DOT.magazine 067

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Shining, post Kubrick

Was wurde aus Danny Torrance, dem Kind von Jack Torrance, der sich durch „Shining“ wütete? „Doctor Sleep“ zitiert Stanley Kubricks Motive und versucht trotzdem, Stephen King gerecht zu werden.

ZEIT REISE

D

anny Torrance kehrt ins Overlook-Hotel, das abgelegen in den Bergen von Colorado liegt, zurück. Die Ruine des herrschaftlichen Anwesens ist noch voller Hinweise darauf, was passierte, als sein Vater Jack (1980 – unter Stanley Kubricks Regie – dargestellt von Jack Nicholson: Shining) hier als Hausverwalter anheuerte und die Wintermonate gemeinsam mit seiner Familie an diesem vereinsamten Ort verbrachte und dabei allmählich den Verstand verlor. Jacks Familie – seine Frau Wendy und der gemeinsame Sohn Danny – bekamen das auf brachiale Weise zu spüren und zu sehen: wenn etwa Papa Jack mit einer Axt bewaffnet Jagd auf „seine Lieben“ machte. Wenn Danny hierher zurückkehrt, tauchen alte Bekannte wieder auf: die Geister der Zwillingsmädchen, die damals mit Danny spielen wollten, die langen Hotelflure, der Schriftzug

„Redrum“, also „Murder“ rückwärts geschrieben. Das ist insofern erstaunlich, als Stephen King damals sehr öffentlich „not amused“ darüber war, was Stanley Kubrick mit dem legendären Horrorfilm Shining aus seinem Roman (1977) gemacht hatte. King gab – als Reaktion auf diese Erfahrung – bei einer Fernsehadaption des Stoffes im Jahr 1997 das Drehbuch erst gar nicht aus der Hand. Und als 2013 die Buch-Fortsetzung erschien –

der Roman „Doctor Sleep“ –, griff der Romancier nichts von dem auf, was Kubrick an Themen und Motiven etabliert hatte. Kubrick war ziemlich frei mit Kings Roman verfahren. KING VERSUS KUBRICK King empfand Kubricks Arbeit als zu kalt, die Familiendynamik sei nicht stimmig gewesen, und Shelley Duvall sei als Jacks Ehefrau Wendy lediglich als „Scream Machine“ abgestellt worden. Jack Nicholson spielte in Kings Augen „denselben Psycho wie in seinen Biker-Filmen“ davor: „Der Typ ist verrückt. Worin liegt dann die Tragödie, wenn der Typ beim Jobinterview auftaucht und da bereits übergeschnappt ist? Ich habe es gehasst, was Kubrick da gemacht hat.“ Als Regisseur Mike Flanagan sich nun also an die Filmadaption von „Doctor Sleep“ machte, stand ganz oben auf seiner Agenda, King da-

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