Steuer-Newsletter 3/2016

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3/2016

Themenübersicht Editorial

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Internationales Steuerrecht

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Grenzüberschreitende Umwandlungen im Praxistest

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Überschreibung eines Doppelbesteuerungsabkommens durch innerstaatliches Gesetz („Treaty Override“) ist verfassungsgemäß

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Ertragsteuerrecht

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Verluste aus dem Verfall von Optionen mindern die Einkünfte aus Kapitalvermögen

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Der Ausfall eines Darlehens im Privatvermögen – Möglichkeiten der steuerlichen Berücksichtigung eines Verlusts

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Gewinnneutrale Realteilung bei Fortsetzung der Gesellschaft

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Teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern durch Mitunternehmer

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Golfturniere: Abziehbarkeit der Aufwendungen

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Umsatzsteuer

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Vorsteuerabzug bei Führungsholdings möglich: GmbH & Co. KG als potenzielle (umsatzsteuerliche) Organgesellschaft anerkannt

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Umsatzsteuerrechtliche Organschaft

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Verbilligte Parkraumüberlassung an Arbeitnehmer als steuerbare entgeltliche Leistung

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Generalanwalt beim EuGH für umsatzsteuerlich rückwirkende Rechnungskorrektur

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Lohnsteuer 14 Aktuelles zur Pauschalversteuerung von Zuwendungen

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Abgrenzung Arbeitnehmer und echter Unternehmer

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Erbschaftsteuer

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Erbschaftsteuerreform – quo vadis?

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Behandlung von Steuerberatungskosten für Steuerangelegenheiten des Erblassers

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Kurz notiert

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Umsatzsteuer bei Verkauf zahlungsgestörter Forderungen: Änderung der Verwaltungsauffassung

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Vorsteuerabzug bei beabsichtigter Unternehmensgründung

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BMF-Schreiben zu Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen aufgehoben

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Veranstaltungshinweis

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Editorial Liebe Leserinnen und Leser, auch dieser Newsletter enthält wieder ein breites Spektrum an steuerlichen Themen und einige interessante Gestaltungstipps. Interessante Gestaltungsmöglichkeiten bietet etwa eine Entscheidung des EuGH, die am Anfang unseres Newsletters dargestellt wird. Die Entscheidung eröffnet grundbesitzhaltenden Gesellschaften die Möglichkeit, ihren Sitz und ihren Ort der Geschäftsleitung in ein anderes EU-Land zu verlagern, ohne dass dabei Grunderwerbsteuer anfällt. Für den Bereich der privaten Vermögensanlage stellen zwei unserer Artikel ebenfalls aktuelle Urteile dar, aus denen sich Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Der erste Beitrag von Beate Tesch und Martin Köhler befasst sich mit Verlusten aus dem Verfall von Optionen. Hierzu gibt es drei aktuelle Urteile, in denen der BFH zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden hat. Danach mindern Verluste aus der Nichtausübung einer Option die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Richter haben damit die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung abgelehnt. Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit zeigt der Beitrag von Artur Kozinski für private Darlehensvergabe auf. Wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht zurückzahlt, kann der Darlehensgeber diesen Verlust nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht steuerlich geltend machen. Wenn der Darlehensgeber ein solches, fast wertloses Darlehen dagegen gegen einen geringen Kaufpreis veräußert, wird der Verlust steuerlich anerkannt. Die übrigen Beiträge befassen sich unter anderem mit Themen, die für Arbeitgeber relevant sind. So erläutert ein Artikel, wie die Überlassung von Parkraum an Arbeitnehmer umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Ein weiterer Beitrag gibt einen aktuellen Überblick über die Pauschalversteuerung von Zuwendungen an Mitarbeiter, Geschäftsfreunde oder Kunden. Von Interesse für Arbeitgeber ist schließlich auch der Artikel, der die aktuellen Entwicklungen der Abgrenzung von Arbeitnehmern und freiberuflichen Mitarbeitern darstellt. Ihre Partner von Roever Broenner Susat Mazars

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Internationales Steuerrecht Grenzüberschreitende Umwandlungen im Praxistest Mit seiner Entscheidung vom 12.7.2012 (C-378/10, VALE), stellte der EuGH klar, dass grenzüberschreitende identitätswahrende Umwandlungen grundsätzlich möglich sein können. In dem der EuGH-Entscheidung zugrunde liegenden Streitfall verlegte eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht (Società a responsabilità limitata; kurz Srl) ihren satzungsrechtlichen Sitz sowie den Ort ihrer Geschäftsleitung von Italien nach Ungarn. Formal erfolgte dieser Vorgang durch Löschung im italienischen Handelsregister und anschließender Neugründung als ungarische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Korlátolt felelösségü társaság; kurz Kft). Das ungarische Registergericht verweigerte die beantragte Eintragung als Rechtsnachfolgerin der italienischen Srl. Der EuGH entschied, dass bei solchen grenzüberschreitenden Umwandlungen die Eintragung der „Rechtsvorgängerin“ nicht verweigert werden dürfe, wenn die Eintragung der Vorgängergesellschaft im Handelsregister bei reinen innerstaatlichen Umwandlungen grundsätzlich vorgesehen ist. Der EuGH identifizierte für dergestalt differenzierende Regelungen einen Verstoß gegen die europäische Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV). Insbesondere für Zwecke der Grunderwerbsteuer hat diese Entscheidung ganz erhebliche Auswirkungen: Grundbesitzhaltende Gesellschaften haben die Möglichkeit, sowohl ihren satzungsrechtlichen Sitz als auch den Ort ihrer Geschäftsleitung von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen zu verlegen, ohne einen Grunderwerbsteuertatbestand auszulösen. Diese Erkenntnis bietet im Rahmen von konzerninternen Reorganisationsmaßnahmen interessante Gestaltungsmöglichkeiten. Die Rechtsprechung des EuGH bietet der internationalen Gestaltungspraxis interessante Möglichkeiten für Reorganisationen über die Grenze. Da die oben dargestellte Entscheidung des EuGH jedoch noch verhältnismäßig jung ist und sich die Rechts- und Steuerpraxis nunmehr mit der Umsetzung befasst, ist es zu empfehlen, in vergleichbaren Fällen jeweils einen Antrag auf verbindliche Auskunft zu stellen. Hintergrund ist, dass sich eine eindeutig zu prognostizierende Verwaltungsauffassung zur identitätswahrenden Umwandlung – soweit ersichtlich – noch nicht hinreichend herausentwickelt hat, auch wenn die Tendenz klar in Richtung grunderwerbsteuerneutraler Umwandlung geht.

