Paraplegie Juni 2016

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Praxis Unterstützung. Ergotherapeutin Melanie Marchner hilft Armin Jossi, den Rollstuhl am Seilzug festzumachen. Es braucht einige Kniffe, um den Stuhl ins Auto zu verladen.

des Rollstuhls die eine oder andere Schwierigkeit zu überwinden. Vor allem das Aufklappen erweist sich als ziemlich komplexe Angelegenheit. Der Patient lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Schliesslich ist es geschafft, und Armin Jossi sitzt wieder in seinem Rollstuhl. Für ihn ist es von zentraler Bedeutung, wieder Auto fahren zu können. «Ich brauche ein Auto für den Alltag, zudem bin ich ein Mobilitätsfanatiker.» Deshalb sei der Unfall, der ihn zum Paraplegiker machte, besonders einschneidend gewesen. «Ich bewegte mich leidenschaftlich gerne zu Wasser, zu Land und in der Luft. Ich fuhr Motorrad, steuerte ein Segelboot und war Helikopterpilot.» Nun kann er zumindest bald wieder Auto fahren. Die Fahrstunden mit dem umgebauten Auto hat er abgeschlossen, die Prüfung steht kurz bevor. Ohne fremde Hilfe ins Auto zu kommen schaffen nicht alle Querschnittgelähmten. Tetraplegiker, die auch an den Armen teilweise oder komplett gelähmt sind, können oftmals nicht aus eigener Kraft auf den Vordersitz transferieren. «Trotzdem üben wir mit allen Patienten den Transfer», sagt Melanie Marchner. Das Ziel muss sein, dass jeder in ein Fahrzeug gelangt. Es gibt Drehsitze, spezielle Hebelift-Systeme oder Fahrzeuge, in denen man direkt im Rollstuhl auf der Fahreroder Beifahrerseite Platz findet. «Irgendeine

Lösung muss in jedem Fall gefunden werden, je weniger fremde Hilfe und Hilfsmittel es braucht, desto besser.» So gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten, wie der Transfer ins Auto gemacht werden kann, oder wie der Rollstuhl zu verladen ist. Ebenso vielfältig sind die Bedienungssysteme für Gas und Bremse: Umgebaute Autos können zum Beispiel mittels Gasring und Bremshebel oder durch einen Kombihebel, der sowohl Gas- als auch Bremsvorrichtung ist, bedient werden. Individuell angepasstes Fahrzeug «Unsere Aufgabe ist es, für jeden Patienten das passende System zu finden», sagt Melanie Marchner. Etwa in der Mitte der vier- bis neunmonatigen Rehabilitationszeit am SPZ in Nottwil beginnt die Ergotherapie mit dem Thema Autotransfer. Es wird abgeklärt, welches System für den jeweiligen Querschnittgelähmten das Beste ist. «Dann wird mehrmals pro Woche geübt.» Gleichzeitig

findet zusammen mit der Firma Orthotec, einer Tochtergesellschaft der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, eine Beratung für den Autoumbau statt. Dieser wird danach vor Ort in Nottwil von der Orthotec oder von einem anderen Fahrzeugumbauer in Wohnortnähe ausgeführt. Der Transfer braucht nebst Hilfsmitteln und der richtigen Technik auch Kraft. «Deshalb üben wir frühzeitig mit den Patienten, dass sie sich mit ihren Armen möglichst selber anheben und ein kleines Stück versetzen können.» Das nützt diesen nicht nur fürs Auto fahren: Sich vom Rollstuhl ins Bett oder in den Duschklappsitz umplatzieren sind ebenfalls wichtige Fertigkeiten. Deshalb leistet die Ergotherapie einen bedeutenden Beitrag auf dem Weg in ein möglichst mobiles Leben von Menschen mit Querschnittlähmung.

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