6 minute read

«Die Baloise Session ist ein Boutique-Festival»

Beatrice Stirnimann über teure Stars, ihre Wünsche und die Zukunft des Festivals.

Alicia Keys sagte, sie könne nicht glauben, dass sie noch nie an diesem Festival gespielt habe.

Advertisement
Alicia Keys

Alicia Keys

Text — Raphael Suter

Die ‹Baloise Session› verteilt sich in diesem Jahr auf zehn Abende. Trotzdem ist ein Kernteam von zwölf Personen das ganze Jahr über für das Festival tätig. Wieso ist ein solcher Aufwand nötig?

Der Aufwand mit zwölf Leuten ist notwendig, weil wir uns höchste Qualität auf die Fahne geschrieben haben. Ich kann Beispiele nennen: Damit das Festival stattfinden kann, brauchen wir Sponsoren, und wir haben den Gönnerverein ‹Freunde der Baloise Session›, der uns unterstützt, damit wir das Festival überhaupt auf die Beine stellen können. Sponsoren wie Gönner müssen entsprechend betreut werden. Und auch im Programmbereich sind unsere Ansprüche sehr hoch. Wir beobachten über tausend Künstler und sind in den Musikmetropolen Los Angeles, London oder New York unterwegs. Die Verwaltung der Medienrechte ist ebenfalls sehr aufwendig. Die Auftritte der Künstler an der Baloise Session werden ja weltweit ausgestrahlt. Dabei bringen uns die Künstler viel Vertrauen entgegen, und dem wollen wir gerecht werden. Unser Kulturkalender ist das i-Tüpfelchen. Um das alles zu bewältigen, braucht es ein Team von zwölf Leuten.

Sie sagen, Ihr Festival sei anders als andere.

Worin unterscheidet sich denn die ‹Baloise Session› von anderen Musikfestivals? Die Baloise Session ist ein Boutique-Festival, das ganz bewusst klein aufgegleist ist. Die beliebte Clubtischbestuhlung bei Kerzenschein soll eine intime Atmosphäre herstellen. Das Publikum wie die auftretenden Künstler spüren diese Intimität – und dass es bei uns um die Musik und nicht um eine Massenveranstaltung geht.

Stichwort Programmierung.

Was braucht es alles, bis das Programm der ‹Baloise Session› steht? Einfach gesagt geht es darum, zur richtigen Zeit mit der richtigen Offerte am richtigen Ort zu sein. Dahinter steht aber eine jahrelange Aufbauarbeit und eine stete Kontaktpflege mit den weltweit tätigen Agenten. Unser Ziel ist es, einen Künstler in Basel so gut zu betreuen, dass er zu Hause, bei seinen Kollegen von unserem Festival schwärmt. Eines der schönsten Komplimente machte Alicia Keys im letzten Jahr, als sie vor dem Publikum auf der Bühne sagte, sie könne nicht glauben, dass sie zuvor noch nie an diesem Festival gespielt habe. Offenbar hat sie auch ihrem Freund John Legend begeistert von der Baloise Session berichtet, und in diesem Jahr haben wir es endlich geschafft, ihn nach Basel zu holen.

Iggy Pop

Iggy Pop

Aber die Engagements sind doch immer auch eine Geldfrage?

Ja, es ist auch eine Geldfrage. Die Künstler verdienen heute mit dem Verkauf ihrer Alben praktisch nichts mehr. Deshalb werden die Liveauftritte immer teurer, und dem können wir uns als Veranstalter nicht entziehen.

Eine problematische Entwicklung: Das Publikum will immer berühmtere Stars, und diese kosten immer mehr.

Das ist so. Die Erwartungen unseres Publikums sind tatsächlich hoch, und wir versuchen sie –wenn immer möglich – zu erfüllen. Aber wir wollen nicht einfach ein Programm mit grossen Namen machen, sondern ein Programm, das durch seine musikalische Qualität überzeugt. Ich denke, das ist uns in diesem Jahr sehr gut gelungen, weil wir ein breites Programm mit unterschiedlichen Künstlern haben, die sonst vor allem in grossen Hallen auftreten. Bei uns kann man sie jetzt im Rahmen von 1500 Leuten hautnah und intim erleben. Mir hat kürzlich eine Festivalbesucherin gesagt, nur an der Baloise Session könne sie die Stars ganz nah und gross erleben, und nicht bloss als kleinen Punkt irgendwo weit weg. Das finde ich eine treffende Aussage.

