Magazin | Seite 17
PfäffikerIN | März 2014
Kommentar zum Märzbild im historischen Kalender 2014
«Wurscht und Brot macht d Bagge rot», wo z Pfäffike gits frisches Brot? (Dazu passend sind die Kommentare in den Ausgaben der PfäffikerIN vom Februar, April und Juli 2013.)
Kein Brot ist zu hart, aber kein Brot ist hart Pfäffikon zählte damals mindestens sieben Bäckereien. Im bereits erwähnten markanten Haus an der Seestrasse backte zu jener Zeit «Beck» Zangger seine Brote
und Backwaren. Er übernahm die Bäckerei von der Familie Nufer, welche von 1870 bis 1896 das Geschäft betrieb. In einem Inserat im «Wochenblatt» vom 1. Juni 1896 wird die Geschäftsübergabe mit folgendem Inhalt bekannt gegeben: «Die Familie Nufer, Bäckers, teilt der werten Gönnerschaft von Pfäffikon und Umgebung mit, dass sie ihre bis dahin betriebene Bäckerei käuflich an Herrn J. Zangger aus Oetweil a. See abgetreten hat und dankt für das jahrelang geschenkte Zutrauen höflich.» Zangger seinerseits empfiehlt sich der Einwohnerschaft von Pfäffikon bestens und unterstreicht sein Bestreben, «schmackhaftes Brod und Kleinbrod sowie alle Sorten von Mehl und Grüsch (Kleie) zu billigsten Preisen» anzubieten und das Zutrauen der Kundschaft zu erwerben, und zeichnet «achtungsvoll und ergebenst einem geneigten Zuspruch ent-
gegensehend». Die Bäckerei Zangger übergab das Geschäft 1913 «Beck» Huber. Hubers führten das Geschäft bis 1951; in seinen Inseraten pries Huber immer wieder seine frischen Wähen. Werner Thönen, in Witwe Hubers Diensten, konnte mit seiner Familie die Bäckerei 1951 übernehmen und führte sie erfolgreich bis 1981. Besonders stolz war er auf sein Osterbrot, seine Buttertorten und Wienergipfeli. Im oberen Stock wirkte während dieser Zeit Oskar Fischbacher als Schoggiproduzent. 1981 ging die Bäckerei an Hansueli Knecht, welcher mit seiner Familie auch während fast dreier Jahrzehnte darin wirkte und uns nebst «chüschtigem» Brot die unvergesslichen Pfäffiker-Wäppli und Pfäffiker-Grüessli bescherte. Sein Bäckergeselle, Roland Schneider, übernahm 2010 das Geschäft, liess es komplett umbauen und bedient heute die Kunden im «Schneiders Quer» in einem modernen Laden mit integriertem Café und reichhaltigem Angebot (das Hauptgeschäft befindet sich an der Speerstrasse 15).
Bild: Kissel & Kettner Verlag, Zürich
Vor gut hundert Jahren bis in die 1990erJahre waren die See-, die Frohwies-, die Hoch- und die Kempttalstrasse die Pfäffiker «Einkaufszentren». In fast jedem Haus befanden sich ebenerdig Geschäfte, darüber die Wohnungen. Im historischen Bild, an der Seestrasse auf der linken Seite dorfaufwärts, folgten sich Metzgerei, Bäckerei, Wirtschaft, Coiffeur, Schuhhaus, Fabrikantenvilla, Metzgerei, Feuerwehrlokal, Strickerei, Sattlerei, Coiffeur und Chirurg und Tuchhandlung beim Dorfbrunnen. Einkäufe in den Dorfläden brachten täglich Betrieb ins Dorf und Gedankenaustausch, sorgten für das Einkommen der Geschäftsleute, für den obligaten Dorfklatsch und stärkten die Gemeinschaft. Das tägliche Brot kauft man
seit über hundert Jahren im Haus Seestrasse 40 (siehe Bild), in welchem schon damals eine Backstube mit Bäckerei eingerichtet war. Seit Jahrtausenden gehört die Herstellung von Broten zu unserer Kulturgeschichte. «Es gibt kein Stückchen Brot in der Welt, an dem nicht Religion, Politik und Technik mitgebacken hätten», schreibt E. Jakob in seinem Buch «6000 Jahre Brot». Etwas bescheidener halten wir es nun mit dem Blick zurück zum Pfäffiker Bäckergewerbe von der letzten Jahrhundertwende bis heute, vom individuell hergestellten Brot zum Massenprodukt.
Bild: Chronikstube
Seestrasse um 1900
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing Die folgende Aufzählung lässt den Aderlass des einheimischen Bäckergewerbes in hundert Jahren an uns vorbeiziehen. Überall im Dorf gab es Bäckereien/Konditoreien, und bei vielen Bauernfamilien wurde das Brot im Hause gebacken. An der Seestrasse aufwärts gesehen rechts beim heutigen Dorfmärt betrieb Konditor Müller eine Konditorei von 1925 bis 1933. Das Geschäft wurde von der Familie Stössel übernommen, welche eine Bäckerei/ Konditorei führte und diese 1951 an die Familie Temperli verkaufte. Unter deren Ägide wurde das «Central» oft auch Café Temperli genannt. 1973 war damit Schluss, und 1980 musste das Haus der Überbauung Dorfmärt Platz machen. An der Kempttalstrasse, vis-à-vis der «Kleisterei», warb 1901 Bäcker Glarner für ein sonntägliches Dessert mit Meringues und Cornets. Auf den 27. Februar 1905 übernahm «Beck» Humbel das Geschäft und hatte regen Zuspruch durch die Leute im «oberen» Dorf. Sein Nachfolger, die Familie Rathgeb, betreute die Bäckerei von 1928 bis in die 70er-Jahre. Seither gibt es hier kein Brot mehr. Ältere Semester, welche in Pfäffikon zur Schule gegangen sind, erinnern sich bestimmt an die feinen, frischen Brötchen, welche Herr Rathgeb höchst persönlich zu günstigem Preis vor jeder Schulreise zum Bahnhof brachte. An der Frohwiesstrasse richtete Emanuel Kühnel sein süsses Reich ein, seit 1966 ist hier keine Bäckerei mehr. Sein Café heisst heute Café Frohwies (siehe Kommentar Februar 2013).
Seestrasse heute
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