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Langsam kehrt Ruhe ein
Politik, Vereinsleben, Reisen und persönliche Kontakte beleben die Jahre als Rentner von Armin Jans.
«Es ist echt befreiend!» Seine Papieragenda ist deutlich kleiner geworden – Armin Jans, ehemaliger Nationalrat und Professor für Volkswirtschaftslehre, kann seine Pension geniessen. Mit seinen 74 Jahren radelt er immer noch vom Kolinplatz die Aegeristrasse hoch bis zu Zeno’s Rütli – ohne Motörli, versteht sich. «Mit vielen kleinen Übersetzungen kommt man noch gut über die Runden. Nicht schnell. Aber so schlängle ich mich an vielen Orten durch.»
Lukullische Treffen unter Freunden
Sein Lebenslauf ist beachtlich, ist er 17 Jahre lang als Mitglied beider Räte im historischen Zuger Regierungsgebäude ein und aus gegangen und als Parlamentarier vier Jahre nach Bundesbern gepilgert. 28 Jahre hat er als Professor für Volkswirtschaftslehre an der ZHAW in Winterthur doziert. So kommen übers Jahr eine Menge Ehemaligentreffen zusammen: «Ich pflege Mittagessen mit alten Kommilitonen, ebenso ein Silvester treffen. Aus dem Nationalrat sehe ich alte Kolleginnen und Kollegen zwei bis drei Mal pro Jahr. Und jedes Jahr reise ich, zusammen mit meiner lieben Frau, um alte Studienfreunde zu treffen, mit denen ich 1973 bis 1974 am Europakolleg in Brügge war. Letztes Jahr ging’s nach Paris, dieses Jahr nach Stockholm.» Ein Mann –gut vernetzt: «Vom Zürcher Uni-Institut oder von der Fachhochschule sehe ich Kolleginnen und Kollegen ebenfalls regelmässig.» Und zu guter Letzt kommen noch Kindergartenfreunde dazu: «Wir jassen regelmässig!»
Zurück zu den stillen Momenten Kann sich Armin Jans auch zurücklehnen und geniessen? «Ja, sicher. Ich höre Musik. In letzter Zeit viel am Radio. Und ich besuche gerne klassi- sche Konzerte. Oft sitze ich auf dem Balkon und beobachte die Natur. Oder lese in einem Buch. Langweilig wird es mir nie.» Seiner Meinung nach dürfe man nicht dem nachtrauern, was nicht mehr möglich sei. «Man kann viele kleine Sachen angehen und sich daran freuen. Ich habe zum Beispiel noch eine Briefmarkensammlung, die ich immer wieder ergänze.»
Eine Arthrose schleicht sich an Auch in der Mobilität muss man sich anpassen: «Mit Skifahren habe ich aufgehört, weil es mir zu gefährlich wurde. Ich hatte relativ früh zwei Meniskusoperationen am gleichen Knie. Zum Glück bis jetzt keine Beschwerden. Aber mit einer Arthrose muss man ja immer rechnen. Auch bin ich nicht mehr so leistungsfähig wie früher. Vor rund acht Jahren hatte ich einen Herzinfarkt und musste operiert werden. Aber statt zu jammern, will ich mich an dem freuen, was noch funktioniert. So kann ich langlaufen oder Schneeschuh laufen. Und im Sommer marschieren. Oder reisen. Meine Einschränkungen sind nicht gross.» Und eben, das E-Bike verkneift sich Jans noch. «Will man hundert Kilometer machen im Tag, geht’s wohl kaum ohne E-Unterstützung. Aber geradeaus um den Zugersee ist ja kein Problem.» Der Wissenschaftler will so lange wie möglich ohne Strom pedalen.
Einsame Momente
Gab’s auch Zeiten, in denen sich Jans einsam gefühlt hatte? «Das ist lange her. Im erwähnten Europakolleg in Belgien.» Die Beziehung mit seiner damaligen belgischen Freundin war beendet. Für die Prüfungsvorbereitungen verkroch sich jeder in sein Zimmer. «Da war ich schon sehr einsam. Für einen Moment. Die Kontakte waren auf ein Minimum reduziert.»
Wohnraum tauschen wäre eine Lösung
Jans’ Gerechtigkeitssinn und Engagement ist in Zug spürbar. Er kämpft mit seiner Partei für günstigen Wohnraum, damit Menschen in der Region bleiben können, wo sie verwurzelt sind. Nach der ersten Initiative 1981 hat es in Zug über 30 Jahre gedauert, bis die geforderten 400 bezahlbaren Wohnungen gebaut und an Familien, ältere Personen sowie Behinderte vermietet waren. Ein
Tropfen auf einen heissen Stein. Aufgrund des überteuerten Immobilienmarktes bleiben viele ältere Menschen in ihren viel zu grossen Wohnungen oder Häusern, weil sie keine bezahlbare Alternative haben. Für Jans ist klar, dass dieser Wohnraum besser genutzt werden könnte. Derzeit läuft eine zweite Initiative in der Stadt Zug für 2000 bezahlbare Wohnungen, das würde die Lage entspannen.
