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Peter Price

2013 Fachhochschule Dortmund


Wozu? Das weiss nur der Schwachsinnige. Er schleppte den Behinderten immer und überall mit, und der Rollstuhlfahrer konnte dem Schwachsinnigen nichts entgegensetzen oder beeilte sich einfach nicht. Die Neugier kochte in ihm. Das ist doch Moskau, andere Stadt, die Mietwohnung, selbstständiges Leben und so weiter.

PROLOG. Der Kampf mit der Wehmütigkeit. Aus irgendeinem Grund gilt, dass es nicht richtig ist, mutlos zu sein. Man muss sich freuen und das Leben genießen. Und da ich anfällig für das Anraten bin und Angst vor Autoritäten habe, habe ich angefangen, genau so zu meinen und sich zu beschuldigen, dass ich passiv bin. So hat der Kampf gegen sich selbst angefangen, aber es sah so aus, als ein Kampf eines Rollstuhlfahrer, der nicht laufen kann, gegen einen Schwachsinnigen, der diesen Rollstuhlfahrer herausfordert, aufzustehen. Dem Schwachsinnigen gelang das doch, den Behinderten aus dem Rollstuhl herauszuholen, und er, obwohl er nicht stehen kann, ist auf allen vieren nach Moskau gegangen.

Um einen Job zu kriegen, zwang der Schwachsinnige den Behinderten sich normal zu verstellen, als ob er nicht behindert ist. Auf einem Vorstellungsgespräch gelang dem Rollstuhlfahrer, den Arbeitgeber zu betrügen, und er hat eine Stelle bekommen. Und gingen der Schwachsinnige mit dem Rollstuhlfahrer arbeiten. Der Schwachsinnige zog den Behinderten sehr schön an und alle herum dachten: „Was für ein normaler Mensch!“ Ein Mal, nach ein Paar Jahren, passierte irgendwas mit dem Schwachsinnigen und dem Rollstuhlfahrer. Wahrscheinlich, ermüdeten sie sich, immer zu lügen und sich normal zu verstellen. Sie ermüdeten sich einfach und haben entschieden, freien Lauf zu lassen, aber vorher hatten sie sich gekündigt, um ein neues Leben aus dem Nicht zu bauen und sich zu finden. Und wie es sich herausgestellt wurde, sie waren Nichts. Keiner wollte ihnen Job geben, und es ist ihnen nichts anderen übrig geblieben, als sich in der Welt herumtreiben und warten auf eine Gelegenheit, wann einer nimmt sie so, wie sie sind, auf.


Fast ein Monat lebten sie in Treppenfluren und in Obdachlosenheimen und noch lange beschuldigten sie ihre Mutter, dass sie als ungeeignete geboren wurden. Es war schwer, sich selbst aufzunehmen. Es war schwer, sich als Nichts zu akzeptieren. In einem Monat fand sich ein Mensch, dem diese Behinderte passten, und er gab ihnen eine KurierStelle. Und die Stelle wurde gerne angenommen. Aber die Bitterkeit und die Bosheit auf die Eltern war nicht weg. Die Behinderte konnten nicht, sich von dem Schwachsinn und dem Stolz zu befreien, und wollten keine Hilfe von ihren Eltern annehmen. Sie wollten zum Trotz noch schlimmer machen. Sie wollten, dass sie auch leiden und sich qu채len. Die Mutterliebe hat aber ihre Seele beruhigt, sie sagte dass sie ihre Kinder lieben wird, auch wenn sie Obdachlosen werde.Die Br체der haben sich beruhigt und haben die Hilfe angenommen, aber wie mit solchen Leiden leben und wie sie sich aufnehmen m체ssen, haben sie noch nicht verstanden. Und darum wartet es noch irgendwas auch sie. S. K. Januar 2013










“Wie viele Dinge gibt es herum, wie macklig, alltäglich, nüchtern, gewöhnlich, unbemerkt ist alles und wer überhaupt kümmert sich darum, dass das alles gibt. Irgendwie schnell geht alles im normalen Leben vorbei, es kommt kein Bedürfnis auf, mit sich selbst zu reden. Du machst irgendwas einfach und das war´s”.













“Ich bin ins Badezimmer eingegangen, sah mich um und habe bemerkt, wie klein die Tür ist, und, wenn sie zu ist, man kann sie sogar von einer kleiner Entfernung ganz besehen. Man kann sie ansehen und sich wundern, dass für eine kurze Zeit ihm gehört, und früher gehörte sie jemandem, wer sich keinen Gedanken darüber machte. Hier kann man alles besichtigen und sich über alles wundern. Sich wundern, dass man hier ist”.






“Zu wenig Fragen werden irgendwie gestellt. Und wenn sie entstehen – du antwortest schnell auf sie, sogar nicht antwortest, sondern triffst eine Entscheidung. Du gehst einfach mit einer Bescheinigung aus der Uni zum Hausmeister und kriegst ein Schlüssel von dem Zimmer, wo du wohnen wirst. Es ist sehr wichtig, was ist da, hinter diesem Tür, ob da schön, hell ist, wie viel Platz da gibt es, der Blick aus dem Fenster... Du gehst rein, guckst dich herum und verstehst sofort alles. Und plötzlich ist alles mit dem Zimmer klar, man kann sich mit den Sachen beschäftigen, dann arbeiten gehen, dann in die Uni... Und du gehst ein Paar Tage in die Uni, aber da ist die gleiche Geschichte, wie mit dem Zimmer: du hast den Seminarraum, deine Kommilitone, die Dozenten angeschaut und alles ist wieder klar, alles”.




“Ich sehe das Leben, wie ein gedämpftes Licht von einer Glühbirne, die das Einzige ist, was wir haben. Und das Einzige, was wir können – beleuchten den Platz, wo wir gerade sind.”









“Der Leiergang ist angefangen. Die Feier der Premiere ist vorbei. Das Zimmer, die Arbeit, die Kommilitone – alles ist so, als ob es uralter Teil meines Lebens wäre, und es ist langweilig, du merkst nichts – alles ist gewöhnlich. Und so läuft immer, bis jemand mich fragt, was ich hier tue. Und nur dann kann man sich setzten und etwas erblicken. Dass ich selbst nicht weiss, wer bin ich und warum bin ich hier. Gerade hier. Und wenn ich irgendwo werde und genau so schnell werde aufhören zu merken, zu sehen, sich zu interessieren, die Feier der Premiere zu fühlen, dann, egal wo ich werde, ich werde weiter erblinden und mich erlöschen und am Ende meiner Zeit ich werde da, wo ich völlig ausgehe”.










Impressum © Peter Price Fotograf Peter Price Covergestaltung André Reiswich Vorwort Sergey Kozlov Übersetzung Peter Price Redaktion Marina Petrowa Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.



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