Marcus von Goldacker Tel: +49 89 350 00-2324 marcus.von.goldacker@mazars.de Dr. Moritz J. Mühling Tel: +49 30 208 88-1400 moritz.muehling@mazars.de

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Überschreibung eines Doppelbesteuerungsabkommens durch innerstaatliches Gesetz („Treaty Override“) ist verfassungsgemäß Das BVerfG hat mit seinem Beschluss vom 15.12.2015 (2 BvL 1/12) entschieden, dass die abkommenswidrige Regelung des § 50d Abs. 8 EStG (in der Fassung des StÄndG vom 15.12.2003) nicht verfassungswidrig ist. Darüber hinaus und losgelöst von dem zugrunde liegenden Einzelfall beantwortet das BVerfG die fundamentale und seit Langem sehr umstrittene Frage zu Wirksamkeit und Rang eines DBA innerhalb der deutschen Rechtsordnung. Der Beschluss betrifft die Frage, ob § 50d Abs. 8 EStG gegen das Grundgesetz („GG“) verstößt, weil er für Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbstständiger Arbeit eine von den Regelungen eines DBA abweichende Besteuerung erlaubt. Nach den Regelungen in Art. 15 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 lit. a S. 1 DBA-Türkei 1985 sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen in der Türkei erzielen, in Abweichung vom Welteinkommensprinzip von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, also freigestellt. Dies gilt allerdings gemäß § 50d Abs. 8 EStG nur, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die von ihm festgesetzten Steuern gezahlt wurden. Im Rahmen der Begründung setzt sich das BVerfG dezidiert mit der Rangordnung des DBA als völkerrechtlicher Vertrag i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG auseinander und betont, dass diesem innerhalb der Normenhierarchie kein Rang über dem Gesetz einzuräumen ist. Konsequenterweise verbietet das GG daher eine Überschreitung der dort genannten völkerrechtlichen Vereinbarungen durch abweichende nationale Regelungen im Regelfall nicht. Ferner liegt weder ein Verstoß gegen die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG noch gegen das Rechtsstaatsprinzip (lex posterior-Grundsatz – das spätere Gesetz hat Vorrang vor dem früheren Gesetz) vor. Somit ist § 50d Abs. 8 EStG grundsätzlich anwendbar und geht als lex posterior dem DBA-Türkei 1985 vor. Unbeschränkt Steuerpflichtige haben daher ihre Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in der Türkei in Deutschland zu versteuern, falls sie die o. g. Nachweise nicht beibringen können.

Marcus von Goldacker Tel: +49 89 350 00-2324 marcus.von.goldacker@mazars.de Natalia Kneževic-Savic Tel: +49 89 350 00-2356 natalia.knezevic-savic@mazars.de

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Die Begründung widmet sich ferner dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und stellt eine Ungleichbehandlung fest. Diese sei jedoch durch einen sachlichen Grund in Form der Verhinderung von Missbräuchen im Anwendungsbereich von DBA gerechtfertigt. Die Entscheidung über den sachlich-rechtlichen Gehalt des § 50d Abs. 8 EStG muss jedoch nicht unbedingt präjudizielle Wirkung haben. Vielmehr bleibt abzuwarten, ob die Missbrauchsverhinderung als sachlicher Rechtfertigungsgrund auch auf die weiteren umstrittenen Treaty-Override-Regelungen in § 50d Abs. 9 Nr. 1, Abs. 10 EStG (I R 4/13), § 50i EStG sowie § 20 Abs. 2 AStG Anwendung findet.

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Ertragsteuerrecht Verluste aus dem Verfall von Optionen mindern die Einkünfte aus Kapitalvermögen Mit drei Urteilen vom 12.1.2016 (IX R 48/14, IX R 49/14, IX R 50/14) hat der BFH entgegen der Rechtsauffassung des BMF (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, Rz. 27, und 27.3.2013) entschieden, dass Verluste aus der Nichtausübung einer Option i. S. v. § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG die Einkünfte aus Kapitalvermögen mindern. Zum Hintergrund: Mit dem „Unternehmenssteuerreformgesetz 2008“ wurden Veräußerungsgewinne aus Termingeschäften (Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte, Forwards oder Futures) i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG a. F. generell dem 25-prozentigen Abgeltungsteuersatz unterworfen. Die Steuerfreiheit für solche Veräußerungsgeschäfte nach Einhaltung einer einjährigen Haltefrist (Spekulationsfrist) wurde abgeschafft. Die zur alten Rechtslage vertretene Auffassung der ertragsteuerlichen Trennung zwischen Eröffnungs- und Basisgeschäft („Trennungstheorie“) kann nach Ansicht des BFH aufgrund der vom Gesetzgeber erwünschten erweiterten Erfassung solcher Geschäfte nach Einführung der Abgeltungsteuer nicht aufrechterhalten werden. Diese Rechtsgeschäfte müssten nun als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a EStG ist der „Vorteil“ aus einem Termingeschäft ertragsteuerlich unabhängig davon zu erfassen, ob der Steuerpflichtige den Barausgleich aufgrund einer günstigen Wertentwicklung durchführt oder ob er im Fall einer für ihn ungünstigen Wertentwicklung das Recht verfallen lässt. In einem ähnlichen Verfahren zum alten Recht, das jedoch sog. Knock-out-Optionen betraf, die dadurch gekennzeichnet sind, dass bei Eintritt einer Bedingung die Option auch ohne Entscheidung des Käufers verfällt, versagte der BFH (IX R 20/14 vom 10.11.2015) zwar die Berücksichtigung von Verlusten aus dem Verfall. Er wies jedoch explizit darauf hin, dass die von ihm entwickelten Maßstäbe lediglich altes Recht betreffen, nicht aber für die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach Einführung der Abgeltungsteuer relevant sind. Zum neuen Recht hat das FG Düsseldorf bereits mit Urteil vom 25.2.2015 die Verlustberücksichtigung bei Knock-out-Optionen zu-gelassen; durch Revision hat der BFH nun Gelegenheit, hier zum neuen Recht zu entscheiden. Das BMF greift im aktuellen Schreiben zur Abgeltungsteuer vom 18.1.2016 die Entwicklung in der Rechtsprechung verständlicherweise noch nicht auf. Praxistipp: Im Hinblick auf Optionsverluste kann gegen Bescheide ab 2009 unter Bezugnahme auf die aktuellen Urteile des BFH (IX. R 48/14, IX. R 49/14, IX. R 50/14) Einspruch eingelegt werden. Für aktuell abzugebende Steuererklärungen können unter Nennung der Urteile entsprechende Verluste erklärt werden, wobei die Steuerbescheinigungen der Banken diese bisher nicht berücksichtigen, sodass gesonderte Berechnungen zu erfolgen haben. Für Altfälle bis 2008 kann ein Offenhalten der Bescheide unter Hinweis auf die gegen das Urteil des BFH vom 10.11.2015 (IX R 20/14) erhobene Verfassungsbeschwerde (2 BvR 217/16) sinnvoll sein. Mehr Aussicht auf Erfolg verspricht das Offenhalten bei Verlusten aus Knockout-Optionen ab 2009 (unter Hinweis auf das anhängige Verfahren IX R 39/14).

