Nordblick
Die dänisch-deutsche Geschichte vom Bommerlunder Schnaps
Gejlå Brücke von 1818
Wer im Süden Jütlands auf einem Teil des historischen Ochsenweges wandert, stößt auf eine der drei ältesten und schönsten Brücken Dänemarks, die Gejlå Bro aus dem Jahr 1818. Etwa hundert Meter weiter steht ein großer Gedenkstein mit einem Reiter, einer Frau und den Jahreszahlen 1760 und 1960. Die wenigsten wissen heute, woran der Stein erinnern soll. Nach einer Verordnung aus dem 17. Jahrhundert gab es auf den „Hauptverkehrsadern“ alle 20 Kilometer ein Wirtshaus oder „Krug“ (dän. Kro). Hier konnten die Reisenden Essen und Unterkunft bekommen. Wie oft an Stellen, wo sich zwei Wege kreuzen, gab es einen Krug auf dem Ochsenweg an der Gejlå Brücke, den Bommerlund Kro. Im Jahr 1759, als die Geschichte begann, war der Wirt Peter Schwennensen weit bekannt. Er wurde „der Ehrliche“ genannt, weil er den Schnaps nie mit Wasser mischte, auch nicht wenn der Gast schon begeschwipst war. Die Konkurrenz zwischen den zahlreichen Krügen war groß, jeder wollte die beste Bewirtung, den besten Schnaps anbieten. Schwennesen plante eine eigene Schnapsbrennerei. Da kam eines Tages ein französischer Offizier mit 76 | www.friesenanzeiger.de
seinem Pferd und bat um Kost und Logis. Er war krank und sehr schwach und der Wirt ließ ihm alle erdenkliche Pflege zukommen. Der Aufenthalt des Offiziers dauerte länger, und er war am Ende nicht in der Lage dafür aufzukommen. Es endete damit, dass er Schwennesen ein Rezept von seiner Mutter für einen milden, wohlschmeckenden Aquavit überließ und damit seine Schuld beglich. Dieser probierte das Rezept aus und war begeistert von dem Resultat. Er wandte sich an den König und bekam am 27. Juni das königliche Privileg zum Schnapsbrennen. Der Schnaps wurde populär im ganzen Norden und setzte sich gegen die rund 200 Schnapsbrennereien rund um Flensburg bis heute durch. Nach Schwennesens Tod erbte sein Sohn Marcus Krug und Brennerei. Als er nur wenige Monate nach seiner Heirat starb, heiratete die Witwe Hans Benzen Møller, dessen Familie im Zusammenhang mit dem Bommerlunder bis 1910 eine große Rolle spielen sollte. Aufgrund des Eisenbahnbaus in den 1860ern verlegte Sohn Marcus Møller die Brennerei nach Søgaard. Es war zu erwarten, dass es nicht mehr so viel Verkehr auf dem
alten Ochsenweg geben würde. Der Krug bestand noch bis 1880 weiter, dann musste er aufgeben und schließen. 1864 wurde die Brennerei nach Flensburg verlegt, zunächst in die Große Straße und 1901 in die Norderstraße. Marcus Benzen Møller machte sich verdient um die Schnapsbrennerei. Mittlerweile wurde der Bommerlunder Schnaps bis nach Amerika exportiert und 1904 in Chicago auf der Weltausstellung präsentiert. Ein Jahr später kam Møller bei einem Unfall ums Leben. Seine Frau versuchte zunächst den Betrieb weiter zu führen, sah sich aber im Jahr 1911 gezwungen zu verkaufen. Für 40.000 Goldmark kaufte das Handelshaus Hermann G. Dethleffsen in Flensburg die Brennerei und die Patentrechte. Anlässlich des 200. Jubiläums des Bommerlunder Schnaps ließ Direktor Herrmann Dethleffsen 1960 den Gedenkstein in Bommerlund aufstellen. Angefertigt wurde dieser von Steinmetz Walter Rössler aus Kiel. Zum Jahreswechsel 1998/99 übernahm die Firma Berentzen den gesamten Spirituosensektor der Firma Dethleffsen. Heute wird „Bommerlunder“ im niedersächsischen Haselünne gebrannt. Text und Fotos: Yvonne Boisen