pip Praktische Implantologie und Implantatprothetik - Heft 3 - Mai 2018

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pip perspektivwechsel zessiven oder dominanten Gene, die je nach Ausprägung in einem hypoplastischen, hypomineralisierten, hypokalzifizierten oder zusätzlich mit Taurodontismus vergesellschafteten oralen Erscheinungsbild münden. Es kommt vor, dass in einer Familie aufgrund unterschiedlicher Mutationen der relevanten Gene unterschiedliche Phänotypen der Amelogenesis imperfecta auftreten.

Hinweis auf Allgemeinerkrankung Häufig ist die Amelogenesis imperfecta ein Erscheinungsbild, welches auf andere medizinischen Erkrankungen hinweist. Bisher wurden mutierte Gene für Amelogenenesis imperfecta u. a. bei Erkrankungen wie dem Kohlschütter-Tönz-Syndrom, der Hunter-

Abb. 1b: Ektodermale Dysplasie: Seitlich offener Biss von rechts.

Krankheit (Mukopolysaccharidose Typ II), bei Augenerkrankungen wie der Photophobie, der Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (ZSD), bei Epilepsie, beim Kleinwuchs, bei Störungen des Hörens, des Sehens, des Geruchsinns und bei Taurodontismus identifiziert. Andere zahnmedizinische Diagnosen wie die Hypodontie, Oligodontie oder Anodontie können den Hinweis auf eine Seltene Erkrankung liefern. Neben dem klinischen Befund können die Zahn-Nichtanlagen radiologisch bestätigt werden. Oftmals treten zusätzlich Formanomalien der Zähne auf, radiologisch können Wurzelanomalien imponieren. Sind zusätzlich noch alle

Abb. 2: Amelogenesis imperfecta.

Geschwister des Patienten/der Patientin betroffen, verdichten sich die Anhaltspunkte. Zur Diagnosesicherung können humangenetische Untersuchungen erfolgen.

Prothetik für Patienten mit Zahnunterzahl Seltene Erkrankungen gehen häufig mit einer Veränderung der Zahnsubstanz, mit einer Veränderung der Anzahl von Zähnen oder mit einer Veränderung der Weich- und Hartgewebe einher. Mangels Zahn- oder Knochenverankerungsmöglichkeiten sind eine frühe Diagnose und komplexe konservierende oder prothetische Versorgungsstrategien bei Patienten mit Seltenen Erkrankungen von großer Bedeutung.

Abb. 1c: Ektodermale Dysplasie: Seitlich offener Biss von links.

Therapiemöglichkeiten Die Therapiemöglichkeiten variieren abhängig von der Anzahl verbleibender Zähne, dem Alter des Patienten und der Gebiss- sowie der Skelettentwicklung. Voraussetzung für den Therapiebeginn ist, dass das Skelettwachstum abgeschlossen ist, andere Quellen benennen das Alter konkreter: Bei Mädchen ab dem 16. Lebensjahr und bei Jungen ab dem 18. Lebensjahr. Die Frage nach dem besten Zeitpunkt, der Anzahl und der Art von Implantaten zum Ausgleich der Zahnunterzahl kann anhand der vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit nicht beantwortet werden, ein umsichtiges Vorgehen ist erforderlich. Da Patienten mit Zahnunterzahl die fehlenden Zähne möglicherweise mit Implantaten ersetzen lassen möchten, obliegt dem implantologisch tätigen Zahnarzt, Oralchirurgen oder Mund-, Kieferund Gesichtschirurgen eine bedeutende Rolle bei der Diagnose und als Vermittler/Überweiser. K Herzlichen Dank für die freundliche Unterstützung durch Dr. Marcel Hanisch, Oberarzt am Universitätsklinikum Münster, Abt. für MKG-Chirurgie. Bildrechte: Dr. Marcel Hanisch

Praktische Implantologie und Implantatprothetik | pip 3 | 2018

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