Back to the Umsatzbringer

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Die Energie der neuen Ära

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Ist Trendsetting inzwischen ein unleistbarer Luxus? Viele Shops, die früher Trends gesetzt haben, sind durch die momentane Situation mehr denn je gezwungen, ihr Markensortiment hinsichtlich Rentabilität zu hinterfragen und ihre Budgets für Image- und Liebhaberbrands zu kürzen. „Back to the Umsatzbringer“ lautete der allgemeine Tenor der Branche. Mittlerweile gibt es jedoch wieder einige Lichtblicke am textilen Krisenhorizont.

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Neue Ansprüche

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Goodstuff gilt in München als einer der führenden Shops in den Segmenten Skate, Snow und Freeski. Ihre Key-Marken sind Burton, Nitro, Volcom im Streetwearsegment, sowie Orage für den Freeskibereich, Amplid bei Hardware und Element im Skatebereich. Inhaber Stephan Schächtel kennt Probleme wie schlechte Margen, kein Lager und auch keine Kulanz, wenn es um Reklamationen geht sehr gut und hat deshalb hohe Ansprüche an eine Brand, wenn es darum geht, partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. „Uns ist wichtig, zu wissen, wie sich die Großhändler verhalten, wenn ein Artikel mal nicht läuft oder ob ich auch mal etwas nachziehen kann. Es bringt mir nichts, wenn ich einen Artikel habe, der gut läuft, ich ihn aber nicht nachordern kann, weil sie keine Lagerware haben. Auch die VK-Preise spielen speziell bei Newcomerbrands eine Rolle. Kostet der Hoodie bei ihnen anstatt 69 Euro 89, ist auch das Szeneimage für mich kein Kaufargument. Letztendlich habe ich die Probleme im Abverkauf. Bei einigen Brands wie z. B. bei Volcom oder bei Reell Jeans funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut. Sie haben Lager, die Konditionen passen und wenn mal was nicht läuft, kann man Ware tauschen. Bei einer Marke, bei der ich weiß, dass ich später keine Probleme habe wenn irgendwas mal nicht läuft, order ich automatisch mehr“, so Schächtel. Steffen Berger, Storemanager von Planet Sports

in München ist ähnlicher Meinung. „Firmen müssen den Händlern entgegenkommen. Wenn sie unkooperativ arbeiten und womöglich ihre Überproduktion aufgrund schlechter Vororderrunden einstellen, sind wir bald am Ende. Natürlich liegt es auch bei uns Händlern, zu begreifen, dass es ohne eine angemessene Vororder nicht funktionieren kann. Ziel ist es eine Win-Win-Situation zu schaffen“, meint Berger. Planet Sports ist mit mehr als 250 Marken im Boardsportbereich mittlerweile der größte Onlineversandhändler Europas. Zusätzlich haben sie vier Shops in München und Umgebung. Der neueste liegt in Münchens Zentrum am Oberanger und hat seine Türen erstmalig im Juli 2009 geöffnet. Mit Kernmarken wie Burton und Nitro im Snowboard- und Hardwarebereich, Element und Vans im Skatesegment und Carhartt für Streetwear und Fashion versuchen sie speziell in diesem Shop in der Münchner Innenstadt für jedermann etwas anzubieten. „Was bei den Damen sehr gut läuft, ist Bench. Es sind kommerzielle Teile und auch für eine breite Zielgruppe tragbar. Um uns aber von anderen Shops abzusetzen, kombinieren wir unser Sortiment mit kleineren Brands wie One Million Bucks oder Eigenmarken von Teamfahrern wie beispielsweise die Marke White Moment von Nitro und Oakley Snowboardteamfahrer Eero Ettala oder die Brand Arcus aus der Schweizer Snowboardszene“, erklärt Berger. Möglich macht dies ihr Onlineversandhandel, der bei Planet Sports 90 Prozent des Gesamtumsatzes generiert und ihnen auch in Zeiten der Krise als starker Partner

„Unsere Aufgabe ist es, den Kunden für neue Brands zu begeistern und im Verkaufsgespräch ein Gespür für das Besondere vermitteln.“ Andre Lösekann, Brooks Clothing Company Bielefeld

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icht nur bekannte Unternehmen gerieten im vergangenen Jahr ins Wanken, meldeten Konkurs an oder wurden verkauft. Schlechte Eingangskalkulationen, unkooperatives Verhalten oder nicht vorhandene Lagerware machten es dem stationären Handel fast unmöglich, eine Spanne zu erwirtschaften, die allein für die Kostendeckung nötig ist. Die logische Konsequenz war eine Sortimentsreduktion auf die sichere Seite der Volumenartikel.