Beate Tesch Tel: +49 40 288 01-3174 beate.tesch@mazars.de Martin Köhler Tel: +49 69 500 60-2166 martin.koehler@mazars.de

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Der Ausfall eines Darlehens im Privatvermögen – Möglichkeiten der steuerlichen Berücksichtigung eines Verlusts Gewährt ein Darlehensgeber einem Dritten ein privates Darlehen und kann der Darlehensnehmer seiner Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens nicht nachkommen, stellt sich für den Darlehensgeber die Frage, ob der wirtschaftlich erlittene Verlust steuerlich geltend gemacht werden kann. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein Darlehensverlust nicht zu berücksichtigen, da der bloße Ausfall eines privaten Darlehens aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers nicht zu dem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG normierten Tatbestand der „Veräußerung“ gehört (so BMF-Schreiben vom 18.1.2016, Tz. 60, BStBl. I S. 85). Auch sei kein in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG geregelter Ersatztatbestand erfüllt, wie z. B. die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Das Finanzgericht Düsseldorf kam in seinem Urteil vom 11.3.2016 (7 K 3661/14 E, Revisionsverfahren beim BFH anhängig, VIII R 13/15) zu der Erkenntnis, dass eine Auslegung nach dem Wortlaut des Gesetzes keinen Raum für eine Berücksichtigung des Darlehensverlustes lasse. Die Kläger begehrten im genannten Fall die Berücksichtigung negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG von 20.000 Euro, da ein Darlehen über rund 25.000 Euro lediglich in Höhe von 5.000 Euro zurückgezahlt und danach das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Darlehensnehmers eröffnet wurde. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, in vergleichbaren Fällen bei sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners eine Darlehensforderung zum Preis der erwarteten Rückzahlung zu veräußern. Dieser Sachverhalt ist von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG erfasst und führt bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG nach Abzug der Anschaffungskosten zu einem Verlust, sodass negative Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt werden.

Artur Kozinski Tel: +49 69 500 60-2072 artur.kozinski@mazars.de

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Wirtschaftlich betrachtet führen der bloße Darlehensausfall und der Veräußerungsverlust zum selben Ergebnis für den Darlehensgeber, jedoch mit völlig unteschiedlichen steuerlichen Konsequenzen. Dies erscheint nicht sachgerecht. Der BFH wird im o. g. Revisionsverfahren zu entscheiden haben, ob nicht im Hinblick auf das objektive Nettoprinzip und den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch der bloße Ausfall eines Darlehens ohne vorherige Veräußerung der Darlehensforderung steuermindernd zu berücksichtigen ist.

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Gewinnneutrale Realteilung bei Fortsetzung der Gesellschaft Der BFH hat mit Urteil vom 17.9.2015 (III R 49/13) entschieden, dass eine gewinnneutrale Realteilung einer Personengesellschaft auch dann vorliegen kann, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus einer Mitunternehmerschaft ausscheidet und die verbleibenden Mitunternehmer die Mitunternehmerschaft fortsetzen. Dadurch wird der Gestaltungsspielraum für die steuerneutrale Umstrukturierung von Mitunternehmerschaften erfreulicherweise erweitert. Im Urteilsfall schied eine Partnerin aus einer Freiberuflersozietät aus. Die Sozietät hatte neben der Hauptniederlassung eine Zweigniederlassung in einer anderen Stadt unterhalten. Die Hauptniederlassung wurde durch die übrigen Gesellschafter fortgeführt, während die ausscheidende Partnerin die Zweigniederlassung übernahm. Die sogenannte Realteilung ermöglicht die steuerneutrale Auflösung einer Personengesellschaft, wenn die bisherigen Gesellschafter das Betriebsvermögen der Gesellschaft unter sich aufteilen und es bei ihnen im Betriebsvermögen bleibt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH setzte eine Realteilung die Beendigung der Mitunternehmerschaft voraus. Der III. Senat des BFH hält an dieser engen Definition der Realteilung nicht mehr fest. Dem haben der IV. und VIII. Senat zugestimmt. Das Rechtsinstitut der Realteilung bezwecke, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht zu belasten, solange die steuerliche Erfassung stiller Reserven sichergestellt ist. Dies ist nach Ansicht der Richter nicht nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft vollständig aufgelöst wird, sondern auch wenn nur ein Gesellschafter (Mitunternehmer) ausscheidet. Das Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung in Form eines Teilbetriebs wird nicht mehr als Anteilsveräußerung, sondern als Aufgabe eines Mitunternehmeranteils gewertet. Dieses ermöglicht die gewinnneutrale Umstrukturierung auch, soweit mit dem Teilbetrieb Verbindlichkeiten übergehen. Hier ergeben sich Gestaltungsmöglichkeiten, weil Geld und andere Forderungen als Teil des ungeteilten Betriebsvermögens den Gesellschaftern – zur Vermeidung eines steuerpflichtigen Spitzenausgleichs – frei zugeordnet werden können. Deshalb war es unbeachtlich, dass der Zweigniederlassung anlässlich des Ausscheidens erhebliche liquide Mittel zugeordnet wurden. Im Urteilsfall hatte die ausgeschiedene Partnerin dennoch einen Gewinn zu versteuern, weil die Sozietät ihr neben der Sachwertabfindung (Zweigniederlassung) eine Rente zugesagt hatte. Die neue Rechtsprechung steht im Gegensatz zur bisherigen Verwaltungspraxis (Realteilungserlass vom 28.2.2006), sodass sich die Frage stellt, wie die Finanzverwaltung reagieren wird. Derzeit wird ein BMF-Schreiben zur Klärung noch offener Rechtsfragen vorbereitet, konkrete Inhalte stehen bisher aber nicht fest. Ein Nichtanwendungserlass erscheint uns angesichts der übereinstimmenden Auffassung aller sachlich zuständigen BFH-Senate eher ausgeschlossen. Ob die Anwendung der Realteilungsgrundsätze voraussetzt, dass der ausscheidende Gesellschafter tatsächlich einen Teilbetrieb übernimmt oder ob es ausreicht, dass er Einzelwirtschaftsgüter ohne Teilbetriebsstatus erhält, hat der BFH offengelassen. In der Praxis kann in Zweifelsfällen eine verbindliche Auskunft weiterhelfen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Bindungswirkung einer solchen Auskunft nur eintritt, wenn sich alle Gesellschafter einvernehmlich auf sie berufen.

Ines Otte Tel: +49 30 208 88-1354 ines.otte@mazars.de

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Teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern durch Mitunternehmer Mit Spannung wird die Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BFH zu der Frage erwartet, wie der Gewinn aus der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft zu ermitteln ist. Diese höchststrittige Rechtsfrage hat ihm der X. BFH-Senat durch Beschluss vom 27.10.2015 (X R 28/12) zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Der Große Senat ist zuständig, wenn ein BFH-Senat in einer Rechtsfrage von einer früher getroffenen Entscheidung eines anderen Senats abweichen und der andere Senat an seiner Rechtsauffassung festhalten will. Zwischen dem X. und dem IV. Senat ist strittig, ob der Buchwert des teilentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts anteilig dem entgeltlichen und dem unentgeltlichen Teil des Geschäfts zuzuordnen ist (strenge Trennungstheorie) oder insgesamt nur den entgeltlichen Teil des Geschäfts betrifft (modifizierte Trennungstheorie). Die auch denkbare Lösung nach der Einheitstheorie, bei der das teilentgeltliche Geschäft einheitlich beurteilt wird, wenden Rechtsprechung und Finanzverwaltung nur auf die Übertragung betriebsfunktionaler Einheiten (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) an. Die anstehende Entscheidung ist in der Praxis sehr bedeutsam, denn nach der vom X. BFH-Senat und der Finanzverwaltung vertretenen strengen Trennungstheorie kommt es i. d. R. zu einer Steuerbelastung (anteilige Besteuerung stiller Reserven entsprechend der Entgeltlichkeitsquote), während die modifizierte Trennungstheorie des IV. Senats nur dann eine Steuerlast auslöst, wenn das gewährte Teilentgelt den gesamten Buchwert des Wirtschaftsguts übersteigt, was zu einer deutlichen Reduzierung der steuerpflichtigen Gewinne führen kann, da der gesamte Buchwert allein dem entgeltlichen Teil des Übertragungsgeschäfts zugeordnet wird. Der Unterschied zwischen den divergierenden Auffassungen kommt i. d. R. dann zum Tragen, wenn mit den Wirtschaftsgütern auch Verbindlichkeiten übertragen werden und wenn dann entweder nur der anteilige oder der vollständige Buchwert abgezogen wird.

