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Mein Standpunkt

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzabschaffung

Der Bundesklimaminister, der auch als Bundeswirtschaftsminister unterwegs ist, hat eine Erleuchtung: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sei „bei guter Intention völlig falsch abgebogen“. Er wolle „die Kettensäge anwerfen und das ganze Ding wegbolzen“, so Robert Habeck in ungewöhnlich martialischer Rhetorik. Die einzigartige wirtschaftliche Schwäche Deutschlands mache eine Aussetzung nötig, ergänzte er in ministeriellem Tonfall. Bravo, möchte man dem potenziellen Grünen-Kanzlerkandidaten zurufen. Zwar kommt diese Erkenntnis spät, aber immerhin. Denn die Kosten, die Unternehmen für die Bewältigung bürokratischer Berichtspflichten zu schultern haben, sind in den vergangenen zehn Jahren um 16 Prozent gestiegen. 66,5 Milliarden per anno waren es Anfang 2024, vor sechs Jahren noch 50 Milliarden, so das Statistische Bundesamt (Destatis). Für fast 12.300 Informationsberichte, mit denen sich eine ganze Branche aus Nachhaltigkeitsexperten, Corporate-Governance-Spezialisten und Compliance-Juristen mittlerweile beschäftigt. Niemand hat etwas gegen den segensreichen Sinn ihrer Tätigkeit: Nachhaltigkeit ist längst quer durch die deutsche Industrie Unternehmensziel. Ohne diese Fokussierung würden wir nicht nur den Klimawandel verstärken, sondern auch viele Kunden verlieren, denen ökologisch verantwortbares Wirtschaften zu Recht wichtig ist. Und doch bleiben viele Fragen: Warum muss Nachhaltigkeit mit endlosen Dateien und buchstarkem Papierkram pro Produkt für Behörden dokumentiert werden? Warum misstraut der Staat den Unternehmen so sehr, wenn er nicht mal in der Lage ist, Ausgleichszertifizierungen in China unter der Verantwortung der grünen Bundesumweltministerin Steffi Lemke vor millionenschwerem Betrug zu bewahren? Warum geht das nicht mit freiwilliger Selbstverpflichtung der Wirtschaft unter tatkräftiger Mitwirkung unabhängiger NGOs, die weder Geschäftsmodellen noch Ideologien verpflichtet sind? Antworten bleiben da bisher weitgehend aus. Erst recht angesichts des „Irrsinns“ (Der Spiegel), der den Betrieben wegen der jetzt in Kraft tretenden Nachhaltigkeitsberichterstattung der EU zusätzlich ins Haus steht. Wir schlagen erst mal eine Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzabschaffung vor, inklusive der Aussetzung der demnächst ersatzweise drohenden EU-Verordnung. Wäre doch ein Einstieg, um ganze ohne Kettensäge in die richtige Richtung einzubiegen, Herr Bundeswirtschaftsminister, oder?

Alexander Luckow, „Standpunkte“Chefredakteur"

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