Kohle-Policy

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sektorkohle

KonsequenterAusstiegaus

FinanzierungderKohleindustriebis 2030–mitEtappenzielenbis2025

02/2022

Unterlage erstellt von:

Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. Mooslackengasse 12, 1190 Wien

Stand: 02/2022

Raiffeisen Capital Management steht für die Raiffeisen Kapitalanlage GmbH oder kurz Raiffeisen KAG.

1. Zielsetzung der Kohle-Policy der Raiffeisen KAG

Konsequenter Ausstieg aus Finanzierung der Kohleindustrie bis 2030 – mit Etappenzielen bis 2025

Die Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden kurz Raiffeisen KAG) strebt den konsequenten Ausstieg aus der Finanzierung der Kohleindustrie bis 2030 an. Die KohlePolicy der Raiffeisen KAG umfasst alle investierbaren Unternehmen, die im Bereich Kohleabbau, -weiter-verarbeitung, -verbrennung (zur elektrischen oder thermischen Energiegewinnung), -transport und sonstiger Infrastruktur tätig sind. Das gesetzte Ausstiegsziel der Raiffeisen KAG steht in engem Zusammenhang mit den internationalen Zielsetzungen 1,5°C des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung auf unter zwei Gradzubegrenzen1

Da zahlreiche investierbare Unternehmen (d. h. Aktiengesellschaften, jedenfalls Großunternehmen) keine reinen Kohleförderer oder -verbrenner sind, sondern als Mischkonzerne oder beispielsweise (größere) Stromproduzenten auftreten, wurden für die PolicystringenteKriterienausgewählt,diebereitsdengeplantenAusbauvonKohleaktivitäten in der Zukunft ausschließen sowie den maximalen kohlebasierten Gewinnanteil der investierten Unternehmen sukzessive verkleinern. Bereits bis 2025 wird so ein umfassender AusschlussderKohlefinanzierunggewährleistet.

In diesem Dokument werden zunächst die Tätigkeiten der Raiffeisen KAG im betrieblichen Klimaschutz anhand der CO2-Bilanz dargestellt (Kapitel 2) und anschließend die Bedeutung des produktbezogenen Klimaschutzes erläutert (Kapitel 3). Kapitel 4 gibt einen detaillierten Einblick in die Kohleindustrie, gefolgt von den erarbeiteten Kohleausstiegskriterien der RaiffeisenKAG(Kapitel5)sowieeinerZusammenfassunginKapitel6.DiesePolicygehtdamit über die alleinige Darstellung der Kohle-Policy hinaus und setzt diese in den Kontext der gesamtenbetrieblichen,klimaschutzrelevantenAktivitätenderRaiffeisenKAG.

1|Quelle:UnitedNationsTreatyCollections, https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=IND&mtdsg_no=XXVII-7-d&chapter=27&clang=_en

2. Verantwortung im betrieblichen Klimaschutz

Seit 2018 erstellt die Raiffeisen KAG eine firmeneigene CO2-Bilanz nach dem GHG Protocol Standard2. Betrachtet werden dabei Scope 1 (direkte Emissionen), Scope 2 (energiebezogene Emissionen) sowie Scope 3 (sonstige indirekte Emissionen wie Dienstreisen, Mitarbeiteranfahrt, Papierverbrauch oder Abfall). Die CO2-Bilanz stellt ein wichtiges

Instrument zur Darstellung und stetigen Reduktion der Treibhausgasemissionen der Raiffeisen KAG dar.

Bilanzposten Jahr 2018 (t CO2e) Jahr 2019 (t CO2e) Veränderung in % Scope 1, 2, 3 1.327 Tonnen 1.186 Tonnen -141 Tonnen, d. h. 11 %

Tabelle 1: Treibhausgasemissionen der Raiffeisen KAG in den Jahren 2018 und 2019 Quelle: Raiffeisen KAG, interne Erhebung und Berechnung der Treibhausgasemissionen

Die firmeneigenen Scope-1-, Scope-2- sowie Scope-3-Emissionen von ca. 1.200 Tonnen pro Jahr liegen im Rahmen der SBTI-Ziele von minus 2,5 bis 4,2 %. Damit leistet die Raiffeisen KAG einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung und Verminderung klimaschädlicher Treibhausgase. Darüber hinaus werden unvermeidbare Scope-1- und Scope-2-Emissionen durch hochklassige Klimaschutzprojekte der Universität für Bodenkultur ausgeglichen3. Der Bürobetrieb der Raiffeisen KAG kann somit als „klimaneutral“ angegeben werden.