„Gerade kleine Labels haben oft eine unfassbare Energie. Man muss auch mal was riskieren, um was zu bewegen.“ Sven Mederer, 874 München

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den nötigen Umsatz einbrachte. Die Ansprüche an eine Brand haben aus Retailsicht stark zugenommen, insbesondere was neue händlerorientierte Technologien und Produktinnovationen angeht. Auch bei der britischen Brand Firetrap erkannte man diesen Wandel und sah in der Krise neue Chancen. Durch eine innovative Sortimentsumgestaltung konnten sie neue Händler wie das Münchner Modehaus Ludwig Beck für sich gewinnen und suchen aktuell auch nach ersten Partnern für Franchiselösungen. Frank Götz, Country Manager von Firetrap: „Der Markt öffnet sich wieder, die Leute haben den Fashioneinheitsbrei satt. Wir setzen bei Firetrap gezielt auf individuelle Styles zu demokratischen Preisen und haben speziell im Denimbereich stark gearbeitet. Im Oberteilbereich laufen besonders die Strickteile für Männer oder Kleider für Mädels sensationell.“ Andreas Kammermeier, Einkäufer von Ludwig Beck: „Firetrap ist jung und innovativ, das hat uns gefallen. Wir wollten nicht, dass unser Kunde gelangweilt ist, weil überall das Gleiche hängt. Wir setzen natürlich auch auf die Zugpferde, ohne sie geht

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Superhorstjansen

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Ludwig Beck

es nicht, aber man muss Reize schaffen und den Kunden etwas anderes bieten als die Konkurrenz. Andernfalls würde es sonst nur noch Einheitssortimente geben.“ Insbesondere das Segment Young Fashion war laut Handel auch in schweren Zeiten kontinuierlich umsatzstark. Mogul ist eine Brand, die sich speziell in den letzten Jahren explizit auf die junge Zielgruppe ab 15 Jahren konzentriert hat und bereits seit fünf Jahren mit neuen B2B-Technologien in Form eines Webshops arbeitet. Sie verkaufen unter anderem an Tayler in Leipzig, G-Fashion in Bayern oder an Streetpoint in Dresden. „Teenies ist es egal, wie es der Wirtschaft gerade geht. Sie kümmern sich in erster Linie um ihr Aussehen. Ich biete den Kunden ein Vollsortiment aus Styles für Jungs und Mädchen und achte besonders darauf, dass die umsatzstarken Teile bei uns in ausreichenden Mengen im Webshop vorhanden sind. Ein guter Service ist in diesen Zeiten das A und O“, sagt Rainer Geilfus, Country Manager von Mogul Deutschland. Lagerprogramm sei generell wieder ein großes Thema. Händler wollen sich nicht von vornherein mit Ware überladen, sondern lieber mehr vom Lager nachziehen. „Wir sind mit unserem Telefondienst und unserem Webshop ein zuverlässiger Ansprechpartner und halten unsere Kunden via Newsletter regelmäßig über neue Artikel im Shop auf dem Laufenden. Die Kunden sind nicht gezwungen, gleich einen ganzen Satz zu ordern, wir liefern jedwede Stückzahl. Auch wenn es darum geht, einzelne Teile nachzubestellen, ist das bei uns kein Problem“, so Geilfus. Nicht nur die großen

Marken haben ihre Unternehmensstrukturen dem Handel angepasst, auch Newcomerbrands werden immer aktiver und ergreifen selbständig Initiative, wenn es um Serviceleistungen und persönliches Engagement geht. „Wir haben festgestellt, dass die Leute uns sehen und erleben müssen, um zu verstehen, wer wir sind und was Superhorstjansen wirklich ist. Deshalb gehen wir regelmäßig auf Shoptour, um unseren Kunden die neue Kollektion persönlich zu präsentieren und sie die Ware sehen und anfassen können“, sagt Janny Schulte, von Superhorstjansen.

Revolte gegen den Einheitsbrei! Der im Frühjahr 2008 eröffnete Streetwearstore Rocket im Münchner Glockenbachviertel setzt neben Brands wie Obey, Stüssy, Adidas Originals und Skandinaviern wie D.CO Copenhagen, UFTD und Cheap Monday gezielt auf Jungdesignerlabels. „Ich bin sehr offen für Jungdesigner, weil es auch das Konzept unseres Ladens ist, diese zu präsentieren und um uns von anderen Stores abzusetzen. 95 Prozent der Brands aus unserem Laden sind im Sortiment, weil ich sie persönlich mag. Wenn mir jemand allerdings versucht, etwas aufzuschwatzen, geht es meist nach hinten los. Das Label muss mir in erster Linie gefallen, es muss was Neues und Innovatives bringen und

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Firetrap Rocket

„Wir setzen natürlich auch auf die großen Zugpferde, ohne sie geht es nicht. Aber man muss Reize schaffen und den Kunden etwas anderes bieten als die Konkurrenz.“ Andreas Kammermeier, Ludwig Beck