Tür an Tür Kontakte pflegen
«Meine Mutter hatte im hohen Alter das Glück, dass wir im gleichen Mehrfamilienhaus wohnten.» Armin Jans und seine Frau haben Alltagsdinge für sie erledigt: schwere Taschen tragen, Wäsche machen. «Wir haben oft gemeinsam gegessen oder einen Jass geklopft. Sie war bis zum Schluss klar im Kopf, das war sehr schön. Hätten wir nicht für sie gesorgt, hätte sie nie so lange selbständig zu Hause leben können. Erst mit den Gehschwierigkeiten war ein Wechsel ins Altersheim ein wohlüberlegter Entscheid.»
Sollte sich jeder mehr bemühen, den nachbarschaftlichen Kontakt zu pflegen? «Wir wohnen in einem Haus mit fünf Wohnungen. Da ergibt sich der Kontakt automatisch.»
Bizeli chrampfe öffnet Welten
«Das ESAF im Jahr 2019 war schon eine grosse Nummer.» Armin Jans erinnert sich an seinen letzten Grosseinsatz am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest. Er wurde mit seinen Kollegen des Männersportvereins Hochwacht Zug um Mithilfe angefragt. «Wir haben auf dem Zeltplatz zwischen Zug und Steinhausen die Leute Mitte Woche eingewiesen und am Montag wieder verabschiedet. Kei Lämpe. Gesittet. Nett. Diese Schwingerfreunde sind wahrlich ein ausserordentlich freundliches Volk», schwärmt der Zuger. «Ich war einen Abend lang im Einsatz, um Leute zu empfangen. Und dann noch beim Steinstossen. Unser Verein hat Distanzen gemessen und Ranglisten erstellt. Wären unsere Mitglieder nicht Leichtathletik-Meeting-erprobt, hätten wir so was Anspruchsvolles kaum bewältigen können. Am Jodlerfest in Zug werden wir dieses Jahr sicher wieder mithelfen.»

Sein Sportverein wird immer wieder um Unterstützung angefragt. Ansonsten treffen sich die Männer neben dem Aktivturnen zur obligaten Herbstwanderung, zu einem Grillabend, einem Treffen auf dem Zuger Alpli und zur Teilnahme an einer Radsternfahrt.
Lokalgeschichte und Kurse
Als Volkswirtschafter hat Armin Jans viele Artikel und Bücher verfasst. «Zug in der Welt» lautet ein Projekt des Industriepfads Lorze Zug, bei dem er an Beiträgen über die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Kantons Zug der letzten 250 Jahre mitschreibt. Gäbe es bei Pro Senectute auch Kurse, die ihn interessieren würden? «Bisher habe ich Vorlesungen der Zürcher Volkshochschule und der Uni Zürich besucht. Zukünftig könnten das auch Kurse von Pro Senectute Kanton Zug sein. Ich sehe mir das Programm jedenfalls immer genau an, ich habe ja selbst zwei Lektionen gegeben: einen über die EU-Integration und die Schweiz sowie einen zweiten Kurs über den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas seit Maos Tod.
Nicht alles ist plan- und steuerbar
Auf die Frage, ob man seine Pensionierung planen solle, meinte Jans, dass er sich vorher gut überlegt habe, was ihm wichtig sei. Wie zum
Beispiel das Reisen oder die Schweiz besser kennenzulernen. «Mit Grosskindern oder einem Familienkreis mit vielen Kontakten ist automatisch viel los, auch wenn Begleitung oder Pflege von Angehörigen notwendig wird. Als Vereinsmitglied hat man allerhand zu tun. Aber es gibt Situationen, in denen eine Person in ein Loch fällt – das lässt sich nicht vermeiden. Man kann nicht alles kontrollieren. Aber mit Situationen, von denen man weiss, dass sie auf einen zukommen, sollte man sich früh auseinandersetzen.» Besonders wichtig für ihn ist die Pflege der eigenen Gesundheit: immer aktiv zu bleiben, dem Alter entsprechend.
ARMIN JANS (74)
Der ehemalige Nationalrat und Professor für Volkswirtschaftslehre, Armin Jans (74), hat 2018 das Buch «Krisenfeste Schweizer Banken?» mitpubliziert und mitgewirkt bei der Initiative «2000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand in der Stadt Zug». Seit kurzem ist er als Lokalhistoriker aktiv. Daneben geniesst der Zuger das Privatleben, reist im In- und Ausland und ist in einem Männersportverein für ältere Semester aktiv.