Ines Otte Tel: +49 30 208 88-1354 ines.otte@mazars.de

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Auch die Reichweite der zu entscheidenden Frage ist nicht zu unterschätzen, denn erfasst werden nicht nur die teilentgeltliche Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, sondern auch solche des steuerverstrickten Privatvermögens. So hat der X. Senat schon in seinem Beschluss vom 19.3.2014 (X R 28/12) die Notwendigkeit betont, beide Konstellationen nach denselben Grundsätzen zu behandeln. Derzeit wird es im Allgemeinen für wahrscheinlicher gehalten, dass sich der X. Senat mit der strengen Trennungstheorie durchsetzt.

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Golfturniere: Abziehbarkeit der Aufwendungen Seit langer Zeit gilt im Einkommensteuerrecht, dass Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für hiermit zusammenhängende Bewirtungen den Gewinn von Steuerpflichtigen nicht mindern dürfen. Hintergrund ist, dass Ausgaben für solche Aktivitäten ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation angesehen werden. Dabei sorgt der unbestimmte Rechtsbegriff „für ähnliche Zwecke“ bis heute für Streitigkeiten zwischen den Steuerpflichtigen und dem Finanzamt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Golfturniere als „ähnliche Zwecke“ anzusehen und die damit zusammenhängenden Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht abziehbar. Trotzdem hatte der BFH im Jahr 2015 zweimal über die Abziehbarkeit der Aufwendungen von Golfturnieren zu urteilen. In dem einen Urteil IV R 24/13 vom 16.12.2015 ist der BFH seiner bisherigen Auffassung treu geblieben und hat die Aufwendungen für nicht abziehbar erklärt. In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte eine Versicherungsagentur jährlich ein Golfturnier veranstaltet und dazu unter anderem Geschäftspartner eingeladen. Die Teilnehmer des Golfturnieres und der dazugehörigen festlichen Abendveranstaltung mussten für ihre Turnierteilnahme keine Startgelder zahlen. Die Startgelder wurden ebenso wie die Bewirtungskosten komplett von der Versicherungsagentur übernommen. Dafür wurden die Turnierteilnehmer aufgefordert, für leukämie- und krebskranke Kinder zu spenden. Nach Auffassung des Finanzamtes sind die Ausgaben für das Golfturnier durchaus betrieblich veranlasst, diese Aufwendungen unterliegen aber dem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG. Der BFH stimmt in seinem Urteil der Auffassung des Finanzamtes zu, dass das Golfturnier zwar auch Wohltätigkeitszwecken diene, im Vordergrund jedoch stünden die „Luxus“-Repräsentationsaufwendungen der Versicherungsagentur. Überraschenderweise hat der BFH in einem anderen Urteil I R 74/13 vom 14.10.2015 entschieden, dass die Aufwendungen für Golfturniere unter Umständen doch abzugsfähig sind. In dem zu beurteilenden Fall wurden unter dem Namen einer Brauerei Golfturnierserien ausgetragen. Im Rahmen von Bierliefervereinbarungen mit den Betreibern von Golfplätzen und deren angeschlossener Gastronomie verpflichtete sich die Brauerei Golfturniere durchzuführen und die Durchführung solcher Turniere durch die Golfvereine finanziell zu unterstützen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Golfvereine und deren angeschlossene Gastronomie, das Bier der Brauerei auszuschenken. Die Turnierteilnahme war für jeden Interessierten möglich. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände hat der BFH entschieden, dass in diesem Fall der Warenumsatz und die Zukunftssicherung der Brauerei im Vordergrund stehen und die Aufwendungen des Golfturnieres in diesem Fall durchaus abziehbare Aufwendungen seien.

Jutta Horstrup Tel: +49 40 288 01-3167 jutta.horstrup@mazars.de

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Umsatzsteuer Vorsteuerabzug bei Führungsholdings möglich: GmbH & Co. KG als potenzielle (umsatzsteuerliche) Organgesellschaft anerkannt Der XI. Senat des BFH hat mit seinem Urteil vom 19.1.2016 (XI R 38/12) im Nachgang auf das EuGH-Verfahren Larentia + Minerva entschieden, dass der Vorsteuerabzug bei Führungsholdings grundsätzlich zulässig ist. Der XI. Senat erkennt darüber hinaus – nach einer richtlinienkonformen Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG – auch GmbH & Co. KGs als potenzielle Organgesellschaften von umsatzsteuerlichen Organschaften an. Hintergrund der BFH-Entscheidung ist das Vorlageverfahren an den EuGH mit der Frage, ob eine Führungsholding zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sein kann, weil Eingangsleistungen möglichweise immer auch im Zusammenhang mit einem nicht umsatzsteuerbaren Halten der Beteiligungen stehen könnten. Der EuGH bestätigte mit Urteil vom 16.7.2015 (C-108/14, C-109/14, Larentia + Minerva), dass ein volles Vorsteuerabzugsrecht besteht, wenn die Holding in die Verwaltung der Tochtergesellschaft eingreift und hierdurch steuerpflichtige Umsätze erbringt. Die zweite Vorlagefrage des BFH, ob eine Personengesellschaft Organgesellschaft i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sein kann, wurde vom EuGH grundsätzlich bejaht, sofern Deutschland nicht bewusst Personengesellschaften als Organgesellschaften zur Vorbeugung von Steuerhinterziehungen ausgeschlossen hätte.

Vorsteuerabzug bei Führungsholding Der BFH schließt sich in seiner Entscheidung der Vorgabe des EuGH an und gesteht einer geschäftsleitenden Holding grundsätzlich den vollen Vorsteuerabzug zu. Zur Begründung führt der XI. Senat aus, dass es sich bei den an Tochtergesellschaften erbrachten entgeltlichen Umsätzen um eine wirtschaftliche Betätigung der Führungsholding handelt und der Vorsteuerabzug deshalb nicht verwehrt werden könne. Das Halten der Tochtergesellschaften sei Teil der wirtschaftlichen Betätigung der Holding.