Ausgleich der CO2-Emissionen erfolgt durch Unterstützung hochklassiger Klimaschutzprojekte der Universität für Bodenkultur

3. Beitrag zum produktbezogenen Klimaschutz

Der Großteil der Scope-3-Emissionen der Raiffeisen KAG entsteht durch die getätigten Investitionen (Kategorie 15 des Scope 3 des GHG Protocol Standard). Typischerweise liegen hier CO2-Intensitätswerte von 1.150 g bis 1.850 g CO2 pro investiertem Euro vor4. Bei 1 Mrd. Euro investiertem Geld entspricht dies CO2-Emissionen zwischen 1,15 Mio. und 1,85 Mio. Tonnen5 . Somit zeigt sich, dass der produktbezogene Klimaschutz der Raiffeisen KAG um ein Vielfaches wichtiger ist als der betriebliche Klimaschutz.

Produktbezogener Klimaschutz um Vielfaches wichtiger als betrieblicher

2 | Greenhouse Gas Protocol Standard https://ghgprotocol.org/ 3 | Informationen und Beschreibungen der Klimaschutzprojekte siehe: klimaneutralität.boku.ac.at

Durch eine strenge Kohle-Policy kann eine deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen im Produktportfolio erreicht werden. Eine genaue Berechnung der Scope-3-Kategorie 15 Emissionen stellt derzeit aufgrund der unzureichenden Datenlage in Scope 3 (indirekte Emissionen der investierten Unternehmen) eine Herausforderung dar. Daher hat sich die Raiffeisen KAG zusätzlich zum Ziel gesetzt, die Datenqualität hinsichtlich der Scope 1-, Scope2- und vor allem Scope-3-Emissionen der investierten Unternehmen in den nächsten Jahren zu verbessern. Dabei kommt neben der Konsultation einschlägiger Datenbanken und Ratings auch dem aktiven Engagement-Prozess investierter Unternehmen eine bedeutende Rolle zu. Denn das Einfordern verbindlicher und vollständiger CO2-Kennzahlen erhöht die Transparenz im unternehmerischen Klimaschutz erheblich – nicht nur in der Finanzbranche, sondern auch weit darüber hinaus.

Strenge Kohle-Policy führt zu deutlicher Reduktion der CO2-Emissionen im Produktportfolio

Für nachhaltige Finanzprodukte strebt die Raiffeisen KAG bereits jetzt den kontinuierlichen Ausbau der CO2-Berichterstattung für Kundinnen und Kunden an. Ziel ist es, eine umfassende Bewertung der Treibhausgasemissionen nachhaltiger Finanzprodukte (einschließlich Scope 3) sicherzustellen und die CO2-Intensität kontinuierlich zu verbessern.

4. Überblick über die Kohleindustrie

4.1 Kohle im Überblick

Drei Viertel der globalen Kohlereserven befinden sich in fünf Ländern

Weltweit gibt es schätzungsweise 1,1 Billionen Tonnen an nachgewiesenen Kohlereserven. Das bedeutet, dass bei den derzeitigen Produktionsraten genug Kohle vorhanden ist, um uns etwa 150 Jahre zu versorgen. Die größten Vorkommnisse befinden sich in den USA (22 %), gefolgt von Russland (15 %), Australien (14 %), China (13 %) und Indien (10 %). Somit sind drei Viertel der globalen Reserven auf nur fünf Länder verteilt.

4 | Adelphi (2010): Der Carbon Footprint von Kapitalanlagen. Abrufbar unter: https://www.adelphi.de/de/system/files/mediathek/bilder/der_carbon_footprint_von_kapitalanlagen_1.pdf

5 | Bei dieser Betrachtung werden nicht nur Scope-1- und Scope-2-Emissionen der investierten Titel eingeschlossen, sondern möglichst auch alle relevanten Scope-3-Kategorien der Titel.

