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Die Herausforderung kann nicht gross genug sein

In der Ramstein-Werkstatt schlägt das Herz des Optikerhandwerks im Heavy-Metal-Rhythmus.

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Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Sie zu Ramstein kommen. Über den Marktplatz oder die Schneidergasse biegen Sie in die Sattelgasse ein und gelangen in ein paar Schritten seitlich zum Ladeneingang. Der schönste Weg ans ‹Haus zum Sattel› führt durch die Glockengasse. Der 2016 von den Architekten Kunz und Mösch neu gestaltete und mit dem ‹best architects 18 award› ausgezeichnete Umbau zeigt Ramstein transparent auf drei Etagen. Was Ihnen unbekannt sein könnte, ist das rechte Fenster über dem Verkaufsladen im ersten Stock. Ein Tisch, der sich bei genauer Betrachtung von dem modernen und eleganten Mobiliar der anderen RamsteinRäumlichkeiten hinter der gefalteten Glasfassade abhebt: ein Werkstatttisch. Hier im Innenbereich von Ramstein, etwas verwinkelt, ist das Reich des wirklichen Optikerhandwerks – und jenes von Lukas Schmid. Die Atmosphäre ist entspannt, konzentriert, es riecht leicht nach Polierpaste, und aus dem Radio erklingt dezent Musik. Bei Lukas Schmid spürt man sogleich seine Liebe zum Handwerk, den Materialien und zur Arbeit mit jungen Menschen. Dennis Schlossarek im zweiten, Lara Richard und Maëva Dankner im ersten Lehrjahr werden hier von ihm ausgebildet. Dabei hat sich die Arbeit seit seiner eigenen Lehrzeit wenig verändert. Bohren, Schleifen, Feilen – die Feinmechanik –, das sind noch immer die Grundlagen des Berufs. Handwerkliches Geschick, Erfahrung und die CNC-Maschinen lassen die Zeit der Arbeitsprozesse verringern. Berechnete man früher für eine Lochbrille vier Stunden, halbiert sich heute mit den handwerklichen Skills und den Schleifautomaten die Arbeitszeit für diese hochpräzise Arbeit. Zusammen mit Seline Kobelt und Nathalie Oser ist Lukas Schmids Ziel als Werkstattchef immer, ein Topprodukt herzustellen. Bei der Beurteilung einer schadhaften Brille erkennt er sofort, ob die Brille von Ramstein oder einem anderen Optiker bearbeitet wurde. Er legt grössten Wert auf eine einwandfreie und perfekte Bearbeitung. Dieselben hohen Ansprüche hat er auch an seine Lehrlinge. Von ihnen verlangt er, dass sie sich anstrengen, jeden Tag besser zu werden.

Die Hornpolitur Das Polieren einer Ramstein-Hornbrille

Unschwer ist zu erkennen, dass Lukas Schmid neben natürlichen Materialien wie Horn und Holz auf Metal steht. Er trägt das Haar lang, im Nacken zusammengebunden, schwarzes T-Shirt und Cargohose. Seine warme Stimme, seine Ruhe und seine Zurückhaltung stehen im Kontrast zu den Gitarrenriffs, die ab und zu durch die Werkstatt klingen.

Diamantschleifgerät. An ihm wird das Glas von Hand geschliffen

Montage. Eine Vier-Loch-Goldbrille wird fertiggestellt.

Der Schleifautomat. Halbiert die Arbeitszeit für Lochbrillen

Metal-Einsteigern empfiehlt er das Album ‹Wrong One› von Dying Fetus. An ihnen schätzt er, dass sie ihr musikalisches Niveau stets verbesserten.

Ganz wie er selbst: auf seinem Gebiet das Beste geben.

Ausgebildete Fantasy

Maëva Dankner Lara Richard

Die Auszubildenden im ersten Lehrjahr

Drehen wir an der Zeit und stellen wir die Gegenwart auf Freitag, den 29. Juli 2022. Vielleicht ist es ein schöner Tag, Sie besuchen den Zolli, eventuell gönnen Sie sich ein kühles Bier am Rhein oder führen ein geistreiches Gespräch. Wer weiss. Mit grosser Wahrscheinlichkeit stossen an diesem Tag Lara Richard und Maëva Dankner auf den Abschluss ihrer Optikerlehre an, darauf, dass sie dank ihrer Ramstein Lehre problemlos eine Stelle fanden, und erzählen sich ein paar Anekdoten über die letzten vier Jahre. Vielleicht werden sich Lara und Maëva daran erinnern, dass sie in ihrem ersten Lehrjahr viel Neues und Anstrengendes lernen mussten. Dass sie sich zur Entspannung auf Netflix Serien wie ‹The Blacklist› oder ‹Sherlock› reinzogen. Dass Lara sich durch den Crossfitparcours kämpfte, während Maëva Klavier übte. Ob sich Lara daran erinnern wird, dass sie die ‹Red Rising›-Trilogie des US-amerikanischen Autors Pierce Brown super fand? Oder Maëva, dass sie vom Buch ‹Letztendlich sind wir dem Universum egal› von David Levithan so total begeistert war, dass sie es für das wahrscheinlich beste Buch des Planeten hielt? Womöglich werden sie sich bei dem Gedanken, dass beide auf Fantasy standen, anlachen, sich das nächste Glas füllen und einander zuprosten. Auf ihre gemeinsame Zeit, ihren gemeinsamen Abschluss. Oder es kommt alles ganz anders.

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