Kulinarisch
Eröffnung des Dachgarten-Restaurants bei
vor 50 Jahren:
»Gesellschaftlich ein kleiner Erdrutsch«
Seit 50 Jahren Regionalität und Freude an der Rolle als Gastgeber: Restaurantleiterin Sylvia Mertens, Köchin Mareike Weitz und Peter Cohrs. Erik Brack (Hintergrund links) faszinierte mit einer Kochshow.
Leckere Speisen aus regionalen Produkten beim Showkochen: Erik Brack und Mareike Weitz
„Wir sind gern Gastgeber“ – diese freundliche Botschaft war der Humus, auf dem vor einem halben Jahrhundert die Familie Cohrs das Restaurant-Café „Dachgarten“ errichtete und geschickt in das Familienunternehmen „CJ Schmidt“ integrierte. Nicht nur das Modehaus CJ Schmidt ist eine Institution weit über Husums Grenzen hinaus; auch der „Dachgarten“ ist es längst geworden mit gepflegter Speisekarte, flinkem, freundlichem Personal, das vielfach zum Inventar gehört, sowie grandiosem Ausblick über die Dächer und den Hafen der Stadt. Waren es zunächst 150 Sitzplätze und wurden Klassiker der Hausmannskost serviert wie Rundstück warm, Kartoffelsalat mit Würstchen, Strammer Max oder selbstgemachte Ochsenschwanzsuppe, können heute 260 Gäste Platz nehmen, „verpusten“ und sich verwöhnen lassen mit abwechslungsreicher Küche – frisch gekocht aus traditionell regionalen Produkten. „Husum musste aus dem Mittagsschlaf erwachen“, sagte Inhaber Peter Cohrs im Rahmen einer Pressekonferenz. Ging die Uhr auf Mittag, wurden zu jener Zeit „die Bürgersteige hochgeklappt“ und die Menschen gingen nach Hause, um Pause zu machen. „Aber am 3. März 1965 änderte sich alles und wir hatten durch-
und Fleisch aus der Umgegend, „richtige“ Sahne zum Kaffee von der Witzworter Meierei und natürlich Kartoffeln aus einem traditionsreichen Treianer Kartoffelanbaubetrieb. Denn gute Kartoffeln sind gewissermaßen eines der Herzstücke der Küche. Seit vielen Jahrzehnten werden sie im „Dachgarten“ unter anderem zu Bratkartoffeln verarbeitet – und zwar stets von Hand. „Eine Kartoffel zum Braten muss fest sein, glänzen und sich gut rösten lassen“, sagen Karin und Sohn Peter Cohrs. Und was sich alles aus regionalen Produkten zaubern lässt, damit man „den Norden schmeckt und spürt“, zeigte Sternekoch Erik Brack, gemeinsam mit „Dachgarten“-Köchin Mareike Weitz beim Schaukochen. Lammfrikadellen mit Bratkartoffelsalat, gedünsteter Kabeljau in Senfsauce mit Schmorgurkengemüse, Roastbeef vom Galloway-Rind und Spargelremoulade ließen den Schaulustigen beim Kosten das Wasser im Munde zusammenlaufen. Sylvia Mertens, Restaurantleiterin seit dem Jahre 2000, war sich sicher: „Die Gericht-Ideen von Erik Brack sind für uns Anstoß und Bereicherung. Wir werden uns davon in nächster Zukunft verstärkt inspirieren lassen.“
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gehend geöffnet. Das kam einem gesellschaftlichen Erdrutsch gleich.“ Ein wenig unbeliebt habe sich das Haus CJ Schmidt bei den Gastronomen gemacht wegen des Angebots von Mittagstisch, schmunzelte Karin Cohrs, die mit ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann Peter die Idee zur Eröffnung eines Restaurant-Cafés hatte. Dazu waren Umbauten notwendig: Die Giebel des Hauses wurden entfernt, ein Flachdach entstand und die Büros mit der schönsten Aussicht mussten geräumt werden. Die Gelegenheit aber war einmalig: denn ein benachbartes Café schloss, um fortan als Hotel betrieben zu werden. „Wir übernahmen die dort angebotene Speisekarte, das Personal und die Maschinen“, erläuterte Karin Cohrs. Hildegard Petersen, die am 1. Oktober 1966 den Personalstamm erweiterte, leitete ab dem Jahre 1980 bis 1993 den „Dachgarten“. Sie habe gemeinsam mit der Inhaberin, „der Seele des Ganzen“ – und freilich mit dem gesamten Personal – so gearbeitet, als sei es der eigene Betrieb gewesen: „Wir haben nie auf die Uhr geschaut. Wir waren gern Gastgeber“, erinnerte sie sich. Seit einem halben Jahrhundert bietet der „Dachgarten“ erstklassige Qualität unter Verwendung regionaler Produkte: Fisch
Text und Fotos: Sonja Wenzel