Abbildung 1:

Globaler Kohleverbrauch von 1978 bis 2019 in Mtce (Mega Tonnes of coal Equivalent)

Quelle: https://www.iea.org/data-and -statistics/charts/world- coal- consumption- 1978-2019

Mit der Verlangsamung der Weltwirtschaft und dem weit verbreiteten Ziel, angesichts von Umweltverschmutzung und Umweltproblemen eine weniger kohlenstoffintensive Stromerzeugung zu erreichen, ging der Verbrauch von Kohle im Jahr 2019 zurück. Die Tiefe und K ombination dieser Dynamik in den vielen Volkswirtschaften der Welt waren unterschiedlich und folglich reagierte der Kohlemarkt verschieden: Große asiatische Volkswirtschaften wie China und Indonesien erhöhten ihren Kohleverbrauch, während die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und Indien ihren Verbrauch senkten.

China und Indonesien mit erhöhtem Kohleverbrauch 2019 –Indien, die USA und die EU haben reduziert

C hina ist mit 2.866 Mt, 53,0 % des globalen Anteils, nach wie vor der größte Kohleverbraucher weltweit. An zweiter Stelle folgt Indien mit 585 Mt, 0,4 % weniger als im Vorjahr. Die USA und die Europäische Union sind beim Kohleausstieg führend. Beide haben für 2019 einen histori sch niedrigen Verbrauch berichtet, sind aber mit 397 Mt bzw. 253 Mt immer noch die dritt- und viertgrößten Kohleverbraucher der Welt. Auf diese vier Märkte entfallen drei Viertel des weltweiten Kohleverbrauchs. Indonesiens Kohleverbrauch erreichte 2019 mit 115 Mt ein historisches Maximum.

4.2 Kohlearten, -nutzung und Wertschöpfungskette

Die verschiedenen Arten von Kohle und Kohleabbau sind aus Sicht der Klimaschädlichkeit nicht signifikant unterschiedlich. Deshalb stellt sich die Frage, ob die detaillierte Beschreibung notwendig ist.

Unter den verschiedenen Kohlearten dominieren zwei Hauptsorten, die nach deren Verwendung benannt sind:

Kesselkohle, auch Kraftwerkskohle genannt, wird hauptsächlich zur Stromerzeugung eingesetzt.

Kokskohle, auch als metallurgische Kohle bekannt, wird hauptsächlich in der Stahlproduktion verwendet.

Arten von Kohle und Kohleabbau aus Sicht der Klimaschädlichkeit ohne signifikante Unterschiede

Andere wichtige Nutzer von Kohle sind Tonerde-Raffinerien, Papierhersteller sowie die chemische und pharmazeutische Industrie. Aus den Nebenprodukten der Kohle können verschiedene chemische Produkte hergestellt werden. Raffinierter Steinkohlenteer wird bei der Herstellung von Chemikalien wie Kreosot, Naphthalin, Phenol und Benzol verwendet. Aus Koksöfen zurückgewonnenes Ammoniakgas wird zur Herstellung von Ammoniaksalzen, Salpetersäure und landwirtschaftlichen Düngemitteln verwendet. Tausende von verschiedenen Produkten haben Kohle oder Kohlenebenprodukte als Bestandteile: Seife, Aspirine, Lösungsmittel, Farbstoffe, Kunststoffe und Fasern, wie Rayon und Nylon.

Tausende Produkte bestehen aus Kohle oder Kohlenebenstoffen: Seife, Aspirine, Lösungsmittel, Farb- und Kunststoffe

Kohle ist auch ein wesentlicher Bestandteil bei der Herstellung von Spezialprodukten:

Aktivkohle – wird in Filtern zur Wasser- und Luftreinigung und in Nierendialysegeräten verwendet.

Kohlefaser – ein extrem festes, aber leichtes Verstärkungsmaterial, das im Bauwesen, im Fahrzeug- und Flugzeugbau und für Sportartikel verwendet wird. Siliziummetall – wird zur Herstellung von Schmiermitteln, wasserabweisenden Mitteln, Harzen, Kosmetika, Haarshampoos und Zahnpasten verwendet werden.