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Umsatzsteuerrechtliche Organschaft Neben der Frage des Vorsteuerabzugs entschied der XI. Senat des BFH, dass eine GmbH & Co. KG – entgegen dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG – eine potenzielle Organgesellschaft im Rahmen der umsatzsteuerlichen Organschaft sein könne. Er begründet seine Entscheidung mit der richtlinienkonformen Auslegung des Begriffs der juristischen Person. Im Ergebnis schließt er sich damit einer vorangegangenen Entscheidung des V. Senats an, der sich allerdings mit einer teleologischen Extension behilft, nach der eine umsatzsteuerliche Organschaft nur dann Anwendung finden soll, wenn als Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger solche Personen fungieren, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Der V. Senat fordert, dass der Organträger oder finanziell in ihn eingegliederte Personen 100 % der Anteile halten müssen. Diese Einschränkung teilt der XI. Senat nicht, sondern ist der Ansicht, dass jedenfalls bei kapitalistisch strukturierten Personengesellschaften eine richtlinienkonforme Auslegung möglich ist. Im vom XI. Senat entschiedenen Fall hielt die Gesellschaft nur 9 % der Anteile. Ein weiterer Gesellschafter hielt den verbleibenden „Zwerganteil“ und war nicht finanziell in die Organschaft eingegliedert. Nach den Maßstäben des V. Senats wäre die GmbH & Co. KG im Urteilsfall des XI. Senats wohl keine taugliche Organgesellschaft. Ob auch das weitere vom V. Senat aufgestellte Erfordernis der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung vorhanden sein muss, ließ der XI. Senat aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz offen. Eine Anrufung des Großen Senats des BFH sei allerdings nicht erforderlich, da lediglich Unterschiede in der Begründung, nicht aber im Ergebnis der beiden Entscheidungen lägen (somit keine Abweichung i. S. d. § 11 Abs. 2 FGO). Vor dem Hintergrund der insoweit unterschiedlichen Ansätze der beiden Senate wird in Kürze ein BMF-Schreiben erwartet.

Thomas Pelzer Tel: 49 30 20888-1040 thomas.pelzer@mazars.de

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Verbilligte Parkraumüberlassung an Arbeitnehmer als steuerbare entgeltliche Leistung Überlässt ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in der näheren Umgebung des Unternehmens kostenlos einen Pkw-Stellplatz kann dies bei einem überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers umsatzsteuerlich unbeachtlich sein. Erfolgt die Überlassung jedoch gegen eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers, handelt es sich um eine steuerpflichtige Leistung. Im Urteilsfall hatte die Klägerin wegen Parkraumschwierigkeiten Parkplätze am Unternehmensort angemietet. Diese Parkplätze stellte sie den Arbeitnehmern gegen ein nicht kostendeckendes Entgelt zur Verfügung. Die Klägerin behandelte diesen Vorgang aufgrund des überwiegenden unternehmerischen Interesses als nicht steuerbar, da nach Abschn. 1.8 Abs. 4 Nr. 5 UStAE das (unentgeltliche) Überlassen von Parkplätzen bei Überwiegen des betrieblichen Interesses des Arbeitgebers nicht steuerbar ist. Das Finanzamt ging von steuerbaren und steuerpflichtigen sonstigen Leistungen an die Arbeitnehmer aus. Für Zwecke der Bemessungsgrundlage berücksichtigte es die tatsächlichen Zahlungen der Arbeitnehmer. Der BFH (Urteil vom 14.1.2016, V R 63/14) folgte der Ansicht der Finanzverwaltung: Überlässt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern gegen nicht kostendeckendes Entgelt Parkraum, unterliegt dieser Vorgang der Umsatzbesteuerung. Die Klägerin hat mit der verbilligten Parkraumüberlassung an ihre Angestellten entgeltliche Leistungen erbracht. Unerheblich ist, dass diese Leistungen (überwiegend) unternehmerischen Zwecken dienten sowie verbilligt zur Verfügung gestellt wurden. Der Leistungscharakter ist nicht aufgrund eines überwiegenden betrieblichen Interesses der Klägerin an der Parkraumüberlassung entfallen. Die Besteuerung unentgeltlicher Leistungen erlaubt dabei keinen Rückschluss auf die Besteuerung gegen verbilligtes Entgelt erbrachter Dienstleistungen. Insoweit ist es aus Sicht des BFH unerheblich, mit welcher Zielsetzung der Unternehmer tätig ist. Es kommt daher nicht darauf an, ob die an das Personal erbrachte Leistung im Fall der Unentgeltlichkeit nicht der Besteuerung unterläge. Christoph Mendel Tel: +49 40 288 01-3171 christoph.mendel@mazars.de

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D. h., wer Parkraum gegen Entgelt – auch an das eigene Personal – überlässt, verschafft unzweifelhaft einen verbrauchsfähigen Vorteil, der der Umsatzbesteuerung unterliegt.

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Generalanwalt beim EuGH für umsatzsteuerlich rückwirkende Rechnungskorrektur Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Niedersächsischen FG vom 3.7.2014 (5 K 40/14) muss sich der EuGH (C-518/14) mit der Frage auseinandersetzen, ob der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf die zwingende Angabe der Steuernummer des Leistenden Wirkung für die Vergangenheit zukommt, sodass der Vorsteuerabzug für das Jahr, in dem die Rechnung ausgestellt wurde, ausgeübt werden kann und nicht erst dann, wenn die ursprüngliche Rechnung korrigiert wird. Im Ausgangsverfahren wurde während einer Außenprüfung festgestellt, dass die streitigen Rechnungen keine Steuernummer des leistenden Unternehmers enthielten. Noch während der Außenprüfung wurden die Rechnungen um die fehlende Steuernummer ergänzt. Das Finanzamt ließ den Vorsteuerabzug jedoch erst für den Zeitraum zu, in dem die Berichtigung der Rechnungen erfolgte. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann der Vorsteuerabzug nur für das Jahr ausgeübt werden, in dem die ursprüngliche Rechnung berichtigt wurde, und nicht für das Jahr, in dem sie ausgestellt wurde. Der Generalanwalt, der dem EuGH in dem o. a. Verfahren einen Entscheidungsvorschlag unterbreitet (und dem sich der EuGH erfahrungsgemäß anschließt), kommt zu der Überzeugung, dass die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung nicht mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vereinbar ist: Würde die Berichtigung einer Rechnung dazu führen, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur für den Zeitraum ausgeübt werden kann, in dem die Berichtigung erfolgt ist, und nicht, wie im Ausgangsverfahren, für den Zeitraum, in dem die Rechnung ausgestellt und beglichen worden ist, würde dies gegen den Grundsatz verstoßen, dass dieses Recht sofortigen Charakter hat. Sollte sich der EuGH der Empfehlung des Generalanwaltes anschließen, würde sich das finanzielle Risiko für die Steuerpflichtigen in gleich gelagerten Fällen reduzieren, da es aufgrund der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung nicht mehr zu Nachzahlungszinsen käme. Dies wäre im Ergebnis auch zu begrüßen, weil der Fiskus ohnehin keine Einbuße an Steuern erleidet. Denn das Umsatzsteueraufkommen bleibt im Ergebnis gleich.

