Friesenanzeiger

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im Norden Bredstedt:

Mit Kupferplatte, Grabstichel und schönen Rahmen zum harmonischen Gesamtergebnis mit Farbe und dem Druckfilz führt sie die Kupferplatte durch die Druckpresse. Sorgfältig wählt sie ein auf Motiv und „Seele“ des Bildes fein abgestimmtes Passepartout und einen Rahmen aus, die das Bild zurückhaltend und freundlich zugleich tragen: Erst dann entfaltet ein in Froese’scher Kooperation geschaffenes Kunstwerk seine volle Wirkung.

Wenn Peter Froese in seine Arbeit vertieft ist, wirkt dies für den Außenstehenden eher etwas unspektakulär: Keine große Leinwand, kein betäubender Duft nach Farbe oder Terpentin, kein Steinblock, der dröhnend mit Hämmern und Meißeln bearbeitet wird – nur eine kleine kupferne Platte, die auf zwei über einen einfachen Drehmechanismus miteinander verbundenen Holz-„Tellern“ ruht, braucht der Kupferstecher Froese, in die er mit dem „Grabstichel“, einem feinen Metallwerkzeug, zeichnet.

Bekannte Kupferstecher – und Froese ist einer von ihnen – gibt es nur noch wenige. Ende der 1950er Jahre lernte er in Eckernförde Jagdwaffengraveur. In dieser dreineinhalb Jahre dauernden Ausbildung „muss man plastisch arbeiten“, sagt er. Aber schon zu damaliger Zeit habe er Zeichenunterricht „nach der Natur“ – Landschaft und Tier - genommen. Später arbeitete er bei verschiedenen renommierten Druckereien als „Korrektur-Fachmann“ und nahm Korrekturen an den Druckformen vor. Um das Jahr 1978, nachdem er die ersten Kupferstiche angefertigt hatte, kam der Umbruch: „Ich wollte wieder etwas Prickelndes in der Hand haben.“ Als frei schaffender Künstler ließ er sich nieder. Auch Auftragsarbeiten fertigt er an. Dazu gehören unter anderem die Bordelumer Kirche und die Sankt NikolaiKirche zu Bredstedt, die zu ihrem 500. Jubiläum von ihm in Kupfer gestochen

Faszinierend ist jedoch das spätere Kunstwerk auf dem Papier: Detailgetreu entstehen unter Froeses ruhigen Händen lebendige Bilder von Pflanzen, Gebäuden, maritimen Szenen oder Charakterköpfen, in die das Leben seine Geschichte geschrieben hat. Der 71-jährige Künstler arbeitet mit der Lupe; und unter der Lupe sind die feinen Linien – vertikal, horizontal und „kreuzweise“ – und die vielen, an genau den entscheidenden Stellen gesetzten Punkte zu erkennen, die dem Bild Tiefe, Schärfe und jene Unverwechselbarkeit eines „echten Froese“ verleihen. Ist die Kupferplatte fertig bearbeitet und das Motiv spiegelbildlich verewigt, übernimmt Ruth Froese (65) ihren Part: Mit dem entsprechenden festen Papier,

Ruth Froese in Aktion: Papier und Platte wandern durch die Druckpresse

Ein Kupferstich entsteht: Peter Froese bei der Arbeit

wurde. Froese, der sich auf kleinformatige Motive spezialisiert hat, bringt nicht nur die künstlerische Begabung, sondern auch Geduld und Ausdauer mit und arbeitet sehr akkurat: So kann es „Wochen dauern“, bis ein Motiv fertig gestochen ist. „Viele würden sich scheuen, so lange an einem Bild zu arbeiten, das nur so groß ist wie eine Postkarte“, schmunzelt er. Ganz so oft wie früher nimmt er den Grabstichel zwar nicht mehr zur Hand, aber es kann durchaus sein, dass die Musen ihn wieder umfächeln: „Dann prickelt es – und dann geht es los.“ Seine bevorzugten Motive sind nordische Landschaften oder maritime Szenen, von denen einige in seiner Zeit „im Binnenland“ entstanden sind: So erhielt die Sehnsucht nach der Küste einen Ausdruck. Er befasst sich aber auch intensiv mit der Musik und verquickt insofern die Küste mit Themen aus der Musik zu dem Oberbegriff „Küstenblues“. Froeses Sylter Motive sind hautnah zu erleben in der Galerie Rudolf in Keitum auf Sylt. Text und Fotos: Sonja Wenzel

Der Kupferstich ist ein Verfahren des manuellen Tiefdrucks. Es wird auf Papier gepresst mit der Kupferdruckpresse. Bearbeitet wird die Kupferplatte mit dem Grabstichel, der nicht in die Platte hineinritzt, sondern einen winzigen Metallspan heraushebt. Der „Kupferstecher“ war früher ein grafischer Beruf. Heute wird die Bezeichnung eher nur noch auf Künstler angewendet, die mit dieser Technik Druckplatten zur Vervielfältigung von Abbildungen herstellen. Kupferstecher gab es schon im 15. Jahrhundert. Ihre Arbeitsgeber waren im 16. bis 18. Jahrhundert oftmals die Malerwerkstätten und Verlagshäuser. Ihre Aufgabe war es, Gemälde als Kupferstich zu kopieren oder Illustrationen druckfähig zu übertragen. www.friesenanzeiger.de | 101

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26.02.2011 16:59:15


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