66,5 % der primären Kohle wird weltweit für die Erzeugung von Energie eingesetztin den OECD-Ländern sind es 82,3 % (2017)

Kohle wird nach wie vor in erster Linie für die Erzeugung von Energie verwendet, wobei im Jahr 2017 weltweit 66,5 % und in den OECD-Ländern 82,3 % der primären Kohle für diesen Zweck eingesetzt wurden. In den OECD-Ländern sank der Anteil von Energie, der aus primärer Kohle als Brennstoff erzeugt wird, im Jahr 2018 auf einen neuen Tiefstand von 25,2 %, gegenüber 26,7 % im Jahr 2017 und 44,4 % im Jahr 1985. Der Einsatz von Kohle zur Strom- und Wärmeerzeugung stieg im Jahr 2018 gegenüber 2017 um 3,3 % oder 166 Mt. Im Gegensatz dazu verbrauchte der gesamte Industriesektor, insbesondere die Eisen- und Stahlindustrie, weniger Kohle als im Vorjahr. Der Anteil des Haushalts-, Gewerbe- und öffentlichen Dienstleistungssektors am Gesamtverbrauch blieb mit 2,5 % relativ gering.

Abbildung 2: Verwendung für Kohle nach Ländern

Quelle: IEA www.iea.org/data-and-statistics/charts/primary-coal-s-breakdown-by-activity-for-selectedeconomies-1978-2018

All diese Aspekte zeigen auf, dass der weltweite Verbrauch von Kohle sehr auf die Energiegewinnung fokussiert ist. Dies kombiniert mit den klimatischen sowie gesundheitlichen Schäden, die die Verbrennung von Kohle verursacht, führt dazu, dass Kohle als Auslaufmodell der Energiegewinnung bezeichnet werden kann. Deshalb wird die Raiffeisen KAG bis 2030 einen Wechsel weg von der Kohleindustrie und hin zu nachhaltigen und treibhausgasarmen Energiegewinnungsmethoden machen.

4.3 Auswirkungen auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Die Förderung und Nutzung von Kohle gefährden die Gesundheit von allen Lebewesen auf direkte und indirekte Weise. Insgesamt 53 Schadstoffe weist das Europäische Schadstoffregister aus, mit denen Kohlekraftwerke Luft, Wasser und Boden vergiften. Steinkohle setzt bei der Verbrennung mehr Schadstoffe frei als Braunkohle. Allerdings ist dreimal mehr Braunkohle nötig, um die gleiche Menge an Energie zu erzeugen. Darum gilt sie als die schmutzigere Kohle.

Kohlekraftwerke vergiften Luft, Wasser und Boden mit insgesamt 53 Schadstoffen

Verschmutzte Luft ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eines der größten Gesundheitsrisiken. 2012 starben etwa 3,7 Millionen Menschen unter 60 Jahren an Krankheiten, die durch Luftverschmutzung verursacht werden können, schätzt die WHO. Die hohe Smog-Belastung in den Städten Asiens liegt vor allem am Verkehr und an der Kohleverfeuerung.

Abbildung 3: Auswirkungen von Kohle auf die Gesundheit

Quelle: https://www.global2000.at/sites/global/files/Kohleatlas2015.pdf

Die Schätzungen über die globale Zahl der Opfer weichen stark voneinander ab. Der australische Klimarat nennt weltweit 200.000 Tote als Folge der Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke. Eine Untersuchung der Universität von Illinois nennt 250.000 Tote jährlich allein in China. Detaillierte Angaben für Europa kommen von der Health and Environment

Alliance (HEAL). Sie ist ein Zusammenschluss von 65 europäischen Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Umwelt und Gesundheit befassen. Danach gehen EU-weit jährlich 18.200 Todesfälle auf das Konto der Kohlekraft. 8.500 Menschen erkranken demnach an chronischer Bronchitis, weil sie den Schadstoffen von Kohlekraftwerken ausgesetzt sind. Werden Anlagen aus Kroatien, Serbien und der Türkei hinzugezählt, steigt die Zahl der Todesfälle in Europa auf über 23.000. Fast 43 Milliarden Euro koste das die EU jährlich, rechnet HEAL vor. Die Kosten der Krankheiten sind hoch und müssten der Kohlenutzung in den Preisvergleichen verschiedener Energieträger angerechnet werden.

EU-weit gehen jährlich rund 18.200 Todesfälle auf das Konto der Kohlekraft. Pro Jahr erkranken 8.500 Menschen an chronischer Bronchitis.