„Für Newcomerbrands „Natürlich liegt es ist Klinken putzen auch bei uns Händangesagt. Die Händler lern zu begreifen, müssen uns persön- dass es ohne eine anlich kennenlernen, um gemessene Vororder zu verstehen wer oder nicht funktionieren was Superhorstjansen kann. Ziel ist eine wirklich ist.“ Win-Win-Situation.“ Janny Schulte, Superhorstjansen

Steffen Berger, Planet Sports


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darf nicht zu teuer sein“, sagt Inhaberin Kirsten Almanstötter. Newcomerbrands, um sich von anderen Stores abzusetzen – nach dieser Strategie arbeitet auch der im Juli 2009 eröffnete Streetwearstore eightsevenfour in der Münchner Innenstadt. Geschäftsführer Sven Mederer legt besonderen Wert auf ein individuelles Sortiment mit Marken wie 2 Sick Bastards, The Hundreds, Beastin, T.I.T.S. und Dissizit von Slick aus Los Angeles. „Wir helfen jungen Marken, indem wir nichts auf Kommission bestellen, sondern die Ware fest von ihnen abkaufen. So haben sie Budget für die nächste Produktion und folglich die Chance, am Markt groß rauszukommen.“, sagt Mederer. Um das Ganze tragbar zu machen sind Brands wie Dickies oder Carhartt seine Cashcows, die den nötigen Umsatz einbringen, um junge, innovative Marken zu finanzieren. Mederer legt gerade bei der Präsentation von Jungdesignerlabels seinen Fokus auf guten Service und ein kompetentes Personal. „Gerade bei Newcomern ist es unsere Aufgabe, einen Hype zu

kreieren. Erst wenn wir im Verkaufsgespräch den Kunden eine Geschichte zu der Marke bieten, fixen wir sie an und kreieren Begierde. Die Shirts von T.I.T.S. mit den Prints von sexy Girls verkaufe ich z. B. erst ab 18 Jahren, was bei unseren Kunden einen extremen Hype ausgelöst hat. Gerade kleine Labels haben oft eine unfassbare Energie, deshalb muss man manchmal was riskieren um etwas zu bewegen“, erklärt Mederer.

Etwas riskieren, um was zu bewegen Auch Andre Lösekann, Inhaber der Brooks Clothing Company in Bielefeld, weiß, welche Macht Newcomerbrands haben können. In der Streetwearfiliale Ozone sind Bench, Cleptomanicx und Carhartt heute die Kernmarken. Neben derartigen Volumenartikeln setzen sie gezielt auf die Präsentation von Newcomerlabels. Jedes Jahr veranstalten sie die Glutamat, eine Bielefelder Modemesse für Jungdesigner, und featuren die Designer auch bei sich im Shop. „Junge Labels sind sehr wichtig für unsere Credibility innerhalb der meinungsbildenden Szene. Natürlich brauchen wir auch Volumenartikel wie Cleptomanicx, Carhartt oder Bench. Es sind Brands, die uns den

Umsatz einbringen und die wir ohne Reduzierung verkaufen können. Diese Marken finanzieren unsere Hobbyabteilung. Aber wenn wir nur noch auf limitiert und Anti-Mainstream setzen würden, dann wären wir sehr schnell am Ende“, sagt Lösekann. Für ihn hatte die wirtschaftliche Krisensituation eher positive Seiten. „Die Kunden sind jetzt wieder bereit, mehr Geld auszugeben und sich etwas Besonderes zu kaufen. Es sind keine Vernunft- oder Bedarfskäufe, es sind emotionale Käufe. Die Kundin, die früher drei Teile bei H&M gekauft hat, kommt heute zu uns und gönnt sich ein Teil das besonders ist wie z. B. eine Strickmütze von der Jungdesignerin aus Hamburg“, beschreibt der Textiler. Die Branche spricht in der Vergangenheitsform von der Krise. Die gut angelaufene Saison 2009 bewirkte eine Art Gesundungsprozess aus Marken- sowie aus Händlersicht. Kunden haben wieder Lust, sich etwas Schönes und Besonderes zu kaufen. Händler werden wieder mutiger bei der Sortimentsgestaltung. Die Branche ist bereit, gerade in schwierigen Zeiten etwas zu riskieren und auf progressivere und proaktivere Lösungen zu setzen. Im Kern sind sich alle einig: Eine Krise eröffnet Chancen.

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„Bei einer Marke, bei der ich weiß, dass ich später keine Probleme habe, wenn irgendwas mal nicht läuft, order ich automatisch mehr.“ Stephan Schächtel, Goodstuff München

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„Wir setzen gezielt auf kleinere Newcomerbrands. Erst das macht uns als Streetwearshop zu etwas Besonderem.“ Kirsten Almanstötter, Rocket in München


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