Tipi – Magazin für die Familie Sommer/2019

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Leben und wir sche Tätigkeiten angefangen von Bildender Kunst in allen Facetten bis hin zu Musik und Theater. Darüber hinaus sollen handwerkliches Können und soziale Fähigkeiten wachgerufen und ausgebildet werden.

© Albert Moser (1), © Charlotte Fischer / Bund der Freien Waldorfschulen e.V. (1), Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik (1), Illustration: www.waldorf-100.org

Namentanzende Baumschüler/-innen Die Waldorfpädagogik geht davon aus, dass sich die „Wesensglieder“ (alle eigenständig erscheinenden Glieder, die das Wesen des Menschen aufbauen; dabei ist nicht nur der sinnlich sichtbare stoffliche Leib gemeint) des Menschen in Siebenjahresperioden, den sogenannten „Jahrsiebten“, entwickeln. Außerdem steht das Unterrichtsfach „Eurythmie“, eine anthroposophische, von Steiner entwickelte Bewegungskunst, die seelische und geistige Inhalte durch Körperbewegungen und Gebärden darstellt, fix im Lehrplan. Der Schulunterricht wird in Epochen abgehalten. Das sieht in den ersten Schuljahren folgendermaßen aus:. „Einen Monat wird in den ersten zwei Stunden des Schultages ‚einfach‘ unterrichtet“, gibt Galletto Einblick. Vier Wochen lang Formenzeichnen, Schreiben und anschließend Rechnen. „Ein Monat ist ein Rhythmus, der dem Menschen besonders gut entspricht.“ Die Kinder könnten sich in ein Fach vertiefen und würden sich dann

auf die nächste Epoche freuen, so Galletto, der derzeit eine 2. Klasse unterrichtet. Diese und andere Waldorf-Spezifika haben den Schulen jedoch auch Kritik und Häme eingebracht. Die Frage, ob man in Eurythmie tatsächlich seinen eigenen Namen tanzt, ist dabei noch die harmloseste. Als Ökos, naiv, weltfremd und esoterisch sind Schüler/-innen wie Lehrer/-innen verschrien. Die Einrichtungen werden oft als SpinnerSchulen verunglimpft. Es gäbe keine Schulnoten, die Schule sei leistungsfeindlich und bereite die Kinder nicht auf die „Welt da draußen“ vor. Waldorfpädagog(inn)en sehen das naturgemäß ganz anders. „Ich denke, das sind vor allem die Leute, die die Waldorfschule nicht kennen, die sie blödmachen müssen. Als eine Art Schutzmechanismus“, sagt Christa Stierl. Sie unterrichtet seit beinahe 40 Jahren in einer Waldorfschule, die längste Zeit an der Rudolf-Steiner-Schule in Salzburg. Die Unkenrufe sind ihr geläufig. „Die Kinder kennen den Ruf natürlich. Aber sie haben gelernt, in den letzten Jahren immer mehr, Selbstbewusstsein zu entwickeln. Unsere Schüler/-innen stehen jenen aus öffentlichen Schulen in nichts nach. Wir haben regelmäßig Matura, wo der Landesschulrat

Neben der künstlerischen Betätigung wird auch das Handwerk gefördert.

anwesend ist und sich stets sehr zufrieden zeigt. Bei der heurigen Zentralmatura waren sogar alle Arbeiten in Mathematik positiv!“ Laut Statistik absolvieren sogar mehr als 50 Prozent der Waldorf-Maturant(inn)en die Reifeprüfung mit Auszeichnung oder gutem

Österreich 19 Schulen 38 Kindergärten Seit dem ersten Abschlussjahrgang 1974/75 haben 2018 rund 4.450 Schüler/ -innen den Waldorfabschluss absolviert.

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