Besonders Kinder sind durch die emittierten Schwermetalle gefährdet. Werden ihre Lungen in jungen Jahren geschädigt, bleiben sie später schwach. Sind Kinder im Mutterleib erhöhten Konzentrationen an Blei oder Quecksilber ausgesetzt, steigt ihr Risiko, später eine kognitive Störung zu entwickeln, also an Denkleistung einzubüßen. Zudem können sie irreversible Organschäden davontragen.

Eine indirekte Bedrohung der menschlichen Gesundheit durch Kohlenutzung ist der Klimawandel. Die Umweltmedizin warnt vor Hitzestress in den betroffenen Regionen, aber auch vor der Ausbreitung von Krankheiten wie Malaria oder dem Denguefieber, die bisher nu r in der südlichen Hemisphäre auftraten. Studien belegen, dass Kraftwerke mit einem besonders hohen Kohlendioxidausstoß auch besonders viele giftige Schadstoffe emittieren. Wird weniger CO2 freigesetzt, sinkt zusätzlich auch der Ausstoß etwa von Schwefeldioxid, Stickstoff und Feinstaub.

Kraftwerke mit besonders hohem Kohlendioxidausstoß emittieren auch besonders viele giftige Schadstoffe.

Nicht nur die Verbrennung, auch die Förderung von Kohle birgt gesundheitliche Risiken. So sind die Anwohnerinnen und Anwohner von Braunkohletagebauen einer erheblichen Belastung durch Feinstaubemissionen ausgesetzt, die zu Atemwegserkrankungen oder Allergien führen können. In den Abraumhalden der Minen sammeln sich Schwermetalle und andere Gifte, die ins Grundwasser und in die Luft gelangen. Ein weiteres Problem stellt Radioaktivität dar: Braunkohle enthält natürlicherweise Uran, Thorium und Kalium-40. Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) befinden sich allein in den jährlich 100 Millionen Tonnen Braunkohle und 460 Millionen Tonnen Abraum der rheinischen Tagebaue 388 Tonnen Uran. Die radioaktiven Substanzen reichern sich im Feinstaub an und gelangen so in den menschlichen Körper – mit unkalkulierbaren Folgen für die Gesundheit.

Nicht nur Verbrennung, auch Förderung von Kohle birgt gesundheitliche Risiken.

Abbildung 4: Weltweite Kohlekapazität für Stromgewinnung im Vergleich zu den Paris(COP21)-konformen Mengen

Quelle: Climate Analytics 2019. Abrufbar unter: https://climateanalytics.org/briefings/coal-phase-out/

Neben den zahlreichen negativen gesundheitlichen Aspekten der Kohleverwendung spielt besonders die katastrophale Auswirkung auf den Klimawandel eine besondere Rolle. Eine Verbildlichung, die den anzustrebenden Pfad für den Sektor Kohle vorgibt, kann Abbildung 4 entnommen werden. Diese stellt dar, wie stark die Reduktion der Extraktion von Kohle zur Energiegewinnung sein muss, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. In anderen Worten, bis 2030 müssen ungefähr 75 % der derzeitigen Emissionen durch Kohle reduz iert werden. Dies bedeutet einen drastischen Einschnitt in den Ausbau und die Erhaltung der Kohleindustrie. Um diese Kehrtwende vollziehen zu können, hat die Raiffeisen KAG im Folgenden die Maßnahmen angeführt.

K atastrophale Auswirkungen auf das Klima – Reduktion des Kohleabbaus ein MUSS für die Erreichung der Klimaziele von Paris

5. Richtlinien der neuen Klima-Policy im Kohlesektor

Die Raiffeisen KAG strebt einen vollkommenen Kohle-Ausstieg bis 2030 an und definiert Etappenziele bis 2025

Das vorherige Kapitel verdeutlicht die Wichtigkeit und Dringlichkeit des Kohleausstiegs. Finanzinstitutionen kommt dabei eine wichtige Rolle im Bereich der Finanzierung und auch Kapitalisierung zu. Die Raiffeisen KAG strebt einen vollkommenen Ausstieg von Förderern und Verbrennern von Kohle bis 2030 an. Um den Fortschritt kontinuierlich überprüfen zu können, werden zusätzlich auf dem Weg zu diesem Ziel auch „Etappenziele“ bis 2025 konkretisiert. Darüber hinaus wird ein Ausstieg aus jeglichen anderen Infrastruktur-Gewährleistern im Kohlesektor bis 2030 angestrebt.

