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Hans Unterfrauner: Der begnadete Sammler

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Hans Unterfrauners Leidenschaft nimmt mittlerweile viel Platz in Anspruch. Über 6000 Abzeichen von Schützentreffen, Fahnenweihen und Jubiläen und Anhänger und Anstecknadeln aus Kriegszeiten hat der Ehrenhauptmann der Brunecker Schützenkompanie gesammelt und fein säuberlich auf großen Tafeln geordnet. Im Interview erzählt er, was ihn so daran fasziniert und warum es eigentlich kaum noch etwas gibt, das er nicht hat.

Wenn es um Hans Unterfrauners Leidenschaft geht, ist schon die Anfahrt zu seinem Haus Programm. Der 79-Jährige wohnt in der Gebirgsjägerstraße. Überall in der Wohnung hängen große Tafeln mit hunderten Abzeichen. Zu jedem könnte er eine eigene Geschichte erzählen. Als er ein Abzeichen zeigt, das er jüngst beim Alpenregionstreffen erstanden hat, ist es, als würde er einen kleinen Schatz präsentieren. Natürlich hat es schon seinen angestammten Platz in der Sammlung gefunden, so wie über 6.000 andere Abzeichen auch. Ein Hobby, das mehr ist als eine Leidenschaft, wie der 79-Jährige erzählt.

PZ: Jeder Sammler fängt an einem gewissen Punkt an, seiner Passion nachzugehen. Was war Ihre Initialzündung?

Hans Unterfrauner: Mein Großvater war immer begeistert von Geschichte und früh bei den Schützen, das hat mich in der Kindheit

Schmuckstück: Das handbemalte Abzeichen des Alpenregionstreffens der Schützen in Bruneck im Jahr 1990. Detailliebe: Wildschütz Jennerweins Grab ist das Motiv beim 7. Internationalen Wandertag in Ruppertszell 1976. Hans Unterfrauner, Jahrgang 1942, wächst in Tils bei Brixen auf. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitet er zunächst in einem Sägewerk. Mit 21 Jahren macht er sich als Boden- und Fliesenleger selbstständig. Mit seiner Frau Annemarie, die als Lehrerin arbeitet, zieht er später nach Bruneck, wo er zunächst bei einem Betrieb als Bodenleger tätig ist. 1971 wagt er sich zum zweiten Mal in die Selbstständigkeit. Von 1986 bis 1998 ist er beruflich in einer ganz neuen Rolle Zuhause: als Portier im Krankenhaus von Bruneck. 61 Jahre lang ist Unterfrauner aktiver Schütze, davon 15 Jahre Hauptmann in Bruneck. Der Vater von fünf Kindern und stolze 10-fache Großvater lebt mit seiner Frau in Bruneck und sammelt leidenschaftlich Abzeichen. Über 6000 Stück sind es mittlerweile. //

geprägt. Später bin ich selbst ein Schütze geworden. Ich bin in Tils aufgewachsen und war 13 Jahre lange bei der Brixner Kompanie. Ein Kamerad hat damals schon Abzeichen gesammelt und mich angesteckt. Seit 1969 sammle ich sie nun. Früher gab es ja bei vielen Anlässen ein Abzeichen. Treffen der Schützen, Gründungsfeste, Schießveranstaltungen, Städtejubiläen, eine Fahnenweihe oder ein Treffen des Alpenvereins oder von Kolping zum Beispiel. Mit meiner Frau bin ich oft an einem Tag zu zwei Festen gefahren, um ja kein Abzeichen zu verpassen. Ich mache das, weil mich Geschichte interessiert. Das geht so weit, dass ich auch ein Familienwappen habe, das ich sehr schätze. Es geht auf das Jahr 1503 zurück.

Sie haben in über 50 Jahren etwa 6000 Abzeichen gesammelt. Welche genau? Der Hauptteil betrifft Abzeichen von Schützenkompanien und -treffen in ganz Tirol, auch solche der Gebirgsschützen aus Bayern und von deren Patronatstagen sind dabei. Meine Sammlung umfasst alleine 36 Gründungsabzeichen von Südtiroler Schüt-

Infos zum Thema holt sich Hans Unterfrauner aus Büchern und Broschüren. 120 Abzeichen passen auf eine Tafel und werden nach Themen geordnet.

zen und alle 26 Gründungsabzeichen der Welschtiroler Schützen. Und dann habe ich Abzeichen von Musikkapellen und Feuerwehren gesammelt, da habe ich etliche aus der Zeit um 1800. Und dann natürlich sehr viele vom ersten Krieg. Mit Abzeichen aus dem 2. Weltkrieg und aus der SS-Zeit möchte ich nichts zu tun haben.

