Text und Foto: Bärbel Sommer
Dithmarschen & Steinburg
Gerd Wagner: Ein Leben für die Musik
Gerd Wagner in seinem Element.
Von der Figur her kann Gerd Wagner gut mithalten mit einem Buddha. Auch sein Lächeln ähnelt dem eines glücklichen Buddhas. Nur stillsitzen kann der Mann nicht, der über 30 Jahre lang Musiklehrer am Gymnasium Heide-Ost war. Seine Gesten sind lebendig, wenn er spricht, haben seine Gesprächspartner das Gefühl, er dirigiere ein Orchester. Im Jahre 1975 begann seine Karriere als Oberstudienrat für Musik an dem damals noch jungen Gymnasium in Heide. Er gründete bald einen Schulchor und ein Schulorchester. „Es waren spannende Jahre“, erinnert sich Wagner, während er in seinem Wohnzimmer leise eine Melodie auf dem Flügel spielt. Gleich neben dem Flügel steht eine prächtige Computerorgel. Schon als junger Mann konnte er sich
nicht entscheiden: Sollte er Schul- oder Kirchenmusiker werden? Der gebürtige Itzehoer ist Jahrgang 1950. Nach dem Abitur an der KaiserKarl-Schule besuchte er die Hamburger Musikhochschule. Dort bestand er gleich beide Abschlüsse als Schul- und Kirchenmusiker. „Mit meiner Berufung an das Heider Gymnasium lag mein Schwerpunkt auf der Schulmusik“, erzählt Wagner. Allerdings hat die Kirchenmusik ihn weiterhin fasziniert. Er zählt zu den wenigen Musiklehrern, die alle erforderlichen Prüfungen abgelegt haben, um Kirchenmusiker auszubilden. Neben seiner Arbeit an der Schule wurde er von verschiedenen Kirchen als Organist angefragt. So kam er auch nach Wilster. Dort traf er auf die
Pastorin Lieselotte Sujatta. Es war Liebe auf den ersten Blick; gleich nach dem Gottesdienst fragte er die beliebte Pastorin, die im Ort als äußerst bodenständig galt, ob sie mit ihm essen gehen würde. Sie sind seit über 30 Jahren verheiratet und haben keine Kinder, dafür aber ihre gemeinsame Liebe zur Musik, denn auch die Pastorin ist Kirchenmusikerin. Seit dem Jahre 2005 genießen beide ihren vorgezogenen Ruhestand und unternehmen gemeinsam Städtereisen: Nach Jerusalem, Rom oder Mailand. Und wenn sie zu Hause sind, klingelt oft das Telefon und sie werden zur Vertretung gebeten, an der Orgel oder auf der Kanzel. Gerd Wagner bereitet fast täglich Musikschüler bei sich zu Hause auf das Musikstudium vor. Außerdem ist er Chorleiter des Bü-
sumer Männergesangvereins. „Eigentlich sollte ich dort nur vertretungsweise einspringen, daraus sind jetzt 18 Jahre geworden“, schmunzelt er. Jeden Tag macht er sich Gedanken über den Nachwuchs bei den Kirchenmusikern. Im Moment sind bei ihm zwei Jugendliche in der Ausbildung, die beide sehr ernsthaft für die schwere Prüfung üben. Für Wagner ist es wichtig, dass die Klänge von der Orgel während eines Gottesdienstes live zu hören sind und nicht vom Band kommen. Er spielt sonntags in Pahlen und jeden zweiten Sonntag in Delve an der Orgel. „Den Segen nach dem ersten Gottesdienst bekomme ich meistens gar nicht mit, dann bin ich schon unterwegs zum nächsten Gottesdienst“, erzählt der gestandene Musiker. www.friesenanzeiger.de | 77