Die Kohle-Policy der Raiffeisen KAG stützt sich auf zwei Hauptaspekte, um die genannten Ziele zu erreichen. Einerseits absolute quantitative Ausschlusskriterien (Umsatzanteil) und andererseits qualitative Kriterien, die zusammen den Kohleausstiegspfad bilden. Beispielsweise werden die investierten Unternehmen danach analysiert, welcher Anteil ihres Umsatzes der Kohle zugeschrieben werden kann (siehe Kapitel 5.2). Für die Einteilung der maximalen Umsatzanteile ist es notwendig, trennscharfe Definitionen für die verschiedenen Akteure der Kohleindustrie zu finden, um im Anschluss in Abhängigkeit von deren Position in der Wertschöpfungskette Rückschlüsse ziehen zu können (siehe dazu 5.1. Definitionen).

Weitere Überlegungen, Anlageportfolio von kohlebasiertem Wirtschaften zu befreien

Die Raiffeisen KAG plant darüber hinaus auch aus zukünftigen, projektierten Kohleaktivitäten auszusteigen und überlegt, in Zukunft weitere Kriterien anzulegen, um das Anlageportfolio von kohlebasiertem Wirtschaften zu befreien (siehe dazu Anhang I).

5.1

Definitionen

Die Kohle-Policy der Raiffeisen KAG bezieht sich auf die im Folgenden definierten Akteur:innen:

Direkt involvierte Unternehmen: Kohleabbau Kohlekraftwerke Kohleverbrennung

Indirekt involvierte Unternehmen:

Transportinfrastruktur

Unternehmen, deren Aktivitäten (Umsatzanteil) zu einem signifikanten Teil im Kohlesektor stattfinden (z. b. Bauunternehmen, die Kohlekraftwerke bauen)

5.2 Kohleausstiegspfad der Raiffeisen KAG nach „Coal Share Revenue“

Der Umsatzanteil von investierten Unternehmen aufgrund von Kohleaktivitäten stellt einen guten und geeigneten Indikator dar, um sukzessive kohlefördernde Unternehmen auszuschließen.

Die folgende Tabelle veranschaulicht den Ausstiegspfad der Raiffeisen KAG bezüglich Kohleinvestitionen von 2022 bis 2030. Der Ausstiegspfad definiert drei Stufen. Es findet dabei eine Differenzierung statt: nach der Einbettung in das Produktportfolio (gesamte Fondspalette oder nachhaltige Fonds) der Raiffeisen KAG und nach der Position des investierten Unternehmens in der Kohlewertschöpfungskette

Ausstiegspfad definiert drei Stufen

Portfolio Investierte Unternehmen Stand per 01/2022 2025 2030

Fonds

Gesamte Fondspalette6

Tabelle 2: maximale Umsatznachteile investierter Unternehmen von 2022 bis 2030

6 | Ausnahmen bei positivem Engagement-Erfolg (verpflichtendes Ausstiegsszenario) bis spätestens 2030

7 | Ausnahmen Raiffeisen-Russland-Aktien und Raiffeisen-Osteuropa-Aktien (Tabelle oben in Klammer)

Innovativer Ansatz: „RCM-Indikator“ zur Ermittlung des Kohle-Exposures von Nationalstaaten

Ein innovativer Ansatz der Kohle-Policy der Raiffeisen KAG besteht darin, dass auch für Investitionen bei Nationalstaaten Mindestkriterien eingeführt werden (Beispielprodukt: Staatsanleihen). Da man hierfür keinen Umsatzanteil heranziehen kann, wurde eine andere Möglichkeit der Integration gefunden: Das Kohle-Exposure der Nationalstaaten wird über diverse ökologische Faktoren, die in einem eigenen Indikator der Raiffeisen KAG („RCMIndikator“) zusammengefasst werden, in den Investmentprozess integriert.