Christoph Mendel Tel: +49 40 288 01-3171 christoph.mendel@mazars.de

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Lohnsteuer Aktuelles zur Pauschalversteuerung von Zuwendungen Die Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG steht bereits seit mehreren Jahren im Mittelpunkt vieler Lohnsteueraußenprüfungen. Immer wieder geht es darum, ob eigene Mitarbeiter, Geschäftsfreunde oder Kunden Vorteile erlangt haben könnten, die pauschal zu versteuern sind. Die Diskussion erfasst nicht nur handfeste Geschenke, sondern auch Werbemaßnahmen oder den besonderen Erlebniswert einer Veranstaltung. Gerade die Teilnahme von eigenen Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern an Fachtagungen, Jubiläumsfeiern und Informations- sowie Werbeveranstaltungen führt in der Praxis oft zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Unsicherheit. Es stellt sich die Frage, ob die Teilnehmer durch die Teilnahme an der Veranstaltung, einem Rahmenprogramm oder durch anlässlich der Veranstaltung gewährte Mahlzeiten steuerpflichtige Vorteile erlangt haben. Grundsätzlich hat der Empfänger eines Vorteils diesen selbst zu versteuern. Seit 2007 kann die Steuerpflicht des Empfängers aber auch vom schenkenden/einladenden Unternehmer nach § 37b EStG pauschal mit 30 % abgegolten werden. In der Praxis wird dieses Wahlrecht meist zur Pflicht, denn der beschenkte oder eingeladene Geschäftsfreund soll ja nicht vom Finanzamt behelligt werden. Außerdem kann das Wahlrecht nur einheitlich für alle Zuwendungen innerhalb eines Wirtschaftsjahres ausgeübt werden, sodass die Pauschalversteuerung einer Zuwendung die Pflicht zur Versteuerung jeglicher Zuwendungen nach sich zieht. Die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG kann sich allerdings nur auf Sachzuwendungen erstrecken, die beim Empfänger dem Grunde nach steuerpflichtig sind. Das hatte der BFH Ende 2013 in mehreren Urteilen klargestellt und damit der früheren Praxis der Finanzverwaltung den Boden entzogen (Newsletter Steuern 2/2014). Seither steht fest, dass § 37b EStG nur auf betrieblich veranlasste Zuwendungen zur Anwendung kommt, soweit die Empfänger persönlich steuerpflichtig sind und ihnen Vorteile im Rahmen einer Einkunftsart zufließen. Zuwendungen an Steuerausländer oder Privatkunden sind typischerweise nicht steuerpflichtig.

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Aufgrund der BFH-Rechtsprechung hat die Finanzverwaltung ihr Anwendungsschreiben zu § 37b EStG aktualisiert (Schreiben vom 19.5.2015), dabei aber pragmatische Ansätze auch entgegen der Rechtsprechung beibehalten. So brauchen sog. Streuwerbeartikel (= Zuwendungen im Wert von bis zu 10 Euro), Aufmerksamkeiten zu einem persönlichen Anlass bis zum Wert von 60 Euro und geschäftliche Bewirtungen nicht nach § 37b EStG versteuert zu werden. Ferner enthält das neue Schreiben Hinweise zu Aufzeichnungserleichterungen sowie Ansätze zu einer Konzernbetrachtung bei verbundenen Unternehmen. Geschenke und andere Zuwendungen werden für den zuwendenden Unternehmer wegen der übernommenen Steuer teurer. Hinzu kommt, dass die Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, wenn sie 35 Euro übersteigen und zu diesen Aufwendungen soll zumindest nach Ansicht der Finanzverwaltung auch die übernommene Pauschalsteuer gehören. Ob die übernommene Pauschalsteuer tatsächlich nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden darf, wird demnächst der BFH entscheiden (IV R 13/14). Außerdem bleibt abzuwarten, wie der BFH darüber urteilt, ob und inwieweit die einmal getroffene Entscheidung für die Pauschalversteuerung später zurückgenommen werden kann (VI R 54/15).

Ines Otte Tel: +49 30 208 88-1354 ines.otte@mazars.de

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Abgrenzung Arbeitnehmer und echter Unternehmer Die Frage nach der Definition des Arbeitnehmerbergriffs spielt aktuell eine große Rolle in Betriebsprüfungen sowie in geplanten Gesetzesänderungen und ist nach wie vor mit erheblicher Rechtsunsicherheit belastet. Im Vordergrund steht die Frage nach der Abgrenzung von Arbeitsverträgen gegenüber Werk- und Dienstverträgen. Häufig kam es in der Vergangenheit vor, dass Vertragsverhältnisse als verdeckte Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt worden sind. Diese Rechtsunsicherheit soll durch neue gesetzliche Regelungen beseitigt werden. Künftig sollen die Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auf die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung erweitert werden. § 611a soll neu in das BGB eingeführt werden. Der Gesetzgeber unternimmt damit erstmals den Versuch, den Arbeitnehmerbegriff gesetzlich zu definieren. Danach soll ein Arbeitsvertrag vorliegen, wenn es sich bei den aufgrund eines Vertrags zugesagten Leistungen um Arbeitsleistungen handelt. Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Entscheidend sind die Eingliederung und die Weisungsgebundenheit. Sollten sich der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung widersprechen, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses entscheidend. Ob mit der Einführung des § 611a BGB das gesetzgeberische Ziel der erhöhten Rechtssicherheit erreicht werden kann, erscheint zweifelhaft. Der Einzelfall wird wie bisher anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu prüfen sein; zuletzt bestätigt durch das Urteil des BFH vom 18.6.2015 (VI R 77/12). Steuerrechtlich sind nach wie vor die Bestimmungen des § 1 LStDV maßgebend. Um dessen Voraussetzungen zu prüfen, sind die vom BFH entwickelten Indizien heranzuziehen. Eine Arbeitnehmereigenschaft aber schon allein deshalb anzunehmen oder abzulehnen, weil lediglich einer dieser Anhaltspunkte vorliegt, ist rechtsfehlerhaft. Alle maßgeblichen Umstände müssen in eine Gesamtwürdigung miteinbezogen werden. Gegen ein lohnsteuerrechtliches Beschäftigungsverhältnis spricht u. a. eine vertragliche Vereinbarung, wonach die Vergütung auf Erfolgsbasis gezahlt wird. Hierbei wird das Arbeitsergebnis und nicht die Arbeitskraft berücksichtigt, was eher für einen Werk- oder Dienstvertrag spricht. Unternehmerisches Auftreten am Markt, die Tätigkeit für verschiedene Auftraggeber und eine nur sehr schwache bis hin zu gar keiner Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern oder anderen Beauftragten des Auftraggebers sprechen nicht zuletzt gegen die Arbeitnehmereigenschaft.