Viele der Abzeichen stehen für eine patriotische Gesinnung und für Leid, das durch Kriege entstanden ist. Wo haben

Sie die Abzeichen aufgetrieben?

In Wien zum Beispiel. Zwei Kinder haben dort studiert. Ich habe sie öfter besucht und dann auf dem Flohmarkt nach Abzeichen gesucht, hauptsächlich solche vom Ersten Weltkrieg habe ich dort gefunden. Ich hatte immer ein klares Ziel, was ich kaufen oder tauschen möchte. Zum Beispiel Trauerabzeichen oder solche von Weihnachten im Felde. Manche dieser Abzeichen sind kunstvoll gestaltet. Ich habe mich in die Thematik eingelesen und erfahren, dass es eigene Grafiker gab, die diese gemacht haben. Im Laufe der Jahre ist eine schöne Summe zusammengekommen, die ich dafür ausgegeben habe.

Gibt es Teile Ihrer Sammlung, die Ihnen besonders viel bedeuten?

Otto v. Habsburg fasziniert mich als Persönlichkeit. Ein Abzeichen, das ihn als Kind zeigt, gefällt mir besonders. Und auch die vielen Abzeichen von Kaiser Karl, seinem Vater. Oder das Abzeichen der österreichischen Kriegsmarine, weil es so selten ist. Auf einem sind auch die Rittner Erdpyramiden zu sehen, das finde ich besonders schön. Beim Alpenregionstreffen 1990 in Bruneck hat der Bildhauer Josef Plankensteiner ein ausgesprochen schönes gestaltet. Dieses ist mir besonders wichtig: Damals war ich Schützenhauptmann in Bruneck. Die Farbe wurde noch von Hand aufgetragen. Auch das Abzeichen des ersten Landesschützenfests, das 1970 in Meran stattgefunden hat, ist wunderbar.

Haben Sie die Abzeichen katalogisiert? Nein, das nicht. Auf jeder Tafel finden genau 120 Stück Platz, sie sind dort nach >>

Lokalkolorit: Dieses Abzeichen wurde anlässlich der Gründung der Brunecker Schützenkompanie 1975 gestaltet. Im April reiste Hans Unterfrauner mit Ehefrau Annemarie nach Madeira und besuchte anlässlich des 100. Todestages von Kaiser Karl I. dessen Grab.

Themen und Zeit geordnet, das gibt mir die nötige Struktur. Irgendwann einmal würde ich meine Sammlung gerne einem Museum zur

„Nur die beste Musik für die besten Hörer!“

Elmar Aichner (Musik-Redakteur)

Verfügung stellen. Eine Wanderausstellung mit 600 meiner Abzeichen gab es 2011 anlässlich der 500-Jahr-Feier des Tiroler Landlibells zum Gedenken an Kaiser Maximilian I. – sie startete in Bruneck und machte Stationen in Lienz, Mühlbach, Olang und Toblach.

Teilten ihre Kinder die Leidenschaft für die Sammlung?

Die Kinder haben oft Ratespiele gemacht. Sie schauten eine Tafel an und sagten so Sachen wie: Es ist blau und hat ein bisschen grün dabei. Welches Abzeichen bin ich? Meine Frau hat mich auch unterstützt, aber immer glücklich war sie nicht damit.

Auf die Sammelleidenschaft ihres Mannes angesprochen, reagiert Annemarie Tasser mit einem Lachen und zeigt zu einem Bild an der Wand. „Ich habe gemalt und meine Bilder aufgehängt”, sagt sie, „und mein Mann eben seine Abzeichen.” Mit gegenseitiger Toleranz geht somit vieles. Nur als er damals in der Selbständigkeit mit irgendwelchem „Geraffel” von seinen Kunden kam, statt eine Rechnung zu schreiben, ging es ihr dann doch manchmal zu weit…

Ein Hobby aus einer vergangenen Zeit?

Heute sieht es schlecht aus. Es werden ja fast keine Abzeichen mehr produziert. Der Verkauf ist sicher nicht einfach. Gerade war ich mit meinen Brunecker Schützenkameraden beim Alpenregionstreffen in Passeier und da wurde nicht groß Wert darauf gelegt, die Abzeichen auch zu verkaufen. Früher hat man meist eins bekommen, wenn man den Eintritt bezahlt hat und damit auch den Verein oder die Organisation unterstützt.

Finden Sie heute überhaupt noch etwas, das Sie nicht haben? Manchmal kommt jemand, der von meiner Sammlung weiß, und bringt mir etwas vorbei. Es passiert aber nur ganz selten, dass ich das Abzeichen noch nicht habe. Oder dass ich irgendwo etwas kaufe und dann zu Hause merke, dass ich es bereits habe: Was das betrifft, bin ich sehr fit im Kopf. // Interview: Verena Duregger

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