6. Ausblick und Zusammenfassung

Mit ihrer aktualisierten Kohle-Policy legt die Raiffeisen KAG den Grundstein für einen ambitionierten Ausstieg aus der Finanzierung des Kohlesektors. Die Policy beinhaltet nicht nur die direkte Förderung, den Abbau und die Verbrennung von Kohle, sondern ebenso die verzweigte Kohleindustrie. Darüber hinaus werden auch für Staaten Kriterien angewendet, um dem Trend der anhaltenden Kohleverstromung entgegenzuwirken. Durch die Policy werden signifikante positive Effekte auf den CO2-Fußabdruck der Produkte der Raiffeisen KAG erreicht.

Die Kohle-Policy der Raiffeisen KAG soll im Jahr 2021 zudem durch eine Oil- und Gas-Policy ergänzt werden, um so einen gesamtheitlichen Ansatz für den Ausstieg aus dem fossilen Sektor zu gewährleisten.

7. Anhang

I. Weitere Ausschlusskriterien in Diskussion

Ausbaupläne für zukünftige Kohleverstromung

Wie bereits in Kapitel 4 verdeutlicht, stehen die aktuellen Pariser Klimaziele in starkem Gegensatz zu dem geplanten weltweiten Ausbau von Kohlekraftwerken. Deshalb überlegt die Raiffeisen KAG, in keine Unternehmen (und Staaten) zu investieren, die zukünftige zusätzliche Kapazitäten in diesem Bereich schaffen (direkte sowie indirekte). Dabei könnte auf die Datenbasis der „Coal Exit List“ zugegriffen werden, die in ihrer aktuellen Version (2020) alle globalen Unternehmen auflistet, die der Kohleindustrie (und verwandten Industriezweigen) zuzuordnen sind8

Ausschluss der jeweils zehn größten Unternehmen in den Sektoren Kohleförderung und Kohleverbrennung

Zusätzlich zu den bereits gesetzten Kriterien, wird überlegt, alle Unternehmen aus dem Investment-Universum auszuschließen, die zu den größten Förderern der Kohleindustrie zählen. Dieser Ausschluss würde sich auf zwei der wichtigsten Sektoren der Kohleindustrie beziehen. Dies sind die Kohleförderung und die Kohleverbrennung (siehe Liste im Anhang). Somit könnten insgesamt 20 Unternehmenstitel ausgeschlossen werden.

Ausschluss der zehn am stärksten in Kohle involvierten Finanzinstitute Aufgrund der zentralen Rolle der Finanzindustrie im Bereich „Kohlerückzug“ könnte zudem ein Divestment von den kohleintensivsten Finanzinstituten durchgeführt werden. Eine aktuelle Liste potenzieller Kandidaten findet sich im Anhang.

8 | Global Coal Exit List 2020: Abrufbar unter https://coalexit.org/

II. Beispieldaten für Primärenergie-Versorgung verschiedener Staaten

Abbildung 5:

Anteil verschiedener Energieträger in Prozent an der Primärenergie-Versorgung

Quelle: IEA bearbeitet nach Bundesamt für Politische Bildung, Deutschland (2016), abrufbar unter: https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/75140/themengrafike

III. Ausschlussliste der größten Kohlefirmen (Stand 2020)

Abbildung 6: Die größten Firmen des Kohleabbaus

Quelle: https://www.greenpeace.ch/de/publikation/42294/banking -on- climate-change- 2020/

Abbildung 7: Die größten Firmen der Kohleverbrennung

Quelle: https://www.greenpeace.ch/de/publikation/42294/banking-on-climate-change-2020/

IV. Ausschluss der zehn am stärksten in Kohle involvierten Finanzinstitute (Stand 2020)

Abbildung 8: Die größten Finanzinstitute, die in den Kohleabbau involviert sind

Quelle: https://www.greenpeace.ch/de/publikation/42294/banking-on-climate-change-2020/

Abbildung 9:

Die größten Finanzinstitute, die in den Kohleabbau involviert sind

Quelle: https://www.greenpeace.ch/de/publikation/42294/banking-on-climate-change-2020/

Abbildung 10: Die größten Finanzinstitute, die in die Kohleverbrennung involviert sind

Quelle: https://www.greenpeace.ch/de/publikation/42294/banking-on-climate-change-2020/

Abbildung 11: Die größten Finanzinstitute, die in die Kohleverbrennung involviert sind

Quelle: https://www.greenpeace.ch/de/publikation/42294/banking-on-climate-change-2020/

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