RCKSTR Mag. 167

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FESTIVALS

Gurtenfestival, 17. - 20. Juli, Bern (BE)

ROSALÍA #167 | JUNI 2019

CANTE GRANDE CON ELECTRO

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Applaus für diese Handclaps: Rosalía verschmilzt Flamenco mit R’n’B und Pop. Mit dem Resultat begeistert die Spanierin Fans auf der ganzen Welt und zieht prominente Kollaborateure in ihren Bann. (rec) Es ist nicht so, dass Flamenco zum ersten Mal die Popmusik erobert: In den 1970er und -80er Jahren brachte der Ausnahmekünstler Camarón de la Isla das von Traditionalisten streng behütete Genre auch ausserhalb Spaniens auf die ganz grossen Bühnen, eroberte Pop-Charts und beeinflusste damit noch weitaus erfolgreichere Epigonen, deren Hits uns heute aber eher erschauern lassen (hust, Gipsy Kings, hust). Camaróns Erfolg wurde jedoch auch begleitet vom Unmut jener knurrigen Männer und Frauen, welche die Lehre des Flamencos rein und für immer in den verrauchten Cafés cantantes von Andalusien versteckt halten wollen. Egal wie feurig die Gitarre gezupft wird, wie knackig die Kastagnetten klacken und wie heiser die Stimme leidet – wer von der starren Theorie abweicht, hat in ihrer Praxis nichts verloren. Das Anti-Despacito Auch Rosalía dürfte sich solch sturer Kritik ausgesetzt sehen, obschon die 25-Jährige den Flamenco nicht nur in ihren hinreissenden Vocals trägt, sondern seine Geschichte an der Universität von Barcelona studiert hat. Doch an blosser Denkmalpflege ist die Musikerin nicht interessiert, vielmehr schmückt sie das musikalische Monument Spaniens mit frischen, bunten Blumen; laszive Beats und wabernde Synthies überführen die altehrwürdige Folklore ins neue Jahrtausend und weisen einer möglichen World Music den Weg in die Zukunft. Doch keine Bange: Hits wie «Malamente» und «Di mi nombre» sind fernab von Kopfwehtunes à la «Despacito». Das Leiden und die Leidenschaft von Rosalías Gesang heben ihre Kompositionen auf ein Level, das weit über dem Arschwackel-Soundtrack vom nächsten Caliente-Festival schwebt. NuFlamenco Internacional Dementsprechend wurde ihr zweites Album «El mal querer» im vergangenen Jahr gleichermassen zum globalen Publikumserfolg und Liebling der Feuilleton-Kritik. Vergleiche zu Rihanna wurden laut, Stars wie Dua Lipa lobten die Kollegin in höchsten Tönen. Und inzwischen hat sich auch Seufzer in Chief James Blake für eine Zusammenarbeit gemeldet: Gemeinsam veröffentlichte das Duo in diesem Jahr den Song «Barefoot in the Park» auf Blakes neuem Longplayer «Assume Form». Die omnipräsente Melancholie des Engländers wird durch seine Duett-Partnerin geradezu elektrisiert – so, wie es Rosalía auch mit der Musik ihrer Vorfahren getan hat. Der Auftritt am Gurtenfestival ist ihr einziger Schweizer Gig in diesem Sommer und damit schon fast eine unverpassbare Chance, den jahreszeitgerechten Soundtrack live zu erleben. w

EBENFALLS UNBEDINGT

AUSCHECKEN ACTION BRONSON Während alle anderen draussen den Clouds beim Vorbeitrappen zuschauen, büffelt der ehemalige Küchenchef in der Oldschool of Hip-Hop und bringt den Spass zurück ins Genre.

ALL XS Heimspiel für die Berner Indie-Combo, deren musikalisches Wohnzimmer von Madchester bis Afropop reicht und jeden zum Tanzen einlädt bis die Nachbarn an die Wand poltern.


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