Das Programm 2018 ist wieder hochklassig. Auf welchen Act sind Sie besonders stolz?

Unser Herzblut steckt natürlich im ganzen Programm. Ich finde es in diesem Jahr sehr stimmig, mit schönen Künstlerkombinationen, wie etwa der Abend mit George Ezra und Jack Savoretti. Das ist schon fast ein Duell der Songpoeten. Aber ich freue mich natürlich auch, dass der Traum mit Lauryn Hill Wirklichkeit wird, und dass mit John Legend einer der weltweit besten Musiker gleich für zwei Konzerte bei uns zu hören sein wird.

Wie nahe kommen Sie als Festivalleiterin diesen Stars?

Ich konzentriere mich nicht auf die Stars, sondern auf das ganze Team. Wenn sich die Crew rund um den Künstler gut behandelt fühlt, wirkt sich diese positive Grundstimmung auch auf den Star aus. Natürlich lernt man diese Berühmtheiten auch etwas näher kennen, doch es sind in der Regel ganz normale Menschen. Man darf sich auf diese Begegnungen auch nicht allzu viel einbilden, denn heute sind sie hier und morgen ganz woanders. Ich persönlich verehre diese Künstler nicht wegen ihrer Berühmtheit, sondern wegen ihrer musikalischen Leistung.

Gibt es vonseiten der Künstler nie exzessive Wünsche?

Es gibt ab und zu ausgefallene Wünsche. Wir versuchen diese zu erfüllen. Nicht, weil es der Spleen eines Künstlers ist, sondern weil er sich bei uns wohlfühlen soll. Und wenn wir dazu etwas beitragen können, ist er dann auch zu tollen Leistungen auf der Bühne bereit.

Eine Besonderheit der ‹Baloise Session› sind die zwei Konzerte an einem Abend. Wie schwierig ist es, hier eine Einheit zu finden?

Das ist mir ein grosses Anliegen, denn in diesem Bereich kann man sein musikalisches Know-how wirklich einbringen. Es ist einfach, zwei Künstler am selben Abend zu programmieren, aber die Schwierigkeit ist, dass die Kombination stimmig ist. Befriedigend ist es für mich, wenn mir Besucher sagen, sie seien eigentlich nur wegen des zweiten Konzerts gekommen, das erste habe ihnen aber noch besser gefallen.

Als die erste Rheinkniesession 1985 über die Bühne ging, hätten die Gründer damals wohl nicht zu träumen gewagt, dass ihre Veranstaltung zu einem auch international arrivierten Musikfestival werden würde. Die heutige Baloise Session ist mit ihren Clubtischen und der intimen Kerzenlichtatmosphäre wohl einzigartig. In diesem kleinen Rahmen von bloss 1500 Personen treten Weltstars und Newcomer auf.

Wenn Sie sich unabhängig von der Gage und vom Tourneeplan einen Künstler oder eine Gruppe wünschen könnten, wen würden Sie an der ‹Baloise Session› gerne sehen und hören?

Da gibt es viele. Billy Joel hätte ich sehr gerne, oder auch Annie Lennox Sting, Tom Waits und John Mayer. Letzterer hat noch nie in der Schweiz gespielt, und an der Baloise Session wäre er super. Ich träume auch davon, Adele oder U2 nach Basel zu holen, selbst wenn das wohl nur ein Wunschtraum bleiben wird. Aber träumen darf man ja.

Auch 2018 finden an zehn Abenden jeweils zwei Konzerte statt. Die musikalische Palette reicht von John Legend, Sunrise Avenue, Ms. Lauryn Hill und Buddy Guy bis zu Lo & Leduc, Maria Gadú und LP

baloisesession.ch