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Sozialversicherungsrechtlich sind die Bestimmungen des § 7 Abs. 1 SGB IV maßgebend. Danach wird der Begriff der „Beschäftigung“ als „nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ definiert. Daraus folgt, dass nicht alle Beschäftigungsverhältnisse, welche regelmäßig an den Begriff der „Versicherungspflicht“ gebunden sind, zugleich Arbeitsverhältnisse im Sinne des Arbeitsrechts sind, weshalb eine Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft steuerrechtlich, sozialversicherungsrechtlich und arbeitsrechtlich jeweils unabhängig voneinander zu erfolgen hat. Die durch Richterrecht entwickelten arbeitsrechtlichen Abgrenzungskriterien werden jedoch für die Prüfung der Versicherungspflicht herangezogen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung spricht z. B. die persönliche Abhängigkeit des Beauftragten von seinem Auftraggeber. Weitere Indizien sind die Weisungsgebundenheit, Berichterstattungspflicht und die Verpflichtung, die von dem Auftraggeber zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten zu nutzen. Eine eigene Betriebsstätte spricht u. a. für eine selbstständige Tätigkeit. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass nach wie vor eine Gesamtabwägung und Beurteilung des Einzelfalls anhand der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien erforderlich ist, und zwar aus arbeitsrechtlicher, steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Sicht. Ein Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a SGB IV bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund sollte im Vorfeld immer erwogen werden, um eine Auskunft über den sozialversicherungsrechtlichen Status eines Beschäftigten zu erhalten.

Christina Schomburg Tel: +49 211 83 99-250 christina.schomburg@mazars.de Janina Hufnagel Tel: +49 211 83 99-486 janina.hufnagel@mazars.de

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Erbschaftsteuer Erbschaftsteuerreform – quo vadis? Kurz vor Ablauf der vom BVerfG eingeräumten Frist besteht auf Bundesebene zwischen den Regierungsparteien weitgehende Einigkeit, aber immer noch keine Einigung zum neuen Erbschaftsteuergesetz. Wir hatten an dieser Stelle über die verschiedenen bisherigen Reformschritte berichtet. In seiner Entscheidung vom 17.12.2014 hatte das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für die Übertragung von Unternehmensvermögen festgestellt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung bis zum 30.6.2016 gesetzt. Bis dahin sollen die bisherigen Regelungen weiter angewendet werden. Wie inoffiziell bekannt geworden ist, soll das bisherige System des begünstigten Betriebsvermögens und nichtbegünstigten Verwaltungsvermögens zwar modifiziert, aber grundsätzlich beibehalten werden. Unentgeltliche Erwerbe bis zu einem Wert von 26 Millionen Euro sollen weiterhin nach dem bisherigen System begünstigt sein. Für Erwerbe, die über diese Wertgrenze liegen, steht ein Abschmelzen der Begünstigung bis auf 0 Euro im Raum. Zudem ist ein Bewertungsabschlag für Familienunternehmen mit strikten Verfügungsbeschränkungen für die Gesellschafter und eine Ausweitung der vom Erwerber einzuhaltenden Lohnsummen vorgesehen.

Bernd Schult Tel: +49 30 208 88-1342 bernd.schult@mazars.de Christina Vosseler Tel: +49 30 208 88-1208 christina.vosseler@mazars.de

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Angesichts des drohenden Fristablaufs wird mittlerweile intensiv diskutiert, was passiert, wenn der Gesetzgeber die ihm gesetzte Frist nicht einhält. Derzeit wird eine Weitergeltung des bisherigen Rechts bis zur Gesetzesänderung für wahrscheinlich gehalten. Dass ab dem 1.7.2016 alle unentgeltlichen Übertragungen steuerfrei sein könnten, wäre ebenfalls möglich, wird jedoch nicht für wahrscheinlich gehalten. Denkbar ist schließlich auch, dass nur die Vergünstigungen für Betriebsvermögen wegfallen. Sicher ist aber nichts. Dass der Gesetzgeber angesichts dieser Unsicherheit ab dem 1.7.2016 keinerlei Anzeichen für hektische Aktivitäten erkennen lässt, ist zumindest überraschend. Ausbaden müssen dies voraussichtlich wieder die Steuerpflichtigen, denen unkalkulierbare steuerliche Konsequenzen bei der Unternehmensnachfolge drohen. Eine Planung der wirtschaftlichen Belastungen ist somit im Moment nicht möglich.

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Behandlung von Steuerberatungskosten für Steuerangelegenheiten des Erblassers Muss ein Erbe die Steuerangelegenheiten des Erblassers abwickeln und für diesen die Einkommensteuerklärung abgeben, entstehen ihm hierfür häufig Steuerberatungskosten. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben mit gleichlautendem Erlass vom 11. Dezember 2015 (BStBl. I, 2015, S. 1028) bestimmt, wie mit Steuerberatungskosten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung zu verfahren ist. Danach handelt es sich bei diesen grundsätzlich nicht um Nachlassregelungskosten oder Kosten zur Erlangung des Erwerbs i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG. Sie stellen nur dann abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar, soweit sie noch vom Erblasser herrühren. Nach Auffassung des Erlasses setzt eine Erblasserschuld voraus, dass noch der Erblasser zu seinen Lebzeiten den Steuerberater beauftragt hat (Verursacherprinzip). Auch eine über den Tod des Erblassers hinausgehende Beauftragung wird von Finanzbehörden anerkannt, solange diese nicht durch eine Kündigung seitens des Erben beenden wird. Hat der Erbe den Steuerberater jedoch erst nach dem Tod des Erblassers beauftragt, sind die Steuerberatungskosten keine Erblasserschulden mehr, da die Belastung nicht vom Erblasser herrührt. Wenn etwaige nicht erklärte Einkünfte des Erblassers nach dem Erwerb von Todes wegen durch die Erben erkannt werden, so sind diese als Gesamtrechtsnachfolger gemäß § 45 AO i. V. m. § 153 Abs. 1 S. 2 AO verpflichtet, dies dem Finanzamt unverzüglich anzuzeigen. Auch in diesem Fall sollen die oben genannten Grundsätze für Steuerberatungskosten gelten, die dem Erben anlässlich einer Berichtigung oder einer Selbstanzeige für ursprünglich vom Erblasser abgegebene Steuererklärungen entstehen. Erteilt erst der Erbe den Auftrag an den Steuerberater, rühren die Beratungskosten nicht vom Erblasser her. Daher sind sie nicht als Nachlassverbindlichkeiten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig. Die resultierenden Einkommensteuerschulden können dagegen vom Erben im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung als Erblasserschulden abgezogen werden, soweit diese tatsächlich festgesetzt werden und der Erbe durch die Steuerfestsetzung wirtschaftlich belastet ist (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG). Fazit: Für den erbschaftsteuerlichen Abzug von Steuerberatungskosten ist maßgeblich, ob der Erbe oder der Erblasser den Steuerberater beauftragt hat. Vor diesem Hintergrund hat der Erbe den Wegfall des Abzugs von Steuerberatungskosten zu bedenken, sofern er den ursprünglich vom Erblasser eingesetzten Steuerberater kündigen will.

