eingeschüchtert oder gemobbt. • Der Arbeitgeber verspricht finanzielle
Vorteile oder Beförderungen, wenn sich bestimmte – ihm gefällige – Personen aufstellen lassen. • Der Arbeitgeber schließt den Wahlvorstand aus dem Betrieb aus oder verbietet ihm die Nutzung der EDV für
Wahlausschreiben. • Der Arbeitgeber ordnet für den Tag der Wahl Dienstreisen für bestimmte
Beschäftigte an.
Derlei Störaktionen sind unzulässig (§ 20 BetrVG) und können die Wahl anfechtbar machen. Der Arbeitgeber sollte sich aus dem WahlProzedere heraushalten. Umstritten ist, ob er Sympathien für bestimmte Kandidat*innen äußern darf. Das BAG hat das für zulässig erklärt (so BAG 25.10.2017 – 7 ABR 10/16). Die überwiegende Literaturmeinung sieht es kritisch. Verstöße gegen das Verbot der Wahlbehinderung können strafbar sein. Wer eine Wahl des Betriebsrats behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst, wird mit Geldoder Freiheitsstrafe bestraft (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG).
Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, des Wahlvorstands oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt. v Bund-Verlag
DAS IST NEU
Änderungen aufgrund des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes (18.6.2021) und der neuen Wahlordnung (15.10.2021):
1. Beschäftigte ab 16 Jahre dürfen wählen. Wählbar für ein Betriebsratsamt ist man erst ab 18 Jahre. 2. Wahlvorstandssitzungen per
Video oder Telefonkonferenz sind zulässig, es sei denn, es handelt sich um heikle Themen (Prüfen der Kandidat*innen,
Stimmauszählung). 3. Das vereinfachte Wahlverfahren gilt für Betriebe bis zu 100 Personen zwingend (früher: 50); bis 200 optional und ab 201 Beschäftigte gilt das normale Wahlverfahren. 4. Die sogenannten Stützunterschriften, die sicherstellen, dass die
Wahlvorschläge ernst gemeint sind, entfallen in Betrieben bis 20
Personen, ab 21 bis 100 reichen zwei Unterschriften. 5. Die Briefwahl wird erweitert, in dem der Wahlvorstand allen
Beschäftigten, die längere Zeit abwesend sind, unverlangt Briefwahlunterlagen zusenden darf. 6. Korrekturen an der Wählerliste sind bis zum Abschluss der Stimmabgabe am Tag der Wahl möglich. 7. Aus ökologischen Gründen und um den Aufwand zu vereinfachen, entfallen die Umschläge bei der
Urnenwahl. 8. Ein Recht zur Anfechtung der Wahl wegen Unrichtigkeit der Wählerliste hat nur, wer vorher Einspruch eingelegt hat. 9. Briefwahlstimmen werden erst am
Anfang der öffentlichen Sitzung berücksichtigt. 10. Wer erstmalig in einem Betrieb eine Betriebsratswahl initiiert und Vorbereitungen trifft, ist vor ordentlichen Kündigungen geschützt.
Beschäftigte ab 16 Jahre dürfen wählen.