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ben wir dann einfach im Sub Club eine Party mit Ghostface Killah gemacht und sie wollten uns und unsere Veranstaltungen unbedingt behalten. Richard: Hat ja auch Sinn gemacht. Wir haben einfach mehr Platz gebraucht, einen richtigen Club für all die Leute. Große und kleine Partys können toll sein. Das ist etwas, was wir im 69 gelernt haben. Manchmal kommen nur 10 Leute zu einem Gig und es fühlt sich an wie 100. Der vom Plattenladen Rubadub geführte Club 69 ist ein weiterer Fixpunkte der Glasgower Elektronik-Szene. Im Keller des besagten indischen Restaurants in Paisley, ein paar Kilometer außerhalb Glasgows, veranstaltete Rubadub jeden Samstag Partys mit ”der unglaublichsten Musik, die wir je gehört haben“ und festigte Glasgows Ruf als Detroit-TechnoMetropole, die auch heute noch DJs wie Arne Weinberg anzieht. 69 war zu diesem Zeitpunkt das, wofür sich heute der Sub Club rühmt: eine Muse für Clubgänger, die aus Party People feste Größen der Musiklandschaft macht. Nahezu alle Protagonisten des Numbers-Netzwerkes haben sich im stickigen Keller in Paisley kennengelernt, tranken bis 10 Uhr morgens und pilgerten am nächsten Tag zum Rubadub, wild entschlossen, eigene Projekte zu starten. Im 69 hat Richard Chater den damals noch blutjungen Jack Revill getroffen, der zusammen mit den Brüdern Calum und Neil Morton ”Seismic“, eine eigene Partyreihe, auf die Beine gestellt hat, bevor sie Wireblock gründeten. Das Label war, wie so oft in Glasgow, das Kind einer durchgemachten Nacht. Richard: Wir werden also unsere Labels dicht machen und zu Numbers werden. Jack: Der Name ist übrigens von Kraftwerk geliehen, aber er passt auch irgendwie. Wir sind inzwischen so viele. Richard: Moderne, spaßige, elektronische Musik. Die wollen wir veröffentlichen und es den Künstlern ermöglichen, sich zu entwickeln. Gleichzeitig fühlen wir uns den Musikern verbunden.

Mac Sorleys: Glasgows Techno-Pub

Der Sub Club

Angefangen haben wir im Hinterzimmer eines kleinen indischen Restaurants. Das machte dann aber pleite und wir zogen in einen noch kleineren Raum eines Hotels um. Tolle Nächte hatten wir da.

Jack: Wir holen die Leute nicht einfach vom Flughafen ab und schmeißen sie ins Hotel. Richard: Was wir bei Numbers verschmelzen wollen, ist die Tightness von Wireblock, die zurückgelehnte Schludrigkeit von Stuffrecords und den Party Spirit von Dress 2 Sweat. Das erste Release wird eine 12“ von Lazer Sword, zwei Typen aus San Francisco, sein. Bass Music. Sehr basslastiger, glitchy HipHop mit Techno- und House-Elementen. Dann gibt es noch Redinho, aber auch Dinge, über die wir noch nicht wirklich sprechen wollen: Mode zum Beispiel. Im Moment denkt man bei Numbers nur an gut besuchte Partys. Das zu ändern, wird schwierig sein. Sowohl Lazer Sword, als auch Redinho bearbeiten ein Gebiet, das Mohawke und Rustie bereits vor einiger Zeit als Wonky abgesteckt haben und inzwischen als Genrebezeichnung ablehnen. Leiernde Beats, Sounds, die onomatopoetisch wohl tatsächlich nach ”wonky“ klingen. Und 8-Bit-Fiepen ist für die Stars der Szene schon lange kein Muss mehr.

Im Rub-A-Dub: Synths und Ikea Regale

Hudson Mohawke hat Glasgow inzwischen in Richtung London verlassen und bringt mit ”Butter“ ein Album, das für Jack eher ”nach Stevie Wonder klingt, als nach Wonky“. Auch Rustie ist auf der Bad Science EP eher an Headfuck und dicken HipHop Beats interessiert. Die einzige Möglichkeit für Numbers, Bestand und Relevanz zu haben, ist, nicht als ”dieses Wonky Label“ abgestempelt zu werden, sondern Initiative und Eigenständigkeit zu zeigen. Redinho könnte dafür entscheidend sein. Auf seinem Debüt Bare Blips benutzt er die klangliche Sprache des Wonky und setzt sie ein für tighte Tracks zwischen Baile Funk und AmbientElektronika. Numbers könnte eine Chance sein, Glasgow als ernst zu nehmenden Ort für kommende Trends zu etablieren und die Abwanderung von kreativem Potential nach London zumindest zu verlangsamen. Richard: Viele Leute ziehen im Moment nach London, um zu arbeiten oder zu studieren. Aber die meisten Leute wollen gar nicht raus aus Glasgow. Ich mag London. Manchester ist nett, Newcastle ist nett, Leeds ist Scheiße, aber es ist einfach nicht dasselbe. Es liegt an den Menschen. Sie sind das, was uns wirklich inspiriert. Die witzigen, cleveren Leute, die wir mögen. Aber auch alle, die wir nicht mögen. An diesem Nachmittag könnte Glasgow der freundlichste Ort der Welt sein. Die Möwen über der Stadt signalisieren Aufbruchsstimmung, während Jack sich über verschnittenes MDMA und geizige Schotten beschwert, die nicht genug für qualitativ hochwertige Inhalte zahlen wollen. Bei Numbers scheint zumindest für den Moment alles zu passen. Sound, Design, Attitüde. 2010 wird ein gutes Jahr für Glasgow, dafür werden Rustie und Mohawke schon sorgen. Was danach kommt, dafür wird Numbers verantwortlich sein. wireblock.com, www.stuffrecords.co.uk, www.myspace.com/dress2sweat

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