Françoise Dammertz Tel: +49 30 208 88-1348 francoise.dammertz@mazars.de Katharina Herzog Tel: +49 30 208 88-1169 katharina.herzog@mazars.de

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Kurz notiert Umsatzsteuer bei Verkauf zahlungsgestörter Forderungen: Änderung der Verwaltungsauffassung Das BMF hat am 2.12.2015 ein Schreiben veröffentlicht, mit dem es die neue Rechtsprechungslinie hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung des Verkaufs zahlungsgestörter Forderungen (sogenannter Non Performing Loans, kurz: NPL) übernimmt und seine bisherige gegenteilige Auffassung aufgibt (entsprechend wurde Abschn. 2.4 (8) UStAE geändert). Der EuGH („GFKL“-Entscheidung) und ihm folgend der BGH hatten entschieden, dass beim Erwerb eines NPL-Portfolios der regelmäßig vereinbarte Abschlag auf den Nennwert der Forderung allein das erhöhte Ausfallrisiko der Forderung zum Ausdruck bringt und damit kein Entgelt für eine Leistung des Forderungskäufers darstellt. Dieser Sichtweise schließt sich nun auch die Finanzverwaltung an. Die Finanzverwaltung hatte bisher auf den Ankauf zahlungsgestörter Forderungen die Grundsätze des „Factoring“ angewendet und entsprechend eine umsatzsteuerpflichtige Einziehungs- und Delkredereleistung des Forderungskäufers unterstellt. Als Bemessungsgrundlage für das Entgelt wurde (vereinfacht ausgedrückt) die Differenz zwischen Nennwert der Forderung und tatsächlichem Kaufpreis gesehen. Die bisherigen Factoring-Grundsätze sollen nur noch in den Fällen zur Anwendung kommen, in denen der Forderungskäufer das Forderungsausfallrisiko ausdrücklich nicht übernimmt (sog. unechtes Factoring).

Marcel Ruhlmann Tel: +49 30 208 88-1328 marcel.ruhlmann@mazars.de

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Die neuen Regelungen gelten für alle noch offenen Fälle. Vor dem 1.7.2016 ausgeführte Übertragungen von NPL-Portfolios können noch nach der alten Verwaltungsauffassung übertragen werden (Wahlrecht). Ein Wahlrecht besteht auch hinsichtlich vor dem 1.7.2016 abgeschlossener Rahmen-Kaufverträge, die vor dem 1.1.2019 ausgeführt werden.

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Vorsteuerabzug bei beabsichtigter Unternehmensgründung Der BFH hat mit Urteil vom 11.11.2015 (V R 8/15) entschieden, dass der Gesellschafter einer erst noch zu gründenden GmbH im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Im Streitfall beabsichtigte der Kläger eine GmbH zu gründen. Zu diesem Zweck nahm er diverse Beratungsleistungen in Anspruch. Fraglich war daher, ob der Steuerpflichtige die Beratungsleistungen als sogenannten Investitionsumsatz auf die GmbH übertragen konnte, um einen Vorsteueranspruch geltend zu machen. Die Frage galt unabhängig davon, ob die GmbH tatsächlich gegründet wurde oder nicht. Grundsätzlich kann auch ein Gesellschafter den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, wenn er Vermögensgegenstände erwirbt, um diese auf die GmbH zu übertragen (Investitionsumsatz, vgl. BFH-Urteil vom 14.10.2015, V R 10/14). Bei einem Investitionsumsatz handelt es sich um einen Gegenstand, der angeschafft oder hergestellt werden kann. Eine Übertragung dieser Grundsätze auf sonstige Leistungen (hier die Beratungsleistung) schloss der BFH jedoch aus, da die Beratungsleistungen nicht erworben wurden, um diese auf die GmbH zu übertragen (in die Gesellschaft einzubringen). Durch die vom Kläger bezogenen Leistungen sind keine auf eine GmbH übertragbaren Vermögenswerte („Investitionsgüter“) entstanden.

Daniel Reisener Tel: +49 30 208 88-1168 daniel.reisener@mazars.de

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BMF-Schreiben zu Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen aufgehoben Über das BFH-Urteil zur vorgezogenen Gewinnrealisierung bei Planungsleistungen von Ingenieuren und Architekten vom 14.5.2014 hatten wir berichtet (Newsletter Steuern 1/2015). Danach ist der Gewinn bei Planungsleistungen eines bilanzierenden Architekten bereits dann realisiert, wenn der Anspruch auf eine Abschlagszahlung gem. § 8 Abs. 2 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) entstanden ist, und nicht erst mit Abnahme oder Honorarschlussrechnung. Die Finanzverwaltung ist dieser Rechtsauffassung gefolgt und wollte die Urteilsgrundsätze durch BMF-Schreiben vom 29.6.2015 allgemein auf Abschlagszahlungen bei Werkverträgen ausweiten (Newsletter Steuern 3/2015). Dies hat in der Praxis erhebliche Rechts- und Handlungsunsicherheiten entfacht. Darauf reagierte die Finanzverwaltung zunächst mit einer zeitlichen Verschiebung und Modifikation der Übergangsregelung. Wegen der massiven Kritik aus Praxis und Verbänden hat das BMF sein Schreiben vom 29.6.2015 am 15.3.2016 aber schließlich wieder aufgehoben. Eine vorgezogene Gewinnrealisierung tritt daher nur noch in den Fällen ein, die dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt im Urteil vom 14.5.2014 entsprechen, d. h. nur bei Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HAOI a. F., die bis zum 17.8.2009 vertraglich vereinbart wurden. Bernd Schult Tel: +49 30 208 88-1342 bernd.schult@mazars.de Katharina Herzog Tel: +49 30 208 88-1169 katharina.herzog@mazars.de

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Für Abschlagszahlungen gemäß § 15 HAOI (2013) und nach § 632a BGB gilt (wieder) die alte Rechtslage. Danach stellen Abschlusszahlungen lediglich eine Anzahlung auf die Hauptforderung für das Gesamtwerk dar und führen damit nicht zur Gewinnrealisierung. Die Gewinnrealisierung tritt erst ein, wenn das Werk abgenommen und die Gefahr übergegangen ist. Dies ist zu begrüßen, da hierdurch unnötiger Bürokratieaufwand vermieden wird und die Vorgehensweise praxisbewährt ist.

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Veranstaltungshinweis Treffen Sie unsere Partner und Mitarbeiter auf folgenden Veranstaltungen:

Titel der Veranstaltung

Ort

Datum

Expertenkreis Versorgungswerke

Frankfurt am Main

07.06.2016

Salongespräche der Immobilienexperten

Berlin

07.06.2016

9. Deutscher Aufsichtsratstag

DĂźsseldorf

17.06.2016

14. Jahresforum Unternehmensbewertung

Frankfurt am Main

30.06.2016

Weitere Veranstaltungen und Informationen finden Sie unter www.mazars.de/veranstaltungen.

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Impressum Die Beiträge in dem Steuer-Newsletter sind nach bestem Wissen und nach derzeitigem Kenntnisstand erstellt worden. Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen werden nur auszugsweise wiedergegeben. Wir bitten deshalb, die Beiträge im Einzelfall mit den ungekürzten Veröffentlichungen zu vergleichen, um Informationsfehler zu vermeiden. Die Komplexität und der ständige Wechsel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr für die Richtigkeit der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen auszuschließen. Herausgeber Roever Broenner Susat Mazars GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg www.mazars.de Verantwortliche Redaktion RA/StB Gerhard Schmitt Rankestraße 21 10789 Berlin Tel: +49 30 208 88-2020 gerhard.schmitt@mazars.de Druckerei Max Siemen KG Oldenfelder Bogen 6 22143 Hamburg


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