Kultur
Husum: Alte Fotos beantworten lebendige Fragen von heute Es ist der „genius loci“ – der Geist des Ortes, der aus Husum etwas Besonderes macht und was sich nicht reduzieren lässt auf „einen Richter aus dem 19. Jahrhundert“: Husum ist mehr. „Das sieht man an dem Buch, das dazu beiträgt, die Lokalgeschichte aus der Perspektive der Berufe darzustellen.“ Soweit Dr. Uwe Haupenthal, Museumsdirektor und Geschäftsführer des Museumsverbundes Nord-
friesland anlässlich der feierlichen Einführung eines bemerkenswerten Buches: „Husum – die Arbeitswelt in alten Fotografien“. Die Autoren sind der Archäologe Dr. Rüdiger Articus und Thomas Friedrichsen, beide „Husumer Jungs“ und beseelt von der Sammelleidenschaft für alte Dokumente ihrer Heimatstadt. Sie seien, so Dr. Haupenthal, wichtige Leih-
Thomas Friedrichsen (vorn links) und Dr. Rüdiger Articus signieren ihr neues Buch.
und Ratgeber in eigenen Fotoprojekten des Nissenhauses gewesen. Genau dies habe sie zunächst als Menschen und später als Autoren zusammengeführt, so Thomas Friedrichsen, Einzelhandelskaufmann im Hause CJ Schmidt. „Das Außergewöhnliche an diesem Buch ist, dass es eines über die kleinen Leute ist; über ihre Arbeit, die vor 100 Jahren ungleich härter war, über Menschen, die sich für ein Foto inszenierten und Hierarchien abbildeten“, so Dr. Haupenthal. Im Vergleich zu heutiger Fotografie wird der Wandel in Bildern, die um die Jahrhundertwende entstanden sind, offenbar. „Im Mittelpunkt stehen Menschen in ihren Häusern und Geschäften“, erklärte Dr. Articus. Sie präsentierten sich damals mit Familien oder Angestellten stolz „in Schapptüch“ oder in makellosem Arbeitsmantel vor ihren Läden. Sie in damaliger Zeit hingegen direkt bei der Arbeit zu fotografieren, war eher unüblich. Das Buch zeugt von sauberer Recherche in Bild und Wort und von großer Liebe zum Detail. Es dokumentiert, wie emsig und zielstrebig die Husumer ihren jeweiligen Beschäftigungen nachgingen, aber auch, von welch großer, einmaliger Schönheit die – zum Teil leider verschwundene – Bausubstanz der Stadt war. Dr. Articus, in einer alten Husumer Apotheke aufgewachsen, hat in Hamburg-Harburg als Historiker gearbeitet: „Mit diesen Lebensvoraussetzungen hat man keine andere Chance, als entweder selbst Apotheker oder Historiker zu werden“, sagte er schmunzelnd. Beim Publikum kommt das Buch schon jetzt gut an: „Es ist der richtige Weg, nicht
110 | www.friesenanzeiger.de
nur Fotos zu sammeln, sondern sie sinnvoll zu verwenden und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, meint Stadtführerin Gertrud Hansen. Auch Heidelore Will, ebenfalls erfahrene Stadtführerin, besticht das Buch: „Es zeigt die unendliche Fülle von Gewerken im damaligen Husum. Alle konnten friedlich nebeneinander existieren und gaben anderen Menschen eine Existenz und Auskommen.“ „Husum – Die Arbeitswelt in alten Fotografien“ von Thomas Friedrichsen und Dr. Rüdiger Articus ist im SuttonVerlag erschienen unter der ISBN-Nr. 978-3-95400-650-2 und kostet 19.99 Euro. Text und Foto: Sonja Wenzel